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Die Zukunft, 12. April, Bd. 39.

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Berlin, den Iz. April t902.

Der Zauberer von Rom.

ius derNeunte lag aufdemParadebett.JnderPracht seinerCerc-

- 4monien"gewänder;dieMitra aufdemHaupt,dasKissenausGold- tuchstützten,mitrothenHandschuhenundrothenPantoffeln,die der Gläubi- genInbrunstzuküssendrängte. GeschäftigwaltetederKardinal Peccides Kämmereramtes Niehatteman denAchtundsechzigjährigenso unruhvoll, denoftalsmildGerühmtenso streng gesehen. Nach Antonellis,seines Feindes,Todwar ervonPerugia nachRomberufenwordenundhattedort stillfür sich gelebt.Er wolltenicht ausfallen. Schonwar ihm geweissagt worden,erwerdePiusaufdemStuhl Petri folgen.Erwar bereit,hatte dieZeitderVerbannung nicht ungenützt gelassenundbebtenundochim Jnnersten,dadieEntscheidungnahte. Pius selbst,dessenstarkeHerrennatur sichgegenjedeErkenntnißkränkenderWahrheit sträubte, hatteinseinen letztcnLebenstagen einsehengelernt,wieviel,wieUngeheuresdemPapst-. thumverloren undwienöthigeswar, derKirchenmachtneue, festere Fundamentezuschaffen.WarsolcheAufgabe nichtamEnde zuschwerfür einenhinfälligenGreis,dereinmal nur,alsNuntius inBrüssel,in ein EckchendesWeltgetriebes geblicktundsichstets mehralsGelehrtendenn alsstreitbarenKirchenfürstengefühlthatte?Unddennoch:konntenichtge- rade in demschwachenLeib desCarpinetersderHerrdasWunder wirken, daserdemrobusten SiegerbewußtseindesneuntenPiusversagthatte?Der Kämmerer harrtedesHerrn.RingsumwurdeeifrigandemGespinnst»ge-

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arbeitet,dasihnumgarnen, ihnvonderMehrheitimHeiligenKollegium absperrensollte.Erschiennichts zu merken und erwidertestichelndeAndeu- tungen mit demHinweisauf seinen nahenTod.DieHand,die destoten Papstes Schläfedreimalmit demsilbernenHammerberührt-e,zitterte nicht nnd fest klangdieStimme,diefragte: Schläfst Du,Johannes MastaiP Dannaber erlahmtedieNervenkraft. Joachim Peceiwurdevoneiner Un- ruheergriffen,dienievorheranihm gesehenward. Erschliefwenig,tauchte, woman ihn nichterwartete,plötzlichaufundhatte einenhastigen Befehls- haberton,derseinemWesen früherganzfremd gewesenwar. Soauf- fälligwar dieVeränderung, daß,alservor demKatafalkin derSir- tinischen KapellenachderTotenmessedieAbsolution ertheilte,derKar- dinalOregliademKardinal Guibertzutuschelte:»Der rührtdie Werber- trommel!«..Das war amfünfzehntenFebruar 1878. Amnächsten Tagewurde Piuseingesargt; Tannenholz, Blei,Ulmenholz umfingen mitdreifacherHülledenruhenden Leib, sechsSiegel verschlossendenSarg, derFischerring,denderLebendeso langegetragenhatte,wurdezerbrochen undjedes Stück,als einekostbareReliquie,einemWürdenträgeranvertraut.

Wieder versammelten sich,alsdie Rede Pro Pontifice eligendover- klungenwar,dieKardinäle, wiederriefen siezumHerrnundflehten,ihren Sinn zuerleuchten; dannstand jeder, dessenNamegenanntwar,auf, schritt zumAltar hinundlegte seinenStimmzettelin einenKelch. Acceptasne electionemde tecanonice facto-min Summum Pontificem? Knieend richteteeinDechantdietraditionelle FrageandenKardinalPeeci. Erhatte desHerrn geharrt:erfolgtedemRufdesHerrn.Alsman ihn wegführte, sollereinerOhnmacht nah gewesensein. Doch eheerruhen durfte, mußte erden ganzenPompderHuldigungfeierhinnehmen.Die Dienerkleideten ihninweißeGewänder.Diakonewarfenvorihm Kerzen nieder-,daßsieer- loschen,undriefen:Wiedieses Licht,so vergehederweltlicheRuhm! Auf HändeundFüße, aufdenSaum seinesKleidespreßtensichheißeLippen.

VonderHöheeinerLoggia herabbreiteteerdie Armeaus undsegnetedie Ewige Stadt,segnetediekatholischeChristenheitUndalsbald wardver- kündet,derneue PapstwerdesichLeodenDreizehntennennen, umsichals einenVerehrerLeosdesZwölftenzuzeigen,desstrengenHerrn,derwider FreimaurerundandereKetzergewütshet,imJubeljahr 1824eineBannbulle erlassennnddieJesuitenzuneuer Macht geführthatte.

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Das gabeineUeberraschungDerKardinal-Kämmerer hatte für

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einen mildenMann gegoltenund alsein liberalerPapst, hießes,würdeer

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dasWeihezeichendesTriregnum tragen.Zwar hatteerinheftigen-Brieer anVictor Emanuel gegen dieBesetzungdesKirchenstaates,gegen die Be- lästigungderKongregationenund gegen dieCivileheprotestirt, Priester,die vomPapstdenVerzicht aufdieweltlicheMachtzufordern gewagthatten, mit derSuspensionadivinis bestraftundRatazzi hatte ihneinen bis zur Grausamkeit unbeugsamen Geist genannt. DochdasAlleswar unter der HerrschaftdesunerbittlichenPius geschehen,in derersten Zeit leidenschaft- lichenWiderstandesgegen denUsurpator,und andereStimmenhattenge- sagt, dieserKardinal,dereinGelehrterundeinDichter sein wolle, werde, sobalderselbständighandeln dürfe,sichvondernatürlichenSanftmuth seines Wesensleitenlassen.Und nun, wieumjede schüchternsteHoffnungzu enttäu- schen,beiderNamenswahlschondieErinnerungandenMann,derdieGefäng- nissederanuisitionwiedergeöffnethattePAlsCruxdecruce hatte Piusder NeunteaufderKirche gelastetundabertausend unerfüllteWünschehatten auf Peccis WappenspruchLumen incoelo sehnend geblickt.Sollte der Strahldieses LichtesdiezartenKeimejungenHoffenswegsengen?...Die Meinungenbliebengetheiltund«dasCharakterbilddesneuen Oberhirten war,von derParteienHaßundGunst verwirrt, lange nichtklar zuer- kennen. Er wirduns mitSkorpionenpeitschen,sagtendieEinen;die An- deren:Auf Petri Stuhl sitzteinJakobiner. InbeidenLagern suchteman Trostim Anblickseiner GebrechlichkeitDaswar nichtPius, dessenGestalt bis insGreisenalter straff gebliebenwar unddessenfleischigerHerrscherkops voninnerer Gluthgeleuchtethatte.Dieses längliche,knochige,bleicheAsketen-»

hauptmit dendünnen, blutlosen Lippenwürde die Tiaragewißnur kurze Zeit tragen;diesen dürren, fastdiaphanenLeib würdensiebaldaufdas rothe Totentuchbetten. Kaumhieltersichaufrecht.UndschonamTageder Huldigung,als er,selbstweißundschlankwie eineWachskerze,schwankend durchdasSpalierderKerzenträgerschritt,wurdein allenWinkelndesBa- tikansgeflüstert:EinsterbenderPapst!Seine Heiligkeitwirdnicht lange unterunswandeln. Ueberein KleineserlischtdiesesblasseLicht»

Nonvidebit annos Petri ...EinVierteljahrhundert ist seitdem vergangen; undnochimmerhältdernun Zweiundneunzigjährigeinent- fleischtenHändendenHirtenstab. Nochimmer schwebter, wie einweißer Schatten,anhohenFeiertagenüber denstaunendenHäupternderGläubigen dahin. Nochimmerauch rührtermit unverminderter Kraft für seineSache dieWerbertrommel.Ebenerst haterineindringlichenWortenderKetzerheit gerathen,in den wärmenden SchoßderkatholischenKirche heimzukehren.

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Dennnur dalassesichgut sein. Daß VernunftUnsinnwirdundeinemate- rialiftischeWeltauffassungdasGlück derMenschheitnicht mehrt, sei längst dochoffenbar geworden.Was habedieFreiheit genützt,dieForschung,all derschöneWahn,derseitdenTagen derResormation durchdieHirnespukt?

DieMoral ist zerrüttct,dieGrundmauern derStaatenwanken: so strafe, so rächederHerrdenAbfallvom wahrenGlauben. Leo derDreizehnte hat dieEncyllika,in dieerso hart rügende Sätze schrieb, sein Testament-ge- nannt. UndderGreis,deranderSchwellederEwigkeitschwachenMenschen solchenScheidegrußsendet, hießseit elf Jahrender moderne Papst.

Der Namegebührteihmundwirdihm, trotzdemTestament,bleiben.

Als Antonelli gestorbenund derBlickdesPontifex nichtmehr durchtrügende Schleiergehemmtwar,hatte Piusgeseufzt: »Mein Nachfolgerwirdvon vorn anfangenundeine ganz anderePolitiktreibenmüssenalsich!«Das hatteauchLeo erkannt. ErfanddasPapstthumderweltlichen Herrschaft beraubt undwarzuklug,umsichderHoffnunghinzugeben, diesenVerlust könne dieZeit jewiederausdemBuchderGeschichtetilgen.Unddiefeinen NervendesErbensiihltennoch schlimmerenVerlust.DiehierarchischeZucht warstrafferalsje; Piushattedafür gesorgt,daßderRiesenkörperderKirche demleisestenDruck desZügels gehorchte. Doch dieseKirchewar in dermo- dernenWelteinFremdling geworden;nichtdenKetzernnur,nein:auchvielen Gläubigen.Ueberallmühtesie sichinfruchtloserWillensanstrengung, Fal- lendes zustützen,war alles Werdenden Feindundnirgendsneuen Wün- schenerreichbar.EineehrwürdigeRuin,diesachtverwittert. Wohl galt nochimmerdasstolzeWort: Stat crux, dum volvitur orbis. Stand aberdasPontifikat so festwiedasHeilandskreuz,konnteesohnein- nereWesenswandlungallenkommenden Stürmen trotzen?Leohat sich oftalsVerehrerdesHeiligenThomasbekanntundgewißimArchivdes Klosters aufMonte Cassino,wodas scholastischeGeniedeserwachsenden Neapolitaners gebildet ward,einmal dieweisenWorte gelesen,die Cremo- nini,Galileis Freund,schrieb:Mundus nunquam est;nascitur Sem- peretmoritur. Niemals isteineWelt;injedem Augenblickwirdsieund stirbt.EingutesLeitwortfür Einen,derdieMenschenweltewig welkender, ewigerneuter Jllusionen beherrschenwill.NichtanVergehendes darfersich klammern.Soaberhatte Piusgethan.Derwarzufrieden gewesen,wenn sein hitzigesTemperament sichinprachtvollen Unwettern ausgetobt hatte.

VonkeinemKompromiß,keinemPaktmitfeindlichen Mächten mochteer hören.SeinFluch, darangabesfür ihnkeinenZweifel,drangin denHimmel

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undrichottes Strafgericht aufder SünderunreineSeelenherab.Wie Vielen hatte ergeflucht,dieihrHauptnochaufrechttrugenundungebrochenenMuthes vorwärts schritten!Von einer anderen Methode hoffteLeoGewinnfürdieauf allen Seiten bedrängtePapstkirche.KeinefleischlicheWallung schienüber denhagerenGreisMachtzuhaben;niesahman ihn zornig,nie kamaus seinemMunde einschrillerTon. ErnahmdasalteProgrammderchrist- lichenPlatonikerwiederaufUndfolgtedenSpurendesDoctorAngelicus.

WiedieKirchenvätersichbemühthatten,diePhilosophie,dieKulturschätze derHellenendemneuen BedürfnißderjungenChristenheitanzupassen,wie ThomasvonAquino einen großenTheil seiner KraftandieAufgabege- setzthatte,denaristotelifchenGeistin dasBewußtseinder Katholiken hin- überzuretten,sowollteLeonun KircheundWelt,Glauben undWissenver- söhnen.Allzu langewar dieKircheeinHemmnißauf allenWegenderCi- vilisation gewesen;siesolltekünftig,gerade sie,derKultur denrechtenPfad weisen.WashalfendieFlüchegegen denneuen Geist?Manmußsichmit ihm einrichten, ihm LuftundLichtgönnenund, währenddieLinkeihn strei- chelt,mit derRechtenunter väterlichemZuspruch ihmdiedrohendeWaffe entwinden. DieMenschheit mußwiedererkennen lernen,daßauchdie WissenschaftchristlichenUrsprunges istunddaßkeine unüberbrückbareKluft denForschervom Gläubigentrennt. Das wardasZieldesneuen Papstes, mußtedasZieleines Mannes sein,derdenMusen nichtmindereifrigals feinemGottdiente,Dante zärtlichliebte und diecieeronischenPerioden seiner Hirtenbriefeso sauber feilte,alslangeernachdemRuhmeinesLiteraten.

DerKirchenstaatwarverloren,seitamzwanzigstenSeptember1870 dieitalienischenTruppen durchdiePorta Piain Romeingedrungenwaren undVietorEmanuel gesagt hatte:CiSiamo,ciresteremo. Nochwardie Wundezufrisch,dieGewaltderTradition zugroß,alsdaßderNachfolger des neunten Piusdaran denken·konnte,mitdemMinderer seiner Macht Friedenz1ischließen.Erblieb der im VatikanGefangeneundprotestirte, wann diePflichtesgebot, pünktlichgegendenRaub. Dochin der Stille MagLeosichoft gesagt haben, daßdieserRaubein GlückfürdieKirchewar.

Jede weltlicheHerrschaftwecktHaß;undeinleidenderPapst ist stärkerals sein imPrunkeinesHofstaates tl)ronender.EineKirche,diewirklicheccle—

Siarum omnium mater etcaput sein will, brauchtkeineHausmacht undwirddurch allzuengeVerbindung miteinembestimmtenLande in ihrerPropagandaehergehemmtalsgefördert.JneinerZeit,woin den KanzleienallerGroßmächtedieVerträge sichzu kleinenGebirgen häufen,

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hatLeokeinBündniß gesucht; ihm ist zuzutrauen, daßerjedeBundes- genossenschaftabgelehnt hätte, selbstwenn ihmalsPreisdieWiederher- stellungdesKirchenstaatesversprochenwordenwäre·WersichheuteEinem ganzhingiebt, hatmorgenmindestenseinenFeind; undderPapstwillsich dieMöglichkeitfriedlicherVerständigungmitallenmodernen Mächtenbe- wahren.AlsamzwölftenNovember 1890 derKardinal Lavigeriein Al- gierdasfranzösischeGeschwaderin einemTrinkspruch begrüßte,in dem ge- sagtwar,derKatholikkönnesichmitjeder Staatsform abfinden, hieltman dasaufderZungeeinesKirchenfürstenrevolutionärklingendeWortfürdas Zufallsprodukteiner Laune.Mansolltebalderfahren, daßessehr ernstge- meintundmehrwarals einBekenntnißpersönlichenGlaubens. Leohatte sichderMahnung erinnert,die TotenihreTotenbegrabenzulassen.Sein Zielwarnur zuerreichen,wenn dieKatholiken unfruchtbaremGrollent- sagtenKundaufhörten,sichalsGehilfenderReaktionverhaßtzumachen.

SchonvorzwanzigJahren schrieberandiespanischenBischöfe,dieBehaup- tung,dieReligion seiandasProgrammeinerpolitischenPartei geknüpft, müssealsJrrlehre bekämpftwerden. Das dünktManchenbanaleWeis- heit;wer aber vergangener nichteinmal allzu langevergangener-

«-Tagegedenkt,wirdsichhüten,solchesUrtheilzufällen.Ueberallwaren dieKatholikendieTrägeroderdochdieSchutztruppenderReaktion. Gegen dasSchisma,dieReformation,dieRevolution,denKulturkampfballtensie- dieFaustundkonntendieEntwickelung dochnicht aufhalten. Rußlandwar demrömischenPriesterkönignicht zurückzugewinnenzinFrankreichzog kein neuerRoyvondesPapstesGnadenein ; und daspolitischeWerkLuthersund- Bismarcks spottete ohnmächtigenZornes.EinZustand,derdieKatholiken zudumpferThatlosigkeitverdammte,durfte nichtdauern.LeoTolstoi,derHei- landmüderArtisten,konnte den Völkernpredigen,hinterihnenliegedasHeil, undsiezurUmkehrermahnen.EinPapst,der wirken,WeltundKircheversöh- nenwill, darf nichtdasDysangeliumverkündenlassen,jedervorwärts füh- rendeSchritt seieinVerbrechen,eine Sünde widerdenHeiligenGeist.Jn«

denKöpfen,selbstin denenoft,die derGlaubenochnichtfloh,wachtein uraltes Mißtrauen; immerregtsich,wennvondenLebensrechtenderKirchegesprochen. wird,anderenMauer die drei Worteuniversitas, antjquitas, unitas locken undschrecken,dieFurcht,dieTagederGregor undJnnozenzkönnten wiederkehrenunddielähmendeMachtderTheokratie,die Gräuel derJn- quisition zurückbringen.DieseGespensterhatderEntschlußLeos des Drei- zehnten verscheucht.ErhatdieKatholikenzupolitischerArbeitgerufenund

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vonihnen verlangt, sichindieZeitzuschicken,soschlimmsie ihnen auch schrineErhatdenBundgebrochen,der dieSchicksalevonThronundAltar an einanderkettensollte.ErhatoffenundfeierlichFriedenmit der Demo- kratie geschlossen,dieso lange vonderKirche bekämpftwordenwar..

DerErfolg hat fürihn entschieden.AlseranRampolla,der damals Nuntiusin Madrid war,schrieb,dieBischöfesollten sichvonderkarlisti- schenAgitation fern halten,alserMonsignore Czacki,denpariserNuntius, mitderMission betraute,zwischenderRepublikUnd derKurie einen modus vivendi zuschaffen,schütteltemancher KardinaldasHauptund Wisperte,daslnmenin coelo habe sichalseinIrrlicht erwiesen. Ietzt ist längstjeder Zweifel verstummt. InAsien undAfrika sinddie Quadern deshierarchischenGefüges festeralsje gefügtund inEuropa istdie MachtdesPapstthumsüber alles Erwarten gewachsen;sogarmitRußland hatderklugePolitiker auf PetriStuhl sichverständigt.Im Karolinenstreit hat BismarckihnzumSchiedsrichtererkürt undWilhelmderZweite hat seinen Rath erbeten,als derVersuch gemacht wurde,denArbeiterschutzdurch internationale Gesetzezuregeln.SoGroßes, so Ungeahnteswurdeerreicht, trotzdemderPapst offenerklärthatte,dieKirchewerdenichtunter allen UmständenmehrdenaltenDynastieneinenstützendenRückhaltbieten.

DenFriedenmit derDemokratie hattenMännerwie Montalembert undLacordairelängstempfohlenundmit lauterer Stimme alssie hatteLa- mennais gesprochen.ErschufdenBundzurVertheidigungderreligiösenFrei- heitundbemühtesich,vondemebbendenStrom derkatholischenInbrunst zu den modernen LebensmächteneinenWegzufinden. DieKirche, sowollte er,sollteim werdenden BewußtseindesIahrhunderts festeGrundlagensuchen undihreDiener sollten sichohneVorbehalt ausdenBoden derCharte stellen;

vorallenDingenabersolltedie KirchevomStaat,derStaat vonderKirche frei sein. InallenZungen klangen seineParoles d’uneroyant über die Erdehinundkündeten die Souverainetät derchristlichenVölker. DerBann- strahl,denGregorderSechzehntegegen denunbotmäßigenPriester schleu- derte, traf sein Ziel nicht;dieEneyklikaMirari vos ist vergessenund Lamennaislebt inderGeschichtedesKatholizismusalseinerderstärk- stenWirkerdesneunzehnten Jahrhunderts Vorihm schonhatteSamt- SimondenPapstalsRetter aussozialer Noth angerufen. ImNouveau Christianisme stehendieSätze: »Das wahre Christenthum muß auch für dasirdische-,nichtnurfürdashimmlischeGlück derMenschen sorgen.Dem Papst-istdieAufgabegestellt,dieGesellschaftnachdensittlichenGrundsätzen

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desHeilandszuorganisiren.Esgenügt nicht,denGläubigendieGottes- kindschaftder Armenzupredigen;diestreitbare Kirchemuß rücksichtlosalle Machtundalle Mittelanwenden,umschnelldiemoralischeunddiephysische LagederKlassezubessern,derdiegrößteMenschenzahlangehört.«Undein Schüler Saint-Simons, derjüdischeBankierIsaac Pereire, wiederholte denRufdesMeisters,alsderKardinal PeccizumPapst gewähltwar.

»Wie konnte«, riefer,»dieKirchebisheuteverkennen, daßdie Wand- lungderWeltnichteinruchloses, antichristlichesWerkist, sondernvon derVorsehungvollendet ward,um dentiefstenGedanken desChristen- thumesinseinem göttlichenGlanzzuenthüllen?Nie wardvonderKirche dieErfüllungeinerschöneren,ihres Stifters würdigerenPflichtgefordert.Jst sienichtzur MutterderWaisen,zurSchützerinder Unterdrücktenbestimmt?

SiehatdieSklavereider-HeidenzeitbeseitigtunddasJoch derFeudalherren gebrochen: sie muß auchden modernen Arbeiter ausdenBanden derHörig- keiterlösen.Nurdiestarke-OrganisationderkatholischenKirche sichertein sozialesWirkengroßenStils. Solche Wirksamkeitwirderst möglich,wenn über denGesetzgebern,denGelehrten,denFabrikanten Apostelstehen,Missio- nare, diebereitsind,ihrLeben demHeilderMenschheitzuopfern,unab- hängigeMänner,die denMuth haben,AllendieWahrheitzusagen.Und wo wärensolcheMännerzufinden,wenn nichtimBereichderKirche?«

Wirwissennicht, welchedieserStimmen bisansOhrLeosdesDreizehnten drang.Dochwassie ersehnten, hatervorzubereiten versucht.Amfünfzehn- ten Mai1891 ergingandieehrwürdigenBrüderimkatholischenGlauben dieEneyklikaDeconditione opificum,die mit den Worten begann:Re- rum novarum semel excitata cupicline·..DieNeuerungsucht,ander seineVorgänger sich-geärgerthatten,wareinFaktor geworden,mit dem der Papstrechnete.Bis zudiesemTaghattein Romnur alteMünze gegolten.

Oft ist seitdemdiesozialeAktionverhöhntworden,die damals soge- räuschvollbegannundsoschnellwiederendete.Von denüberfchwänglirhen Hoffnungen,diesichansLichtwagten,alsderPapstdenPilgerngder französischenArbeiterim Vatikanempfing,ward keineerfüllt,konnte keine erfülltwerden. NurfrommeEinfalt verstieg sichbis zu demWahn,der HeiligeVatervermögemiteinem WinkseinesZauberstabesdieNöthezu lindern,unter deren·wechselndenFormendieMenschheitseitJahrtausenden ächzt. Dennoch folltendieSpötterihren Witz fürbessereGelegenheitspa- ren.Eswar einegroßeStunde,die ineinem mit derTiarageschmückten HauptdenEntschlußgebar, »insVolk zugehen«unddieDynaftien,den

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garizenHeerbanndersichalleinlegitimdünkendenMächteihrem Schicksalzu überlassen.EinstwerdenspäteThomistenvielleichtdemaufhorchendenErdkreis künden,daßindieserStundedieRenaissancederkatholischenKirchebegann.

DieKirchekannwarten;undklugePäpstewaren immergeduldig:

patiensquiaaeternus. DieStarrheitist gewichenundin derGemein- schaftderGläubigenneuesLebenerwacht. Schon wagtman,vonReformen zureden,werdendie altenMauern untersuchtunddieHand,dieauf hohle Stellen weist, braucht nichtzuzittern.Werhatsichfrüherum die Send- schreibendesrömischenBischofs gekümmert?Jetztwerdensievonallen Gebildetengelesen,vonGelehrtenundPolitikern kritisirtundin derakatho lischenPresse besprochen.Das Papstthum istwiedereinegeistigeMacht geworden undmählichlösensichnun auchdieMärchenschleier,diedieseJn- stitutiondemAuge verhüllten.Niemand glaubt heute noch, daßallePäpste einorgiastischesSchlemmerleben führen;dieBorgia sind auchim Vati- kan ebenso seltenwie dieHildebrandAlsGutzkowseinenRationalisten- roman gegen denrömischenZauberer schrieb,saherdenPapst nochalseine Riesenspinne,die Allesaussaugt,wasihrflatternd naht,alleregsamenKräfte zuumstricken strebt. Undvielspäternoch,dalängst schonderRuhmdes JungenDeutschlandverblichenwar,dachtenwir,wennvomPapst gesprochen wurde,anBenediktdenVierzehnten, der, währendervonderLoggiader PeterskirchedenSegen spendete, sichselbstden größtenBetrüger genannt haben soll:»JnderMengedauntenbetrügtEinerdenAnderen;undich betrügesieAllei«Wirsindnüchternergeworden, skeptischer,dochauch ge- rechter.Wirstellenuns vor,daßesimVatikannichtanders zugeht alsfan anderenHöfen;nur sinddieHöflinge,istdieBureaukratie daklüger,nach verniinftigererAuslese aufdie Höhegelangt.UnddiesesGewimmelbeherrscht nichtdieSucht,dieGeisterzuknebeln,derarmen Menschheitihr Bischen Glückzu rauben undalles Licht,alleLebensluft auszulöschen.Essind Menschen,dieihrekleinenGeschäftemachenundmeist wohl überzeugtsind, daß illrWirkendergroßenChristengemeindefrommt.DerGreis,demsie gehorchen,wirdvonTodseindendesKatholizismus bewundert,aberkaum vonEinem,derihm nicht unterthan ist,gefürchtet.Romhatdenschrecken- den Nimbusverloren;undLeoderDreizehnte istder moderne Papst.

GebührtihmderName wirklich,auch nachderneusten EneyklilaP Auchsie istvoneinemgebildetenManne verfaßt.WieLeo, so haben größere Pessimiftenüber die»Erru«ngenschaftenderNeuzeit«geurtheiltznurhaben siedenEnttäuschtendannnichtdasältesteHeilmittel angepriesen:die klielis

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gion.Das abermuß jeder Papst thun,wenn ersich selbstnicht aufgeben will.Er kannnur gerade somodernsein,wieesderRangundderPflichten- kreis,in denergebannt ist, ihmerlaubt. Doch solcheGrenzen sindin der WeltderInteressenundLeidenschaftennichtnur Päpsten gesetzt.

DerSchülerdesHeiligenThomas spricht heute nichtanders als früher. SchonvorelfJahren schriebcr,dieFundamentederGesellschaft seien erschüttert,weilsie sichvom rechten Glaubenabgewandthabe.Die alteFormel,diejetztnur überrascht,weilman denPapstmit moderneren Dingen beschäftigtglaubte.An dasOhrdesZweiundneunzigjährigendringt vonden-wirrenGeräuschenderWeltlängstwohlnurnocheinfernesBrausen.

Erahntnicht, welcher Zwiespalt sichin denGemüthernaufgethan hat;

und wüßteers: ervermöchtedieKluft nichtzuschließen.Man könnte einenPapst träumen, der Jesu Lehre nachlebte,allemGlanz entsagtcund mit den ArmenalsArmerhauste.Er wäre eineinteressanteGestalt,dochkein Papst mehr, nichtdieweithin leuchtendeSpitzederPyramide,die inlanger Säkulararbeit von denfeinsten, erfahrensten Geisternaufgethürmtworden ist.EinPapstmag modernsein,dieZeichenderZeiterkennenunddasSchiff- leinPetrivomBallastderJahrhunderteentbürden: erbleibtderHütereiner Institution, die,umzudauern, seinmuß,wiesieist,wiesieimmerwar.- Leo derDreizehnte hat durch klugen Takt, durch stille Benutzung allerKonjunk- turen,erreicht, daßdieGebildetenseiner Stimmewiederlauschen, ihnohne voxurtheilendenHaßhörenlernten. ErhatdiestärksteOrganisation,dieje ersonnen ward,demAnspruchdesneuen Tages angepaßt.Seine politische Technikwar ganzmodern, somodern,daßjederStaatsmann, jederGroßindu- strielle siemitNutzen studirenwird. DaaberendetauchdesMächtigsten Macht.DasLebenswerkeinesungewöhnlichenMenschen reichtekaumhin, um dasDaseinsrechtderkatholischenKirchezusichern,umzuzeigen,daßin jedem Staat,mitjedempolitischenGlauben einKatholikdemDogmatreu bleiben undseligwerdenkannNun abernaht ein andererKampf,dernichtNoni allein, sonderndietiefstenWurzelnderChristenlehre bedroht. Langsam dämmertderMenschheitdieErkenntniß,daß sie wählen,neueSittlichkeit suchen,sicheineneueGeistesheimathschaffenmuß.DasGebet,dasvonder Lippe gelalltundvomHandeln auf SchrittundTritt verleugnet wird,der leere KultkraftloserHeucheleihilft nichtweiter. DerPapst,derdiesenKampf zubestehenund ausdenRuinendieHerrschaftderKirche ungemindertzu rettenve.rmag,. wird dasgrößteWunder derChristengeschichtewirken.

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