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Die Zukunft, 30. April, Jahrg. XVIII, Bd. 71, Nr 31.

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Erscheintjeden Sonnabend.

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1910.

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Berlin, den 30.April 1910.

Parlamentspolizei.

TDknterderRegirung Richards desZweiten vonEngland,der

Dnichtganzso ausgesehen haben sollwieauf Shakespeares Mitleid heischendemBild,wurde einUnterhausmitglied,weil es einen Antrag eingebrachtundbegründet hatte,der denKönigzu sparsamerem Haushalt nöthigen sollte,vomParlament alsHoch-—- verräther gestraft.FünszigJahredanachwurde derAbgeordnete YoungwegeneinerimHausderCommons gehaltenenRedeein- gesperrt.JmJahr 1512verurtheiltedasVerggerichteinenAbge- ordneten,weilerirrcParlament fürdieRechte derBergleute ein- getretenwar.A11s dieser Verurtheilungmuß Aergerniß entstanden sein;denn balddanach verfügteHeinrichderAchte, Parlaments- mitglieder seien,was sie auchindenHäusernder Lords undder Cornmons reden,beantragen, erklären mögen,wegen solchen ThunscinerAnklage, Verurtheilung, Strafe unerreichbar-.Den- nochverbannte,sünfzigJahrespäter,ElisabethdiePeers,die ihr, ineinervonbeidenHäusernbeschlossenenAdresse, gerathen hatten, sicheinenEhemannzuwählen oder einenNachfolgerzu ernennen, inhellem Zornvon ihrem Hofundließ,alsdas nächsteParla- ment nachalter Sitte das Privilegium derNedesreiheiterbat, durchdenGroßsiegelbewahrerLord Vacon warnend antworten:

,,JhreMajestäthatinneusterZeiteinige Verstößegegendie Ord- nung desHauses bemerkt,die zwar straslos geblieben, dadurch

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abernicht weniger rechtswidrig geworden sind.Das Unterhaus hatsichnichtinStaatsangelegenheiten zumischen,über diesein Urtheil nicht gefordert ward, sondernsichaufdie demGemein- swesenzugehörigenSachenzubeschränken«Und alsderAbge-

ordnete Strickland einenGesetzentwurfeinbrachte,vondessenAn- nahmeElisabetheineSchmälerung ihrerGewalt Über die Staats- kirchefürchtete,wurdedasParlamentsmitglied vordenGeheimen Rath gerufenundangewiesen,demHausderGemeinenfortan fernzu bleiben. Strickland erhieltzwar,als der Unwille seiner Genossenmit einerdeutlichenPetition drohte,baldvonderklugen KönigindieErlaubniß,ins Parlament zurückzukehren.Doch dieFälle,indenen ElisabethinderPertheidigung ihrer kirch- lichenOberhoheitdieGrenzendesGewohnheitrechtesÜberschritt, häuften sichso rasch, dasz Wentworth ineinerheftigenRede er- klärte,derneue Brauch, herumzuwispern,was derKönigin passe undnichtpasse,undsogar BefehleundVerbote schmiegsam hin- zunehmen,sei geeignet,dasHausumsein Recht auf unbeschränkte Redefreiheit zubringen. RochbeherrschteschüchterneAngstdie Mehrheitder Commons: der kecke Redner kam,alsvomParla- ment Perurtheilter, indenTower. Er wurde später nocheinmal eingesperrt,weilergefragt hatte,ob dasParlament nichtmehrdie Stättesei,wodievom VolkErwählten jede Beschwerdevorbrin- gendürfen.AlsderSpeakerwieder·um Redefreiheit bat, hörte erdie Antwort: »DieFreiheitder Rede wirdEuch gewahrt.Das heißtabernicht, Jederkönnesagen,was ihmbeliebtodereinfällt.

JhrhabtdasRecht,Ja oderRein zusagen.Wenn müßigeKöPfe Gesetzentwiirfe ausbrüten,in denenReformen derKircheoderUm- gestaltungendesGemeinwesens vorgeschlagen werden, so habt Jhr,nachdemgnädigenWillenJhrerMajestät, solchen Entwurer dieAnnahmezuweigern,bissievon derInstanz geprüft sind,die dazu BerufundSachverständnißhat.«JakobderErstekam mitdem Parlament inernsteHändel,alsersichinschroffemTonAnträge

vonder Art dessenverbeten hatte,derihm zumuthete,die Aus- breitungdesrömischenKatholizismus zuhindernundseinenSohn einerProtestantin zuvermählen.Am achtzehntenDezember1621 erklärtedas Unterhaus: »Die wichtigenundernsten Angelegen- heiten,indenen sichsum KönigundStaat,sLandesvertheidigung, KircheundAchtung derGesetzehandelt,sindimParlament zu be-

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Varlamentspolizei. 139

rathenundzuerörtern;unddabeisteht jedemMitglied desHau- fesdasRechtzu, in voller Freiheitzusprechen,zuurtheilen,zu stimmen.KeinMitglied darfwegenDessen,wasesimHausge- sagt hat, angeklagt,derFreiheitberaubt noch sonst irgendwiebe- lästigtwerden ;keinsunterstehteineranderen Eensuralsdervom

Hauseselbstzu übenden.«Die Stuarts zeigtenkeineLust, sichum fdiesenProtestzu kümmern. Als 1629Eromwell imUnterhaus idenVischosvonWinchestereinen gefährlichenArminianernennt, wiederholtKarl derErstedasVerbot,KirchenfragenzumGegen- standparlamentarischerErörterungzumachen. Den gegendieses Verbot von derOppositionbeantragtenEinspruch will derSpea- ikernicht verlesen.Wilde Männer schimpfen ihn laut, halten ihn, derdenSaal verlassen möchte,auf seinem Stuhlfestundküren Einen, derdenProtest verlesen muß.DreiAngeklagtewerden s(des Hausfriedensbruches und derAufreizungzumAufruhr)an- geklagt.Sieberufen sich aufdenErlaß Heinrichs desAchten, auf

·ihruraltesfreedom ofspeechundbestreiten dieZuständigkeitdes Gerichtes Vergebens. JmNamen desKönigswirdfür Recht erkannt: »Das RechtderAbgeordneten,innerhalb derparla- mentarischen Schranken sichvöllig freizuäußern, ist unanfecht- bar. Jn diesem Fall aber,wodieStaatsregirung geschmähtund versucht wurde, zwischendemKönig,denPeersund demVolkZWie- trachtzustiftenundAufruhr zuerregen, kannvon einem parla- rnentarischen Verhalten nichtdie Rede sein.Mit einer Aus- nahme stimmenalleenglischen RichterinderMeinungüberein, TdaßderErlaßHeinrichsdesAchtenals einePrivatakte zu be- trachten istundnur füreinen Sonderfall gelten sollte.Undselbst wenn diedarin erwähnten VorrechteallenParlamentsmitglie- dernzustiinden,hättendiesoPrivilegirten noch nichtdas Recht,zu reden,wieesihnen just gefällt.DasParlamentsoll, alseinhoher Gerichtshof,denanderen GerichtshöfeneingutesBeispiel geben.

Wie jeder Richter strafbar wird,wenn erinfrecherRededie Re- -girungoderdieGeistlichkeithäßlicherDinge anschuldigt, so auch das ähnlicher Vergehen überführteParlamentsmitglied. Eines bestimmtenDeliktes magesdenhöchstenVeamtenanklagen;all- gemeine böswillige Veschuldigungenaber dürfen nicht straflos bleiben. Deshalb sind dieAngeklagtengefangenzuhalten,bis es dem Königgefällt, ihnendieFreiheit wiederzugeben,undbissie

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Reue gezeigtundBesserunggelobthaben. Außerdemwirdaufeine ihrerVermögenslage angemessene Geldstrafeerkannt. «Dieses Ur-«

theilwird1667vomUnterhaus für dem Nechtunddemunentbehr- lichen Parlamentsprivileg widersprechend erklärtzundvondersel-- benMehrheit dieAkteHeinrichsdesAchtenalseinfiiralleParla- menterechtskräftigfortwirkendesGesetz ausgelegt. Doch erst1689 sichertdieBill ofrightsdenAbgeordnetenlvolleNedefreiheitunds löst sie endgiltigvonderPflicht,das imParlament gesprochene Wortvor denGerichtshöfendesLandes zu verantworten. Derpa1-

·-lamentarischen Gerichtsbarkeitbleiben sie auchdann nochunter-- than:können zurOrdnunggerufenundnachschlimmercmVerge- hen mitBerweis, Karzer, Ausstoßung bestraftwerden. Nur sel-- tenistsimneunzehntenJahrhundert dazugekommen;derPräsi- dent(speaker heißter,weilerimNamendesUnterhauseszu dem.

Monarchen spricht) hatselbst Redner, diesichzuunleugbarenVe-- leidigungen hinreißen ließen,meistnur zurOrdnung gerufen.

DieBolkshäuserdesJestlandes haben sichimmer bemüht,.

der»MutterderParlamente« inkindlicher Pietät nachzueifern..

Fastüberallwurde dieNedefreiheitnach GewissenundPflichtge- wahrt und, auchwoesParlamentswachen gab,so lange wieirgend möglichvermieden,gegenungeberdige AbgeordneteGewalt anzu- wenden. Wenn dieMenagerie desPalais Vourbon garzu laut- lärmt,setztderPräsidentdenCylinderhutaufundschliesztdie Sitz- ung;das Getös müßtedieAlltagsgeräus cheumeinBeträchtliches überschrillen, eheerdiePolizeimannschaftzuHilferiefe. Jmwiener·

Neichsrathwar dasPräsidiummitKörperverletzungbedroht,der- polnische PräsidentAbrahamowicz»armenischerZiegenschänder«

(das amtliche Stenogramm verzeichnet nochroherenZwischenruDs geschimpftworden,als,amsechsundzwanzigsten November 1897,.

von demdurchdieLexFalkenhayn verbürgtenNecht,zweimalzur- Ordnunggerufene Abgeordnete nachdemdritten Vergehenge-- waltsamaus demHauszuentfernen, Gebrauch gemachtwurde.

Dennoch hatdas widrige Schauspiel, das derEinmarschder·

SchutzleuteunddieHinausschleppungdervom VolkErwählten bot,so stark nachgewirkt, daßes niewiederholtwurde undHerrn KarlKramarz,derdamals neben Abrahamowicz imPräsidium saß,bis heutedenAufstiegzu denStellen sperrt,zu denenpoli- tischeBildungundstaatsmännischeEnergie ihn berechtigen.Der-

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Parlamentspolizei. 141

Reichsrath hat seitdemStürme undSchmähspektakelallerArten -erlebt,inseinemSaal sindMinisterpräsidentenLügner,Fälscher, Schurke11,Mördergescholtenworden: Keinerhat jewiederdaran gedacht,dieAnwendungvonGewalt gegen Abgeordnetezuem- pfehlen. Jch sahdenfeinen, schmächtigenHerrnvon Koerber im Getümmel ;mindestenszwanzigmalwarfein dichtvorihm stehen- derAbgeordneter ihmdas Wort »Mörder!«ins blasse Gesicht.

Erschiens nichtzuhören; sprach ruhig weiter, hobdie Stimme kaum undstrich mit lässiger Hand manchmaleinStäubchenvon seinembraunen Gehrock. Falkenhayns Wegwill Keiner gehen.

Jn Preußenwill mans. JmEinvernehmen miteineman- deren Falkenhayn,dernichtGrafundMinister a.D., sondern nur GeheimerNath imcMinisteriumdesJnnerenist, hatdie Kom- missiondesPreußis chenAbgeordnetenhauses beschlossen,dieGe- schäftsordnungsozuändern,daßgegenunmanierlicheund wider- spänstige Abgeordnete Polizeihilfe requirirt und ihnen draußen wegenhausfriedensbruches undWiderstandes gegendieStaats- gewalt(§§ 113,11,4,123StGV)derProzeß gemachtwerden kann- DieParagraphen 64und65derGeschäftsordnung bestimmem

»WenneinMitglied dieOrdnung verletzt, sowird esvon dem PräsidentenmitNennung desNamens darauf zurückgewiesen.

Das Mitglied istberechtigt, dagegen schriftlichEinspruchzuthun, woraufdasHaus,jedocherstindernächstfolgendenSitzung, ohne Diskussion entscheidet,ob derOrdnungrufgerechtfertigt ist.Wenn in derVersammlungstörendeUnruhe entsteht, sokannderPrä- sidentdieSitzung aufbestimmteZeitaussetzenoder ganzaufheben.

Kann sichderPräsidentkeinGehör verschaffen, sobedecktersein HauptundisthierdurchdieSitzung aufeineStunde unterb1«ochen.«

DiesePorschtiftgiebtdemPräsidentengeringereDisziplinarmittel

»als die(im letzten Jahrzehnt geänderten) Paragraphen derfür denReichstag geltenden GeschäftsordnungDaheißtes: »Im Fall gröblicherPerletzungderOrdnungkanndasMitglied durch deuPräsidentenvonderSitzungausgeschlossenwerden. Leistetes

·(im Text steht natürlich: ,,dasselbe«)derAufforderung desPrä- sidentenzumPerlassen desSaales keineFolge, so hatderPräsi- dentinGemäszheitdesParagraphen61dieserGeschäftsordnungzu

«verfahren.«(DieSitzungauszusetzen,a1.ifzuhebenoder,wennersich nicht Gehör verschaffen kann, durch BedeckungdesKopfes auf

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eineStunde zuunterbrechen.)»Wenn währendder Dauer der Ausschließunginanderen alsGeschäftsordnungfrageneine Ab- stimmungerfolgt ist,besiwelcherdie Stimme desausgeschlossenerr Mitgliedes denAusschlag hätte geben können, so mußdieAb-- stimmungindernächstenSitzung wiederholtwerden. «DieseKau- telvorschriftsollindieGeschäftsordnungdesAbgeordnetenhauses übernommen, zugleichaber demPräsidentendasRechtgegeben werden,Abgeordnete, diegroberVerletzung derWürde undOrd-- nung schuldig scheinen,vonderSitzung auszuschließen,demHaus ihrenAusschlußvonsechs(imFallwiederholterWürdeverletzungx

von zwölf) Sitzungenzuempfehlen, ihnen auchdieZuhörertribü-

nen zusperrenundseine Anordnungen durchBeamte der berliner·

Polizei ausführenzulassen. GegendieBehauptung,solcheGe- schäftsordnungseimitGesetzundVerfassung vereinbar, giebtes- keinenstichhaltigenEinwand. Artikel 84 derVerfassungurkunde fürdenpreußischenStaat sagt: »Die MitgliederbeiderKammern könnenfür ihre AbstimmungeninderKammer niemals, für ihre- darin ausgesprochenen Meinungen nur innerhalbderKammer- aufdemGrund derGeschäftsordnungzurRechenschaftgezogen werden. «DiesesVorrechtbleibtihnen.Unbestreitbar istdasRecht- derMehrheitzurAenderungeiner demVedürfniß nicht mehrge- nügendenGeschäftsordnung; unbestreitbardieThatsache,daßAb- geordnete, die, trotzdem ihre Ausweisung ritebeschlossenworden ist,imHausbleiben,rechtswidrighandeln,denJ-rieden desHau-- ses brechen und,wennsiedenExekutivbeamten durchVedrohung oderGewalt Widerstand leisten,sdurchkeinVrivilegdenNechts-- folgen ihres Handelns entzogen sind.Unbestreitbar. Dennochist derBeschluß,denderZorndenGeschäftsführerndesAbgeord- netenhauses eingab,so ziemlichderunklügste,densie ersinnen konnten;undsiewerden ihn,wenn erwirklichinKraft tritt, nach kurzer Geltungfristsicherals eine schädlicheThorheit bereuen.

DiesechsSozialdemokraten, dieimLandtagsitzen,habeneinen betrübenden Mangelanpolitischem VerstandundsozialemAn- stand enthüllt; haben nichtbedacht,daßeineGemeinschaftnur so- lange möglichbleibt,wiealleZugehörigeneinander dieäußeren FormenderAchtung gewähren.Statt derWucht ihrerBeweis- mittelzu vertrauen unddurchihr BeispieldenZweiflernzuzeigen, daßeinewirksame Vertretung desVroletarieranspruches nicht

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Parlamentspolizei. 143

dieWahleines rüdenTones bedingt,sindsieinherausfordernder Schimpfredeundallerlei lautemUnfug heimischunddadurchder anfeinereLebensart gewohnten Mehrheitlästig geworden.Im- merhin gehtsinderPrinz-Albrecht-Straßenochglimpflicherzu als in den Kammern FrankreichsundItaliens,BelgiensundHol- lands, OesterreichsundUngarns Jn Westminfter sogar,wodie gutenManieren höherals anderswo geschätztwerden,ist dieNachs ahmungvonHundegebell, HahnengekrähundKatzengeheul schon längst nichtsSeltenes mehr.Und hat PreußensZweiteKam-

mer etwa,bevorihreThürsichdenRöthestenaufthat,nieSchimpf- redeodergrobe Beleidigung gehört? »Der Gendarmendienst, den dasMinisteriumNußland leistet, mußjedem PreußendieScham- rötheinsGesichttreiben. Das Vermögenunddie Kinder unseres Landes werden einerfrivolen,abenteuerlichen, imDienstdesAbso- lutismus stehenden Politikgeopfert.«(Waldeck.)»DiePolitikdes Ministeriums Bismarck belastetuns ausfreienStücken mit der Mitschuldaneinerkolossalen,vongaanuropa mitsittlicher Empö- rungbetrachtetenMenfchenjagd. DieEssenzihres Wesens istdie NichtachtungdesRechtes;siekannwederimJnneren noch nach außen handeln,wederruhen noch wirken,wederlebennochsterben, ohnedieGesetzeunseresLandes zuverletzen.«(Sybel.),,DieEhre diesesMinisteriums ist nicht mehrdieEhredesStaatesunddes Landes. «(Twesten.)»Wennwirleider einStaatsind,derbeidiefem MinisteriumaufeinegroßePolitik inEuropa sowenigwieaufeine klare undwahre, freieundredliche PolitikimJnnerenirgendeinen Anspruch machen kann, so lassenSieunsdoch-wenigstensdie Ge- setzederMenschlichkeit halten!« (Waldeck.) »Der Ministerprä- sident,demjedesleitendesPrinzipfehltundderohne Kompaßin das Meer deräußeren Perwickelungen hinausftürmt,fhatlauch garkeineAhnungvoneiner nationalen Politik.! Erfchädigtäinge- waltthätigerund verderblicherWeisedieheiligstenJnteressen PreußensundDeutschlands. Jchweiß nicht,wasichvonseiner Wahrhaftigkeitdenkensoll.«(Pirchow).Das sindeinpaarTon- probenaus densechziger Jahren. Damals saßdieFortschritts- parteium die Quellen derMacht.EJetztstehenvierhundert sittsame gegensechswildeMänner. VrauchtsolcheMehrheitBüttelarme?

Was unter derneuen Geschäftsordnunggeschehen wird, ist leichtzuahnen.EinSozialdemokrat ist zweimalzurOrdnungge-

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J M DieZukunft.

rufenworden undschreitnun inden Saal :»Die VrutalitätJhres Vorgehens beweistnur, wieerbärmlichschlechtdieSache ist, für dieJhrecht junkerlicherEigennutzsicheinsetzt;aberderTagnaht,

woSiediesüßeGewohnheitdesPolksverrathes büßenmüssen.« OderAergeres Das HausstimmtdemPorschlagdesPräsidenten zu,demAbgeordneten fürdienächstenvierSitzungendie An- wesenheitimSaal undaufdenTribünen zu verbieten. »Ichfor- dereSie, HerrAbgeordneter, auf,das Hauszuverlassen.«»Ich habe hierdieJnteressenmeinerWählerzuwahren;darankönnen JhreVerbote undBannsprüchemich nicht hindern.«DerPräsi- dentläßtinsMinisteriumdesJnnerenoderinsPolizeipräsidium telephoniren: »SchicktSchutzleute!«Diekommen; unter derFüh- rungeines OffiziersoderKommissars AufderStraßeschaartsichs zudichtenHaufen.DerBedrohteklammert sichansein Pult,anje- denseinerHand erreichbaren Stuhl oderTisch;undwehrt sichmit FäustenundFüßen sohitzig,daßdiePolizeibeamten ihn auf ihren Armen hinaustragen müssen.Oder erhat,alsdieSchutzleutein Sicht kamen,den Saal verlassenunddenSpeiseraum,das Bade- zimmer,dieHörertribüne,das Klosetausgesucht.Wird entdeckt, hetztdieWachmannschaft listig durch alleRäume,ÜberalleTreppen desHausesundwird schließlichimAngesichtderversammelten Menge gepacktundabgesührt.Oderhält sichverborgen,bisdie Polizei abmarschirt ist,und kommtdanngemächlichwieder andie Saalthür. Sollen dieDiener sich ihm entgegenstemmen? Die Schutzleutezurückgerufenwerden? Mindestens einen Genossen wird dieWuthderParteinahme instrasbare RufeoderGesten verleiten;vielleichtgarallesechs.Neuer VorschlagdesPräsi- denten; neuer BeschlußdesHauses; neue RequisitionundExe- kution. (Den HerrenHoffmannundLiebknecht fallen wahrschein- lich nochnettere Kniffe ein; sie sindzuschlau,um sichso guteGe- legenheitzuagitatorischemWirken entgehenzulassen.)Brenn- material füreinenWintermonat. »SobehandeltderfrecheUeber- muthostelbischer Junker,denen diePfaffenbeider Bekenntnisse

Hausknechtsdienstleisten,dievonEurem Vertrauen Erwählten, weilsie gewagt haben, dieser Sippe endlicheinmal dieWahrheit zusagen. Nochlauter alsbisher muß unser Feldgeschreitönen:

Aieder mitdenvon derSchmachdesKlassenwahlrechtesleben- denSchmarotzern!Niedermitdemschwarz-blauenSchnapsblock!

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Parlamentspolizei. 145

Eslebedieinternationale, völkerbefreiendeSozialdemokratie!«

Fiinszig VersammlungeninBerlin, fünfhundertinPreußen,fünf- tausendimReich.AlleFeindedes Adlerlandes wetzendieFänge;

inenglischen, russischen,französischenVlätternwird dernaheAus- brucheiner deutschenRevolution angekündet.Dann folgendie Hauptverhandlungen inMoabit. DerHaussriedensbruch ister- wiesen;und derWiderstandgegen dieStaatsgewalt? Dreißig Zeugendafür, zehn dagegen.Wars dennnichtnur strafloseUeber- schreitungderNothwehr? JstderThäter nichtnur inBestürzung, FurchtoderSchreckenüber dieGrenzenderVertheidigung hin- ausgegangen? Langwierige (fürdenParteibrochurenverlag be- stimmte) SchlußvorträgederVertheidigerund derAngeklagten.

Urtheil: »Der Angeschuldigte hatBeamte durch Drohungund Gewalt zurUnterlassung einer rechtmäßigenAmtshandlung zu nöthigen versuchtundsichaus einemzumöffentlichenDienstbe- stimmten, geschlossenenNaum aufdieAufforderungdesBerech- tigtennicht entfernt; er hat endlich durchdiethatsächlich fest- gestellten Rufe.blaue Patentknüppel·und,Bluthunde«Beamte währendder-AusübungihresBerufes gröblichbeleidigt (§§ 114, 123,185StGV). Da essichnichtum eine Vertheidigung ge- genrechtswidrigenAngriff handelte,konnteVonNothwehr nicht die Rede sein.Unter Zubilligungmildernder Umstände ist auf eineGesammtstrafevon fünfMonaten Gefängnißerkannt wor- den.« DerAbgeordnetewurde ,,beiAusübungder mitStrafebe- drohtenThat ergriffen«:kannalso, nachArtikel84 derVerfassung, auch ohne Genehmigungder Kammer verhaftetwerden. Während derTagungdesAbgeordnetenhauses? Dann bleibt einWahl- kreis, trotzdemdas von ihmvergebeneMandat weitergilt (und demEmpfänger nicht entzogenwerden kann) ohne Vertretung Neuer ZündstoffDas Alles scheintHerrnvonHeydebrandnnd HerrnPorschzurVändigungdersechsSünder unentbehrlich.

»DerHerrAbgeordnetehat,trotzmeinereindringlichwieder- holtenWarnung, Personen undFraktionen abermals ineiner Weise angegriffen,die mit derseitJahrzehnten indiesem Haus herrschendenSitte unvereinbar ist,unddadurch bewiesen, daßihm die zurAusübung öffentlicherAemter nöthige Selbstzucht fehlt.

Jchhabeweder deannsch noch dieMacht,dieLückenseinerEr- ziehungauszufüllen;aberauch nichtdieMöglichkeit,untersolchen

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146 Die Zukunft.

Umständendenruhigen Verlauf unserer Berathungen zu verbür- gen.Wenn aufeiner Seite dieses Hausesimmer wieder versucht wird, durchkränkendeRede undBeschuldigungdenGegnerzu unbedachtemWort zureizen,sindwirstetsvonderGefahreiner Explosionbedroht.Umsiezu vermeiden unddenjetztErregtenZeit zurBeruhigungzulassen,schließeichdieSitzungundschlagevor, morgen dieVerhandlung daaufzunehmen,wosie heuteunter- brochenwurde. Jn jedem ähnlichenFallwerde ichebenso han- deln;unsereLandsleute mögendann erwägen,ob diekostspielige Störungdesäußeren Anstandes statthaftundzurWahrungir- gendwelcherberechtigtenInteressennothwendig ist.«Wäre solche Präsidentenrede nichtwirksameralsdasstärkstePolizeiaufgebot?

Durch so würdige NügederMissethäter nicht empfindlicherge- straftalsdurch Püffe, Hinauswurf, Gerichtsurtheil? Vor dem AugederBolksgenossennicht, ohne Martyrkrone, insUnrechtge- setzt?UndwärsnichteineSchande für Preußens Landtag,wenn ergegeneinHalbdutzendParteipistols Maßregeln brauchte, ohne die derReichstag, alserfast sieben Dutzend Sozialdemokraten herbergte, bequem ausgekommen ist?Wer mitdenSechsen nicht mühelos fertig wird, istzumPräsidentengeschäftverdorben.

-DerPräsident soll nochimWirbelsturm ruhig bleiben; sich niealsParteivertreter fühlen,nievomJngrimm berathen lassen.

Erthront nichtalsSchulmeisterundVakelschwinger auf seinem hohen SitzundsolldieAbgeordneten behandelnwieerwachsene Männer,denen, auchwenn LeidenschafteinkräftigesWort auf dieLippetrieb,derVerständige UnterbrechungundkleinlicheMä- keleierspart. DaßeinAbgeordneternicht sagen dürfe,derKönig mißtrauedemVolk,nicht,einMinister habesicheineBlamage zugezoge11,meinennurSchranzen.DieWahrungderNedefreiheit istimmer diewichtigstePflichtdesPräsidenten;Wahrungbisan dieäußersteGrenzedesErträglichen.Erist wederAufseher noch LehrerdesgutenTones undsollnur Den,derwirklichdieHaus- ordnung gestört hat,zurOrdnungzurückrufen.Dieser Ruf darf nichtdurchunnöthigeWiederholungentwerthetwerden.AlleH"örer müssenihn, ohne parteiliches Vorurtheil, alsgerecht empfinden, alledavonGetroffenen sich aufeinerSchwachheit ertappt fühlen.

»Einernster,unabhängigerundunbefangenerMann hatDirge- sagt,DuhabestdieOrdnunggestört;solches Mangels anSelbst- disziplin darfstDunichteinzweitesMal schuldigwerden-« So

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Da sie sich der BrutalitätseinerSchän- dungversuche entwinden wollte, hat der Wüthende ihr den Leib zerfetzt und mit Stößen und Hieben -(,,Sieh selbst!«) die Haut gepardelt.

Diese Angaben wurden von den damals mit ihnen lebenden Hausge- nossen und eben so von mehreren Anderen, die sich des Vorfalls noch entsinnen konnten, bestätigt. Woraus das

Der Prinz habe ge- sagt, wenn er nicht Werth auf die guten Beziehungen zwischen England und Deutschland legte, würde er ihn zur Thür hinaus- geworfen haben.« Albert Eduard selbst

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Er muß darum den alten Jdealen nicht fremd sein, wenn er neue zu schaffen sucht, denn jeder wahre Fortschritt ruht auf tiefstem Berständniß der Vergangenheit Der Fortschritt muß für

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