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Die Zukunft, 29. März, Bd. 38.

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Academic year: 2022

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.Berlin, den 29.März I902.

f J As ff

VenezianifchesTagebuch.

WirAsEinfuhrenUmweg;anSantaMariaabereslohnt.dellaVor den kleinen KanälenSalute undanderDoganahatteKollegevorbei- Globetrotter michnochaufdemBahnhofgewarnt:zumesquin fürdenersten Eindruck. Hatte wohl Recht. JedenfallswardieFahrteinfachtraumhaft schön. Famos schon,daßman vonderStazionedirekt in dieGondelklettert.

UnddannaufdemkohlschwarzenDing fast ohne GeräuschdurchdieNacht.

JndenweichenKissensitztman wieeinKönigunddieKerlefahren,als hätten sieAkkumulatoren imKahn.Lauterdunkle Paläste.Die Leutescheinenhier frühinsBettzukriechen.AllepaarSekunden nannte meinortskundiger BegleitereinenPatriziernamen,bei demichmirnichtsdenken konnte.Wer kann allevenezianifchenNobili kennen? Nureinmal ich glaube,es war beimPalazzoVendramin drehtederGondoliere denKopfundsagte:

DastarbRichardWagner. Sonstblieberstumm.GottfeiDank: wenigstens jetztnochkeineFremdenindustrie.Kaum dasEintauchenderRuder hörte man. Allesschwarz,zu beiden SeitenGefpensterfchlöfserundobenzwifchen WolkeneinzelneSterne. DichtvordemRialtolugtederMondeinen Augen- blicklang hervor. Aber dieDunkelheit hatte auch ihren Reiz.Beinaheer- schrakich,alsaus einemKanälchenabgerisseneTöne eineszärtlichenLiedes zuuns klangen.Hierwar auch schondiePunta dellaSalute undder Markuskanal undgleichhießes: Aussteigen!DerChefmitGattinlogirt imHotelBritannia; hoffentlichnehmens unfereBurenfchwärmerihm nicht übel.Ichbin bei Danieli abgestiegen. Mehr AussichtalsKomfort.Na-

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500 DieZukunft.

türlichnur Ceylonthee,andenich mich,trotzoft gescholtenerAnglophilie,in diesemLebennicht mehr gewöhnenwerde. Amusantabeywieausdemalten Palazzo ohnevielAufwandeineFremdenkasernegemachtist.DadieKatze dasMausen nicht läßt, nahm ich,wasanbedrucktemPapier auszutreiben war,mit insBett.NichtsNeues.NochimmerdieafiatischeFranco-Russe, diemoskowitischeSpionengefchichte,SkandalinWien, Verlängerungder LegislaturperiodenundWahlagitation frommerDameninFrankreich,aller- leiTatarennachrichtenüberUnruhenin NikolaisReich; unddie kleineFrau

s desarmen Jungen,derKaiservonChina spielen muß, soll,mit derHilfe einesemsigenVerwandten,indieHoffnunggekommensein.Daskann einen Thronerben und,wenn dieSachebisdahin überhaupteinigermaßenhält, neue ekligeVerwickelungengeben. Meinetwegen. Kiautschou istzum Glück nichtmeinDezernat.EinBischenGoethe solltedenKleinkram wegspülenz Jtalienische Reise.Weit kamichabernicht, trotzdemnebenanGeschirr auf- geräumtwurde. »So istdennauch VenedigmirkeinbloßesWort mehr, keinhohler Name,dermich so oft, mich,den Todfeind vonWortfchällen, geängftigethat.«DaklappteichdasBuchzu undlöschtedasLicht.

Am anderen Morgen,alsich aufderPiazzetta stand, hätteichmich amLiebstenbeimOhrläppchengenommen, ummich zumahnen, daßichnicht zumVergnügenhierbin.Es bleibt ein Traum. DerDogenpalast,Gothik mitVenezianerspitzen,SauMarco, romanisirtes Byzanz,dieProkurazien, die alteBibliothek,—und drübereinHimmel,eineSonne,wie wirsienicht ahnen·Das ist Orient, nicht Italien. Jch saßbeiQuadri vorderThür unddachtenichts,sah nichtsalsdiesewundervolle Coulisse.Und ertappte mich plötzlichmit einerlangenTüte in derHandundeifrigbei derArbeit, den Tauben Futterzustreuen. Die kameninSchwärmen,waren ganz zahm,setztensich aufdenHutunddie Kleider. Ein AnblickfürGötter.

Abernicht fürdenChef,dergeradevomCampanile herüber denPlatz schritt.

Einwahrer Segen, daßmeinletztesKörnchenebenweggepicktwar. Der Fürst,der neben demChef ging, hättemichalssanften Täuberichin einem Epigramm fürBerlinundUmgegendverewigtzundmein Adelist nicht hoch genug,umsolcheScherzemit derAussichtaufs nächsteRevirementüberdauern zu können.Binja nicht aufderHochzeitreisehier, sonderninkaiserlichem Dienst.Undsoll, zwischenBroccoli undGelato, großePolitikmachen helfen.

sc Il-

Bi-

DerChefwill alleerreichbaren Zeitungstimmenüber denneuen asiati- schenZweibundhören. ErhältdieSache für wichtig,füreinenbösenSchlag

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Venezianisches Tagebuch. 501

gegenEngland,dem,sagter, immermehrFellewegschwimmen.Erscheint dieverstärkteJntimitätdernations alliiåes et amies nichterwartet zu haben. Merkwürdig; überhauptsein Interesse für öffentlicheMeinungen aufHolzpapier.Wirwissendoch,wiesgemachtwird.Sodummsind, trotz derDecadence,dieLeute in London auchheute noch nicht, daß sie sichüber dieWirkung ihres Japanervertragesgetäuschthabenkönnten.Mußte jain ParisundPetersburg einschlagen.Obnun aufAdlerpapier abgemacht,ist wirklichfarcimentum Unglaublich,wie derAberglaubeanAlliancenheut- zutage grassirt. Solche Sachen sind dochnur for sl1ow. Bismarckpflegte zusagen, gewöhnlichseidasBestevon derFreundschaft schonweg,wenn feierlicheVerträge geschlossenwerden.Die Staaten fechtendochnur da,wo für siewaszuholenoderzu verlierenist.UnddaßdieFranzoseninAsien denRassendasLicht halten würden,warniezweifelhaft. Fragt sichblos, wielangederZar ruhigbleiben kann;Er will keineExpansion;WittesVor- ftellu»ngen,nur beieingeschränktenMilitärausgaben seien wirthschastliche Reformen möglich,haben ihm sehr eingeleuchtetundermöchteä tout prix Frieden halten.EinesTagesaberkannderPreiszuhochwerden.Offenbar .gährts,wie in denvierzigerundachtzigerJahren,wiedermalunter den Ge-«

bildeten. DazuuntensozialistischeRegungen.DieNothkannzwingen,ein Ventilzuöffnen.Und danngiebtseigentlichnurdas MitteldesKrieges Auch AlexanderderZweite istgezwungenworden,gegendie Türkenloszugehen.

DieRussen sinddieEinzigen,dienichtvielriskirenz ihre Niederlagen haben ihnenimmer genütztundnacheinergroßennationalen Erhebung hältder KittwiedereineWeile. DieMilitärpartei,die indiesemKlimanieausstirbt, ist schonlange ungeduldig,weil derGossudar sichgarso wenigumdie Armee kümmert.Beiuns hatman sichabgewöhnt,mitderMöglichkeitrascherVer- änderungenzurechnen,undmeint,AlleswerdehübschsachtimaltenGleis weitergehen.Dabeikönnen wirjeden Tageinenneuen Papst,einenneuen Kaiservon Oesterreichundimzweitgrößtendeutschen Bundesstaateinen neuen Regenten haben, ganzabgesehennochvondenkatholischenPrin- zessinnen,die anderswo auf dieThronfolgewarten. VonJahr quahr wird esschwerer,in demeuropäischenPorzellanladenzuhausen, ohnewaszu zer- brechen.Die Situation fordertdieSchöpferkrafteinesPolitikers,derohne Brillesieht;undderChef liestZeitungenundstreicheltdenPudel.

RichthofensprobritischeRedewar jahöchstverständig.Erkennt die Engländeraus Egypten,wosie,mitäußersterBrutalität allerdings,eine Riesenarbeit geleistethaben,undweiß,daßsienicht sozuverachtensind,wies

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demfernen BetrachterdesTransvaalkrieges scheint.Derwirdauchmal zu Endegehenunddannwird die Welt wieder anders aussehen. Hier,vor demMarkuslöwen,denktman unwillkürlichan Campo Formioundan Bonaparte. Schließlichhabendamals dochdieEngländerangefangen;sie scheutensichnicht, ihrenHandelruiniren zulassenundMilliarden zuopfern, umdemverhaßtenKorsendieZähnezuzeigen. Jn wirklicherLebensgefahr werdensiewiedersohandeln, einerlei,obRosebery jetztdasRennen gewinnt oder,wenn Salisburys Marasmus nichtmehrzu verdeckenist,vonCham- berlainumeineNasenlängegeschlagenwird. Richthofenthat alsodasBeste, wasinletzterZeitbeiunsprästirt wurde; klug, ohne Superlativeundfür Zünftigedeutlichgenug.Nurwars abermals ein neuerTon undderKanz- ler»durchUnpäßlichkeitandasZimmer gefesselt«.DieDiplomatiehat sichsehr verschiedeneVersedaraufgemachtundimAmtselbst siehtman noch nichtganzklar.WirkommennichtvomFleck. Jeder schieltuns vonder Seitean,alsmöchteersagen:WaswolltJhr eigentlich?...Jchwillauf denLidohinüber; vielleichtvertreibt dasSalzwassermirdie trübeLaune- Diefremde SchönheitdieserStadt lastet aufmir. Werhattemir

»dennerzählt,Venedig seivollvonsüßerZärtlichkeit,rechteinNest fürdie Flitterwochen? Jchmerkenichtsdavon. Allesdüster,alswäre,amhellen Mittag, dieTragoedieüberdieiePlätzegeschritten. WohindasAuge schaut:

Armuth, Verfall;infinstererMajestatblickt das ElendausallenWinkeln.

DiePaläste,derenBewohner ichbei derEinfahrt schlafendglaubte, stehen dasganzeJahrleer undnochsah ichkeinen gut angezogenen Beneziancr.

AuchdieleichtenDirnchen nicht,vondenenGoethe schwärmt.DieFrauen sind,mitdenschwarzen Brusttüchern,derMorbidezza,demkunstvollge- wölbtenHaar, auf ihre besondere Weise fastimmer schön;sie dürftenin;

diesemLandschaftbildnichtanders seinundschonihrGang mußdenDeut- schen entzücken.Unportroyal, selbstinLumpen.Aberso ernst,mitso traurigbrennenden Augen.Einenur fandich vergnügtundDie bekannte- sichunterdenProkurazienals Austriaca- ausFiume.Abendssogar,wenn dieStadtniusik aufSan Marco Bizet, OffenbachnndVerdi,viel Verdi- spielt,wandelt dieMengemit einerLeidensmiene umher,alshättesieeben einfurchtbares Unglückheimgesucht.Schwarze Priester, schwarzeFrauen, schwarzeGondeln in den Kanalem eineTotenstadt, die,ehesie starb, mit deinRest ihrerHabedieKirchengeputzthat. Unvergeßlichbleibtmirder Blickvom CampanileaufdengraugrünenMorast,dendie Ebbeaus den

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Venezianisches Tagebuch. 503 Lagunen gemachthatte.Aus einemSumpfwar nach Aquilejas Falldas Wunder sacht aufgestiegenund in demSumpfverwittertes nun-

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V Il-

Jetzt stehenunsalsodiehochpolitischen»Entrevues«bevor.Prinetti, vielleicht auch Zanardelli,derimmerhinvon besseremKaliber sein soll.

Trotzdem muß ichmichbei demGedankeneinBischen schütteln;Wiederder- alte,rostige Apparat.WiederdenDreibund füreinWeilchen zurechtflicken.

Natürlich:werhatdenn denMuth,ihn,wie der wildeHerrBebelsagt,in den Orkusfahrenzulassen?Wenn noch irgend Jemanddaranglaubte, wärenichtseinzuwenden; soaber...Manbrauchtsichnur vorzustellen:

dieJtaliener solltengegenFrankreich,dieCzechengegenRußlandmar- schiren,dieHabsburgerihre Balkanpositionaufs Spiel setzen,umdasPre- stigedesDeutschenReichesinsUnermeßlichezusteigern.Ebenso gutkönn- tenwiraufeineneue KatharinaKornaro hoffen,die unseinReich schenkt.

Und insolchenChimärenlebt Und webt derChef. BringterdenneuenDrei- dundvertragfertig,dannwirderganzaufrichtig glücklichseinundsichselbst einbilden, fürsein Vaterland Etwas geleistetzuhaben.Dabeiist erintelligent.

EinRäthsel.AlsdieGräfindamals nachWienfuhrundPhili beschwor, ihrenMann weitvomSchußzulassen, schienes Ernst.Alserdann doch in dieSache reinging, mußteman glauben,erhabewaszusagenundnicht nur persönlichenEhrgeizkleinenStils. Jchwerdeniebegreifen,wie das Beschwichtigen,Vertuschen,BeredenEinemVergnügenmachenkann.Ein traurigesHandwerk.EineSache mußman wollen, nicht sich.Er aberist selig,wenn errechtvieleVerträgein denArchioen sammelnundin denZei- tungenlesen kann, Deutschlands Weltmacht seiabermals gewachsen.Man sollte glauben:nourri dans le stårail ilenconnait lesdtåtours Keine Spur; ungetrübteJünglingssreudeanAllem,wasnach»Errungenschaft«

aussieht. Einstweilenloben die Leuteihn; also haterRecht.Undwenn er übermorgeneinenanderenWeg geht,wirderwiedergelobt.DieDeutschen sind nochimmerguteLeut’ undbringensalsEinzelneweit. Hier aber,in derBiberrepublik, fand unser Dichter ja wohldasEpigramm:

Diesem Amboß vergleich’ichdasLand,denHammerdemHerrscher UnddemVolkedasBlech,dasinderMittesichkrümmt.

Wehedemarmen Blech,wenn nur willkürlicheSchläge

Ungewiß treffenundniefertigderKesselerscheint.

....Unagondola!JchhabemirVerrocchiosColleoniangesehen.Dieser gewissenlose,nichtmalanErfolgen allzu reicheEondottiere hattesichernicht

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solcheHaltung,nicht dieseftaatsmännischeRuheindenZügen.Wahrschein- lichTroupiergewöhnlichenSchlages.Wer willvoraussagen«inwelcherGe- staltEinervondenFührendenin derVisionder Völkerfortlebenwird?

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Die sie

BeiTisch heutedieheiterste Stimmung, trotzdemmitdemEssen hier nichtvielStaat zumachen ist.Wirwaren Allegeladenundsaßenlange.

DerFürst,dervorherdieGiudeceadurchstreifthatte, stachmitblankenWitz- worten um sich,daßeseineLustwar. DieältestenAnekdotenwurden belacht undderChef,dersichselbst sonst nichtzurScheibe hergiebt, amusirte sich, alserbeim Eisgenecktwurde: oberdennwirklichausGranita beißenwolle.

SchließlichkamdasGesprächaufdieGeschichtederStadt. Woran die RepublikVenedigeigentlichzu Grundegegangen sei.An denShylocks, sagte Einer; durchDieseiendieAutonio, Bassanio, Grazianoruinirt worden.

Daswarnichtganzernst gemeint.DiemeistenStimmen erklärtensichfür dieAnsicht,dieRepublik habe fürdieStärkung ihrer Wehrmacht nichtgenug gethan.EinVolk, dessenHandelsolchenUmfangangenommen hatte,das einengroßenTheildesGüteraustauscheszwischenOrient undOeeidentver- mittelteunddasBild desgeflügeltenLöwen über die Meeretrug, mußtesich zuWasserundzuLandesowaffnen, daßesdemstärkstenGegnertrotzen konnte.

VenedigaberwurdemitseinenfünfundneunzigGaleerenvonGenua ge- schlagen,blieb, selbstin derZeit seinesüppigstenwirthschastlichenGedeihens, fastimmerfo schwach,daßessichkaum der Barbaresken erwehren konnte, und wäreschonvielfrühervonseinerHöhegesunken,wenn essichnicht durch einkluges System wechselnderVerträgegehalten hätte.Ueberall suchteund fanddieRepublikBundesgenossen:imKirchenstaat,inFrankreich, Spanien, Oesterreich,Polen,Rußland, heute da,morgen dortundübermorgenbeim Feindvonvorgestern. DiesealtenDogenundNobili, sagtederChef, waren RealpolitikerinunseremSinn;wennsie besserfürihre Flotte gesorgt hätten, wärensieziemlichunangreisbar gewesen.Mirscheint,warfichein, daßvon all den vielenVerträgenihnen dochnur diegenützthaben,diefüreinen be- stimmten AugenblickszweckzweiharmonirendeJnteressenzusammenbanden, unddaßdiekünstlichgeschaffeneRepublikamEndedasSchicksalallerWelt- händlerstaatenerlitt,dievondenanderPeripherie unvermeidlichenSchwank- ungenimLebenscentrumerschüttertwerden...Abendserhielt icheineChiff- rirarbeit,bei derichumdenSonnenuntergangkam. Obichmeiner Karriere heute genützthabe?DeralteChlodwig hatte Recht:immereinenschwarzen

-RockanhabenunddenMund halten,wennmaninPreußenvorwärts will.

J

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WoliegtRom? 505

Wo liegtRom?

WoliegtdasRom derersten Päpste?ZwischenderStadt Ephesus

«undihrem Hafen: sobeantwortet Dr.H.Lisko dievon ihm selbst aufgeworfeneFrage. JndemmerkwürdigenBuche »Roma Peregrina«(Berlin,.

F.Schneider83Co·1901) konstruirterdieKirchengeschichtedererstenbeiden

Jahrhunderteinfolgender Weise. ,

DerMittelpunktderkleinasiatischen,ja,derganzenChristenheitwar imnachapostolischenZeitalter Ephesus.Daß Johannes hier seine Residenz aufgeschlagenundals Patriarchder kleinasiatischenKirchengewaltet hat, wirdallgemein anerkannt;unddaß PaulusdreiJahre daselbstgeweilt hat, erzähltdieApostelgeschichte.Noch heutewird ein alter Thurmaufdem Gehügel zwischenderStadt unddemHafendasGefängnißdesPaulus genannt. Jn derThat hat Paulus,wenn auch nicht geradeindiesem Thurme, so dochindemRömerkastell,dasaufdenHügeln stand, gefangen gesessen.DaßerinLebensgefahrgeschwebthat, lassen seine späteretwas tendenziösüberarbeitetenBrieseandieKorinther nocherkennen,Erhabe beisichselbstschondasTodesurtheilübersich gesprochengehabt, schreibter imzweiten (l,9); erhabemitwildenThieren gekämpft,imersten(15,32).

Eristnämlich wegen derSammlung,dieerfürdiearmen palästinensischen Glaubensgenossenveranstaltete, verhaftetunderstwiederfreigelassenwerden, nachdemeraus einemThierkampfinderArena unversehrt hervorgegangen war. Jndieser Zeit haterdieGefangenschaftbriefegeschrieben:die Briefe andieEphesier,dieKolosser,diePhilipper,an Philemonunddenzweiten Timotheusbrief »so weiter echt ist«.Auf denHandschriften dieserBriefe steht dieBemerkung:wurde inRomgeschrieben.EineCitadelle wird oft robur genannt und diesesWort ließ sich griechischmitsähst-awiedergeben.

Auchkann dierömischeKolonie,diesich zwischenderGriechenstadtund demHafen angesiedelthatte,Rom genanntworden sein.UnddaRom durch seine Staatsgewalt aufallenPunktendesdamaligenorbis terrarum gegenwärtigwar, magesBrauch gewesensein,denNamenaufdiewichtigsten- Verivaltungcentrenzuübertragen;hat doch späterArelat dasgallischeund·

Konstantinopeldas neue Rom geheißen.EineMünze zeigtdieGöttin Roma, die eineDianenstatue hält,mitderJnschrift:åcpssiwsähst-»Wir habenuns alsoinvielenderFälle,woaltchristlicheUrkunden Romnennen;

das ephesischezu denken. Hier, nichtimitalischenRom,hat Johannes sein Mariyrium bestanden (die Legendeläßt ihnzu RominsiedendesOelgetaucht werden) undvon hier isterdannnach Patmosin dieVerbannunggegangen.

Vonhier sinddiebeiden HirtenschreibendesClemens,der denBeinamen Romanus führt,andieKorintherergangen, seies,daßDiese sichmit derBitte

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um Schlichtung ihrerWirkennachEphesus gewandt hatten, seies,daßdas ephesischeRomaus jenerMachtvollkommenheiteingegriffenhat,dieihm seine Apostel verliehen.Denn auch Petrus,derdrittgrößteApostel, hat hierge- weiltundvon diesem »Babylon«aus seinen ersten Brief geschrieben.Der JohannesschülerJgnatius,Bischofvon Antiochia,wurde vonTrajanver- urtheilt,nachRomtransportirt unddortzur ErgötzungdesVolkes ein FraßderBestienzuwerden. Auf derReise nachRom richteteeransechs Gemeinden (an dieEphesier, Magnesier,Trallier, Römer,Philadelphier, Smyrnäer,lautendieUeberschriften)undanPolykarpdiesieben Schreiben, dieuns erhalten sind.Auch hier istmitRom dasephesischegemeint,und dadieGriechenstadtunddieRömerstadtjede ihre besondereChristengemeinde hatten, so darfman sich nichtdarüber wundern,daßderMärtyrer außer demBriefeandieEphesieraucheinenandieephesischenRömergeschrieben hat.(Dagegen scheintzustreiten, daßnachdem,,Martyrium«desJgnatius Trajaninseinem Urtheil Tuchrhp quyv Trost-zuspricht;aber Lisko magwohl das»große«füreinspäteresEinschiebselhalten)·

«Wenn nun von denBischöfendieser hochangesehenenGemeindein gleichzeitigenUrkunden undSchriftengar nichtsverlautet, soerklärtsich Dasdaraus, daßihreNamenindasVerzeichnißderBischöfedesitalischen Roms eingeschmuggeltworden sind. DiesesVerzeichnißnennt nachdenersten KirchenhäupternPetrusundPaulus alsVorsteherderrömischen"Gemeinde:

Linus,Anenkletus,Clemens,Euaristus,Alexander, thtus, Telesphorus, Hyginus, Pius,Anizet,Soter, Eleutherus, Viktor, Zephyrinus, Kallistus.

DieerstenZwölfwaren BischöfederephesischenRömergemeinde.Die Namen dergleichzeitigenVorsteherder italischen Römergemeindesind unbekannt.

WieinEphesuseinechristlicheRömerkolonie,so gabesinRomeinechrist- licheKolonievonFremden, besondersvonOrientalen, die mitihrer geistlichen Metropole Ephesusinlebhaftem Verkehr standen.DieseRoma Peregrina hatdieephesischeGemeindegebeten,ihreinenGeistlichenzuschicken,derfür siedieGlaubensgeheimnissenachderSitte ihrer Heimathverwalte. Zuletzt siedelteeinephesischerBischof,Viktor,nachRom über,um dorteinkirch- lichesWeltteichzugründen,undwurdeaus einemephesischenVilar für die römischePeregrinengemeindeBischofvonRom;dieangesehenstenKirchen- häupter,wieJrenäus,mißbilligtendiese UebertragungdesPrimates.

DieinsolchemUnternehmenhervorbrechendeTendenzwar schon lange von derKleriseidesephesischenRoms gehegtworden. DieJohannesjünger, die dengreifen Apostel beherrschtenundnach seinemTodedieephesischeGe- meinderegirten, fälschtendenechtapostolischenGeistundbrachtendaspauli:

nischeChristenthuminVergessenheit,indemsiemitdergriechischenPhilosophie undihrer Erbitt,derGnosis,Fühlung suchten,aberaucheinneues Gesetz

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WoliegtRom? 507

aufrichtetenundnachweltlicherMachtundPracht strebten. AusdemKreise so gearteter Johannesjüngeristdasvierte Evangelium, wahrscheinlichein Werk desPresbyters«Johannes,hervorgegangen;MännerdiesesKreises haben densynoptischenEvangelien,derApostelgeschichte,denpaulinischenBriefen durch tendenziöseUeberarbeitungdieGestalt gegeben,indersieuns heute vorliegen·Dasechte paulinischeChristenthumwurde ineinemkleinenKreise von EingeweihtenalsGeheimlehrefortgepflanzt,bisinsMittelalter hinein·

So hatderdenapostolischenVäternbeigezählteVerfasserdesBuches,das derHirtdesHermasgenanntwird, in dunklen Bildern undmitsinnreichen AnspielungendieGeschichtederUnterdrückungdesechtenChristenthumesdurch dieersten römisch-ephesischenPäpstebiszumJahre139erzähltunddurch MahnungzurBußezuretten gesucht,was zuretten war. Auchdie Märtyrerakten sindvoll solcherAnspielungen. Wenn Cäcilia ihrem Verlobten Valerian dasGeheimnißanvertraut, daß sieeinenEngel habe, derihrenLeibbewacheundJeden zerschmetternwerde, dersiezuberühren wage,sobedeutetDieses, daßdierömischenPäpstedieGeschichteihrer Kirche gefälschthabenund daß ihnderenZornvernichtenwerde,wenn ihn seine Wahrheitliebe(diesei mitderLiebe zu Cäciliengemeint)über dieGrenzen schweigenderVerehrungdesGeheimnisses hinauszum offenen Bekenntniß treibensollte.EinenVersuchzurWiederherstellungderechten Kirche machte imAnfangdesdritten JahrhundertsHippolytus,derbisher füreinenin Rom residirendenGegenbischofdesPapstes Kallistus gehaltenwordenist;

erverlegtedenSitzdesPeregrincnbischofsnach Ephesus zurückundrichtete dortdasapostolischePatriarchat wieder auf. Nach diesesMannes Todeist keinsolcherVersuchmehrgemachtworden-

Wasvon diesemmiteinemunglaublichenAufwandevonGelehrsam- keit undScharfsinn errichteten kühnenHypothesenbau,indemimmerein VielleichtundWahrscheinlichdasanderestützt,sichalshaltbar erweist-, haben dieFachgelehrtenzuuntersuchen.Dem Verfasserdürfteesaberauch nicht ganzgleichgiltigsein,zuerfahren,wieseinhochinteressantesBuch aufeinen schlichtenBibelleserwirkt, der dieKirchengeschichteder erstendreiJahr- hundertenur oberflächlichundvonihrenQuellen sehr wenigkennt. Manches klingtmirplausibel;zumBeispielder Beweis dafür, daß Hippolhtusin Ephesusresidirthatundderbisherunter demNamen Ambrosiusbekannte äp-soZ-.(j)zrr«;desOrigenes gewesenist, scheintmirüberzeugend,obwohlman inderRealencyklopädievonHerzogundPlitt(6,l42;ichhabe freilichnur diezweite Ausgabevon1880) liest: »DieauseinemMißverständnißent- sprungene Behauptung, daßerseinenSitzimOrient gehabt habe,kommt nicht mehrinFrage«,iundHasederselben Meinung ist.Uebrigenswarnt dergründlicheundehrlicheJosef Langen,deralsAltkatholikwenigstenskein

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demPapstthum günstigesVorurtheil hegte,inseinerGeschichtederrömischen Kirche wiederholtdavor, demHippolytusAlles zuglauben,waservonseinen römischenGegnern erzählt. AlsoDasundmanchesAndereläßt sich hören.

Aberdie meistenKonstruktionenLiskoskommen mirallzu künstlichvor. So, wenn erimPastordesHermasausanklingendenodersynonymenWorten dieNamen desrömischenBischofoerzeichnissesherausliest,zumBeispiel:auf densiebentenVorsteher, Alexander, weisedas indembetreffendenAbschnitt öftervorkommendeWort ydsoghin;dennDas bedeuteursprünglich,ebenso wieAlexander, AbwehroderVerscheuchung.Nochgezwungenererscheintdie mehrmalige DoppeldeutungvonAllegorien.Wenn ineiner Parabeldes Pastorgesagtwird, derHerrdesAckers bedeuteGottdenVater,so sagt Liskoweiter: undGottderVater bedeutet denApostel Johannes. Wenn Tertullian inderSchrift DePallio dieSittenverderbnißseinerZeitunter denBildern der inWeiberkleidern gehülltenHelden HerkulesundAchilles geißelt,sosiehtLiskonoch tieferundentdecktdiedurchRom verdorbene ephesinischeKircheunter derHülle.WennHippolthsdieThiereder danieli- schenVisionenalsdievierWeltreichederBabylonier, Perser, Makedonier,·

Römer deutet,so sind nach.Liskomitdreien davondiePäpste Eleutherus, Zephyrinus, Kallistus gemeint. Sehr unwahrscheinlichist, daßdasGe- heimnißvon derJdentitätRoms mitEphesus so streng gewahrtworden sein soll.Warum hatTertullian dieUebersiedelungdesKirchenregimentes vonEphesus nachRom,»diedamals dieHerzenallerChristeninBewegung undSpannung hielt«,mit keinemSterbenswörtchenerwähnt?Liskoant- wortet: »Noch standendieChristenals eineverschwindendeMinorität der übrrwältigendenMajoritätdesHeidenthumes gegenüber.Noch standen sie täglichinGefahr,daßerneute Verfolgungenübersieverhängtwürden;da würdeeseinVerrathan derallgemeinenSachedesChristenthumes gewesen sein, hätteeiner derchristlichenSchriftstellereswagenwollen,vondenim Innern desChristenthumesvor sichgehenan Kämpfen nach außen deutliche Kundezugeben«.Aber Tertullian ist dochzu denMontanistenübergegangen, dieeineoffenkundigeSpaltung verursachtenund dieorthodoxeKirchebe- kämpften;waskonnteihndazurückhalten,auchvoneinemStreit zusprechen, dersoungefährlichverlies, daß ihn erstLiskowieder entdeckthat?Haben sichdoch überhauptdieChristen jener Zeit nicht gescheut,ihre Streitigkeiten öffentlichzuverhandeln,wieebenTertullian selbstund auchHippolytus.

Wenn DieserdieübrigenVergehungenseiner römischenGegner erzähltund rügt;warum soller geradedieverschwiegenhaben,dieihm nachLiskos Ansicht soverhängnißvollerschienensein muß:dieUsurpationdesderephe- sischenKirche gebührendenPrimates?

Das Erstaunlichsteaberbleibt,daß HippolytdiespätereEntwickelung

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