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Die Zukunft, 10. Juni, Jahrg. XIX, Bd. 75, Nr 37.

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M. Jahrg. Itrlüyden lo.Juni1911. Yr.37.

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Maximilian Hardew

Inhalt:

Seite Bonnenwende ............................335 Kaklxederfoxiallønms undWiUenschafL VonJulius wolf. .......358 Austrmnknfe derspekulakiom Voncadon ...............365

nachdruck verboten·

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Erscheint jeden Sonnabend.

Preis vierteljährlich5Mart,dieeinzelneNummer 50Pf.

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Berlin.

Verlågder Zukunft.

Wilhelmstraßesa.

1911.

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Berlin, den 10.Juni 1911.

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Sonnenwende.

Brief an den Römer.

. . enkenEure Durchlaucht manchmal nochan dieSilvester- stimmungdesJahres 1906?SicherausdemschönenGleich- muth Eines, der,stattdesKaiserhofes,einesPrinzenpalais und desHusaren Zieten,jetztdieEwigeRoma vordemAuge hatund dieeinstvon denLoebell,Schoen,Hammann geheifchtenStunden

nun denTaine,Gregorovius,Pascal (den ichJhnenbesonders empfehle)widmen kann. Ohne Bitterniß alsoundohnedenhef- tigenDrang,heute nochzubehaupten, daszSiedamals imRecht

waren. AndenGenerallieutenant, derdemReichsverbandgegen

dieSozialdemokratie vorfasz, schriebenSie,währendvon der Dreifaltigkeitkirchedie Glockeherüberklang,die das neue Jahr einläutete: »Entgegender leiderineinigen liberalenKöpfen noch herrschenden Jdee,daßdieReaktion imReichvon rechts drohe undSeite an Seite mitderSozialdemokratiezubekämpfen sei, liegtnachmeiner festenUeberzeugungdiewahre Gefahrder Re- aktionbei derSozialdemokratie.Richtnur sind ihre kommunisti- schenZukunftsträumekulturfeindlich,dieMittel zuihrerVerwirk- lichungbrutaler Zwang:Alles,wasfich etwairgendwoinDeutsch- landan reaktionärer Gesinnung findet, gewinnt KraftundRecht durchdieUnterwühlungderBegriffevonObrigkeit, Eigenthum, Religion und-Vaterland. Von solchem Druck mußdas deutsche

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836 DieZukunft.

Bolksichfreimcfchen...DieParteien, dieam dreizehnten Dezem- berander Seite derNegirung standen,werden von vorn herein imAugezubehalten haben,wassiedamals einigte:derKampf für EhreundGut der Nation gegenSozialdemokraten,Polen, Welfenund Eentrum. Jch stelledieSozialdemokratenvoran, weil ihreNiederlageeineWarnung für ihrenblinden Uebermuth,eine StärkungdesVertrauens in denruhigen Fortschritt unsererin-

neren EntwicklungundeineBefestigungunsererStellungnach

außenwäre und weildadurch zugleichdieMöglichkeit erschwert würde,daßeinebürgerlichePartei mitHilfederSozialdemokra- Iischeneinedominirende Stellung gegendie anderen bürgerlichen Parteien einnimmt.« Nochwar Fortuna Ihnen treu,von dem Jettatore derDarmstädterBank noch nichtausJhrer Nähege- scheucht;dieNiederlagederNothen wurde Ereignißund das Eentrum aus derMehrheit geschaltet.ZwarkehrtedieKatho- likenfraktion,deren SchwächungSie erhofft hatten, gestärktin denReichstag zurückund belegte für sich sovieleSitzewiealle ihr nicht affiliirten bürgerlichenGruppen zusammen;aber die So- zialdemokratiekamzerzaustausderSchlachtund allennationalen Aufgaben schiendieProtestantenmehrheitgesichert. Jndersechs- undzwanzigsten Januarnacht zeigtenSiesicheinerSchnar,die der amtlicheBerichtdesberliner Polizeipräsidenten,,einesingende, pfeifendeundjohlendeMenge«nannte,als Straßenredner;und S. M.citirteinSiegerwonneKleists Homburgerdramaund blickte vom SchloßbalkonstolzenSinnes aufdie,,Niedergerittenen«.

Ob auch Sie,imInnersten,sichalsSieger fühlten?WieFried- richquilhelmMeister, sokonntequhnen einFreundsprechem

»Ichmuß lachen,wenn ich Dich ansehe;Dukommstmirvorwie Saul, derSohn Kis’,derausging, seinesVaters Eselinnenzu suchen,undeinKönigreichfand.«ZwiefachenGewinn hattenSie

vondemWahlkampfgehofft:wesentlicheSchwächungdesCen- trums,wesentlicheStärkungdesLiberalismus Beide Wünsche

waren unerfülltgeblieben;aber denSozialdemokratenein paar

DutzendMandate abgenommenworden. Heute werdenSie,als ein zufröhlicherWeisheitgereifterSchÜkekMontaignes,mitmir lachen.Das HauptstückderZwölftenLegislaturperiodeliegthinter uns. Blicken Sieaufdie Leistungdes»Block-Neichstages«,dessen Geschäfte,»gegen Sozialdemokraten, Polen, Welfenund Cen-

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Sonnenwende. 837 trum«,diekonservativ-liberale Bundesgenossenschaft besorgen sollte.WerhatdieNeichsfinanzreformermöglicht2DasCentrum.

DieNeichsversicherungordnung? Das Eentrum. DieVerfas sung- änderung,diedas Reichsland ineinKaiserland wandelte? Das Centrum. Keinirgendwie wichtiges Gesetz istgegendiese Partei durchgebrachtworden.Siehatsichals diefestesteStützeder-Reichs- politik bewährt.UnddembundesstaatlichenLeben vonElsaß-Lo- thringen isteineForm gegeben worden,die derSozialdemokratie paßte.DieVerbündeten Regirungen habendieVerfassungdes DeutschenReiches, die Sie»ein unantastbares Heiligthuni«ge- nannt hatten, so geändert,daszHerrVebelundseineLeutezustim- men konnten. DerHilfedieser Herrenwar auch,imPreußischen Landtag,dieAnnahmedesFeuerbestattung-Gesetzes zu danken.

Undsiewurden öffentlich,vomKanzlerdesReiches,alsMänner gerühmt,die imhitzigsten Kampfsichauf dieAnwendung ritterlicher Waffenbeschränkthatten. Hier,scheint mir, stehteinMerkstein.

Weiter. Einer derGründe,die Sie zurAuflösungdesReichs- tagestrieben,war dasVedürfniß,die Autorität derRegirungzu festigenundeinenZustandzuenden,derfraktionellenWünschen bestimmendeMacht über den Willen derNegirung gegeben hatte.

NochinderDämmerungdesdreizehntenDezembertagesriefen Sie,dendieserZustandunerträglichdünkte:»DieNegirungdarf sichnichtvorWünschenundInteresseneinzelner Parteien beugen, wenn ihrehöchsteAufgabe,dienationale,inFrage steht«.Nun, bitte,lesen Sie,was amSonnabend vordenPfingsten desJahres 1911indeutschenZeitungenstand.»Esgeht wirklich nichtsowei- termitderVerminderung derRegirungautoritätinDeutschland.

DieRegirung kannkaumnochein,Unannehmbar«aussprechen, ohne aufdieHeiterkeitdesganzen Hauses zustoßen.JnderReichs- versicherungordnungistDasebensogewesenwiebeider elsässischen Frage. Diefeierlichsten Erklärungenwurden abgegeben, daszohne diePluralstimmen fürdasWahlrecht (inElsaß-Lothringen)die ganze Vorlage derNegirung unannehmbar wäre ; und als dann diePluralstimmen fielen,erhob sichüberhaupt nichteineinziger Negirungvertreter, um diefrühereHaltung derRegirung zuver- theidigenoderzuerklären.«DashatnichtetwaeingrimmerJunker oder anderer GegnerderbethmännischenNeichsschädigungge- schrieben;nein: Einer ausderMehrheit, die uns daskaumer-

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338 ,- DieZukunft.

meßlicheUnglück dieser »Berfassungreform« aufden Nackenge- laden hat. HerrDr.GustavStresemann, Syndikus desVerban- desSächsischerJndustriellerundnationalliberalerVertreter des WahlkreisesAnnabergDer spricht,alsFirmengenossedesmann- heimer Rechtsanwaltes Bassermann (der! Sie, trotzdem ersichaus einem scheltenden Berächterineinen Adorantcn Eurer Durch- laucht gewandelt hat, wohl noch heute nichtsalsch eins chätzen),na- türlich so mild,wieStunde undGegenstand irgend gestatt--n.Der Unbctheiligte fände fürdenSkandal derunter der Verantwort- lichkeitJhresNachfolgers getriebenenScl)ach«.k1nacheileichtWor- tevonanderer Wucht. Früge,ob indiesemMann etwas einer politischen Ueberzeugung Aehnlicheslebe.Weiß dochNiemand mehr,woran Derglaubt.DieOrdnungderNeichsversicherung (auchSieschmunzelngewiß,wennSiesolcheUmstülpungdesBu- reaukratenkrames alseinungeheuresWerk Preisen hören) istin wesentlichen Punkten völliganders geworden,alsersiewollte.

Und aufdemGebiet derBerfassungfrageisterkläglich,Schritt vorSchritt,zurückgewichen.Wenn Sie,inextremis,dieNachlaß- steuergeopferthätten, wärs,imVergleichmitdemjetzt Erlebten, Kinderspiel gewesen.Aus welcher Steuerquelle sieeinebestimmte Geldmenge schöpfenwill,mageineParlamentsmehrheit entschei- denundverantworten; derRegirung, die,weilsiedasGeld für denStaat braucht, ihr diese Entscheidung überläßt, gebührtkein Tadel.Unerhörtaber undunverzeihlich ist, daßeinKanzlereine LebensfragedesReichesmitGesetzesparagraphen beantworten läßt,dieergesterndemReich schädlichunddeshalbunannehmbar genannt hat«Anderthalb Jahrelanglähmt,imReichund in Preußen, dieserMann nun das Staatsgeschäft durchdas Be- kenntniß,erhaltedas allgemeine,gleiche,öffentlichzu übende Wahlrecht füreineunmoderne, überlebteFormpolitischerBe- thätigung. Jetztgiebter,denProfessorenalsdenPfadfinderzu neuerAristokratie gefeierthaben,dassolangeverworfeneWahl- recht einemLande, dessenTerritoriumvonderwüstestenSchmäh- ungdeutscherArtwiderhallt.Und scheint sich,mit denihmvonje einer Mehrheit untergeschobenenWechselbälgenimArm,gar nochfür einetiheldenund Siegerzuhalten. (Meinen Sie,neben- beiseisbemerkt,nicht auch, daßdieSitte, jedemKanzler,derirgend- was Aufgebauschtes durchgedrückthat,infeierlichem Majestät-

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Sonnenwende. 339 erlaßAllerhöchstenDankauszusprechen, imJnteressederReichs- würde undihres höchstenSchirmerswieder abgeschafftwerden müßte? VestjgjaLeoniscaprivikönntenvonsolchem Versuchab- schrecken.Was bleibt, nachalldemVumbum undTrara,dennfür Einen,derwirklichmalDauerbares erreicht hätte?)Gesiegthat das Centrum,hatdieSozialdemokratie;hat, meinetwegen, der Reichstag. Wiegefällter, denJhrAugemitso frohem Leuchten sichdemSchoßdeutscherNation entbinden sah,inseinenalten Tagen,seinesLebens Herbstnun dem Blick Eurer Durchlaucht?

Sie werden nichtnurdemGegner, sondern auchdemFreunde die Antwort weigern.Klugheit empfiehltsSiekennenihreLands- leute. Dieglaubenzwarnicht, daßJedermitdem Amtdendazu nöthigenVerstandempfange; sindabersicher, daßmitdem Amt JederdenVerstandverliere. Ihralter FeindVosadowskyhats inSchmerzenerlebt. MitanständigerTapferkeithaterangedeu-

tet,daßerinderneuen VerfassungElsaßsLothringenseindem

Reich drohendesUnglücksehe;einMann, dersichalsStaatsse- kretär imNeichsamtdes JnnerenAchtungundAnsehenerworben hat-Docherist ja nicht mehrimAmt: alsobrauchtKeinernochauf.

ihnzuhören. Selbst Leute,dieeinst auf ihn schworen, thun,als- habedem,,großennationalenWerk« nur engherzigerJunkertrotz«

lsichentgegengestemmt.Vorgestern höchsteAutorität, heute gleich- giltiger Privatmann. Soists auchdemerstenKanzlergegangen (derden»Reformator«desReichslandes von derListe politisch Mündigergestrichen)undnach ihmdemfast weisen Miquel (der einem an derAnnahmedieserVorlage betheiligtenNationalli- beralen niewieder dieHandgereicht hätte). Sehr klug, daßSie- schweigen;unddenTathres Philippiabwarten.Vielleichtsiegt,.

mitdenTruppenderAntonius undOctavianus, CaesarsGeist über Brutus undCassius.Vielleicht;ganzgewißists nicht mehr..

Das Centrum kannsich,mitbestem Recht,alsdiePartei der zu- verlässigstenPatrioten vordesWählersVlickstellen (und,wenn;

esschlau geblieben ist, zuvornochdieForderung desReichswahl- rechtes für Preußenwieder aufnehmen).Monatelang,imBund- mitdenKonservativen, täglichinseineZeitungensetzen,wasSie, NheinbabemPaasche,Richter,Plener gegen dieVesteuerungder Deszendenten gesagt,und darunter, was Vethmann und Wer- muth anLob ihrerNeichsfinanzreform geleistethaben.Dann sticht

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340 « DieZukunft-

dieseKarte keinTrümpfchen mehr.Und daßes einanWahnsinn grenzenderFehlerwar, demReichinStraßburgeinböhmisches oderirisches Parlament zuschaffen,merktMichel wohl erst spät.

Vethmanns Losung,,Fortschrittgegen Stillstand« (mitderschon dieWaldeckundPirchowgegen Bismarck insFeld zogen)wirkt ja aufdieMassen, die,weilsieimaltenQuartierkaum viel zuver- lieren haben, nicht erst lange fragen, wohinderMarsch führen solle.Unddieneue Nationalistenpartei, diedesKanzlers weit- sichtigesHandelndemKaiserland beschert hat, ist vielleicht klug genug, einWeilchen manierlichzubleiben und denTag abzu- warten,an demsieden blindgläubigenberliner Protektoren das dicke Ende zeigenkann.DieNationalliberalen gehören fürs Erste in engeGemeinschaftmitdenFreisinnigenundanderenDemokra- ten;sie haben,zumersten Mal, ineiner nationalen Frage von schwerüberbietbarer Wichtigkeitvers agtund dürften,alsFörderer deutscher Demokratie,ausdemHortderJndustrie nichteinMark- stückerhalten, so lange EmilKirdorf darüber mitreden will.Lahm sind sie schon, ehederKampfbegonnen hat. Träumensieetwanoch immer vonderAechtungdesCentrums, demsie sichinSchicksals- stundenderReichspolitikverbanden2 »DieseParteigefährdetdas

«Paterland,dennsiehatdieGesetzeermöglicht,denenwirzugestimmt -haben«:solcheParolewirdnichtziehen.Ebenso wenigeinFront-·

angriffaufdieSozialdemokratie Sieg verheißen.Eine Partei, nach dereannsch diePerfassung des-Reiches geändert,die3ukunftdes Grenzglacis,derNeichsfestung gestaltetworden ist, darskeinPer- ständigerfortanzu denTotfeinden desReiches rechnen.Wer

sich-dieser Partei voroderwährendderWahlschlachtverbündet, darfnicht,wieimWinter 1906,an denReichsprangergekettet werden. Jederdarf für diese Parteistimmen; undderSchutzmann braucht sichdesfür sieabgegebenenWahlzettelsnichtmehr heim- lichzuschämen.Denn sie hat, nachderMeinungdesKanzlers unddes vonihm informirten Kaisers,dasNeichsbedürfniszja klarererkannt undaus tieferem Patriotismus befriedigtals die ParteiderpreußischenOffiziereundPerwaltungbeamten.So weit hatsJhrAachfolgergebracht.(Und Kiderlen,JhrerLaune letztes Geschöpf?Hierhat sichs jauminternationale Politikgehandelt, über dieermindestens konsultativ gehörtwerden mußte. Jst sein Herzbei denFreundenVuch, Vrandenstein,Kroecher?Oderhat

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Sonnenwende. 341 erwieder,wievordemEntschlusz,dendeutsch-russischenAssekuranz- vertragzukündigen, sichinsfalscheBootgesetzt?DieFolgen bei- derEntschliissekönnen einander recht ähnlichwerden.)Plaudite !Jn PreußenkannVethmanndieEntscheidungverzögern,biserabge- löstwird.Dochniemals hoffen,niewieder,ernstgenommenzuwer- den,wennerdemdeutschenIndustriearbeiterabschlägt,waserdem lothringischenFranzösling,demErzfeind,,deutscher Wanzen«, ,,deutscherL5unde«,bewilligthat.AllesGeredevonderKontinuität geschichtlicherEntwickelungwürde wieehrwürdigerQuatschwirken- EinandererMinisterpräsidentmagdasKlassenwahlrechtwahren;

Vethmannkanns nicht. Vielleichtbleibt erpfissigundbereitet in derGloriasachtdenRücktrittvor. Nachfolge? Auch diese,,Schwie- rigkeit«habenwir(nichtwahr?)allgemach belächelngelernt.Die Unmöglichkeit,im ganzen Geschäftskreisdie demKanzler ausge- bürdetePeraniwortlichkeitzutragen,habenSie eingesehen.Aber das jetzt Geleistetewärevon Wermuth, von Clemens Delbriick undmanchemAnderen sogarmitvollerZuversichtzu erwarten.

Kanzler kann, post Theobaldum, jederbrave Beamte sein.

LassenSie sichvon Jhrer liebenswürdigenFrau, deren Charmeselbst unserenFreund Holstein umsponnen hatte,Clais rettes Lied aus derAngot vorspielen.DerNegirungwechselwar wirklich nicht nöthig;weder dieAuslösung nochderSilvesterbries.

Hätteder damals vondemschon amortisirtenBerleiter der Darm- städterBank (dessenDankbarkeitJhnen sosäuerlichin dieNüstern dampste) erlistete Applaus Jhnen nichtdennüchternenNechner- sinn betäubt,dannwären Sienicht einsam,durcheinevonMinems gängen unterwühlteSchlucht,indenNovemberkampfdes Jahres 19089eschrittcn.Wärediealte,indenTagenschlimmster Schwach- heiterprobteMehrheitJhnen gebliebenund keinvom Hofher- wehenderZugwindstarkgenug gewesen,Sievom Thrönchenzu fegen.JetzthatBethmann dieseMehrheit(dieneusteist,im,,Vlock- Reichstag«,diealte,gegen dieergewähltworden ist); dazuLibe- rale,diefürAllezuhaben sind,und für Nothfälle nochdie So- zialdemokratie. Cen’åtaitpaslapeine, assuråment,dechanger...

Totengericht.

DerMaler Wilhelmvon Gassron,von dessen Konfliktmit demFreiherrnOswald vonRichthofen ichvor vierzehnTagen

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342 DieZukunft.

hiersprach, hatimMai 1908 ineinem BriefandenFreiherrn Hartmann von Richthofen behauptet, erhabe dessen jüngerem Bruder Oswald 39 750 Mark inbaremGeldgeliehen;dieseVe- hauptungaberwedervordemNotar nochvordemNichterwieders holt.DerBrief hatkeinerInstanz vorgelegen;mirerstam dritten Junitag.Wir müssenhoffen, daßdieVerhandlungvordemKriegs- gericht (das auchdie Anwälte derParteien vernehmenmüßte)den Ueberlebenden ingünstigeresLicht bringt,alsdieVürgergerichte thaten.Zweitens:FrauCaecilie Meyer hateinem berliner Zei- tungmann erzählt,siewerde denProzeßumden vierzehnjährigen JosephKwilecki(den siefürihren Sohnaus-giebt)nurweiterführen,

wenn Graf HektorKwileckidas ihr fürdenErfolgsfallgemachte Angebotan zwanzigtausendMark erhöheund, stattdesmündli- chen,einschriftliches Versprechen gebe.EinMutterherz.Jnbei- denFällenbleibt zubeklagen,daßgegen Tote verhandeltwird.

Luftschiffbau Zeppelin.

Ueber derLöwenbucht verglühtderfünfteAugusttag.Auf demCornichewegists leereralsfonstbeimDämmern einesSom- merabendsz dasimmer hastigeLebenderPhokäerstadt scheintin dieHerzkammerzurückgedrängtZwischender NueHonoratund derCannebiåreregtsichs. SchänkenundKaffeehäusersind dicht besetzt;die Stimmen schriller,dieGestenheftigeralsam Alltag.

DerFremde merktbald, daßim sjnusGallicus dasBlutheutebe- sondersschnellkreist.Merkt auch, daß da,woeralsDeutscher erkannt wird,dasFeuerderNede sichrasch dämpft.Was erregt dieMassilier?

·

DerKaiserhat seitderHeimkehr noch nichtge- sprochenzausMarokko kam keineaufrüttelndeVotschaftzundaus dempariser Generalstrike istnichtsgeworden.Jrgendwas liegt aberinderLuft.Was? DerHorchererlauschts.»LeZeppeljn«,

»LaZeppeline«: so schwirrtsum alleTische.Das also.Seitgestern fährtderfchwäbischeGraf durchdieLuft;hatStraßburgsMün- sterspitzeschon hinter sichundschwebt jetztvielleichtüberder Ven- domesäule.Nein: erist umgekehrt, nachdemeinkleinerDefekt ihn zukurzerLandunggezwungen hatte;daßerbisnach Paris wolle, war einVoulevardmärchen.DocheineRecordfahrtUnd nur eine Probe. ,,Paßtauf:wenn Clemenceaus gekrönterFreundinden Taunus kommt,wirdihmdas Luftschiffinvoller Fahrtgezeigt,

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Sonnenwende. 343

dieLeichtigkeitderLandungvorsAuge gerücktundvonderHöhe her ohneWorte dieFragegestellt,obEnglandjetztnocheineJnscl sei.Das Schauspielkannihmdiemarienbader Kur verderben.

WozuhilftdieEntente,wogegenschütztdasNetzwerkderVerträge, wenn DeutschlandsLuftflotteeine Armee über den Kanal werfen undLondon mitDynamitinBrand steckenkann? Daßdie Deut- schenunsauchdaüberholthabensollen,klingtwiedieschmählichste EhamadeDenNuhm unsererAeronautik dürftensienichtantasten.

DiePatres Lanaund Guzman,deren Vallonerfindungen am Ende dessiebenzehntenund amAnfangdesachtzehntenJahr- hunderts gepriesen wurden,waren zwarnichtFranzosen,doch Lateiner-Die erste praktischeLeistung hattedie Welt denVrüdern Montgolfier, Etienne undMichel,zudanken,dieaus unserer Akdzchekamen,LestihreMåmoiressurla machine aårostatique.Paris undVersailles habendasSchiffinderLuftbewundert,Louis undMarie Antoinette denErfindern huldvollzugelächelt.Wer- weiß,wasausderMontgolfiåregeworden wäre,wenn der Sturm der Revolution die Brüder nichtaus denLüften aufdieErde ge- scheuchtund dieOberschicht weggefegt hätte,die zurFörderung soschwierigerExperimente geeignetwar! Umdieselbe Zeit (sast aufdenTagists fünf Vierteljahrhunderte her) ließderPhysiker CharlesaufdemMarsfeld einenmitWasserstosfgefülltenBallon steigen.Damals waren wirAllenvoran. PilåtredeNozier fuhr aufderMontgolfiåre nochweiter alsihre Erfinderund wäre über Boulognehinausgekommen,wenn seinVallon, dessenMechanis- musinzwischen nachdenErfahrungenderEharliåre ergänztwor- denwar,nichtverbrannt wäre. Vlanchardkam 1785mitseinem LuftschiffvonDover nachEalais und wurde erstaufdersechsund- sechzigstenFahrt (meistwar seineFrau alsGehilfinnebenihm) vom Aeronautenschicksalereilt. Alle Franzosen. Eharles aus Beaugency, PilåtreausMetz,Vlanchardaus demDepartement Eure. Soistsgeblieben.Viot,Gay-Lusfac,Sivel, Tissandier, Hermite, Renard,Giffard; biszuSantos-Dumontund Lebaudy.

Beiuns istderFallschirm erfundenworden. Wirhatten (schon 17920dieersteLuftschiffercompagnie;dieVonapartes Ungeduld zufrühauflöste.Nenards Ballon hatte zuerstdasEigarrenformat, mit dem dieDeutschensichjetztbrüstenTrotzAlledem: überslügelt;

und wiedervoneinemPatrouillereiter desKaisersUnsereLeistung,

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344 DieZukunft.

istvergessenundnurvonZeppelinnochdie Rede. Hältersichvier- undzwanzigStunden ohne PauseinderLuft,dann wirdseinAlus 1niniumschiff(Schwarzhatte schonvor elf Jahren eins) Reichs- eigenthumundderWinter bringteineLuftflottenvorlage.«Zeit- ungjungen heulen heran.»LacatastropheduZeppelin! Demandez leSolejl duMidilss EinBlatt,dessen Glaubwürdigkeit nichtüber jedenZweifelerhaben ist. Dennoch reißtmans denLümmeln jetzt aus derschweißigenHand.Undliest,das Lastschiff seivoneiner Gewitterbö gepacktundentankert worden undgleich danachver- brannt. Das hättendieNachbarnnun vonihrem Geprahl; nach solcheeramage würden siesichaufdiesemGebietwenigstensvor sWettkämPsenkünftigwohl hüten.Jedermöchtees gernglauben; Keiner wagts. Einschlauersonnener Kniff;dieProvinzzeitung willihren Absatz steige-inundhascht nachderstärkstenSensation.

Wenns wahrwäre! Dann hättenwir vonHavas längsteinen Bericht. Vielleichtkommt ernoch;abwarten.NachZehnhäuft sich vor denKiosken dieMenge.Wenns doch wahrwäre!JnAller Augen lauert dieHoffnung. Gegen ElfbringteinNadler ein Bündel neuer Blätter. Entschnürt, sortirt:undschon vergriffen.

Eine Minute lang ists,als halteAlles denAtheman. Dann schwilltdasStimmenkonzert zumFortissimo. Wahr also zwirklich wahr! Von demSchiff,das denDeutscheneinzweitesSedan bereiten soll,istnichts übrigalseinverkohlterNumpf. Werdenkt daanSchlaf? Jndickem Strom wälztsichs durchdie NueNoailles und aus dem Gischt gellt Weiberlachen,jauchzenFreudenrufe undSpottliedchen insOhrdesdemSüden Fremden. Dort,an derEcke,tauschenzwei halbwüchsigeKaufmannsgehilfenden Bru- derkuß.Da,vor der Maison Doråe, singteingeschminktesMägde- lein,überdessenschlechtgefärbtemHaareinRiesenhut wippt,den Vänkelchorålvonder sainte Alliance entrela Russie et la France.Und drinnen erklärt derKellner,währenderden bockabwischt,das3es garnichtanders kommen konnteunder(ein PariserausParis, Fräulein!)andiesemAusgangnie gezweifelthabe.Niemals. Um Mitternacht glaubensAllevon sich.Der Alb drücktnicht mehr.

JndieBallonschuppen,diesieheimlichinallenGrenzstädtenge- bauthaben(mindestens dreißig,standinderZeitung),mögendie DeutschennunSauerkrautlagern.Oder,wennsihnenSpaßmacht, ihreunbrauchbarenZePpelinsWir sindwiedervornan undwer-

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