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Stahl und Eisen, Jg. 29, No. 16

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(1)

technischen Teiles

O ITT A TT T TFRTTl TP^ T T^^T

wirtschaftlichen Teiles L . - ^ l S e h r l d K r , 1 I f l U l

I U l i I I V L It I

Generalsekretär

GeschältsfChrer des ^ I L I I I J f I I I ■ I I | | I F

Big

Dr. W. Beuiner,

Vereins deutscher Eisen-

1 I * " «L Łi J » I II 6

esdi3fst(Chrer der

hüttenleute. V Nordwestlichen Gruppe

des Vereins deutscher Eisen- und Stahl Düsseldorf. £mm L — I I K J W I I I 1 I I I industrieller.

Vertag Stahleisen m. b.H.,

ZEITSCHRIFT

Eisen- und Stahl-

FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTEN WESEN.

Nr. 16. 21. A pril 1909. 29. Jahrgang.

Nordwestliche G ru p p e des Vereins deutscher Eisen- und Stahl­

industrieller.

I. B e r i c h t an d i e am 14. A pril 1909 a b g e h a lte n e H a u p t v e r s a m m lu n g .

onnte in dein B ericht an die vorigjilhrige A *• Hauptversammlung vom 2. A pril 1908 ge­

sagt werden, daß einschneidende Veränderungen während des Berichtsjahres im deutschen W ir t ­ schaftsleben eingetreten seien, so nahm der in der Mitte des letzten Berichtsjahres einsetzende, allmähliche und ruhige Niedergang unserer deut­

schen gewerblichen T ätig k eit im Jahre 1908 leider seinen F o r tg a n g , glücklicherw eise nicht in raschem Sturze, aber doch in steter lang­

samer Folge. D e p r e s s i o n ist das kennzeich­

nende W o r t für die L age sämtlicher Industrien im Jahre 19 08 , sow ohl für diejenigen, die, w ie 2. B. die Eisen- und Stahlindustrie, bereits gegen Ende des Jahres 1907 eine Minderung ihres Beschäftigungsgrades erfuhren, als auch für die glücklicheren Zw eige der deutschen Industrie, die, wie z. B. die E lektrizitätsindustrie, sich noch einer Steigerung ihrer T ätigk eit und ihrer Ergebnisse erfreuen durften; denn auch ihr Aufstieg v o llz o g sich 1908 in w eit ruhigeren Bahnen als 1 9 0 7 . D ie Tatsache, daß das deutsche W irtschaftsleben im B erichtsjahre nur von einer D e p r e s s i o n , nicht aber von einer K r i s e betroffen wurde, ist der erfreulichste und beste Bew eis fü r die innere K raft und Ge­

sundheit unseres deutschen W irtsch aftskörpers.

Und dieses Zeugnis einer gesunden und w ider­

standsfähigen Konstitution kann die Eisen- und Stahlindustrie um so mehr für sich in Anspruch nehmen, als gerade sie die größten Gefahren im letzten Jahre zu bestehen hatte.

W iederum wie im Jahre 1907 war es Amerika, das die europäische W irtschaftsordnung zu erschüttern drohte. Z o g in jenem Jahre die G e l d k r i s i s Europa in schwere M itleidenschaft, so geschah dies durch die aus der Geldkrise sich entwickelnde P r o d u k t i o n s k r i s i s nicht in gleichem Maße. Auch die im Februar dieses Jahres einsetzende P r e i s k r i s i s am am erika­

nischen Schienen- bezw . Eisenmarkte, deren X V I . «

eigentliche Ursachen noch nicht v ö llig aufgeklärt sind, trug sicherlich ihre schädlichen W ellen bis ins europäische und v o r allem deutsche W ir t ­ schaftsleben; aber sie verm ochte dank der weit gesunderen K onstitution unserer Eisen- und Stahlindustrie nur eine gewisse Beunruhigung und keine Bestürzung oder gar Panik liervor- zurufen. D ie deutsche Eisenindustrie, die sich in einer w ohlgefügten, festen und in steter, ruhiger Fortentw icklung befindlichen V olksw irt­

schaft auf durchaus soliden Grundlagen aufbaut, w ird niemals der Laune eines schwankenden Bedarfs so preisgegeben sein, wie ihre amerika­

nische Konkurrentin. Stünde dieser jen e völlig in sich geschlossene, festgefügte und sich har­

monisch entwickelnde G esam twirtschaft zur Seite, w äre ihr Rückhalt eine Volksw irtschaft, in der alle T eile eine m öglichst gleichw ertige Förde­

rung empfangen, dann würde auch sie nicht mehr zum Spielball einer Konjunktur w erden, w ie es die folgenden Zahlen der Roheisenerzeu­

gung im Jahre 1908 in charakteristischer W eise zeigen. Es betrug nämlich die Roheisenerzeu­

gung in den:

1908 1907 1906

t t t

V erein ig ten Staaten

v on A m e r ik a * . . 16 127 000 26 193 862 25 712 106;

D eu tschland . , . 11 813 511 1 3 0 4 5 760 12 473 067 G roßbritannien und

I r l a n d ... 10 083 000 10 312 000

Die Roheisenerzeugung in den Vereinigten Staaten von Am erika nahm also im Jahre 1908 gegen das V orja h r um 10 0 6 6 8 6 2 t = 38 ,4 3 °/o

* D io Zahl ist den statistischen M itteilun gen des V erein s d eutscher E isen - und Stahlindustrieller ent­

nom m en. N ach dem B erich t des ü a n d e lssa c h v e r - stÄndigen beim K aiserl. G en eralk onsu lat in N ew Y ork betru g die R oh eisen erzeu g u n g n o ch w en ig er als 16 M illionen T onn en.

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578 Stahl und Einen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16.

ab, während Deutschland seine Roheisenerzeugung lediglich um 1 232 249 t = 9 ,4 5 % gegen das V orja h r einzuschränken brauchte. England mußte bereits im Jahre 1907 seine Roheisenerzeugung vermindern.

D er A u ß e n h a n d e l in Roheissn im Jahre 19 08 beweist durch seinen R ü ckgan g, daß der N iedergang des W irtschaftslebens sich in a l l e n Industriestaaten v ollzog .

Es betrug an Roheisen in 10 00 t:

Im Jahre Erzeugung Einfuhr Ausfuhr Ausfuhr­

überschuß Roheisen-

yer- aorgung

1908 1907 1908

12 473,1 13 045,8 11 813,5

409,1 443,6 252,8

479.8 275,2 257.8

+ "0 ,7

— 168,4 + 5,0

12 402,4:

13 214,2 11 808,5

; D ie Einfuhr ist also bedeutend gerin ger g e ­ worden, aber auch die Ausfuhr von Roheisen, die im Jahre 1901, dem ersten Jahre nach der vorletzten Hochkonjunktur, plötzlich in die Höhe schnellte, hat sich verringert. Naturgemäß hat auch die Eisen V e r s o r g u n g * Deutschlands, d. i. Produktion + Einfuhr — Ausfuhr, abge­

nommen; sie fiel im Jahre 1908 um 1 40 5 700 t gegen das V orjahr und bezifferte sich auf 1 1 8 0 8 5 0 0 t. D a nun bei Roheisen im all­

gemeinen der V e r b r a u c h gleich der V er­

sorgung gesetzt werden kann, auch in heutigen Zeiten, so ergibt sich die volksw irtschaftlich bedeutungsvolle Erscheinung, daß die deutsche R o h e is e n e r z e u g u n g im Jahre 1908 in Höhe von 11 8 1 3 50 0 t dem deutschen R oheisenver­

brauch von 11 8 0 8 500 t bis auf 5 0 0 0 t, d. h.

fast v ö llig entsprach.

D ie nachfolgenden Zahlen zeigen, daß in den beiden Monaten des laufenden Jahres, mit Ausnahme der Februarausfuhr, in sämtlichen Positionen ein R ü ckgan g gegen das V orja h r eingetreten ist.

* In unseren früh eren B erich ten haben w ir die Sum m e von „P rod u k tion + E infuhr m inus A u sfu h r“

altem G ebrau ch e gem ä ß m it „ V e r b r a u c h “ bezeich n et.

In dem d iesjä h rigen B erich t hat nun d iese Sum m e d ie B ezeich n u n g V e r s o r g u n g “ erhalten, und zw ar aus folg en d en G rün den : D ie Sum m e „P ro d u k tio n (od er F örd eru n g ) + E infuhr m inus A u sfu h r“ ist n i c h t der „ V e r b r a u c h “ eines L an d es an dem betreffenden P rod uk t, son dern V erb ra u ch - ( - L a g e r , d. i. ab er die g esam te V e r s o r g u n g .

In Z eiten eines flotten, sich steigern den G esch ä fts­

ga n ges od er ein er H och k on ju n k tu r kann ohne g roß e B ed enken die „ V e r s o r g u n g “ g l e i c h dem „V e r b r a u c h “ gesetzt w o rd e n ; dies trifft in anderen Zeiten im a ll­

gem ein en au ch fü r P rod u k te zu, deren E rzeu gu n g dem B e d a r f le ic h t an gepaß t w erden k an n ; in Z eiten einer absteigen den K on ju n ktu r od er eines T iefstan d es ab er ist die B ezeich n u n g „V e r b r a u c h “ fü r die ob en er­

wähnte Sum m e beson d ers irreleitend , da dann die L a g er des P roduzenten od er H ändlers w eit m ehr als d ie sonst sich im g roßen und gan zen gleich b leib en d e sogenann te „Standard“ - M enge enthalten. In der je tz ige n Z eit zeig t z. B. d er K o k s -„V e r b r a u c h “ , ver­

glich en m it d er K oks - „ V ersorg u n g “ , beson d ers die B ed eu tu n g der un rich tigen R egriffsbezeich n n n g.

R oh eisen v e r s o r g u n g = P roduk tion -}- Einfuhr m inus A u sfu h r = V e r b r a u c h -J- Lager.

Monat Jahr

E r ­ z e u g u n g

t

E i n - fuhr t

A us­

fuhr t

Roheisen- ■ t e r - i s o rg u n g I

t

Januar |

F ebru ar j

M ärz 1 1909 1908 1909 1908 1909 1908

1 021 721 1 061 329 949 667 994 186 1 073 116 1 046 998

12 704 19 155 4 182 17 591 9 777 24 236

18 100 24 124 24 871 20 907 41 239 21 192

1 010 525 1 056 360 928 978 990 870 1 041 651' 1 050 012

Anders liegen die Verhältnisse bei dem Berg­

bau. D ie S t e i n k o h l e n f ö r d e r u n g betrug im Deutschen R eich e in 1000 t:

|

Jahr i Förderung Einfuhr Ausfuhr Ausfuhr­

überschuß

Stelnkoblen- r e r - s o r g u n f

1906! 136 479,0 1907] 143 222,9 1908j 148 621,2

i

9253,7 13729,3 11661,5

19 550,0 20 017,7 21 062,4

+ 1 0 297,3 + 6 288,4 + 9 400,9

126 182,6:

136 934,5 139 220,3

D ie Steinköhlenförderung zeigt also eine Steigerung, zw ar nicht in dem Maße wie 1906, so doch immerhin in rech t beträchtlicher Weise.

Die Einfuhr verrin gerte sich, während die Aus­

fuhr trotz der A u fh ebu ng verschiedener Aus­

nahmetarife, au f die w ir später noch zuriiek- kommen w erden, etwas anzog, so daß der Aus­

fuhrüberschuß sich zw ar über den vorjährigen erhob, den Ausfuhrüberschuß von 1906 aber nicht erreichte. Auch die Steinkohlenversorgung Deutschlands stieg im Jahre 19 08 trotz des D aniederliegens der Industrie und trotz der außerordentlich verm ehrten Konkurrenz der Braunkohle. L eider nehmen an der langsamen Steigerung des Absatzes nicht alle Gewinnungs­

gebiete gleichm äßig teil; denn der Ruhrkohlen­

bergbau hatte die gerin gste Beschäftigung, wäh­

rend gerade Oberschlesien am stärksten und durchschnittlich v olla u f beschäftigt war. Erst in diesem Jahre ist ein Umschwung auch hier eingetreten.

D ie Zahlen für S t e i n k o h l e n - F ö r d e r u n g , - A u ß e n h a n d e l u nd - V e r s o r g u n g d e s D e u t ­ s c h e n R e i c h e s betrugen im laufenden Jahre:

Jahr Monat Förderung

t

Einfuhr*

t

Ausfuhr Ver­

sorgung t

1909

1908

Januar F ebruar Januar F ebru ar

12010715 11551538 12579152 12642714

509153 627388 543960 813217

1734924:10784944 1776423)10402503 1402912i 11720200 1735714 11720217

1

Es konnte also lediglich die Ausfuhr, und auch nur im Januar 1909, nennenswert gestei­

g e rt w erden, sonst ist überall ein R ückgang zu verzeichnen.

* A n der E infuhr w aren e n g l i s c h e K oh len im M onat F eb ru a r 1909 m it 8 7 % b eteilig t.

(3)

21. A pril 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl and Eisen. 579

Ein weit b e trü b e n d e m B ild zeig t die K o k s ­ e r z e u g u n g . Es betrug im Deutschen Reiche iu 1000 t:

im Jahre die Koka­

erzeugung Einfuhr i Ausfuhr 1

Ausfuhr­

überschuß K oks- ver«jor- gung

1907 1908

21938.0 21175.0

558,7 i 3791,1 575,1 3577,5

3232.4 3002.4

18705.6 18172.6

Mit Ausnahme der K okseinfuhr, welche im Jahre 1908 stieg, ist sow ohl K okserzeugung, Koksausfuhr, wie die K ok sversorgun g Deutsch­

lands gefallen. Bei der K o k s V e r s o r g u n g wie auch bei der S t e i n k o h l e n V e r s o r g u n g Deutschlands ist im G egensatz zur Roheisen- versorgung zu beachten, daß sie keineswegs gleichbedeutend mit dem V e r b r a u c h ist, wie vielfach behauptet wird. Denn es ist bekannt, daß ganz erhebliche Mengen an Steinkohlen und Koks wegen Absatzm angel g elagert werden mußten.

K o k s - E r z o u g u n g , - A u ß e n h a n d e l u n d - V e r ­ s o r g u n g d o s D e u t s c h e n R c i c h o s i n d e n

M o n a t e n J a n u a r - F e b r u a r 1909 u n d 1908.

Jahr Monat Erzeugung

t

Einfuhr

»

Ausfuhr

.

Ver­

sorgung t

1909 Januar 177G373 54084 270223 1500834

F ebruar 1052358 45381 200700 1437033 1908

Januar

T

1858993 43270 309811 1592458 F ebruar 1775548 40725 353907 1402300

Hier ist das gleiche B ild ; Erzeugung, A us­

fuhr, V ersorgung sind gesunken und nur die Einfuhr ist gestiegen.

Die E i s e n e r z f ö r d e r u n g betrug im d e u t ­ s c h e n Z o l l v e r e i n s g e b i e t :

190« . . . . 2G 735 000 t

1907 . . . . 27 C97 000 t (z. T . v orl. A n g a b en )

1908 . . . . 24 224 702 t

Es bezifferto sich in 1000 t :

iin Jahre EUenerz- elnfuhr

Eisenerz- ausfuhr

Einfuhr- Überschuß

Elsenerz- versorgung

1907 1908

8470,1 7732,9

3904,4 3007,9

4571,7 4665,0

32208,7

Die Eisenerzeinfuhr hat sich, gegenüber dem Rückgang der Roheiseuproduktion von 9,4 5 °/o, weniger stark v e rr in g e r t; denn sie betrug nur 8,78 °/o w eniger als 19 07 . Dies legt den Schluß nahe, daß die Lagerm engen sich etwas ver­

größert haben, um so mehr, als die E isenerz­

ausfuhr um 2 1 ,4 2 «/o abnahm und der Einfuhr­

überschuß 19 08 sogar um rund 100 0 0 0 t g rö ß er war als 1907.

Besonders interessant ist in mehrfacher H in­

sicht die B eteiligung der verschiedenen Länder an der Erzeinfuhr. Schweden und Spanien bleiben

w ie 1907 an erster und zw eiter Stelle stehen;

doch haben sie, wie Rußland, B elgien und A l­

gerien, einen R ü ckgan g zu verzeichnen. W ährend Oesterreich-Ungarn und Griechenland einen klei­

neren Zuwachs erhalten haben, ist die Einfuhr Frankreichs um 1 2 8 0 0 0 t oder 16,17 °/o in die Höhe geschnellt, ein unwiderleglicher statistischer Beweis für die immer g rö ß e r werdende Bedeu­

tung Frankreichs als Erz-Einfuhrland für die deutsche Eisenindustrie.

Endlich legt die Betrachtung der folgenden Statistik die Erw ägung nahe, ob nicht im Laufe der Zeit gewisse bedeutsame Verschiebungen innerhalb der E isenerzversorgung Deutschlands durch das Ausland eintreten werden.

Es betrug nümlich die Einfuhr an Eisenerz in 10 00 t:

aus im Jahre

1907 1908

S p a n ie n ...

R u ß l a n d ...

F r a n k r e i c h ...

B e l g i e n ...

O e n torrcicli-U n g a rn . . G riech enland . . . . A l g e r i e n ...

3603,5 2149,3 000,5 791,5 380.2 296.2 183.2 196,0

3137.8 1978.9

528,1 919.5 282,0 300,8 187.5 166,3

D er d e u t s c h e A u ß e n h a n d e l an E i s e n ­ e r z e n i m J a h r e 1909 bezifferte sich auf :

Monat

Einfuhr Ausfuhr j Einfuhrüberschuß 1803 ; 1903

t | t 1909

t

1908 1909

t t

1908 t Januar

Februar Mürz

483602 177604] 232001 5869181 642020! 206748 718742: 528479Í 203035

357253j + 231661 298283 + 380170 266448 - f 510707

— 179649 4- 343737 4 - 26203!

D ie Eisenerz V e r s o r g u n g des Deutschen Reiches ist deshalb für das Jahr 1908 wie für die ersten Monate des Jahres 1909 zu berechnen nicht m öglich, weil eine einheitliche Statistik über die deutsche E r z f ö r d e r u n g fehlt. Die amtlichen Ziffern erscheinen erst später. —

W a s das V e r b a n d s w e s e n in der deut­

schen Eisen- und Stahlindustrie anbetrifft, so war das abgelaufene Jahr dieser A rt des Zusammen­

schlusses leider wenig günstig. V or allem schei­

terten, bei Stettin, die Verhandlungen und Bestrebungen zur E rrichtung eines allgemeinen deutschen R o h e i s e n s y n d i k a t e s. Ferner ge­

lang es nicht, wenigstens die bisherigen V er­

bünde zu erhalten ; nur die Siegerländer W erk e verm ochten eine losere Preisvereinigung abzu­

schließen.

D er Monat Januar 19 09 brachte den A b ­ schluß einer allgemeinen P r e i s v e r e i n i g u n g f ü r g e z o g e n e D r ä h t e und D r a h t s t i f t e auf unbestimmte Zeit. Inzwischen sind. Zeitungs­

nachrichten zu folge, die Verhandlungen über die Gründung eines deutschen Stabeisenverbandes endgültig gescheitert, und es werden starke Be-

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580 Stahl und Eisen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16.

fiirchtungen gehegt, daß ein gleiches Ergebnis den Syndizierungsbestrebungen für Grobbleche bevorstehe.

D ie ganze A rt und W eise der Behandlung der Kartellierungsbestrebim gen erw eckt den A n ­ schein, als ob erst recht schmerzliche Verluste, die zum T eil ja schon eingetreten sind, die ein­

zelnen W iderstrebenden zu derartigen Abschlüssen bereiter machen müssen. Es ist dies um so be­

dauerlicher, als es gerade die Verbände gewesen sind, die durch ihre Preism äßigung die letzte Hochkonjunktur so lange erhalten haben, und es ihnen sicherlich mit zu danken ist, daß der R ückschlag nicht in eine K rise, w ie vordem, sondern nur in eine Depression überging.

Diese Tatsache gewinnt eine um so höhere Bedeutung, als der Tiefstand des W irtsch afts­

lebens sich au f alle Industriestaaten erstreckte, und man nicht, w ie in früheren Krisenjahren, durch starke Steigerung der Ausfuhr sich ein verg röß ertes A bsatzgebiet im Auslande er­

schließen konnte.

„D e r ruhende P ol in der Erscheinungen F lu ch t“ , der S t a h l w e r k s - V e r b a n d , hat, obwohl er am Rande der H ochkonjunktur, also in der für ihn denkbar ungünstigsten Zeit, er­

neuert wurde, sich doch bew ährt. Manche A n ­ griffe richteten sich naturgemäß gegen ihn.

Unter anderem wurde auch behauptet, daß er den Preußischen Eisenhahnfiskus bezüglich der L ieferung von Schienen und Schwellen in eine Zw angslage versetzt und auf K osten seiner Steuer­

zahler ausgebeutet habe.

Mit dieser Legende und Verdächtigung hat der Eisenbahnminister in den Beratungen der Budgetkommission über die dauernden Ausgaben des Etats der Eisenbahn Verwaltung für das E tats­

ja h r 1009 gründlich aufgeräumt. E r führte aus, die Eisenbahnverwaltung habe in den vorh er­

gehenden Jahren durch ihren Abschluß mit dem Stahl w erks verband zw eifellos ein glänzendes Geschäft gem ach t; sie habe zu einer Zeit ab­

geschlossen, in der die Schienen und Schwellen billig w aren, und habe in den Zeiten aufsteigen­

der K onjunktur von den niedrigen Preisen p ro­

fitiert. D er Gewinn beziffere sich auf 20 bis 2 5 Millionen Mark. D er Minister leg to dann weiter dar, daß er nur dem V erlangen des A b ­ geordnetenhauses nachgekommen sei, wenn er mehrjährige V erträge abgeschlossen habe. Im übrigen stände es durchaus noch nicht fest, welches R isiko mit den V erträgen vom Staate über­

nommen worden s e i; anderseits könne nicht ver­

langt werden, daß nur die eine Seite, der Stahl­

w erksverband, das R isiko trage, und die andere Seite, der Fiskus, sich davon loslöse. Endlich stellte der Minister noch fest, daß durch den mehrjährigen Abschluß gegenüber einem ein­

jährigen der Staat allein im Jahre 19 08 2 Mil­

lionen Mark mehr verdient habe.

Es sei hier hinzugefügt, daß der Minister auch die gleichgerichteten Angriffe über seine Abschlüsse mit dem Rheinisch - Westfälischen Kohlensyndikat zurückw ies und darlegte, daß er gerade aus diesem V ertrage die größten Vor­

teile zieh e; denn die englischen Lokomotivkohlen erforderten einen M ehrverbrauch von 20 bis 25 °/o und die oberschlesischen Kohlen müsse er w eit teurer bezahlen als die Ruhrkohlen, ohne daß er überhaupt zu einem mehrjährigen Ver­

trage hätte gelangen können.

D er A bsatz des Stahlwerksverbandes stockte naturgem äß; erst in le tzter Z eit ließ sich die Ausfuhr etwas v ergrößern . Auch die mit dem Frühjahr erhoffte starke Zunahme des Absatzes in Formeisen trat nicht ein, da die Bautätigkeit bisher keine wesentliche Belebung erfuhr. Der R e i c h s b a n k d i s k o n t w ar zw ar von seiner schwindelnden H öhe zu A nfang des Jahres 1908 auf 3 l-¿ °/° ' nl Januar 1909 herabgestiegen;

doch feh lt es an der für eine regere Bautätig­

keit unumgänglichen Lust zur Gewährung von langfristigem K redit. E rst wenn dieser in größerem Umfange gegeben wird, w ozu die un­

sichere politische L a g e wenig ermuntert, kann auf besseren Absatz in diesen Produkten ge­

hofft werden. Die Montanindustrie benutzte den herabgehenden D iskontsatz bezw . die Verbil­

ligung des Geldes zu großen Kapitalserhöhungen.

Auch das erste V iertel des Jahres 1909 bat bekanntlich recht umfangreiche derartige Er­

höhungen gebracht, so daß die zukünftige Bes­

serung der Konjunktur in ganzem Umfange von der Montanindustrie ausgenutzt werden kann und ihre erweiterten Anlagen allen Ansprüchen genügen dürften.

In bezug auf unsere a u s w ä r t i g e n H a n ­ d e l s b e z i e h u n g e n hat sich während der Be­

rich tszeit nichts Besonderes für die Eisen- und Stahlindustrie ereig n et; denn der Abschluß des H andelsvertrages mit P o r t u g a l , der zudem noch der definitiven Zustimmung des Reichs­

tages unterliegt, berührt sie nicht nennenswert.

Nur die Kleineisenindustrie machte stärkere Ein­

wendungen gegen den V ertrag .

Z ollta rif re V i s io ne n, die im allgemeinen gleichbedeutend mit Z o l l t a r i f e r h ö h u n g e n sind, scheinen nun endgültig in A m e r i k a und F r a n k r e i c h bevorzustehen. In Am erika be­

gannen die Verhandlungen über den neuen Z oll­

tarif. Angeblich soll derselbe starke Ermäßi­

gungen v orseh en ; für die Eisen- und Stahlzölle scheint dies aber nicht der Falt zu sein, da die amerikanische Eisen- und Stahlindustrie sich ziem lich ruhig verhält. Genauere Einzelheiten sind noch nicht bekannt gew orden. In Frank­

reich ist bereits der Deputiertenkammer ein T arifen tw u rf v org e leg t, der eine w esentliche Er­

höhung der Zölle auf Metalle und Metallwaren vorsieht, trotzdem der Bericht feststellt, daß

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21. April 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und Eisen. 581

die betreffenden Industriezw eige sich in gesunder Geschäftslage, in einem Falle sogar in einer , condition florissante“ sich befinden. Auch soll Frankreich, mit dem w ir erfreulicherw eise durch den Frankfurter Frieden von 1871 im V er­

hältnis der M eistbegünstigung stehen, nach dem Vorschläge des Berichtes denjenigen Ländern, welche Ausfuhrprämien und Rückvergütungen gewähren, eine schärfere Stellung gegenüber ein­

nehmen. Man w ürde damit dem V orgä n ge K a n a d a s folgen.

Dieses Land ist bekanntlich das einzige, mit dem Deutschland zurzeit in einem Zollkonflikt lebt, zum großen Schaden beider Teile. D ie Frage der B eilegung dieses Zw istes w ird je tz t um so aktueller, als der Abschluß eines Handels­

vertrages Kanadas mit seinem eigentlichen Mutterlande; Frankreich, bevorsteht und der deutschen Industrie dadurch w eitere schwere Schäden drohen. Ferner neigt man in den V er­

einigten Staaten von Am erika zu einem Handels-

■ abkominen mit dem Nachbar, und drittens läuft am 31. Dezember 1909 das siebenmal verlän­

gerte H andelsvertrags-Provisorium mit England ab, das England und seinen K olonien, mit A us­

nahme Kanadas, die M eistbegünstigung zuge- steht. Soll also ein Handelsabkommen mit E n g­

land und seinen Kolonien getroffen werden, so muß unter allen Umständen unser Verhältnis zu Kanada geregelt sein. Neueren Zeitungsm el- dungen zufolge scheint man auch in Kanada guten W illens zu sein, in bessere Handels­

beziehungen einzutreten. A llerdings zeugen die neueren Bestimmungen über die Erhebung ¡des S o n d e r Z o l l e s (duniping duty) speziell für Draht und Drahtstäbe nicht sehr für eine fried­

fertige Stimmung.

Endlich ist noch au f die geplante E i n f ü h r u n g v o n P r ä m i e n f ü r E i s e n - u n d S t a h l e r z e u g ­ n i s s e innerhalb des a u s t r a l i s c h e n B u n d e s zu verweisen. Dem Parlam ent dieses Bundes ist nämlich ein G esetzentw urf v org eleg t w orden, in dem u. a. die Zahlung von Prämien von 12 sh für die Tonne (bis zu einem H öchstbetrage von 150000 Pfd. Sterl. = 3 Mill. M ark) auf R o h ­ e i s e n vorgesehen ist, das aus australischem Erze hergestellt wurde. Für Rohschienen aus Eisen und Stahl, die aus australischem Roheisen gefertigt wurden, soll der gleiche Satz in der Zeit vom 1. Januar 1909 bis zum 30. Juni 1914 gezahlt werden. G leichfalls sollen Prämien für E i s e n - u n d S t a h l r o h r e n , Draht usw.

in der Höhe von 10 vH . d e s W e r t e s geleistet

"erden, wenn diese E rzeugung aus australischem Roheisen hergestellt worden ist. — Auch E ng­

lands Erzeugnisse finden hier w ieder konsequente Bevorzugung.

In bezug auf das Ausland sei noch erwähnt, daß, einer Zeitungsnachricht zufolge, die n o r ­ w e g i s c h e R egierung dem Storthing demnächst

einen G esetzentwurf Uber die E r t e i l u n g v o n K o n z e s s i o n e n an Unternehmer vorlegen wird, der die deutliche Tendenz zeigt, zu verhindern, daß a u s l ä n d i s c h e s K a p i t a l in zu großem Maße die Naturkräfte des Landes ausbeutet. Z w ar w ird ausdrücklich her vorgeh oben, daß es nicht die Absicht der R egierung sei, ausländisches K apital gänzlich zu* verdrängen, sondern nur seine Ein­

wanderung in „gew issen “ Grenzen zu halten.

Nach diesem Entw ürfe sollen alle G esell­

schaften, in- wie ausländische, in N orw egen ihren Sitz haben und die M ehrzahl ihrer V er­

waltungsmitglieder soll aus norw egischen Staats­

bürgern bestehen. Es w ird nicht verlangt, daß ein bestimmter T eil des Gesellschaftskapitals norwegisch ist; doch soll norwegischem Gelde stets die M öglichkeit einer B eteiligung geboten werden.

Das R echt zum Schürfen soll jedermann zu­

stehen. Mit Ausnahme des Staates und der Kom­

munen muß jed er zum Betriebe eines B erg ­ w erkes die Konzession einholen, die für B e r g ­ w e r k e wi e für W a s s e r f ä l l e auf mindestens 40 und höchstens 80 Jahre erteilt w ird. Nach A blau f der K onzessionszeit fällt das konzessio­

nierte Eigentum an den Staat. Das R ü c k - f a l l r e c h t soll auch auf die Kraftstationen mit ihren Maschinen und ihrem Zubehör ausgedehnt werden, w ie dies in einzelnen bisher erteilten K onzessionen bereits bedingt ist. Die A nlage von W asser- und Bergw erksbetrieben muß inner­

halb einer bestimmten F rist nach Erteilung der Konzession begonnen werden. N orw egische A r ­ beiter und norw egische Versicherungsgesell­

schaften sollen m öglichst bev orzu g t werden.

Das „T r u c k s y s t e m bei der Löhnung der A r ­ beiter ist verboten und den Arbeitern Grund und Boden für ihre W ohnungen zugestanden.

Ohne Zustimniung der zuständigen Regierungs­

departements darf der Konzessionsinhaber kein Uebereinkommen treffen, das die „künstliche E r­

höhung des P reises“ für elektrische Energie oder Bergw erksprodukte im Lande bezw eckt.

Für jed e Tonne E rz soll eine P r o d u k t i o n s ­ a b g a b e von 1 bis 3 °/o des E rz wertes an dem Produktionsplatze erhoben w erden. Bei Ueber- tretungen der K onzessionsbedingungen kann eventuell die A nlage an den Staat fallen.

W ie die norw egische R egierun g den Ge­

danken des besprochenen G esetzentwurfes in der P raxis bereits Ausdruck verliehen hat, zeigt folgende Nachricht von der Erteilung einer K on ­ zession zur Schürfung von Zinkerzen an eine deutsche Firma. Danach ist die Konzession in einer solchen W eise erteilt worden, daß die n o r w e g i s c h e n I n t e r e s s e n s t a r k g e ­ s c h ü t z t werden. Die Unternehmer müssen beispielsweise in den ersten 30 Jahren des Ge­

schäftsbetriebes eine A bgabe von 30 Oere (3 4 P fg .) f. d. Tonne an die norw egische Staats­

kasse entrichten ; nach A blau f der ersten 30 Jahre

(6)

532 Stahl imd Eisen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16.

erhöht sich die Abgabe auf 35 bis 60 Oere.

Sodann dürfen zur A nlage und zum Betrieb nur norw egische Angestellte und A rbeiter und norw egisches Material benutzt werden, wenn die norw egischen Arbeitskräfte und das norwegische M aterial im V ergleich mit ausländischem sich nicht über 10 °/o im Preise höher stellen.

D er preußische E i s e n b a h n e t a t für das Rechnungsjahr 1 (J09 zeig t in f o r m a l e r Hin­

sicht eine erfreuliche Neuerung. Den W ünschen des Abgeordnetenhauses sind die beiden zu­

ständigen Minister der Finanzen und der öffent­

lichen Arbeiten entgegen gekommen und haben alle auf die Eisenbahnverwaltung bezüglichen Einnahme- und Ausgabeposten, die früher in den verschiedenen Etats verteilt waren, nunmehr in den Eisenbahnetat gesetzt. D ie einzige Ausnahme, die 44,7 Mill. Mark für Besoldungsaufbesserungen der Eisenbahnbeamten, wird vom nächsten Jahre ab aus dem E tat des Finanzministeriums in den Eisenbahnetat übergehen. Auch äußerlich betritt man dadurch den W e g reinlicherer und klarerer Scheidung des Eisenbahnetats von dem allgemeinen Staatshaushallsetat. Zw ar ist damit eine g e­

ringere V ergleichsm öglichkeit des diesjährigen E tats mit den früheren ein getreten ; doch w iegt der V orteil der Neuerung ihren Nachteil, der ja nur für dieses Jahr in Frage kommt, bei weitem auf, am so mehr, als die R egierung bestrebt gewesen ist, durch besondere N achweise einen V e r­

gleich nach bestimmten Richtungen trotzdem zu ermöglichen. A ls eine sehr zu begrüßende neue A nlage sei die Uebersicht über den V erm ögens­

stand der Eisenbalm verwaltung erwähnt. Aus ihr ergibt sich, daß das statistische A nlagekapital 10 38 6 Mill. Mark und die validierende Eisen­

bahnschuld 6 8 1 6 ,8 Mill. Mark betrügt, so daß also ein Verm ögen von 3 5 0 0 Mill. Mark vorhanden ist.

Ein rech t trübes Bild bietet die m a t e r i e l l e Seite des Etats. D ie Eisenbahnen bewähren auch hier ihren Charakter als einen der besten G rad­

messer fü r das w irtschaftliche Leben der V ölker, insbesondere das der Industriestaaten. D ie Ein­

nahmen aus dem Personen- und G epäckverkehr sind für das Etatsjahr 1909 um rund 14 Mill.

Mark und aus dem G üterverkehr um 79 Mill.

Mark w eniger eingeschätzt als 1908. Man er­

w artet dabei im Personenverkehr eine Steigerung von 1 ö/o und im G üterverkehr eine Abnahme von !/a o/o, während im V orjahre in beiden V er­

kehren mit einer Steigerung von 5 % gerechnet wurde. Leider tr a f diese Annahme der Steige­

rung nicht e i n : denn die Einnahme in den bis­

her abgelaufenen 11 Monaten des Rechnungs­

ja h res betrug nach den Veröffentlichungen des Reichseisenbahnamtes für den Personen- und Gepäck verkehr 4 9 9 63 4 0 0 0 gegen einen Etatsansatz von 5 5 2 930 0 0 0 «&, die Einnahme aus dem Güterverkehr in dem gleichen Zeitraum b e lief sich auf 1 1 3 1 8 6 4 0 0 0 -M gegen einen

Etatsansatz von 1 363 5 2 0 0 0 0 d Ę In beiden Verkehren w ird also die geschätzte Einnahme keinesfalls erreicht w erden. Das sind schlechte Aussichten, die zw ar den Minister nicht ab­

gehalten haben, das Extraordinarium von 107 im Jahre 19 08 au f 153 Mill. Mark im Jahre 1909 zu erhöhen, aber doch ihm anscheinend kleine Beschränkungen in anderen Positionen auferlegten. So sind für die Ausgaben zur Unter­

haltung und E rgänzung der Inventaríen sowie Beschaffung von Betriebsmaterialien (Kohlen und K oks) für das Jahr 19 09 insgesamt rd. 1 '/ i Mill. Mark w eniger vorgesehen als für das Jahr 1 9 0 8 ; fü r Unterhaltung, Er­

neuerung und E rgänzung der baulichen Anlagen sind 14 753 0 0 0 d é w eniger eingesetzt. Für Unterhaltung, Erneuerung und Ergänzung der Fahrzeuge und der maschinellen Anlagen sieht der E tat fü r 1909 allerdings eine kleine Er­

höhung um etw a 1 Mill. Mark v o r. Erfreulich ist die Tatsache, daß, mit. Ausnahme der Schienen usw., fü r die der geringe Mehransatz wahrscheinlich in der Hauptsache auf den vor­

teilhaften V ertra g mit dem Stahlwerksverband zurückzuführen ist, die Positionen für Loko­

m otiven und Personenw agen noch kleine Er­

höhungen erfahren haben. Nicht recht ver­

ständlich erscheint uns der Minderansatz von 1 300 0 0 0 d é für die Beschaffung von Gepäck- und G üterwagen, v o r allem, da der im Berichts­

jahre abgeschlossene S t a a t s w a g e n v e r b a n d in seinen finanziellen W irku ngen nach den eigenen Ausführungen des Ministers noch nicht berück­

sichtigt werden konnte. W ir können uns der Meinung nicht verschließen, daß es, abgesehen von der R ücksicht der Eisenbahnverwaltung auf eine daniederliegende, beschäftigungslose In­

dustrie, doch auch das Bestreben einer ver­

ständigen und w eitsichtigen Verw altung sein muß, in Zeiten gerin gerer Anforderungen dafür zu sorgen, daß sie beim W iederaufleben von Handel und G ewerbe m öglichst großen An­

sprüchen genügen kann. Nach den letzten Er­

fahrungen beim W agenm angel erscheint doch der Hinweis erforderlich, daß in Hinsicht auf die kommenden besseren Zeiten, die der Minister selbst 19 10 erw artet, eine kluge Geschäftspolitik eine Verm ehrung des Güterw agenparkes gerade je t z t gebieten muß.

W ie der erwähnte S t a a t s w a g e n v e r b a n d , dessen Abschluß im Interesse des Verkehrs wie der Eisenbahneinnahmen fraglos begrüßt werden muß, sich bewähren w ird, steht ja noch dahin. Die Leitung lieg t in Händen P re u ß e n s; auch scheint die nötige Handhabe gegeben zu sein, widerspen­

stige Verw altungen zur Erfüllung ihrer Pflichten in bezug au f Anschaffung von W a gen usw. zu zwin­

gen. A n gestrebt werden muß ein freierer W agen ­ verkehr mit den Nachbarverwaltungen, besonders nach den Seehäfen Belgiens und Hollands.

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21. April 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und E isen. 583

Betreffs der W a gen höherer T ragfäh igkeit teilte auf Anfrage in der Kommission der Mi­

nister mit, daß am 31. M ärz 19 09 8 9 4 5 eiserne 20 t-Kohlenwagen und 4 4 2 0 K oksw agen zur Verfügung stehen, die je nach W ahl mit 15 t Koks oder mit 20 t Steinkohlen oder Erz beladen werden können. D azu kommen im Laufe des Jahres 3700 K oksw agen. An K ohlentrichter­

wagensind 1089 mit 12 l/ s und 10 t Tragfähigkeit vorhanden. W enn auch hier eine Vermehrung dieser W agengattungen eingetreten ist, so erscheint doch die Zahl der K ohlentrichterw agen am w enig­

sten den Verhältnissen zu entsprechen.

Die Frage der Selbstentlader ist noch nicht gelöst, da ein brauchbares und rentables Modell trotz eines Preisausschreibens noch nicht g e ­ funden worden ist. Eine V ergütung fiir die beim Selbstentladewagenbetrieb notwendigen Einrich­

tungen auf den W erk en durch T arif- oder A b- fertigungsgebülirenermäßigung lehnt der Minister ab, da der Industrielle durch geringere Un­

kosten schon w esentliche V orteile habe, die Selbstentladewagen anderseits dem Staate er­

heblich höhere Anschaffungskosten verursachten.

Die Aufhebung der K o h l e n a u s f u h r t a r i f e nach der Schw eiz, Italien usw. wurde in der Kommission wie im Plenum zur Sprache gebracht, und es wurde mit R ech t darauf hingewiesen, daß die Aufhebung der Ausnahmetarife einer Einfuhrbegünstigung englischer K ohle vollständig gleichkomme und daß es grundsätzlich falsch sei, vorübergehenden Mißständen, w ie der so­

genannten Kohlennot, durch dauernde Verkehrs- uiaßregeln zu begegnen. Zum mindesten ist zu verlangen, daß die deutsche Kohlenindustrie, ialls ihre Ausfuhr durch tarifarische Maßnahmen erschwert wird, als billiges E n tgelt die Siche­

rung des deutschen M arktes, z. 13. Berlin, durch entsprechende Maßnahmen erhält. Gerade in Zeiten abflauender K onjunktur muß auch im Interesse der Eisenbahneinnahmen selbst ver­

langt werden, daß durch billigere T arife eine Steigerung des V erkehrs erfolgt, und wenn der Minister diesen alten Erfahrungssatz nur nach der „ Ar t der T ariferm äßigun g“ gelten lassen will, so müssen w ir doch betonen, daß gerade die minderwertigen Massengüter diesen E r­

fahrungssatz bewahrheiten. Qualitätsgüter sind eher iu der L age, gleiche Tarifsätze in Zeiten geringerer N achfrage zu ertragen, als g erin g ­ wertige ; ihr Absatz ist nicht so von den Fracht­

kosten abhängig, w ie der der billigen Massen­

güter. Die teilweise Anerkennung der Erfahrung seitens des Ministers sollte ihn eigentlich doch veranlassen, gerade den Gütern, für die diese Wahrheit g ilt, Tariferm äßigungen im w oh lver­

standenen eigenen w ie im Gesamtinteresse zu- kommen zu lassen.

Die R e f o r m d e s G ü t e r t a r i f w e s e n s denkt sich der Minister in einer Erm äßigung der A b ­

fertigungsgebühren hei Verwendung von W a gen größerer T ragfäh igkeit und in einer ander­

w eitigen Ausgestaltung des Rohstofftarifs im Sinne einer stärkeren Abstaffelung. D och hält er den Zeitpunkt noch nicht für gekom men; bessere Zeiten müßten abgew artet werden. Vorläufig wird also auf eine Verbilligung der T arife nicht zu rechnen sein, und es verbleibt anscheinend bei dem von uns häufig gekennzeichneten Circulus vitiosus, daß in schlechten Zeiten die Eisenbahn eine Tariferm äßigung nicht gewähren kann und in guten Zeiten die Industrie einer solchen angeblich nicht bedarf. So wird denn auch die wiederholt von uns geforderte Erm äßigung der K alkstein­

frachten noch ferner auf sich w arten lassen.

In bezug au f die A V a s s e r w i r t s c h a f t des Preußischen Staates wie des Deutschen Reiches ist man insofern einen Schritt vorangekommen, als die preußische R egierung dem Bundesrat einen G esetzentw urf über die E r h e b u n g v o n S c h i f f a h r t s a b g a b e n auf natürlichen W a sser­

straßen unterbreitet hat. D a die Annahme eine Verfassungsänderung bedeutet, und daher nur 14 Stimmen im Bundesrat zu einer Ablehnung notwendig sind, ist es fraglich, ob die V orla ge nicht doch noch fallen wird. Zeitungsmeldungeii zu folge ist aber die erforderliche Mehrheit für die V orla ge im Bundesrat vorhanden. W ir ver­

missen in ihr die Erfüllung des Versprechens, das die preußische R egierung in bezug au f die V er­

tretung der Interessenten in den Schiffahrtskassen gegeben hatte. Mit einem bloßen B eirat können w ir uns in diesem Falle nicht begnügen, um so w eniger, als das Beispiel der jüngsten Schöpfung dieser A r t — der W asserstraßenbeiräte — nicht gerade ermutigend wirkt.

R ech t bedauerlich ist die ablehnende A n t­

w ort des Ministers au f unsere auch vom W a sser­

straßenbeirat für den Rhein-Hernekanal und die Lippewasserstraße mit allen gegen eine Stimme gutgeheißene Forderung g r ö ß e r e r S c h l e u s e n ­ a b m e s s u n g e n auf dem R h e i n - H e r n e k a n a l und der L i p p c Wasserstraße. D ie R egierung beharrt bei ihrem Beschlüsse, w eil der Kanal auch in den bisher geplanten Abmessungen g e ­ nügend leistungsfähig sei und eine bedeutende Frachtverbilligung bewirken w erd e; auch sei die Bauweise des Kanals durch das G esetz vom 1. A pril 1905 bestimmt und eine Abw eichung hier­

von nicht angängig. D ie Denkschriften der Handels­

kammer Duisburg, des Vereins zur W ahrung der Rheinschiffahrtsinteressen und des Bergbaulichen Vereins haben diese Argum ente durchaus w ider­

leg t. Auch hat der Rheinische P rovinziallandtag in seiner diesjährigen Tagung sein Bedauern über den Beschluß des Ministers ausgedrückt und mit Recht gefordert, daß dann wenigstens die vorgesehene Brückenhöhe auf dem Rhein-H erne­

kanal von 4 m auf 5 m v erg rö ß ert werde, damit auch dem von der R egierung als Normal-Rheinsehiff

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584 Stahl und Eisen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16.

betrachteten 10 00 t-Schiff die M öglichkeit des Befahrens überhaupt geboten würde. D ieser F o r ­ derung müssen w ir uns durchaus anschließen.

Dem Abgeordnetenbause ist inzwischen ein A n tra g unterbreitet w orden, dem zufolge das W asserstraßen gesetz von 1905 dahin abge­

ändert w erden soll, daß das Enteignungsrecht für den Grunderwerb am Rhein-W eserkanal und am Großschiffahrtswege B erlin — Stettin bis zum 1 .J u li 19 12 verlängert w ird. B ezüglich der Lippe­

kanalisierung soll es bei der festgesetzten F rist verbleiben.

Mit der Inbetriebnahme der K anäle soll das s t a a t l i c h e S c h l e p p m o n o p o l eingeführt w erden , und zw ar ist zunächst D a m p f ­ b e t r i e b vorgesehen. W ir sind nach wie vor Gegner dieses M onopols, denn im W esten hat der Privatbetrieb in ganzem Umfange den an ihn gestellten Ansprüchen g e n ü g t; ein staat­

licher Schleppbetrieb aber wird wahrscheinlich, von allen anderen Bedenken abgesehen, eine Verteuerung der G üterbewegung bedeuten.

Die neue R e i c h s v e r s i c h e r u n g s o r d n u n g ist der öffentlichen K ritik unterbreitet worden.

Sie bringt folgende Neuerungen:

1. Einheitliche Kodifikation der bisherigen sieben verschiedenen V ersicherungsgesetze unter Verbesserung des Aufbaues nach Anordnung, Sprache und Form.

2. Gemeinschaftlichen Unterbau für alle V er­

sicherungszw eige, um einen leichteren G eschäfts­

gang und ein besseres Hand in H and-Arbeiten zu erzielen.

3. Einheitlichen Instanzenzug für alle drei Zw eige der Reichsarbeiterversicherung.

4. Entlastung des überlasteten R eich s-V er- sicherungsamtes.

5. Beseitigung der allzu w eit getriebenen Zersplitterung im Krankenkassenwesen. '

6. H albierung der B eiträge und der V er­

waltung bei den Krankenkassen, wie dies bei den Innungs-Krankenkassen schon heute m ög­

lich ist.

7. Erhebliche Ausdehnung des K reises der gegen Krankheit versicherten Personen.

8. R egelu ng des Verhältnisses zwischen Kassen und A erzten oder Apotheken.

9. B eteiligung der Arbeiterschaft an dem Rentenbew illigungsverfahren.

10. W itw en - und W aisen versorgun g auf Grund von Beiträgen mit Reichszuschüssen.

Die Statistik der K r a n k e n k a s s e n v e r ­ s i c h e r u n g für 1907 ist bereits veröffentlicht worden.

Danach gab es im Jahre 1907 im D eut­

schen Reiche 23 232 Krankenkassen, 18 mehr als 19 06 .

Die Anzahl der M itglieder im Durchschnitt des Jahres beträgt 12 138 96 6, der Zuwachs an M itgliedern gegen das V orja h r rund 4 5 0 0 0 0 .

Hauptsächlich sind es die Ortskrankenkassen, die mit einer Zunahme von 244 000 Mitgliedern das g röß te W achstum zu verzeichnen haben.

Die Betriebskrankenkassen hatten einen Zu­

wachs gegen das V orja h r von 1 6 5 0 0 0 Mitglie­

dern. Die Zahl der Erkrankungsfälle mit Er­

w erbsunfähigkeit stellt sich auf 4 956 388 mit 97 148 780 K rank h eitstagen ; au f ein Mitglied entfallen durchschnittlich 0,4 1 Erkrankungsfälle und 8,0 K rankheitstage. D ie ordentlichen Ei n ­ n a h m e n betrugen 319 5 9 2 187 J6, darunter B eiträge (einschl. Zusatzbeiträge) 298 394 892 Jh.

Die ordentlichen A u s g a b e n beliefen sich au f 299 0 9 4 756 dk, davon waren Krankheits- kosten 273 887 5 0 6 c/%>. A u f ein M itglied kamen durchschnittlich 2 2 ,5 6 dh Krankheitskosten.

D ie V e r w a l t u n g s k o s t e n , ohne die für die Invalidenversicherung, betrugen 16 692 9 0 0 ^ ; au f ein M itglied entfielen davon durchschnittlich 1,3 8 J g .

Das G e s a m t v e r m ö g e n belief sich auf rund 2 4 5 Millionen M ark (1 9 0 6 auf 230 Mill.

M ark). Davon kommen au f die Ortskranken­

kassen 1 1 2 ,8 , auf die Betriebskrankenkassen 1 0 3 ,8 M illionen Mark. Auffallend ist der große Vermögensbestand der Betriebskrankenkassen im Verhältnis zu dem der Ortskrankenkassen, ein treffender Bew eis für ihre gesunde Fundierung.

Im Jahre 1907 bestanden nach den dem R eichstage zugegangenen Rechnungsberichten 66 gew erbliche und 48 landwirtschaftliche B e ­ r u f s g e n o s s e n s c h a f t e n , 2 0 6 staatliche und 32 9 P rovin zia l- und K o m m u n a l-A u s fü h r u n g s - b e h ö r d e n . Ferner beteiligten sich noch 14 Ver­

sicherungsanstalten, die Bcrufsgenossenscbaften angegliedert w aren, an der Erhebung.

D ie Zahl der durchschnittlich versicherten Personen stellt sich bei den gewerblichen und landw irtschaftlichen Berufsgenossenschaften zu­

sammen au f 20 207 4 3 8 , bei den Ausführungs­

behörden auf 964 5 8 9 , so daß bei Bernfs- genossenschaften und Ausführungsbehörden zu­

sammen 21 1 7 2 0 2 7 versichert waren. Auf D oppelzählung entfallen davon etwa 1 ’ /» Mill.

Personen. A n Entschädigungsbeiträgen, ohne die Kosten der F ü rsorge während der gesetzlichen W a rtezeit, sind 1907 von den Berufsgenossen­

schaften 136 4 2 5 68 8 J i gegen 129 169 585 . « im V orjahre gezahlt w orden. D ie Summe der der Beitragsberechnung zugrunde gelegten L ö h n e.

die sich, was besonders hervorgehoben werden muß, mit den w irklich verdienten Löhnen nicht deckt, stellt sich bei den gewerblichen Berufs­

genossenschaften au f 8 41 0 136 3 0 5 d t . also nahezu 8 l/ i Milliarden Mark. D ie gewerblichen Berufsgenossenschaften verausgabten 1907 ins­

gesam t 140 547 597 gegen 133 0 3 0 554 <J>

im Jahre 1906. Die Reservefonds bezifferten sich bei den Berufsgenossenschaften auf 2 5 4 ,2 Mill.

M ark; davon kamen 2 4 0 ,6 M ill. Mark auf die

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21. A pril 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und Elisen. 585

gewerblichen und nur 13,6 Mill. M ark au f die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften.

Ueber die Ergebnisse der I n v a l i d e n v e r ­ s i c h e r u n g im Rechnungsjahr 1907 haben wir in „Stahl und Eisen“ vom 30. Dezem ber 1908 eingehend berichtet.

Die v o r l ä u f i g e n Ergebnisse der B e ­ t r i e b s z ä h l u n g v o n 1907 sind gegen Ende des Berichtsjahres auch veröffentlicht worden. Sie zeigen für Preußen eine außerordentlich be­

deutende E ntw icklung der gewerblichen T ä tig ­ keit seit der letzten Zählung vom Jahre 18 95 , da sowohl in der Zahl der Betriebe w ie in der Zahl der gew erblich tätigen Personen eine starke Zunahme eingetreten ist.

Es betrug ’ Zahl der Zoll! der be- Betriebe schäft. Personen

1895 1 990 250 5 815 543

1907 2 201 3G6 8 332 912

Die Steigerung der B etriebe beträgt also 10,60 °/o und die der gewerblichen T ätigk eit 43,29 °/o. Sie übertrifft bei weitem die Steige­

rung bei dem letzten V ergleichsabschnitt 1882 bis 1895. W ährend dieser Zeit verm ehrten sich dieBetriebe um l,7 9 °/o ,d ie b e sch ä ftig te n P e rso n e n nur um 37,67 °/o. Es ist bezeichnend, daß in der Zeit von 1895 bis 19 07 die Zunahme der gew erb­

lich beschäftigten Personen gegenüber der Zunahme der Bevölkerung um etw a 19 °/o stärker war.

Naturgemäß ist die Entw icklung innerhalb der verschiedenen Gruppen der B evölkerung auch verschieden. In bezu g auf die Industrie hat die stärkste Steigerung der beschäftigten P er­

sonen, um -fast das Zw eifache, dio Maschinen­

industrie mit 9 9 ,l° /o . Bergbau und Hüttenwesen verzeichnen eine Zunahme von 6 1 % , die che­

mische Industrie 5 9 % , die M etallverarbeitung 4 9 % , Industrie der Leuchtstoffe, F ette 6 0 °/o , Industrie der Steine und Erden 4 2 % , P ap ier­

industrie 5 4 % , das Baugew erbe 54 °/o. A u f­

fallend ist die gerin ge Steigerung innerhalb des T extilgew erbes, die nur 0,81 % betrügt.

In der Hauptsache w ird dies auf die intensivere Betriebsweise, d. h. die stärkere Einführung des Maschinensystems, zurückzuführen sein, wobei allerdings die tatsächlich sehr ungünstige L age einzelner Zw eige sow ie die gerade hier 1907 am stärksten herrschende A rbeiternot mit in Betracht zu ziehen sind.

Das Versicherungsgew erbe hat eine Steige­

rung von 190 % , das V erkehrsgew erbe von

" 8 ° / o und das H andelsgewerbe eine solche von 5 7 % aufzuweisen.

R echt kennzeichnend ist die w eit stärkere Zunahme der F r a u e n am Erwerbsleben. Sie betrug nämlich in der Zeit von 1895 bis 1907 5 4 ,2 5 % , während sich die Zunahme der männ­

lichen Personen nur au f 3 8 ,7 5 °/o belief.

D ie A l l e i n b e t r i e b e , d. li. die B etriebe ohne Motoren und ohne H ilfskräfte, verminderten sich

X V I .,9

um 17,6 °/o, die anderen Betriebe stiegen um 40 ,3 7 °/o. D ie Verminderung der A lleinbetriebe liegt w ohl zum T eil daran, daß das K lein­

gew erbe und Handwerk überhaupt einen R ück­

gang erlitten haben, zum ändern T eil daran, daß viele Kleingew erbetreibende durch A n ­ schaffung von Motoren ihr G ewerbe ertragreicher zu gestalten suchten.

Die Ne b e n b e t r i e b e , d. h. diejenigen Be­

triebe, die an andere angegliedert sind, haben im Gegensatz zu der Steigerung der Haupt­

betriebe von 8,7 3 °/o eine solche von 2 3 ,8 8 % erfahren. Diese auffallend g röß e re Zunahme hat mehrere, hier nicht zu untersuchende fo r­

malistische wie sachliche Gründe. Endlich sei noch an der Hand der Zahlen auf die zu­

nehmende V e r g r ö ß e r u n g der gewerblichen Be­

triebe hingewiesen. Die Betriebe, die bis zu fünf Personen beschäftigten, vermehrten sich um 6,1 0 % , die Zahl der in ihnen beschäftigten Personen stieg um 12,2 l ° / o ; dagegen erhöhte sich die Zahl aller gew erblichen Betriebe von mehr als fü nf beschäftigten Personen um 4 4 ,4 3 % und die Zahl der in ihnen beschäftigten P er­

sonen um 6 6 ,4 3 °/o. Betriebe mit mehr als 1000 beschäftigten Personen bestanden 1907 371 gegen 191 im Jahre 1 8 9 5 ; von diesen 371 Großbetrieben des Jahres 1907 entfielen auf die eigentliche Industrie 35 8, auf Handel und Verkehr 13. Im Jahre 18 95 entfielen auf die Industrie 189 derartige Betriebe.

D er E n tw u rf eines Gesetzes, betreffend d i e A b ä n d e r u n g d e r G e w e r b e o r d n u n g , hat eine getrennte Behandlung erfahren. Ein Teil des­

selben ist aus R ücksicht au f den Berner V e r­

trag bereits vom R eichstage durchgepeitscht worden, ohne daß den W ünschen der besonders interessierten Textilindustrie Rechnung getragen worden ist.

Die X X V I . Kommission des R eichstages hat ferner unter anderem folgende w ichtige Acnde- rung an dem § 1 3 4 g a des Regierungsentw urfs vorgenom men:

§ 1 3 4 g a .

„F iir jeden Betrieb muß ein ständiger A r ­ beiterausschuß errichtet w erden. D ieser hat außer den im § 134 b Abs. 3 und § 13 4 d be- zeiclineten Obliegenheiten insbesondere die A u f­

gabe, A n träge, W ünsche und Beschwerden der A rbeiter, die sich au f die Betriebs- und A rbeits­

verhältnisse, Arbeitsbedingungen und W oh lfah rts­

einrichtungen im Betriebe beziehen, zur Kenntnis des Betriebsinhabers zu bringen und sich dar­

über zu äußern. D urch die A rbeitsordnung oder die Satzung können dem ständigen A r- beiterausschusse noch w eitere Aufgaben zuge­

wiesen werden.

A n träge auf Gewährung von Ausnahmen be­

zü glich der A rbeitszeit (§Jj 138 a, 139) und der Sonntagsruhe (§ 105 f ) sind dem ständigen A r-

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586 Stahl and Eisen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16.

beiterausschusse vorh er zur gutachtlichen A euße- rung zu unterbreiten und die geäußerten W ünsche und Bedenken den Anträgen jedesm al schriftlich beizufügen.

Dem Betriebsinhaber und seinen Beamten ist untersagt, die A rbeiter in der Uebernalime oder Ausübung ihrer R echte und Pflichten im stän­

digen Arbeiterausscliusse zu beschränken. V er­

tragsbestimmungen oder Arbeitsordnungen, welche diesem V erbote zuwiderlaufen, haben keine rechtliche W irksam keit.“

§ 1 3 4 b .

„A ls ständige Arbeiterausschiisse im Sinne des § 1 3 4 b Abs. 3 und der §§ 1 3 4 d , 1 3 4 g a gelten nur:

1. diejenigen Vorstände der Betriebs-(Pabrik-) Krankenkassen oder anderer für die A r­

beiter des Betriebs bestehenden Kassenein­

richtungen, deren M itglieder in ihrer Mehr­

heit von den A rbeitern aus ihrer Mitte zu wählen sind, sofern sie in gleicher, un­

mittelbarer und geheim er W ahl gew ählt und als ständige Arbeiterausschüsse bestellt w erden;

2. die Knappschaftsältesten von K nappschafts­

vereinen, welche die nicht den Bestimmun­

gen der B erggesetze unterstehenden B e ­ triebe eines Unternehmers umfassen, sofern sie in gleicher, unmittelbarer und geheimer W a h l gewählt und als ständige A rbeiter­

ausschüsse bestellt w erden;

3. die bereits v o r dem 1. Januar 1891 er­

richteten ständigen Arbeiterausschüsse, deren M itglieder in ihrer M ehrzahl von den A r ­ beitern in gleicher, unmittelbarer und g e­

heimer W ahl aus ihrer Mitte gew ählt w erden ;

4. solche V ertretungen, deren M itglieder in ihrer Mehrheit von den (hier ist das W o r t

„v olljä h rig en “ fortgefallen ) Arbeitern des Betriebs oder der Betreffenden B etriebs­

abteilung aus ihrer Mitte in unmittelbarer und geheim er W a h l gew ählt werden. Die W a h l der V ertreter kann auch nach A r ­ beiterklassen oder nach besonderen A b ­ teilungen des Betriebs erfolgen. Die V e r ­ hältniswahl ist zulässig.

D ie Einrichtung von Arbeiterausschüssen für einzelne Betriebsabteilungen sow ie für einzelne Gruppen ist unter den gleichen Bedingungen zu­

lässig. Auch können die V ertreter der Aus­

schüsse der einzelnen Betriebsabteilungen und der einzelnen Gruppen zu einem Gesamtbetriebs- ausschusse zusammentreten.

Zur W a h l berechtigt sind alle volljährigen A rbeiter. Die W ählbarkeit kann durch die Satzung au f diejenigen A rbeiter beschränkt werden, w elche mindestens fünfundzwanzig Jahre alt sind.

W en n mehr als 20 Arbeiterinnen in dem Betriebe beschäftigt w erden, wählen diese in gesondertem W a h lg a n g aus ihrer Mitte ent­

sprechend ihrer Zahl M itglieder in den ständigen Ausschuß.

D ie Zahl der Ausschußm itglieder soll min­

destens fünf betragen. D ie M itglieder sind min­

destens alle zw ei Jahre neu zu wählen. Der W ahlterm in ist mindestens vier W ochen vorher bekanntzugeben.

Ueber die Organisation, W a h l, Zuständigkeit und G eschäftsführung des ständigen Ausschusses sind in der A rbeitsordnung oder in besonderen Satzungen nähere Bestimmungen zu treffen.

L etztere sind jedem A rbeiter bei seinem Eintritt in die B eschäftigung zu behändigen.“

Hiernach sollen also die Arbeiterausschüsse o b l i g a t o r i s c h gem acht werden. W elch e unüber­

sehbare G efahr für die W eiterentw icklung un­

serer Industrie darin liegt, haben w ir in früheren Jahresberichten so ausführlich dargelegt, (laß w ir uns heute au f diesen Hinweis beschränken können. W ir halten nach wie vor ein der­

artiges Eingreifen des Staates in den Arbeits­

vertra g, der ein Gegenstand vollkommen pri­

v ater Abmachung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehm er ist, fü r unstatthaft und be­

fürchten nach den bisher au f ähnlichen Gebieten gemachten Erfahrungen, daß in den obligatori­

schen Arbeiterausschüssen nur die sozialdemokra­

tisch oder sonst organisierten Arbeiter Platz linden und damit die Arbeiterausschüsse tatsäch­

lich Organe der A rbeitervereinigungen werden würden. D ie obligatorische Einführung dieser Ausschüsse w ürde somit die staatliche Organi­

sation der Sozialdem okratie bedeuten, die Be­

stimmung des zw eiten Absatzes im § 134 g a aber der E rrichtung einer konstitutionellen Fabrik gleichkom men, in der dem Arbeitnehm er Urteile über V erhältnisse des inneren Betriebes zu­

gestanden w erden, die er zu überblicken gar nicht in der L age ist. Beide Bestimmungen stellen E ingriffe des Staates in den privaten Arbeits­

v ertra g dar, die geeignet sind, die Freudigkeit an der Führung industrieller Betriebe zu ertöten und den wirtschaftlichen E rfolg wie insbesondere die W ettbew erbsfähigkeit der Industrie auf dem W elt­

märkte auf das Entschiedenste zu beeinträchtigen.

D er A r b e i t s m a r k t wies im Jahre 1908 wesentliche Verschlechterung gegenüber 1907 und 19 06 auf. Dies geht sow ohl aus den allmonatlich im Reichsarbeitsblatte veröffentlichten Angaben einer Anzahl von A r b e i t s n a c h w e i s e n , unter denen die von Arbeitgebern errichteten A rbeits­

nachweise allerdings fehlen, sow ie aus den Nach­

weisungen der K r a n k e n k a s s e n über die Zahl ih rer versicherten M itglieder h ervor. Seitens der g rö ­ ßeren Städte, speziell der rheinisch-westfälischen Industrieorte, wurden mehr oder w eniger größere sogenannte Notstandsarbeiten vorgenom m en. Zu

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