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Theologisches Literaturblatt, 8. September 1899, Nr 36.

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Academic year: 2022

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Theologisches Literaturblatt

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben Ton

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rsch ein t jeden F re ita g . Expedition: K önigsstrasse 13.

A bonnementspreis vierteljäh rlich 2 Ji. 50 Insertionsgebühr pr. gesp. P etitzeile 30 /$ .

Aus der A rbeit am Buchc H iob. I.

Jüliclier, I). A dolf, Die Gleichnissrcden Jesu.

W o lf, Gustav, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation.

Kawerau, D. Gust., Predigten auf die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres.

K eller, S., A m Lebensstrom.

Siegmund-Schultzc, F ., ‘25 Festpredigten.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Verschiedenes.

Aus der Arbeit am Buche Hiob.

i.

D er Zufall h a t folgende vier Schriften auf meinem Tische zusam m engeführt:

1. D u h m , D. B ernhard (o. Prof. der Theol. in B asel), D as B u c h H io b ü b e r s e tz t . (Die poet. u. prophet. Bücher des A. T . Uebersetzgn. in den Versmassen der U rschrift.

I. Hiob.) F re ib u rg i. B. 1897, J . C. B. Mohr (Pani Siebeck) (XX, 71 S.).

2. L a u e , Dr. Ludw ig, D ie C o m p o s itio n d e s B u c h e s H io b . E in literar-k ritisch e r Versuch. H alle a. S. (ohne J a h re s­

zahl), J . K rause (143 S. g r. 8). 2 Mk.

3. K o e n ig s b e r g e r , D r. B. (Rabbiner in P asew alk), H io b ­ s tu d ie n . Exegetische U ntersuchungen zum Buche Hiob nebst einer E inleitung zum Buche. B reslau 1896, W ilhelm K oebner (58 S. gr. 8). 2 Mk.

4. B e e r , Lic. D r. (Privatdozent d. Theol. a. d. Univ. Breslau), D e r T e x t d e s B u c h e s H io b u n t e r s u c h t . I. H eft:

K ap. 1— 14. M arburg 1895, N. G. E iw ert (IX , 89 S.

gr. 8). II. H eft 1897 (XVI, S. 89 — 258).

Indem ich sie in derselben Reihenfolge bespreche, erh ä lt der L eser ein A usschnittsbild aus der heutigen A rbeit der Theo­

logen am Buche Hiob, aus dem er ersehen mag, wie w eit w ir von einem gem eingiltigen V erständniss dieses Stückes der Bibel noch en tfern t sind, und was für A rbeit noch zu leisten ist, ehe man auf ein solches hoffen darf.

1. D er U e b e r s e t z u n g , die Duhm nach einer E inleitung (S. V II— X X ) von dem Buche Hiob gegeben h at, und welche im W esentlichen m it seinem Kommentare übereinstim m t, ist — w ahrscheinlich von dem geschäftskundigen V erleger — der G esam m ttitel v o rangestellt: „Die poetischen und prophetischen B ücher des A lten Testam ents. Uebersetzungen in den V e r s ­ m a s s e n der U r s c h r i f t “. Bei dem G egensätze von U e b e r ­ s e t z u n g u n d U r s c h r i f t kann kein K äufer auf den Gedanken kommen, u n te r U rschrift sei die ursprüngliche und älteste Ge­

s ta lt des Buches Hiob im G egensätze zu den U m gestaltungen gem eint, die es durch „die A rbeit m ehrerer Ja h rh u n d e rte “ (S. V) erfahren h a t; jeder w ird vielm ehr u n te r U rschrift den hebräischen T ex t verstehen, w ird aus dem T ite l heraushören, dass dieser T ex t anders als die L u th e r’sche Uebersetzung eine bestimm te m etrische Kunstform besitze, und w ird zu dieser U ebersetzung greifen in der frohen Hoffnung, neben dem In ­ h alte auch endlich den Rhythm us zu geriiessen, in dem die Rede des D ichters sich bewegte. Um so unangenehm er w ird er es empfinden, wenn der U ebersetzer selbst in einer A n­

m erkung auf S. X II eingesteht, dass er jedem Verse des D ichters s ta tt der ihm eigenthüm lichen d r e i H ebungen ih re r v i e r gegeben habe, um nicht zu frei übersetzen zu müssen.

E ine U ebersetzung in den Versmassen der U rschrift ist das denn ebenso w enig, wie wenn ich das a rtig e Distichon des O vid, dessen P entam eter aus identischen H älften besteht und sie doch als Vorder- und N achsatz unterscheidet, näm lich:

si nisi, quae forma poterit te digna videri, nulla fu tu ra tu a est, nulla fu tu ra tu a est

nicht, wie ein m ir befreundeter D ichter und M eister im Ueber- setzen, so wieder gebe:

Glaube mir, dass, wenn ausser der B raut, die an Schöne D ir gleichkommt, Keine die Deinige w ird, Keine die Deinige w ird,

sondern um nicht zu frei zu übersetzen, den H exam eter m it folgendem P entam eter vertausche:

W ahrlich, wenn ausser der F ra u , Die an G estalt zu D ir passt.

Das w äre w örtlicher, aber auch ledern und zugleich eine V er­

änderung des ursprünglichen Metrums. E rla u b t man sich aber eine solche und verzichtet d ara u f, den deutschen L eser das Metrum hören zu lassen, in welchem der D ichter zu seinen Landsleuten redete, dann th u t man am besten, überhaupt auf jedes Metrum zu v e rz ich te n ; dann kommt man nicht in G efahr, ihm zu Liebe solche Provinzialism en einzuführen wie S. 6 5 : „ D e r Hiob red et nicht m it E insicht“ (34, 35); „ G e n Abend erhebt der Mörder sich “ (24, 14) [S. 57], oder das an das nieder­

sächsische „F u-deck-an“ erinnernde „Ein S p e i - i h n - a n , das muss ich sein“ (17, 6) [S. 27], oder solche unnatürliche Sätze zu bilden, wie S. 46. 4 7 : „Schuld fürs H alsg erich t auch d a s“

(31, 28); „W enn ich H assers U nglück gern s a h “ (V, 29), oder endlich in einem Zusammenhange, wo der W e rth der W eisheit als alle K ostbarkeiten überragend geschildert w ird , den un­

heimlichen S atz zu bilden (S. 59 ): „S ie haben ü b e r w i e g t K orallen“ (28, 18). Unheimlich nenne ich den Satz, weil ich nach dem P artiz ip „gew ogen“ (S. 58 V. 15) fürchten muss, es sei „haben ü b erw ie g t“ eine dem M etrum zu Liebe erfundene V ariation jenes P artizips, und versucht werde, „sie“ von den P erlen und dem K ry stall zu verstehen, deren u n m ittelbar vor­

h er gedacht w ar. E rs t der hebräische T ex t le h rt mich, dass der Verf. des Metrums wegen für das unzw eideutige „W eis­

h e it“ das zw eideutige „sie“ eingesetzt und „haben“ als In ­ finitiv gem eint hat. Denn zw eideutig bleibt jenes W o rt tro tz der S perrung, weil m an ein nach A ufzählung von Einzeldingen w iederaufnehmendes generelles „sie“ besonders zu betonen pflegt. W ö rtlich er und verständlicher w äre gew esen: Besser W eisheit fischen, als K orallen. Ausserdem is t V. 19 unüber- se tzt gelassen; erst aus dem Kom m entar sieht man, dass Duhm ihn fü r eine V ariante zu V. 16 hält.

Aus diesem allen e rg ib t sich, dass Duhm’s U ebersetzung das nicht ist, was der V e r l e g e r verspricht, eine U ebersetzung in den Versmassen der U rschrift, und weil m an öfter den hebräischen T ex t oder den für G elehrte berechneten Kom m entar vergleichen muss, um sie zu verstehen, dass sie auch nicht, wie D u h m selbst beabsichtigt, dem gebildeten L aien den hebräischen T ex t so ersetzt, dass er ihn selbständig geniessen kann. Denn — und dam it komme ich au f eine zw eite E n t­

täuschung des Lesers — wie schon die stillschweigende Aus­

lassung von 28, 19 (S. 59) z e ig t, Duhm gib t uns nicht eine deutsche Uebersetzung des Hiob der hebräischen Bibel, welche den Leser in den S tand setzte, über den Aufriss, die Gliede­

ru n g , die etw a aus sp ä terer U eberarbeitnng zu erklärenden Unebenheiten, Dissonanzen, Ueberladungen, Lücken sich selbst

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ein U rtheil zu bilden, sondern er übersetzt die von ihm nach seinem G utdünken durch Ausscheidung und Umstellung von hebräisch gegebenen T exttheilen k o n struirte U rschrift des D ichters als den eigentlich gegebenen T ext, und verw eist das Ausgeschiedene als Randglossen oder Z itate u n te r den Text, oder als Zusätze und D ichtungen jü n g e re r H and hin ter das Buch H iob, um es da zu übersetzen. F reilich das letztere auch n ich t v ollständig; denn z. B. 35, 16; 36, 26 fehlen S. 66. 67 ohne jede A ndeutung des Grundes. E rs t aus dem Kom m entare, der da sa g t: 35, 15 und 16 können sich nicht wie V order- und N achsatz verhalten, und 36, 26 sei „schw erlich“

ec h t, k an n man schliessen, dass er diese Sätze fü r sich ge­

strich en h at, freilich aber auch n icht erklären, weshalb er sie nich t wie andere Z u th a ten , die er als solche kennzeichnet, u n te r dem T exte ü b ersetzt h at. A ber der Schluss w äre auch nn r halb ric h tig ; denn im Kom m entar heisst es hin ter 35, 7:

„das folgende T etra stic h besteht f ü r m ic h aus V. 8 und 1 6 “ und bei nochmaligem Suchen findet man den V. 16, der über Hiob als einen D ritte n red et (S. 65), zwischen Stücke, in denen Hiob als Du angeredet w ird, also m öglichst unpassend eingeklemmt.

D ann m ag die W eglassung von 36, 26 ein Versehen sein;

jedenfalls is t es aber A bsicht, wenn die Einleitungsform eln 34, 1; 35, 1; 36, 1 in der U ebersetzung u n terd rü ck t sind, nach dem Kom m entar, weil sie dem Verf. fü r spätere M arginal- zu th aten gelten. Denn wenn der L eser die dadurch gekenn­

zeichnete V iertheilung der Reden E lihu’s neben der von Duhm vorgenommenen Sechstheilung zu Behen bekäm e, näm lich 32, 6— 2 2 ; dann 33, 1— 3 0 , wo s ta tt V. 28 v erd ru ck t ist 2 6;

dann 34, 2. 4 — 14; dann 33, 3 1 — 33 und 34, 3. 16— 37, wo s ta tt V. 31 verd ru ck t ist 2 1 ; dann 35, 2 — 8 und 16. 10. 11.

13— 15; 36, 2— 2 1 ; endlich 36, 22 — 37, 17. 19. 20. 18.

2 1 — 24, so w ürde er diese U ebersetzung m it dem peinlichen V erdacht lesen, sie gebe ihm nicht den überlieferten alten E lihu, sondern einen aus den aufgelösten Elem enten des alten nach G utdünken k o nstruirten neuen. Ganz ähnlich h a t der Verf. das als jü n g ere D ichtung in den A nhang verwiesene K ap. 28, indem er vor V. 1 und vor V. 7, allerdings in K lam ­ m e rn , aus dem E igenen die in V. 12. 20 w irklich gegebenen S ätze v erfü g te:

Jedoch die W eisheit, woher kommt sie, Und wo is t n u r der E insicht H eim ?

indem er ferner dicht neben- und w eit voneinander stehende S ätze um stellte und den die unentbehrliche Spitze der Rede bildenden V. 28 w egschnitt, in ein selbständiges vierstrophiges Gedicht verw andelt, in welchem jedesm al 12 Zeilen wohl oder übel, letzteres auf jeden F a ll in der zw eiten Strophe, der A n t­

w ort auf die oben w iedergegebene k eh rv e rsa rtig e F ra g e dienen.

Ich gebe zu, dass der auch von anderen G elehrten beanstandete T ex t des K ap. 28 und der Elihureden zu Versuchen der V er­

besserung auffordert, und dass man nam entlich die letzteren, über deren N ichtursprünglichkeit viele F orscher einer Meinung sind, in den A nhang verweisen k an n , obwol der Respekt vor dem U rtheil des Lesers besser g ew a h rt w äre, wenn m an sie da übersetzte, wo sie im hebräischen Buche stehen, und den L eser bäte, einmal mit, einmal ohne E lihu’s Reden das Buch Hiob zu lesen, um über ihre Zugehörigkeit oder N ichtzugehörig­

k eit eine Meinung zu gewinnen. A ber Duhm v e rfä h rt m it dem übrigen Buche ebenso. So m acht er zum A nfänge der letzten Rede B ildad’s, die 25, 1 an gekündigt w ird, nicht 25, 2, son­

dern vielm ehr 26, 2 — 4 a, d. h. W orte, die im U rtexte die A n t­

w ort Hiob’s beginnen und ihrem In h alte nach wol in den Mund des nach H ilfe aussehenden Hiob passen, aber nicht in den B ildad’s, der von Hiob w eder A ufklärung begehrt, noch auch in der vorangehenden Rede Hiob’s, wie Duhm sie k o n stitu irt, näm lich 23, 2— 7. 1 0 — 13. 1 5 — 17 solche zu hören bekommen h a t, dass er darüber als über einen vergeblichen Versuch, ihm zu helfen, höhnen könnte. Vielmehr als den b itte r betrübten, in seiner Ohnmacht Verzweifelten ste llt sich Hiob in seinen vorangegangenen W orten dar. N atü rlich muss dann 26, 1, w elcher die Verse 26, 2 ff. als Rede Hiob’s h in ste llt, u n te r­

schlagen oder vielm ehr an Stelle von 27, 1 g erü c k t werden.

D enn s ta tt der do rt stehenden Einleitungsform el „und Hiob hob aberm als an und s a g te “, welche v oraussetzt, dass Hiob dem B ildad g e a n tw o rte t h at, und zu verstehen gibt, dass die

folgende wie die w eitere Rede Kap. 29— 31 unveranlasst durch neue Angriffe der F reunde von ihm gesprochen seien, se tz t D uhm , ohne die V erszahl zu ändern, eben d as, w as der hebräische T ex t in 26, 1 hat. D ann folgt er dem hebräischen T ex t von 27, 2 — 6 , schneidet aber V. 7 , w elcher m it V. 6, wie Duhm ihn selbst au ffasst, unzerreissbar zusam m engehört und im Munde eines A nderen so wenig passt, dass Duhm selbst zwei Zeilen ( = V. 6) davor ausgefallen sein lä sst, von der Rede Hiob’s weg und lä sst ihn m it 27, 8 — 11. 1 3 — 23 eine neue Rede bilden, welche er durch eine in K lam m ern gesetzte U eberschrift dem d ritte n F reunde Zophar beilegt. D ann muss n atü rlich die U eberschrift zu Kap. 28— 31 „und Hiob hob aberm als a n “ in „Hiob (antw ortete) und sp rac h “ verw andelt w erden, obwol entsprechend der richtigen A ngabe des heb räi­

schen T extes diese Rede g a r keine A ntw ort auf den hypo­

thetisch angenommenen V o rtrag Zophar’s d a rste llt, und es jedenfalls begreiflicher ist, dass nach der letzten Rede Hiob’s Ja h v e selbst das W o rt e rg re ift, wenn sie eine selbständige Appellation an G ott w a r, als wenn die B eantw ortung einer Deklam ation des Zophar. — Oder ein anderes B eispiel: die Rede B ildad’s 18, 1 ff. g e s ta lte t Duhm so, dass er V. 2. 3 in re c h t zw eifelhafter W eise ü b erse tzt:

So mach ein E nde nun den Reden, Merk auf und lass auch uns zum W o rt!

W arum sind w ir wie Vieh geachtet, Sind unrein w ir in Deinen A ugen?

dass er dann aus der Rede Hiob’s Kap. 17 die Verse 8 — 10 m it U nterschlagung des zu 10 a den N achsatz bildenden 10 b folgen lä sst:

E n tse tz t sind Redliche darüber,

D er Reine em pört sich über den F revler, F e s t h ä lt der Fromm e seinen W eg Und s tä rk e r w ird, w er rein von H änden Allein, so komme doch w ieder her,

und nun e rs t 18, 4 „D er sich ze rre isst in seinem Z o rn !“ etc.

anschliesst.

Ich muss gestehen, dass es m ir unfasslich is t, wie man die zusamm enhängenden Sätze B ildad’s 18, 3. 4 so auseinander- reissen kann; denn sie sagen das höchst V erständliche: Du h ä ltst uns so dumm wie das Vieh, du, der du, dummer als das Vieh, dich in deiner blinden W u th selbst zerfleischest!

W ollte Duhm das Mass des V ierzeilers bew ahren, so b rauchte er n u r nach Sept. den zw eizeiligen S atz V. 3 auf eine Zeile zu reduziren. Noch unfasslicher is t m ir freilich, w as die aus 17, 8 — 10 h ierher verpflanzten Sätze hier sollen. Is t w irk ­ lich der V orw urf der B ornirtheit, den Bildad aus Hiob’s Reden h era u sh ö rt, ein so stupendes E reigniss, dass die Redlichen darüber en tsetzt beides zugleich th u n , den F re v le r bei der Kehle packen und in Geduld und neuer K ra ft an ihrem u n ­ schuldigen W andel festhalten? Und w as soll im Munde Bildad’s die n u r in dem Hiob’s begreifliche Aufforderung zu neuem An­

griffe 17, 1 0 a ? H ä tte Duhm 17, 8 — 10 da belassen, wo sie im hebräischen T e x t stehen, näm lich in der vorangehenden Rede Hiob’s, und h ä tte er sie gelassen, wie sie lau ten :

„A ber ih r alle kommt n u r w ieder heran,

Ich w erde doch u n te r E uch keinen E insichtigen finden“ , so h ä tte er in Hiob’s Rede d ie W o rte g eh a b t, aus denen B ildad den V orw urf der Dummheit für sich und seine Genossen m it R echt h era u sh ö rte; und w eiter h ä tte er das allgem eine Staunen 17, 8. 9 aus der Beziehung auf das Phänom en be­

greifen können, zu dem Hiob w erden w ürde, wenn G ott seine B itte 17, 3- 6 — denn auch diese ist dem V. 3 parallele B itte — erfüllte. Auch hier ist m it H änden zu greifen, dass Duhm’s U ebersetzung dem gebildeten Laien einen anderen Hiob gibt, als die U rschrift, und dass bei den Differenzen zwischen beiden der Hiob der U rschrift sich als der bessere bew ährt. Ich kann auf w eitere Beispiele verzichten, auch auf die Besprechung der vielen kleineren A thetesen und U m stellungen, oder solcher absolut unverständlicher V erdeutschungen, wie 6, 2 9 :

Zurück doch, nicht gescheh ein U nrecht, Zurück, noch ist mein R echt darin!

wo man sich kopfschüttelnd f ra g t, w orin denn Hiob’s R echt sei, da es doch in einem noch nicht geschehenen Unrechte un ­ möglich stecken kann. Ich veranschauliche n u r an einem F alle,

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w ie vorsichtig man die angeblichen Glossen ansehen muss, die Duhm ausschaltet.

In 6, 2 ff. e rk lä rt Hiob seinen w ilden Schm erzensausbruch in K ap. 3, um den E lifaz ihn gescholten, aus der unerhörten Schw ere seines Leides, sofern die darin zu erkennende F eind­

seligkeit G ottes sein Gemüth fassungslos mache. Es sei un­

gerecht, seine AeusseruDgen zu kritisiren , als seien sie g rund­

los, in reinem M uthw illen geth an (V. 2 — 5); es sei unbillig, aus unklarer G eistesverfassung hervorgeström ten Reden das granum salis einer schonenden A uslegung zu w eigern (V. 6);

wie denn seine Seele auch je tz t noch immer nicht zur Ruhe kommen könne. D er letzte Gedanke w ird (V. 7) durch ein D istich ausgedrückt, dessen erste Zeile Duhm rich tig übersetzt:

N icht w ill sich beruhigen meine Seele,

dessen zw eite Zeile aber aus drei g u t hebräischen und ein jedes für sich verständlichen W ö rte rn besteht, ohne dass sie in einen k laren S atz Zusammengehen. D azu kommt, dass nur das d ritte eindeutig is t und den unzweifelhaften, wenn auch absolut unbrauchbaren Sinn „mein B ro t“ ausdrückt. Die beiden ersten aber sind zweideutig, sofern n a n m it den P u n k tato re n n a n oder gegen sie fiEfi = „es brum m t“ , und ■ms m it jenen oder gegen sie ausgesprochen w erden kann. Indessen ob ich übersetze: „Sie sind wie die K ran k h eit meines B ro te s“

oder: „E s brum m t wie der K ranke mein B ro t“, beide Male kommt nichts V erständliches, im Zusammenhange B rauchbares h era u s, nur dass die le tztere D eutung wegen der P arallele der P erfe k ta naxa und in den beiden Zeilenanfängen for­

mell sich m ehr empfiehlt, und auch m ateriell, sofern „nicht ru h ig sein w ollen“ und „brum m en“ sich wie n egativer und positiver A usdruck fü r dieselbe Sache verhalten. N ach dem Gesetze des P arallelism us d a rf man also in V. 7 b ausgedrückt e rw a rte n , dass Hiob’s innere E rsch ü tteru n g ihm beständiges Schm erzgestöhn abnöthige, und von diesem G esichtspunkte aus einen hebräischen U rtex t suchen, aus dem sich der gegen­

w ä rtig e durch V erschreibung oder M issdeutung herleiten lässt.

W as aber th u t Duhm? E r zerschneidet die zwei P a ra lle l­

zeilen von V. 7, se tzt die erste h in ter V. 4 herauf, erreicht durch diese M anipulation, dass die zw eite dicht hin ter V. 6b wie ein vereinzelter A usdruck zu stehen kommt, von dem man annehmen k an n , dass er eine V ariante oder eine Glosse zu V. 6 b repräsentiren solle. Indem er dann V. 6 b nach un­

sicherer B egründung und gegen die jedenfalls bessere Lesung der Sept. deu tet: „Und h a t Geschmack der E iersch leim ?“ ge­

w innt er den A usdruck „E ierschleim “, d e r, weil auch den heutigen G elehrten noch unbekannt, schon im A lterthum viel­

leicht einer F eststellung seines Sinnes bedurfte; und die eben kann durch V. 7 b geschehen sein. Man muss n u r die g u t hebräischen W o rte durch aram äische ersetzen: also für schreibt man yrabn d. i. E idotter, fü r ■’n a se tz t m an w s d. h.

als, nun, und fü r n a n — nach den P un k tato ren = rrart — das entsprechende Pronomen iafi. Dieses bedeutet zw ar „d ie“

im P lu ra l und erw eckt den Schein, als wollte es die ver­

schiedenen D inge: erstens salzlose Speise und zw eitens E ie r­

schleim zusammen = „ E id o tte r“ setzen; aber so genau b raucht es der G lossator nicht zu nehm en, ihm konnte „der E ie r­

schleim “ j a als die vielen Eierschleim e vorschweben, als er iai-: s ta tt ton schrieb, wenn er auch bei ^ b n wieder n u r an den einen dachte. So is t es also zu verstehen, wenn Duhm S. 17 den S atz 6, 7 b „Das nennt man je tz t E id o tte r“ m it der B em erkung: aram äische Glosse zu 6 b unter den T ex t setzt.

Indem er den hebräischen S atz V. 7 b isolirt und an eine andere S telle rü ck t, indem er sein erstes W o rt ins Aram äische über­

tr ä g t, die zwei folgenden durch ganz Anderes bedeutende a r a ­ mäische W ö rte r erse tzt, schafft er in den hebräischen T ex t eine aram äische Glosse hinein, die er nicht h a tte , und kann sie deshalb auch als unursprünglich w ieder hinausthun.

Es lie g t m ir ferne, dem Genius, der sich z u tra u t, im B e­

sitze der Idee des Buches Hiob zu sein, es zu verargen, wenn er die Knoten, die die überlieferte G estalt desselben darbietet, m nthig überspringt oder d u rchhaut, oder es Duhm zu v e r­

denken, wenn er d e n G e l e h r t e n zusammen m it seinem auf­

klärenden Kommentar auch seine Uebersetzung bot. E r th a t dann nur, was Merx und Hoffmann, oder was Bickell auch ge­

th a n haben. W e r seine und ihre Uebersetzungen, dazu etw a

noch die von B aethgen v ergleicht, w ird neben m ancher Be­

lehrung im Einzelnen doch überw iegend den tra u rig e n E in ­ druck em pfangen, dass jeder S elbständigkeit beanspruchende alttestam entliche E xeget seinen eigenen Hiob habe, und er w ird schliessen, dass entw eder das Buch Hiob ein unlösbares literarisc h es Problem und in seinem Texte heillos ko rru m p irt sei, oder dass die E xegeten infolge m oderner V orurtheile un- vermögend seien, sich auf den Standpunkt des D ichters zu e r­

heben, und dass es ihnen an der sicheren philologischen Methode und an der Zucht feh lt, welche allein durch das k la re B e­

w usstsein von den B edingungen unseres Verständnisses der biblischen T exte erzeugt w ird. E r w ird also zu dem ü b er­

lieferten hebräischen Hiob zurückkehren und m it eigener A rbeit sich um sein V erständniss bemühen. Insofern haben solche U ebersetzungen positiv und negativ ihren Nutzen.

Schlimmer daran ist der g e b i l d e t e L a i e , sofern er glauben k an n , den Hiob der U rschrift zu lesen, wo er doch nur den Hiob Duhm’s vor sich h at. Ich möchte deshalb wünschen, dass diese U ebersetzung u n te r den L aien sich auf diejenigen K reise beschränke, welche dem Verf. als ihrem L ic h tträ g e r folgen, und welche dem V erleger Zutrauen, dass, w as er brin g t, das gesicherte R esu ltat exakter „ religionsgeschichtlicher “ F orscher sei, um seinen eigenen A usdruck auf dem Umschläge des Kommentars zu gebrauchen.

W as die E i n l e i t u n g anlangt, die Duhm zu r O rientirung des L aien vorangeschickt h a t, so ist sie schlank geschrieben und en th ält einige richtige, wenn auch nicht neue Bemerkungen.

L eider verw endet er die luftige Hypothese von einem alten V olksbuche, an das der w eit darüber erhabene D ichter an­

geknüpft habe, als eine ausgem achte T hatsache und b a u t d ara u f die B ehauptung, dass der D ichter sich m it dem Hiob der Reden identifizire und seine Anschauung m it der Hiob’s sich decke, fü r jeden Anderen, der das Buch als ein einheit­

liches liest, eine durch den P rolog von vornherein geflissentlich ausgeschlossene Annahme. Und was ist der G ewinn? Dass der D ichter zw ar als Isra e lit vom S atan weiss, dass er die

„E schatologie“ seines Volkes kennt, und dam it den Schlüssel des Problems h a t, welches Hiob’s Seele zu Tode q u ält, dass er aber, weil Hiob ihn n icht kennt, m it dem er doch identisch is t, keinen G ebrauch davon m acht: „er ig n o rirt die ze it­

genössische E schatologie“ . Ein A nderer w ürde sagen: der D ichter zeichnet also geflissentlich seinen Helden als N icht­

israeliten, w ährend er selbst im Genüsse der israelitischen E r- kenntniss s te h t, welche un ter anderem der Prolog bekundet.

A ber fü r Duhm is t der D ichter ein „unabhängiger realistischer D enker“ , ein „kühner D ich ter“, ein „m ännlicher G eist“, ein

„selbständiger Beobachter der w irklichen W e lt“ (S. XV, X III, X I), dem so wenig d aran liegen kann, m it dem gem ein-israe­

litischen Glauben übereinzustimmen, dass er vielm ehr im Gegen­

satz zu dem dem üthigen Hiob des Volksbuches aufs kühnste gegen G ott red et (S. X II). Aber weshalb lehnt sich denn dieser kühne, unentw egte Oppositionsmann an das sachlich von ihm bekämpfte Volksbuch an und lä sst in tö dtlicher Inkonse­

quenz den der herkömm lichen Theorie entsprechenden Epilog stehen? D as e rk lä rt Duhm fü r eine „Konzession an das liebe P ublikum “, zu der sich der D ichter wie manche seiner Kollegen habe bequemen müssen. Ich meine, w er im D ichter die das Publikum tro tz ig verachtende K ühnheit des männlichen Cha­

ra k te rs und die zu solchen Konzessionen bereite F eigheit zu ­ sammen denken k an n , w ird anderen es nicht w ehren können, wenn sie dem D ichter Zutrauen, dass er von seinem eigenen israelitischen religiösen Selbstbewusstsein das Hiob’s als eines nichtisraelitischen Frommen auf früherer E ntw ickelungsstufe der Religion habe unterscheiden können. ^ k l

J ü l i c h e r , D. A dolf (Prof. der Theologie in M arburg), D ie G rle ic h n issre d e n J e s u . 2. T h eil: A uslegung der Gleichnissreden der drei ersten Evangelien. F reiburg, L eipzig, Tübingen 1 8 9 9 , J . C. B. Mohr (P. Siebeck) (V III, 643 S. g r. 8). 12. 80.

Vor fast elf Ja h re n is t der erste T heil dieser Gleichniss­

reden erschienen, in dem der Verf. in anregender, geistreicher Untersuchung das W esen des Gleichnisses festzustellen versucht h at. Die damals in Aussicht gestellte Auslegung der G leich­

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nisse, die n atü rlich vielfach zur E rg än zu n g und B estätigung der theoretischen A usführungen dient, h a t er e rst nach ja h re ­ la n g e r A rbeit folgen lassen. Das Buch is t also die reife F ru c h t la n g er G elehrtenarbeit. Mit R echt kann der Verf.

sagen, dass er seine A uslegung nicht in den D ienst seiner Theorie g estellt h at. M öglichst v o r u rte ils fre i, m it feinem V erständniss fü r das C h arakteristische der Gleichnissrede ist er an die einzelnen Gleichnisse heran g etreten und h a t uns eine Aus­

legung geschenkt, die durch die F ü lle des zur W o rte rk läru n g bei gebrachten gelehrten M aterials, durch die auf gründlicher Sachkenntniss beruhenden, von gesundem U rtheil zeugenden te x tk ritisc h en Bemerkungen, vor allem aber durch die scharfe E rfa ssu n g des springenden P unktes in den meisten Gleichniss- reden und durch den überzeugenden Nachweis von dem Un­

rec h t und der W e rthlosigkeit gek ü n stelter, allegoristiscber D euteleien ausgezeichnet ist. Ohne eine künstliche Gliederung der ja nicht nach bestimmtem Schema gebildeten Gleichnisse zu versuchen, untersucht Jü lich er dem E rgebniss des ersten Theiles entsprechend zu erst die 28 Gleichnisse (die von Jesus ge­

brauchten kürzeren oder längeren veranschaulichenden Bilder), dann die 21 P a ra b e ln , endlich die 4 Beispielerzählungen, zusam m engehöriges nach einander behandelnd.

Den W e rth und die B edeutung des Buches muss auch der anerkennen, der dem Verf. in vielen P un k ten n icht beistimmt.

N icht nur in manchen E inzelheiten, bei der F eststellung der ursprünglichen L e sa rt oder — bei Differenzen der Synoptiker

— d er dem O riginal am nächsten kommenden F assung der W o rte k an n man eine abweichende Meinung gelegentlich ebenso w ahrscheinlich m achen; auch darüber, ob das V erhältniss von Gleichniss und A llegorie immer ric h tig bestim m t ist und ob n ich t manche allegorische B eziehungen, s ta tt erst von den E v angelisten geschaffen zu sein, von Jesus selbst beab­

sic h tig t sind, kann man streiten. Zw ar h a t der Verf. meines E rach ten s schlagend bewiesen, dass es in vielen F ällen nur auf e i n tertium com parationis ankom m t, dass Jesus oft m it den Gleichnissen ein U rtheil auf natürlichem Gebiet hervor­

locken und dasselbe, ohne an die A usdeutung einzelner Züge zu denken, aufs sittlich e und geistliche ü b ertrag e n wissen w ill, dass er auf ähnliche W eise G rundsätze einschärft und überhaupt die Gleichnisse oft als M ittel benutzt, überzeugende Beweise zu führen oder eindringliche M ahnungen zu geben.

So sieht er m it E ec h t im G leichnissw ort vom Feigenbaum die unverbrüchliche Sicherheit des Kommens des G ottesreiches g e le h rt, in dem von den unnützen K nechten die Stim m ung der Demuth, die Jesus im K reise der Seinen zu sehen w ünscht, g efo rd ert, in dem von den spielenden K indern den launen­

haften E igensinn der Zeitgenossen Jesu c h a ra k te risirt, in dem von dem alten Kleide und den alten Schläuchen illu strirt, dass altes und neues n icht zusam m enpasst, in dem vom T hurm ­ bau und vom K riegführen, dass man am A nfang des W erkes überlegen soll, ob die K rä fte reichen u. a. m. Besonders deutlich zeigt sich die R ich tig k eit und der W e rth dieser Methode bei den Gleichnissen von dem bittenden Freunde, dem ungerechten R ichter, dem ungerechten H aushalter, dem reichen Mann und arm en L azarus. E s verschw indet bei den drei erstgenannten jed er A nstoss, den man bei allegorischer A us­

deutung an dem unsittlichen oder unw ürdigen V erhalten Gottes oder der Menschen nehmen m üsste, bei dem letzten die schw ierige F ra g e , weshalb der Reiche in die Hölle, der Arme, von dem nichts G utes b eric h tet is t, in den Schoss A braham s kommt. E s soll in den beiden ersten die schliessliche E r ­ höhrung nach anfänglicher A bweisung auf G rund anhaltender B itte n nachgew iesen, in dem d ritte n die K lu g h eit, die die G egenw art entschlossen a u sn ü tz t, um die Z ukunft sicher zu stellen, empfohlen, in dem le tzten rec h t nachdrücklich gezeigt w erden, wie viel glücklicher der Arm e zu nennen, der nach trostlosem Leben auf E rd en die Seligkeit e rla n g t, als der Reiche, der nach einem Leben u n g etrü b ten Glückes verdam m t w ird. H ier ist alles w eitere Ausdeuten durch die A rt der G leichnisse ausgeschlossen. — Bei anderen scheint m ir doch Jesus selbst, m ehr als der Verf. annimmt, auch einzelne Glieder der Gleichnisse als n äher zu deutende gedacht zu haben.

E s kam ihm ja n ic h t d ara u f an, formvollendete Gleichnisse zu schaffen; ihm la g nich t an der F o rm , sondern n u r an der

Sache. Ueber das tertium com parationis hinausliegende V er­

gleichspunkte brauchen aber die eine H auptsache, auf die es ankom m t, nicht zu verdecken, sondern können sie noch evi­

denter machen. So will Jesus gewiss im Gleichniss vom viererlei A cker (S. 537) vor allem nicht lehren, a u s w e l c h e n G r ü n d e n sein W irken nicht überall E rfolg h at, sondern zu­

nächst die T hatsache illu striren , dass um der Beschaffenheit der M enschenherzen willen von dem ausgestreuten Samen viel verloren gehen muss, aber das w ird viel anschaulicher und deutlicher dadurch, dass die verschiedene Beschaffenheit der H erzen schon im Bilde d arg e stellt wird. W enn das Gleichniss dadurch zur Allegorie w ird , so verstärken die allegorischen Z uthaten die W irk u n g der Gleichnisse. L ie g t es in der N a tu r des G leichnisses, dass es um so überzeugender is t, je m ehr P arallele n zwischen Bild und Abgebildetem bestehen, so brau ch t man nicht von „künstlicher M ache“ zu reden, wo solche Momente vielleicht von den Evangelisten schärfer betont sind. So ist doch der U ebergang von dem Schicksal des trunkenen Knechtes in M atth. 24, 51 zu dem des K nechtes Christi, der in gleicher L age die S trafe der Hölle em pfängt, nicht so schwer und g e k ü n s te lt, dass er nothw endig auf Rechnung der Apostel kommen m üsste, so ist die M öglichkeit, dass der B räutigam von den H ochzeitsleuten hinweggenommen w ird, nicht so aus­

geschlossen, dass Jesus n icht davon im Gleichniss gesprochen haben k ö n n te ; so brauchte die P arab e l vom U nkraut u n te r dem W eizen nicht um der Form willen für unecht e rk lä rt zu w erden, zum al das, was der F eind g e th an , nicht so unmöglich ist, wie der Verf. annimmt. So gewiss zuzugeben is t, dass die Gleichnisse in den Evangelien n icht immer in dem Zusammen­

hänge stehen, in dem Jesus sie gesprochen h a t und dass sie bis zu ih rer schriftlichen F ix iru n g in unseren Evangelien um einzelne Züge bereichert sein mögen — w as sich ja bei der A rt dieser E rzählungen sehr leicht e rk lä rt, vgl. die P arab e ln von den w iderw illigen G ästen und den an v e rtra u te n Geldern in den verschiedenen'U eberlieferungen — so wenig scheinen m ir die E vangelisten oder ihre Quellen bew usster oder w ill­

kürlicher W eise aus den P arab e ln A llegorien gem acht zu haben. Des Verf.s U rtheile sind da etw as reichlich scharf, und nicht immer frei von U nbilligkeit. So schön er manche Gedanken Jesu aus den Gleichnissen erhebt und w iedergibt, so auffallend ist es, dass er andere ohne irgendw ie durch­

schlagende Gründe ablehnt und, zuweilen allerdings nicht ohne Schwanken, als V eränderungen der E vangelisten ansieht. D as moderne V orurtheil von der K luft zwischen dem , was Jesus gelehrt, und dem , w as die E vangelisten von ihm überliefert haben, m acht sich da reichlich s ta rk geltend. Ohne G rund scheint m ir z. B. das Gleichniss von den W e in g ä rtn e rn Jesu abgesprochen zu sein — Jesus Belbst konnte doch wohl das W o rt vom Sohn ebenso g u t seinen Feinden in den Mund legen wie eine spätere Generation, die auch wusste, dass die Feinde ihn n icht als Sohn anerkannten. Die F u rc h t der Feinde, dass ih r Einfluss gebrochen w erden m öchte, ih r N eid, ihre Miss­

g unst kommen meines E rachtens in dem Gleichniss vortrefflich zum A usdruck. Ohne G rund scheinen m ir manche Bedenken gegen eschatologische Stücke zu sein. Ich glaube, dass die eschatologischen V orstellungen der E vangelisten eher auf den Einfluss von W orten Je su zurückzuführen sind, als dass die Apostel ihre V orstellungen Jesu beigelegt haben. — G erade durch Gleichnisse konnte er ihnen manches erläu tern und n ach­

drücklich einprägen, was ihnen sp äter e rst rec h t deutlich k la r wurde. D arum kann Jesus sehr wohl bei dem B räutigam in dem Gleichniss von den 10 Jun g frau en an sich selbst gedacht haben. Den Schluss des Gleichnisses vom reichen Mann und armen L az aru s möchte ich nicht vermissen. Es verschärft doch die Qual jen es, dass auch seine B itte für seine V er­

w andten n ic h t erfü llt werden kann, ja dass der G rund dafür zugleich eine A nklage gegen den Reichen selbst ist, der auch Mose und die Propheten hatte und sie doch nicht gehört hat.

Ohne den Schluss w ürde das Gleichniss ein Torso sein. W ie aus diesem Gleichniss Joh. 11 entstanden sein soll, is t m ir ebenso u n erk lä rlich , wie das Um gekehrte. — Gleichniss vom verlorenen Sohn scheint m ir das unbrüderliche V erhalten des älteren Sohnes (vgl. V. 32) s tä rk e r betont zu sein, als der Verf. zugibt. Die D eutung des Gleichnisses vom Aas und den

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A dlern h alte ich für verfehlt. Ich fürchte von den H örern w ird niemand verstanden haben, dass dam it die Sicherheit und Schnelligkeit der V ereinigung m it Jesu ausgesprochen sein sollte. Die nächstliegende D eutung is t doch, dass da wo das Leben erstorben, die K ra ft verfallen ist und das Verwesen bevorsteht, auch schon die sich zusammenfinden, die das V er­

wesende beseitigen und aus der L u ft schaffen. Die A nsicht des Verf.s von der N eigung der E vangelisten zum A llegorisiren v erfü h rt ihn gelegentlich dazu, allegorische Züge herauszu­

lesen, wo sie an sich n ich t vorhanden sind, z. B. im Gleichniss vom Dieb, in dem es doch nur auf das Plötzliche, U nerw artete ankommt, n icht aber auf die F u rc h t, die man vor dem Diebe h a t, und in Luk. 12, 4 1 — 4 8 , wo ich vom V orrang des A postolats beim besten W illen nichts lesen kann. Im Interesse der Polemik v erg isst er sogar mal seine Grundthese, dass man n icht m ehr aus den Gleichnissen herauslesen d arf, als Jesus m it ihnen h a t sagen wollen. Sonst w ürde er nicht bestreiten, das a|xapxa)Xot und S uaioi in Luk. 15, 5 in dem relativen Sinne des dam aligen vulgären Sprachgebrauchs gem eint sind, zumal da Jesus (vgl. M atth. 6, 33) doch noch eine bessere SixaioauvTj ken n t als den dam aligen „G erechten“ eignete. Sonst w ürde e r auch nicht das Gleichniss vom verlorenen Sohn fü r unver­

einbar m it der Lehre vom Opfertode Christi erklären. Dass im Himmel m ehr F reude über einen Sünder is t, der Busse th u t, als über 99 G erechte, die der Busse nicht bedürfen, schliesst doch den Opfertod Je su so wenig aus, wie es ihn voraussetzt. Befremdlich w ar m ir, dass der gelehrte Verf.

in exegetischen Schw ierigkeiten eine S atire auf die L ehre von der perspicuitas scripturae sacrae findet. Eine genauere K enntniss der letzteren w ürde ihm das unmöglich gem acht haben. W ie die E vangelisten, so können sich auch einige moderne A utoren über zu scharfe und darum vielleicht etw as unbillige Polemik beklagen. Ueber dem fo rtite r in re sollte man das suaviter in modo gerade in der Theologie nie v e r­

gessen. — Im einzelnen liessen sich wol noch manche Aus­

führungen des Verf.s m it guten Gründen beanstanden und manche Bedenken gegen die U eberlieferung in den Evangelien als unbegründet erweisen. Das schliesst aber nicht aus, dass m an vor allem fü r das zu danken h a t, was der Verf. zur F örderung der E xegese, der T e x tk ritik , der synoptischen F ra g e , der biblischen Theologie beigetragen hat.

Lic. Schnitzen.

W o lf , G ustav, D e u ts c h e G e s c h ic h te im Z e i t a l t e r d e r G e g e n re fo r m a tio n . I. Bd. 1.— 3. Abth. B erlin 1898, Oswald Seehagen (M artin Höfer) (XVI, 789 S. g r. 8).

24 Mk.

D er V erf., w elcher sich bereits durch verschiedene V er­

öffentlichungen als gründlicher K enner des R eform ationsjahr­

hunderts erwiesen, h a t sich in erster Linie durch die R esultate seiner A rchivstudien veranlasst gesehen, die ebenso interessante wie schwierige Geschichtsperiode der G egenreform ation, obwol dieselbe e rst vor 10 Ja h re n in M. R itte r einen vortrefflichen, sachkundigen B e arbeiter gefunden, von neuem zum G egenstand einer sehr eingehenden, auf vier Bände berechneten D arstellung zu machen. W ährend der erste , uns vorliegende B and nur die sehr gediegene, aber etw as breite B asis fü r das Gesammt- w erk liefert und uns nur bis zum J a h r 1555 fü h rt, soll der zw eite B and die Periode der V orherrschaft der gem ässigten M ittelpartei unter den K aisern F erdinand und Maximilian II., d er d ritte und vierte aber die Z eit des Offensivkatholizismus vom R e g ie ru n g sa n tritt R udolfs II. bis zum Erscheinen G ustav A dolfs auf deutschem Boden zu r D arstellung bringen.

Um das V erständniss der treibenden K räfte und erstrebten Ziele in der von ihm durchforschten Geschichtsperiode vorzu­

bereiten, schickt W olf in einem ersten allgem einen Theil eine auf soliden Forschungen beruhende, überall den genauen K enner v errathende, freilich sehr nüchterne und manchmal etw as breite Schilderung der politischen Zustände des deutschen Reiches zu Beginn des R eform ationszeitalters voraus, nam ent­

lich der Reichsverfassung m it all ihren Schäden und Schwächen, a b e r auch all ihren Entw ickelungsm öglichkeiten. N icht minder genau geh t Verf. auf die Zustände der römischen K irche zu derselben Zeit ein, nam entlich auf die S tärk e und Schwäche

ih rer V erfassung, um die nöthigen G esichtspunkte fü r die katholischen Reorganisationsbestrebungen zu finden. Sodann folgt ein knapper gehaltener Ueberblick über die E ntw ickelung der evangelischen K irche bis zum Tode L u th e r’s, wobei dessen allmähliches Sichbefreunden m it dem landesherrlichen K irchen­

regim ent etw as einseitig betont wird, wie denn überhaupt die C harakteristik L u th e r’s und seines W erkes meines E rachtens zu den schwächsten P a rtie n der W olf’schen A rbeit gehört.

L u th e r’s g ew a ltig e r, schöpferischer, überall neue Bahnen er- schliessender P ersönlichkeit w ird die W o lf sehe D arstellung nicht gerecht, ja es finden sich in diesem A bschnitt manche das W esen der P erson und des W erkes des grossen Reforma­

tors a rg verkennende U rtheile. W enn z. B. W olf S. 216 sag t:

„die ihn v erbitternden V orstellungen von der menschlichen Sünde und der strafenden G erechtigkeit Gottes w urden durch die A nsichten der göttlichen Liebe und Gnade v e rd rä n g t“ , so is t dieser Satz falsch oder zum w enigsten sehr m issverständ­

lich. L u th e r’s tiefe Sündenerkenntniss h a t ihn wol an den R and der Verzweiflung getrieben, nie aber in die „V erb itte­

r u n g “ , auch ist sie durch „die Ansichten der göttlichen Liebe und G nade“ nicht „ v e rd rä n g t“ , sondern geblieben, ja immer m ehr v ertieft worden. Sündenerkenntniss und E rfah ru n g der göttlichen Gnade stehen nicht im V erhältniss des Gegensatzes, sondern die erstere bedingt die letztere. W as Paulus Röm. 7 von sich bezeugt, das g ilt voll und ganz von L uther.

D ieser ging auch nicht in e rste r Linie in das K loster, „um dem w eltlichen Treiben zu entgehen und ein enges, beschau­

liches Dasein zu fü h ren “ (S. 2 1 7 ), sondern sein geängstetes Gewissen trieb ihn, F rieden m it G ott auf dem W eg zu suchen, auf den ihn die m ittelalterliche K irche wies. Eine wenig be­

friedigende E rk läru n g von dem, w as L uther un ter Glauben versteht, gib t W olf, wenn er S. 220 sa g t: „Jedes Individuum sollte sein persönliches V erhältniss zu G ott durch eigenes S tu­

dium und durch eigene unausgesetzte A rbeit an sich selbst immer inniger und fester g estalten , auf G rund seiner immer w ieder revidirten religiösen U eberzeugung sowohl fremde An­

sichten m it kritischem Blicke prüfen, als auch einen höheren M assstab für sein stetiges Wollen und H andeln gewinnen.

D ieser geistige Prozess, welchen L uther selbst J a h re lang in seinem Inneren ausgefochten h a tte und welchen jed er C hrist täglich in seiner B ru st erneuern sollte, w urde vom Reform ator der Glaube genannt. . . . Sein Glaube w ar eine rastlose T h ä tig k e it, w elcher die Annahme der Heils Wahrheiten nicht bezweckte, sondern voraussetzte, welche dem Menschen durch harm onische A usbildung seines C harakters und seiner Lebens­

weise, durch die dem üthige U nterw erfung un ter die ihm auf­

erlegten Pflichten, L asten und Schicksale den w ahren F rieden v erlieh“ . W o bleibt da die H auptsache, die rezeptive Seite des Glaubens, nach w elcher derselbe das opyavov Xtqtixlxov für die göttliche Gnade ist? W o bliebe L u th e r’s Z entrallehre, die R echtfertigung durch den G lauben, wenn er un ter Glauben w irklich das verstanden h ä tte , w as W olf ihn d aru n ter v er­

stehen lä sst?

D as zw eite Buch — meines E rachtens die G lanzpartie des ganzen Bandes — s te llt die Person und das W erk K a rl’s V.

d a r, sein politisches W erden, die P rinzipien und Ziele seiner P olitik, seine Reichsreform pläne, seine E rfolge im schmalkal- dischen K rieg , die Interim speriode. Das d ritte Buch b rin g t die Schilderung des Umschwungs durch den kursächsischen A ufstand, der V orgeschichte des A ugsburger Reichstages von 1555, sowie des V erlaufs und der R esultate desselben. L ie g t auch der Schw erpunkt der W o lf sehen A rbeit in der D arlegung der diplomatischen Aktionen und der Aufzeigung der oft rec h t verw orrenen Fäden, aus denen sich das Geschichtsgewebe je n er Z eit bildete, so fehlt es doch auch nicht an treffenden Cha­

rakterzeichnungen, wenn denselben auch infolge der ungem einen N üchternheit der D arstellung die lebensvolle, fesselnde P la s tik abgeht. K arl V. erscheint n ic h t, wie gew öhnlich, als d e r

„S panier“ , welcher fü r die deutschen V erhältnisse kein H erz und kein Interesse hat, sondern als der an der traditionellen, politischen und kirchlichen B edeutung des K aiserthum s, tro tz der veränderten Zeitlage, zäh festhaltende, allen N euerungen durchaus abholde, seine Ziele, tro tz der Konzessionen, die er seinen Gegnern hier und da auf politischem und kirchlichem

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