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Die Zukunft, 11. Juni, Jahrg. XVIII, Bd. 71, Nr 37.

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Xnnszahkg gkktiikdku11.Juni1910. yr.37.

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Herausgehen

Maximilian Heerden.

Inhalt :

Seite Auvenknr ·.................-...........341

Infonkaine indiviqu VonOskar walkel ........ ... ..361

selbsianxrigem VonBerolzheimer, Elias-berg, Hoechstettcr, Reichel ....368

AmReichder Kohle. VonEadon ......·....... .371

Dieneue Enegklika. VonKarl Ientfch ........s.......374

Nachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5 Mark, die einzelne Nummer 50Pf«

Berlin.

Verlag der Zukunft

Wilhelmstraßesa.

1910.

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Vetlin, dcn 11.Juni 1910.

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Inventur-

Onkel und Neffe.

»si-melften März1888war,zweiTage nachdem Tode seines

TÄDVaters, KaiserFriedrichausJtalicn heimgekehrt.Erhatte erklärt, daßerdieRegirung nichtantreten werde,wenn dieWu- cherunginseinem KehlkopfalsCarcinom erwiesen sei.Aberdie KrebsdiagnosederdeutschenAerzteBergmann,Gerhardt,Tobold, Schrötter, Schmidt, Leuthold,LandgrafruhtimArchivdes Kö- niglichenHauses, Birchow hatdasihmzurPrüfungübergebene Gewebsstück nicht bösartig gefundenundderenglische ArztSir Morell Mackenzie hatHcilung verheißen.Der Plan,denLeiden- denvon derThronfolge auszuschließen,war demReichskanzler nieauchnur nahgekommen;undwäre,danachdemHausgesetz sogarderkörperlichunheilbareKranke regirendarf, selbstvom Mächtigsten nicht durchzusehen gewesen.Vor drei Jahrenhat KronprinzFriedrich sichinPotsdam mitdemFürstenVismarck verständigt; ihm zugesagt, daßerbritischeJngerenzinsStaats- geschäftnichtduldcnundweder imNeich nochinPreußensichins JocheinerParlamentsherrschaft beugenwerde.Unter diesenBe- dingungen, sprichtVismarck (der1864und·1870unter denpoli- tischenFolgen manches nachLondon geschicktenFamilienbriefes gelittenhat),binich bereit,über dieLebenszeitmeines altenHerrn hinausimDienstzubleiben.AufdemleipzigerVabnhofhatFried- richdenFürsten,derdemkrankHeimkehrenden mitdenpreußischen Ministern entgegengefahrenwar,umarmt-und gekiißtundin dem

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342 DieZukunftt

Hands chreibenvomzwölftenMärz ihndentreuen undmuthvollen Rathgeber genannt,der dieerfolgreicheDurchführungderkönig- lichenund kaiserlichen Politik gesichert habe. ElfTagedanach kommtszumKonflikt.DieKaiserinBictoria hat heimlich beschlossen, ihre zweiteTochterdemPrinzenAlexander vonBattenbergzu vermählen, und, ohnedenKanzlerzubenachrichtigen,denzweiten Ostertag fürdieVerlobung gewählt. Schon istdieDepeschege- schrieben,diedenBattenbergerausDarmstadt nachBerlin ruft.

Generaladjutant von Winterfeldt, demsie,am Sonnabend vor

Ostern,zurBeförderungübergeben wird, hatBedenken undlegt sie,alseinenPolitischwichtigenEntschluß,demKanzlervor.Derhat diesenHeirathplan schoneinmal vereitelt undversuchtsnun zum zweitenMal.Die Depeschewirdnichtabgeschickt.AufeinemZet- telersuchtFriedrichdenKanzler, seine Einwändeschriftlichzufor- muliren. Das geschieht nocham selbenTag.DerZarhaßtden PrinzenAlexander.Wird derausBulgarienBerjagte derSchwie- gersohndesDeutschenKaisers, so rufen ihnmorgen vielleichtdie bulgarischen Nussenfeinde zurückunddasDeutsche Reich istim klimatisch unsicherenBalkanlande dann aneinPersonalinteresse gebunden,mitdemdiebewußteEnthaltung vonOrienthändeln nichtvereinbar wäre.Der über die Mauer einer feindlichenFest- unggeworfene Mars challsstab mußum jeden Preis zurückgeholt, diedemFeindedesZarenvermählte TochterdesDeutschenKai- sers mußunter allenUmståndengeschütztwerden. SohohenEin- satzkannkeingewissenhafterStaatsmann wagen. Das siehtder Kaiserein. SirEdward Malet, Britaniens Botschafter,schreibt

an dieKönigin,derPlan macheinDeutschlandbösesBlut und derEindruck, daßdie Queen ihn Protegire, müssedenanglo-deut- schen Beziehungen schaden.Dieklügsteder dreiBictorien kanzelt dieTochterzuerstin einem Brief tüchtigab,kommt ausFlorenz dann ins charlottenburgerStadtschloßundschließtsichdem Ein- spruchBismarcks huldvollan.Aus denAugen zweierBictorien fließenThränen.Love’slabour lost.GroßherzogFriedrichVonVa- denvermittelt,weilerderMeinungderSchwägerin,Bismarcks AbgangwäreamEndekeinUnglück,unter einem sterbendenKai- ser noch nicht zuzustimmen vermag.Und alsderKanzlerdie alte·

Charmeurkunstausbietetund denfinanziellenWüns chender Kai- serinungeschmälerteErfüllung verheißt,sind Beide,nacheinem langenGespräch,»voneinander enchantirt«.DassichtbareZeichen

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-Jnventur. 3213

dieses Aprilfriedenss chlussesistHerberts Ernennung zumStaats- minister.DochimHirnderFraubleibtdas Gedächtnisan eine Demüthigung,dieFriedrich sah,dieauchdenSpitzendesHof- staates nichtzuverbergen ist.Undbalddanachklagt sieÜber eine ,,Hetze«(gegen sieundgegenihr Baterland), derVismarck, trotz- dem erskönnte,nicht wehre.Weils ihminden Krampasse.

Am fünfzehnten Junimittag sinkt,unter heißbrennender Sonne, diePurpurstandarte, diezweiMonate langüber derKup- peldespotsdamer Schlosses Friedrichskron geweht hat,vonder Schaftspitzeherab.DerKaiser isttot.Unddas Totenhauswird umzingelt.Reiter sprengen heran;SchutzmannschaftzuFußund zquerd ist jähausdemBoden gewachsen;allePortaleund Ne- beneingängewerdenbewacht.AufAllerhöchstenVefehLKeinBlatt darf hinaus,keinZettel. Nochunter derMittagssonne mußder englische ArztvorKaiserundKanzlerRede stehen.Mit derkal- tenStimme desUnbewegtenantwortet er.,,Politik, nichtArztes Kunst,zutreiben,ward ich berufen;denPatienten, biserKaiser warund nichteinemager apanagirte Familiehinterließ,zuer- halten, versprach ich;undhabs vollbracht.«DochderKaiserwill dieDiagnosederdeutschenAerztealsrichtig erweisenundbefiehlt darum dieSektion derLeiche;besteht darauf, trotzdenBitten der Mutter,die den Leib desLebensgefährtennichtvomLeichenmesser

zerfetztwissenwill.UndMackenziemußdieAbreise beschleunigen.

Victoria ist machtlos. JsteinerHoffnungWitwe undringsvon Mißtrauenumdräut. ,,Oft wohl durchunsere Thore, nachnie ge- suchtemKrieg,zog ein imWassenchorederallerschönsteSieg;doch was uns je beschieden, heut istesschönerda:Jn Segenundin Frieden kamst Du,Victoria!«Derneben derblühenden Helden- hülledessanften Gemahls indiePreußenresidenz Einziehenden hatteesTheodorFontane, derstärksteSängerdernachkleistischen Mark,entgegengejubelt. Justdreiszig Jahre istsher.Jahrethaten- losen Harrensundweher Enttäuschung;undnun wirdderletzte Traum eingesargt.DemVolksemPfinden istdieFrau,die sichstolz alsBritin fühlte, stets,wie die Autrichienne denParisern, die Fremdegeblieben.Alssei ihrdieAbsicht, Nationalgut über die Grenzezuschmuggeln, zuzutrauen, wird sie aufgefordert,keinen Brief nochanderes Dokument aus derHandzugeben.DemVru- der,derzurLeichenfeierkommt,schüttetsiedasübervolleHerzaus- AmzweiundzwanzigstenJuni notirt Chlodwig Hohenloheals

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344 DieZukunft.

ihrenAusspruch:;,HerbertBismarck hattedieFrechheitgehabt, demPrinzenvonWales zusagen, daßeinKaiser,dernichtdis- kutirenkönne,eigentlich nicht regiren dürfe.DerPrinz habege- sagt,wenn ernichtWerth aufdiegutenBeziehungen zwischen EnglandundDeutschland legte,würdeerihnzurThür hinaus- geworfen haben.«Albert Eduard selbst hält sichmehr zurück,ist aberauch ,,überdieGrobheitderFamilie Bismarck entsetzt«.Und das Ende vom leidigenLiedistinBeider Mund immer: »Der junge KaiseristganzinBismarcks Händen.«DieserGlaube weicht freilichbald.PictoriasiehtdieTrennungfrühvoraus. Undspricht, alsderentlassene KanzlervonihrAbschied nimmt,insobitterem Ton überihren Aeltesten, daßder,,gute Hasser«ihreWorte (und einenBrief Friedrichsaus denneunzigNegirungtagen) Jahre langalsBeweise fürdieunbefangene Richtigkeitseines eigenen Urtheilscitirt.ZwischendemMann undderFrauscheint fortan Friedezusein.Lauthaben«sieniemehrmiteinander gehadert.

Albert Eduard hatdaspotsdamer Erlebniß nicht vergessen.

Oftgenug war ervorherschonvondenBerlinern geärgertworden.

Jmmeralshalber Pariser angesehen und,nur leise, versteht sich, alsderskrupellose Genußsucherverdächtigt,derdenander Seine gebietenden Freunden dasWichtigsteausdenFamilienbriefen zustecke.Demkleinen Albert Eduard, Prinzen desPereinigten KönigreichesvonGroßbritanienundJrland,HerzogvonSächsen und von Cornwall,Fürstenvon Wales undEarl of Ehester, dessen KöpfchenbeiderTaufeWellington mitdemNeichsschwert schirmte,hatFriedrichWilhelmvon PreußenalsPathengeschenk einen silbernen Glaubensbekennerschild, Louis Philippe nicht langedanacheinSchießgewehrmitgebracht.Das hält zwarnur

kurze Zeit.Dochzumdritten Geburtstag schicktderguteOnkel Bürgerkönig ErsatzausfesteremHolz.DerSchild hängtunbe- achtetanderWand. TäglichaberfragtderKleine: »Where is my gun?« DerErwachsendefreutsich auchandemGroßkreuzdesAn- dreas-Ordens, dasNikolaiPawlowitschihmgespendethat; bleibt bisan dieGreisenschwelleaber demFranzmann dankbar,der seinendickenPatschfingerchendieerste Waffe gab. Paris ward ihmdiezweiteHeimath »Die Vorstellung, daß Paris, obwohles befestigtunddas stärksteBollwerk des Gegners war,nichtwie jedeandereFestung angegrifer werden dürfe,warausEngland ausdemUmwegüber Berlin inunser Lager gekommen,mitder

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Inventur. 3215 Nedensart vondem,Mekka derEivilisation«undanderen indcm Eant derOeffentlichen MeinunginEnglandüblichenundwirk- samenWendungen derHumanitätgefühle,deren Bethäligung EnglandvonallenanderenMächten erwartet, aberseinen eigenen Gegnernnichtimmer zuGutkommen läßt«: dieser Satzaus«-Bis- marcksposthumemBuch zielt ausVickysBruder. Deutschland? JndenGedanken, daßeseinDeutschesReich gebe,konnte ein 1841,inderZeit preußischerAnglomanie, gebotenerBrite sich nichtleichtgewöhnenznochschwererindenVerzicht aufden Glau- ben, dieses Reiches edelsterEhrgeizmüsse sein, aufdemento- päischenFestlandVritaniens Degenzu werden. Unter Wilhelm undBismarck wars nichtzuerreichenzauch noch nicht nöthig. Jst denn diese GroßmachtschoneinDefinitivum? JmJahr1887sagt Prinz VertyzuErnstvonKoburg, so langederElsaßundLoth- ringen deutsch bleiben,könnenur einPhantast von gesichertem Friedenreden. Jm selben Jahr bringt Alexanderder Dritte aus KopenhagenDokumentenach Berlin,diebeweisen sollen, daßdie deutschePolitik,trotz allenoffiziellenundoffiziösenVetheuerungen, inBulgarien RußlandsFeinde unterstützt habe. Herr Jules Hausen,einDäne, dersürFrankreichSpionage großenStils treibt, hatsiederPrinzessinWaldemar vonDänemark geliefert,diesie demZaren vorlegte.EineOrleans; dieTochterdesHerzogsvon Ehartres, die dem londoner Schwagerengbefreundet ist.Bis- marck erklärt dieDokumente für gefälschtunddermißtrauischeGos- sudarAlexanderscheintihmzuglauben. Sagtim Speisesaal seines Votschafters,desGrafen PaulSchuwalow, dann aber: »Bis- marckbehauptet,man habedie Dokumente gefälscht,um uns zu brouilliren. Aber ichglaube ihm nicht.Eristmir zuklug.«Auch zwei Jahre später glaubterihmnicht.PrinzessinWaldemar hat ihm,wieder inKopenhagen, gesagt,Bismarck seiabgethan. Auf einedirekteFrageantwortet derKanzler,erfühlesichimVollbesitz deskaiserlichenBertrauens DieFranzösinwar gutbedient.Und wieder heißtsinderWilhelmstraße: »Daskannnur ausSan- dringhamkommen« Bismarck fällt,derdeutsch-russischeAsse- kuranzvertrag, derfürdenFalldes französischenAngriffesdie NeutralitätNußlands sichert(und dessenAbschlußElemente vom Schlag dieserPrinzessinnötiggemachthaben),wird,aufholsteins Rathundnach einstimmigem GutachtendesAuswärtigen Amtes, vonEaprivi nicht verlängert,Ribot läßtinPetersburg ansragen,

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BW DieZukunft.

objetzt nichtdie(schonvom erstenNikolaus vorausgesehene) Stunde zufesterVerbündunggekommen sei,undAdmiral Ger- vais wird,mitdenSchiffenderRepublik,inKronstadtvomZaren festlichbegrüßt.ZwischendenHäusernHohenzollernundHolstein- Gottorp stocktderfamiliäre Verkehr fast völlig.UndEntfremdung

vonNußlandkann nur intimen AnschlußanEnglandbedeuten- Steigtdie mitFritzensLeibbestatteteHoffnungausdem Grab?

Fastsiehtessoaus« AlsPrinzGeorgvonEngland (der jetzt König ist)das Kleid,denOrden,dieAccolade derRitter vom SchwarzenAdler erhalten hat, feiert Wilhelm derZweiteim WeißenSaal desKaiserschlosses diegreiseQueen undihr Haus«

Erinnert,imRockdesVritenadmirals, andieWaffenbrüderschaft vonWaterloo undbekennt sichzuderHoffnung,dieGemeinschaft derenglischenFlotteundderdeutschenArmee werde dem Erd- balldenFrieden erhalten.(MoltkeflüstertdemNachbarzu:»Ein politisch’Lied! Einleidig’Lied! Hoffentlichkommts nichtindie Zeitung!.«)AlbertEduard sitztstrahlendenBlickes anderPrunk-- tafel.Auf denManöverärgervonNarwa folgtder dem Briten- interesse nützlicheSansibarvertrag. Alles inschönsterOrdnung.

ZwarschleppenGeschichtenträgerallerlei Hofklatschüberden Aermelkanal; alten undneuen. Tadel einesLebenswandels,der einem künftigen König nicht zieme;spitzeWorte über Karten- undWeibergeschichten.Das trübt dieStimmung füreinWeil- chen; gehtabervorüber. Wenn Deutschlands Politik löblich ist, darfsichderBruder nichtdemGrollderSchwesterverloben. Jm Sommerdes Jahres 1895sagtWilhelmanBord desenglischen Flaggschisses ,,NoyalS-overeign«: »Ichkann Sieversicheru,daß einerderschönstenTagemeines Lebens jenerTagwar,andem ichdieMittelmeerflotteinspizirte, anBord desDreadnoughtstieg undmeineFlaggezumerstenMalaufgehißtwurde. Jchbin aber nichtnur Admiral JhrerFlotte,sondern ichbinauchderEnkel dermächtigenKöniginvonEngland.«Und schließtmitdreifachem Glückwunschrufan.dieBritenflotte. SechsMonate danachkommt er,dendiesteifeHaltung Salisburys verstimmt hat,mit1nili- tärischemGefolgeinsKanzlerhaus undfordert, daß fürdievon

britischerUebermachtbedrohtenBurensofortEtwasgeschehe. Das Ergebnißeines KompromissesmitHohenloheundMarschallist dasTelegramman den TransvaalpräsidentenPaul Krüger.

WüthendbrülltderVritenleu auf.UndwiederFürstvonWales

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Inventur. 347

empfindet,kannauchderFernsteermessen,derbedenkt, daßdie inderDepescheals,,Friedensstörer«Gestäupten,dieNhodesund Jameson,Milner undBeit,die demKronprinzenergebensten Freundewaren. Dieglimmende Erinnerung analtesLeidflackert auf;undfortanwirdinParis undinPetersburgmitderAbkehr desOheimsvomNeffenalsmiteinersicherenThatsachegerechnet.

NocheinWerbungversuchwirdgemacht.JnFrankreich ist, nach KitchenersSudansieg,dieWuthderbretonis chenWölfemitlautem Gebellerwacht,die alteKöniginwird täglichauf hundertBlättern wieeineStallmagd gescholtenundselbstderPrince deGalles, der»geborenePariser«,muszdielutetischeLuftmeiden.MitFrank- reich ist einstweilen nichts anzufangen, Rußlandeinunsicherer Faktor...Wenn mans nocheinmal mitBerlin probirte? Wil- helm wünschtsicher,dieVritenliebe,dieerdurchdieDepeschean Krügerverloren hat, zurückzuerobern.Chamberlainempfiehltin LeicesterdenDreibund, der»die beiden großenZweige desAngel- sachsenstammes«undDeutschland umfassensoll.Stimmen dieBer- linerzu,dann ist Englands strategischeStellung gebessertund die Möglichkeitzuprofitabler Verhandlung mitPetersburgund Pa- risgegeben.Siebleibenkühl.Erwärmen sichauch 1901,nachdem TodederQueen, nichtfürdenvonChamberlainwieder aus dem Kasten geholten Plan. Undjetzt ist Eduard König.

ErerinnertdenNeffen,der wiederdasEhrenkleiddesVriten- admirals trägt,lautan dieVerheißung,zumSchutzdesFriedens dasdeutsche Heerderenglischen Flottezu vereinen. Denktwohl aber: »Der Kaiser,dereifernd,wiefüreinNeichsunternehmen, fürdieVagdadbahn,dentrockenen Wegnach Indien, wirbt, hastig Kriegsschiffebaut undimBereichdes Jslamsein Prestigezu mehren sucht, ist nicht unserMann.« Und bebrütetdieMöglich- keit,diepersönlicheAntipathie,dieeraufdenThron mitgebracht hat,in denDienstdernationalen Sachezuzwingen. Wilhelm sprichtvoneinem größerenDeutschland,vonseinemJmperatoren- recht,anjeder wichtigen Weltents cheidung mitzuwirken,von(fried- licher)Hohenzollern-Weltherrschaft,von Neptuns Dreizack,der inseineFaust gehöreznennt sich,inderFlaggensignalsprache,den Admiral desAtlantischenOzeans.Eduard bleibtgelassen.Der ist nichtzumDalaiLamaerzogen worden;hatdiegraueAlltags-·

sorgekennengelernt,inder Geldklemme geschmachtet,dem Türken- hirschunddemDiamantenkönigRhodes,denNothschildundCassel

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3118 DieZukunft.

manchen Gefchäfthuisf abgegucktundalsFreund kluger Kauf- leuteerfahren,wasdasLebenift.SolcheErfahrunghebtihuschucll Über dieDutzendmonarchen hinauf.UndimBezirkdestrade, des Handels, istderSkeptikerselbstdembegabteftenPathetikerstets überlegen.Eduardmachtsichszunächftbequem·GiebtderSchau- lust,die indenWitwenjahren der Mutter gehungert hat, reich- liches Futterund nützt, hinter dichten Gardinen, dieZeitzur Knüpfungneuer, zurFestigungalter Freundschaft.Als ersich fehen läßt, weiß jeder irgendwie Veträchtlicheschon: Auf diesem Thron sitztdererstemoderne GeschäftsmanngroßenStils (größe- ren alsoalsLouisPhilippeundderzweitebelgischeLeopold).Nie hälterdröhnende Reden; sagtnievoraus, was erthun werde;

willnicht Applaus, sondernWirkung;und istvon vorn herein, wiejeder klugeErbeeines nachveraltetem Brauch geführtenGe- fchäftes, bereit,vomTrugzureellemHandelüberzugehenEr will keinenKunden plündern,seineBilanznicht verschleiern,den Kon- tinentalmächtennicht länger zumuthen, fürHjs MostGraciousMa- jestyohneEntgeltzuarbeiten-DieBritenfirma,die ervertritt,soll promptzahlen; siekanns. Braucht ihreWaare nicht aufallen Märkten schreiend anzupreisen nochgarmitHaufirergeberdedie Kunden herbeizuwinken.DerVerkehrgroßermodernerHandels- häuser hat seine Gesetze,dieauch derReichste nichtungestraftver- letzt.Business is business. Wer eineausvierMillionen Vayon- nettes gestützteGroßmacht isoliren will, muß sichsEtwas kosten lassen.Eduard sagtJedem,dershörenwill:»MeinlieberNeffe isteinungemeintalentvoller Mann, dohleider unberechenbar;

wenn wiruns nichtAllegegenseinenWillen stemmen,fetzterder

armen EuropaeinesAbends denRothenHahn aufs Dach.Alles

derFamiliensreundfchaft Erlangbarehabe ichversucht. Umsonst.

«Waswillichdenn? Friedenshort fein;die Kultur vordemKriegs- sschreckenschützen.Weiter nichts. Wer fürgedeihlicheRuhe ist, kann mitmirhandelnundwandeln. Werschuldlos bedrohtwird, istmeines Veistandes sicher.«Alles drängteinseinenEoncern.

Alsderanglo-russische Vertrag Ereigniß gewordenwar, konnte dergreisende König,wieeinstdas Knäblein,mit vergnügtem Schmunzeln sprechen: »Von Nußlandkam mirdas Kreuz,von

FrankreichdieWaffe.Zweierlei WerkzeugzumMachterwerb.«

HatderOnkelgeglaubt,waserüber denNeffensagte?Und war erwirklichjemalszudemWagnißeineerutprobe entschlos-

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Inventur. 349

Tsen?Nein. Erwar kein Soldat undkeinSeemann; Weder blin- derDraufgänger nocheitlerRuhmsüchtlingEinroyalmerchant Von nüchternem, manchmal majestätischemMenschenverstand, sgründlicherPersonalkenntnißund angeborenerLiebenswürdig- keit. Mit deutschemBlutundpariserischerLebensgewohnheitvon denLandsleuten deutlichgenug unterschieden,um (wiedernie ganz französirteHolländerLouis Rapoleon aufdieFranzosen) mitdemReizleiserFremdartigkeit auf siewirkenzu können;und inwichtigenWesenszügenihnen dochwieder nah.DenNeffen glaubteerzukennen, wienur jeEiner seinFleischund Blut; wie manDen nur kennt,denman aufwachsensahund überdessenCha- rakterbildungaberhundert Familienbriefe berichtet haben. King Edward schwor daraus: Kaiser WilhelmderZweite führtkeinen Krieg;will alsFriedenswahrerim GedächtnißderMens chenfort- leben. DenJntimsten hatersgesagt.Die Anderen mitderFurcht vor demKriege geködert.ErhatteWilhelmsVriefeandie bei- den Bictorien undan diePrinzessinWaldemar gelesen,die unter vier Augen recht herben Urtheile desOberhofmeisters Grafen Seckendorff(dessenKorrespondenznichtansLichtkommenwird) kgehörtzundblieb bei derDiagnose:Mobil machternicht. Jndie- serZuversichtthaternachdemDoggerbank-Aerger,alsmüssemor- gen dieNordsee sichmitdemSaft germanischerAdern färben;bot -er,derdoch wußte, daßunter demUnion Jackdas Schiffs- geschützveraltetwar unddaßausSchleswig-HolsteinkeinTommy Atkins lebend heimkehren werde, zweimaldenFranzosenWaffen- hilfean;ließ sie, durch seinenVertrauensmann Sir Donald -Mackenzie-Wallace, nochinAlgesiras ermahnen,vom WimPel ihrer Wünsche nichtdenwinzigsten Fetzen abschneidenzulassen.

Jahrelang saßerfestindiesemGlauben« Triebseine persönliche PolitikwieeinenSport.Freute sich höchstköniglichander Wirk- ungeinesBluffundlähmte geradeandenwichtigstenStellen dic deutscheDiPlomatiedurcheinlistigesZwinkern,dassprach: Laßt Euch,um Gotteswillen, nicht einschüchtern;hinter noch so hart klingenderRedesteht nichtderWille zumletztenMittel der Völ- ker,derKönige;derNeffedenich kenne, führtkeinenKrieg.

Jahrelang. Nur einschwarzes Wölkchen saher, weithinten noch,amHimmelNach derEinführungbritischerSchutzzölle,mein- te er, wirdDeutschland,imZornüber dieMarktsperre,auchdurch diestärksteBeschwörungnichtvondemVersucheines Kanalüber-

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350 Die Zukunft.

fallesabzuhaltensein.Das ließersichnicht ausreden; trotzdem Wilhelm lautProtestirte undeinesTagessogar durchdenMund eines Inhabers derFirma WernherBeitinLondon melden ließ, dasDeutsche Reichdenkenicht daran,einerGroßmachtdenUeber- gangineinHandelssystemzuwehren,das esvordreißigJahren selbst für sichgewählthabe.Alles vergebens. Jrgendeineandere Möglichkeit hatEduard nicht fürchtengelernt.Unddersonst so Wohltemperirte geriethbeinaheins Feuer,alsinMarienbad der- KeltogallierClemenceau voneinerKriegsgefahr sprach,derdie friedlicheJranzösischeRepublik sichnicht aussetzenwolle. Nach demDeserteurspektakelvon CasablancawarParis zumAeußer- stenbereitgewesen, bereit, Nadelstiche,dieunerträglich wurden,.

mitdemSchwertabzuwehren. Schonaber wars wieder nervös.

Ohne Grund,liebeExcellenz;dennermacht nichtmobil.

NochimJahrderösterreichischenValkanannexion spracher·

so.Dann kam derMärzabend,andemRußlandsMilitärbevoll- mächtigterinWien hörte,dieMobilmachung sei fürdenNoth- fall angeordnetunddiedeutsche Wehrhilfe fürdenTag,derRuß- landalsWaffengefährtenSerbienssähe,unzweideutigzugesagt.

KamdieStunde, dadervondemwiener Offizier gewarnte Mis- nisterszolskij denGrafen Pourtalcäsersuchte,inBerlin eine versöhnlicheJnterventionzuempfehlen. Eduard traute demOhr nicht. Mußte dreifach bestätigterMeldungschließlichdoch glau- ben.Und gab, fastamselben Tagnoch,diepersönlichstePartie als verloren auf.Wenn Deutschland sichwieder erinnert, daß je- desVronzegeschützFritzensvonPreußendieInschrift»Ultima re- gjsratio«trug, istesseh-rstark.Wer wird,nachdemZusammen- bruchderfranzösischenMilitärpartei, nachMukden undeushima, einReich herauszufordern, nur zukitzelnwagen, das vierMil- lionen muthigerMänner insFeld schickenkannund,wenn Ehre aufdemSpiel steht, schickenwird? Kein halbwegsvorsichtiger- Spieler setzt großeSummen aufZåro. Auch istdennoch nichtge- sättigten Partnern imAugenblick nichts Greifbares zubieten.

LießeVritanien denLandbesitzoder dasMeerengenrechtder im Reformrausch schwelgendenTürkei kürzen,dann hättees inJn- diendas Mohammedanergewimmel aufdemHals. DessenAth- mung schon unbequemgenug ist.UnddieHauptsache:derGegner,.

aufdessenRervenartderKing eingespieltistz hatdieKarten abgege- ben.-DerNeffe hatausschmerzlichemErlebniß gelernt, daßder-

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Diese Angaben wurden von den damals mit ihnen lebenden Hausge- nossen und eben so von mehreren Anderen, die sich des Vorfalls noch entsinnen konnten, bestätigt. Woraus das

(Daß der Vertreter einerfremden Großmacht in derReichshauptstadt von dem GesandtenVayerns zum Festmahl geladen wurde, dann dreiTageinMünchensaß, den Prinzen Luit- pold, Ludwig

Das Centrum entschloßsich jedoch zum Kompromiß, weil es sich als große (im Abgeordnetenhaus nicht größte) Partei den Luxus der Linken, Alles abzulehnen unter dem Vorwand, daß sie

Dies-e neuen Stände hatten nun aber beide das lebhafteste Interesse an dem gleich-en und all- gemeinen Wahlrecht: der Arbeiterstand, weil dieses Recht ihm so- fort einen

,,Pleb-ejisch fühl’ ich meines Landes Wunden«, sagt der Dichter; und meint mit dem nicht ganz zutreffenden Wort feinen Gegensatz zum Sonderstandpunkt der Kaste. Diesem Dichter, der

Die neuere Physik hat nun über das Wesen dieser Relation doch etwas sehr Wichtig-es er- mittelt: daß es nämlich in der Metamorphose einer ihrer Dan- tität nach vergleichbaren

Und wie Hamlet, im Konflikt des Willens mit dem Gewissen, sehnsüchtig nach einer That, der brutalsten, lechzt, schien auch demManne, dem der alte, vermeintliche Dua-- lismus

Der Aktionär hat zwar keine persönlich-en Beziehungen zu seiner Gesellschaft (er kann nicht gezwungen werden, in den Generali- versammlungen zu erscheinen und seine Stimme