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Archiv für Religionswissenschaft, 1927, Bd. 25, Bd. 1.

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(1)

ARCHIV FÜR

RELIGIONSWISSENSCHAFT

V E R E IN T MIT D E N

BEITRÄGEN ZUR RELIGIONSWISSENSCHAFT

D E R R E L IG IO N SW ISSE N SC H A FT L IC H E N GESELLSCH AFT IN STOCKHOLM

UNTER MITWIRKUNG VON

O .K E R N • E .L IT T M A N N • E . N O R D E N • K. T H .P R E U S S R. R E IT Z E N S T E IN • G. W ISSO W A

HERAUSGEGEBEN VON

OTTO WEINREICH u n d M. P. NILSSON

T Ü B IN G E N L U N D

F Ü N F Ü N D Z W A N Z I G S T E R B A N D

MIT EINEM SYSTEMATISCHEN VERZEICHNIS DER MITARBEITER UND IHRER BEITRÄGE IN BAND 1—25

GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG

DER RELIGIONSWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT IN STOCKHOLM UND DER NOTGEMEINSCHAFT DER

DEUTSCHEN WISSENSCHAFT NEW YORK

V E R L A G U N D D R U CK V O N B. G. T E U B N E R • L EIPZ IG • B E R L IN 1 9 2 7

(2)

l)4<62)

(3)

Inhaltsverzeichnis.

Erste Abteilung: A r c h iv f ü r R e lig io n s w is s e n s c h a ft.

I. Abhandlungen.

Zur Gemma Augustea. Von A. v. D o m a s z e w s k i f ...

R eligiöse Anschauungen der Semang über die Orang hidop (die Unsterb­

lichen). Yon P. P. S c h e b e s t a S. V. D. in Mödling bei W ien (Schluß zu Bd. XXIV, S. 2 0 9 ) ...

Die altperuanische Religion. Von R. K a r s t e n in H elsin g fo rs...

Totengebräuche und Gräberkultus im heutigen Griechenland. Von B. S c h m i d t + (Schluß zu Bd. XXIV, S. 2 8 1 )...

D ie Verehrung Tschingis-Chans bei den Ordos-Mongolen. Von W. L ü d t k e in H a m b u r g ...

Der Gott Al&v in der hellenistischen Theologie. Von M ax Z e p f in Karls­

ruhe i. B...

Elysium und Insel der Seligen. Von P a u l C a p e lle in L e m g o ...

Der angebliche Eselskult der Juden und Christen. Von A d o l f J a c o b y in Luxemburg...

II. B erichte.

Religionen der Naturvölker Indonesiens. Von W. H. R a sB ers in Leiden . Vedische Religion (1915—1927). Von W. C a la n d in U t r e c h t ...

Literatur des Judentums. Von O sc a r H o lt z m a n n n in Gießen...

III. M itteilungen und H inweise.

Kleine Beiträge zur Volkskunde und Religionswissenschaft. Von H e in r ic h L e w y in Berlin. 1. Zur Vorstellung vom N eide der Götter. 2. Ein Ab­

wehrbrauch. 3. Zwei Bräuche byzantinischer Juden. 4. Ein kirchliches Speiseverbot. 6. R einigung des Heiligtums. 6. Ehegesetze für Priester.

7. Haarscheren als „rite de passage“. 8. Zu einem Pythagoreischen Sym- bolum. 9. Zum Gedanken der Talion. 10. W ahl der Strafe durch den Strafbaren. — Die altrömische und die hethitiscbe evocatio. Von L. W o h ie b in Freiburg i. Br. — Zur theoretischen Begründung der Theurgie im Neuplatonismus. Von K a r l P r a e c h t e r in Halle a. S. —

Seite 1

5 36 52 83 225 245 265

130 283 295

(4)

IV Inhaltsverzeichnis

Das Amt der Kolakreten. Von B e r n h a r d L a u m in Braunsberg (Ost­

preußen). — Danae und der goldene Regen. Von L. B a d e r m a c h e r in Wien. — Das Judentum als geistige W eltreligion, w ie es als BoJche Ein­

gang in die Kulturwelt Roms gefunden. Von L. T r e i t e l in Laupheim i. W ._

Die zehn Gebote ursprünglich eine Felseninschrift? Von B. G a b ir o l in Lwow. — kvravQcc. Von O tto W e i n r e i c h in T ü b in g e n ...

Brot im Liebeszauber. Von F. E c k s t e i n in Freiburg i. Br. — Beim Schwerte schwören, ein indogermanischer Kriegerbrauch. Von I. S c h e f t e l o w i t z in Köln. — Das Amt der Kolakreten (Nachtrag). Von B. L a u m in Brauns­

berg. — Zur Geschichte der Ostereier. Von Edmund 0 . von L ip p m a n n in H alle a. S...

Zweite Abteilung: B e itr ä g e z u r R e lig io n s w is s e n s c h a f t der Religionswissenschaftlichen Gesellschaft in Stockholm.

Tod und Unsterblichkeit im vedischen Glauben. Von E r n s t A r b m a n n in U p sa la ...

R e g i s t e r zum vollständigen B a n d ...

S y s t e m a t i s c h e s V e r z e ic h n i s der Mitarbeiter und ihrer Beiträge in Band 1—25. Von O tto W e in r e ic h in T ü b in g e n ...

Seite

194

332

339

388

I

(5)

E rste A b teilu n g.

Archiv für Religionswissenschaft.

I. Abhandlungen.

Zur Gemma Augustea.1

Von A. v. D o m a sz e w sk i f .

Unter den Inschriften aus Ephesus ist die Laufbahn eines Beamten bekannt geworden, die zum erstenmal die Stellung des Procurator lori- catae in der Äm terfolge erkennen läßt.

Forschu n gen in E p hesos III 1 9 2 3 , 132 n. 46:

A . O veißiov F a io v v io v Ai\xi\La A ivxovX ov £7tttQ07t0v avxo%Qax0Q0g Nsgßcc Tqoüuvov K a iö a q o q E eßaaxov r£Q (iavm ov A<xy.lkov coro x&v Xoycov, AcoQEixdxrjg, Mßiag, TlavvovLag, JaXfiaxtag, fiovrjrrjg, in u o yo v s ilq g QXaovtag ß' 7toXeu&v 'P cofiatav, iiXiuQypv Xsyi&vog £' rsfilvvjg @iörjXsa)s, tn a q yo v xekxovcov, ßorjd'co2 A . TJo(inrjiov Ovtcelöhov KaxeXXlov KiXsQog o ö ä v va& v uq& v roTtcov ve örjfioöicov. K Xavöiog £xqvficav, KXavdiog ’EjtCyovog, KXavöiog Evrj^EQog, K la v S io v EtQ vfiovog v fo l aTCElEv&EQOv K X avdiov 'AgiötCcovog xov i'öiov EVEQyrjtrjv.

Von den militiae equestres gelangt der Geehrte zuerst zu der cen- tenaren Stelle eines procurator m onetae3, dann zu einer Reihe ducenarer Ämter, die in der trecenaren Prokuratur „a rationibus“ gipfeln. Die Prokuratur von Pannonia (und) Dalmatia ist damals noch, vor der

1 [W enige W ochen vor seinem Tode schickte mir mein verehrter Lehrer diesen Beitrag, dessen Sonderabzüge er „Den Freunden, die meines 70. Geburts­

tages so freundlich gedacht haben, zur Erinnerung“ übersenden wollte. Trotz des schweren Leidens, das ihn plagte, hatte er neue Arbeitspläne: „Ich denke mich nun wieder mehr mit römischer R eligion zu beschäftigen.“ Nun hat der Tod beide Absichten vereitelt, und so muß dieser letzte Aufsatz des treuen Mitarbeiters unseres Archivs in tieferem und schmerzlichem Sinne ein B latt in memoriam werden. 0 . W .]

* Fehler des Steinmetzen statt ßori&öv. 3 Rangordnung S. 129. 159.

A r c h iv f ü r R e lig io n s w is s e n s c h a ft X X V 1

(6)

T eilu ng der beiden Pannoniae, ein A m t.1 H ierauf fo lg t die gleich falls ducenare Prokuratur von A sia; endlich Procurator loricatae. Durch die S tellu n g über der Prokuratur von A sia is t es ersichtlich, daß es sich um ein e Z en tralstelle von R om h and elt, die B ed eu tu n g hat für alle P ro­

vin zen.2

D er Sinn von loricata, ergänze etw a classis, kann nur aus dem G egen ­ satz zu lev is arm atura3, der G esam theit der L eichtbew affneten, b egriffen werden. Es sind dies die S ch w ergepan zerten , also in der K aiserzeit die Bürgertruppen der L e g io n es, C ohortes praetoriae und urbanae.

D eu tlich ist diese Personifikation durchgeführt auf dem unteren R elief­

streifen der Gemma A ugustea. D ie L oricati richten das Tropaeum auf, w ährend die levis armatura und die classis, am Schifferhute kenntlich, die G efangenen herbeiführen.

In der Inschrift aus E phesus w ird die loricata als ein gesond erter T eil der F in anzverw altu ng genannt, w eil der Sold der B ürgertruppen aus dem Aerarium b estritten wurde, das diese B eträ g e dem fiscus Cae- saris zuw ies.4 A ber es ist kein Zufall, daß dieses A m t hier allein unter Traian auftritt, früher und später in dem G eschäftskreise des a ratio- nibus verschw in det.5 E s ist dies dann eine b ew ußte scharfe A bgren zu ng der k on stitu tion ellen Schranken des P rincipates, ganz in der A rt des P rinceps optim us.

D er Schild des Tropäums der Gemma A u gu stea trä g t das Zodiakal- zeichen des Skorpions. E s ist die N a tiv itä t des T ib eriu s6, ersetzt also den Nam en des Feldherrn, der son st b ei Sterblichen auf dem B e u te­

schilde steh t.7 Dadurch w ird das W irken des Mannes über das Irdische em porgehoben. D er ganze V organ g ist in eine id eale W elt versetzt.

D aher sind n icht einfach Soldaten dargestellt. Sondern die H eeresteile, w elch e die S ieg e erfochten haben, sind als Personifikationen g estaltet.

E ntsch eid en d w ar im Kam pfe die S iegesk raft der cives Romani, der lo­

ricata. So errichten sie das Tropäum , zu dessen Füßen G efangene jen er V ölker erscheinen, deren N ied erw erfu ng den S ieg erzwang. D ie H au p tgegn er der R öm er in dem großen A ufstand der Illyrier während der Jahre 6—9 n. Chr. sind die Pannonier. A uf ihre B esiegu n g b ezieh t

2 A. v. Domaszewski

1 R angordnung S. 149. * Rangordnung S. 150.

3 R . E . arm atura levis. 4 Neue Heidelb. Jahrb. 10, 234 f.

6 Hirschfeld Verwaltwngsb. S. 4 sind nur Unterbeamte genannt.

6 Abh. z. r. Rel. S. 14. 7 Polyb. 2, 2, 8. Vergil Aen. 3, 288.

(7)

O tto H irschfeld m it R ech t den S ieg e sta g vom 3. A u gu st des Jahres 8 n. Chr.1 D as z w e ite V olk , dessen G efangene von den A uxilia heran­

geführt w erden, sind dann die Dalmater.

Ich fo lg e b ei dieser D eu tu n g der herrschenden A nsicht, daß die Gemma A ugu stea den Triumph feiert, den Tiberius im Jahre 12 n. Chr.2 abhielt.

D iese A uffassung ist in F rage g e s te llt w orden durch W illric h 8, der vielm ehr den Triumph des Tiberius vom Jahre 7 v. Chr. erkennen w ill.

Ü ber die drei Trium phe des Tiberius b erich tet V elleius 2, 96, 3 im Jahre 9 v. Chr. huius victoriae compos N ero ovans trium phavit; 97, 4 im Jahre 7 v. Chr. tum alter triumplms cum altero consulatu ei öblatus esi;

121, 2 im Jahre 12 n. Chr. continuatione bellorum dilatum ex Pannoniis D alm atisque egit triumphum. Sueton Tib. 9 quas ob res et ovans et curru urbem ingressus est. Da A ugu stus selbst im Jahre 8 v. Chr. den Triumph ab geleh n t h a tte 4, so erscheint es w ahrscheinlich, daß Tiberius im Jahre 7 v. Chr. den großen Triumph, curru, g efe ier t hat.5

D er entscheidende Grund für W illrich, in dem jugend lichen Prinzen, Gaius Caesar, den Sohn des A ugu stus zu erkennen, lie g t in dem K riegs­

dienst, den Gaius im Jahre 8 v. Chr. am R hein g e le is te t h ätte. Cassius D io 55, 6, 4: o <T o v v A v y o v a x o g xovxo xe ovrcog in o ir ja s , neu xoig 6xqo riütrccig a g y v Q io v, ov% <x>g %cd KSHQarrjKoßi^ n a tx o i ro x o v avxoxQccxoQog ovofxa x a l a vxo g Xaßcov Kal tä> T iß eQ ia öovg. cd.li ori r o v r d io v i v xa lg y v (iv a 6 ia ig tote

tiq&tov övvE^STa^öfiEvov 6(pi6iv t6 '/o v s%(xqi6c{to.N iem and w ird doch annehm en w ollen, daß der zw ölfjährige Knabe, ein Prinz und Erbe des Thrones, sich um die A usbildung der Soldaten bem üht hätte. V ielm ehr muß es eine decursio ganz eigen tü m lich er A rt gew esen sein. So b erich tet S ueton N ero 7, 2 deductus in forum tiro populo congiarium, m iliti donativum pro- posu it indicta decursione praetorianis scutum sua manu praetulit. E s ist also eine Parade, bei w elcher der Prinz sich an die S p itze se tz te und durch ein Schildzeichen die B ew egu n gen le itete. Von w irklichen G e­

fechtsübungen in G egenw art des Kaisers sa g t Sueton Galba 6, 3 ipse maxime insignis, quod campestrem decursionem scuto moderatus. E s ist dem-

1 G. 1. L . I* S. 324. * Wiesowa Hermes 58 (1923) S. 377.

3 Geschichte der röm. Kupferprägung (1909) S. 176 f. E. Loewy Hendiconti della pontificia Accademia R om ana d i Archeologia 3 (1925) S. 49 f.

4 Dio 55, 5, 2.

6 Mommsen Staatsr. I, 136. 466. Für eine Ovatio entschied sich W issowa Hermes 58 (1923) S. 877.

(8)

4 A. v. Domaszewski, Zur Gemma Augustea

nach röm ischer B rauch, w enn Y ergil von A eneas sin g t Aen. 10, 26 1 clipeum cum deinde sinistra extulit ardentem. B ei Gaius’ jugendlichem A lter muß man für d ieses Feldherrnspiel nach einer tieferen V eranlassung suchen. D a b erich tet S ueton Claud. 1, 3: Ceterum exercitus honorarium ei (Druso) tumulum excitavit, circa quem deinceps stato die quotannis miles decurreret Galliarumque civitates publice supplicarent. D ie erste L eichen ­ feier ist eben die des Jahres 8 v. Chr. gew esen , und b ei dieser hat Gaius die S ch ein gefech te der d ecu rsio 1 g eleitet.

Gewiß eine sin nige E hrung des T oten und im G eiste des A ugustus.

A ber aus diesem V orgän ge k onnte der K ünstler nimm erm ehr die B e­

rech tigu n g herleiten, den Knaben als S ieger bei dem Triumphe des Tiberius erscheinen zu lassen.

D a die Trium phszene im Him m elsraum e sich abspielt, so m ußte der K ünstler den A ugu stus und die anderen G lieder der domus divina g leich den G öttern in ew ig e r Ju gen d b ild en 2, und auf die A rt, w ie er sie g e ­ sta ltete, hatte die Z eit des Triumphes k einen Einfluß.

1 Heidelb. Sitz.-B er. 1910 Abh. 4.

2 Oder sollte der Künstler den Augustus, der w ie Juppiter im Kreise der Gottheiten thront, als gebrechlichen Greis von 74 Jahren bilden?

(9)

Religiöse Anschauungen der Semang über die Orang hidop (die Unsterblichen).

Von P . P . S c h e b e s t a S. V. D. in Mödling bei W ien.

( F o r ts e tz u n g u n d S c h lu ß z a B d . 24, 209 ff.).

5. D i e O r a n g h i d o p b e i d e n K e n s iu .

D ie K ensiu sind der nördlichste Stam m des zusam menhängenden Sem ang-G ebietes. Ü ber ein ige religiöse A nschauungen der K ensiu von S ion g b erich tet W . S keat (P agan Races, London 190 6 , p. 2 9 0 ff.). Man inform ierte ihn über einen gew issen Ta Pönn ( = Ta Ped n), den Er­

schaffer der W elt, der das A ussehen eines m alayischen Raja habe, über dem niem and stünde. Er sei der Gemahl des Mondes, er lebe zusammen m it der Krähe, Ag-ag, die w iederum die Gemahlin der Sonne sei. Ta P edn sehe aus w ie ein Mensch; er sei aber w eiß w ie W olle. Ta Pedn soll vier K inder haben. W en n die R iang-R iangzikade ihr Zirpen er­

schallen läßt, dann sei es die Stim m e der Kinder Ta Pedns. Ta Pedns M utter ist Takell. S ie w ohne m itten in der Erde. D er V ater Ta Pedns soll ein g ew isser Kuka sein. Ein großer F eind Ta Ped ns sei Kakuh, der im W esten w ohnt. D ieser sei schwarz w ie H olzkohle. Darum sei der östlich e H im m el hell, der w estlich e dunkel. In jenem Him m el, w o Ka­

kuh w ohn t, sitze auch ein R iesenaffe als Torw ächter, damit er alle ab­

w ehre, die in den Him m el eindringen w ollen, um zu den dort w achsen­

den Früchten zu gelangen. A m Ende der W e lt solle alles diesem A ffen als B eu te zufallen. W. S keat sagt, daß er k eine jen er H im m elsbew ohner habe identifizieren können, von w elchen Vaughan S teven s berichtet; g e ­ m eint sind K aei (K ayei) und Pie.

E h e ich m eine Forschungen über die K ensiu-R eligion vorlege, schicke ich ein ige Erklärungen zu dem B erichte von S keat voraus. Kakuh ist ein V ogel (B erenicornis com atus, white crested hornbitt), nach den A us­

sagen der K ensiu ein böser V ogel. Ta P edn hat ihn darum n icht gern.

Er schn eid et ihm den Hals ab. (D er T o ten g eist wird zum Kakuh!).

Ä hnliche A nschauungen, w ie sie Skeat erzählt, habe ich bei den Sem ai am U lu B ertak in Pahang angetroffen. W ährend einer U nterhaltu ng über Enku (K arei der N egrito), der auch den Sakai bekannt ist, begann

(10)

6 P. P. Schebesta

die Zikade zu zirpen. S ofort verstum m ten alle Insassen der H ü tte und ließen die K öpfe hängen. A ls ich m ich m it einer F rage an meinen N achbar w andte, stieß m ich dieser an und sa g te leise: S ei still! N ach­

her klärte man mich auf, daß, w enn diese Zikade zirpe — es ist näm ­ lich das Kind Enkus — , man nicht reden dürfe, son st m üßte man sterben.

B ei den Sem ang selber habe ich nirgendw o etw as über die Zikade als V erw andte der G otth eit finden können.

M eine G ewährsleute bei den K ensiu waren in einem L ager am S ion g m ehrere Männer, an deren S pitze der alte Timun, ein Mann von etw a 7 0 Jahren. In einem ändern L ager auch am Siongflusse traf ich auf einen etw a F ün fzigjährigen, den Chef des L agers, dem ich überaus w ertv o lle K enn tn isse in der S em ang-R eligion verdanke. Ü beraus frischen G eistes und großer A usdrucksfähigkeit, red ete er sehr freim ütig m it mir.

Ich w eilte schon längere Z eit unter den K ensiu und hatte ein iges b e­

reits in Erfahrung gebracht. Mit diesen K enntnissen und jenen, die ich b ei den anderen Stäm m en gew on nen h atte, trat ich an D jelei heran, so hieß der zw eite Kensiu-Gewährsm ann. In der U nterhaltung führte ich dann das mir bekannte W ort K aei in dem mir bekannten Sinne ein.

D je le i g in g auch darauf ein. Er berich tete mir von Kaei, daß er allein sei m it seiner Frau Manoid; er sei etw as größer w ie die Cenoi aber w eiß von Farbe; er sei w ie ein raja.

D iese Schilderung le g te mir die F rage in den Mund, was es m it Ta P ed n und B eg jä g sei — und w ie es sich dam it verhalte, was mir die K enta erzählten, daß K aei im Osten, Ta P ed n aber im W esten w ohne.

D arauf sa g te D jelei: Dann haben sie dich b etrogen (typn). K aei das ist T a P edn, das ist ein und derselbe. Drüben am Perak sagt man K aei, w ir K ensiu sagen aber Ta Pedn, das ist der gleich e. Ta P edn w ohn t oben und m acht den D onner (K aei). Da ich ihn darauf aufmerksam m achte, daß auch er mir stets von K aei erzählt habe und n icht von Ta P ed n an tw ortete er: eben, w eil du damit schon bekannt w arst (sudak besah). Ü berall, w o ich K aei geschrieben habe, m üßte es aber Ta Pedn heißen. Auch sagte er, daß das T a vor Pedn soviel w ie To (G roßvater) heiße, ebenso w ie man vor Manoid das j a (G roßm utter) setzt. Manoid se i die Frau von Ta Pedn.

S päter erzählte D jelei, daß P edn einen jün geren Bruder habe, g e ­ nannt K alcegn. D ieser w ohne an einem Orte oberhalb Pedn, w elcher Ort TJwi heiße und das R eich der Fin stern is sei. K alcegn h alte eine Liane fest, an w elcher die Sonne b efestig t ist, w elch e er im K reise schw in gt. P edn habe A n g st vor seinem jün geren Bruder K alcegn, er m öchte die Liane aus der Hand lassen. D ie herabfallende Sonne würde alles zertrümmern und zu einem großen W asser machen. K a l c e g n i s t e i n H a la .

(11)

P edn und die Cenoi w ohnen unterhalb der Sonne, w o alles L icht s e i, während oberhalb derselben dichte Finsternis herrsche. Im A n ­ fänge w ar schon Pedn. E r h atte keinen V ater und keine M utter, nur eine Frau m it Namen Manoid. B eid e w ohn ten anfangs in der H öhe.

A uch die Sonne war schon da, aber kein e Erde. Da m achte der Tahöbn (m alayisch K um ang = M istkäfer) die Erde, indem er sie aus dem Schlamm zog. D ie Sonne trockn ete sie aus und m achte sie fest. Da P edn und Manoid die Erde sahen, stieg e n sie auf sie herab. A ls die Erde war, wurden auch Bäum e aus ihr. T iere gab es noch k eine und keine Menschen. P edn und Manoid erhielten zw ei Kinder, und zw ar auf fo l­

gen d e W eise. Manoid träum te von einem Kinde. S ie bat P edn um das Kind. Pedn g in g aus, um eine F ru ch t zu holen. E r b reitete ein Tuch aus und ließ die Frucht hineinfallen, w elch e zu einem K inde wurde, das zu schreien begann. Es war ein Knabe. Manoid träum te abermals, diesm al von einem w eib lichen Kinde. S ie bat ihren Gemahl um das Kind. P ed n m achte es ebenso w ie das le tz te Mal. D ie Frucht, w elche in das Tuch fiel, w urde zu einem Mädchen. D er Knabe hieß Capon (in der F abel ist er identisch m it dem K akuh-V ogel, dem gefleckten Nashorn­

v o g el) das Mädchen Pcfig. (D iese ist id en tisch m it baul, der Schild­

k röte in der Fabel.) B eid e waren natürlich Cenoi-Hala. D a keine an­

deren M enschen da w aren, heirateten die beiden einander und erhielten Kinder. Von diesen sind besonders bekannt E n 'og'n und K adjegn, beide sind E n kel Ta Pedns. D a En'og'n an einen F elsen kam, hörte er in seinem Inneren Rauschen. Er schoß einen P feil h in ein , so daß das W asser hervorquoll. Dadurch ist er berühm t gew orden.

Pedn verließ später die Erde und g in g in den Him m el hinauf, während sich Manoid ins Innere der Erde verzog. A ls P edn diese Erde verließ, verordnete er, daß verschiedene M ent (M enschen) zu T ieren w erden so llten , w as auch geschah. A lle T iere waren früher M ent gew esen .

E s scheint, daß P edn ungehalten über das Benehm en der M enschen diese Erde verließ und zwar d e sw e g e n , w eil sie H eiraten unter den nächsten V erw andten ein gegan gen waren.

D ie F ab el hierzu ist folgen de:

Kakuh-baul (Capon-Pacig)

K akuh baul doch dägn wogn Pedn j a

Kakuh Vogel und Schildkröte kamen sehen Kind v. Pedn und Großmutter M anoid. Pingog menato, timul baul djawab, kedoch: Cemam!

Manoid. Ehelichte Geschwister, als Schildkröte anrief, sie sagte: Öemam!

Ciei peklemin ep baul wogn mabe, wogn temkal peklemin er ließ ab Heirat mit Schildkröte Kind w eibliches, Kind männliches Heirat

(12)

8 P. P. Schebesta

ep Kakuh. Bharu bja ma Cemam. Doch dägn bawaid, m it Kakuh. Sogleich kein Cemam (mehr). Es kam sehen der Berokaffe, dägn wich baul wogn Pedn ep Kakuh.

sehen die beiden Schildkröte Kind Pedn’s m it Kakuh.

Pio Pedn piciei dai Kaku . Bawaid dägn dägn kelamin.

Es befahl Pedn solle trennen von Kakuh. Berok Affe sah Heirat.

Timul kelamin ep bawaid hentä meni djemu. Ta Pedn, dägn Als Heirat (Paar) m it Berok Affen ? Menschen viele. Ta Pedn, als er dägn pensedn pensedn ciwe käpign de.

es sah gab Auftrag, stieg empor nach oben.

In diesem etw as unklaren M ythus scheint ausgedrückt zu sein, daß P edn m it den M enschen unzufrieden gew orden w ar, und darum die Erde verlassen habe. Daß er einen T eil der M enschen in T iere ver­

w andelte, m ag w o h l eine S trafe g ew e sen sein.

W ie b ereits erw ähnt, ist Ta P edn w eiß von Farbe, ebenso auch Manoid. Capon (oder Kakuh) ist schwarz, während Pacig (oder Baul) auch w eiß ist. Pedn befindet sich m it seinen Enkeln im Him m el, während M anoid m it der L ep ei in der Erde w ohnt. W oh er die L epei stammt, w ird n ich t gesagt.

A us den A ngaben D jeleis g e h t folgen des deutlich hervor, daß an­

fangs P ed n allein da w är m it seiner Frau Manoid. S ie haben n icht die Erde geschaffen und auch n icht die Sonne, die auch schon da war.

Pedn hat aber den M enschen gem acht, und zw ar aus Früchten, Tiere, indem er sie aus M enschen verw andelte. Er leb te eine Z eitlang auf Erden und g in g dann zum H im m el empor, w ohin er auch seine E n kel m itgenom m en hatte, die beiden ersten G enerationen, w ie es sch ein t;

M anoid g in g aber in die Erde. N eb en P ed n steh t kein ihm Ebenbürtiger, da sein jüngerer B ruder, der H errscher im R eich e der Finsternis (K al6egn), ein H ala ist. A lle anderen H im m elsbew ohner sind G eschöpfe Pedns.

W as m ir Timun, der erste Gewährsmann der K ensiu, über die Ver­

w andtschaft der H im m elsbew ohner sagte, fü ge ich der V ollstän d igk eit halber hier bei, obw ohl es verw irrend w irkt. Timun selber war sich n ich t klar und gab mir zu verschiedenen Z eiten verschiedene A n gab en . Z eitlich lieg en sie vor denen D jeleis. Timun hatte die G ew ohnheit von P edn zu sprechen, während ich stets nur von K arei redete. E r g in g dann auf m eine S prechw eise ein , doch führte er im mer w ied er den P ed n ein. Damals waren mir die K ensiuanschauungen noch n ich t klar gew orden. E r nannte: B e g d jeg m it Djam oi als Frau, K aei m it C alog resp. D jalan, E g'on g m it Djalan, K elbö m it B aig. Ta P edn m it Djam oi resp. Minang. Manoid steh t allein. Sie ist die Großm utter von Calog und Cakoi.

(13)

9 E in andermal nannte er folgen d e Paare: B e g d jeg m it Djalan, Ta P edn m it Tibös. Capon (der J ü n gste) m it D jam oi und K aei m it Minang.

Daß b ei solchem W iderspruch keine K larheit m öglich war, lie g t auf der Hand. Zur K lärung half auch der M ythus nicht, w elcher er­

zählt, w ie M inang die Frau K aeis wurde.

Ja Minang u bai takob, u dägn wogn u ciwe Großmutter Minang sie grub Wurzeln, sie sah Kind ihres, es stieg käpign. D ja ale djenter, köb wogn. Dägn dägn Kaei, Kamin

?

empor hoch. (Ja Minang) stieg hoch, folgte Kind. Er sah Kaei, ? kurd Knech Kaei.

wurde W eib Kaeie.

Das erinnert in etw as an die Erzählung der K enta von Kaei, der Krähe und ihren Kindern.

Timun sa g te auch, daß P edn b ei sich eine K atze habe, w elche, w enn er sie auf die Erde ließe, ein großes U nglück anrichten würde, w ovor sich die Sem ang sehr fürchten. P edn m acht den D onner und schleudert die B litze, w enn er auf die M enschen b öse ist. U m ihn zu b esän ftigen, bringen die M ent das B lutopfer dar.

D jelei klärte m ich ausführlicher auf. U n ter K aei verstehen d ie K ensiu das D onnerrollen, w elches von Capon, dem E n kel P edns verur­

sacht wird, indem er auf den galogn (B alken) cinwes schlägt und klopft.

A lle E n kel Pedns, die m it ihm im H im m el sind, spielen derart auf dem yalogn, w odurch großes G etöse verursacht wird. Pedn selber tu t n icht m it, er schaut nur zu. D er B litz ist der M enang (Glanz, L euchten ) von Capon. W en n es donnert, dann hat nach der A nschauung der K ensiu irgen d jem and ein V ergeh en g eg e n P edn began gen . D ieser ermahnt die sündigen M eni unverzüglich Buße zu tun. W en n man m it dem B lu t­

opfer zögern w o llte bis zum vierten oder fünften D onnerschlag über dem Lager, so se tz te man sich der größten Gefahr aus, daß W asser­

fluten (das H enwe) aus der Erde aufsteigen und Bäum e über die M enschen fallen würden. D ie F urcht davor drückt den K ensiu schnell das M esser in die Hand.

B e i den K ensiu h atte ich dem B lu top fer w ied erholt b eigew oh n t, so daß ich die Zerem onie genau verfolgen und die dabei gesprochenen W o rte hören konnte. Ich w ar eben daran, unter m einem W etterschirm die am T age aufgenom m enen L ich tb ild er zu entw ickeln, als Donnerrollen hörbar wurde, w ie so oft in den letzten Tagen. Das G ew itter kam schnell heran. W ie ich es verm utete, hob die Zerem onie des B lu t­

w erfens bald an, obw ohl das G ew itter n ich t besonders stark war, es w ar aber über uns. D ie Frau unter dem W ettersch irm nebenan rief

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im m er w ieder: Od, od! D as veranlaßte mich alle Schalen steh en zu lassen und herauszutreten. D ie Frau saß in der H ü tten ecke vorn und w arf m it einem L öffel aus K okosnußschale die B lutm ischung in die Luft.

D as E rste goß sie jed och auf die Erde, w obei sie sagte:

Odn j a bo da Jcejobn, j e loi dusa je pe P edn ; je Du dort Großmutter, du dort unten, ich werfe Schuld meine zu Pedn; ich bajar, bja je ma od.

zahle, nicht ich bin übermütig.

Darauf warf sie die M ischung w ied erh olt in die H öhe und rief Od!

Od! und m urm elte dann

je bajar dusa je , bo ma kedn dusa, je bajar.

ich zahle Schuld meine, du (nämlich Pedn) nimm w eg die Schuld, welche ich zahle.

Nun red ete sie abermals M anoid an, indem sie den R est auf den B oden goß:

Odn j a bo da Tcejobn, bach adjer kedjegn entegn Du dort Großmutter, du dort unten, geh teile mit, möge hören mit Ohr Ta Pedn, je bajar.

T a Pedn, ich zahle.

D ie Frau w andte sich zunächst an Manoid, indem sie sie um H ilfe, resp. Fürsprache b ei Pedn a n g in g ; sie solle oben bekannt geben, daß sie das Sühneblut b ereits au sgegossen habe. Dann erst w andte sie sich an den D on n ergott selber, um schließlich nochmals Manoid anzuflehen.

D as B lu t wurde derartig aus der W ade h ervorgeh olt, daß die Frau m it dem S tie le des L öffels die W ad e klopfte, dann ein T aschenm esser m it der S p itze an setzte, auf w elch es sie m it dem L ö ffelstiel klopfte.

D as B lu t quoll stark hervor. Das M esser h atte ich dem Manne der Frau g eleg e n tlic h gesch en k t gehabt. Mit dem M esser schöp fte sie das B lut von der W ade ab und m ischte es m it W asser in einem bereitstehenden Bam bus. Von dem Inhalt goß sie in den L öffel und vollführte das B lutw erfen, w ie ich es eben beschrieben habe. Ich untersuchte sogleich auch die W unde, die einen ziem lichen R itz darstellte. Im Falle, daß kein derartiges M esser vorhanden ist, g reift man zum Buschm esser, er­

klärte man mir. E s w ar nur d iese Frau, w elch e das Opfer darbrachte.

Man erklärt mir, daß eine P erson das Opfer für alle im L ager darbringt.

Frem de Personen aber, die zufällig im L ager sind, bringen es für sich selb er dar. H ört der D onner trotz des Opfers n icht auf, dann g eh t eine w eitere P erson ans W erk. E s soll einerlei sein, ob eine Frau oder ein Mann das Opfer zuerst darbringt. Im A nschluß an diese Zerem onie le se ich in m einem T ageb u ch e: „Es w undert mich, daß hier keine großen G ew itter niedergehen, w en igsten s habe ich noch kein e solchen erlebt.

10 P- P. Schebesta

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E s ist darum kaum angebracht zu sagen, daß die Furcht vor dem D onner die Sem ang zu dieser Blutzerem onie treib t.“

B ei einer anderen G elegen h eit saßen Männer und Burschen bis spät in die N acht vor m einer L agerh ütte und plauschten. Kaum w aren alle zur R uhe gegan gen , da wurde D onnerrollen in der Ferne hörbar. Das heranziehende G ew itter war nur schwach. Schon beim zw eiten D onner­

schlag m achte aber die näm liche Frau unter dem W ettersch irm nebenan A nstalten um das B lutopfer darzubringen. Von m einem L ager aus schaute ich bequem zu, w ie sie beide W aden zunächst m it einem Bambus schlug und m it dem Messer auf die vorhin gen an nte W eise das B lu t abzapfte, w elches an der W ad e herniederrann. Mit dem M esser schabte sie das B lu t in eine K okosnußschale. Inzw ischen bem ühte sich der Mann, ein Feu er anzufachen. Mit einer anderen K okosnußschale schöpfte die Frau von der b ereiteten Blutm ischung, goß zunächst etw as zur Erde für Manoid, dann begann sie es in die H öhe zu schleudern, w obei sie aber in der H ü tte hocken blieb. Laut ertönte nur das Od! O d! im L ager, so oft sie das B lut hochwarf, während sie den R est des Spruches m it gedäm pfter Stim m e vor sich hinm urm elte. W as mir diesm al auffiel, war, daß die Frau Manoid bat, sie m öchte hinaufgehen und Ta Pedn m itteilen , T a P e d n d e r b e i d e r S o n n e i s t .

Ich fragte den Ehem ann der Frau, warum denn w ied er gerade seine Frau das B lutw erfen vornehm e und nicht jem and anderes. D er Mann erw iderte, daß sie heute abermals ein telaidn (Sünde) b egan gen habe.

Da sie im W alde auf der W urzelsuche war, habe sie einen B lu tegel gequält. Dann fuhr er fort, daß auch er die Blutzerem onie w erde vor­

nehm en müssen, denn auch er habe eine Sünde begangen. A ls sein Hund nämlich um die M ittagsstunde unter m einer H ü tte herum stöberte und nach Nahrung suchte, war ihm eine A m eise in die N üstern g e ­ krochen, was den Hund veranlaßte, den K opf w ie rasend zu schütteln und zu prusten. Darüber hatte der Mann gelach t, derart hatte er ein G ebot Ped ns übertreten. Ta Pedn ist erzürnt über seinen Enkel, darum donnert er, bis er die Schuld gut. gem acht habe. So g in g auch er daran, die B lutzerem onie auszuführen. A uch er zapfte sich das B lu t von beiden B einen ab. Beim B lutw erfen gebrauchte er ähnliche W orte w ie auch seine Frau, nur daß er laut seine Sünde nannte: dusa les d. i. Schuld der A m eise w egen.

N och ehe der Mann m it dem B lutw erfen begonnen hatte, w ar das G ew itter vorüber, trotzdem dispensierte er sich nicht von der A us­

führung. D ieser Um stand und der andere, daß die Frau m it der Vor­

b ereitun g für das B lutopfer begonnen h atte, da das G ew itter noch in w eiter Ferne war, brachte mich auf den Gedanken, daß das D onner­

rollen nur als Mahnung Pedns an den Sünder aufgefaßt wird, sein

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12 P. P. Schebesta

G ew issen zu erforschen. D as Opfer hat jed och nur indirekt den Z w eck r das G ew itter zu bannen; P ed n soll b esä n ftig t w erden. Ist er es, und er w ird es durch das Blutopfer, dann g e b ie te t er gew iß dem D onn er Einhalt.

Sonderbarer W eise m achte ich die Erfahrung, daß der D onner nicht lange nach vollführtem B lutopfer nachläßt. Das m ag eine E igen art der G ew itter im Innern der H alb in sel sein, daß sie nicht lange anhalten.

B e i den Sem ang m ag dieser U m stand dazu b eigetragen haben, daß sie das B lutopfer und das A ufhören des G ew itters in einen ursächlichen Zusam m enhang zueinander brachten.

A uch m it D jelei h atte ich G elegen h eit geh ab t, ausführlich über das Blutopfer zu reden. W ährend des B lutw erfens b etete er also:

Odn j a j a je Manoid, bah loi pantodn cuco bo Du dort Großmutter, ja mein Manoid, geh hin zu sehen Enkel dein Calog, Öakoj, Puegn, Sud-Kelbö.

Oalog, öakoj, Puegn, Sud-Kelbö.

Od, Od, samud blab, kedjegn letelwel entegn bo, bja nja Oh, oh, nimm auf du selbst, höre genau zu (mit) Ohr dein, nicht ich od, je bajar dusa bo, je entegn hapach bo, kedj hobn lüge, ich zahle Schuld deine, ich fürchte Donnerrollen, dein, nicht lasse stark

(bei dir)

bo ilpal, manjebn kejobn entegn, Puteu Cenoi.

werden du Strickschwingen, Enkelkinder unten fürchten sich, die Puteu Öenoi.

K edj hobn gir, menang bo. H a bja bo madägn dägn, Lasse nicht Btark werden Donner, Blitz dein, N icht Du m ögest schauen, bja lai kejobn bo? H a bja bo ma djemagad, Cenoi penjeb

= nicht zusehen unten Du? N icht m agst Du gerührt sein, Öenoi Enkel entegn tagä bo. Jabobn entegn hapach tagä bo. Odn ja , fürchten Getöse Dein. W ir hier fürchten Donnergetöse Dein; Du dort ja da kejobn, loi pantodn wogn cuco bo, Calog, Cakoi, Großmutter dort unten, geh nachsehen Kind Enkel Deine, Öalog, Öakoi, Ta Kelbö.

Ta Kelbö.

D em nach rich tet sich auch bei den K ensiu das G ebet bei der D ar­

brin gun g des B lutopfers zunächst an Manoid, die Frau Ta Ped ns und Großm utter der H im m elsbew ohner, die den D onner verursachen. Sie w ird angefleht, hinaufzuziehen und die H im m elsbew oh ner, zumal die E n kel zurechtzuw eisen, daß sie m it dem D onnern aufhören sollten und Ta P edn anzuzeigen, daß man die Sühne für das V ergeh en dargebracht habe. E s ist Ta P edn selber, der das B lu t in Em pfang nimmt. Er koch t es und g ib t es in die Fruchtdolden resp. Fruchtbäum e, w oraus v iele Früchte hervorw achsen.

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W ie die Djahai law aid K arei sagen, so die K ensiu law aid telaidn.

D er Sündenkatalog b ei den K ensiu ist w esentlich der gleich e w ie t)ei den Kenta. W ährend man bei den K enta alle A ffenarten nicht versp o tten darf (so w eit sie gefan gen geh alten w erd en , natürlich), b e­

schränkt sich d ieses V erbot b ei den K ensiu nur auf den Berok (K okos­

nußaffen) und daiau (K erah)-A ffen. Ebenso kom m t kein telaidn zustande, w enn man den V ogel saguoch tötet.

B ezeichnend für die g e istig e R egsam k eit D jeleis und die A nschau­

u n g der K ensiu überhaupt ist seine A ntw ort, die er mir auf die N ach ­ frage gab, w ie Ta Pedn die Sünden der M enschen sehen könne. W ir hatten gerade m itten im d ich testen Bambusbusch, der ringsherum m it H ochw ald um ringt war, ein neues L ager aufgeschlagen. N ur nach einer S e it e hin konnte man über das K leinholz in die Ferne blicken. E s war nahe am Siongfluß. D jelei führte mich in die A nschauungen über das B lutopfer ein. Ich fragte ihn, w ie denn Ta Pedn, der doch oben am Firm am ente säße, w ahrnehm en könne, daß jem and eine Sünde b egeh t.

D a w ir doch im dunklen W ald e darin sitzen, verdeckt durch ein dichtes B lätterdach, könne uns Ta Pedn doch unm öglich sehen. Darauf erw iderte D jelei m it feierlich ernster M iene: „Siehst D u den B erg dort drüben?

er ist sehr w e it von hier und zu den anderen dort ist es gleich falls sehr w eit. Für Ta P edn sind all die B erge ringsherum und überhaupt alles ga n z nahe aneinander, w ie die W etterschirm e unseres L agers hier. Ta P edn g eh t zw ischen durch und er sieh t alles. Darum w eiß er alles und ken nt alle Sünden.“

Ä hnlich w ie für Ta Pedn der Raum n icht b esteh t, so auch für die anderen H im m elsbew ohner und selb st für den Hala. D iese gleich e A n ­ schau un g w ar mir früher schon b ei den K enta b eg eg n et. H em pelabn

erzählte bei G elegen h eit über die A ltvordern, daß für Ta P iago, w elcher der Stam m vater der K enta ist und ein großer Hala, der B atu Ribn ganz nahe am B erge Jerei g eleg e n war. B eid e B erge lieg en heu te m ehrere hundert K ilom eter auseinander.

Auch für den K ensiu ist es undenkbar, daß er beim H erannahen eines G ew itters das B lutopfer verw eigern könnte, sobald er sich eines V ergeh en s b ew ußt ist. Im W id ersetzu n gsfalle ist ihm und allen Menschen der sichere U n tergan g angedroht. Er glau bt bestim m t, daß das Henweh,

■die große W asserflut, komm en und alles verschlingen w ürde, Bäum e w ürden über das L ager stürzen und alles zertrümmern.

H ier anschließend seien die kurzen N achrichten angefügt, w elch e ich über die A nschauungen der Djahai von Jarum in Patani sammeln konnte. Obwohl sie in Sprache den P erak Djahai gleich sind, ähneln ihre S itten und A nschauungen doch m ehr den K ensiu, denen sie auch näher w ohnen, als ihren eigen en Stam m esgenossen und m it denen sie

(18)

14 P. P. Schebesta

lebh aften V erkehr unterhalten. D as h öch ste W esen heißt Ta P edn, n ich t etw a Karei. E s g ela n g mir nicht, K larheit darüber zu bekom m en, ob Ta P ed n und Karei überhaupt zw ei verschiedene Personen sind. T a P ed n steh t jedenfalls im V ordergründe, K arei scheint nur den Donner, das N aturereignis zu bedeuten. Ta P edn sitzt oben am Firmam ent, sein e Frau aber, m it N am en Takel, w oh n t in der Erde. D er Grundunterschied in den A nschauungen der K ensiu und der Jarum D jahai lie g t darin, daß letztere Takel, erstere Manoid als Frau Ta P edns nennen.

D as B lutopfer b rin gt man Ta Pedn dar, n ich t etw a Karei, und zwar in der gleich en A rt, w ie ich es schon w ied erh olt beschrieben habe. Zu­

n ächst w erden ein ige T ropfen auf die E rde g eg o ssen für Takel, dann erst b egin nt das W erfen des B lutes g eg e n H im m el, w ob ei gerufen w ird:

0, todn ia, bapemegn Ta Pedn, dusa adjin. Od, od, Oh, du dort Großmutter, geh sage Ta Pedn, Schuld (ist) klein. 0 , o, lawaid, tentu lawaid ie , dusa a d jo , brenti-le!

Sünde, gewiß Sünde mein, Schuld klein, halte ein!

Ta P ed n nim m t das B lu t in Em pfang, reibt es m it den Händen und le g t es auf seine Brust, w odurch es zum C ebuchsteine wird. Er haucht auf diesen W und erstein w ie der H ala zu tun p flegt und le g t ihn dann b eiseite. Daraus w erden Baum früchte für die Menschen.

A ls V ergeh en g e g e n Ta P ed n zählten die Jarum D jahai auf: V er­

sp otten des B erok affen, Lachen über den B lu te g e l, die M osquitos, W asserschöp fen m it einem T op f usw.

Im A nschlüsse sei eine eigen artige religiöse Zerem onie, der ich in Jarum b eg eg n ete , erwähnt. W en n auch nur selten, kom m en in diesen G egenden H a g elw etter vor. W en n es h a g elt, sam m elt man schnell ein ige H agelkörner und verschluckt sie, w ob ei man in der K ehle einen eisig en (bitteren ) Geschm ack verspürt, w ie die Sem ang sagen. Darauf w irft man einzelne H agelkörner g e g e n H im m el für Ta Pedn, w elch er sie auffängt und sie in die Fruchtdolden h inein legt. Dadurch wird ein au sgezeichn etes Fruchtjahr, ein sogenan nter tahadn, erzielt.

6. D i e O r a n g h i d o p b e i d e n M e n r i , M o s u n d B a t e k . D ie Menri, ein Sem angstam m der östlichen H älfte der H albinsel, steh en sprachlich den Djahai am nächsten. D ie Menri w issen, so w e it ich u nterrichtet bin, von Ta P ed n gar nichts. S ie kennen nur Karei, seine Frau T akel und deren Sohn H anei, den Tiger. K areis Name w ar ursprünglich R indjen, m it anderem N am en h eiß t er auch Puteu. K arei ist sehr groß von G estalt, hat zumal lan ge Gliedmaßen. Er kann seine G estalt nach B elieb en ändern und klein w erden. Von Hautfarbe ist er

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schwarz. Einm al traf Karei, damals noch R indjen genannt, m it seiner Frau T akel und seinem Sohne H anei zusammen. Er war von der G e­

sta lt des A m ang (Siam ang)-A ffen. Nachdem er ein F eu er angefacht h atte, w ärm ten sich alle drei daran. B ald drehte Karei dem F eu er den R ücken, bald die V orderseite zu, bis er ganz durchwärmt war, dann stie g er zum H im m el hoch, w o er bis heute w ohnt. Von dieser Z eit an hat er den Namen Karei. S eine Frau g in g in das Innere der Erde, w o sie ihre W oh n u n g au fgesch lagen h a tte, während H anei die W äld er auf­

such te und zum T iger wurde. Karei w ird alt und w ied er jung, w ie der Mond; er kann n icht sterben. E in ig e H ala haben es sogar versucht, K arei zu töten, w as ihnen aber n icht gelan g. W en n K arei seine Stim m e erschallen läßt, dann donnert es. D as ist gew iß ein Zeichen, daß in jen er G egend, w o es donnert, irgen d jem and ein law aid (Sünde) b e­

gan gen hat. K arei erm ahnt die Sünder durch den Donner, ihre Schuld m it dem B lutopfer zu sühnen. W ie es K arei gew ah r wird, daß jem and ein V ergeh en b egan gen hat, sch ein t den L euten n icht klar zu sein. S ie sagen aber, daß Karei einen Strick schleudert, den B litz nämlich, durch dessen L euchten er alles sieh t; derart w ird er auch die Sünde gew ah r und b egin n t zu brülleü, d. i. zu donnern. Karei straft einzelne Sünden, se i es durch den T iger, der den Ü b eltäter zerreißt, oder durch be­

stim m te K rankheiten, andere m üssen durch das B lutopfer gesüh nt w erden. D er T iger (ab) ist Sohn Kareis und als solcher h eißt er Hanei.

W en n irgend jem and vom T iger zerrissen wird, so ist das B ew eis genug, daß ein law aid V orgelegen hat. D er U nglückliche w ar halt ein B öse­

w icht. D er T iger g ilt nämlich als P olizist, H enker Kareis, den dieser aussendet, um die T odesstrafe für einzelne V ergehen auszuführen. W en n nach einem solchen U nglücke der D onner hörbar wird, müssen alle L agerinsassen das B lu top fer darbringen. D iese Sünde n ennt man laivaid ab.

Das B lutopfer w ird genau in der gleich en W eise dargebracht, w ie b ei den anderen Sem angstäm m en auch. Man spricht dabei g ew isse Form eln, w ob ei die Sünden, deren man sich erinnert und d erenw egen man das Opfer darbringt, laut gen an nt werden. Ich habe dem B lut­

opfer b ei den Menri niem als b eiw oh nen können. E ine beim Blutw erfen gesproch en e Form el, d ie ich notieren konnte, lau tet also:

Bö, bö, bö! lawaid, lawaid, lawaid, lawaid talugn, Bö, bö, bö! Sünde, Sünde, Sünde, Sünde wegen des Tausendfußes,

lawaid lawen, lawaid djelau, lawaid

Sünde wegen des Blutegels, Sünde wegen des Blutegels, Sünde wegen des

kasa, lawaid ab; je bajar lawaid!

Hirsches, Sünde wegen des Tigers, ich zahle die Sünde!

(20)

16 P. P. Schebesta

In dieser Form el sind eine R eihe von V ergehen genannt, die jen en g leich artig sind, w elche w ir bei anderen Stäm men bereits kennen g e ­ lernt hatten.

D as leglug (V erspotten) des laiven (W eg b lu teg e l), des djelau (e ig e n t­

licher B lu tegel), des bawaid (Berokaffe), des djeleu (Krahaffe) des talugn (Tausendfuß) wurden mir als V ergehen namhaft gem acht, die m it dem B lutopfer gesühnt werden m üssen. In der obigen Blutform el ist auch der H irsch genannt und auch der Tiger. L etzterer aber nur in dem b ereits erw ähnten Sinne, daß, nachdem jem and vom T iger zerrissen w u rd e, das B lutopfer dargebracht werden muß und zwar von allen während in allen anderen Fällen nur der Einzelne dazu verpflichtet ist.

D azu kom m t noch als N eu es das law aid koh. Koh (K u ra -K u ra mal.) ist eine A rt Schildkröte. Auch das laivaid cermin wurde ausdrücklich genannt. Cermin ist der S piegel. A lle Sem ang kennen das Verbot, daß man im F reien n icht im S p iegel sich beschauen darf. Im Schatten des W indschirm es darf man es tun. Auf Ü bertretu ng dieses G ebotes steh t b ei den Menri das B lutopfer. D ie schw arze W espenart (mal. tebuan) von den Menri tadjut genannt, w elche b ei den anderen Sem angstäm m en durch ein G ebot des D onn ergottes gesch ützt ist, wird von den Menri nicht respektiert. Man kann das Insekt ruhig töten, ohne sich zu ver­

fehlen. D er S pecht (djelato) ist ein h eiliger V ogel, der nicht g e tö te t w erden darf, da er den M enschen die größte W oh ltat erw iesen hat, in­

dem er ihnen das Feuer verschaffte.

D er anderen K ategorie von Sünden, w elche Karei m it Krankheiten straft, b eg egn ete ich auch hier. Irgendw elche Annäherung zw ischen Schw iegereltern und Schw iegerkindern verschiedenen G eschlechtes wird m it Öemam oder petis sob (A rt N ierenleiden) bestraft.

G ebete an die G otth eit kennen die Menri eb ensow enig, w ie die an­

deren Stäm me auch. Nur der Hala versteh t es zu K arei zu beten, w elcher in jedem Falle herbeigerufen w erden muß. Sein G ebet besteht darin, daß er einen S p ieg el oder R in g zum Him m el w irft und dabei jauchzt. Das ist unser Semaian (G eb et), sagte m ein Gewährsmann.

W o rtg e b e te sind mir nicht bekannt gew orden. D er Glaube an die Cenoi und den Hala ist G em eingut aller Menri.

A nschließend folgen noch e in ig e kurze B em erk u n g en über d ie r e li­

g iö s e n Anschauungen der a b g etren n ten S em a n g g ru p p en .

D ie Moni Tonga oder Mos im G ebiete von Patalung-T rang kennen ein W esen m it Namen K a g e i . Er ist w ie ein moni (Sem ang) und w ohnt oben. Sie fürchten K a g e i, w eil er den K ila d (B litz) sendet;

wenn es donnert, so stopfen sie sich die Ohren zu. Auch schneiden sie sich das Schienbein auf, gah komiegn, b ei w elcher G elegenh eit sie das Blutopfer darbringen. Das B lut w erfen sie g eg en Himmel. B ei

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