STAHL IM EISEN
W ZE ITS C H R IF T *'
FÜR D A S D E U T S C H E E IS E N H Ü T T E N W E S E N .
Nr. 21. 27. Mai 1926. 46. Jahrgang.
D ie Entwicklung der deutschen Stahlformguß-Industrie in den letzten 25 Jahren.
Von ®r.=3ng. R. K rie g e r in Düsseldorf-Oberkassel.
(E n tw ic k lu n g des S ta h lw e rk s K rieger. T ech n isch e F o rtsch ritte in der S ta h lfo rm erei, den H erstellungs- u n d V er
gilt ungsverfahren. E rw e iterte S ta h lg u ß verw en d u n g im W eltkriege. M en g e u n d V erteilung nach E rze u g u n g sa rt u n d H erstellungsverfahren. F estig keitse ig en sch a ften u n d ih re Verbesserung du rch V ergüten u n d Legierungszusätze. B e i
spiele fü r V erw endungsm öglichkeiten u n d A n p a ssu n g s fä h ig k e it des S ta h lg u sses.)
A m 26. Juli 1925 waren es 25 Jahre, daß das Stahlwerk Krieger in Düsseldorf-Oberkassel seine erste Schmelzung vergoß1). Ais reine Stahlgießerei begann es seine Tätigkeit und ist bis heute — von der Herstellung von Blöcken bestimmter Sondergüten2) abgesehen — diesem Arbeitsplan treu geblieben. Lag in dieser Einseitigkeit auch eine gewisse Gefahr, der das junge Unternehmen, dessen Betriebseröffnung unglücklicherweise m it dem überraschenden Zu
sammenbruch der Hochkonjunktur um die Jahr
hundertwende zusammenfiel, fast zu erliegen drohte, so führte gerade diese Beschränkung zu einer Ver
einigung aller Kräfte auf das eine Erzeugnis und zwang das Werk in stiller, zäher Arbeit zu einer dauernden Vergrößerung seines Umsatzes und einer stetigen Verbesserung der Güte seiner Lieferungen.
In welchem Umfange das gelungen ist, mögen die folgenden Angaben erhärten. Jedenfalls gibt die E nt
wicklung des Stahlwerks Krieger ein ziemlich ge
treues Spiegelbild der Gesamtentwicklung der deut
schen Stahlformguß-Industrie, so daß es mir ge
stattet sein möge, bei der Schilderung der Fort
schritte, die man auf diesem Gebiete in den letzten 25 Jahren in Deutschland gemacht hat, von der Ge
schichte des Stahlwerks Krieger auszugehen. — Eine solche allgemeine Rückschau hat nicht nur geschichtlichen Wert, sondern schon deshalb eine ge
wisse Berechtigung, weil gerade jetzt die Stahl
gießereien vor ganz neue Aufgaben gestellt sind und man nirgends besser als aus den gewaltigen Fort
schritten der letzten Jahrzehnte die Zuversicht und Gew.ßheit schöpfen kann, daß auch die neuen Auf
gaben ihre Lösung finden werden.
Zunächst sei eine kurze Beschreibung der A n lagen des S ta h lw e rk s K rie g e r gegeben. Abb. 1 zeigt den heutigen Grundriß des Werkes. Die schraf
fierten Gebäude und Gebäudeteile waren bei der In
betriebsetzung vor 25 Jahren vorhanden. Das Fabrik
gelände verlief damals nach der strichpunktierten Linie und umfaßt heute rd. 15 ha. Gießerei und Stahl-
1) S t. u. E . 20 (1900) S. 1 1 8 1 /6 .
2) U . a . B löcke f ü r T ra n s fo r m a to r e n b le c h e a u s 4proz n tig e m S iliz iu n u ta h l m i t e in e r W a ttv e r lu s tz if fe r
von h ö c h s te n s 1,3.
X X I.4
werk, die ursprünglich in einer dreischiffigen Halle von 43 m Breite und 85 m Länge untergebracht waren, be
anspruchen heute zwei dreischiffige Hallen, die je 43 m breit und 185 bzw. 120m lang sind. Die mechanische Werkstatt wurde in dem genannten Zeitraum von 60 auf 165 m Länge ausgebaut, und in ähnlichem Umfange vollzog sich auch die Erweiterung der übrigen Nebenbetriebe. Die Gebäude bedecken jetzt 3,71 ha Grundfläche. 3500 m Normalspur- und 2400 m Schmalspurgleise dienen dem inneren Ver
kehr. Mit einem eigenen kleinen Kraftwerk von ins
gesamt 150 PS wurde der Betrieb eröffnet. Heute bezieht das Unternehmen ausschließlich fremden Strom und benötigt bei einem Anschi ußwert von etwa 1360 PS durchschnittlich 600000 kWst im Monat. Mit etwa 120 Arbeitern und Beamten wurde im Jahre 1900 das Werk in Betrieb gesetzt, 1500 beschäftigt es heute bei guter Wirtschaftslage.
Abb. 2 zeigt die Einzelheiten der Anlagen. Das Stahlwerk, das seinerzeit mit zwei sauren 15-t-Sie- mens-Martin-Oefen seine Tätigkeit aufnahm, um
faßt vier basische Siemens-Martin-Oefen von je 20 bis 25 t und zwei basische Elektroofen (System Heroult-Lindenberg) von je 6 t Inhalt. Eine Klein- bessemer-Anlage wurde wieder abgerissen, nachdem sie ihre Aufgabe als Aushilfsbetrieb in der Uebergangs- zeit, in der die Erzeugung eines Siemens-Martin-Ofens nicht mehr den Stahlbedarf deckte, während der Be
darf für die Erzeugung zweier Oefen noch nicht vor
handen war, eriüllt hatte. Die alte Gaserzeugerhalle wurde niedergelegt und durch eine neuzeitliche An
lage von acht Gaserzeugern mit mechanischer Bunkerbekohlung ersetzt. Jeder Gaserzeuger ver
gast 15 t Nußkohle in der Schicht. Mit der Steigerung der Erzeugung ging man von Handbeschickung zu maschineller Beschickung der Oefen mittels Kranes über und stattete den Schrottplatz entsprechend mit Mulden- und Magnetkranen aus. Da eine weitere Verlängerung der inzwischen auf 185 m ausgebauten alten Gießereihalle aus betriebstechnischen Gründen untunlich war, wurde eine zweite dreischiffige Halle angebaut, die mit den neuzeitlichsten Förderein
richtungen, Konsolkranen usw. versehen ist, und
90698 S ta h l un d Eisen. D ie E n tw ic k lu n g der d eu tsch en S ta h lfo r m g u p -i ^ u ^ .
deren 25 m breites Hauptschiff Laufkrane bis zu 40 t Tragkraft aufzunehmen vermag. Das Form
kastenlager wurde von einer 120 m langen Kranbahn (Spannweite 25 m, Tragkraft = 20 t) überspannt.
Daß mit diesen Erweiterungen die innere Aus
stattung der Formerei durch den Bau neuer Trocken- und Glühöfen und durch das Aufstellen von Form
maschinen neuester Bauart in ähnlicher Weise fort- schritt, und daß der Maschinenpark der mechanischen
und der dabei verwandten Maschinen in allen Einzel
heiten zu schildern. Das ist aus dem Fachschrift tum und aus Einzelveröffentlichungen zur Genüge bekannt und soll deshalb hier nur in großen Zügen zusammengefaßt werden. Der eigentliche Zweck dieser Zeilen ist vielmehr, ein Bild von den Fort
schritten zu geben, die die deutschen Stahlgießereien im letzten Vierteljahrhundert in quantitativer und qualitativer Hinsicht gemacht haben, wobei auch
Z u s ta n d im J a h r e 1900
A b b ild u n g 1. L ag e p la n des S ta h lw e rk s K rie g e r.
1 = Reparaturwerkstatt. 2 = Lager für Ersatzteile. 3 = Lager und Versand (Schreinerei). 4 = Zentrale. 5 = Kesselhaus. 6 = Gaserzeu
geranlage. 7 = Kompressorenanlage. 8 = Lagerschuppen. 9 = Kan
tine. 10 = Verwaltung. 11 = Automobilschuppen. 12 = Schreinerei.
13 = Modellholzschuppen. 14 = Modellschuppen.
Werkstätte in gleichem Verhältnis vermehrt und aus
gerüstet wurde, versteht sich von selbst. In einem besonderen Kompressorenhaus sind elf Kompres
soren verschiedenster Größe vereinigt, die die aus
giebigste Verwendung von Druckluft beim Formen, Putzen und in der Weiterverarbeitung der Gußstücke gestatten. Eine neuzeitliche Sandaufbereitung dient zur Herstellung der neuen Form- und Kernmasse und der Wiederaufbereitung der gebrauchten. Alle übrigen Einzelheiten sind aus dem Lageplan zu er
sehen. Die Abb. 3 und 4 geben eine Außen- und Innenansicht des Stahlwerks und der Gießerei wieder.
Es ist nicht meine Absicht, an dieser Stelle die technische Entwicklung der deutschen Stahlgieße
reien, die Vervollkommnung der Arbeitsverfahren
die Beziehungen wirtschaftlicher Art, die zwischen Erzeuger und Verbraucher bestehen, gestreift werden sollen.
Ging man zu Anfang des Jahrhunderts in der Stahlgießerei nur zaghaft und vereinzelt an die Ver
wendung von Formmaschinen heran und dann fast immer nur bei Anfertigung kleiner Stücke, so gehören diese Maschinen heute zu den Selbstverständlich
keiten jedes Betriebes, und selbst Abgüsse von vier und mehr Meter Länge formt man jetzt bei ent
sprechendem Bedarf maschinell. Unter den Form- maschinen hat sich besonders schnell die Rüttel
formmaschine eingebürgert, die gegenüber anderen
Arten durch ihre vielseitige Verwendungsmöglichkeit
gerade bei Stahlguß recht gute Dienste leistet und
27. Mai 1926. D ie E ntw icklung der deutschen Stahlform guß-Industrie. S ta h l u n d E isen. 699
sich durch den Vorteil verhältnismäßig niedriger Modellkosten auszeichnet. Die Entwicklung des Formraaschinenbetriebes ist teils durch die bessere bauliche Ausbildung und die Anpassung der Form
maschinen an die besonderen Erfor
dernisse und Eigen
tümlichkeiten der Stahliormerei be
dingt gewesen, teils auch dadurch geför
dert worden, daß der Maschinenbau immer mehr zur Massenherstellung überging und die da zu benötigten Stahl
gußstücke in größe
rer Anzahl bestellen konnte. Aber nicht nur die Menge der zur Bestellung ge
langenden Abgüsse war dabei ausschlag
gebend, sondern mindestens so sehr zwang der Reihen
bau als solcher den Stahlgießer zur Ver
wendung der Form
maschine. Infolge der neuen, mit dem Reihenbau zusam
menhängenden Be
arbeitungsverfahren wurden die An
machen, führen bei Massenherstellung ohne weiteres zur Verwerfung des Abgusses, weil die reihenweise Bearbeitung schon durch geringe Ungenauigkeiten gestört wird und infolgedessen solche Gußstücke
zwangläufig zurAus- scheidung bringt.
Selbst Abgüsse so verwickelterBauart wie Straßenbahn- Motorgehäuse, müs
sen mit einer Ge
nauigkeit geliefert werden, wie sie bei Handformerei nur schwer zu erreichen ist. Es ist also nicht zu verkennen, daß die Entwicklung des
Maschinenbaues nach dieser Richtung hin auch erzieherisch auf die Stahlgieße
reien gewirkt hat.
Goß man früher fast ausschließlich in Masse und ver
wandte höchstens bei kleinen dünn
wandigen Abgüssen F o r m k a s te n
P / a f z
o O o 0 79
A b b ild u n g 2. L a g e p la n d e s S ta h lw e rk s K r ie g e r in D ü sse ld o rf.
an7a^a^ ’°?Wage' 2 = 3 = Sandaufbereitung. 4 = Kompressorenanlage. 5 = Gaserzeuger- 10 — i7- . LaSer fü r E rsatzteile. 7 = Ventilatorenanlage. 8 = Lager. 9 = Versandbüro.
biirn« ^ = Elektrische Zentrale. 12 = Badeanlage. 13 = H ärteofen. 14 = B etriebs- . ■ ■ -
21 = Fnh = Sohweißanlage - iß = R eparatu ran stalt. 17 = K arusselldreherei. 18 = Glühofen. 1 9 = Brunnenanlage. 20 = W aschraum 26 - V orlTu Wagf:. j22 = HolzIagerschuppen. 23 = Modellschuppen. 24 = Autogarage. 25 = Technische Büros und Laboratorium bork» i , ngSge. 27 = K antine. 28 = Trockenöfen. 29 = Blockgießgrube. 30 = Elektroofen. 31 = Blockgießgrube. 32 = Pfannen- 38 = P i ,K ^ i anneDiT : r - 33 = Brunnen. 34 = Siemens-Martin-Oefen. 35 = Walzengießgrube. 36 = Wage. 37 = Sandstrahlputzerei krar, ttel£orminaschme. 39 = Glühofen. 40 = Konsolkran 5 t. 41 = Einsatzkran 2 t. 42 = K ran 3 t. 43 = K ran 5 t. 44 = M aenet
*ran 5 t. 45 = K ran 6 t. 46 = K ran 10 t. 47 = K ran 15 t. 48 = K ran 20 t. 49 = K ran 25 t. 50 = K ran 25/10 t. 51 = K ran 30 t.
Sprüche an die Genauigkeit der Abgüsse außerordent- Formsand, so hat der Gebrauch des letzteren auch ich gesteigert. Geringfügige Abweichungen in den Ab- bei größeren Gußstücken erheblich zugenommen, Messungen oder in den Bearbeitungszugaben, die bei nachdem planmäßig durchgeführte Untersuchungen
mzelbearbeitung ein Gußstück nicht zum Ausschuß dieses Rohstoffes zu einer genaueren Kenntnis seiner
700 S tahl und Eisen.
D ie E n tw icklu n g der deutschen S ta h lfo r m g u ß -I n d u s tr ie . 46. J a h r g . N r. 21.
---
A b b ild u n g 3. A u ß e n a n s ic h t d es S ta h lw e rk s K rie g e r
Zusammensetzung und seiner Gebrauchsmöglichkeit geführt haben. Auch in der Wiederbenutzung des gebrauchten Formsandes hat man mit Hilfe dieser Forschungsarbeiten ganz erstaunliche Fort
schritte gemacht3). So ist z. B. der Verbrauch an Neusand bei der Firma G. & J. Jaeger, A.-G.,
sie für die Gießerei und ihre Nebenbetriebe in Frage kommen, zunutze gemacht haben. Verladevorrich
tungen für die An- und Abfuhr von Rohstoffen und Fertigerzeugnissen, maschinelle Transporteinrich
tungen für Sand, Masse und Halberzeugnisse, schnell- fahrende Krane usw. gehören zu jeder neuzeitlichen
A b b ild u n g 4. In n e n a n s ic h t d e r
Elberfeld, bis auf ein Zehntel gegenüber früher zu
rückgegangen. 90 % des Altsandes kommen durch geeignete Aufbereitung wieder zur Verwendung, ja man hat zeitweilig sogar ganz ohne Verwendung von Neuland gearbeitet.
Es versteht sich von selbst, daß sich die Stahl
gießereien alle Neuerungen im Maschinenbau, soweit
3) Y gl. S t.
u.
E . 43 (1923) S. 1363/9 u. 149 4 /8 .G ie ß e re i d es S ta h lw e rk s K r ie g e r.
Gießerei. Ohne Druckluftstampfer und -hammer und
ähnliche Druckluftwerkzeuge arbeitet
h e u tekeine
Stahlgießerei mehr, und das Putzen mit Sandstrahl,
das
la n g eZeit nur in Eisengießereien in Gebrauch
war, findet heute auch in den Stahlwerken
w eitesteAnwendung. Die
v e rs c h ie d e n e n S ch w eiß v eriah ren ,die vor 25 Jahren nur
m a n g e lh a f t e n tw ic k e ltun
mit großen Einschränkungen zu
g e b ra u c h e nwaren,
27. Mai 1926. D ie E n tw ic k lu n g der deutschen S ta h lfo rm g u ß -In d u strie. S ta h l u n d Eisen. 701
sind so vervollkommnet worden, daß sie heute bei sachkundiger Handhabung und zweckentsprechender Anwendung einwandfreie Ergebnisse liefern. Zu den selbstverständlichen Hilfsmitteln jeder Stahlgießerei gehört auch der Autogen-Schneidbrenner, der beim Entfernen der verlorenen Köpfe und Trichter ganz unschätzbare Dienste leistet und unter anderem die Verwendung von Hartstahl, der sich bekanntlich durch keinerlei Schneidwerkzeuge bearbeiten läßt, in vielen Fällen überhaupt erst möglich gemacht hat.
Ferner sei hervorgehoben die Vervollkommnung der Oefen aller Art und der Gaserzeuger und die zu
nehmende Verwendung von Generatorgas zum Trocknen der Formen und Kerne und zum Ausglühen der Gußstücke, und bei Werken, denen Hochoien- und Koksofengase zur Verfügung stehen, die Be
nutzung dieser Gase außer für die eben genannten Zwecke auch zum Schmelzen des Stahles. Am voll
kommensten und in jeder Beziehung mustergültig ist die Verwendung dieser Ueberschußgase in der Stahlgießerei der Deutsch-Luxemburgischen Berg
werks- und Hütten-A.-G., Abteilung Friedrich-Wil- helms-Hütte in Mülheim-Ruhr, durchgeführt worden, wo weder im Stahlwerks- noch im eigentlichen Gie
ßereibetriebe auch nur ein kg Kohle oder Koks mehr verbraucht wird4). Die Beheizung der Trocken- und Glühöfen mit elektrischem Strom, wie sie sich neuerdings in Nordamerika einbürgert, ist in Deutschland noch nicht im Gebrauch. Die Strom
preise sind im allgemeinen noch zu hoch, als daß sich die Einführung dieser Betriebsweise lohnte, die wegen ihrer Sauberkeit und einfachen Handhabung und wegen der Genauigkeit, mit der die Temperaturen geregelt und eingehalten werden können, an und für sich sehr verlockend wäre. — Was die Schmelzvor
gänge anbelangt, so ist als bezeichnend für das letzte Vierteljahrhundert eine verhältnismäßig schnelle Verbreitung der Elektroofen und eine sehr starke Umstellung des sauren Siemens-Martin-Ofenbetriebes auf den basischen zu verzeichnen. Die wachsende Er
kenntnis der Wichtigkeit der thermischen Weiter
behandlung des Stahlgusses, besonders bei legierten Stählen, zwang den Stahlgießer zu einer immer sorg
fältigeren Ueberwachung des Glühvorganges und der Vergütungsverfahren, so daß heute jede neuzeitliche Stahlgießerei über alle Feinmeßinstrumente verfügt, die notwendig sind, um die genaue Einhaltung der zur Durchführung der genannten Vorgänge erfor
derlichen Temperaturen sicherzustellen. Hand in Hand damit ging der Ausbau und die Ausstattung der chemischen und mechanischen Versuchsanstalten, die man nicht mehr, wie vielfach noch vor 25 Jahren, als Luxus und verteuernden Ballast betrachtet, sondern als ein durchaus unentbehrliches und nutz
bringendes Betriebsmittel erkannt hat.
Soviel über die technischen Fortschritte in der Herstellung. Und nun zu dem E rz e u g n is selbst, seiner Verwendung, seiner Menge, seinen Eigenschaf
ten und den wirtschaftlichen Zusammenhängen. — Es ist bekannt, daß die Entwicklung des Maschinen- und Schiffbaues, der Elektrotechnik und vieler
4) St. u . E . 31 (1911) S. 1172/80, 1212/9 u. 1295/1301.
anderer Industriezweige zu immer höher werdenden Anforderungen an die Eigenschaften der beim Bau verwandten Rohstoffe geführt und dadurch die Konstrukteure stetig und zwangläufig zu einer ver
mehrten Verwendung von Stahlguß genötigt hat, so daß sich dieser Verwendungsgebiete zu erobern vermochte, die ihm früher verschlossen waren.
Eine ungeahnte, allerdings in der Hauptsache nur vorübergehende Verwendung von Stahlguß brachte der Weltkrieg mit seinem ungeheuren Bedarf an Kriegsgerät aller Art. Gerade da konnte der Stahl
guß vermöge seiner Anpassungsfähigkeit an die Form
gebung und an die konstruktiven Forderungen den plötzlich auftauchenden und sprunghaft wechselnden Bedürfnissen der Kriegsführung viel besser und schneller gerecht werden als geschmiedeter oder gepreßter Stahl. Ich erinnere nur an die Verwendung der Stahlgußgeschosse, die vom kleinsten bis zum 21-cm-Kaliber in riesigen Mengen hergestellt worden sind und mit vollem Erfolg in den Kampf eingesetzt werden konnten. Während die Steigerung der E r
zeugung von Preßgeschossen infolge der dazu be
nötigten maschinellen Einrichtungen eine monate
lange Vorbereitung erforderte, konnte die Anferti
gung von Stahlgußgranaten innerhalb weniger Tage von jeder Stahlgießerei aufgenommen werden. Ich erinnere weiter an den Ersatz gepreßter und ge
schmiedeter Lafettenteile durch Gußstücke aus Stahl, die sofort zur Deckung des durch das soge
nannte Hindenburg-Programm verursachten Bedarfes einspringen konnten, während für den bis dahin aus
schließlich verwandten geschmiedeten Baustoff weder die erforderlichen Gesenke noch die dafür notwen
digen Werkstoffe vorhanden oder schnell zu be
schaffen waren. In ähnlicher Weise wurden unter dem Druck des Rohstoffmangels Teile aus Kupfer, Rot
guß und anderem Metall durch solche aus Stahlguß ersetzt. In diesem Zusammenhange sei an eine ame
rikanische Aeußerung aus dem Jahre 1920 erinnert, in dem der Befürchtung Ausdruck gegeben wird, daß die Kupferausfuhr Amerikas nach Deulschland nie wieder die Vorkriegshöhe erreichen würde, weil man infolge der hervorragenden Leistungen der deutschen Stahlgießereien wahrscheinlich mit einem dauernden Ersatz des Kupfers und seiner Legierungen durch Stahlguß zu rechnen haben werde. Diese Tat
sachen seien nicht erstaunlich, wenn man die Liefe
rungen dieses deutschen Industriezweiges aus den Vorkriegszeiten kenne, Ausführungen aus dem Munde eines Gegners, wie sie schmeichelhafter für die deut
sche Stahlgußindustrie niemals gesagt worden sind.
Daß die Stahlgießereien damals nicht in Deutsch
land allein, sondern überall, wo Kriegsbedarf ge
liefert wurde, wie Pilze aus der Erde schossen, darf
nicht wundernehmen, und daß dabei auch solche
Unternehmen entstanden, die weder dazu berufen
waren, noch über die Kenntnisse und Erfahrungen
verfügten, die nun einmal der Stahlguß als Ver-
trauenserzeugnis ersten Ranges für seine Herstellung
erfordert, ist eine Begleiterscheinung, wie sie leider
allen derartigen Wirtschaftslagen anhaftet. Erst
unter dem Zwange der nach dem Kriege einsetzenden
702 S tah l un d Eisen D ie E ntw icklung der deutschen S ta h lfo rm g u ß -In d u stn e. 46. Ja h rg . N r. 21.
häufung an den Fundstätten der Kohle und an den größeren Verbrauchsgebieten. Allein im rheinisch
westfälischen Industriebezirk befinden sich der Zahl nach rd. 50 %, der Erzeugung nach aber sogar über 55 % aller deutschen Stahlgießereien. Die Menge des erzeugten Gusses beträgt heute, normale Beschäfti
gung vorausgesetzt, rd. 250000 t im Jahr, während sie sich zu Anfang des Jahrhunderts nur auf 120000 t belief, was einer Steigerung der Gesamterzeugung um mehr als das Doppelte entspricht und die eben angeführte Tatsache der zunehmenden Verwendung von, Stahlguß bestätigt. Etwa 84 % der Gesamt
erzeugung werdenimSiemens-Martin-Ofen erschmolzen, 10 % aus der Birne und 6 % aus dem Elektroofen vergossen. Der Konverterstahl ist durchweg sauer, dagegen werden etwa 65 % des Siemens-Martin-
und die immer mehr und mehr wachsende Schwierig
keit der Beschaffung reiner Rohstoffe auf der einen Seite und die geringere Neigung des basischen Stahles zum Warmriß, dem am meisten gefürchteten Feind des Stahlgusses, auf der anderen sind die Gründe für die Bevorzusuns: des basischen Ver- o o fahrens. Bezeichnend ist, daß bei dem neuesten Schmelzverfahren, dessen sich die Stahlgießereien bedienen, beim Elektroofen, von vornherein nur der basische Betrieb Eingang gefunden hat. Ganz un
schätzbare Dienste leistet der Elektroofen bei der Herstellung von Stahlguß aus hochlegiertem Stahl, den man sonst höchstens noch im Tiegel erschmelzen könnte. Infolgedessen findet letzterer heute nur noch ausnahmsweise in der Stahlgießerei Verwendung, so daß der Tiegelguß der Menge nach überhaupt nicht
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und heute in unerhörtem Maße gesteigerten wirt
schaftlichen Not sind diese Kriegsgründungen all
mählich wieder verschwunden. — Näher auf die an und für sich sehr beachtenswerten Einzelheiten dieser Kriegserzeugung einzugehen, darf ich mir im Rahmen dieses Aufsatzes versagen, zumal da es sich dabei doch nur um eine durch die damaligen Verhältnisse bedingte, im großen und ganzen vor
übergehende Erscheinung handelt.
Abb. 5 gibt einen Ueberblick über die augenblick
liche Verteilung der Stahlgießereien im Deutschen Reich unter Berücksichtigung der Zahl der beschäf
tigten Arbeiter. Man erkennt ohne weiteres die An-
Stahles auf basischem und nur noch 35 % auf saurem Herde hergestellt. Die Elektroofen werden durch
weg basisch betrieben, so daß auf den basischen Stahlguß insgesamt reichlich zwei Drittel, auf den sauren nur noch knapp ein D rittel der Gesamt
erzeugung entfallen. Seit der Jahrhundertwende hat sich, wie bereits erwähnt, eine allmähliche Umstellung zugunsten des basischen Betriebes vollzogen, was bei den Vorzügen desselben nicht zu verwundern braucht.
Die steigende Nachfrage nach weicheren und zäheren Sorten, die sich im basischen Ofen
ungleich einfacher und zuverlässiger als im sauren Lhersteilen lassen,
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r ü c k s ic h tig u n g der Z a h l d e r B e sc h ä ftig
te n .
27. Mai 1926. D ie E n tw ic k lu n g der deutschen S ta h lfo rm g u ß -In d u strie. S ta h l u n d Eisen. 703
A b bildung 6. D ie s e lm o to r-R a h m e n . G e s a m tlä n g e = 3200 m m , W a n d s tä rk e 10 b is 15 m m G ew ich t e tw a 1800 kg. (G e lie fe rt v o n G .'& J . Ja e g e r, E lb e rfe ld .'
mehr in Erscheinung tritt und deshalb auch in den oben genannten Zahlen vernachlässigt worden ist.
Was den Bessemerbetrieb anlangt, so ist man vielfach geneigt, die Güte der nach diesem Verfahren hergestellten Gußstücke nicht so hoch zu bewerten wie die der Siemens-Martin- oder Elektroofen-Er
zeugnisse. Verstärkt wurde dieses Vorurteil ohne Zweifel durch den Umstand, daß sich jede Eisengießerei mit verhältnismäßig gerin
gen Mitteln durch Aufstellen einer Birne in eine Stahlgießerei verwandeln kann, und durch die bereits erwähnte Tatsache, daß dieser Ver
suchung auch solche Eisengießereien unter
legen sind, die nicht über die für die Her
stellung von Stahlguß notwendigen Kennt
nisse verfügten. Selbstverständlich sind die Mängel, die gegenüber den anderen Verfahren im Konverterverfahren an sich liegen, nicht wegzuleugnen. Aber man vergißt dabei meist, daß die Sorgfalt, die bei der Herstellung eines Gußstückes aufgewandt wird, und vor allem die thermische
Weiterbehandlung un
endlich wichtiger sind als diese Nachteile, wie beispielsweise ein etwas höherer Phosphorgehalt des Stahles. Dagegen liegt in der hohen Gieß
temperatur des Bes
semerstahles ein außer
ordentlich großer Vor
teil, der die Herstellung auch von solchen Ab
güssen ermöglicht, die man wegen ihrer Dünn- wandigkeit im Siemens- Martin-Ofen kaum ein
wandfrei herstellen kann. Und wenn ich
welchem Grade der Vollkommenheit man den Bessemer
betrieb in den letz
ten Jahrzehnten ausgebildet hat, und wie wenig be
rechtigt die Vor
eingenommenheit ist, die man gegen denBessemerstahl- guß noch immer an einzelnen Stel
len hegt. Zum Be
weis der bei Bes
semerstahl zu erreichenden Leistungen ist in Abb. 6 und 7 ein Dieselmotor-Rahmen gezeigt, wie er wäh
rend des Krieges in großem Umfange von der eben genannten Firma für U-Boote geliefert worden ist.
Bei einer Gesamtlänge von 3200 mm hat der Abguß eine durchschnittliche Wandstärke von 10 bis 15 mm
und wiegt nur 1800 kg. Ein Bild von der Art des Ein
formens dieser Ab
güsse, und zwar in dem Augen
blick, wo die Kerne eingesetzt werden, gibt Abb. 8. ■ ( ‘In Zahlentafel 1 sind einige beliebig her
ausgegriffene]
Werte zusammen
gestellt, die bei der Abnahme dieser
Sc/m/ffA-3 A b b ild u n g 7. D ie s e lm o to r-R a h m e n .
o a u g s e /r e
G e s te llo b e rte il.
noch hinzufüge, daß eine der größeren reinen Stahl
gießereien Deutschlands (G. & J. Jaeger, A.-G., Elberfeld) nur mit der Birne arbeitet, über sechs Konverter von je 5, einen von 12 und einen von 15 t verfügt, und jede Güte von 36 kg an aufwärts bis zu den härtesten Sorten und auch Sonderstähle verschiedenster Art liefert, so beweist das, bis zu
und ähnlicher für die Kaiserliche Marine gelieferten Teile gefunden wurden.
Zur Ergänzung sind in Zahlentafel 2 einige eben
falls beliebig herausgegriffene Ergebnisse angeführt, die bei der Abnahme von Gußstücken aus sehr weichem und sehr hartem Bessemerstahl er
mittelt worden sind und die einen Vergleich mit
704 S tah l un d Eisen. D ie E n tw icklu n g der deutschen Sta h lfo rm g u ß -In d u strie. Ja h rg . N r. 21.
anderen Werkstoffen nicht zu scheuen brauchen.
Besonders bezeichnend für die E nt
wicklung des Stahlgusses innerhalb der letzten 25 Jahre ist die zunehmende Anwendung der thermischen Nachbe
handlung der Gußstücke (Vergüten) und die immer größer werdende Ver
wendung von legiertem Stahl. Beides erklärt sich nicht nur aus den gestei
gerten Ansprüchen, die man an die Ab
güsse stellt, sondern mindestens ebenso aus dem dauernden Kampf, der in aller
Stille, aber mit um so größerer Zähigkeit und Hartnäckigkeit zwischen Schmiedestück und Stahl
gußstück geführt wird. Naturgemäß wird es immer Grenzgebiete geben, in denen die Verwendung beider Erzeugnisse möglich ist. Dann werden neben dem Vorurteil oder der Vorliebe des Verbrauchers für den einen oder anderen Werkstoff meist wirt
schaftliche Gesichtspunkte, besonders der Preis, für die Wahl entscheidend sein.
Als bemerkenswerte Beispiele solcher Grenz
fälle stellt die Abb. 9 gegossene Kurbelwellen dar, wie sie das Kruppsche Stahlwerk in Annen jahrelang in großen Mengen für französische Lokomotiven geliefert hat. Nach einer Veröffent
lichung von K. W en d t5) ergab die Abnahme dieser Wellen im Durchschnitt von 11 Proben eine Festig
keit von 50 kg/mm2 und eine Dehnung von 25 % (gemessen auf 100 mm bei 13,8 mm 0 ) . Noch be
achtenswerter ist vielleicht Abb. 10, die eine Reihe gegossener Aufhängeketten für Baggermaschinen wiedergibt. Die Ketten haben eine Gliedstärke von 65 mm, die Bruchbelastung beträgt 170 t; die Abnahme erfolgte durch den Germanischen Lloyd.
Die Vorteile gegossener Ketten liegen auf der Hand:
keine Schweißnaht, Verwendung von Stahl höherer Festigkeit bei gleich hoher Dehnung wie Schweiß
stahl, Verwendung jeder Art legierten Stahles, keine Lockerung des Steges, der mit dem Glied in einem Stück gegossen wird, Verstärkung der durch Ver
schleiß besonders beanspruchten Stellen und die Möglichkeit, den Gliedern auch jede andere Form oder jeden ändern zweckentsprechenden Querschnitt zu geben. Befürchtungen hinsichtlich undichten Gusses sind nicht gerechtfertigt, weil schon durch die einfache Form der Kettenglieder eine fehlerfreie Ausführung und ein vollständig dichtes Gefüge ver
bürgt wird, wie man aus Abb. 11, die verschiedene Schnitte durch Kettenglieder zeigt, ersehen kann.
Tatsächlich sind in Amerika bereits seit 1918 ge
gossene Ketten zur Lieferung für die Handels- und Kriegsmarine zugelassen und in großen Mengen im Gebrauch6), und auch in Deutschland hat man bei den wenigen Ketten dieser Art, die in Betrieb sind, eine Lebensdauer feststellen können, die das Viel
fache der von Schweißketten beträgt.
Dem Vorteil einer fast unbegrenzten Formgebung beim Gießen steht der Vorzug der Werkstoffdichtung
6) Z. y . d. I. 66 (1922) S. 606/18, 642/8, 670/4.
6) Vgl. S t. u. E. 39 (1919) S 317/20, 433/6.
Z a h l e n t a f e l 1. Z e r r e i ß v e r s u c h e a n D i e s e l m o t o r - R a h m e n f ü r U - B o o t e ( g e lie f e r t v o n d e r E ir m a G. & J . J a e g e r , A .-G .,
E lb e r f e ld ) .
A rt der Probe Zug festig-
k e it kg/m m 2
Streck
grenze kg/m m 2
Dehnung (lOfache Meßlänge)
%
K altbiege- probe (3 0 x 3 0 mm)
Warmbiege- probe (30 x 30 mm)
K a l t p r o b e 43,7 29 27 1 8 0 ° -
W a r m p r o b e 4 8 ,9 — 21 — 180 0
K a l t p r o b e 4 5 ,8 29 26 1 8 0 ° -
W a r m p r o b e 51 — 18 — 180 0
K a l t p r o b e 50 36 25 180 0 -
W a r m p r o b e 58 16 180 0
beim Schmieden oder Pressen und der damit un zweifelhaft verbundenen Steigerung bestimmter Zähigkeitswerte (Kerbzähigkeit) gegenüber, so daß man bei stark wechselnden, stoßweisen Beanspru-
Z a h l e n t a f e l 2. Z e r r e i ß v e r s u c h e m i t w e i c h e m u n d h a r t e m B e s s e m e r s t a h l g u ß (G . & J . J a e g e r , A .-G .,
E lb e r f e ld ) .
Zugfestig
k e it kg/m m 2
D ehnung (lOfache M eßlänge)
%
Ein
schnürung
%
36 30 59
W e ic h e r 37 32 61
B e s s e m e r- S ta h lg u ß 38 32 64
39 31 64
n ic h t
65 15 g e m e sse n
70 13 > »
H a r t e r 74 13
,,
B e s s e m e r- S ta h lg u ß 78 10 J »
82 10 »
85 10
» Z a h l e n t a f e l 3. F e s t i g k e i t s V o r s c h r i f t e n f ü r
L a f e t t e n t e i l e . Streck
grenze t g
B ruchfestig
k e it kg
Dehnung ( f = 5 d )
%
U n v e r g ü t e t 24 45 20
V e r g ü t e t 28 50 16
Z a h l e n t a f e l 4. E i n f l u ß d e r V e r g ü t u n g a u f d i e F e s t i g k e i t s e i g e n s c h a f t e n v o n S t a h l g u ß .
Stahlsorte und Analyse
F r i e d . K r u p p , A .- G ., E s s e n ,
S o n d e r - S t a h l g u ß ( 0 ,2 0 % C) im M itte l a u s d re i P ro b e n . . . . B e rg is c h e S t a h l
i n d u s t r i e , R e m s c h e id 0 ,4 2 % C, 0 .9 5 % M n , 0 ,4 0 % S i, 0 ,0 3 0 % P
kg/mm2
u n v e r - | 2 5 ,0| 4 6 ,0 g ü t e t
v e r g ü t e t
u n v e r - g ü t e t v e r g ü t e t
3 6 ,8
2 9 ,5
4 0 ,2 5 8 ,3
5 7 ,3
6 1 ,0
Verhältnis Streckgrenze 7uZugfestigk. Dehnung (10- fache Meß- j länge) 2
, 3
£ 3 H B oCO 0//o ]
nicht
54 2 1,0 ge
mes
sen
63 20,6 »
51 18,5 36
66 18,5 37
27. Mai 1926. E ie E n tw ic k lu n g der deutschen Sta h lfo rm g u ß -In d u strie. S ta h l u n d Eisen. 705
A b b . 8. E in fo rm e n e in e s D ie s e lm o to r-R a h m e n s b e i G . & J . Ja e g e r, A .-G ., E lb e rfeld .
chungen noch im
mer geneigt ist, lieber ein geschmie
detes als ein gegos
senes Werkstück zu verwenden, sofern die Formgebung es nur einigermaßen zuläßt. Um Mißver
ständnissen vorzu
beugen, möchte ich aber ausdrücklich hinzufügen, daß es sich dabei nur um eine gewisse Ueber- legenheit des Werk
stoffes als Folge des Dichtungs Vorganges handelt, und daß nicht etwa das
Z a h le n ta f e l 5. E i n f l u ß e i n e s N i c k e l g e h a l t s a u f d i e F e s t i g k e i t s e i g e n s c h a f t e n v o n v e r g ü t e t e m
S t a h l g u ß.
1
<£fStreckgrenze
P §
Festigkeit Verhältnis ^ Streckgrenze z.Zugfestigk. Dehnung ^ lOfache Meßlänge ÖJO
¿ 1
£ o üco
% N i- S t a h lg u ß
F rie d . K r u p p , M a rk e B R I
(rd . 1 % N i)
v e r g ü t e t
>>
4 2 ,0 4 6 ,6 4 9 ,5
5 8 .0 6 5 .0 6 0 .0
72 72 82
2 4 ,0 2 0 ,5 2 2 ,9
66 53 55
ten Erzeugnissen eine Notwendigkeit ist, besonders bei Abgüssen aus legierten Stählen bestimmter che
mischer Zusammensetzung, die ohne Vergütung überhaupt nicht verwendbar sein würden. Natürlich kann man nicht jedes beliebige Stahlgußstück diesem Veredelungsverfahren unterwerfen, sondern hat von Fall zu Fall zu prüfen, ob durch diesen Vorgang in dem Abguß Spannungen entstehen können oder
Schmiedestück deshalb den '- Vorzug verdient, weil es fehlerfreier hergestellt werden kann als ein Gußstück. Das ist durchaus nicht r der Fall, solange die selbstverständliche Voraussetzung bei jedem Abguß erfüllt wird, nämlich daß er gießtech
nisch richtig konstruiert ist. Der Stahlgießer ist
A b b ild u n g 9. S ta h lg u ß -K u rb e l w ellen f ü r L o k o m o tiv e n . (G e lie fe rt v o n F rie d . K r u p p , A .-G ., S ta h l
w e r k A n n e n .)
eifrig bemüht, den genannten Vorsprung des Schmie
destückes einzuholen, wozu ihm zwei Wege dienen:
das Vergüten der Gußstücke und die Verwendung legierten Stahles oder auch beides zusammen.
Vor 25 Jahren war das Vergüten eines Stahlguß
stückes zum Zwecke der Werkstoftverbesserung fast unbekannt, jedenfalls nur ganz ausnahmsweise im praktischen Gebrauch, während es heute bei bestimm-
X X I 46
A b b ild u n g 10. A u fh ä n g e k e tte n fü r B a g g e rm a sc h in e n . G lie d s tä rk e 65 m m , 170 000 k g B ru c h b e la s tu n g . (G e lie fe rt v o n d e r F ir m a G. & J . J a e g e r, A .-G .,
E lb e rfe ld .)
nicht, bzw. ob diese Spannungen die Grenze über
schreiten, bei der sie gefährlich zu werden beginnen.
Es werden infolgedessen überwiegend nur Stücke ver
hältnismäßig einfacher Art sein, die man vergütet.
Doch kann man bei verwickelteren Abgüssen durch eine entsprechende Wärmebehandlung mit an
schließendem Nachglühen ebenfalls eine Verfeinerung des Bruchgefüges und damit eine ganz wesent
liche Verbesserung der Werkstoffeigenschaften er
reichen. Auch hier gab der Weltkrieg den Anstoß
91Anwendung der Zeitstudien in der Stahlformerei.
Von ®r.*3ng. Hs ß e s o w in Essen.
(Zw eck u n d Z iel der Z eitstudien. B egriffsbestim m ungen. G rundlagen. B ezieh u n g en ,zw isch en S tü c k ze it u n d Modell- bzw. Kernoberfläche. Graphische A usw ertu n g fü r die Akkordberechnung. P ra ktisc h e B eisp iele. Z u sa m m en fa ssu n g .)
I n Gießereikreisen hört man bei der Erörterung der Zeitstudien sehr häufig, daß die Ermittlung der Zeiten mit der Stoppuhr wohl für die mechanischen Betriebe in Frage komme, da hier Geschwindigkeit und Vorschub meßbar seien. Im Gießereiwesen lägen aber die Verhältnisse so eigenartig und schwierig, daß die Einführung von Zeitstudien eine Unmöglich
keit bleibe. Bei Durchsicht der bemerkenswerten Arbeiten des Reichsausschusses für Arbeitszeitermitt
lung wird man leicht erkennen, daß Vorschub und Geschwindigkeit den geringsten Teil bei der Erm itt
lung der Zeiten ausmachen. Man kommt zu der Ueber- zeugung, daß in der Gießerei die Verhältnisse nicht viel verwickelter sind als in der Maschinenindustrie.
In meinem auf der Herbsttagung 1923 des Vereins deutscher Stahlformgießereien gehaltenen Vortrag:
„Wie kommen wir zu einer einheitlichen Akkord- gebung?“1) wurde ausgeführt, daß die krassen Preis
l ) S t. u. B . 44 (1924) S. 1363/70.
unterschiede in den meisten Fällen auf unrichtiges Schätzen der Formerlöhne zurückzuführen sind.
Dieser Fehler ist zu beseitigen durch Errechnung der Akkorde auf Grund von Zeitstudien, die das Ziel haben, berechnete und nachweisbare Akkorde zu erreichen, und Anlaß geben, den Arbeitsvorgang zu erforschen.
Diese Erforschung ist deshalb so wichtig, weil sie uns Aufschluß gibt über die wirklichen Arbeitszeiten und die in den meisten Fällen gänzlich verkannten und unbekannten Verlust- oder Leerlaufzeiten. Wenn die Gießereien wettbewerbsfähig bleiben wollen, so ist es die höchste Zeit, den Weg des Geldakkords zu verlassen und zu Zeitakkorden überzugehen. Auf Grund des Vortrages beschloß die Versammlung, einen Ausschuß zu wählen, der die Unterlagen für die Zeitstudien beschaffen und diese so ausarbeiten sollte, um sie zum Gemeingut aller Stahlgieße
reien zu machen. Wenn auch die Möglichkeit einer solchen Berechnung anfangs bezweifelt wurde, so hat
706 S tahl und Eisen. A n w e n d u n g der Z e its tu d ien i n der Sta h lfo rm erei.____________4 6 . Jah rg . N r. 21.schrieb die Heeresverwaltung außerdem noch einen bestimmten Nickelgehalt (etwa 1% Ni) vor, der be
kanntlich in ähnlichem Sinne wirkt. In den damals zahlenmäßig festgesetzten Lieferbedingungen kommt freilich die Werkstoffverbesserung nicht voll zum Ausdruck. Es waren sowohl für den Kohlenstoff
ais auch für den Nickelstahlguß die in Zahlentafel 3 angegebenen Werte vorgeschrieben.
Aber bekanntlich bestimmen die Zugfestigkeits
werte die Werkstoffgüte nicht einseitig gegenüber j e d e r Beanspruchung. Ein wirkliches Bild der Ver
besserung der Eigenschaften würde man erst ge
winnen, wenn auch Vorschriften für die Kerbzähig
keit gegeben worden wären, was bei der Unsicher
heit der Prüfverfahren zur Zeit nicht möglich ist.
Welche Verbesserung sich durch das Vergüten erreichen läßt, zeigen die beiden in Zahlentafel 4 zu
sammengestellten Beispiele.
Man sieht, daß die für den Konstrukteur wert
vollste Eigenschaft, das Verhältnis zwischen Streck
grenze und Zugfestigkeit, durch eine entsprechende Nachbehandlung um 20 bis 30% günstiger geworden ist, ohne daß sich — und das ist besonders wichtig — die Zähigkeitswerte verschlechtert haben. Kann man bei einem mittelharten normalgeglühten Kohlenstoff
stahlguß mit einer Kerbzähigkeit von etwa 3 bis 5 mkg/cm2 rechnen, so steigt sie durch die Vergü
tung durchschnittlich auf 8 bis 12 mkg/cm2, doch sind noch höhere Werte durchaus keine Seltenheit.
Eine weitere wesentliche Verbesserung bringt ein gleichzeitiger Zusatz von Nickel, wie Zahlen
tafel 5 beweist. Das Verhältnis von Streckgrenze zu Zugfestigkeit steigt im Mittel auf 75 %, und auch hier wird ähnlich wie oben eine durchschnitt
liche Verdreifachung der Kerbzähigkeit gegenüber dem unvergüteten Zustand erreicht. (Schluß folgt.) zur Einführung der Vergütung in großem Umfange.
Die Lafettenteile für die schweren Mörser, die man aus den oben erwähnten Gründen durch Stahlguß zu ersetzen gezwungen war, mußten sich durch be
sondere Widerstandsfähigkeit gegen Stoß auszeich-
A b b ild u n g 11. K a lts ä g e s c h n itte k lein erer u n d g rö ß e re r S ta h lg u ß k e tte n g lie d e r.
nen— und das war nur durch eine entsprechende Ver
gütung zu erreichen —, die die Streckgrenze der Zug
festigkeit nähert und gleichzeitig, worauf e s . in diesem Falle besonders ankam, die Kerbzähigkeit er
höht. Für die am meisten beanspruchten Teile
27. Mai 1926. A n w e n d u n g der Z e itstu d ie n in der Stahlform erei. S ta h l un d Eisen. 707
sie doch inzwischen in weiteren Kreisen Aner
kennung gefunden.
Zum weiteren Verständnis dieser Ausführungen ist zunächst über einige häufig vorkommende Fach
ausdrücke Klarheit zu schaffen unter Bezugnahme auf die Schriften der Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure B. II, herausgegeben von Carl Hegner. Die gesamte Zeit, die ein Arbeiter von durch
schnittlicher Leistungsfähigkeit für ein Stück ge
braucht, heißt Akkordzeit. Die Akkordzeit gliedert sich in eigentliche Stückzeit und Verlustzeit. Die eigentliche Stückzeit ist die Zeit, die die Aus
führung der Arbeit an einem Werkstück erfordert.
Die Stückzeit besteht aus Haupt- und Nebenzeit.
Unter Hauptzeit versteht man diejenige Zeit, die un
mittelbar für Form, Lage oder Zustandsänderung der Form gebraucht wird, und zwar so, daß man irgend
welche Arbeitsmerkmale an der Form erkennen kann, z. B. Einlegen des Modells, Sand anlegen, Stampfen, Füllsand zugeben usw. Die Nebenzeit ist diejenige Zeit, die regelmäßig nur mittelbar für Form, Lage oder Zustandsänderung der Form gebraucht wird und als Kennzeichen hat, daß während ihrer Dauer keinerlei Merkmale an der Form entstehen, z. B.
Kasten holen, Kasten aufsetzen, den fertigen Kasten wegsetzen usw.
Bei der Tätigkeit des Formers treten Hindernisse auf, die den Arbeitsgang verzögern und mit der Ausführung der Arbeit in keinerlei Zusammenhang stehen. Diese Zeiten nennt man Verlustzeiten. Solche Verlustzeiten sind z. B .: auf Formsand warten, Flicken der Form usw.
Aus nachfolgender Zusammenstellung ist zu er
sehen, welche Arbeitsvorgänge als Neben- bzw.
Verlustzeiten zu bezeichnen sind.
N e b e n z e i t e n :
M odell u n d A u fsta m p fb o d e n 2) . . . h o len M odell u n d A u fsta m p fb o d e n 2) . . . w eg stellen K a s t e n ... h o le n V e r b a u e i s e n ... h o le n V e r b a u e i s e n ... b ieg en S c h a u f e l ...h o le n H a m m e r ... h o le n S t i f t e ... h o le n P la tte n , E i s e n ...h o le n H a k e n ... h o le n K l a m m e r ... h o le n S t r e u s a n d ... h o le n T r i c h t e r ...h o len S ch lich te ...h o le n K e r n e ... h o le n K a s t e n ...u n te rle g e n P l a t t e ... a b s e tz e n B le c h e ... h o le n S a n d ... sie b e n M o d e ll... sä u b e rn S c h r a u b e n ... h o le n P l a t t e n ...h o len
Bei den Verlustzeiten unterscheidet man sachliche und persönliche.
S a c h l i c h e V e r l u s t z e i t e n : S ch au fel h e r ric h te n ,
A bfeilen, F lic k e n d e r F o rm o d e r des K ern es, A u sh elfen ,
F in g e r sä u b e rn , W a r te n a u f S ta h l, W a r te n a u f d e n K ra n , W a r te n a u f M asse, P la tz rein ig en ,
A n g a b e n a n d e n M e ister 1 _ A n g a b e n a n d en S ch reib er / im r - A u ssc h u ß k a ste n ,
F e h lg e fo rm te K a s te n .
P e r s ö n l i c h e V e r l u s t z e i t e n : P ersö n lich e B edürfnisse, K ra n k e n k a sse n a n g e le g e n h e ite n , W asser tr in k e n ,
P feife sto p fe n , L ö h n u n g sem p fan g ,
G esp räch e m it V o rgesetzten.
In den Zeitstudien (Zahlentafel 1 und 2,) sind die Nebenzeiten aufgenommen für Lagerschale Nr. 3 und Zahnstange Nr. 2. Es sind also die Zeiten gemessen bis zum Beginn des wirklichen Arbeitsvorganges.
Der Unterschied in den Zeitaufnahmen besteht in erster Linie in der verschieden weiten Entfernung der Formkasten und Verbaustangen vom Formplatz.
Sie geben einen zahlenmäßigen Ausdruck für den Einfluß der Nebenzeiten auf den Akkord. In beiden Fällen wurden, um Uebereinstimmung zu erzielen, alle Gänge unter Aufsicht ausgeführt. Wie aus den Zahlentafeln 1 und 2 zu ersehen ist, war die Entfer
nung des Formplatzes von den Formkasten einmal 3,5 m, das andere Mal 85 m, von den Verbaustangen einmal 2,5 m, das andere Mal 50 m. Diese räumlichen Unterschiede brachten es dahin, daß die Neben-
Z a h le n ta fe l 1. S a c h l i c h e V e r l u s t z e i t e n . L a g e rs c h a le K r. 3:
Entfernung der Masse vom F o r m p l a t z ... 5,00 m Entfernung des Altsandes vom Formplatz . . . .
Lager für Stampfer, Führungen, T richter . . . ...\ 1,5 ,, Schlichte, Streusand, S t i f t e ...
Entfernung der K asten . . ... .../
3,5 ,, Kasten h o l e n ... 6 sek
Schaufel h o l e n ... 5 ,,
Stampfer h o l e n ... 5 ,1 Masse h o len ... 20 ,,
Hammer h o l e n ... 10 ,,
Masse h o le n ... 10 ,,
Masse h o len ... 10 ,,
Besen h o le n ... 3 ,,
Streusandkasten h o le n ... 3 ,,
Streusandkasten w e g b rin g e n ... 3 ,,
Oberkasten h o l e n ... D ,, Einlauftrichter h o l e n ... 3 ,,
Masse h o len ... 15 ,,
Masse h o le n ... 10 ,,
Stampfer h o l e n ... o Schaufel h o l e n ... 3 ,,
Plattstam pfer h o l e n ... 3 ,,
Kleinen Stampfer h o l e n ... 5
Trichter h o len ... 3 ,,
Masse h o le n ... 10 ,,
Schaufel für Altsand h o le n ... 3 ,,
Stampfer für Altsand h o l e n ... 3 ,,
Kleinen Stampfer h o l e n ... 3 ,,
Schaufel für Altsand h o le n ... 4 ,,
Stampfer h o l e n ... 4 ,,
Hammer h o l e n ... 3 ,,
Trüffel h o l e n ... 1 ,,
Schlichtetopf h o l e n ... 3 ,,
Schlichtetopf w egbringen... 4 ,,
2 Führungen h o l e n ... 3 ,
U nterlagsbrett h o le n ... 4 ,,
Einsteckgriffe h o l e n ... 6 ,,
Stifte h o le n ... o ,, Blasebalg h o l e n ... 3 ,,
W assertopf h o l e n ... 10 ,,
Hammer und Aushebsr.hranhf! h o le n ... 10 ,,
Modell wegbringen ... 6 ,,
Blasebalg h o l e n ... 3 ,,
Schwärzetopf h o l e n ... 10 ,,
Schwärzetopf w e g b r i n g e n ... 5 ,,
Einsteckgriffe h o l e n ... 4
Klammern h o l e n ... 6 „
2) E ig e n tlic h z u r E in r ic h te z e it g e h ö re n d . = etwa 4 m in238 sek
708 S tahl und Eisen. A n w en d u n g der Z e itstu d ie n in der Stahljorm erei. 46. Ja h rg . N r. 21.
sek Z a h le n ta fe l 2. S a c h l i c h e V e r l u s t z e i t e n .
Z a h n s ta n g e Nr. 2:
Entfernung der Masse vom F o rm p latz... ’ Entfernung des Altsandes vom F o rm p la tz ... » Lager für Stampfer, Führungen, T r i c h t e r ... 2,5 Schlichte, Streusand, Stifte • • • ...g5 Entfernung der Kasten vom F o rm p la tz ... ... • • Aufstampfboden und Kasten vorher vom Former genoit Aufstampfboden h o le n ...
TJnterkasten h o le n ... 5
Modell h o l e n ... 24
3mal Masse h o l e n ... 5
Schaufel h o l e n ... 3
Keile h o le n ... 3
Stampfer für Altsand h o l e n ... g Luftspieß für Altsand h o l e n ... „ Luftspieß für Altsand wegbringen ... 9
Schaufe für Altsand w e g b iin g e n ... £ Aufstampfboden w e g le g e n ... 3
Hammer und Trüffel h o len ... g Besen holen... 2
Besen w eg b rin g en ... 2
Streusand h o len ... 25
Otierkasten h o l e n ... Trichter holen... Stangen holen, 50 m E n tfe rn u n g ... 2mal Schaufel für Masse h o l e n ... Scha'ifcl für Altsand h o le n ... Stampfer h o l e n ... Kleinen Stampfer h o l e n ... Schaufcl für Altsand h o le n ... Stampfer h o l e n ... Hammer zum Nachstampfen h o l e n ... Abstreicher h o l e n ... Schlichtetopf h o l e n ... Schlichtetopf w egbringen... Führungen h o l e n ... Schaufel h o l e n ... Luftspieß h o le n ... Luftspieß w e g b rin g e n ... Besen und Wassertopf h o l e n ... Hammer und Aushebeschraube h o l e n ... Modell wegbringen ... Hammer und Lanzette h o le n ... Stifte h o le n ... Blasebalg h o l e n ... Schlichtetopf holen (Um rühren)... Schlichtetopf w e g ste lle n ... Führungen h o l e n ... ^ Klammern holen (20 m E n t f e r n u n g ) ... Beschwereisen h o le n ... 10 120 20 4 10 4 4 7 3 5 12 3 9 3 3 2 12 10 7 . 8 15 10 15 3 50 485 sek + 870
wirklichen Arbeitsvorgänge, also die eigentlichen Stückzeiten, von je 10 Modellen nach eigener Wahl und einheitlichem Vordruck vermittels Stoppuhr vorzunehmen. Die ersten Ergebnisse zeigten bald, daß die einzelnen Stahlgießereien zu unterschied liche Modelle gewählt hatten. In den meisten Fällen
/ff 72 /n/fl i 1 0/ 7 fe/7: ?70xJÖ0x7ä0 i A fföer/rcrsfe/? ■ V70*JÖ0*720 --- 1A -■ .jA V >W S 1 w S ? ---'" ' I / * ---1—
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1 • 1 -* *
0 J 771?
A b b ild u n g 1. A b h ä n g ig k e it d e r S tü c k z e it v o n d er M o d ä llo b e rfläch e b e im F o rm e n i n S an d .
waren die Modelle viel zu verwickelter Natur und,’die Erfahrung in der Aufnahme von Arbeitszeiten noch zu gering. So wertvoll diese Vorarbeiten als Uebungs- unterlagen auch waren, so hatten sie doch keine praktische Brauchbarkeit. Mein neuer Vorschlag ging nun dahin, die Zeitstudien zunächst auf Modelle zeiten bei der Zahnstange das Fünffache der beiden
Lagerschalen betrugen.
Die außerordentliche Wichtigkeit und der große g Einfluß der Neben- und Verlustzeiten auf die Akkord
höhe kann nicht genug betont werden. Die Schwierig- a keit ihrer Aufnahme ist viel größer als bei den eigent- ? liehen Hauptzeiten. Die Verlustzeiten sind durch Zeitaufnahmen von längerer Dauer (etwa 4 b is f 8 Wochen) und getrennt festzustellen. Die sogenann- # ten Ermüdungszeiten sind in Form von Zuschlägen auf die eigentlichen Stückzeiten zu verrechnen. Bei ¥ Nebenzeiten wird man mit Durchschnittswerten j arbeiten, die abhängig sind von der Einrichtung und Organisation der Formerei. Grundsätzlich sind aus- ^ einanderzuhalten: Hand- und Maschinenarbeit. / Bei beiden ist die Größe der Neben- und Verlustzeit abhängig von der Einrichtung des Werkes und von der Stückzahl.
Um für eine Gemeinschaftsarbeit vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden für die Zeitaufnahmen einheitliche Richtlinien, die sogenannten Aufnahme
tafeln, aufgestellt und nach Tafel 3 die einzelnen Arbeitsvorgänge festgelegt. Um Mißverständnisse und größere Fehlerquellen für die ersten Aufnahmen nach Möglichkeit auszuschalten und die Arbeit auf einem unbekannten Gebiet zu erleichtern, wurde zu
nächst von der Aufnahme der Verlustzeiten ab
gesehen. Es wurde vereinbart, die Messung der
r<—iZ —
tZ 7 i 0 0 e rf7 . / fe r/ 7 l J-0 7 ff0 S 0 f?W
" JZ 700 7 J0 Q 007S
" M 7 ff0 7 fff
"Æ Z ffff 7S0 a & m s
" T ¿ fff 7 ff0 O J7 J3 S
** __i_
0, 0 * A b b ild u n g 2
0 ,7 0 ,7 f 0 ,2 0 Jffm ‘
V e rh ä ltn islin ie v o n Z eit zu K ernoberfläche.
einfacher Art zu beschränken, und zwar derart, daß mehrere Stahlformereien ein und dasselbe Modell in Arbeit nahmen. Diese Maßnahme ermöglichte eine Ueberpriifung der aufgenommenen Zeiten und durch Vergleiche eine Feststellung der Unterschiede in der Arbeitsweise der einzelnen Formereien. Weiter ergab sich daraus ein praktischer Weg, die Aufnahmezeiten auf einfache Weise praktisch auszuwerten. Als Grund
lage zur Berechnung der Formzeiten wurde die Ge-
27. Mai 1926. A n w e n d u n g der Z e itstu d ie n i n der Stahlform erei. S tah l un d Eisen. 709
T a fe l 3. A u f n a h m e b o g e n .
Z e i t b e s t i m m u n g f ü r e in fa c h e G u ß s tü c k e o h n e n e n n e n s w e r te K e r n a r b e i t .
Formkasten-Abmessung 1
i)U 0 O | U
_7___
U 0 U 0
10
Länge in m m ...
Breite in m m ...
Höhe in m m ...
Durchmesser in m m ...
Rauminhalt in m3 ...
Verwendung von Sand oder Masse Gewicht des K astens. Stam pfart:
Modell, Schablone. I s t Aufstampfboden benutzt?
U n te r k a s te n
Zeitdauer der Füllung
S ta m p fz e it...
• {
O b e r k a s t e n
Zeitdauer der Füllung
S ta m p fz e it...
Fertigmachen zum Trocknen . . .
Einlegen des Modells ...
Anlegen von Sand oder M a s s e ...
Füllen durch Form er ...
Füllen durch H i l f s a r b e i t e r ...
Füllen durch S i l o ...
Stampfen von H a n d ...
Stampfen m ittels P re ß lu ftsta m p fe rs...
Stampfen m ittels R ü t t l e r ...
P latte auflegen und verklammern ...
Bleche s p a n n e n ...
Traversenkreuz e i n l e g e n ...
Befestigen des M o d e lls ...
B efestigen des Auf stampf b o d e n s ...
B efestigen des blinden K a s te n s ...
W enden des K astens ...
Entfernen der M o d ellb efestig u n g ...
Entfernen der Befestigung des Auf stampf bodens Entfernen der Befestigung des blinden Kastens.
A b p o l i e r e n ...
Streusand w e r f e n ...
Z e i t d a u e r i n mi n
Aufsetzen des O b e rk a s te n s ...
Verbauen des K a s t e n s ...
Aufstellen der Trichter usw...
Auflegen von Sand oder M a s s e ...
H aken s t e l l e n ...
U nter- bzw. Vorstampfen vorspringender bzw. tiefer
liegender T e ile ...
Füllen durch F o r m e r ...
Füllen durch H i l f s a r b e i t e r ...
Füllen durch S i l o ...
Stampfen von H a n d ...
Stampfen m ittels P reß lu ftstam p fers ...
Stampfen m ittels R ü ttler ...
T richter ziehen und glätten ...
P latten auflegen und v e rk la m m e rn ...
Bleche s p a n n e n ...
Befestigen von M odellteilen...
A bheben, wenden und absetzen ...
Entfernen der M o d ellb efestig u n g ...
Herausnehmen der M o d e ll te il e ...
T richter nachschneiden, Rippen einschneiden...
Stifte stecken, f l i c k e n ...
Polieren, schlichten...
U n te r k a s te n Fertigmachen zum
Trocknen . . .
Ob e r-u . U n te r k a s te n
Fertigmachen nach dem Trocknen zum Gießen
Herausnehmen der Modellteile.
Einlauf und Rippen schneiden Stifte stecken, flicken . . . . Polieren, s c h l i c h t e n ...
Nachschlichten des Oberkastens . . . Nachschlichten des U nterkastens . . K erne einlegen...
W enden des O b e rk a ste n s ...
E ntfernen der Platte des Oberkastens Reinigen der T r i c h t e r ...
Zulegen, verklam m ern, beschweren . T richter a u f b a u e n ...
G i e ß e n ...
L o ß s to ß e n ...
9 10
l) U = U nterkasten, O = Oberkasten.
samt-Modellfläche angenommen. Schon T re u h e it kommt in früheren Abhandlungen3) auf Grund em
pirischer Zusammenstellungen und Berechnungen zu dem Ergebnis, daß die H e r s te llu n g s k o s te n in gesetzmäßiger Abhängigkeit von Kopf und Grund
flächen der Gußstücke stehen, und teilt dann eine neue Art zur Errechnung der Selbstkosten mit. Es ist mir sonst keinerlei Mitteilung bekannt geworden, bei der Modell oder Gußflächen als Grundlage zur Berechnung der F o rm e rz e ite n verwendet werden. Mein Vor
schlag geht, wie bereits gesagt, auf die Modellfläche
8) St. u. E . 33 (1913) S. 680/90; 35 (1915) S. 1093/1100.
zurück und gipfelt darin, daß die Formzeiten den Ge
samt-Modellflächen proportional sind. Um diesen Satz zu beweisen, wurden zunächst zwei Modelle gewählt, die gleiche Ausmaße, aber verschieden große Flächen aufwiesen. Von diesen zwei Modellen wurden durch Zeitaufnahmen die Formzeiten festgestellt und ihre Flächen errechnet. Durch andere Gestaltung der Umrisse änderte sich dann die Größe der Flächen;
deren Formzeiten ebenfalls aufgenommen und deren Flächen berechnet wurden. Die ; o gewonnenen Form
zeiten wurden in ein Koordinatensystem eingezeich
net, bei dem auf der Abszisse die Modellflächen in
m2 und auf der Ordinate die Formzeiten in min auf-
710 S tah l u n d Eisen. A n w en d u n g der Z e itstu d ie n i n der Sia h lfo rm erei7 46. Ja h rg . N r. 21.
A b b ild u n g 3. V e rh ä ltn is lin ie v ersch ied e n er g eo m etrisch ä h n lic h e r M odelle.
getragen wurden. Abb. 1 zeigt ein derartiges Koor
dinatensystem, in dem alle aufgenommenen Zeiten dicht über oder unter oder auf der Linie a—b liegen, die Proportionalitäts- oder Verhältnislinie genannt sei.
Diese Untersuchungen wurden auf die verschiedensten Kastengrößen und Modelle ausgedehnt. Kontroll- versuche beim Stahlwerk Krieger und Stahlwerk Mannheim haben die Richtigkeit des Satzes be
stätigt.
Nachdem der Proportionalitätssatz für Former
arbeiten bewiesen war, wurden die Kernmacher
axbeiten entsprechend geprüft, und zwar an Kernen von 50 bis 250 mm <$> und gleichbleibender Höhe von 150 mm. Wie aus Abb. 2 ersichtlich ist. besteht auch hier ein ähnliches Verhältnis zwischen Kernober
fläche und Kernmacherzeit. Zur praktischen Aus
wertung des Satzes von der Proportionalität der Flächen und Formzeiten wählt man zwei Modelle so, daß das eine Modell für einen bestimmten Kasten die möglichst geringste Fläche aufweist, also für den Kasten die ungünstigste Ausnutzung bringt, während das andere eine möglichst große Fläche hat, also die günstigste Kastenausnutzung darstellt. Für diese
werden dann die Formzeiten der geringsten und der größten Modellflächen aufgenommen. An Abb. 1 bedeutet der Punkt a die Zeit für ein Modell mit möglichst kleiner Fläche (0,061 m2) [Kreuz]; Punkt b die Zeit für ein Modell mit möglichst großer Fläche (0,28 m2) [Platte]. Ist der Satz richtig, daß die Form
zeiten mit den Flächen wachsen, dann müssen auf der Linie a—b alle Formzeiten für die Flächen 0,061 bis 0,28 m2 liegen. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, daß das Verhältnis der Formzeiten bei ein
fachen Stücken von
ungünstigen Flächen 2 . ^ günstigen Flächen 3
Die bisherigen Abbildungen zeigen Zeitaufnahmen von Modellen mit möglichst geringer Fläche: Kreuze, und solche mit möglichst großer Fläche: Platten, auf eine Linie gebracht. In Abb. 3 findet man Zeit
aufnahmen, die von Kreuzen und Platten in steigender Größe in verschiedenen Formkasten aufgenommen,
A b b ild u n g 5. E in fo rm e n g e o m e tris c h ä h n lic h e r Stücke in v e rsc h ie d e n g ro ß e K a s te n .
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7712 A b b ild u n g 4. G e o m e trisc h äh n lich e S tü ck e (Polkerne)
in d em selb en K a s te n g e fo rm t.