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Die Zukunft, 8. März, Bd. 38.

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Academic year: 2022

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Wie Zukunft

Typus-— '-

Berlin, den 8.März «t902.

sd st» r s

Die Journalisten.

Herrn Herman Ridder, ChefredakteurderNew-YorkerStaatszeitung,

. New-YorkU.S.A.ParkRow.

Sehr geehrterHerr,

WansendodergarzwölfhundertZeitungschreiberwaren am sechsund-

«

zwanzigsten FebruarabendmitIhnenzufestlichcmMahlevereint.

Siewaren derWirth.SiehattendenPrunksaaldesAstorhotelsin eine Riesenlaube gewandelt,Deckenunleände mit Rosen,Lilien undgrünem Gerankbekleidet,denblühenden,duftend.enRaummitdempreußischenAdler, dem Sternenbanner und derdeutschenFlagge geschmücktunddieschönstenund reichstenFrauenderIhnenzurHeimath gewordenenStadt aufdieGalerien geladen.Dasthaten Sie,weilSie,alsRepräsentantdergrößtendeutschen Zeitung Amerikas, sich verpflichtetfühlten,demBruder desDeutschen Kaisers »eineEhrezuerweisen«.Sosagten Sie;undPrinzHeinrichvon Preußen widersprachnicht, rief Ihnen nichtzu,wenn einHohenzollernsich vonZeitungmachern bewirthen lasse,werdenichtihm, sondernderPresse eineEhre erwiesen.Nein: erdankteIhrer Gastlichkeitmitartigster Rhe- torik.Zwarnannte erinräthselhaftenWendungen»dasZusammenseinein ganzvertrauliches«undwünschte,dieTafelreden möchten-»öffentlic)nicht ausgebeutetwerden« ; zwarverglicherinnichtminder dunklenSätzendie WirkungderPressedersubmarinerMinen,»dieinvielenFällenwideralles Erwarten losgehen«,dieman abernichtzubeachtenbrauche,wie Admiral Farragut1864imHafenvonMobilegelehrt habe.DochdiePresseistihm

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»eineMacht,dienichtvernachlässigtwerdendarf.«SeinBruderhatdem Ab- reisenden gerathen, sich »stetszuvergegenwärtigen,daßPreßleutein den VereinigtenStaaten beinahemit meinen Komm-andirenden Generalenran- gircn.«Und derPrinz hatSieundIhre Kollegenaufgefordert, »dieaus- gestreckteHand«desDeutschenKaiserszuergreifen, hat Ihnen alsoeinen Freundschaftbundinterpares angetragen.HöhereEhre hatdiePressenoch nie, nochinkeinem Lande erlebt.EinKaiser,derstolzeVertretereiner Groß- macht,wirbtdurchdenMundseinesBrudersumJhreFreundschaft.Wenn SiedieAbsichthatten,-dasPrestigederamerikanischenPressebeiden Welten inhellsterBeleuchtungzuzeigen,dannhabenSie dasGeld,das diesesüppige Gastmahlgekostethaben muß,sichernicht nutzlosverschwendet(

AußerdemPrinzenundJhnen sprachendreiangloamerikanischeRedak- teure. Jch nehmean,daßSieeinzelnederaus Deutschlandübers Meer geschicktenJournalisten eingeladen hatten.RedendurfteKeinervonihnen, wolltevielleichtauchKeiner. Washätteerzusagenvermocht? Schiichtern nur wäre das WortaufdesBebendenLippegetreten;dieHand,die dasGlas heben sollte, hättegezittert. DaßeseinedeutschePressegiebt,wardwährend diesesFestes derZeitungschreibernichterwähnt.DerVertreter desDeutschen KaisersbittetamerikanischeJournalisten,dieausgestreckte,»ungepanzerte«

Freundeshandzuergreifen.BeisolcherBerbrüderungzweierGroßmächte hat diedeutschePresse nichtszuthun.Oderdoch: sie darf durchhymnische Berichtein derHeimathStimmung machen, Animirdienste leistenunddie vonenglischenAgenturen geliefertenDepeschenbeschwatzen.Nursoll sie sich nichteinbilden, daßmansiebraucht,umdieberühmten»gutenBeziehungen«

zufremdenMächtenherzustellen.Solchem unsinnigen Wahn giebt sie sich auch wirklichnicht hin.SiekenntihreRolle undist zufrieden,wennihre Reporter irgendwo unterkriechenundnachhermelden können:Jchwarmit dabei.Sierenommirt zwar gern mitihrer Macht,glaubtaberselbst nicht daran und findetganz natürlich, daßeinPrinzvon Preußen wohlmit amerikanischemabernichtmitdeutschenJournalisten Toaste tauschenkann.

Siezweifeln?...Jch hoffe,Sieüberzeugenzu können.

DerGedanke,ein demKönigshausAngehörigerkönne derEinladung zu einemvon Preßleuten bezahltenDiner folgen, scheintuns hier nicht weniger abenteuerlichalsetwaderWunsch,einePrinzessinineinerDienst- mädchenversammlungreferiren zuhören.KeinMinister,keinOberpräsident, kein General betritt zugeselligemVerkehreinesJournalisten oderZeitung- verlegersHaus.DerVereinBerliner Presse giebtinjedemJahreinen

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DieJournalisten. 383 öffentlichenBall; dahinkommenWürdenträger,diesichschwachfühlenund vondergroßenBabylonierinHilfein diskretenAngelegenheitenerhoffen;

abersie bringen,wie zumBesuchverrufenerHäuser,ihre Frauen nichtmit.

Unddie ganzeSippe jauchztdannamnächstenMorgen: Drei, vier, fünf ExeellenzenhabendasFestderPressemitihrerGegenwart beehrt!Statt dieseLeute,dieselten interessant,meistnichteinmalamusantsind,genauwie andere BallgästezubehandelnundbeisolchemAnlaß wenigstens sichzu demokratischenGrundsätzenzubekennen, läßtman dieMandarinen feierlich empfangenundgiebt ihnenein paar imGesindedienstbewährte»Kollegen«

mitauf denWeg durchdenSaal. DieDutzendexcellenzenwerdenangestarrt wieWunderthierezwenn sieirgendwo Platzzunehmen geruhen,bildetsich ringsumsieeinandächtiggaffenderKreis; undjedesarmeWort,dassie fallen lassen,wirdsubmissest fürs Morgenblatt aufgehoben.Seiteinigen Jahren werdendieZeitungschreiber,diekeinesMangelsanguterGesinnungverdächtig sind, manchmalzuMassenempfängenderMinister geladen; natürlichauch ohneihreFrauen.Statt sichdaalsGästezufühlen,alsGentlemenunddem HausherrnanRangundReputation Gleiche,schnüffelnsiealsReporter durch dieReihenunderzählen,imToneinesLohndieners,der zumerstenMalin einemherrschaftlichenHauseservirt hat, auf HolzpapierdannderKundschaft, wie überjedenBegriffgroßartigesgesternwarund namentlich was cszuessen,waszutrinkengab· Im Ernst: solcheLobhudeleien,solcheQuittun- genfür SpeiseundTrankkönnen Sienachjeder Preßsütterunginunseren größtenZeitungen lesen.Diearmen Kerlekönnensichgarnicht vorstellen, manhabe sie ihres persönlichenWertheswegen,um netteGästebeisichzu haben,zugelassen;wersieeinerEinladung würdigt,mußvonihnenEtwas wollenundsiewürdenfürchten,ihre Pflichtzuversäumen,wenn sie nicht mindestensfürdasHausdesWirthesReklamemachten:»Dasneue Mo- biliarzeugtevonvornehmstem Geschmack«.»Die Bewirthung warwieder höchstopulent.«,,DerChampagnerfloßinStrömen.«,,Währendmansichoben anAustern,Caviar,HutnmerundanderenDelikatessenderSaison erfreuen konnte,wurdenuntenSüßigkeitenundFrüchteerlesensterArtherumgereicht.« JstdieFütterung vorbei, so kehrtAlleswieder zuraltenOrdnung. Der Journalist,derwissenwill,wasvorgeht, läuftinsNachrichtenbureaudes AuswärtigenAmtesund läßt sichvoneinemGeheimrath,derselbstnichts weißoderdochvonseinerWissenschaftnichts sagendarf, erleuchten; biszum Minister, StaatssekretärodergarKanzler dringen auchdieAuserwählten nur seltenvor. Und derHofistdenJournalisten einstweilennochganz ge-

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sperrt.NurdieZuverlässigstendürfenmitunter einemBall,einerCour, einemOrdenskapitelausverstecktem,engenKäfig zusehen.DerKaiserliebt dieZeitungschreibernicht;erhateinmalgesagt: »DiesämmtlichenHunger- kandidaten, namentlichdieHerrenJournalisten, sind verkommeneGymua- siasten:DasisteineGefahr füruns.«Undauchaus späterenJahren sind ähnlicheUrtheilebekannt.Erhat französische,englische,amerikanischeJour- nalisten empfangen;nie einendeutschen.WennderKaiser redet, darfkein Zeitungmann mehr zuhören.Erhateinem Komoedianten seinReiterbild geschenktund,inErinnerunganeinWort deswallensteinischenKürassiers, unterdiePserdesüßegeschrieben:»Ich schau’herabvonmeinem Thier auf dasGehudelunter mir!« DasGehudelda unten: Das sinddieHunger- kandidaten,die verkommenenGymnasiasten,diePreßbengel.UndSie können sichdenken,daßsolchesUrtheildaskleinerer Götterfärbt. Jn offenerReichs- tagssitzung hateinStaatssekretärvondem»0nusdesVerkehrsmitder Presse«gesprochenundvon denLeiterngroßerBlätter gesagt,erhabe sie

»hinbestellt«,zusich»kommenlassen«;undinStraßburg hateben erst ein durch überflüssigenMangelanhumanistischerBildungberühmtgewordcner Ministeröffentlichdie,,feile Presse«angefauchtundihren Vertretern,wie einerRekrutenkorporalschaft,zugeheischt,sie mögensich,umihn nichtwieder

mißzuverstehen,»künftigbessereOhren anschaffen.«DieseLeutesind nicht etwaanRousseausWortvondenCommis,die sichanmaßen,denStaat zu regiren, gemahntundvon allenauf Selbstachtung haltendenJournalisten fortan gemiedenworden, nein:diePresse hat sie auch nachdemSchimpf nochüber den Kleegelobt.Warum nicht?Hundesindwirja doch; undnach denFußtrittengiebts wohlwiedermal einStückchenZucker.

SoistimLande derDichterundDenker dieStellungderPresse.

Tausend Beispielekönnten Sietäglichlehren,wieJeder hier, nichtnurdie Mandarinenschast,daanstitutund dessenDiener verachtet.Ein steinreicher Mann,demnichtsUnehrenhaftesnachgewiesenistunddergemeinnützigen ZweckengroßeSummen zugewandt hat,HerrMosse, möchteseit Jahren StadtrathwerdenundohneSold fürdie Kommune arbeiten; seinePartei- genossenwagennicht,ihnzuwählen,weilerZeitungverleger ist.Einnoch vielmächtigererPreßindustrieller,HerrScherl, schickteinenjournalistisch angewandten verabschiedetenOffizicralsReporterzuJhnen hinüber,weil ersichsagt,dieserHerrwerdemehr sehenundbesserbehandeltwerden alsein fürdieAufgabetauglichererMannausdemGehudel;unddieRechnungcr-

-

weist sichalsrichtig:derHauptmanna.D. wirdwie einKavalier behandelt

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undvomPrinzen sogarkordialerAnsprachengewürdigt,derenInhalt dann, wie eineHeilsbotschaft,nachBerlingekabeltwird.EinTitularprofessor,Herr Meyer,der leidlicheZeitungartilelzu einem dickenBandevereint,überunzählige Bücher,dieernicht kennt, Urtheile gefällt,KlatschgeschichtenundNotizen- zettel zusammengeklebtundaus Anderer SchmäuseneinRagout gemacht hat,darf sich erdreisten,überMauthners prachtvolles Empörerbuchgegen denWortaberglauben,dasdiegroßenundkleinenMeyer nebstder ganzen geschäftigenSchererschuleüberlebenwird,zuschreiben:vielseija nichtdran, für einenJournalistenaberseiesimmerhin eineachtbareLeistung;dieThat- sachc, daßHerrFritzMauthner nichtnur »Xanthippe«und anderestarke Poetensatiren,sondern auch Journalartikel geschriebenhat, genügtdem Schnellkritiker,um sichüber denKritisirten unendlich erhabenzufühlen.

NichtalsodereigentlicheJournalistnur,derflinkNachrichtenherbeischleppt und in der Redaktion mitFeder,Scheere undPinsel frohndet,wirdgeringge- schätzt,nein:Jeder,dermitdemZeitungwesenzuthun hat;undesist so weitgekommen,daßdieanrüchigeStandesbezeichnungamLiebstenvermieden wirdundLeute,dievonStaatsrechtundpolitischerOekonomiekeineAhnung haben,sich schamhaftund stolz zugleichPublizistennennen. Aberauch sie sind gewöhnlichzumtiefstenBücklingbereit,wenneinGroßkapitalistoder einStaatswürdenträgerwinkt. UnvergeßlichwirdmirstetsderGesichts- ausdruckeinesHerrn bleiben,derathemlos herbeigeeiltwar,umzuberich- ten, einMinister,einleibhaftiger, aktiver, habedenWunsch geäußert,mich kennenzulernen,undderalseinzigeAntwort eine Karte erhielt, aufder meineWohnungundSprechstunde verzeichnetstanden. Genug...Jeder Sachkundige weiß,daß ichkeinZerrbild unserer Zuständegemalt habe.

Undnun besinnenSiedieSätze,dieSieausdemMundedes Prinzen Heinrichhörten.ImNamendesDeutschenKaiserswurdeumIhre Freund- schaftgeworbenundSie wurdenim Rang »beinahe«unserenKommandiren- denGeneralengleichgestellt.Ein Kommandirender Generalistbeiuns der sersteManneinerProvinzundhatNiemand übersichals denhöchstenKriegs- -herrn.Stellen SiesicheinenAugenblickvor,in denVereinigtenStaaten wärediePresse geknechtetundverachtet,dieJournalistenwürdenwienn- sauberesGesindclbehandelt, müßten,wenn siewegeneinespolitischenDe- liktesinsGefängnißgesperrt sind,wie dergemeinsteEinbrechernebendem Abtritt hausen, ihre Zelle scheuern,auseinemselbstmitkaltemWasserge- reinigtenBlechnapf Sträslingstost essen, undeinesTageskämeHerr NooseveltalsGastdesKaisers nachDeutschland(ichweiß,daßersalsPrä-

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sident nicht darf)undsprächealsozudeutschenZeitungschreibern:Ichbin hocherfreut,meineHerren,anIhrem Tisch sitzenzudürfen; ich schätzein Ihnen-eineGroßmacht,umderenFreundschaftichbitte;mirist bekannt, daß IhrRangdemunserer StaatssekretäreundAdmirale gleicht.Waswürden Siethun? Ichbingewiß,Siewürden-undmitIhnen allIhreKollegen—

offeninIhrenBlätternerklären: »Das,HerrPräsident,gehtuns wider dieEhre.WirhabendasIoch getragen,uns geducktundunter Peitschen- hieben nicht gemurrt; aber wirsindnichtschlechterals dieBerufsgenossen drüben und könnennicht,wollennicht schweigen,wennihnen Ehre angethan wird,die dem Ausland alsunserexSchandeerscheinenmuß. Nichtden Ad- miralsrangfordern wir, doch, so lange nicht nachweisbar schmählichesHan- delnunseren Rufbefleckthat, dieAchtung, auf diejederGentleman Anspruch hat.Wirverlangen, Herr Präsident, daßSie, so gutwie mitFremden, mitIhrenLandsleuten aneinemTisch sitzen,SpeiseundTrankvonIhnen annehmen und,wenn SieumdieFreundschaftderdeutschenPresse werben, dieExistenzderamerikanischenPresse nichtwie einendunklen Punktin derHeimathgeschichteverschweigen.DiedeutschenIournalisten sindun- sere,wirihre Peers;mitrespektvollsterEntschiedenheitfordern wir, daßsie vondemhöchstenRepräsentantenunseresVaterlandes nicht besserbehandelt werden alswir.VersagenSie, Herr Präsident,sichdieserForderung,dann werdenwirvorfremderSchadenfreude wenigstensunser Ansehenzuwahren wissen.«SoungefährhättenSiegesprochen.Hier...Esist beschämend undmuß dochgesagtsein: hier hatman sichgestellt,alsseiin demGastbe- suchundinderTafelrededesPrinzenHeinricheineAuszeichnung,eine Ver- herrlichungdergesammtenPreßmachtzusehen.Ein paar dünneSpäßchen wurden riskirtziMancheT hießes,sei dochdemdeutschenIournalistenzu wünschennoch übrig.Die vielenMajestätprozessezderZeugnißzwang;die Redakteure,diegefesseltdurchdieStraßen marschirenmüssen; die Anwen- dungdesUnfugsparagraphen auf literarische Leistungen;mitKommun- direndenGeneralen springeman soimAllgemeinen nichtum. Aber...

Immerhin...Eswar einegroßartigeSacheundbleibt»ein Markstein in derGeschichtederPublizistik«. Herr Dernburg, der,wie alte Weiber dasHüftwchundGliederreißen,imTageblattdiepolitischenEreignissebe- spricht(auchdassUnzulänglichewird demnett aus schlechtemGedächt- niß plaudernden Herrn häufigzumEreigniß)rief jubelndaus: ,,DiePresse istbündnißfähiggeworden!DerKaiser hatdemganzenVorgangdenTipfel aufdasI gesetzt!«Underpriesmit derschönenBegeisterungeinesfast

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DieJournalisten. 387 Siebenzigjährigen,deram Ende nochzumProfessorernannt, also auf dieRangstufeeinesbewährtenOberlehrers erhöhtwerdenkann, sämmt- liche HohenzollernkaiserunddenPrinzenHeinrichdazu. Selbst dieser wohlhabende,gebildeteMann, dessensozialeStellungder anderer Journa- listen nicht vergleichbar ist, hat sichsoin dieKuliresignationeingewöhnt,daß erdietiefe Demüthigung seinesStandes garnicht mehrempfindet.Man sollte meinen,derSinn des»Ereignisses«sei nicht mißzuverstehen.Von amerikanischemnichtabervondeutschenZeitungmachernkann einPreußen- prinz sicheinladen lassen;dieamerikanischenpublishersundreporters behandelterwieExeell.enzen,diedeutschenhältersichdreiSchrittvomLeibe.

Thut nichts:man mußdemKundenkreis denGlauben aufzuschwatzenver- suchen,derKaiser habenallenJournalistendenRangKommandirender Generalezuerkannt.DasistdieWanzenstrategie,dieLassalleentstehensah, alservorfastvierzig JahreninSolingen sagte,zureinzigen Waffe seider modernen Presse dieFähigkeitgeworden, »täglichzulügen,inreinen,puren Thatfachen, Thatsachenzuersinden, ThatsacheninihrGegentheilzu ent- stellen««.SeitdemistdiedamalsnochjungeTaktikzureiferVollendunggediehen.

Jch kenneJhrePressenicht.SiestehthierinschlechtemRufund wird derkeuschenTugend unserer ZeilenfchreiberstetsalseinSchreckbildkapita- listischerKorruptionandieSeitegestellt.MirfehltdieVergleichsmöglichkeit;

ich weißnichteinmal,obauch beiJhnenderjournalistischeArbeiternuraus

derHandeinesallmächtigschaltendenVerlegers seinWerkzeugerhalten kann, unter derDrohung des Lohnverlustesnur schreibendarf,wasderBrotherr zuschreibenerlaubt. JneinemLandesorascherundriesiger Kapitalshäufung kann diesittlicheGesundheitderPresse nicht unangetastetbleiben. Zu stark«

ist fürdenEinzelnen,der unter Prassern vielleichtdarben muß,die Ver- lockung, seine Feder auchimpersönlichstenKampfumsDaseinalsWaffe zubrauchen,zubequemderWegvonderPressezu denfeinsten,kriminellnicht faßbarenFormen derErpressung,alsdaßsolcheBetriebevonschlimmenUebel- ständenverschontbleiben könnten.HiersprichtmanmiteinemausBewunde- rung undAbscheugemischtenStaunen voneinemBörsenjournalisten,der,als einBankdirektorihm zweibräunlicheTausendmarkscheinegeschickthatte,anden bestechendenHerrnschrieb: »Sie sind gesternmitzweiBraunenbeimirvor- gefahren;demLeiter einesso großenInstitutes hätteichzugetraut, daßer vierspännigfährt.«UnddieGeschichtedeserstenKrachabschniiteshatge- lehrt,mit wiegeringem GeldaufwandbeiunsdesRedcnsundSchweigens Gunstzuerkaufcn ist.BeiJhnennahtschwindligenGewifsenderVersucher

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wohlmitstärkerenKünstenzdochwederdiesseitsnochjenseitsvomWeltmeer kommt eingoldenerEselimmeransZiel.JhreJournalistensindvielbesser bezahlt,gegen dieJntoxikationalsoimmuner,als diearme teutonischeEin- faltträumt. JedenfallsaberfehltJhnendasLakaienbewußtsein,dashieralle KräftederPresselähmt.SiefühlensichalsMacht.Sie wollenwirken,wollen, wie des Toledaners harterKönig,IhrenWillenundstemmen sichgegenjeden Versnch,SieinsJochzubeugen.Wenn die MilliardäreSienichtzumPrinzenk dinerladen: schön; dann wirdüberdiesesDiner ebennichtberichtet.Hieristein Feuilletonredakteurin denKellnerfrackgekrochen,umaufeinem abgesperrten BahnhofdemEmpfangsspektakelzusehen,in den BratenrockeinesKirchen- chorsängers,umeinerLeichenfeierbeiwohnenzudürfen.Dasthätendrüben nurwaghalsigeReporter,Pennyzeilenschinder,denen derwirklicheJournalist in weitemBogen ausweicht.Beiuns ist, seitBolzdenfürDruck undPapier sorgendenKapitalisten nicht mehrzurThür hinausjagen darf,dieGrenz- liniczwischenOldendorfundSchmockvölligvermischtworden. Auch Chef- redaiteure lassen sich,wie in einGhetto,in einabgesondertes Preßschiff pferchenundnehmen schmatzendeinCheckbuchhin,dasihnen aufStaats- kostendenungewohnten Sektgenußsichert. Männer,diesichfürLiteratur- kritiker ausgeben,vertreten,anonym,abernicht anodin,inhundertZeitun- gen dieInteressen großerRhederfirmen, Tingeltangel, Fleischextrakt-und Mundwasserfabriken,reimen,gegenbaareBezahlung, TischredenfürBank- analphabeten, forderninGasthäusern,MöbelgeschäftenundBordellen dieGe- währungbilligerPreßpreiseundfind selig,wennihnen,unterderBedingung proniptenReklamedienstes,ein zufreierFahrtundBerpflegungberechtigendes Schiffsbilletgeschenktwird.VonTheaterdirektoren,Malern, Buchhändlern, Buchschreibern,Histrionen,Parfumeuren,GärtnernundPhotographenwird, nachderLehredesunsterblichen Hans Cade,Tributerhoben;undwäre in BerlineinFestwie dasvonIhnen veranstaltete möglich,dannhättesanfter ZwangdenGastwirth dahin gebracht,SpeiseundTrankunter denSelbst- kostenzuliefern. DafürwäreseinHauptfreilichamnächstenMorgenmit LorbergarnirungdenLeserngezeigtworden. Auf solchenSchleichwegenaber wächstnichtdieMachteinesStandes,dersazerdotischerWeihe theilhaftig seinwill.Wer,umeinen KlubderPressezuschaffen,allerleiJobber, »die den ganzenKittbezahlen«,zuMitgliedern kürt, darf sich nicht wundern, wenn erschonvonGeheimenKommerzienräthenüber dieAchselangesehen, vonStaatsanwälten nichtHerrgenanntund vonderrepräsentativhun- gerndenBureaukratie alseinschädlicherSchmarotzer verachtetwird.

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DieJournalisteu. 389

UnddochgiebtesinunsererPresseeinegroßeSchaar anständiger, tüchtiger,talentvoller Menschen.SiefühlendieSchmach, ballendknirschend hundertmalimJahredieFaust...undkeuchenunter desAntreibers Fuchtel weiter. Ilkautvivre, parbleui Undwergegen diekleinen, soharmlosen, so bescheidenenBenefizienimmerwieder denMundaufreißt,wirdeingries- grämigerPhilisterundkindischerTugendboldgescholten.Als obs ein Ver- brechen,eineantisozialeThatwäre, einPrachtwerk,eineMeisterradirung, eineSpieluhr,einenTeppichodereinenKabinenscheinalsGeschenkanzu- nehmen!Manmußsichin dieVerhältnisseschicken.Thutmans,dannstaunt man bald denAufstiegeinesLiteraten an,derTheaterdirektor gewordenist;

dann findetman, um denUnwertheinesZeitungartikelszubezeichnen, keinenwirksamerenAusdruck als das denStand schändendeWort: nurdie Meinungeines Redakteurs stehe dahinter.DasistdasSchlimmste:die Presse verrät-htäglich,daßsie selbstsichalsBerussgenossenschaftnichtachtet.

Und dieVerleger,dieehrbardiePharisäerbrauenhochziehen,wenn einvon ihnenderPeinUeberlassenerschuldigwird, sindzudumm,zuservil,zusehrin diedemüthigeKleinhändlersittedesKundensanges gewöhnt,umzumerken, daßihr Geschäftsprinzipihnen mählichdieMachtausdenHändenzieht.Sie brauchtennur stolzzusein:dann wärensiestark; sie brauchtennur nicht unklugvonihrenLeutenUnwürdigeszufordern:dann könntensieden VolksdienstbotenundStaatscommis dieLinie desVerhaltens vorzeichnen undwären, alsrespektirteGewalthaber,voreinerBehandlung sicher,dieein UnterossizierimachtenDienstjahrnichtmehr ohneBeschwerdeherunterschluckt.

Sie,sehr geehrterHerr,habeneinBeispiel gegeben,dasDankver- dient. Siehaben,alsJournalist,einenPrinzenvonPreußenzuTischge- laden, ihm nicht gesagt,eroderseinBruderseidergrößteMann desJahr- hunderts, sich nichtinzitternder EhrfurchtdieUnterkleider benäßt.Das konntenSie, nicht,weilSieRepublikaner sind,sondern,weilstolzesStandes- bewußtseininJhnenlebt. Lernen diejetztnicht schuldlos Gedemüthigten aus diesemBeispiel,dann wirdeseines schönenTageswieder alseine Ehre gelten, sicheinendeutschenJournalistennennen zudürfen. Auch dannfreilichwirdderZeitungschreiberkeinKommandirender Generalsein.

Wenigen nichtderHerrübervierzigtausendstumm salutirende Menschen;

mehr:nicht-einemKriegsherrnzu blindemGehorsam verpflichtet.

GrüßenSiedrüben dasHandwerkvon Jhrem ergebenen

H. P

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390 DieZukunft Die Reform des Rechtsstudium5.

Wenn

einsteinHistorikerdie Kulturdesneunzehntenunddeszwanzigsten

U Jahrhunderts behandelt, sowirdereinbesonderesKapitelderWerth- schätzungzu widmen haben, welchedieregirendenKreiseder reintheoretischen GeistesarbeitzuTheilwerdenlassen.Für denferner Stehenden spiegeltsich diese WerthschätzunginRangvechältnissenundAuszeichnungenwider;werdie Dinge mehrausderNähe betrachtet, hält sichanKriterien, dieihm seine spezielleBerufsthätigkeitentgegegenbringt;undgehörtzu dieser dasDoziren undExaminiren, sowirdergeneigtsein,ausStudien- undPrüfungordnungen mancherlei Schlüssein derbezeichnetenRichtungzuziehen.Demjuristischen ProfessorinPreußen liegteinesolcheBetrachtungweisesehr nah. Von derälteren Generation seinerKollegen hörterdieerbaulichstenDingeaus derZeit,als vor annäherndvierzig Jahren—- zumerstenMale Theo- retikerinderPrüfungskommissionzwaräußerlichAufnahme,aberauch auf SchrittundTritt dieBehandlung fanden,mitderman Eindringlingenent- gegenzutreten pflegt.DersozumAusdruck kommenden Stimmungderge- reiftenPraktikerentsprachdie dernichtgereiften;undderUnfleißdesStudenten erklärtesichnicht minder ausdentraditionellen AnschauungendesStandes, auf dener sichvorbereitete. Freilich nicht ausschließlichDenn wer das Studium wesentlichalsunmittelbare SchulungfürdiePraxis ansah,mochte sichdaran stoßen,daßderkünftigealtpreußischeoderrheinischeJurist nichts oderdoch fastnichtsvon demRechtlernte, daserdemnächstanzuwenden hatte; dazukamdieNeigungvielerDozenten,dasrömischeRechtinmög- lichstarchaisirenderFormvorzutragenund längstderGeschichteangehörige Justitutein einerWeisezubehandeln,diewohldemJnteressedesForschers, abernichtdemdesAnfängersentsprach.Abermochteman sichdenUnfleiß derStudenten auf dieseoderauf jeneWeise erklären:Thatsacheist jedenfalls, daßerzudenernstestenBefürchtungenAnlaß gabundeineReihe hervor- ragenderDozenten nichtnur zuöffentlichenKlagen, sondern auchzuein- gehenden Reformvorschlägenveranlaßte.Wer dietrübsälige Stimmung kennenlernen will,indersichdieUniversitätkreisenochinderMitte der achtzigerJahre befanden, lesedie überauslehrreicheSchriftvonGoldschmidt,

»RechtsstudiumundPrüfungordnung«(1887).

JniLaufederZeit habensichdieseDinge gründlichgeändert.Die ZahlderProfessorenin denPrüfungskommissionenistverdoppeltworden,ihre BeziehungenzudenausderPraxisentnommenen Mitgliedern sindüberall die bestenundnochvorwenigenWochenhat ProfessorKahl öffentlichausgesprochen, daß derFleißderjungen JuristendeinihrerKommilitonen nicht nachstehe.

Endlich hat sichauchbei denPraltikern namentlich seit Einführungdes

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DieReformdesRechtsstudiums. 391 BürgerlichenGesetzbuches—- dieAnsicht durchgerungen, daßman aufder Universitätnichtnur Etwas lernen kann,sondern auchlernenmuß.

Vor einemwichtigenSchrittindieser Entwickelungstehtderpreußische Juristenstand geradeindiesem Augenblick:eindemLandtagvorgelegterGe- setzentwurfwilldasStudium von sechs auf siebenSemester ausdehnenund denbisher vierjährigenVorbereitungdienstentsprechendabkürzen.DerSache nachbedeutetDasnichtsAnderes alsdieoffizielleAnerkennung, daßdie- LeistungenderUniversitätdenan sie gestelltenAnforderungen genügenund sogarimStande sind,denVorbereitungdienstzumTheilzuersetzen. Die-, Zeit,daman inPreußen juristischeProfessorenundjuristischeFakultäten alsimGrunderecht überflüssigeMenschenundEinrichtungenansah, scheint alsoderVergangenheitangehörenzusollen.

Esist erklärlich,daßderEntwurfbeiderersten Lesungim Ab- geordnetenhauseeinegetheilte Aufnahme fandund daß Erinnerungenaus dereigenen StudentenzeitdieStellungvielerAbgeordneten bewußtoder unbewußtstark beeinflußte,trotzdemministeriellenHinweis aufdieinzwischen eingetretenegründlicheReformderLehrniethode.Wennman allerdingsdas Wesender»neuenMethode«indenpraktischenUebungensieht, so istDas nur biszu einem gewissenGrade richtig. Jch habe mich schonvor an- nähernd zwanzig Jahren inKiel an Pandektenübungenmitschriftlichen Arbeiten betheiligt;unddieältesteAuflagevon Jherings Jurisprudenzdes täglichenLebens, diesolcheUebungenvoraussetzt, istwesentlichälter. Der Unterschiedgegen früher bestehtin dieser Beziehungnur darin, daßdie Uebungenzahlreichersindund dieTheilnahmeanihnenobligatorischist.Viel wesrntlicher kommtderUnterschiedinBetracht,dendieAenderungdesRechts- stoffes selbst hervorgebrachthat. Denn da dieUniversitätdasneue bürger- liche RechtindenMittelpunktdesStudiums stellt, so istderGegensatz zwischendemaufderHochschulegelehrtenunddeminder Praxis ange- wandten Recht weggefallen.Was derStudent jetztlernt,istdasüberall inDeutschlandgeltende Recht;unddaerin derpraktischenAnwendung diesesRechtesgeübtwird, bevorerin diePraxiseintritt,sowürde meiner AuffassungnacheineAbkürzungdesVorbereitungdienstesselbstdannangezeigt sein,wenn man vonderVerlängerungdesStudiums absehenwollte-

Esliegtmirfern,denVorbereitungdiensthier eingehendkritisirenzu wollen. Aber da in denLandtagsberathungendieForderung aufgestelltworden ist, daß jeder ProfessordasAssessorexamengemachthaben solle, so glaube ichmich berechtigt,andieserStelle hervorzuheben,wasviele meinerKollegen aus demReferendariat hinausgetriebenhat.Die Bureauarbeit istesgewiß nicht;undich fürmeinePersonbinüberzeugt,daßderausgebildetePraktiker auchdenGeschäftsbetriebderGerichtsschreibereikennenmuß. Ja, eswäre

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men wieder zurückzunehmen, und es wird nicht, wie gehofft, an die Gewerkschaft RimasMurany übergehen. Die eben genannten huldschinskyschen Hüttenwerke haben die Königliche

vom Charakter der großenApostel und ihrer Schulen in Verwirrung. Döllinger nennt Fichte als den ersten,«der die Kirchengeschichte in die petrinischePeriode

4. Die Hauptsache: Auch Großbritanien hat sich das Recht vorbehalten, beliebig hohe Zuckerzölle auflegen zu dürfen, und es hat sich das Recht gewahrt, das durch die Konvention

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