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Dr. LUDOMIR BITTER Ton SAWICKI
B E IT R Ä G E ZUR GEOMORPHOLOGIE
D E R
RIVIERA DL PONENTE
Inst. Geogr. i Gosp. Przcst
1818029977
GENOVA
TIPO G R A F IA D I ANGELD CIMINAGO Vico Meie 7 , in te rn e 6.
1909.
1818029977
Auch die Küsten leben ein Leben w ie alle übrigen m orphologischen Gebilde, auch sie stellen im m er das mo
m entane E rg ebn is einer gew issen E n tw ic k lu n g dar. Den ganzen Form enschatz einer K üste w ir d m an erst verstehen, w ü rd ig e n und e rk lä re n k ö n n e n , w e n n m an im Stande ist, alle zu ein e r E n tw ic k lu n g s p h a s e g eh ö rig e n Fo rm e n zusammenzufassen und einerseits d a ra u s die E n tw ic k lu n g selbst zu r e k o n s t r u i e r e n , a n d e re rse its das R uinenhafte der heute gegebenen F o rm e n zu begreifen. Auch diese sind heute noch lange nicht im Zustande vollständigen Gleichgewichtes, respektive sie bieten noch im m er fü r die an einer Küste a rbeitenden Kräfte Angriffspunkte g en ug , um einer w eiteren U m fo rm u n g , schliesslich einem be
stimmten Endziele zuzustreben. Gewaltig ist dabei der Unterschied der E n tw ic k lu n g einer Küste, die entstanden ist d u rch das Em por tauchen eines Stückes Meeresbodens und einer Küste, die ih r Dasein und ih re Form dem Un
tertauchen eines Stückes Landes dankt. Die erstere besteht gleich dem Meeresboden aus sanften, meist aufgebauten, akk um ulierten Formen, an ih r überw iegen die aufbauenden Prozesse und ich verw eise bezüglich solcher Küsten in Norditalien a u f m einen kurzen Reisebericht in der « Rivi- sta geografica italiana » (1). An letzteren, meist Steilküsten, überw iegen oder stehen w enig sten s gleichbedeutend neben den aufgebauten Fo rm en die Erosionsform en, neben den a u fb a u e n d e n die zerstörenden P r o z e s s e ; diesbezüglich k a n n ich a u f die an derselben Stelle ch a ra k te risie rte Küste der R iviera di Levante verweisen.
Im m er ist h ier wie sonst die w ichtigste F ra g e die nach
(•) Un viaggio d i siudio mnrfologico p e r l’ Ila lia sellentrionale, Riv.
geogr. ital., Firenze, 1909. 1-27. I. D in to rn i di Ancona.
4 | GEOM ORPH OLOGIE 1)ER R IV IE R A DI PO N E N T E 239 der p r im ä re n Form , welche eben d urch ih r Untertauchen auch den p rim ä re n K ü ste n v e rla u f und die p rim ä re K ü sten
form b e d in g t, die beide je nach der Beschaffenheit der u n tertau c h e n d e n Form sehr verschieden sein k ö n n e n und damit auch gleich die Qualität und Intensität der Meeres
arbeit beeinflussen. W e n n z. B. eine Peneplain u n te r
taucht, w ir d die K üstenlinie einen fast gerad lin igen V e r lau f h a b e n ; die Buchten und V orgebirge, die den u n te r
getauchten T älern und interfluvialen Riedeln entsprechen u nd ungleich beeinflusst sind vorn W echsel der w ider
standsfähigen Schichten, w e rd e n sanfte K u rv en von sehr grossem Radius darstellen. l)ie A ngriffspunkte fü r die W ellenerosion w e rd e n 'g e rin g an Zahl sein, die Intensität der k iistenum gestaltenden W i r k u n g der B ra n d u n g klein, weil diese d a n k der Flach heit d er Uferregion schon weit drau sse n gebrochen w i r d ; das Erg eb n is dieser W irk u n g , die g e ra d lin ig e K ü ste , ist nicht w eit en tfern t von der p r im ä re n Form, die j a schon senil w ar, und weit draussen brechen sich die W o g e n in ein e r die g reisenhafte K üsten
form nachäffenden G eradlinigkeit.
Ganz a n d e rs sieht die Küste und der Küstenprozess aus, w e n n ein ju g en d lic h e s Gebirge u n tertau c h t; die Landschaft hat vielleicht schon den 2. oder 3. Zyklus begonnen und da d u rch i h re n Form enschatz a u ssero rd en tlich kompliziert.
Auch die K ü s te n lin ie , welche das U ntertauchen einer solchen Landschaft erz e ugt, w ird ju g e n d l ic h , das lieisst weit e n tfe rn t sein von Gleichgewichte zwischen der Form un d den sie a n g re ife n d e n und um gestaltenden Kräften.
l)er V e r la u f der Küstenlinie, ih re Fo rm e n g e b u n g ist sehr m a n n ig fa ltig , der m arinen Erosion bietet sie zahlreiche A ngriffspunkte und d an k i h re r Ufersteilheit erm öglicht sie die E n tfa ltu n g e in e r grossen Intensität derselben.
Zahlreiche schmale und lange Buchten e rträ n k e n die u n teren Talstrecken, ebenso zahlreiche und s c h a rf v o rsp rin gende V o rg e b irg e , zusammengesetzt aus verschiedenarti
gem Material, tre n n e n dieselben. Die K üstenentw icklung ist identisch mit der G liederung des Reliefs des u n te r
getauchten Landes. Die Meereswelle begin nt intensiv die
K üstenlin ie u m z u g e s ta lte n , greift aber die Buchten und
die V o rg e b irg e dabei m it verschiedener Intensität an. Der
240 L. R . VON SA W IC K I [ 5 ]
W e llen v e rla u f passt sich m it der A n n ä h e ru n g an das Land dem K ü ste n v erlau f an, denn der an den V o rg e b irg e n eher emporsteigende M eeresgrund hemm t dort die W ellen, die inzwischen in die tieferen Bucten sich u n g e h e m m t hinein bewegen. So laufen die W e llen im m er s e n k re c h t a u f das Ufer zu (Fig. 1), Daraus e rgibt sich, dass die relativ ge
ring e , a u f der Strecke a-b oder c-d vorh an dene E n ergie der Meereswogen sich a u f die lange K üstenstrecke A-B oder C-D verteilen muss, so dass die Intensität der W elle in den Buchten gew altig a b n i m m t ,■ w ä h re n d u m g ek e h rt die relativ g r o s s e , a u f der Strecke b-c verteilte E nergie der W ellen b e w eg u n g am Ufer a u f die bedeutend k ürzere Strecke B-C zu sam m engedrängt, ih re Intensität also e rhö ht wird. Die zerstörende Tätigkeit der B ra n d u n g ist also in den Buchten s c h w a c h , an den V o rg e b irg e n kräftig. Die W i r k u n g der letzteren, die mit m ächtigem Tosen und Schäumen sich vielfach brechend herantobt, den Fels u n terspült, die abstürzenden Blöcke zerkleinert, spricht sich endlich aus 1.) in der Schaffung eines Fe lsstra n d e s (rocky bench) und einer steilen F a laise , 2.) in dem T ra n sp o rt der zerk lein erten Blöcke weit ins Meer h i n a u s , so dass der F elsstrand n a c k t, gerölllos ist ( ju n g e r F elsstrand);
erst w e n n die Strandplatte so breit i s t , dass d u rch die R eibung die E nerg ie der h e ra n ro lle n d en W oge so sehr v e rm in d ert w ird , dass der Strand n icht m eh r r e in gefegt w erden k a n n und ein Geröll- oder S an d stran d e n tste h t, sprechen w i r von einem reifen Strand.
Inzwischen hat sich auch die eklektische Erosion der
B ra n d u n g d a rin b e t ä t i g t , dass die weichen Schichten
GEOM ORPH OLOGIE D E R R IV IE R A DI PO N E N T E 241 schneller ausgearbeitet w e r d e n , als die harten. Das hat zur Folge, dass 1.) die Küsten gliedern ng ähnlich wie die G liederung eines Gebirges in der ersten Jugend viel reicher ist, als bei der p rim ä re n Form und sich erst in einem vorgeschrittenen Stadium vereinfacht (Fig. 2). Dann
aber 2.) erfolgt das R ückw ärtsschieben des Kliffes relativ viel schneller als bei einer hom ogenen K üste; die Aus
s p ü lu n g und U nte rsc h ne idu n g e rle ic h tert die Unterm inie
r u n g des h a rte n Materiales und die A bsp reg u n g desselben, das d ann in der F o rm von n atürlich en Brücken (natural bridge), von Decken, von Seehöhlen (sea-caves) oder von isolierten Schloten, Säulen (stack) der B r a n d u n g und auch d er Schwere bedeutend m eh r Angriffspunkte bietet.
Also se h r m ann igfaltig e Gliederung , steile Kliffs , schm aler F e lsstra nd sind die Kennzeichen eines ganz ju g en d lic h e n , w ohl schon angegriffenen, aber noch nicht angepassten V o rg e b irg e s (not yet graded). Mit der Zeit vereinfacht sich die Gliederung im m er m ehr, die K üsten
linie glättet sich, das Kliff büsst im m er m eh r seine Steil
heit e in , und der Strand w ird so b r e i t , dass die abge
bröckelten Blöcke d a ra u f h e ru m g e rro llt w erden, daher ihre Kanten a b ru n d e n und nicht m eh r in die Tiefsee h in a u s geschleppt w e r d e n , so dass der Strand mit der Zeit ein G eröllstrand, endlich ein S a ndstrand w ird (cobble bench, pebble bench). Eine solche Küste ist schon dem Ausreifen nahe, sie ist angepasst (graded beach). W e n n das Zurück
schieben des Kliffs so schnell e rfo lg t, dass die Flüsse sich
gleichzeitig an die neue gegebene E ro sion sbasis nicht
anpassen k ö n n e n , so bleiben die Täler über dem Meere
242 L. K. VON S A W IC K I [7]
h ä n g e n , die Bäche bilden m anchm al so g ar W asserfälle oder Katarakte.
W as geschieht indessen m den Buchten? Das Meer selbst k a n n p r im ä r n u r Buchten von gew altigem R ad ius schaffen, die aber seicht und offen sind. Alle schmalen und langen Buchten entstanden wohl u r s p r ü n g lic h n icht u n te r dem Einflüsse des Meeres, denn die Meereserosion untesscheidet sich von der ftuvialen vor allem dadurch, dass die erstere 2- d im e n s io n a l, die letztere 3- dim ensional ist und auch die F re ih e it besitzt, in die Seite oder in die Tiefe zu ero
dieren. Die B ew egung der W ellen in den Buchten ist wohl sanfter, die E nerg ie viel g e rin g e r als an den V o rge birge n, die Bew egungslinien der W e llen divergieren. Deshalb k a n n das von den W og e n an den V o rg e b irg e n fortge- nom mene Material hier im ru h ig e rem W asser, das seine T ra n sp o rtk ra ft einbtisst, fallen gelassen w e rd e n u nd muss mit der Zeit besonders am Ufer ein Sandriff, schliesslich einen Sandstrand aufbauen. Im Anbeginne setzt sich dieser Geröll- und Sandstrand im in n erste n W in k e l einer Bucht a n , im Herzen der Bucht (bay-head), langsam w ächst er im m er m eh r heraus, verb ind et sich schliesslich mit dem Sandstrand der ben achb arten kleinen Bucht (Fig. 3) und
schützt mit flachem Strand das zwischen den Buchten
gelegene, n u n funktionslose Kliff — das Anzeichen einer
ausreifenden Küste. Hier brechen sich die W o g e n ganz a n
ders als an den V org eb irg en . Besonders spielen auch
die K üstenversetzungen eine bedeutende m orphologische
Rolle, die h ier w ie in einem todten W in k e l das a n den
V o rg e b irg e n aufgenom m ene Material in Form von die
[8] GEO M O RPH O LO G IE D E R R IV IE R A DI PO N E N T E 243 Buchten a b sp erren de n Sicheln oder Zungen a b lag ern (Fig.
4). Die Sicheln wachsen so la n g e , bis sie die Bucht a b s p e rre n und Strandseen h interlassen, die bald zugeschüttet und in Land v erw andelt w erden. So
n ä h e rt sich der K ü ste n v e rla u f im m er m eh r dem g eradlin ig en , er w ird im m er reifer. Der m arin e Zyklus k a n n ei
gentlich nie zur Senilität füh ren , denn diese ist identisch mit der Abrasion des ganzen F estlan des; in der Theorie w ir d dieser Zustand trotz der u n g e h e u re n und f o rtw ä h ren d e n E n e rg ie verluste der Meereswoge infolge R ei
b u n g u nd der eigenen Schwere einm al e rre ic h t w erd en k ö n n e n , denn die Hauptquelle der E nergie der Meeres
woge ist ein von der solaren E r w ä r m u n g a b h ä n g i g e r , d a h e r u n v e rä n d e r t unerschöpfllicher F a k to r; aber in W i r klichkeit erfo rd ert eine solche Abrasion des Festlandes so kolossale Zeitspannen, dass inzwischen K ru ste n b e w e g u n g e n verschiedener Art den A bra sio n sp ro zess a l t e r i e r e n ; und so ist uns bis heute k ein Fall eines vollständig g re is e n haften Stadium einer dem m arin en Zyklus u n te rw o rfe n e n Landschaft be
k annt.
Also die Aufgaben eines Geomorphologen bei der Unter
su c h u n g einer Meeresküste lassen sich d a h in r esü m ie ren : 1.) er m uss die Genesis und das Aussehen der p r i
m äre n Form des u n te rtau c h e n d e n Landes e rk e n n e n und r e k o n stru ie re n ,
2.) er muss den Prozess des Untertauchens beleuchten, 3.) er muss zeigen, in w iew eit die m arin en und konti
nentalen, an einer Küste in ein a n d erg reifen d e n zerstören
den und a u fb a u e n d e n Prozesse die p r im ä re Küstenform u m gestaltet haben.
Diese Aufgabe w e rd e ich für die Küste der Riviera di
Ponente zu lösen w enig sten s versuchen ;ich habe diesen
244 L. R . VON S A W IC K I [9]
herrlichen Küstenstrich w ä h re n d e iner leider n u r kurzen E x k u rsio n Ende Juni 1908 k e n n en g elernt, im m erhin so weit, dass ich fast die ganze Küste zwischen Voltri und Ventim iglia, w e n n auch n u r k u rso risc h abgeg an gen habe, dabei aber im m er in die Täler etwas h in a u f d r a n g z. B.
im Rojatal bis Borgo San Dalmazzo. Nichtsdestoweniger ist k l a r , dass eine a u f ein so grosses Gebiet sich e rs treckende k u rso risc h e n E x k u rsio n nicht die entgiltige Lösung aller h ieh e r g e hörigen F ra g en sich zur Aufgabe setzen k a n n ; ich bin schon z u frie d e n , w e n n ih re E rgeb
nisse das Interesse und die K ritik a n d e re r wecken und sie zu eigener F o rsch u n g in diesem h e rrlic h e n W in k e l E u rop a’s anregen.
Auch die R iviera di Ponente ist gleich der Riviera di Levante eine steile G ebirgsküste, e ntstanden d u rch Un
tertauchen eines in m ehreren Zyklen a b g e trage ne n und zerschnittenen Gebirges; n u r ist die W e stk ü ste des Li gurisch en Meeres eine Querküste in o r o g ra p h isc h e r Hin
sicht,, an ih r m ünden zahlreiche Täler, w ä h re n d die Ost- lcüste von einem durch grössere Täler ka u m d u rc h b ro chenen Kettengebirge seiner ganzen Länge nach parallel begleitet wird. In den Tälern der W e stk ü ste finden sich S p u re n , die a u f eine Reihe von , von der heutigen ver
schiedenen Erosionsbasen verw eisen; diese Anzeichen v e r
knüpfen sich mit em porgehobenen S tra n d te rrasse n an der Küste zu je einer F o r m e n g r u p p e , die einer bestimmten E ntw icklung, einem Zyklus angehört, wobei der T e rm inus Zyklus keine vollständige E n tw ik lu n g s re ih e bedeutet, son
dern n u r alle bei einer bestimm ten Lage der E rosio ns
basis geschaffenen Form en umfasst, ohne R ücksicht darauf,
wie weit diese Form en ausgereift sind. A uf diese W eise
w erden w ir uns dem Bilde der p r im ä re n K üstenform
nähern. In einem zweiten Abschnitte betrachte ich die •
V e rä n d e ru n g e n , die sie bis heute erlitten und in einem
dritten ku rz den Einfluss dieses ganzen Formenschatzes
a u f das Leben der Menschen, a u f ih re Beschäftigung, die
Anlage der Siedlungen und die V erkehrsw eg e,
[10] G EOM ORPH OLOGIE D ER R IV IE R A DI PO N EN TE 215
1.) Die G ebirgslandschaft u n d die S tra n d te rra sse n . In dem w ildro m antischen Tale der Roja h at Rovereto (*) vor kurzem eine gew altige V e r jü n g u n g festgestellt, deren Folge der g ro ssa rtig e Schluchtcliarakter des Tales ist mit seinen steilen Felsen w än d en und den zahllosen K a ta ra k ten im F lussbette, besonders zwischen Fontan und San Dalmazzo, wo die Schlucht so eng ist, dass die Strasse an m anchen Stellen sich in den Felsen ein grab en musste.
Aber nicht n u r in dieser berü h m ten « Gola » mit ihren 300 m hohen wilden W ä n d e n kö n nen w ir die V e rjü n g u n g feststellen, sie hat hier n u r d an k der Härte und Klüftig
keit des M a te r ia ls , eines J u r a k a l k e s , ganz besonders scharfe Fo rm en angenom m en und bewahrt. Talaufwärts schreitend e rk a n n te ich sie schon sehr bald bei San Lo- renzo und an den Hängen des Magliocca (515 m). Doch beg in nen w i r vom Oberlauf.
Nördlich San Dalmazzo zeigt uns der Ausblick von dem Berge zwischen den Tälern d er Roja und Briga in der Höhe zugeru n d ete und reife Gipfel- und Gehängeformen, die sanft sich he ra b se n ke n zu den tiefen Tälern, aber in der un terste n P a rtie des Gehänges plötzlich steiler werden.
Der Knick im Gefällsgehänge senkt sich relativ gegen den Talboden, so dass w i r in der R ich tu ng gegen Tenda schliesslich die Talböden selbst .reif und w eit sehen. Hier g ehört der ganze Form enschatz einem einzigen Zyklus an, w ä h r e n d die etwas steileren jü n g e r e n Form en bei San Dalmazzo einem jü n g e r e n Zyklus a n g e h ö re n , der noch nicht in das oberste Rojagebiet e in g e d ru n g e n ist. Die V e r jü n g u n g w ird gleich bei San Dalmazzo in dem harten V e rru c a n o u nd T riask alk s ta rk akzentuiert. Sie steigert sich ge w altig etwas u n terh a lb im w iderstandsfähigen J u ra k a lk in der berü hm ten Gola di Roja, d ie, seit hier ein A utom obilomnibus v erkeh rt, auch s ta rk besucht wird.
Als ich an der französisch-italienischen Grenze nördlich Fon tan eine nahe Höhe bestieg, w a r ich ü b errascht über
( ') Ro v e k e t o
G., Geomorfologia delle Valli Liyuri. Genova, 1904,
p. 62-63.
246 L. R . VON SA W IC K I f n i
den scharfen K ontrast der älteren F o rm e n in der Höhe u nd der jugendlichen der in der Tiefe eng u n d endlos sich w indenden Schlucht und über die Tatsache, dass
einzelne Kleinere Seitentäler m it n u s g e re ifte m Q uellllbiet,
in einer 250-300 m hohen Stufe mit k lein e r Schlucht, Kata
rakten münden. Sie k o nn ten w egen der P erm eabilität des Kalksteins u n d seiner Härte d e r V e r jü n g u n g im Haupttale nicht nachkom m en und h ä n g e n n u n als Zeugen eines älteren Zyklus über den j ü n g e r e n Form en. Die V e r jü n g u n g e rre ic h t h ier 300 m.
Fontan seihst liegt in kleinem Kessel, der offenbar seine Existenz der W eich heit des Materials verdankt. Unterhalb schneidet die Roja in zwei neuerlichen Schluchten w ieder harte J u ra k a lk b än k e . Da liegt typisch Saorga xvie ein Ad
lernest sehr m alerisch gen au an der Grenze der älteren, in der Höhe gelegenen und zur Bebauung geeigneten Form en und der jü n g e r e n , tiefer gelegenen, die 300 m über das Tal emporsteigen und die m an in zahlreichen Serpentinen im Anstieg ü b erw in den muss. Je w eiter gegen Süden desto j ü n g e r sind die die Gegend aufbauenden Schichten, desto w eicher sind sie a u c h , desto typischer auch die W in d u n g e n und M äander des Flusses. Die F al
t u n g , deren Effekt m an an zahlreichen h e rrlichen Auf
schlüssen stu dieren k a n n , erzeugte m eh re re liegende oft sta rk ausgewalzte Falten, die uns den Gedanken an Ueber- faltung nahelegen. Zwischen P ie n a (585 m) und Airole (Mte. Caviglia 555 m ) erh ielt sich die alte Oberfläche selbst in g u t k e nntlic h e n E inebnungsflächen die in 400- 450 m über dem Fluss g e le g e n , die oft steil gestellten Schichtköpfe der K reidekalke abschneiden. Beim Km 8 sin kt die Kreide u n te r das Eozän gegen Süden; gleich
zeitig e rw e itert sich in dem bedeutend w eicheren Gestein das Tal, die Gehänge w e rd e n sanfter, die Höhen stä rke r abgetragen und zerschnitten. Es beg in n en Flussebenen den Fluss zu begleiten u n d v e rb re ite rn sich m ee rw ä rts im m er mehr.
Es stellt sich also die E n tw ic k lu n g des Rojatales in den
beiden b isher besprochenen Zyklen folgenderm assen dar:
['12] GEOM ORPHOLOGIE D E R R IV IE R A DI PO N E N T E 247
U n te rla u f M itte lla u f O berlauf Q uellgebiet V entim iglia — Km 8 — Km 20 — Dalmazzo — Col di Tenda
Die Formen des ersten Zyklus
ganz r e if r e if j u n g ganz ju n g
w u rd e n d urch die V e r jü n g u n g des zweiten Zyklus
ganz v e rn ic h te t ze rsch n itten k a u m b e rü h r t nicht b e rü h r t
Gleichzeitig m it dem V e rsch w in d e n der reifen Form en des älteren Zyklus in der U m gebung von Airolo in der Höhe von 540-530 m können
w i r die Spuren eines j ü n geren Zyklus k o n s t a n t e r e n , der sich zwischen die zwei f rü h e r e rw ä h n te n einschiebt;
seine etwas reiferen Formen, die tie f u n ter den F o rm e n schatz des älteren Zyklus herabreichen , schneiden ab an Steilabhängen und die zu ih n en geh ö rig e n Talformen m ünden in kleinen Schluch
ten j a selbst W a ss e rfä lle n ; einen interessanten Fall beo
bachtet m an an dem W e st
a b h a n g des Mte Pozzo bei V a ra se , näm lich neben ei
n a n d e r zwei Tälchen, eines ganz im Sandstein mit k lein e r M ün dung ssch lu cht, das a n dere über einem etwas h ä r teren Kalkstein m it W a ss e r
fall m ün den d (Fig. 5). Das erste Tälchen hat sich schon an das neue etwa 100 m tie
fere Erosio n sniveau a n g e
\ \ V
248
L . r. Vo n S A W i c i i i[ 1 3 ]
passt , das zweite noch nicht, indem es die alte M ündungs
höhe konservierte. Die reifen Fo rm en dieses m ittleren Zyk
lus kann man u nterh alb in Gestalt einerschw achen Leiste bis San Bernardo nahe V entim iglia verfo lg en ; besonders deutlich e rk e n n t m an den Gegensatz der beiden F o rm e n gru p p en am Berge Magliocca (Fig. 6), wo die Differenz der Erosionsbasen etwa 60-70 m beträgt.
F
ig. 6.
AVas die Deutung und die A ltersfixierung dieses F o r menschatzes a n b e la n g t, halte ich es für w a h rs c h e in lic h , dass die Form en des ä lt e r e n , I. Zyklus sich in f rü h e r e r Zeit anschlossen an die S tra n d b ild u n g e n des pliocänen Meeres, die sich heute noch in der U m gebung von Ciaise (N. V entim iglia) bis 516 m. e m p o rh e b en ; d ah er h a lt e ic h das Alter dieses Zyklus fü r pliocän und zwar, weil noch eine Reihe von Zyklen, wie w i r sehen w erd en , ins Pliocän fällt, für U n te rp lio cä n ; er brachte die Gebirgslandschaft in der Nähe des Meeres zum völligen Ausreifen, w ä h re n d die Quellgebiete relativ j u n g verblieben. Die Hebung des Pliocäns veru rsach te eine Z e rschneidung d ieser Landschaft bei einer Erosionsbasis, die um 50-60 m die heutige über
ragte; diese Zerschneidung, vermochte etw as reifere Form en bloss nahe der F lu s sm ü n d u n g zu schaffen; am O b erlau f und Mittellauf w a re n die ju g en d lic h e n Form en noch so schmal, dass spätere Erosion sie vollständig zerstört und im Tale der Roja k eine Spur von ih n en ü b rig gelassen hat. Es entsteht die Frage, ob dieser Zyklus noch pliocänen oder schon pleistocänen Alters ist; zur E n tsch e id u n g dieser F rag e haben w i r im Rojatal kein e A n h a ltsp u n k te ; im
OttA.
14] GEO M O RPH O LO G IE H E R lu V lE R A Hl R ON EN TE 249 m erh in ist das letztere n ich t sehr w a h r s c h e i n li c h , weil ich a u f G ru n d von zahlreichen B eobachtungen über w a h r scheinlich fluvioglaziale Schotter feststellen k o n n te , dass die postglaziale Erosion selbst im Schotter das Tal weder im U nte rla uf bei Bevera noch am O b erlau f bei San Dal- mazzo ü b e r 30 m vertieft hat.
Es ge la n g also den Formenschatz im Rojatal folgenden 3 Zyklen z u z u w e is e n :
Name des N iveau’« s S o n s b a s i s A lter N um m er
1) Ciaise + 500 m Unt. Pliocän I
2) San Bernardo -+- 50 — 60 m Ob. Pliöcan IV
3) Bas heutige 0 m Recent VI
W en den w i r uns n u n entlan g d er R iviera g egen Osten, um den w eiteren V e r la u f des h ier g e gliederten F o rm e n schatzes zu verfolgen. Halten w ir Umschau von der Höhe Santa Croce im S. von San Biagio della Cim a, wo man einen p räc h tig e n Blick in das Nervia- und Vallecrosiatal hat. Beide Täler unterscheiden sich von ein a n d e r dadurch, dass letzteres s ch m äler, m eh r g e w u n d e n ist, so dass die O rtschaften (San Biagio, Soldanoj an das Gehänge gedrü ckt erscheinen, w ä h r e n d ersteres e inen breiten, zugeschütteten Talhoden auf'weist, a u f dessen Geröllfläche der Fluss in zahlreichen freien W in d u n g e n hinzieht. Heute b e rü h r t der Fluss nicht m ehr die Gehänge, nichtsdestow eniger e r k e n n en w i r , wie Fig. 7 zeigt, regelm ässig eine Facettierung der gegen Tal streichenden R ü c k e n , eine V e rjü n g u n g u n terh a lb eines scharfen und g ut sichtbaren Gefällknies;
dieses liegt im u n teren Talteile 150-200 m , im oberen
gegen 350 m über dem h eutig en T a lb o d e n ; es entspricht
das etw a einem T al, dessen Boden in der Gegend der
h eu tigen Küste in etwa 120 m a u s m ü n d e te , also tiefer
als zur Zeit des Zyklus I, höher als w ä h re n d des Zyklus
I V ; S puren dieses Zyklus III haben w ir im Rojatale nicht
entdecken könn en , höchstens geh ören hieher te r r a s s e n a r
tige Reste oberhalb des alten V e ntim iglia in 163 m. Ueber
den schon etwas ausgereiften F orm en des Zyklus III finden
w i r stellenw eise, so z. B. a u f dem Mte Belgestro (587
m) grosse Einebnungsflächen in 550-570 m, a u f denen
h ier P erin ald o (572 m), die Geburtsstätte des b e rühm ten
250
L . R . VON S A W IC K I[ 15 ]
C a ssin i, liegt. Diese gealterten F orm en entsprechen dem unterpliocänen Zyklus 1. An sie schliessen sich te rra sse n artige F orm en, die en tlan g des Rückens Cta S. Bartolomeo
Fi g. 7.
h e ra b re ich e n gegen M adonna del Carm ine (430 m), die w ieder sich m it den hochgelegenen A blagerungen des P lio cän s, das h ier in ein er w eiten , noch heute e rk e n n baren B ucht, die vom Mte N ero, Cta S. Bartolomeo (493 rn), Mte Rebriffao (461 m ), Mte B arracone (514 m) und Mte delle Fontane (461 m ) begrenzt w ir d , abgelagert w urden. Im Osten dieser Bucht erhebt sich das Pliocän nicht m ehr so hoch w ie im W e ste n , nicht über 500 m.
Es ist, w ie w ir später sehen w e rd e n , ein allgem eines Gesetz, dass die Hebung des P liocäns gegen Osten zu an Inten sität verliert, je m ehr w ir uns Genua nähern.
Die A blagerungen des pliocänen S trandes sind nicht n u r w ichtig für die F eststellung des A lters des Zyklus I, sondern sie decken uns in ih re r S tru k tu r eine alte K ü
stenebene au f; die hauptsächlich aus einem W echsel von sandigen und geröllreichen Schichten bestehenden Ablage
rungen fällen ganz regelm ässig m it 10-15° seew ärts, wie man dies an den grossen A ufschlüssen am Mte Bauso deutlich e rk e n n t; w ir selbst sind beim A ufstieg zum Mte S. Croce seh r häufig a u f den sanft ansteigenden Schicht
flächen des pliocänen K onglom erats em porgestiegen. Dort,
wo u nter dem harten K onglom erate an die Oberfläche
wieder Sandstein ausstreicht (Fig. 8), bildet sich ein sub-
[16] GEOM ORPHOLOGIE .DER R IV IE R A Dl PO N E N T E 251 sequenter Steilabfall, eine pliocäne Cuesta, deren Spuren w i r deutlich an dein se h r steilen N o rdrand der Berge S. Groce (361-208 m) und Mte Bauso (231-170 m) erkennen.
Der Zyklus III m it der Erosionsbasis -+- 120 in ist be
deutend j ü n g e r als der Zyklus I des Unterpliocäns. Die zu ihm geh ö re n d e n F o rm e n scheinen im Vallecrosiatal hö her zu liegen als im N e r v ia ta l; ich w age nicht zu e n t
scheiden, ob dies dem k lein e re n Einzugsgebiete des Val- lecrosia zuzuschreiben ist oder a u f eine tektonische V e r
schiebung, eine T ra n sv e rsalfaltu n g oder einen Bruch zwi
schen beiden Gebieten, der die Gegend des Vallecrosia relativ etwas gehoben h ä t t e , zu rü ck zu fü hren ist. Auch A nd eutung en des Zyklus IV findet man in der Um gebung von Bordighera, so vor allem die S tra n d te ra s s e , a u f der das m alerische alte B o rd igh era erb au t ist, in 46 m Höhe.
Es ge la n g also in der U m gebung von B o rdighera fol
gende Zyklen wiederzufinden, respektive neu zu entdecken:
I. Ciaise U n terpliocän; Erosionsbasis -+- 490-500 m III. Sta. Groce M ittelpliocän; » -+- 100-120 m IV. S. B ernardo Oberpliocän; » -+- 50-60 m
VI. Recent; » 0 m.
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Fi g. 8 .
Ein nächster aussero rdentlich d a n k b a re r A ussichtspunkt
ist der Mte Corvi (213 m.) im W esten, oder noch besser
der K apellenberg (115 m.) im Osten der weiten, flachen
Bucht von San Rerno. Das H interland dieser Bucht w ird
gebildet d u rch eine Reihe von Rücken, die ausgezeichnet
sind d u rch eine fast gleichm ässige Höhe, und sich lan g
sam und weich gegen das Meer senken (Fig. 9). Erst in
der E n tfe r n u n g von 3-4 Km vom Meer erhebt sich das
Land zu den 600-1000 in hohen Bergen (Bandito 703 m ,
Gaggio 1090 m , Bignone 1299 m). Diese Vorstufe stellt
252
L . R . VON S A W IÖ K I[17]
offenkundig eine grosse, zerschnittene S tra n d te rrasse d a r;
aber ih r Niveau en tsp rich t nich t den bisher e rk a n n ten und beträgt dort, wo es noch am w enigsten abgetragen is t , a u f dem V orgebirge Corvi, 213 m ; äh n lich a u f dem Rücken zwischen dem V alle Foce und dem V alle di F ran- cia 200 m, a u f dem breiten flachen Rücken in der Regione Y iletta 200 m und a u f dem R ü c k e n , a u f dem Foggia (232 m) liegt, auch etw a 200 m. Daher lag dam als, da dies eine S tra n d te rrasse ist, auch die E rosionsbasis in -+- 200 m. Später w erden w ir erfah ren , dass dies eines der h e r vorstechendsten Niveau’s an der R iviera di P onente ist (II).
Dasselbe Niveau erk en n en w ir in der fast ebenen T er
rassenoberfläche , a u f der B ussana vecehia ste h t; noch in grösserem Massstab finden w ir dieses Niveau ausge
p rä g t jen seits des Tales der Taggia an zwei Ebenheiten, ähnlich den Resten ein er T errasse n lan d sch aft, vvie bei San Remo. A uf diesen Ebenheiten liegen die O rtschaften Cipressa (230-250 m ) , Terzovio (200 m ) , P om peiana (200 m) und im Rücken des Mte O range sehen w ir das P ro fil der sich langsam lan d ein w ärts von 207 m bis zu 275 m (bei Castellaro) erhebenden alten K üstenebene, die sich dort m it dem steileren H interlande verknüpft.
All das sind die Reste ein er grossen Bucht des mittel-
[18] G EOM ORPH OLOGIE DER R IV IE R A DI PO N eM T E 253 pliocänen Meeres m it einem Niveau von 200 m und etwas darüber. Auch hier sieht man deutlich die Steilküste dieser Bucht, die gebildet w ird d u rch die, die T e rra ssen landschaft um 200-250 m ü be rra ge nd en Berge von della Gosta (401 m) bei Costam ara, über P ia n delle Yigne (539 m) und Gla. deH’Omo 580-605 m bis zu M. delle Fon
ta n e 781 m.
Obgleich die T errassen form en des Niveau II in der Gegend von San Remo bis Santo Stefano sich in so breiter E n tw ic k lu n g e rhalten haben, finden w ir h ier auch Spuren n ie d r ig e r e r Niveau’s ; so ist der Zyklus III e rk e n n b a r in der deutlichen S tra n d te rrasse des Capo verde oder der P u n ta d’ A rm a (115 m.) u n d auch in den Gipfelflächen der Hügel La Coli na 120 m und des Mte Stefano (etwa 150 m) zwischen Riva L igure und Santo Stefano; und der Zyklus IV hinterlässt seine unzweideutigen Spuren in der schönen Terrasse, a u f der Bussana nuova (50 in) erb au t ist und die aussero rd entlich regelm ässig und g e ra d lin ig an steig t bis San P i e t r o , am Fusse von Bussana vecchia. Auch hier haben w ir im Form enschatze Ueber- reste des
Zyklus II Mittelpliocän Niveau -+- 200 - 220 m.
,> III » » -+- 100 - 120 m.
» IV Oberpliocän » + 50 m.
» VI Recent » 0 m.
Um einen etw as detaillierteren Einblick ins Taggiatal zu b ekom m en , bestieg ich von Riva di Lig ure aus den Mte San Salvatore (NE T a g g i a , S Monte Faudo). Sowohl der W e g hin als die Aussicht von der Höhe erw ies sich aussero rd en tlich d a n k b a r (Fig. 10). Unser Auge überblickt eine g eb irg ig e Landschaft, die s ta rk bewaldet und stark und tief zerschnitten ist d u rch ein dichtes Talnetz. Mit der Zeit verm ögen w i r im kom plizierten Landschaftsbild einige Reihen von z usam m engehörigen F o rm e n g ru p p e n auszuscheiden und ih re Beziehungen zu ein a n d e r festzu
stellen. Ich g ru p p ie r e sie im Folgenden system atisch:
1.) Auffallend ist die ebenflächige Oberfläche des g eg en
ü berliegenden Mte Bignone zwischen 1000 und 1200 in
Aber die R eko n struk tion eines ein heitlichen Niveau’ s
g egen Fascia d’ Ubaga (1038 m) und Mte Merlo (1014 m)
254
Sa. R . VON S A W lC K I[1 9 ]
am östlichen Abhang der Berge M. Colletarro (1300 m), w eiter gegen M. Palacca (1053 m) und Costa Tomena (1049 m) am östlichen A bhang des Mte Ceppo (1627 m) erscheint m ir zu sehr gew agt. Die E rosionsbasis dieses Systems m üsste man in etwa 900 m annehm en.
2.) Die oben erw ähnten Berge und Ebenheiten erheben sich m it einem Steilabfall über ein er F orm engruppe, die stellenw eise a u f längere Strecken einheitlich fortlaufende Ebenheiten aufw eist. Besonders schön ist die sanfte, ein heitlich fallende E inebnungsfläche zwischen den P unkten 900 m im Osten des Mte Bignone und San Giovanni (754 m) und M. Colma (649 m). Zu diesem Niveau gehören
auch die Rücken des San Salvatore a u f dem w ir stehen (720-750 m ) , des Mte Sette F ontane (781 m) bis zur Cima dell’Omo (580 m); diesen Rüekenform en entsprechen die ausgereiften Talbodenreste, die sich in m anchen W inkeln, noch nicht erreic h t von der folgenden V e rjü n g u n g , e r
halten haben und sich zw ischen dem C. Menando und C.
Bara (am SE Abhang des Mte Ceppo) bis zu 1000 m erheben. Alle Form en dieses Zyklus, dessen Erosionsbasis w ir in etw a 600 m zu suchen h ab e n , haben schon den Zustand völliger Reife erlangt. Beide oberw ähnten For
m engruppen sind älter als die unterpliocänen Form en des Zyklus I, dessen E ronsionsbasis noch tiefer liegt.
3.) Indem w ir etw as steilere G ehänge h e ra b ste ig e n ,
treffen w ir bald au f etwas reifere, einem jü n g e re n Zyklus
angehörige Form en. W ir zählen hieher a) die reifen
Rückenform en an der Nord- und Nordostseite des Orenti-
natales in der Um gebung von V ign ai (765 m ), Angallo (700 m) und der u n te re n Häuser von Carabaudo; sie stellen die F la n k e eines Tales dar, dessen Hoden ich bei V ignai a u f 700 mg bei Crabaudo a u f etwa 620 m schätze;
b) im Haupttal der A rg e n tin a g e hö ren hieher die Formen oberhalb des grossen Gefällsknickes am Gehänge in 600 m San Giorgio, in 450 m oberhalb T a g g ia, und den zugehörigen Talboden schätze ich bei San Giorgio auf 500 m bei Taggia a u f 400 m; c) In den Nebentälern sind hieher zu rec h n e n die oberen Talgebiete, in die die V e r j ü n g u n g des folgenden Zyklus noch n icht eingegriffen hat und die d u rch ih re reifen Fo rm en s c h arf abstechen von dem ganz ju g en d lic h e n Unterlaufe. Ein solches Tal, das der T a g l i a , d u rch w a n d erte ich beim Aufstieg zum San Salvatore. Ganz steile, dunk el bewaldete Hänge um fassen den u n tere n Teil des Tales, das mit grossem Ge
fälle und zahlreichen Kaskaden zur Tiefe geht. Dabei ist der Talboden so e n g , dass der W eg an der F lanke des Tales m ühsam em po rk lettern muss. In der Höhe von 550 m v e rä n d e rt sich plötzlich das Landschaftsbild des Tales vollstän d ig ; oberhalb des auffällig k räftig e n (Äefällsbru- ches betreten w ir ein ganz reifes Tälchen, m i t 20 m breitem T a lb o d e n , der ganz versum pft i s t , und r e i f e n , wiesen- bedeckten Gehängen. Hier ko nn te der W eg bequem a u f dem Talboden selbst a u fw ä rts g e fü h rt werden.
Auch jen seits an der Ostseite des Alte S. Salvatore ist der obere Talschluss des Lorenzotales arnphitheatralisch gebaut mit flachem, weitem Boden und ganz reifen Gehängen , fast ka rä h n lic h , w e n n m an die gew altige Stufe betrachtet, die dieses obere Talstück t r e n n t von dem u n teren schlucht
a rtig en und jugendlichen. Der Rand der Stufe liegt auch h ier in etwa 500 m. Der reife Talboden des oberen Talschlusses zieht als schmale Erosionsleiste weithin über dem d unkeln, w aldreichen, steilen und u n bew ohnten heutigen Tal und trä g t selbst die Ortschaften P ie tr a b ru n a (390 m) u nd Boscomare (360 m) in 150 in über dem he utigen Talboden. Die E rosionsbasis dieses ganzen F o rm e n schatzes liegt in etwa 400 m. Da das bei Ventim iglia bis 513 m reichende Pliocän schon in der Um gebung von B o rdighera a u f etwa 480 m s in k t und w eiter im Osten
[ 2 0 ] GEOM ORPHOLOGIE H
eR R IV IE R A t)I PO N E N T E 2 5 5
256 L. R. VOX SA W IC K I [ 2 1 ]
n u r zu bedeutend g e rin g e re n Höhen sich erhebt, so halte ich die eben besprochene F o rm e n g ru p p e fü r Unterpliocän und » g e h ö r i g zum Zyklus I, obgleich das Pliocän in der Umgebung von Castellare sich nicht üb er 300 m zu e r heben scheint, denn es w ir d in seiner V e rb re itu n g durch Denudationsgrenzen bestimmt. Die ganze Höhe des M.
Grange-Castellare ist, w e nn auch oft n u r in d ü n n e r Schicht, bedeckt mit pliocänen S trandgeröllen und Strandkonglo- meraten, die g u tg e ru n d e t und geschichtet mit 10-15°
m eerw ärts fällen, was besonders dort deutlich e rk e n n b a r ist, wo sich k le in e , w ech sellag ern d e L ehm bänke oder Lehmlinsen finden. Mich bestärkt in der obigen A nschauung dass der bei der Erosionsbasis von 400 m h ier geschaffene Formenschatz im Landschaftsbilde d a n k seiner B reite, seiner weiten E n tw ic k lu n g und g u ten E r h a ltu n g ebenso d o m in iert, wie die reifen Form en des Zyklus I im Ro- ja gebiet.
4.) Ich e rin n e re d a r a n , dass ich f rü h e r schon die tie
feren E n tw ic k lu n g s g ru p p e n skizziert h a b e , so dass ich für die Um gebung des Taggiatales folgende schematische Zyklenprofile aufstellen k a n n : (Fig. 11)
'Vw T
-
^00
■ SbO
■ 300
- 100
J-ä
A lter Erosionsbasis
-1) ? . 900 m.
2) Miocän . . 600 m.
3) I Unterpliocän . . 400 m.
4) II Mittelpliocän . . 200 m.
5) III » . 120 m.
6) IV Oberpli ocän . 50 m.
7) VI Recent 0 m.
F
ig. 11.
[22] GEOM ORPH O LO G IE D E R R IV IE R A DI P O N E N T E 257 In der Um gebung von Porto Maurizio und Oneglia h in d e rte n mich Nebel und Zeitmangel , eingehendere Beobachtungen anzustellen. In der Um gebung von San Lorenzo, beim k m 136, konnte ich die Höhe ein e r schönen S tra n d te rrasse mit 60 m bestim m en u n d die Fastinsel, a u f der Porto Maurizio liegt, ist vielleicht auch ein, etw as s ta rk a b g e trag e n e r Rest derselben Terrasse (47 m) (IV);
h in te r ih r findet man te rra s s e n a rtig e Bildungen und an sie a n k n ü p fe n d e kontin en tale Form en in 110 m im N und 112 m im NE von Porto M aurizio, die sich gegen NW a u f 184 m und höher e rh e b e n ; a u f diesen Flächen liegen Garamaguetta, Artallo, Ricci, Caranigua, Cantalupo etc. (III). H inter diesen erheben sich die Rücken steiler zu den te rra s s e n a rtig e n Fo rm en bei N. S. delle Grazie di Civezza (260 m ) und Mte Bardelino (270 m ) ( I I ) ; schliesslich k ö n n e n w i r den Rücken, der mit der te rra s s e n a rtig en Ebenheit des Mte Rosa (302 m) einsetzt und sich sanft zum Colla Bassa (539 m) e r h e b t , vielleicht zum Niveau I rechnen. Aehnlich finden w i r im Imperotale Reste ä lte re r E n tw icklu ngen, so zum Zyklus IV gehö rige F lächen a u f dem W eg e nach San Luca und M. Bardelino, a u f denen dann auch Castelvecchio in 83 m und Costa d’Oneglia in 130 m sich befindet.
In te ressa n te r ist die Um gebung von Cervo und Diano M arina (4), wo zahlreiche Reste ä lte re r Entw icklungen noch heute terrasse n h a fte Oberflächen aufweisen und a u f denen die aus den e n g e n , rezenten Talböden fliehenden Ortschaften sich anlegten. Ganz k u rz gesagt gehören zum
Erosionsbasis