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Mit
Berlin, den 9. April 1904X.
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JsraelS.
Berlin
C. 2,Spandauerstraße28.DiepreußischeKönigstadt.Früher, SX alsSchlütergAltePostnochnichtbarbarischer Nenbaugier geopfert war, konnte derWanderer,dervonderKurfürstenbrückebis zu Gontardö Alcxanderkolonnadenschritt, ahnen,wie das BerlinderFritzundFriedrich Wilhelmaussah.Dasistvorbei.WiederPossenparvenu, scheintdieseStadt sichihres Ursprungeszuschämen;emsigläßt siejedeSpur verscharren,die inbescheideneTage ärmlicherKindheit zurückweist.Schlüters Kurfürsten, dcssenbronzeneWuchtdiePuppenalleegemeindesounzeitgemäßdaranmahnt, daßauf mätkiichemSand einsteinePlastik wuchs,mußman wohl stehen Iassmztrotzdem irgendein BrüttoderUphuegihn natürlichvielbessermachen würde.WoabernichtdiePatan desWeltruhmegdieFäuste schreckt,heißt dieLOfUUg:Wegmit demaltenZimmeti SchöneEintrachtverbündetStaat undStadtzusolchemBemühen.Dieehrenwerthe Kommunalverwaltung, deren führendeGeisterdenan der Bärcnkette zuhösischerBehendheitge- zähmten Demokraten Roberthlle, denunsähigsten,komischstenallerOber-büllgelmeisthin SteinverewigtsehenwollenYlehnteinenjährlichenBeitrag vonfünfhundertMarkzurAnstellungeinesKonservatorsderBaudenk-
maleab. Und der Staat schicktsichan,Knobelsdorffs Opernhaus,eine der
ffmstmSchöpsungenfritzischerZeit, niederzureißen,Um,wahrscheinlichvon einerinWiegbadenbewährtenKraft,ausder entweihtenStätte einen Gräuel- tempel Sankt Protzens errichtenzulassen. Auchin derKönigstadtist also
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48 DieZukunft.
nicht mehrvielAlteszuschauen.NeueGeschäftshäuser,diemanchmal,wenn sievonWeitem wenigstensanMesselspersönlicheStilkraft, nichtanSeh- ring, Kaiser8LGroszheim,anstadtbauräthlicheRenaissancestümpereier- innern,dasAuge nichtmitunorganischem,sinnlosenStuckgeflunkerärgern.
Nochvorein paarJahren standin derSpandauerstraße,dichtanWäsc- manns Rathhaus,dasnieschönwar,nachsünfunddreißigjährigemLeben abereträglichist,einsvonden grauen, redlichenHäusern,die der Neuber- linerals alteKastenverhöhnt.Nummer 28.DiegreisendeStirn trugnur dieInschrift: N.Jsrael.ObsichhinterdemN. einNathanodereinRaph- talibarg,wußtenWenige;dochAlle,daßindiesemHausezuangemessenemPreis guteWaarezukaufenwar. Leinen,Wolle undBaumwolle. FürdenHandel,
was, nebenan in derKlosterstraße,die GebrüderSimon fürdieFabrikation waren. RudolfHertzogselbstkonnte,mitallseiner Kaufmannskunstund Solidität, dieFirmanichtschlagen; außerdemverfcheuchteseinöffentlichaus- gestellterAntifemitismuseinenwichtigenTheilderKundschaft. Doch auch Christen gingenzuIsrael, priesenJsraelsNamen. Da kam die Aera Wert- heim. GefahrimVerzug.Sollte derStrom nichtaus dem Centrum west- wärtsgelenktwerden, dannmußtemanihmein mitallem KomfortderNeu- zeit ausgestattetesBettmauern.Dasgeschah.Erweiterung, Durchbruch nach derKönigftraße,neun Hausnummern,berlinischmonumental, Waaren- hausftil. NichtnurLeinen,Wolle undBaumwolle: ungefährAlleszuhaben, waseinEuropäerherzbegehrt.OsternwurdenbilligeGartenmöbel annoncirt.
Die Waarenfind gewißnochimmergut.Abernicht nurFassadeund Umfang findverändert. Früherleitete ein Wille dasGeschäft.AlsGreis noch-seinBruder hatte sichmiteinemgroßenVermögenzurückgezogen— standderChefvonfrühbisspätnahbei derLadenthür,empfingdie Kom- mendenundfragtedieGehenden,obsienachWunschbedientworden seien.
Einfrommer-,sparsamerHerr,dersichkeineDroschkegönnteundoft auf demOmnibusverdeck gesehenward;dabei sehr wohlthätigitndeinJude nach LessingsHerzen,einer,derganznurJude scheinenwollte.Jetztherrschenseine Söhne; regnant, sednon gubernant.Auchfieschließenanjedemjüdischen FeiertagdasGeschäft;undsind dochvonanderemSchlagalsdieVäter.Der SohndesjüngerenBruders— der, seiterindie-HanddestürkischcnRäubers gefallenwar,in derJudenheit Athanas Israel hieß— nennt fich Israel- Schulzendorf,ist Rittergutsb .sitzerundgehört,ohneagrarischeBegehrlkchkeit, zu den Granden desKreisesTeltow. DererstgeboreneSohndesSeniors, derbis zumletztenWankrastlosdiePfennigezuThalern häufte,interesfut sich
Jst-aus« 49 fürdiedeutscheFlotte, läßt auf seineKostenKnaben in einerJugendwehr fürdenMatrosendienstdrillen— Hepl Hep! Hurrah!könnte G:as Pückler hier rufen— undist,wiesichsgebührt,Kommerzienrathgeworden.Beide Chefs sind steinreichundleben auf großemFuß;derEinenachenglischem,.
der Anderenach berlinischemStil. Wennman imGrunewald fragt,wem dasLuxusfuhrwerkgehöre,das einemvonder nursery-g0verness behüte- tenKinderpaarfolgt,bekommtman vondenKolonistenaus derFinanz-
-sphäredie Antwort: Jsraels.Also aufderHöhemoderner Kultur. Leider scheintauchdasBerhältnißzwischenInhabernundAngestelltensichgeändert zuhaben.Früherwars patriarchalisch; der alteJsraelkanntejedenWinkel undjeden Waarenrestinseinem Reich,kiimmerte sichumAllesundzählte seineVerkäuferbeinahemit zurFamilie.DieHerrenvonheutewissennicht einmal,wie esanihren Kassen zugeht,undscheuensichnicht, zweiMänner, derenVormund ihrVaterwar unddievierzigJahre lang für dieFirmaN.
Jsraelgearbeitethaben, aufvagenVerdachtum FreiheitundEhrezubringen.
DasistdenHerrenJulius undBerthold Besas geschehen.Julius Warsiebenundvierzig,Berthold achtunddreißigJahrerangimHauseJsrael khäkigMündelundLieblingedesaltenHerrn.EineTageswerdensie,im Oktober 1902, derUnterschlagung beschuldigt.KassenzettelundEintragun- gensollen fehlen. BerhörimPrivatkontorderChess Herr Julius Besas, derfasteinHalbjahrhundertderDetailkassevorstand, sagt: JhrVaterselbst hat ja angeordnet, daßwirBeträgebiszuvierzig Pfennigen nichtins Kassenbucheintragen sollen; »imInteresse schnellererAbsertigungderKun- VTU«. Zettel,dieauf solcheBeträge lauteten, haben, nachaltem Brauch, fastalleKassirerJhrer Firma vernichtet,Erb"ittet,ihmzumEntlastung- beweis Zeitzulassen. Vergebens.Herr Kommerzienrath HermannN.Js- raelbehandeltdie Brüder wieübersührteVerbrecherundfordert ausderStelle brüskeinrückhaltlosesGeftändnißzsiesollen schriftlicherklären,wievielsie Unterschlagenhabenundauf welcheWeise sie Ersatz schaffenwerden: sonst wird dieSache sofortderKriminalpolizci übergeben.DieBestürztenwei- gerndieseErklärungundbetheuern ihre Unschuld; siewerdenweggcjagtund demPortierwirdbefohlen,ihnenundihrenBerwandten dieSchwellezusperren.
GleichdanachsickertdieNachricht durch,beiJsrael seien großeUnterschla- Zungenentdeckt worden.DieBrüderBesas hättenimLauf vonJahrzehnten Millionendesraudirt. DochdieJnhaberderFirma seienzuvornehm,zu menschlich,UmalteHausbeamtederStaatsanwaltschaft anzuzeigen.Als dieVeschllldigtendennochverhaftct werden,meldetdiePresse,dieStrafan-
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50 DieZukunft.
zeigesei nichtvonJsraels ausgegangen.Dasist richtig;ein derFirma wohl- bekannterReporter hattedieAnzeigeeingereicht.Cui bono? HerrKommer- zienrathHermannN Jsraelhattemit derAnzeigegedroht;undwiderseinen Willen wäresiesichernicht erfolgt. Schon geltendie BrüderBesasalser- tappteGauner; so schildertsieein berlinerRabbi in derSynagogexals-eine SchandeinIsrael SiesitzenimUntersuchungsgefängnißundkönnen die Armenichtrühren.Nachneun Monatenwerdensievon derAnklagederUnter- schlagungfreigesprochen. DurchdasErkenntnißderzweiten Strafkammer desLandgerichtesI wirdfestgestellt:daßdieAngeschuldigtenihr Vermögen ehrlicherworbenhaben; daßderKassirerJulius Besas sehroft,imletztenJahr alleinetwadreißigmaLaUdieHauptkassehöhereBeträgeabgelieferthat,aissein Kassenbuchergab, also nichtdieAbsichtgehabt haben kann, sichaufverbotenen Wegenzubereichern; daßderselbeAngeklagtebei derFirmaN.Jsraelein Guthabenvon75 000Markhatte(einDefraudant hättesolcheSummege- wißnichtin denHändenderBetrogenen gelassen)unddaßdieUnregelmäßigs keiten nichtdurchPersonen, sondern durch MängelderKassenorganisation bewirkt worden waren. DasAlleswäreauchohnegerichtlicheJntervention leichtfestzustellengewesen.AberJsraelswolltennichthören.UeberdieHaupt- verhanvlungwurdein derPresse nicht allzuausführlichberichtet.Daund dorthießessogar, Jsraels hätten,ausMitleid, durch ihr Verhaltenin foro selbstdieFreisprechung herbeigeführtUnddaHerr Julius Besas— von gutgläubigirrenden Richtern—- wegenVernichtungvonKassenzettelnzu einerkleinenGeldstrafe verurtheiltworden war,bliebder-Verdachtanden Brüdernhängen.Siehatten ihre Stellung verloren,Monate langimGe- fängnißgesessenundwaren nun,trotzdemFreispruch, nochimmeranrüchig.
Niemand entschädigtesie.Niemand bemühtesich,ihnendenRufsauberen Handelnszurückzugewinnen.Auch Jsraels nicht.AlsihnendasBeispiel desGrafen HektorKwileckivorgehalten wurde, der, ehe noch dieJury sprach, seinenVerwandten alleBeschuldigung abbat, sagtederKommerzienrath:
»Ja, dieserHerrhatte auchkeinDetailgeschäft!«DieFirma durfte nicht
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kompromittirt,die UnzulänglichkeitihrerOrganisation nicht enthülltwerden.
LiebersollenzweialteHausbeamtebis ansLebensendeverrufenbleiben.
Die über BordGestofenen wollten ihr Schicksal nicht ruhig hinneh- men. DreiBiertcljahre lang versuchtensie,wasirgendzuversuchenwar;
baten, beftürmtendieHerrenJsraelum eineEhrenerklärung.Nichtszu machen.Dann versandten sieeinengedruckten»OsfenenBrief«anihre früherenChess; schicktenihn auchanmich.Was darinerzähltwird— als
Israels. 51
AdressederBrüderBesas istBerlinNW.23angegeben—, sollte gelesen werden. Esklingtglaubwürdigzund wäreauchuureinewichtigeB"eschuldi- gungerweislich unwahr:Jstaels würden nicht säumen,ihr Mütbchenan den Verleumdern zukühlen.Jstsaberwahr,danndürftekeinsozialEm- pfindender,keinGerechtermitLeuten,diesolchenHandelnsfähigsind,län- gerverkehren.Wereinen Arbeiternach vierzigjährigerDienstzeitaufunbe- stimmten Verdacht hininsGefängnißschleppenläßt,istkeingütigerMensch.
Werdiesemgrundlos verdächtigtenArbeiter,wenn derThatbestand aufge- hellt ist,einereichlicheEntschädigungunddiebündigsteEhrenerklärung weigert,wirdnachGebührmitgesellschaftlicherAechtungbestraft.Selbstwenn erMillionen besitzt,Jugendwehrenbezahlt, aufhohen Wunsch auch Christen- kirchenbeschenktundseineKinder wieFürstensprossenaufwachsenläßt.
AußerdenmächtigenHerren JfraelunddenohnmächtigenBrüdern Besas ist nochJemandandemFallintereffirt;eineGroßmacht:diePresse.
DieausderSpandauerstraßeVerbanntenerzähleninihremOffenen Brief, alleVersuche,Berichtigungen, aufklärendeNotizenindie berlinerPressezu bringen, seien gescheitert.»Manwies unsmit derlakonifchenErklärung ab, daßindieserAngelegenheitnichts ohnedieausdrücklicheZustimmungder FirmaN.Jsrael gebrachtwerdenkönne.Wirmußtendie betrübende Er- fahklmgmachen, daßüber denKommandirenden Generalen derPresse noch eineGroßmachtsteht:der annoncirende Waarenhausbesitzer, dessenRettu- men dieRedaktionkafsenfüllen.«DasistdieschwersteBeschuldigung,die sicherdenkenläßt. JstdiePressedennnichtmehrderSchutzdesSchwachen, diestarkeWehrgegen alletykanuischeWiueiireDarfein cumHauseMossis VerschwägertetzhalbeundganzeZeitungseitenmitJnseratensüllenderGroß- hävdlersichAlleserlauben,ohneeinAufflackernholzpt piernenZornes fürchten zUmüssenPWoransollenwir dannnoch glauben?Am Ende gar,daßLassalle, Jstaelsentarteter Sohn, wahr sprach,alser,ungefährum dieZeit,wo Hm Julius Besas Kassirerwurde,rief: »DasVerderben derPresse istmit NoIhmendigkeitdaraus hervorgegangen, daßsie,unterdemVorwand,geistige Interessenzuverfechten,durchdasAnnoncenwefenzu einerGeldspekulation wurde?«Unmöglich.Sonstmüßten wirschließlichnoch glauben,wasder schlimmeMann weiterschrieb:»E-.nstwardiePressewirklichderVorkätnpfer fürdiegeistigenInteresseninPolitik, KunstundWissenschaft;sie stkilk für Ideenundsuchtezudieer JdeendiegroßeMasse emporzuhebem Allmählich aberbeganndieGewohnheitderbezahlten Anzeigen,derJnscrate,dielange garkeinen,danneinensehr beschränktenRaumaufderletztenSeitederZei-
52 DieZukunft.
tungengefunden hatten,einetiefe Umwandlunginderen Wesen her- vorzubringen.Eszeigtesich,daßdieseAnnoncen einsehr ergiebigesMittel seien,um geschwindReichthümerzusammenzuschlagen,umimmense jähr- licheRevenuen aus denZeitungenzuschöpfen.Aberum vieleAnzeigenzu erhalten, handelteessichzunächstdarum, möglichviele Abonnenten zu be- kommen ; denn dieAnzeigenströmennatürlichinFüllenur solchenBlättern zu, diesicheinesgroßenAbonnentenkreiseserfreuen.VondieserStunde an handelteessichalsonichtmehrdarum, füreinegroßeJdeezustreitenundzuihr langsamdasgroßePublikumhinaufzuheben,sondern,umgekehrt,darum,sol- chenMeinungenzuhuldigen,die,wiesieauchimmerbeschaffenseinmochten,der größtenAnzahlvonZeitung-Käuferngenehmsind.VondieserStundeanwur- denalsodieZeitungen,immerunter BeibehaltungdesScheines, Voriämpfer für geistigeJnteressenzusein,zuschnödenAugendienernderGeldbesitzenden undalsoabonnirenden BourgeoisieundihresGeschmackes;nichtnurzu einem ganzgemeinen,ordinärenGeldgefchäftwie andere auch, sondernzueinem vielschlimmerm,zu einemdurchunddurchheuchlerischenGeschäft,das unter demSchein desKampfes für großeJdeenundfürdasWohldesVolkes be- triebenwird.« Ganzunmöglich;sokannsnichtsein.Merkwürdigist aber, daßinall denZeitungen,dieichzuGesichtbekomme,über denimMärz versandten OffenenBrief,derimmerhinalslokaleSensation verwerthet werdenkonnte,bisheutekeinSterbenswörtchengesagtworden ist.Undin allen waren Ostern aufeinerhalbenSeitebilligeGartenmöbelannoncirt.
JsraelunddiePresfe...Wennvom Staatsanwalt einUnschuldigerange- klagt wird, giebtseinGeschrei.WennMillionäre,Großinserentenzweialte Diener gemeinen VerbrechenszeihenundihnendiehöflicherbeteneGenug- thuungversagen,bleibt Allesstill.Dasgehtnicht,liebeHerren.Jhr müßt JsraelszureuigerAbbitteoder zu demNachweis zwingen, daßdie Brüder Besas, trotzderFreisprechung, unreinlicheLeutesind.Jhr müßt humanes undsozialesGefühl posirenz müßt zeigen,wieechtderBrusttonwar,mit demHerr Rudolf Mosse neulichvorGericht erklärte,einJnseratenauftrag könne niemalsbestimmend aufdieHaltungseinesBlatteseinwirken.Sonst liest schließlichauchdas blödeDurchschnittsaugevondiesemwinzigenKultur- bildchendieschlimmeWahrheit ab, daßJhr in hehrer Wallungzwargegen JesuitenundMarianer wüthet,sonstaberauszaardenAblaßkrämerngleicht, denendieKundschaftGunstoderUngunstzufrsten Preisenablaufenkann.
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ArchaischeKulturen 53
Archaische Kulturen.’««)
Von
einesgroßenMeisters Hand giebteseineindruckreichesBlatt, das demGedankendesKönigthumeszumSinnbild werden könnte.Es schildertdenKönig, nichteinenKönig. Jn irgendeinemsteilen Prunkdes Orients sitztderHerr auf seinem Königsstuhl,starrendvonPrachtund Edel- steinen.Dreiseiner höchstenDiener nahen sich ihm.DerEineneigt sich tiefvordemHerrscher,derZweite beugtdasKnie, der Dritte wirftsichin den Staub undberührtmitderStirn denBoden. Allesathmetherrifchen Stolzdort,demüthigeUnterwürfigkeitda. Hier ist nichteinzufälligerTräger, hier istdieStaatsform ansichzum Redengebracht:ihrSinn selbst istes, der zuuns spricht.Man maggegen dieThatsacheabgestumpftsein,wieman gegenmehr alseinederwichtigstenThatsachenderWeltgeschichteabgestumpftist«man magesauch nicht wahrhabcnwollen: mitdernKönigthumistetwas Unge- heuresindie Weltgekommen.Esgeschaffenzuhaben, isteinethlopem that. Siedarf nichtnur imGesichtswinkxlderBerfassungsgeschichtegesehen werden,wovon dieNichtsalsstaatsgeschichtschteibernichtloskommen können:
sieisteine, sie ist vielleichtdiewichtigsteStufeimZugederGeschichtedes Handelns,derGesellschaft,mehrnoch:derPersönlichkeitDerTag,-andem tekst einganzesVolkdemEinen anfeinerSpitze demüthighuldigte, hat dieStärkefähigkeiten,dieEntwickelungmöglichkeitcninder»Seele,im- Willen desMenscheninsUngemessenegesteigert. Gewiß,dieKostenwaren nicht gering:damitderEinzige Großesgewann, mußtenTausende ebensoviel, vielleichtvielmehrverlieren: nichtanschmählichemReichthumundBesitz, sondernandemvielhöherenGutederJchstärke,derSelbstherrlichkeit,der Machtvollen,insich ruhenden KraftdesEinzelnen,diedieUrzeit so hochge- haltenoderdochnur wenig gemindert hatte. Aber wer wollteheuteum dieserGewinnst-undVerlust Rechnungwillenden niegetrübtenFortbestandder altenGemeinfreiheit,dieewigeUnterdrückungallerKönigsgedankenwünschen?
chgendeinbestehendesHerrschergeschlecht,einStaatswesenvonheute haben
sle)ZudemAufsatz »FormenderWeltgeschichtschreibung«,derdenhier vorgelegten Abhandlungen(vergl.auchtasHeftvom 30.Januar) alsEinlei- tungVVVUUgiUg,schicktmirHerrDr.Hans HelmoltdieBemerkung, daßerden PlandervonihmherausgegebenenSammlung vonEinzeldarstellungenzur TPeltkteschichteganzunabhängigvon Ratzel gefaßt habe.Der Aufforderung,
dsesenSachverhaltrichtigzustellen,kommeichum soliebernach,alsdadurch dlebeschämendgroße ReihedergrundsätzlichenRichtungwechsel,die dieGeschicht- forschungerst auf Anstoßvon außenunternommen hat, wenigstensum eine vermindertwird.
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54 DieZukunft.
fürdenForschermitsolchen Erwägungennichtszuschaffen.Alleinselbst dereifrigste AnhängerderVolksherrschaftmüßte, dünkt mich, Dank dafür empsinden, daß je Königeindie Weltgekommensind: demMenschen selbst, jedemStarken wenigstensvon heuteundimmerdar istdadurcheinKräfte- zuwachs geworden,denihmohnediese Durchgangsentwickelungdermensch- lichenSeelenachträglichkeineMachtderErdeverschaffenkonnte. ..
Wieimmer esdarum stehenmag:derZwangslan desWerdeganges derGes.llschaft hat jedenfallsallehöher aufwärts gelangtenVölkerüber diese StufedesAlterthumsslaates,dererstenKönigsherrschaftgeführt. Jhre eigentlichenMerkmale sind nichtzuverkennen: äußereAusdehnungdes Staatsgebietes,über die alteZwergformeinesGeschlechts-,Dorf-,Völker- schaft-oderallenfallsStamm-Königthumesfort,oftbiszudemriesenhaften AusmaßweiterReiche;undzweitens außerordentlicherMichtzuwaihsdes Staatsleiters auchdeneigenen Volksgenossengegenüber. Dennoch fehktes wederanbreitenGrenkstreifen unsicheren Ueberganges zwischenUrzeit:und Alterthumsftufe noch innerhalb dieser selbstanzahlreichenGraden. Vor- undKeimformen finden sich namentlichinAftika,aberauchunter amerika- nischenNaturvölkern,vielleichtauchbeiPolynesiern,beitiefenfreilichdann durch ihr ZurückliegenbisineineJahrhundertealteVergangenheiteiniger- maßenverhülltundstagwürdigAls1606 dieenglischeSiedelung Virginia begründetwurde,bestanddortdas erstebenmit GewaltundListzusammen- gebrachteReichPowhatans. UrsprünglichOberhäuptlingvonachtkleinen Völker- schaitenoderTheilvölkerschaften,hatteersich allmählichdreißigunterworfen;
inseinemReich galt seinWillealsGes«tz;erhatteeinenHaremvonhundert Weibern,hielt sicheineLeibwache, verurtheiltealsRichterdievon ihmfür schuldigBefundenenunter seinen UnterthanenzugrausamenLeibesverstümme- lungen, kurz,verhielt sichinAllemund Jedem wie einafrikanischerSelbstherischer.
JnAfrika sinden sichganz kleineKönigthümervon ausschweisender Unumschränktheit,abersiesteigeninvielsprossigerStufenleiter zuReichen von großem Umfang auf Viele von ihnensindAugenblicksschöpfungen kühnerEroberer— Afrika istdas klassifcheLand kleinerNapoleone—, einigeaber habeneszu.festem BestandundJahrhunderte langerDauer gebr.:cht.Dieheutewiederfrei gewordenenAschanti Westifrikas haxten einstein Königthum,dasin derBeherrschungunterworfenerVölkerschastenEinrichtungen ausgebildethatte,diedurchausandieentsprechendendespersischenGroßkönigs erinnern. Dahomeywar Jahrhunderte langdasmächtigsteKönigreichvon Westafrika. ZuvielgrößeremUmfangundvielhöhererGliederungistim nördlichenSüdafrikadasReichderBarotseemporgewachsen.SeinBeherrscher gebietetüberachtzehn größere,dreiundachtzigkleinere Völkerschaften·Jhn umgiebteinmannichfachabgestusterHof:undVeamtenstaat.DieVerwaltung
ArchaischeKulturen. 55 wirdvoneinemengeren,einemweiteren Rath ausgeübt.DiesKönigthum, dasübrigensmitsehr niedrigenMitteln, mit Spionenthumundhenker- mäßigerGrausamkeit sichaufrecht erhält, hat sich dochdieBewältigungso anspruchsvollerAufgabenwieeiner vollkommenen VrrstaatlichungdesHandels zugetraut. ZunochgrößererMachtundEntwickelunggediehdasnördlichvon denBatotse gelegeneLunda-Reich, dessen Vorhandenseinbismindestensin dasEndedessechzehntenJahrhunderts durch Europäernachrichtenverbürgt ist. Hierist beihöhererGesittungderGrundsatz halbunabhängiger,halb beamtenmäßigerStellungderunterworfenenHäuptlingenoch feiner ausge- bildetunddieUebermachtdesKönigthumesist nichtso weitgediehen, daß esnicht noch auf denBeirathderVolksversammlungRücksichtnähme.Das ostafrikanischeReichderWaganda zeigt nocheineandereFormdesUeber- ganges zu reiner Selbstherrschaft:hier habendie unterworfenenHäuptlinge, die aberimmerhin schonganzbeamtenmäßiginzwei Stufengeordnet sind, einengroßenAntheilanderReichsregirung;sie bildengemeinsammitdem KanzlerundeinigenHofwürdenträgerndesKönigsdenGroßenRathdesReiches.
Das Königthumder Waganda ruht,wieetwa dasderKarlinger, aufderWehrhastigkeitdesganzesVolkes, in demjederMann Krieger ist.
DieHöheDessen,was Regernindieser Richtungzuerreichen gegebenwar, habendieKaffern,unter ihnen vornehmlicheinerihrer Theilstämmeerreicht:
die Sulu. Siehaben ihre DörferzuTruppenübungvlätzenund Stand- quartieren, ihrLebenzueinemkaum unterbrochenenKriegerdasein gemacht.
Jht Heerwesen istan FeinheitderGliederung,ZweckmäßigkeitderEin- richtungenweitüber denZustanddeskarlingischenFrankenrciches hinaus- gewachsen.Eine ArtStaatssozialismus,wieer,aufdenHöhenderAlter- thllmsstaatsentwickelunginAlt-PeraundChina anzutreffenist,trittebenfalls beiihnenzuTage: nichtnur,- wiebeiden Barotfe,terHandel, sondern auchdasEigenthumam Grund undBoden istverstaatlicht.Der einzelne Sulu hatnur Rechteam Boden und selbsttieRinderheerdcn,dieden größtenReichthurndesLandesausmachen,unterliegenderAufsichtdesKönig- thumes,daihr FleischdieNahrung, ihr FelldieSchilde fürdasungeheuer große stehendeHeer liefert.EininzweiStufen gegliedertesHeersührer- undBeamtenthumkröntdasGebäude;dieAllgewaltdesKönigs ist durchdas
Doppelhausmeierthumzweier oberstenStaats- undHeerführereingeschränkt.
Immerhöherhebt sichderBau: nicht regelmäßig,nichtsoabgepaßt, daß nichteineimGanzen tiefer stehende Entwickelungineinem besonders begünstigtenStückhöherträteals dienächstübergeordnetenStiege,unddochsehr Wohlabzustufen Zwei LeistungendesAlterthumsstaatestreten schonbeidiesen Keivamien hervor:dieFähigkeit,unterworfeneBölkcrschafteningeordneter Abhängigkeitzuerhalten— alsoderAnfangallerVerwaltung——,und
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zweitens, dochenghiermitverbunden, dieSchöpfungundGliederungeines Heer-und Staatsbeamtenthumes NichtimAfrikaderNeger,aberinder malaiischen Randsiedelungdesschwarzen Erdtheiles,imHomer-Staat auf Madagaskar,tritteinnoch höheresErzeugnißderStaatsbildungderAlter- thums-Königsherrschafther-vor:dieEntstehungeinesAdels. DerGeschlechter- staat scheint sehr selten aucheinenAdelausgebildetzuhaben:ermagaus demEmporkommeneinzelnerGeschlechterüber die anderen hinaus entstanden seinoderaus dernatürlichenVorzugsstellung,die dieSonderfamilien,aus denendieHäuptlingeeinesGeschlechteserblichoderhalb erblich hervorgingen, innerhalb dieses ihresGeschlechteserrangen. AbervielausgeprägtcreFormen hatderAlterthumsstaat geschaffen:einevon ihnen,derHochadel, ist nicht eigentlicheinErzeugnißderKlassen-, sondernderStaatsbildung. Erbe- stehtaus denvon demneuen Königthum unterworfenen Häuptlingen,die man dochinihrerStellung beläßtundnur aufeinemehroderwenigerzweck- mäßigeunderfolgreicheArt inbeständigemGehorsamzuhalten weiß. Dieser mediatisirteFürstenstand,derhalb hoherAdel, halbhohesBeamtenthumwird, scheinteinefast beständigeBegleiterscheinungdesAlterthumsstaateszusein:
eristdie innereFolge seinesebensogewohnheitmäßigenäußerenEroberns.
DenkwürdigerundimGrundefolgenreicheristdieeigentlichklassengeschicht- liche Errungenschaftderneuen Königsherrschaft,dieSchöpfungeinesDienst- adels,alsodesersten wirklichenAdels.
Auch für sie reichen erste KeimerscheinungeninweitniedrigereBil- dungenderAlterthumsoorstufenzurück.JneinigenderfestländischenKariben- stämmedesnördlichenSüdamerika hatdasnochganzrohe Königthumeinen KriegerdienstadelindreiStufen gebildet.JnVenezuela führendie beiden höchsteneinTigerfellundeinHalsbandausMenschenknochenalsEhrenab- zeichen. ZueinerdurchgeführtenGliederungaberistderHowaStaat vor- gedrungen: aucherkenntzunächsteinenHochadel,derfreilich großenTheils zusprichwörtlicherArmuth herabgesunkenist:erbestehtaus denNachkommen derfrüherenHäuptlinge.Daneben aberbesteht,von Radama demErsten geschaffen,einwirklicher kriegerischerDienst-undVerdienstadel;unddamit dieAehnlichkeitmitfränkisch-karlingischenZuständenvoll werde,hebtsichaus demStande derGemeinfreien auch nocheinbesonderer-,etwas höhererder Kriegsdienstpflichtigenhervor.DieVerfassungdesStaatesvereint, wie in denvornehmstenKönigreichendesAfrikasdesNeger,einstarkes Maßvon EigenwirthschaftdesStaates mitHoheitrechten:alleMinerale, allesNutz- holzdes Waldes, alleErzeugnissedesFeldes,dienichtmitHackeundSpaten gewonnensind, gehörendemKönig;erwirdalsEigenthümerdesBodens angesehen.DasKönigthum,demNamen nach Selbstherrschaft, istunter schwachenInhabern durchAdelund Volksversammlungstark eingeschränkt.