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Stahl und Eisen, Jg. 28, No. 50

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' Leiter des technischen Teiles Dr.-Ing. E .S c h ro d te r,

Geschaftsfuhrer des Yereins deutscher Eisen-

hflttenleute.

Verlag Stahlciscn m. b.H., Dusseldorf.

STAHLDM

ZEITSCHRIFT

Leiter des wirtschaftlichen Teiles

Ceneralsekretar Dr. W. Be u mer , GesdiaftsfOhrer der Nordwestlichen Gruppe des Vereins deutsdier Eisen- und Stahl-

industrieller.

FUR DAS DEUTSCHE EI SEN HUTTEN W ESEN.

Nr. 50. 9. Dezember 1908. 28. Jahrgang.

Staat und Kartelle.*

yolksw irtsch aftlich e G lo sse n zu den Vorschlagen fiir eine staatliche Regelung des Kartellwesens.

. 7 - 7 1 : r : : . ■; i.

Yon Dr. H u g o B o n i k o w s k y in K attow itz. i

I

st ein staatlicher E in g r iff in das K artell- w esen iiberhaupt notwendig? D er R uf nach Staatsliilfe gegen die K artelle stiitzt sich auf eine Reihe von K lagen, die aus den Kreisen der Verbraucher, des Zwischenhandels, der Outsider und zum T eil sogar von K artellm itgliedern selbst gegen die K artelle erhohen werden. E in e g ew isse B ereclitigun g im einzelnen wird man diesen Klagen nicht absprechen konnen. Zunilchst hat, wie jed e W irtschaftsreform groBen S tils, so auch die Ausschaltung des schrankenlosen Unter- bietungs-W ettbew erbes in den durch K artelle - beherrschlen Produktionszw eigen naturgemilB eine erhebliche Zahl von Leidtragenden ge- schaffen; es is t ferner durchaus richtig, daB die Organisation der Produktion in K artellen usw.

keinesw egs das Ideał einer W irtschaftsverfassung d arstellt; uud es braucht endlich nicht geleugnet zu werden, daB einige K artelle noch manches U nfertige enthalten, einzelne auch sieli in ihrer Gcschaftsfuhrung nicht immer von dem Yerant- w ortlichkeitsgefuhl und der wirtschaftlichen Ein- sicht haben leiten lassen, 'wie es wohl wiinschens- w ert gew esen wilre. Aber diese Zugestandnisse andern nichts an der ganz unbestreitbaren T at­

sache, daB die K artellierung der Produktion an sich einen eminenten w irtschaftsorganisatorischen Fortschritt bedeutet und der deutschen Industrie namentlich fiir den Kampf der Nationen auf dem W eltm arkte ein hcrvorragendes und unter den heutigen Verhilltnissen geradezu unentbehrliches R iistzeug in die Hand gibt.

A uf der andern Seite steht ebenso fest, daB die abfalligen U rteile iiber die K artelle nur zu haufig iiberaus stark Uebertreibungen und Yer- allgem einerungen enthalten. In Deutschland

* "Yortrag, gehalten vor 4 e r H auptversam m lung der „ E i s e n h u t t e O b e r s c h l e s i e n " , Zw eigyerein des Vereins deutscher E isenhiittenleute, am 25. O ktober 1908 in Gleiwitz.

gibt es z. B. etw a 4 0 0 K artelle, uarunter eine erhebliche Anzahl von groBem Umfange und groBer Bedeutung. Dennoch werden, wenn iiber die K artelle in den Parlamenten und in der P resse der Stab gebrochen wird, fast stets nur das R heinisch-W estfalische Kohlen-Syndikat und der Stahl\verks-Verband zitiert. E inige land- w irtschaftliche Abgeordnete des Ostens, die in den Parlam enten gegen die K artelle besonders hilufig zu Felde ziehen, exemplifizieren in der R egel sogar nur auf das R heinisch-W estfalische K ohlen-Syndikat allein; und doch hatten gerade diese Kreise es so-uberaus leicht, sich auf ein auderes Beispięl zu berufen, ein Beispiel, das ihnen v ie l nalier lie g t und bei dem sie zudem ungleich sachkundiger sein diirften, ais in den Verliitltnissen des Kohlenbergbaues — ich meine die Zentrale fiir Spiritusverwertung. E s is t im iibrigen schon wiederholt nachgewiesen, daB die Beschwerden iiber das R heinisch-W estfalische Kohlen-Syndikat und den Stahlwerks-Verband groB enteils unzutreftend sind. Aber selbst an- genommen, sie waren berechtigt, so wiirde dieser Umstand allein doch keinesw egs einen Riick- schluB auf die anderen 398 K artelle in D eutsch­

land oder gar auf die K artellorganisation im ganzen gestatten. — Eine w eitere Fehlerąuelle fiir die abfilllige B eurteilung der K artelle ist, daB man w irtschaftliche Geschelinisse, die mit dem Ausbau des Kartellwesens lediglich parallel gelien, mit ihm an sich aber w en ig oder iiber- haupt nichts zu tun haben, dennoch in direkten ursachlichen Ztisammenhang mit den K artellen bringt und diese fiir jene verantw ortlich machen mochte; es sind dies namentlich die A usschaltung des Zwischenhandels, die Ausbildung der g e- mischten Betriebe, die Folgen der W irtschafts- krisen in den Jahren 1901, 19 0 2 und 1 907.

— Ferner wird bei den K lagen iiber die K ar­

telle zu sehr iibersehen, daB auch das freie.

i

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1802 Stahl und Eisen. S ta a t u n d KartelJe. 28. Ja h rg . N r. 50.

durch keine Kartellschranken gebundene W irt- schaftsleben monopolistische Gebilde und ilhn- liche D in ge, w ie sie je tz t den K artellen vor- geworfen werden, haben kann und in reichem Mafie gehabt hat. E s wird iiberhaupt die Maclit der K artelle ganz w esentlieh iiberschatzt, wie umgekehrt die einer etw aigen Uch er spannung der Kartellinacht entgegenwirkenden Faktoren

— die Konkurrenz des Auslandes, die M oglich­

k eit der Errichtung neuer Betriebe. dio Y er­

wendung von Surrogaten usw. — in der R egel ganz erheblich unterschatzt werden. — Schliefi- lich handelt es sich bei zahlreichen Vorkiiinpfern fiir einen energischen staatlichen Eingriff in das K artellw esen keinesw egs um eine Bekiimpfung der K artelle im allgem einen. Ihre Angriffe richten sich vielm ehr lediglich gegen die i n - d u s t r i e l l e n K artelle, und ih r G r u n d m o t i v i s t e i n e s t a r k ę A b n e i g u n g g e g e n di e G r o f i i n d u s t r i e , g e g e n d i e i n d u s t r i e l l e E n t w i c k e l u n g D e u t s c h l a n d s i i b e r h a u p t . E s is t keinesw egs Zufall, dafi gerade die agrari- schen Parteien der Parlam ente und die Zunft- parteiler sieli hierin besonders hervortun. Ihre G egnersciiaft g ilt aber, w ie g esagt, weniger den K artellen an sich — steh t doch den agrarischen Abgeordneten das w egen seines monopolistischen Gebarens bekannte Spirituskartell besonders nahe, und haben doch die sogenannten M ittel- standsparteiłer unliingst noch im R eiclistage die Zwangskartellierung des Friseurgewerbes bean- tragt — ; was sie perhorreszieren, das ist die w irtschaftliche Entwickelung, die sie von den i n d u s t r i e l l e n K artellen befiirchten, nitmlich die zunehmende Entwickelung Deutschlands zum Industrie staate, das wachsende Ueberwiegen der Bedeutung der Industrie fur die W ohlfahrt und M achtstellung Deutschlands und die hieraus sich fiir das Reich ergebende N otw endigkeit, in seiner Zoll- und W irtschaftspolitik diesem Umschwung der Yerhaltnisse Rechnung zu tragen und das bisherige System des unverhaltnism afiigen Schutzes der agrarischen Interessen zu verlassen.

D er hiernach yerbleibendeR est b e r e c h t i g t e r Beschwerden kann keinesw egs ais ausreichend erachtet werden, um damit eineli staatlichen Eingriff in das K artellw esen ais n o t w e n d i g zu begriinden.

D ie z w e i t e g r u n d s i t t z l i c h e F rage — und es ist zugleich diejenige, mit der ich mich in meinem Y ortrage hauptsiichlich beschaftigen moehte — ist dann, ob d ie l i i r e i n e s t a a t - l i c h e R e g e l u n g d e s K a r t e l l w e s e n s v o r - g e s c h l a g e n e n Ma f i n a h i n e n a u c h w i r k l i c h z w e c k m a f i i g sind, wobei die Zweckmafiigkeit natiirlich nicht etw a an den Sonderinteressen irgendw elcher Beschwerdefuhrer, sondern an dem Gesaintinteresse der ganzen Y olksw irtschaft zu messen ist. Hierfiir ist nun von Bedeutung, dafi eigentlich von allen mafigebenden Seiten,

sowohl aus den Kreisen der Praxis, der W issen- schaft w ie der R egierung, die grofie W iclitig- k eit der K artelle fiir die Entw ickelung der heimischen Produktion und des inneren Marktes, sow ie ihre Unentbehrlichkeit fiir die Behauptung unseres A bsatzes auf dem W eltm arkte unum- wundeu anerkannt wird. Denn dieses allgem eine Anerkenntnis berechtigt u n d -verlan gt oftenbar, alle Y orschlage, die fiir ein staatliches Ein- greifen in das K artellw esen gem acht werden, ais unzweckmafiig von vornhereiu d a n n ab- zulehnen, wenn durch ihre Annahme die Kar- tellentw ickelung und der K artellzw eck gefahrdet wiirde.

Eine g e s e t z l i c h e O r d n u n g d e r K a r t e l l e ist u. a. auf den deutschen Juristentagen Berlin 1902 und Innsbruck 1904, auf der T agung des Vereins fiir Sozialpolitik Mannheim 1905 sow ie mehrfach im Deutschen R eiclistage verlangt worden. D er Yortragende ziihlt die E inzelheiten dieser, unseren Lesern bekannten Forderungen auf und k ritisiert sie dann also:

W as bedeuten diese Y orschlage fiir die In­

dustrie, speziell fiir die K artelle?

D ie Errichtung eines K a r t e l l a m t e s ware m. E. fiir alle B eteiligten ziemlich bedeutungs- los, sofern diesem nur die Aufgabe zugew iesen wurde, die K artellentw ickelung dauernd zu ver- folgen und sich durch Sammlung des einschlagigen Materials standig auf dem Laufenden zu halten.

Ebenso unbedenklich scheint mir die Statuierung einer Anzeigepflicht fiir die K artelle, sofern diese sich auf die Anmeldung der Griindung und die Einreichung der K artellsatzungen beschrankt;

auch gegen die Yeroffentlichung dieser A nzeigcn und der K artellsatzungen durch das Kartellam t ware wohl kaum etw as einzuwenden. Allerdings diirften diese Mafinahmen auch fiir diejenigen Kreise, dereń angeblich bedrohte Interessen ge- schiitzt werden sollen, ziem lich belanglos sein.

Denn iiber die E xistenz von K artellen und deren Satzungen, sow eit sie von W ich tigk eit sind, sind dio Interessenten auch heute schon ohne K artellam t und ohne R egisterzw an g hinreichend informiert; und schliefilich kommt es fiir die mit den K artellen in Beziehung stehenden Kreise w eniger auf den Buchstaben der K artellsatzungen an, ais yielm ehr auf den Geist, mit welchem die K artelleitung das ihr in den Satzungen vorge- zeichnete Scheina ausfullt.

Y ollig unannehmbar ware dagegen, wenn von den K artellen die Einreichung nicht nur ihrer Satzungen, sondern ihrer saintlichen Be- schliisse und ihrer Sitzungsprotokolle yerlangt wiirde und wenn dann auch dieses Materiał zur Verofl'entlichung gelangen sollte. Mit vollem R echt bemerkte in dieser Beziehung Staatssekretar von B e t h m a n n - H o F l w e g am 8. Marz d. J . im R eiclistage, dafi man doch auch den Kartellen ein gew isses R echt auf W ahrung des Geschafts-

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9. D e z e m b e r 1908. S tn a ł u n d K artelle. S ta lij und E is e n . : ? 8 b 3 - ' :---1--- --- --- --- *-'■ —>”• ■: c y j n «.---

O d le w n i S ta ll I Ztktadtoprffochanłcinynk

gelieim nisses zugestehen iniisse, w eil sonst jeder geschaftliche Betrieb iiberhaupt aufhore, und er betonte mit besonderem Nachdruck die auBer­

ordentlich ungiinstige Einwirkung auf unsere K onkurrenzfahigkeit auf dem W eltm arkte, die eine zu w eitgehem le P ub lizitat zur F olgę haben wiirde.

Ebenso muB das geplante K artellam t ganz anders beurteilt werden, wenn es, w ie die Zcn- trum sresolution wiinsckt, ais A u f s i c h t s i n s t a n z iiber die Geschaftsfiihrung der K artelle fun- gieren und mit E i n s c h r e i t u n g s b e f u g - n i s s e n gegen K artelle, die seine Beanstandun- gen nicht beackten, ausgeriistet werden soli.

E i n e d e r a r t i g e I n s t i t u t i o n i s t i n u n s e r e r h e u t i g e n W i r t s c h a f t s o r d n u n g e i n f a c h un- m o g l i c l i . S i e i s t v o l l i g u n a n n e h m b a r f i i r d i e P r a x i s , u n d s i e w iir d e a u c h d e n S t a a t v o r e i n e g a n z u n e r f i i l l b a r e A u f g a b e s t e l l e n .

W om it hat es die Geschaftsfiihrung der Kar­

telle zu tun? In der H auptsache doch mit der F estsetzu n g von Preisen und Konditionen. Dem K artellam t hierbei ein A ufsichtsrecht und Ein- sclireitungsrecht — und hierin einbegritfen lie g t natiirlich eine Aufsichts- und Einschreitungs- piiiclit — zuzudikt.ieren, heiBt nichts mehr und nichts w eniger, ais daB letzten Endes das K ar­

tellam t die P reise und Konditionen festzu setzen haben wiirde. D ieser Vorschlag kommt also im Prinzip auf dasselbe liinaus, w ie die Forderung nach s t a a t l i c h e n P r e i s k o i n m i s s i o n e n , die daher an dieser S telle m iterortert werden soli.

D as Ungelieuerliche dieser Y orschliige muB schon ohne w eiteres einleucliten, wenn man sich nur vergegen w artigt, mit w elch ’ schwierigen Faktoren und mit wie mannigfachen, vielfach einander durehkreuzenden Interessen allein ein e i n z i g e s K arteli bei der F estsetzu n g seiner P reise und Konditionen zu rechnen hat. Die K artelle umfassen fast stets Unternehmen mit sehr verschieden giinstigen Produktionsbedingungen und Produktionskosten. D ie P reisfestsetzun g der K artelle mufi daher einerseits die Inter­

essen der am ungiinstigsten produzierenden W erke angemessen beriicksichtigen, sie inuB sich aber anderseits auch wieder der Konjunktur a u f dem In- und Auslandsinarkte anpassen — und zw ar sow ohl fiir die eigenen E rzeugnisse, a is auch fiir diejenigen, die etw a ais Surrogate in Konkurrenz treten konnten — , und sie muB hierbei nicht nur die M arktgestaltung der un- mittelbaren G egenwart, sondern vorausschauend -auch diejenige der nachsten Zukunft in Betracht ziehen. D ie K artellpreise sollen ferner sich in einer Hohe bew egen, die den berechtigten Inter­

essen der Abnehmer entspricht und die Nacli- frage derart lebhaft erhalt, daB die Kartellm it- glieder ihre A rbeiter und maschinellen Einrich- tungen ausreichend und regelm aBig beschaftigen

konnen; anderseits sollen aber die E rlose in guten Jahren wiederum die EinbuBen schlechter Jahre m oglichst einholen. A lle diese iiberaus kom plizierten Interessen und Yerhaltnisse, an deseń A usgleich die g ew iegtesten Praktiker ihre besten Krafte setzen miissen, soli nun ein Kom- m issar des K artellam tes sicher und g la tt be- urteilen und losen konnen. Nun erw age man, daB wir in Deutschland nicht eins, sondern mehrere hundert K artelle haben, in den verscliiedensten In- dustriezw eigen mit vo llig voneinander abweichen- den Lebensbedingungen und M arktyerhaltnissen.

Ich bezweifle stark, daB selbst ein kaufin&nnisches Genie sich zutrauen wiirde, iiber die Ange- m essenheit von P reisen in einer andern Branclie ais der seinen ein abschlieBendes U rteil zu falien. Ein Staatsbeam ter aber, zum eist ohne geschaftliche Schulung und P raxis, soli dagegen

— da man w ohl nicht fiir jedes einzelne K arteli bezw . fiir jeden kartellierten G eschaftszw eig einen besonderen D ezernenten wird bestellen w ollen — iiber die M arktverhiiltnisse melirerer Branchen und K artelle genau Bescheid wissen und womoglicli gar heute im R hein isch -W est- falischen Kohlen - Syndikat, morgen in der Sammetband - K onvention und iibermorgen viel- leicht im R eiskartell dariiber beiinden konnen, w elche P reise angemessen sind oder nicht.

W ie schw ierig selbst fiir F a c h l e u t e auch nur die F eststellu n g der durchschnittlichen reinen P r o d u k t i o n s k o s t e n in einem Industriezw eige ist, dafiir geben ein gutes Beispiel die Meinungs- verschiedenheiten, die kiirzlicli anlaBlich der Erorterung iiber die Moselkanalisierung zwischen der rheiniscli - w estfalischen Eisenindustrie und der siidwestdeutschen Eisenindustrie beziiglich der Holie der Rolicisenselbstkosten in den beider- seitigen R evieren zutage getreten sind, w ie der Vortragendp des naheren darlegt. Eines ist aber ganz sicher, namlich daB ein K arteli die Herausgabe seiner P reise und die Erledigung seiner geschaftlichen Abschliisse nicht so auf die lan ge Bank schieben kann, wie die R egie- rung etw a den Bau einer W asserstraBe. — Mit der Bestimmung der Produktionskosten ware naiurlich noeh nichts fiir oder gegen die Be- rechtigung eines K artellpreises feśtg estellt.

Denn es ist ein zw ar w eit yerbreiteter, nichts- destow eniger aber ein fundamentaler Irrtum, daB der Preis durch die Hohe der Produktions­

kosten bestimmt werde.

N icht minder schw ierig ware zw eifellos die Stellu ng des K artellam tes und damit des S taates gegeniiber den Kreisen der V e r b r a u c h e r und der o f f e n t l i c h e n M e i n u n g . Es ist kein Ge- heimnis, daB der Kaufer den vom Yerkaufer geforderten P reis in der R egel stets fiir zu hoch halt. Haben w ir aber ein K artellam t mit A uf­

sichts- und Einschreitungsbefugnissen gegen die K artellbeschliisse, so wurden natiirlich alle Kar-

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1804 Stahl und Eison. S ta a t u nd K artelle. 28. J a h rg . N r. 50.

tellpreise ais staatlicli sanktionierte P reise gelten, und (ler S taat wiirde dann die Zielscheibe aller der Angrifte sein, mit denen heute die K artelle so reichlich bedacht werden. Stellen Sie sich bittc einmal vor, w elche R olle das K artellam t und damit der S taat in den soeben zuriickgelegten Zeiten der „Kohlenteuerung* gespielt hiitte. Ich bin fest iibcrzeugt, dafi das staatliche K artell- amt keinen AnlaB genommen hiitte, gegen die P reise der K ohlenkartelle „einzuschreiten“ , ’ was ja ohne w eiteres daraus geschlossen werden kann, daB die s t a a t l i c h e n Steinkohlenberg- werke keinesw egs niedrigere, sondern zum T eil sogar noch hohere P reise ais der private Stein- kohlenbergbau genommen haben. W eich ’ einSturm der Entriistung hiitte sich dann wohl gegen das K artellam t und damit gegen den S taat erhoben!

In jedem F alle, w ie auch immer die Ent- scheidungen des K artellam tes ausfallen wurden, hatte der S taat, zw ar nicht m ateriell, so doch móralisch die V erantw ortung fiir die Hohe der K artellpreise zu tragen, d. li. also dio Yerant- wortung fiir das Schicksal sowohl der in den K artellen yereinigten Industriezw eige ais auch der von den K artellen beziehenden Verbraucher.

Z w ' e i f e l l o s z u m a u f i e r o r d e n t l i c h e n N a c h - t e i l d e r S t a a t s a u t o r i t i l t u n d d e r S t a a t s - p o l i t i k ! Staatliche P reistaxen und staatliche Preiskomm issionen sind eben absolut unvereinbar mit unserer heutigen W irtschaftsordnung und W irtsch aftsgestaltu n g, mit den komplizierten Y erhaltnissen unseres heutigen Marktes. Sie waren angebracht in den friiheren Jahrhunderten einfachster W irtschaftsstruktur und mogen ihren P la tz wiederfinden in der Zukunft, wenn uns vielleich t einmal die sozialistische W irtschafts­

ordnung beschieden sein wird. H e u t e w u r d e n s i e n i c h t R e c h t , s o n d e r n W i 11 k ii r s c h a f f e n !

D as gleiche g ilt fiir ein etw aiges Eingreifen des Kartellam tes in die V e r k a u f s b e d i n g u n g e n der K artelle. Denn die Verkaufsbedingungen sind neben dem P reise ein integrierender Be- standteil des Kaufabschlusses, der L eistung des K aufers an den Verkilufer fiir die Abtretung seiner W are. W iirden die K artelle ais Ver- kaufer gezw ungen, ihren Abnehmern gunstigere Lieferungsbedingungen zu stellen , so miiBten sie eben den anderen T eil der G egenleistung des Kaufers, den Kaufpreis, erhohen. Ueberdies sind die Lieferungsbedingungen in den einzelnen Industriezw eigen und K artellen auBerordentlicli mannigfach. Es gibt keine N orm al-Y erkaufs- bedingungen, an dereń Hand etw a das K artell­

amt die Konditionen der einzelnen Kartelle priifen konnte. D ie friiheren Yerkaufsbedingungen des freien Verkehrs ais MaBstab heranzuziehen, ware natiirlich erst recht yerfehlt, w eil diese durch die Konkurrenz der Produzenten sich haufig iiberaus ungiinstig g estaltet hatten, so

daB ihre Abiinderung in vielen Fallen gerade der Zweck der K artellierung war. — Im Zu- sammenhang hiermit stelit auch die F rage des K o n t r a h i e r u n g s z w a n g e s und der so- genannten E x k l u s i o n s k l a u s e l . Unter Kon- trahierungszw ang versteht man dio Verpflichtung eines Gewerbetreibenden, die yon ihm h ergestellten oder von ihm zum Zwecke des W eiterverkaufs angekauften W aren yerkaufen zu mi i s s e n . D ie Esklusionsklausel b esagt, daB die Abnehmer der K artelle nur K artellw aren beziehen diirfen, andernfalls sie von den K artellen entweder iiber- haupt keine W aren erhalten oder fiir diese einen hoheren ais den normalen K artellpreis zahlen miissen. D iese K lausel findet sich in den L iefe­

rungsbedingungen der meisten K artelle, und sie ist auch unentbehrlich, um die K artellverbande gegeniiber den Bestrebungen der Outsider, sie zu sprengen, aufrecht zu erhalten und den Kar- tellzw eck iiberhaupt durchzufiihren. Eine un- billige Zumutung an die Abnehmer der K artelle kann in dieser K lausel an sich nicht erblickt werden, schon deshalb nicht, w eil sie keines­

w egs einer entsprechenden G egenleistung der K artelle entbehrt. D iese G egenleistung b esteh t in der gleichmiiBigen Anrechnung der niedrigsten.

K artellpreise an die kartelltreuen Abnehmer.

Denn zw eifellos sind die K artelle nicht ver- pflichtet, ihre Verkaufe an siimtliche Abnehmer zu den gleichen Preisen zu bewirken, sondern sie sind nach allgem ein geiibtem kaufmilnnischen Grundsatz ohne F rage berechtigt, diejenigen.

Kiiufer giinstiger zu behandeln, die auch ihnen die giinstigsten Bezugsbedingungen einritumen.

H ierzu gehort aber in erster L inie die V er- pflichtung, nur Kartellwaren zu beziehen. W a s sp eziell die Lieferungssperre der K artelle bezw . den K ontraliierungszw ang anlangt, so ist zu beachten, daB es auch im freien Verkehr in un- zahligen Fallen vorkoinmt, daB ein Gewerbe- treibender einen ihm angebotenen V erkauf ab- lelm t. B eispielsw eise wird der GroBindustrielle es in der R egel ablelmen, an Detailabnehm er direkt zu liefern. Auch der S taat ais Fiskus, hat wiederholt von diesem R echt, das doch eigentlich nur ein AusfluB des Eigentum srechtes ist, Gebrauch gem acht. Den K artellen den Kon- trahierungszw ang auferlegen, hiefie also, sie unter ein Ausnahmerecht stellen , wozu keine zwingende V eranlassung yorliegt. Denn sofern die K artelle sich in dieser Beziehung A ussclireitungen zu - schulden kommen lassen, kann gegen sie auch schon au f Grund des geltenden R echtes vor- gegangen werden. So hat das R eiclisgericht sich w iederholt auf den Standpunkt g estellt,- daB die Lieferungssperre der K artelle unter Umstanden gegen die gu te S itte rerstoB t und nach § 82 6 B . G. B. eine Schadenersatz-Ver- pflichtung begrundet. — Empfehlenswert ware es m. E. allerdings. daB die K artelle von der

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9. Dezem ber 1908. S ta a t und K artelle. Stahl und Eisen. 1805 Lieferungssperre so w en ig w ie moglich Gebrauch

machen und statt ihrer sich damit begnugen, ihre W are solchen Abnehmern, die auch von Outsidera kaufen, nur mit einem kleinen Preis- aufschlage abzugeben.

D ie dem Staate in der Zentrums-Resolution w eiter g este llte Aufgabe, fiir die K artelle N o r - m a l - S a t z u n g e n żu bestimmen, mochte ich nur g a n z kurz streifen. Man wird auch dieser Ab- sich t nur auf das dringendste widerraten konnen.

D ie K artellgebilde sind in bezug auf ihre wirt- schaftlich e Bedeutung, ihre Rechtsformen, ihre O rganisation, ihre T atigk eit und ihre sonstigen Lebensbedingungen und LebensiiuBerungen so unendlich verschieden, daB man sie unmoglich a lle in ein und dasselbe R echtsschem a einreihen kann, wenn man sie nicht geradezu unterdriicken w ill. Durchaus trefl end hat der Staatssekretar v o n B e t h m a n n - H o l l w e g in seiner K artell- rede im R eichstage vom 8. Miirz d. J . eine solche A r t von Gesetzesinacherei — und ihre wahr- scheinliche Unwirksam keit — gekennzeichnet.

E r sagte:

„Die K artelle wachsen hervor aus der Gesamtheit unserer Prodtiktionsbedingungen.

Sie sind in ihren R echten und in geschaft- licher T iitigkeit durchaus voneinander ver- schieden, und diese Verschiedenheit riihrt her von der Verschiedenheit der Technik, sie hangt ab von der A rt des B ezu ges der Rohstoffe,

■der L age der G esetzgebung u. a. m. W ollten w ir fiir die K artelle einheitliche V erw altungs- grundsatze aufstellen. w ollten w ir yersuclien, s ie schematisch zu regeln, so wiirden wir, w ie ich fiirclite, ein aussichtsloses Unternehmen heginnen. D ie K artelle, die sich je nach unseren allgem einen Produktionsbedingungen iindern, wiirden uns u nausgesetzt aus der Hand schliipfen, oder aber wir miiBten solche Nor- m en aufstellen, die es dem K arteli unmoglich machten, der Entw ickelung des W irtschafts- iebens zu folgen. Und was wiirde die Kon- seąuenz sein? Entweder wiirden sich die Kar­

te lle diesen V orschriften nicht anpassen konnen, -oder sie wurden wiederum nach neuen R echts­

formen suchen, w elche unter die schemati-

■schen Bestimmungen nicht passen, und wurden

■sich so tatsachlich doch der Aufsicht ent- ziehen konnen.®

Kein Zweifel, in dem K artellgesetz wiirde sic h der Staat groBenteils nur ein papierenes Sch w ert schmieden. D ie W irtschaft ist stilrker ais R echtsparagraphen, die nicht mit der W irk­

lichkeit korrespondieren. Ein G esetz, welches den Lebensbedingungen der K artelle zuwider- lauft, wiirde dahin wirken, daB die Industrie, sow eit es fiir sie moglich und zweckmaBig ist, zu anderen Organisationsformen, T rusts, Fusio- nen usw. ihre Zuflucht nimmt, auf welche die Cresetzgebung, wenn sie nicht iiberhaupt die

Grundlagen unserer W irtschaftsordnung umstoBen w ill, keinen EinfluB ausiiben konnte. Es is t hierbei ferner yon Bedeutung, daB es kaum moglich sein diirfte, die Vorschriften eines deut­

schen K artellgesetzes auch auf die internatio- nalen K artelle und auf die mit Deutschland in Geschaftsyerbindung stehenden auslandischen Kar­

telle auszudelmen. Alsdann wurden einmal die deutschen K artelle ungiinstiger behandelt werden, ais die mit ihnen konkurrierenden auslandischen K artelle, auBerdem aber w are es unter Um- standen wohl moglich, daB deutsche K artelle ihre Geschaftsfiihrung nacli dem Auslande ver- legen und sich damit den beschrankenden Yor- schriften in der Heim at entziehen konnten. I n j e d e m F a l l e w u r d e n u n t e r d e r D i v e r - g e n z z w i s c h e n R e c h t u n d W i r k l i c h k e i t d a s R e c h t u n d d i e A u t o r i t a t d e s S t a a t e s s e l b s t am m e i s t e n l e i d e n .

Um etw aigen Versuchen der Industrie, den Kartellbeschrankung.en durch Fusionierung und Yęrtrustung zu entgehen, einen R iegel vorzu- schieben, hat Professor y o n S c h m o l l e r au f der Mannheimer Tagung des Vereins fur Sozial- politik die folgende Forderung g este llt:

Bei A ktiengesellschaften von mehr ais 75 Millionen Mark K apitał sollen zur W ahrung der S taats- und nationalen Gesam tinteressen ein Y iertel der Aufsichtsratsm itglieder von der R egierung g este llt werden, und diese G esellschaften sollen ferner die H alfte ihres 10°/o iibersteigenden Gewinnes an Staat und Reich abgeben.

Mit yollem R echt fiihrte Geheimer Kom­

merzienrat K i r d o r f hierzu aus, daB die freie w irtschaftliche T atigk eit, die unsere Industrie so hoch gebracht hat, yollstandig unterbunden wiirde, wenn der Betrieb auf diese W eise unter S taatskontrolle g este llt werden sollte, und er fiigte hinzu, daB ihm dann personlich das Staats- monopol lieber ware. In der T at wiirde sich wohl kaum ein Unternehmen finden, das bereit ware, dem Staate die Leitung einzuraumen, selbst aber das geschaftliche R isiko zu tragen.

Dann miiflte der Staat schon selbst die ganze Industrie in seine Hand nehmen. E s ware iiber- dies, ganz abgesehen von der kommunistischen Tendenz des Schmollerschen V orschlages, ein schreiendes Unrecht, wenn einmal nur A ktien ­ gesellschaften und dann auch nur solche mit einem K apitał yon 75 Millionen Mark und dar- iiber den 10 °/o iibersteigenden Gewinn mit dem S taate teilen sollten, wahrend kleinere A ktien­

gesellschaften und Unternehmungen in anderen handelsrechtlichen Formen, auch wenn sie relativr oder gar absolut hohere E rtrage abwurfen, hier­

yon befreit waren. Fiir das Gedeihen unserer Y olksw irtschaft und im speziellen fur die E n t­

w icklung unserer Industrie wiirde eine derartige Gewinnkonfiskation aber ohne Z w eifel die aller-

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1806 Stahl und Eisen. S ta a ł u n d K artelle. 28. Ja h rg . N r. 50.

verhangnisvollsten F olgen haben. Denn daB sie den denkbar ungiinstigstcn EinfluB au f die B e­

teiligun g deutschen und ausliindischen Kapitals in deutschen Unternelimungen ausiiben und das deutsche K apitał geradezu in das Ausland ilriingen wiirde, lie g t auf der Hand. Im ubrigen wurde ein solches G esetz zu Umgehungen und Beu- gungen des R eclits geradezu herausfordern. Denn sicherlich konnte ein T eil der in B etracht kom- menden A ktiengesellscliaften durch T eilung des A ktien k ap itals, Griindung von T ochtergesell- schaften, starkę Abschreibungen oder Verw!tsse- rung des A ktienkapitals usw. sich solchen Y or­

schriften unscliwer entziehen.

Nach allem muB ich auch die zw eite grund- satzliche F rage, ob die fiir die gesetzlich e R ege- lung des K artellw esens geinachten V orschlage z w e c k m a 13 i g sin d , s t r i k t e v e r n e i n e n . Sie sind teils fiir alle B eteiligten bedeutnngslos, teils unausfuhrbar, teils wiirden sie (len Kar- tellen die Grundlagen ilirer E xistenz und Ent- w icklungsfaliigkeit entziehen und damit der liei- mischen Industrie ein R iistzeug nehmen, das diese zur W ahrung ilirer P osition auf dem W elt- markt notw endig braucht. D ieser letztere Ge- sichtspunkt, namlicli die A k t i o n s - u n d K o n - k u r r e n z f a h i g k e i t u n s e r e r I n d u s t r i e a u f d e m W e l t m a r k t e , i s t a b e r f i i r d a s T l i e m a „ S t a a t u n d K a r t e l l e “ v o n d e r a l l e r g r o f i t e n W i c h t i g k e i t u n d k a n n h i e r b e i g a r n i c h t e r n s t g e n u g i n s A u g e g e f a f i t w e r d e n . D ie Industrien aller Lander, mit denen Deutschland im W ettbewerb steht, haben niclit yersaumt, sich durch feste Organi- sationsformen die notige StoBkraft fiir den Kampf auf dem W eltm arkte zu yerschaffen. Selbst die russische Eisenindustrie ist neuerdings mit einem groBziigigen Organisationsplan hervorgetreten, durch den sie — falls er gelin g t — aller W ahr- scheinliclikeit nach in den Stand g e se tz t werden wird, unseren A bsatz niclit nur in Rufiland, sondern auch au f unserm inlandischen Markte und au f dem W eltm arkte erheblich zu bedrangen.

B ei dieser Sachlage w are es ein garnicht wieder gut zu machender Fehler. w ollte die Reiclis- regierung die deutsche Industrie in dem Ausbau ilirer Organisationen hemmen.

Von der praktisclien Durchfuhrbarkeit und W irksam keit einer gesetzlich en Ordnung des K artellw esens sind im Grunde auch die Yater und Freunde dieses Gedankens nicht recht iiber- zeugt, und man is t daher mit einer zweiten R eihe von Vorschlagen fiir einen staatlichen Eingriff in das K artellw esen auf den Plan ge- treten. D iese sind rein w irtschaftliclier Natur und bewegen sich in erster L inie auf dem Ge­

biete der Z o 11 p o 1 i t ik . — Schon bei den Yer­

handlungen iiber den neuen Z olltarif von 1902 wurde beantragt,. dafi die Zoile fiir syndizierte W aren, sp eziell fiir Roheisen und nicht schmied-

bare E isenlegierungen, aufgehoben werden sollen, sobald sie von den K artellen nach dem Auslande b illiger yerkauft werden ais im deutschen Zoll- gebiet. — Lebliaft befiirwortet wird ferner schon seit Jahren die Ausdelinung des zollfreien Ver- edelungsverkelirs. — Neuerdings sind nun seitens einer Gruppe von reinen W alz- und Martin- werken die unseren L e ser n " bekannten A ntrage g este llt worden, dic der Vortragende des nttheren erlautert.

D ie F rage ilcr billigen A u s l a n d s v e r k a u f e d e r R o h s t o f f y e r b a n d e und die angebliche Schadigung der inlandischen V erfein eru n gs-E x- portindustrie hierdurch gehort zu den um stritten- sten des ganzen Kartellprobleins* U nbestreitbar diirften indessen m. E. die folgenden Sittze s e in : D ie Yerkaufe der Rohstoffyerbande nach dem Ausland sind unentbehrlich, um den Ar- beitern eine m oglichst stetig e, von den Scliwan- kungen des inneren Jlarktes unberiihrte Be- schaftigung zu gewahren und ebenso das Ma- sóhinenkapital regelm aBig und v o ll auszuuutzen.

Sie bilden zugleich eine Sicherung der Ver- sorgung des inlandischen Marktes und wirken ermafiigend auf die Produktionskosten ein — in beiden F allen zum V orteile auch der in­

landischen Abnehmer.

D ie Rohstoffyerbande m ii s s e n bei ihren Auslandsverkaufen unter Umstanden einen er­

heblich niedrigeren P reis akzeptieren ais im Inlande, w eil die Auslandspreise von der Kon- junktur des W eltm arktes abhangen. D ie bil­

ligen Auslandsverkaufe haben aber keinesw egs ein zollgesch iitztes inlandisches A bsatzgeb iet zur unliedingten Y oraussetzung, — auch die nicht durch Zoile gesch iitzte englisclie Indu­

strie macht von dem J littel der billigen Aus- landsyerkaufe starken Gebraucli.

Fiir die inlandisclie Yerarbeitungsindustrie witre es kein Y orteil, wenn die Rohstoffyer­

bande ihren A bsatz nach dem Auslande ein- stellten , w eil dann der A usfall einfach yon anderen Landern zu kaum hoheren Preisen ais je t z t gedeckt werden wurde.

Die Heinung, dafi, wenn die Rohstoffyer­

bande den inlandischen W eiteryerarbeitern das Rolnnaterial zu dem W eltm arktpreise iiber- liefien, die W eiteryerarbeiter alsdann den Ex- port von Fabrikaten derartig steigern konnten, dafi sie das ganze je tz t exportierte Rolimaterial aufnehmen wiirden, ist irrig. England z. B ., das fiir die Aufnahme von H albzeug haupt- sachlich in F rage kommt, wiirde sich gegen die Einfuhr deutscher F a b r i k a t e in das Mutterland und in die Kolonien auf das nachdriicklichste und sicher auch Crfolgreich wehren.

Ich glaube, daB, wenn man sich auf den Boden dieser Satze stellt —■' und sie scheinen mir, w ie g esa g t, unwiderleglicli — , die schweren

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9. Dezem ber 1908. S ta a t und K arłelle. Stahl und Eisen. 1807 Angriffe auf die Rohstoffverbiinde w egen ihrer

Auslandspolitik groBenteils hinfilllig erscheinen miissen. An sich ist es natiirlich richtig, daB die W eiterverarbeitungsindustrie, die auf den Export angew iesen ist und fiir ihr Rohm aterial einen hoheren P reis ais der auslilndische Kon- kurrent zahlen muB, mit ihren Fabrikaten auf dem W eltm arkte einen schweren Stand hat. D iese Schwierigkeiten konnen aber durch ein groB- ziigiges System von A usfuhrvergiitungen iiber- wunden werden, wobei zugegeben werden muB, daB der hierbei von den RohstoffverbUnden bis- her geiibte Modus verbesserungsbediirftig ist.

D er I n t e r e s s e n g e g e n s a t z z w i s c l i e n d e n g e m i s c h t e n B e t r i e b e n u n d d e n r e i n e n W e r k e n hat ni. E . mit dem K artell- wesen und den Schutzzollen an sieli garnichts zu tun, wenn ieli auch nicht verkenne, daB der Kombinationsprozefi bei den gemischten Betrieben durch die K artellentw icklung eine gew isse For­

derung erfahren hat. Es ist im Grunde ledig- lich ein Kampf zwischen iiberholten Produktions- formen und solchen, die auf dem W eg e des Fort- schritts m arschieren. Denn zw eifellos bedeuten die gem ischten B etriebe einen auBerordentlichen F ortschritt auf dem W eg e der Yerbilligung der Produktionskosten und damit in der Entwicklung unserer Industrie iiberhaupt. D ie Y erbilligung der Produktionskosten ist einmal fiir den in- liindischen Markt von der allergrofiten Bedeu­

tung, sie ist aber ferner das sicherste und auf die Dauer das einzige M ittel, um unsere Industrie auf dem W e l t m a r k t e wettbewerbs- und wider- standsfiihig zu erhalten. Denn die Betriebs- kombinationen bilden die notw endige Ergiinzung zu unseren K artellen, um uns gegen die aus- liindischcn T rusts, die doch eigentlich .nichts w eiter sind ais Riesen-Gem ischte B etriebe, zu behaupten. Sollten einige reine Betriebe im Kampfe gegen die gem ischten Betriebe wirklich zum E rliegen kommen, so ist das vom prirat- wirtschaftlichen Standpunkt aus gewiB tie f zu beklagen. E s erscheint mir aber yom Stand­

punkt der Allgem einheit ais eine unmogliche Forderung, den volksw irtschaftlichen F ortschritt, der in der Ausbildung der gem ischten Betriebe oftenbar lie g t, zu unterbinden oder zu hemmen, nur um einige ,riick stan d ige“ B etriebe noch einige Zeit kiinstlich am Leben zu erhalten.

Yon den rorgeschlagenen zollpolitischen Hafi- nahmen hat eine praktische Bedeutung meines Erachtens leiliglich der A ntrag auf Aufhebung der Zoile fiir Roheisen und Halbzeug. D ie Aus- dehnung des zollfreien V eredelungsverkehrs sowie die Uebertragung des Einfulirscheinsystem s auf die E isenrerarbeitungsindustrie sind schon aus rein technischen Griinden undurchfiihrbar. Lu iibrigen ist gegen diese Yorschliige der prin- zipielle Einwand zu erlieben, daB sie eine Durch- liicherung des System s unserer E isenschutzzolle

bewirken wurden. W erden daher die E isenschutz­

zolle im In teresse unserer Eisenindustrie und unserer Y olksw irtschaft ais notwendig anerkannt, so miissen diese Yorschliige, die unsere Scliwer- industrie zu einem grofien T eil der V orteile des Zollschutzes berauben wiirden, auch g r u n d - s i l t z l i c h abgelelint werden.

W er dio A u f h e b u n g d e r Z o i l e f i i r R o h e i s e n u n d H a l b z e u g ins A uge fassen will, muB sich von vornlierein dariiber klar sein, d a B e i n e P r e i s g a b e d i e s e r Z o i l e n i c l i t a n g a n g i g i s t , o h n e u n s e r e g a n z e n E i s e n - z o i l e , j a u n s e r g a n z e s S c h u t z z o l l s y s t e m u b e r h a u p t , i i b e r B o r d z u w e r f e n . Denn unser Schutzzollsystem bildet, wie auch seine E ntstehungsgescliichte zeig t, ein in sich eng zu- sammenhangendes Ganzes, aus dem ein so wicli- tiges Stiick, w ie es der Zoll auf Roheisen und H albzeug darstellt, niclit herausgenommen werden kann, ohne daB das Ganze notwendig zu F ali kommt. I n s b e s o n d e r e m ii fi t e n d a n n a u c h d i e Z o l l e a u f l a n d w i r t s c h a f t l i c h e P r o - d u k t e f a l l e n . Denn, m. H ., das ist doch ohne w eiteres klar: die Zoile auf landw irtschaftliche Produkte miissen grofienteils von der Industrie bezahlt werden, indem sie einerseits die Loline der industriellen A rbeiter in die Hohe getrieben, anderseits aber den Export unserer Im lustrie- erzeugnisse nach dem Auslande erheblich er- schw ert und den Nutzen hieran verringert haben.

Fiir diese B elastung der Industrie durch die A grarzolle bilden die Industriezolle z u einem T eil ein ganz unerlilBliches A equivalent. Es ware somit eine ganz unmogliche Zumutung an unsere Schwerindustrie, die landwirtschaftlichen Zoile unverilndert w eiter zu tragen, dagegen fiir ihre eigenen Erzeugnisse der Konkurrenz des Auslandes schutzlos preisgegeben zu sein, wobei besonders ins Gewicht fiillt, daB England, unser Hauptkonkurrent, auBer seinen sonstigen Y orziigen in den Produktionsbedingungen keine Zollbelastung der Lebensm ittel zu tragen hat.

Ebenso sicher scheint mir, daB mit den Zollen auf Roheisen und H albzeug, mit den landw irt­

schaftlichen Zollen a u c h d i e Z o i l e f ii r u n s e r e F e r t i g i n d u s t r i e f a l l e n w u r d e n . D ie An- g elegenh eit sp itzt sich also auf die F rage zu, ob w ir an unserem bisherigen Zollschutzsystem unverandert festhałten oder ob w ir allgem ein zum Freihandel iibergehen sollen und konnen.

Ich w ill mich mit der F r a g e : S c h u t z z o i l o d e r F r e i h a n d e l nur insow eit — und auch das nur ganz kurz — beschaftigen, ais hier- durch die Eisenindustrie beriihrt wird. D a aber m ufi'ich mit aller Entschieilenheit bttonen, d afi u n s e r e E i s e n i n d u s t r i e d i e S c h u t z z o i l e h e u t e w e n i g e r d e n n j e e n t b e l i r e n k a n n . Unsere Eisenindustrie braucht die S chutzzolle, w eil die Gestehungskosten ihres Rohm aterials und die von ihr zu zahlenden Frachten auch

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1808 Stahl und Eison. S ta a t und K artelle. 28. J a h rg . K r. 50.

heute noch erheblich hoher sind. ais diejenigen ihrer hauptsilchlichsten auslandischen Konkur- renten; sie braucht den S chutzzoll ais Aus- glei.ch fiir die enorinen L asten, die die soziale G esetzgebung ihr in den letzten Jahrzehnten auferlegt hat, wahrend die Industrien in keinem andern Lande Lasten auch nur in annahernd dieser Hohe zu tragen haben; und la st not least sind die E isen sch utzzolle unentbehrlich, w eil alle anderen Industriestaaten, aufler England, E isenschutzzolle haben, teilw eise noch erheb­

lich hohere ais w ir. D i e s e s l e t z t e r e A r g u - m e n t d i i r f t e f u r s i c h a l l e i n s c h o n v o n a u s s c h l a g g e b e n d e r B e d e u t u n g s e i n . Denn einerseits wiirde durch die Preisgabe unserer Zoile Deutschland w ieder, w ie B i s m a r c k gesagt hat, die A blagerungsstatte fiir die iiberschussigen Produktionen aller Lander werden ; und diese Gefalir ist heute groBer denn je infolge der Expansions-M oglichkeiten fiir die nordamerika- nischen Trusts — wenn diese sich auch im lau- fenden Jahre nicht bemerkbar gemacht haben — , und sie wird in Zukunft noch groBer sein, wenn die V ertrustuug der russischen Eisenindustrie gelingen sollte. A u f der andern Seite wiirde u n s aber durch die Zollmauern des Auslandes der Export nach wie vor beschnitten sein. D ieser Gesichtspunkt diirfte von besonderer Bedeutung fiir die V e r a r b e i t u n g s i n d u s t r i e sein; denn gerade sie wiirde yon dem durch keine Zoll- damme behinderten Einstrom der auslandischen Fabrikate am allerhartesten getroffen werden.

Kurz — s o l a n g e d i e a n d e r e n L a n d e r an i h r e n E i s e n s c h u t z z o l l e n f e s t h a l t e n , i s t di e F r a g e , ob D e u t s c h l a n d a u f s e i n e E i s e n ­ s c h u t z z o l l e y e r z i c h t e n k a n n o d e r w i l l , v o n y o r n h e r e i n a i s g a n z u n d i s k u t a b e l a b z u w e i s e n .

Fiir die Beziehung zw ischen Schutzzollen und K artelleu ist zu beacliten, daB es zwar falscli ist, die S chutzzolle ais unbedingte Vor- aussetzung fiir die K artelle zu bezeichneu — das Freihandelslaiid England hat eine groBe Anzahl sehr bedeutender K artelle, und auch in Deutschland haben die machtigen K artelle fiir Kohle, E rz, Zement keinen R iickhalt an irgend- welchem Schutzzoll — , sicher ist ai)er, dafi die Schutzzolle das beste M ittel zur Bildung kraf- tiger Produktions-Organisationen sind. D ie K ar­

telle werden, wie w ir gesehen haben, allseitig ais notw endig und unentbehrlich anerkannt, namentlich fiir die Behauptung unserer Stellung auf dem W eltm arkte. Auch aus dieser Erwa- gung lieraus ware daher die B eseitigun g der Eisenzolle ein yerhangnisyoller Feliler, w eil damit die Eisenindustrie des besten M ittels be- raubt wurde, um zu leistungsfahigen Organi- sationen zu gelangen, und die zollgesch iitzte In­

dustrie des Auslandes vor der deutschen alsdann einen weiteren groBen Yorsprung erhielte.

D ie E isen zolle bilden aus allen diesen Griin- den auch heute noch die Grundlage fiir das Ge- deihen unserer Eisenindustrie. D ie Eisenindustrie ist aber anerkanntermaBen das R iickgrat unseres industriellen Lebens iiberhaupt. Sie ist zugleich die vornehm ste S tiitze unseres Bergbaues, der Hauptkunde unserer Schiffahrt und, mit ihrer zahlreichen A rbeiterbevolkerung, der w ich tigte Abnehiner unserer Landwirtschaft. D er E isen­

industrie den fiir sie unerlaBlichen Schutzzoll entziehen, wiirde daher die w eittragendsten, un- giin stigsten F olgen fiir unsere gesam te Y olks- w irtschaft haben. Aus d i e s e n Gesichts- punkten lieraus muB man die Bestrebungen auf Aufhebung der Zoile fiir Roheisen und Halbzeug betracliten, um sie dann, wie ich meine, unbedingt abzulelinen. —

Von w eiteren Handhaben w irtschaftliclier N atur, die dem Staate gegen die K artelle vor- geschlagen sind, kommen noch solche auf dem Gebiete des Eisenbahntarifw esens, der W asser- straBenpolitik, des Submissionswesens und scliliefi- lich, ais ultima ratio, die V erstaatlicliung der K artelle in Betracht. Ich mufi indessen w egen der vorgeriickten Zeit von einer Erorterung dieser Punkte absehen und koninie somit zum Schlufi meines V ortrages, der ja im iibrigen keine erschopfende Behandlung, sondern nur Streiflichter zu dem Tliema „Staat und K ar­

telle" bieten sollte.

M. II. D ie deutsche Industrie und sp eziell die Eisenindustrie hat y ie le Feinde und N eider im Auslande und leider auch nicht w enige offene und lieimliche Gegner im Inlande. Sie kann den ihr hierdurch aufgenotigten Kampf nach zw ei Fronten erfolgreich auf die Dauer nur be­

stehen,, wenn sie selbst in sich g eein igt und g e- fe stig t dasteht. Im Hinblick hierauf sind die yielfachen Angriffe, die gegen die K artelle und gegen die Schwerindustrie aus den Kreisen der Yerarbeitungsindustrie vor aller Oeffentlichkeit gerichtet worden sind, auf das tiefste zu be- klagen, w eil sie den Gegnern nur neues W asser auf ihre Miihlen g eliefert haben. D ie Industrie muB daher mit allen Kraften danach trachten, daB solche Zw istigkeiten zu Hause erledigt und nicht auf die StraBe, vor das Forum der Oeffentlichkeit getragen werden. Nun hat zw ar der C entralverbandDeutscherIndustriellervor etw a vier Jahren den dankenswerten Yersuch gem acht, eine A usgleichstelle fiir alle aus dem K artell- w esen entspringenden Streitigk eiten zu schaffen;

leider ist aber die Y erm ittlungstatigkeit dieser S telle bisher nie in Anspruch genommen worden.

Hier miiBte unbedingt W andel geschaffen werden

— sei es durch einen entsprechenden Ausbau der yorhandenen S telle, sei es durch Schaffung einer neuen Organisation — , damit die Inter- essen der K artelle und die Interessen der von den K artellen abhangigen Kaufer, insbesondere

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9. D ezem ber 1908. Die Yerw endung von K okillen in der Eisengieperei. Stahl und EiBen, 1809

A bbildung 10. A bbildung 11.

W alze m it K okille und W alze m it eingegoasener K ern am F e rtig stran g . Einlage.

Abbild. 12.

W alze m it ein- gegossenem

K iihlrohr.

Abbild. 13. Abbild. l i . K okille K okille in Ziegelform. in R ingform . auch der exportierenden Industrien, zu einein

angem esseuen A usgleich gebracht werden konnen.

Andernfalls diirfte dic Befiirclitung schwer von der Hand zu w eisen se in , daB die B estre- lmngen, unsere industriellen Yerbilnde und damit

unsere Industrie durch ein K artellgesetz oder durch w irtschaftspolitische Mafinahmen zu kne- beln, doch zu nianchen recht unliebsamen und fiir die Gesamtheit schildlichen Ergebnissen fiihren konnten.

Die V erw endung von Kokillen in d er EisengieBerei.

Von D ipl.-Ing. E . L e b e r . (F ortsetzung von S. 1773.) I—I a r t u n g . Eine A nzahl der P raxis entnorn-

-*■ mener Fiille sollen das G esagte niiher be- leuchten. Zwecks Hartung wird, w ie hinliinglich bekannt, die Kokille in einfachster W eise bei R ost- staben, Prefibacken und anderen Teilen zu Aufbe- reitungsinaschinen angewendet, wobei die Kokille zugleich den U nterkasten bildet. B ei K ollergang- p latten, die bekanntlich leicht ausschleiBen, wird die Einlage auf einer H artungsplatte gegossen.

Auch die Bandage des zugehorigen Laufringes wird gehilrtet. D ie Art, w ie hier die Kokille

bei der W alzenfabrikation sta tt, indem der un- profilierte W alzenballen (Blechwalzen) einfach in einer konstanten eisernen Form gegossen wird.

In einigen Fallen wird auch bei Profilw alzen das Fertigkaliber in eiserner Form gegossen (Ab­

bildung 10). D er Koldllenring mufi, um der Gefahr des Reifiens vorzubeugen, eine v o llig g la tte Innenflache haben. B ei aufrecht schablo- nierter Form bedient man sich eines Ringes mit Sprengfuge, die nur an der inneren R in gseite bearbeitet ist, oder bei liegend schablonierter

zweckm afiig zu verwenden is t , ist schon in

„Stahl und Eisen “ 1 9 0 6 Nr. 2 S. 98 des nilheren beschrieben. D ie Mantelform wird aus dicht neben-

«inander gestellten Kokillsegm enten zusammen- g esetzt, die fiir alle vorkommenden Dimensionen brauchbar sind. In gleicher W eise wird die K okille bei der H erstellung von gew issen R adem {Griffin-Rader), insbesondere auch von Kleinbahn- radern gebraucht, sofern sie nicht aus Temper- gufi oder anderem Materiał gemacht werden.

D ie gew ohnlichste Anwendung der Kokille findet

Form eines zw eiteiligen , an den Stofi- und B e- riihrungsflachen bearbeiteten R inges. W ie ge- fahrlich hier die sich unterstiitzenden, hiirtendeD W irkungen von Aufienkokille und M ateriał sind, geh t aus den Gegenmitteln hervor, die man zur Yermeidung des W alzenreifiens in Anwendung bringt. In einem F alle le g te man an der ge- fa h rd eten S telle einen gewohnlichen Sandkern (Abb. 10) oder ein mit astform ig verteilten Quer- eisen versehenes Rohr ein (Abb. 11). Abbil­

dung 12 zeig t eine W alze mit eingegossenem

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1810 Stahl nnd Eisen. Die Yerw endung von K okillen in der Eisengie/lerei. 28. J a h rg . N r. 50.

Rolir, das zu Kiihlzwecken nach dem GieBen manclie Kopfschmerzen yerursacht liat, beson- an die W asserleitun g angeschlossen wurde. Ob

indessen diese M ittel vollig sichere Abhilfe zu schaffen imstande sin d , ist zw eifelbaft. Ein P all, in dcm man neben Herbeifiihrung, dichten G efiiges den ausgesprochenen Zweck der Hiir- tung von ZylinderguB verfolgt, lie g t bei den fiir Gasmotoren bestimmten Zylindern vor. Durcli G attieren allein lassen sich hier mit Riieksicht auf den M antelzylinder die hohen Anspriiche, die an die innere W andung g este llt werden, nicht erfullen. Deshalb schreckt

man sie ab, indem man je nach der Starkę der erforderlichen W irkung die AuBenwandung des Kernes aus eisernen Steinen (Abbildung 13) aufmauert, unter UmstHnden auch eine Manersteinschicht und eine Schicht eiserner Steine in schachbrett-ahnlicher Anordnung abwecliseln laBt, oder indem man unter W ahrung bestimmter Ab- stande eiserne Stabe bezw. Ko-

ders auch w egen der ziemlich erheblichen Ab- m essungen, die solche Stiicke aufweisen. W as die hartesten Satze nicht bewirken konnten, wurde mit der K okille in einfachster W eise er­

reicht. Plunger von 7 m Hohe, 1 m D urch­

m esser und 30 0 mm W andstarke kommen mit einer in allen Teilen glanzenden, fast stahl- ahnlichen Oberflache lieraus, fiir den Fachmann ein liochst befriedigender und freudiger Anblick.

Bekanntlich werden diese Plunger auch aus S tah l­

guB hergestellt, jedoch bevorzugt der Pumpenbauer bei mittlerem und niederem Druck die aus GuBeisen gefertigten w egen ihres billigeren P reises sow ohl, w ie ihrer grofieren chemischen W ider- standsfahigkeit halber. Aber auch dem GieBereimann sind die har- ten Satze zu kostspielig, zumal ihm die durch die hohen Stalil- zu satze hervorgerufenen Ofensto- rungen sonderlich bei ofterem

Abbildung 15. Kokillo ais K ing A bbildung 16. Abbildung 17.

m it Sprengfuge und Schlitz. Plunger. K okillenring eingeform t.

killenstreifen in die aufiere Kernwandung einlegt.

In einzelnen GieBereien pflegt man das Zylinder- innere m it kolbenringartigen Korpern auszu- stellen, die durch eine Spindelschraube zusammen- gelialten werden (Abbildung 14). Dam it diese Ringe nach dem Gusse leicht aus der Form entfernt werden konnen, versieht man sie mit Sprengfugen, und lim ein freies Schwinden des Stiickes zu ermoglichen, mit einem S chlitz, wie Abbildung 15 zeig t. !

F e i n k o r n i g e s G e f i i g e . Typische GuB- stiickę, bei denen es nicht auf Hartung, sondern auf feinkorniges Gefiige bei m ittleren Anspriichen an F estigk eit ankommt, sind P lunger (Abb. 16).

Zum Schutze der .Manschetton sollen sie eine Yollkommen glątte, narbenfreie Oberflache haben, ein Y erlan gen . das dem GieBereimann schon

S atzw echsel manchmal teuer zu stehen kommen.

Sodami lauft er durch Vermeidung der Stahl- zu satze nicht G efahr, daB ihm die Plunger bei der Bearbeitung durcli A uftreten barter Stellen verw orfen werden. Uebrigens entstehen diese harten Stellen nich t, w ie man merk- w iirdigerw eise yielfach heute noch annimmt, durch „ungeschm olzen<i gebliebene Stahlpartien, sondern, w ie die A nalyse leicht ergibt, durch Stahlteile, die sich zu W eiBeisen angereichert und ais solche nicht mit dem iibrigen Eisen ge- m ischt haben. W ahrend man also friiher die genannten Eigenschaften unter anderem durch S tahlzusatze bis 30 °/o und mehr zu erzielen suchte, arbeitet man je tz t yorteilhafter mit ge- wohnlichem MaschinenguB und Kokillen. Ab­

bildung 16 stellt eine mit K okillen ausgefiitterte

S c /w /Y f a - b

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9. D ezem ber 1908.

M 8 j Ę g j 0 )F%'~ B A U

Die Yerw endung eon K okillen in der Eisengieflerei. jBtakl undABiaBn.; '1:811 Mantelform eines Plungers dar. In der ganzen

Hohe wird ihre Innenseite mit (zw ecks besseren H altes) konisch geform ten Kokillsegm onten zu- gestellt. Im iibrigen IieniiBt man die. Starkę der Kokille je nach den Abinesstingen des Plun- gers und der erwiinschten Tiefenwirkung nnd se tz t zwischen die einzelnen Segm ente groBere oder kleinere ausgeinauerte Partien. D er Ein­

fluB ist derartig, daB die Plungerwandung, so w eit die W irkung reicht, keine Zongnbildung aufweist nnd dem A uge ein vollig gleichmaBig feinkorniges Gefiige zeigt. Bei 2 0 0 mm W an- dung und 100 mm Kokillenstarke hatte die Plungerwand bis zu einer T iefe yon 25 mm dichtes Korn, war aber dabei so weich, daB sie sich leicht bearbeiten lieB.

D iese W irkungsw eise aber macht die Kokillen in noch rorteilhafterer W eise bei Kolbenrlngen

festpoliert. GroBe R in g e'(b is 8 0 0 mm (£>) gieBt.

man am besten aus zw ei Pfannen bei tangen- tialem Anschnitt (rotierender GuB). D a die K okille innen an gelegt wird, erhiilt man auf der Innenseite die groBere Spannung und die niitige E lastizitat. AuBen bleibt das M ateriał weicher, leicht bearbeitbar, dabei doch vollig dicht und sehr g la tt. Beim Einschlagen der K okille ist darauf zu acliten, daB die Słabe dicht genug beieinander zu stehen kommen, da sonst die g egen teilige W irkung eintritt, und zwischen den zu w eit entfernten Staben lose Stellen entstehen, die den R ing in seiner ganzen Hohe durchsetzen.

B e s e i t i g u n g v o n L u n k e r n u n d B l a s e n . Endlich kommt es bei einer ganzen Reihe von Gufistucken nur auf dichtes Gefiige an; diese Forderung lauft daher sehr oft auf die B eseiti­

gung von Lunkern und Porositaten hinaus. Der

A bbildung 18. Z entrifugalpum pendeckel. A bbildung 19. LokomotiYzylinderdockel.

yerwendbar, GuBstiicke, an die ganz eigenartige (iibrigens nicht einheitlich formulierte) Forde- rungen g este llt werden. Das M ateriał soli zu­

nachst weich sein zur Schonung der Zylinder- wandung; damit diese Bedingung leicht erfullt werden kann, gibt man sich mit geringen Forde- V rungen an die F estig k eit zufrieden (1 3 bis 14 kg).

G leichzeitig aber sollen die R inge elastisch und bei hoher P olierfahigkeit narbenfrei und gut be­

arbeitbar sein. Obgleich sich diese Eigenschaften zum T eil aufheben, so erhalt man doch bei rich- tigem Gebrauch der K okille mit gewohnlichem MaschinenguB ein M ateriał, das allen diesen Forderungen in hohem MaBe entgegenkoriimt.

D as Einformen geschieht auf einfachste W eise.

Nachdem der M odelltopf aufs Plattenb ett gesetzt ist, werden K okillenstabe von geeign eter Starkę in angem essenen Abstanden an der inneren W an- dung des Modells entlang in den Boden ge- s hlagen (Abb. 17). D er Innenraum (Kern) wird mit Sand aufgestam pft und der AuBenkasten w ie sonst hergerichtet. Nach Entfernung des Modełłs und Form kastens werden die m it Sand ausgefullten Raume zw ischen den Kokillstaben

Begriff „dicht“ hat fiir den GieBereimann eine sehr unterschiedliehe Bedeutung. Manchmal ge- niigt es ihm, daB das Stiick fiir das bloBe Auge dicht ist, haufig ist er zufrieden, wenn die Be- arbeitung keine losen, blasigen oder lunkrigen Stellen aufdeckt. W ieder anders lie g t die Sache, wenn es sich um GuBstiicke handelt, die unter Druck gepriift oder gebraucht werden. Zunachst verhalten sie sich verschieden, je nachdem sie bei niedrigem oder hohem Druck, kalt (mit W asser) oder warm (mit Dampf) gepreBt werden (Armaturen, Zylinder). Dann aber zeigen sie ganzłich verschiedene Drucksicherheiten, sobald sie mit verschiedenen Medien unter D ruck stehen.

Ein Zylinder kann mit W asser, Dampf oder auch PreBluft abgedriickt noch absolut dicht sein, mit Kohlensaure oder Aminoniak zeigen sieli nur hier und da undichte Stellen, wahrend er mit schw efliger Saure unter Druck g e se tz t in allen Ecken und Kanten durchlassig ist' (E is- und K alteanlagen). Daher ist auch die -Zahl der F alle, in denen die Ko k i l l e : so „segensreich“

w irkt, ziem lich ' betrachtlich und m eist sind es solche Stiicke, die sich durch zahlreiche A nsatze,

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