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Theologisches Literaturblatt, 22. September 1899, Nr 38.

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Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben von

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rsch ein t jeden F re ita g .

Abonnementspreis vierteljäh rlich 2

Jio.

50 /$ .

Expedition: K önigsstrasse 13.

Insertionsgebühr pr. gesp. P etitzeile 30 /$ .

Aus der A rbeit am Buche H iob. III.

Hawklns, R ev. Sir John C., Bart., M .A ., Horae synopticae.

L e w is, Agnes !Sm ith, M .K .A .S ., and Glbson, Margaret Dunlop, M .K .A .S ., The Palostinian Syriac Lectionary o f the Gospels.

Cathrein, Victor, S. J., Moralphilosophie.

Messer, Max, Die modemo Seele.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Universitätsschriften.

Um ungesäumte Erneuerung des Abonnements ersucht die Verlagshandlung.

Aus der Arbeit am Buche Hiob.

m .

3. Die S chrift K o e n i g s b e r g e r ’s ist W iederholung einer im 40. Ja h rg a n g der „M onatsschrift fü r Geschichte und W issen­

sch aft des Judenthum s“ veröffentlichten A rbeit; um so unent­

schuldbarer sind die zahlreichen D ruckfehler, wie 29 s ta tt 24 (S. 52 ), a m s ta tt ass (S. 26), ^ s ta tt *re (S. 28), isaa s ta tt 15535 (S. 40), “i'b s ta tt i ' a (S. 29), h ä tte s ta tt h ätten (S. 46), Seiner s ta tt D einer (S. 4 8 ), Gedanke für G esang (S. 50), nam entlich „A nzeiger“ s ta tt „A asgeier“ (S. 41). D a der Verf., wo er, wie öfters, auf S. 29 m ehrere voneinander abweichende E rk läru n g en em pfiehlt, m it gew innender F reundlichkeit die L eser als „die verehrten F achgenossen“ an re d et, so h a t er gewiss zunächst jüdische Rabbiner im Auge gehabt. D aher beg reift sich auch das e ig e n tü m lic h e Deutsch, dessen er sich bedient. Die S yntax is t sehr bedenklich, „U ntreue gegen da?

hohe G öttliche“ (S. 42) sentim ental g ez ie rt, und A usdrücke w ie: „D er m assoretische T ex t k lin g t hier sehr an einen über­

setzten T ex t a n “ (S. 32), oder „differenzirt“ im intran sitiv en Sinne = differirt (S. 13), oder „das P ie l“ neben „der P ie l“

auf S. 27 und 32, und hier auch „der H iphil“ beweisen, dass die hochdeutsche L ite ra tu rsp ra ch e wie eine fremde unsicher gehandhabt w ird. F ern e r die U m ständlichkeit, m it der die jüdische

Literatur,

nam entlich die alte Kompilation M a'jan gannim und der neue hebräische Kom m entar von Szold, denen der Verf. die meisten A nregungen verdankt, berücksichtigt ist.

E ndlich die Bemühung, den hebräischen K onsonantentext ohne jede K o rrek tu r zu erklären (S. 3); denn „die F achgenossen“

sind an ihn gebunden und gew öhnt, dieses Joch dadurch zu e rle ich tern , dass sie nicht den A bschreibern, sondern der Sprache die M etathesis der K onsonanten beilegen (s. S. 19. 30.

31. 41. 42. 54 ), welche es e rla u b t, einem W orte den ge­

w ünschten Sinn aufzudrängen, z. B. dem m a m in 11, 18 (die S tellenangabe fehlt) die Bedeutung „Du w ürdest gedeihen“

d. i. n m e i (S. 44J oder dem li-irouji in 24, 20 die von falls man dieses in der angeblichen G rundbedeutung „m ager m achen“ nehmen will und nicht cdiu lieber aram äisch =

„finden“ deutet (S. 41). Oder dadurch, dass sie un ter V er­

gleichung ähnlich klingender W ö rte r einem gebräuchlichen W orte eine neue B edeutung gewinnen. So kann (36, 28) m

„viel“ durch V ergleichung von in „R egen“ (S. 51),

Fp3> „fliegen

durch)

Beiziehungj

vonj in „W im pern“

(5, 7. S. 17), „die H än d e“ in „die W olkenw ölbung“ (S. 51),

uiaüt „gestern“

durch

Beiziehung

von

miua

in

„Umhertappen“

(3. 44), T’ä!1 = »er sa g t a n “ durch Vergleichung von “wx in

„er fü h rt zusammen“ (S. 33), ndie V erflucher“ durch V ergleichung von in „die E rh e lle r“ (S. 14), m p« „ich hoffe“ durch V ergleichung von ip ndie M essschnur“ in „ich vollziehe eine H ausrichtung“ (S. 34) bequem um gedeutet werden.

Oder indem man die Konsonanten anders ab th eilt: so w ird aus ‘twisiö 6, 29 „mein Nochumkehren“ durch die Schreibung

‘wsr atti, wenn man nur am aram äisch als A dverb fasst:

„wiederum soll hierdurch mein Recht bestehen“ (S. 22). Oder indem man die Vokale ändert. So w ird aus „er pries mich wie einen V a te r“ = a a s 31, 18 , indem man a a s = „der Schm erz“ ausspricht, der zw ar durch den Prolog verbotene S atz : „von Jugend an machte mich gross der Schmerz“, d. h.

ich wuchs selbst in grossem E lend auf; und dieser Zeile en t­

spricht die zweite „und von M utterleibe nshaa“, wenn man nur dieses W o rt un ter Beiziehung von r m „ächzen“ übersetzt

„h a tte ich es zu k la g en “ (S. 45). Oder indem man aus freier P han tasie den W ö rte rn einen anderen Sinn beilegt, als der Sprachgebrauch ihnen bisher sicherte. So soll Map 16, 18

„zusammenschrumpfen lassen“ bedeuten, weil “im s vorher aus

„meine Z eugenschar“ durch V ergleichung von

ps

in „meine F e ttig k e it“ verw andelt is t (S. 32); und die unschuldigen W ö rte r

^Bb = „erzählen“ und sba = „verschlingen“ können den Sinn

„abgrenzen“ erhalten, sodass 37, 20 zu übersetzen is t: „K ann er b e s t i m m t g e z e i c h n e t werden durch meine W o rte? Nicht kann man reden, sodass er a b g e s c h l o s s e n c h a r a k t e r i s i r t w ä re “ (S. 52). Indessen, da der Verf. auch fü r die w issen­

schaftliche Z eitschrift H ilgenfeld’s und sogar für die „Neue kirch ­ liche Z eitsch rift“ geschrieben hat, so d arf man annehmen, dass die selbständige Veröffentlichung dieser A bhandlung für einen w eiteren K reis als den der jüdischen Rabbiner bestimm t ist, und deshalb muss hier kurz re fe rirt w erden, was er W e rth ­ volles zu bringen glaubt. D as is t einerseits die in der E in ­ leitung gegebene Theorie über die E ntstehung des Buches.

Hiob is t ein w irklicher Mann aus oder dicht vor der Zeit Ezechiel’s gew esen; die als Ju d ä er aufzufassenden Elifaz, Bildad und Zophar sind Hiob’s Geschäftsfreunde. Die E rzählung über Hiob erhielt sich, zu letzt in der G estalt von Kap. 1. 2. 42, bis in die Zeit der R estau ratio n ; da ging ein „Philosoph“

daran, das „dem B uche“ zu G runde liegende Problem zu be­

handeln, und schuf den D ialog m it den drei älteren Freunden und die Gottesreden (S. 10 f.). W as den E lihu an la n g t, so ist er „eigentlich n u r“ als sp ä terer denkbar (S. 11); aber der Verf. nimmt doch lieber n u r e i n e Redaktion an. D er R edaktor ist m it seinem Zeitgenossen E lih u , dem B uziten, also einem Landämanne Ezechiel’s, dem Sohne B erachel’s, d. i. B erachja’s, des Nachkommen Serubbabel’s (1 Chron. 3, 20), Salomo’s, D avid’s, Ram ’s aufs genaueste bekannt gewesen; und w eil er ihm so nahestand, w ar es natürlich, dass er gerade i h n nicht durch G ott verurtheilen liess (S. 12). W ie könnte auch ein Jude einen ihm befreundeten Volksgenossen öffentlich in un­

günstige Beleuchtung rücken? Also das Buch Hiob ist zur Zeit E s ra ’s re d ig irt, unter „resp. von“ Serubbabel’s Nach­

kommen: darum führen auch die in derselben Zeit entstandenen Schriften „wie Sprüche, K oheleth, Psalm en (?)“ die Namen D avid’s und Salomo’s, denn das w aren die A hnherren der Fam ilie Serubbabel’s (S. 10). Diese späte Ansetzung w ird ge­

s tü tz t durch die vielen Eigenthüm lichkeiten der m it E s ra auf­

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gekommenen neuhebräischen Sprache, die unser Buch cliarakte- risiren (S. 9), und die in grösserem Masse, als bisher, nach­

zuweisen und zur besseren E rk lä ru n g auszubeuten, die Aufgabe ist, die ßich K oenigsberger vorzugsweise in seinen, das übrige Buch füllenden Anm erkungen zu Hi. 1— 42 zu erfüllen vor­

genommen h at. W elchen W erth diese Beiziehung des Neu­

hebräischen h at, möge m an aus folgenden wenigen Beispielen ersehen. Nachdem der Verf. zu 3, 8 (S. 14) erst e rk lä rt h a t, der L eviathan (von der W urzel nib anhangen, begleiten) müsse der Mond als „B eg leiter“ der Sonne sein, e rw ä g t er auf S. 15, dass in einer auf unsere Stelle anspielenden und deshalb jtnvibat durch n m b ersetzenden V orschrift des je r. Talm ud n n rb das T rauerlied um den Todten bezeichnet, und sch läg t vor, ‘jrnib = orpib, nicht = K lagew eiber, sondern = K lag e­

m änner zu deuten. D urch V ergleichung des neuhebräischen Gebrauches von pbn = über etw as streiten, und von “wx = binden erh ä lt der S atz 17, 5 ötsn pbnb die überaus ein­

leuchtende B edeutung: zum S treiten (d. h. „um dem Hiob seine R echtfertigung [sic] ab z u streiten “) fü h rt er (Gott) die F reunde zusammen, wenn die A ugen seiner (nicht Gottes, sondern „des U nglücklichen“) K inder verschm achtet sind. Denn die Freunde kam en wie durch göttliche F üg u n g zu Hiob, und dem musste ih r S tre it gegen ihn um so b itte re r sein, als er seine K inder verloren h atte. Man muss n u r nicht fragen, was dieser Satz in der G ebetsanrede an G ott soll, ob „ihre Augen v er­

schm achten“ ein n atü rlich e r A usdruck für die durch einen H auseinsturz umgekommenen K inder Hiob’s sei, und ob von der vollendeten T hatsache dieses Umkommens s ta tt iba das Im perfekt nsbnn g ebraucht werden dürfe (S. 33). Ebenso w enig d a rf man fragen, wenn 10, 16 Kbenn nach dem neuhebräischen

«bs = untersuchen gefasst w ird , woher in aller W e lt das H itpael komme (S. 26 f.). W iederum , wenn man bei “’snn 29, 4 sich erinnert, dass Kanin die Schärfe bedeutet, so kann man „in den T agen meines Scharfsinns“ übersetzen und daraus entnehmen, dass „Hiob sich als Philosoph“ zu erkennen gib t (S. 54). A ber nicht blos das neuhebräische Lexikon, auch die entsprechende S yntax g ew ä h rt Hilfe. Aus ih r le rn t man, dass das unbestim m te „m an“ durch „den P lu ra l“, das unpersönliche

„e s“ durch „das Suff, der 3. pers. fern.“ bezeichnet, und dass durch „ein Suffix auf das nachher explicirte Objekt hingewiesen w ird “ . D arum ist in dem Satze 7, 1 0: la ip a is'-o“' ab nicht zu übersetzen: „seine H eim at w ird ihn n icht w iedererkennen“ , sondern: „er w ird sie, seine Heim at, nicht W iedersehen“ (S. 23).

Trotzdem ü b erse tzt der Verf. aber auch die 3. Person S in g . des Verbums m it „m an“, selbst wo nach dem Zusammenhange ein unbestim m tes Subjekt ausgeschlossen ist, z. B. 28, 27. 2 8 :

„dann sieht man sie (die W eisheit Gottes) und sp rich t von ihr, sucht sie festzustellen und auch zu ergründen. Und man sa g t (sich?): W as den Menschen anbetrifft, so is t G ottesfurcht E insicht etc .“ (S. 43), oder (ebendaselbst) 27, 2: „so w ah r G ott lebt, man h a t m ir mein R echt entzogen e tc .“

E s bleibt n u r die F ra g e, ob der Verf., wie man von einem R abbiner erw arten sollte, althebräische T exte gram m atisch k o rre k t konstruiren und ihren Sinn genau w iedergeben könne.

G egen seine G ram m atik m acht es sehr bedenklich, dass er zu der Meinung Szold’s , in 5, 5 sei “H^sp eine Form des S tat.

constr., bei w elcher das ö das vorangehende “i von dem an­

lautenden des folgenden a s i trennen solle, wie in P rov. 14, 13 das zwischen ( a h a m y ) und «inaia stehende n die beiden Zischlaute, die B em erkung m acht, das sei eine Regel, die m an auch P s. 104, 11 *hiü angew endet finden könne; sie lasse sich aber n u r schw er durchführen. „E s scheint d ah er, dass dieses G esetz, falls es w irklich ins A uge gefasst w a r, nach Belieben angew endet w orden i s t“ (S. 17). W as man nach B e­

lieben thun und lassen k an n , is t kein G esetz, am w enigsten ein ins A uge gefasstes. So is t es denn auch ein Belieben gegen alles G esetz, wenn es S. 38 h eisst, "'S sei häufig in fragendem Sinne geb rau ch t, oder S. 2 2, b sei wie 3 v er­

gleichend, oder S. 16, «ajj bedeute: „denn (es) k am “, oder S. 25, ■’B bedeute „durch meinen M und“, oder S. 36,

v

ba sei

„nach je d er Seite h in “, oder in 7, 16 müsse das n ackte “'n b aa

= ich achte gerin g , gedeutet w erden: „m öchte ich doch dahin­

schw inden!“ (S. 24), oder in 7, 8 sei •ps zu sprechen, und dieses bedeute „mein sehendes A uge“ (S. 23), in 27, 11 sei

“niu ds> “im : „w as (ich) von G ott (weiss)“ (S. 42), dagegen 9, 3 5 ;

“n a s ■'35N Nb “'s bedeute: „denn nicht bin ich fest, wenn ich allein b in “ (S. 25), oder wenn der Name E ldad ( = ‘V'^nbtt) und Bildad S. 6 m it „F reund E is “ und „Liebling B els“ ü b ersetzt w ird, oder endlich in 6, 2 i n “’ iniü“' m it „sie könnten e i n a n d e r trag en , d. h. die W age h a lte n “ (S, 18). Z ur P robe für die F äh ig k e it des Verf.s, den Sinn des K ontextes zu erfassen, setze ich m it der Vorbem erkung, dass V. 25 nicht von G ott und dass das G ottschauen in V. 2 6 — 27 von den Schmerzen zu verstehen sei, die Hiob von G ott her bescheert sind, hierher die U ebersetzung von 19, 26 ff.: „Und nach m einer H aut, die man abgeschlagen h a t, fühle ich an meinem K örper Gott(es Hand). W eil ich aber nur für mich fühle und n u r meine Augen, nicht die eines A nderen es wahrnehm en, vergehen meine N ieren in meinem Innern. W enn I h r nun sprechet: „wozu sollen w ir ihm nachspüren?” findet sich der Sache U rsprung in m ir? Nun, dann fü rc h tet für Euch die Fieberhitze (a*iF);

denn eine G luth führen die durch H itze zu sühnenden Sünden herbei — und Ih r sollt wissen, dass es ein R echt g ib t (dass ich R echt habe)“ (S. 35). F e rn e r die von 29, 19 ff.: „behend eilt er über des W assers F läc h e, g a r schnell (bbpn) is t ih r H ingleiten (onphm) über die E rd e “ (soll heissen: überall p lün­

dern sie); „nicht w endet er sich zu den W einbergen hin. In der D ürre und H itzezeit (i. e. Sommer) rauben sie, beim Schnee­

w asser (i. e. W inter) sündigen sie bis in den Tod (bixuj). Es d ö r r e t i h n aus der A a s g e i e r , es sa u g t ihn aus das Ge­

w ürm “ (S. 41). Endlich ebendaselbst' die W iedergabe von 24, 1: „W arum (geschieht es) vom A llm ächtigen aus, v o r d em die Zeiten nicht verborgen und dessen T ag e n i c h t e i n ­ m a l die abgrenzen (d. h. abgegrenzt sich vorstellen) können, die Ihn erkennen, (V. 2) dass man Grenzen v errü ck t e tc .“

F reilich sobald man itn ( = abgrenzen in der ersten E rk läru n g )

= isn d. i. hälften, fasst, kann man — und das empfiehlt der Verf. als ,.noch a n g e b rach ter“ — denselben V. 1 ganz anders, näm lich so übersetzen: „W arum sind vom A llm ächtigen nicht L e b e n s j a h r e (zur V erlängerung des Lebens der Frommen) aufbew ahrt? W arum gelangen die ihn Erkennenden n ic h t zu r H älfte i h r e r T age (v a “') ? “

Es is t unnöthig, hieran kritische Bem erkungen zu knüpfen ; nur zw eierlei habe ich zu loben gefunden: erstens die Be­

hauptung zu 5, 2 7 : flssat: sei vielm ehr als gem eint (S. 18); und zweitens die F ra g e zu yisns 17, 2, ob das W o rt nicht als Substantiv und als Obj. zu n a ,'to genommen werden könnte (S. 33). L eider ist beides nicht neu; denn jenes is t die L esung der alten Septuaginta, und diese F ra g e is t bereits von Olshausen län g st bejaht worden.

F alls der Verf. den S. 12 bedingt angedeuteten zusammen-?

hängenden K om m entar sollte schreiben wollen, so b itte ich ihn, den Kanon abzuwerfen, dass jed er Konsonant im Buche Hiob als ric h tig zu belassen sei; er is t von verhängnissvollen F olgen fü r seine Exegese geworden. Denn in demselben M asse, als man einen falschen K onsonanten fü r rich tig h ä lt und danach ein gegebenes W o rt im T exte deutet, muss man den richtigen Konsonanten der dam it verbundenen W ö rte r durch M etathesis, durch Lautw echsel, durch etymologische P hantasien einen vom w irklichen S prachgebrauche abweichenden Sinn beilegen, dam it sie m it dem durch Schreibfehler zu falschem In h a lt gelangten W o rte übereinstim m en. Sodann möge er den G rundfehler der jüdischen Exegese verm eiden, dass man die biblischen Sätze wie ein Rebus auffasst, das man um die W e tte durch technische M anipulationen an den Zeichen und durch Kombination der A nklänge aus freier F a u st zu lösen h ab e, und dass es sich der Mühe lohne, die K unststücke m itzutheilen, m it welchen die früheren jüdischen Exegeten es p ro b irt haben.

4. Die A rbeit B e e r ’s verpflichtet den biblischen P hilo­

logen zum w ärm sten Danke. D enn das ganze Buch Hiob durchgehend se tzt e r zu jedem Verse den T ex t oder die Deu­

tu n g , welche die alten Uebersetzungen ausdrücken, um den m assoretischen W o rtla u t danach zu b eurtheilen, event. aus ihnen, oder a n g e reg t durch sie und die V orschläge früherer T e x tk ritik e r m ittels K onjektur zu verbessern. E s gehört ein unerm üdlicher F leiss dazu, das hierhergehörige M aterial zu sammeln, und angestrengtes, vielseitiges Nachdenken, um es ric h tig zu v erw erthen; dazu h a t der V erf. prinzipiell, wenn.

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auch nich t immer ta ts ä c h lic h , seine philologische A rbeit un­

beeinflusst zu erhalten gesucht von den Hypothesen über die m etrische Kunstform der Rede und von den vorgeblichen Resul­

ta te n der sogen, höheren K ritik in der rich tig en E rkenntniss, dass e rst nach F eststellung der erreichbar ältesten T ex tg esta lt das F undam ent fü r eine allgem ein befriedigende B eantw ortung der durch jene Hypothesen und R esultate ausgedrückten F ra g en vorhanden sei. Insofern ist seine L eistung eine V orarbeit.

A ber noch nach einer anderen Seite. D er Leser könnte näm ­ lich e rw a rte n , dass ihm vor M ittheilung der V arianten zum hebräischen T exte, die die U eberlieferung d arb ie te t, ein ge­

nauer B ericht über den C harakter der Quellen und über ih r V erhältniss gegeben w erde, bei der S eptuagintaübersetzung auch über die bedeutendsten griechischen H andschriften, Kom­

m entare und K atenen und das V erhältniss der w erthvollsten Tochterversionen zu ihnen. D er Verf. erkennt dieses V er­

langen auch als b erech tig t an und, indem er für die Zukunft es zu befriedigen verspricht, e rk lä rt er das je tz t Gegebene für eine aus subjektiven Gründen vorangeschickte Veröffentlichung.

In dankbarem Genüsse des Gebotenen w erden w ir der künf­

tig e n Gaben w arte n können, und verzichte ich darauf, die E r ­ w ägung ausführlicher zu begründen, ob es nicht übersichtlicher und für die grosse F ra g e der heutigen T ex tk ritik gew inn­

reicher gewesen w äre, wenn der Verf. auf der einen Seite den philologisch erm ittelten hebräischen T ext, auf der anderen den ältesten griechischen T ex t abgedruckt und zu jedem in einer kritischen adnotatio die Quellen und die Gründe seiner Rezen­

sion m itgetheilt h ätte. D er sehr schw ierige Druck ist überaus k o rre k t; einige V ersehen sind am Ende berichtigt, aber nicht der D ruckfehler 13, 2 fü r 12, 3 (S. 77). Im übrigen beleidigt neben dem richtigen „der S tichos“ (S. 143. 245) das durch Reminiscenz an „die Zeile“ vorgetäuschte, etw a 15 Male vor­

kommende „die S tiche“. Gegen die N o tw e n d ig k e it oder R ich­

tig k e it m ancher VerbesseruDgen des hebräischen Textes hege ich grosse Bedenken. So is t 18, 14 die K orrektur von iniiaa

= seine Sicherheit (der S. laoic ist aus verderbt) in naab überflüssig und zugleich falsch, denn das bedeutet „in F rie d e n “, aber nicht „ w ä h r e n d e r s i c h in F rieden f ü h l t e “ ; desgleichen is t 7, 20 m a a b wegen “pbs> unm öglich, in 11, 4

‘■p3>i3>a durchaus verständlich, wenn man sich an 10, 7 erin n e rt;

in 5, 15 das von Reiske übernommene o m s r n a wegen feh­

lenden Objektes unmöglich und d m s a a*ma vielmehr herzustellen in n ^ rsa T ina = „er re tte te den wie ein W ild G ehetzten aus SchliDgen“ ; in 36, 13 laitoi nicht in * ia ^ , sondern u n te r V er­

gleichung von Am. 1, 11 in naiü1? zu verbessern. Sehr zweifel­

h a ft ist m ir auch manche R ückübersetzung ins Hebräische, wie 6, 17 orcsp -qv in doipa s ta tt in d a ^ p ^ a , oder V. 13 tj oux Itc aikqi iTTSTioiOeiv; in ia inawa “pK axn, denn jenes ist zweifellos W iedergabe von “ia- •pattst und der danach hergestellte H ebräer, dessen anlautendes n zu V. 12 (nimm) gehört, erg ib t den der F ra g e V. 12 entsprechenden Sinn: „soll ich glauben, es sei noch Hilfe für mich bei ihm, da doch jedes Vermögen von mir ausgetrieben i s t ? “ Indessen verzichte ich darauf, diese Seite des Buches ausführlich zu besprechen, da ich G elegenheit ge­

h a b t habe, anderswo B erichtigungen zu geben, vor allem aber, w eil einzelne F ehler und V ersehen dieser A rt den W e rth des Buches als einer gew issenhaften M aterialiensam m lung nicht im mindesten beeinträchtigen. W as die V ollständigkeit anlangt, so bleibt n u r W eniges zu vermissen. So h ä tte S. 110 zu 17, 15 ang efü h rt w erden können, dass auch der Targum s ta tt des zw eiten ^mpn ein Synonym hat, ein W ort, das hebräischem ipiVnn en tsp rich t, und das is t dem aus Ta a y a d a [xoo der S.

erschlossenen ■'naus vorzuziehen; S. 8 zu 1, 19, dass S.

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bietet, was ebenso wie des H .s unpassenderes, weil zw eideutiges D^san w ahrscheinlich n u r E xplizirung eines u r­

sprünglichen DiT'bs is t; ferner musste zu 32, 4 der S. Souvai airoxpiotv angeführt und das hebräische A equivalent mssb vor aTs< nst in den T ex t aufgenommen w erden, wobei sich d'i'iaia als unanstössig e rw e ist; desgleichen zu 39, 26, dass S. “ja^nb nich t kennt, aber m it ihrem axivTjxoc das ähnliche “i^an(st)bi ausdrückt, wobei als Subjekt das fem. rps zu denken i s t / Auf einer ähnlichen A chtlosigkeit b eruht es, wenn Bickell in 39, 2 7 b Tfify der S. in das adverb. 8<|>i v erd irb t, a n s ta tt zu erkennen, dass Tftfy die Uebersetzung von ‘n , dem masc. zu d er Geier,

ist, und das im H. in das unbrauchbare verdarb. Des­

gleichen h ä tte bei der M itte ilu n g , dass S. 4, 19 ir» m it oy]xo? Tpoitov wiedergeben, auch bem erkt werden müssen, dass dies auf hebräisches

uiy

■’fib zurückgeht, oder bei ao rp a S. 137 = P"a (20, 25), dass dieses ein Schreibfehler für das auch er­

haltene, richtige aoiparnj ist.

W as insbesondere die Uebersetzung der S. anlangt, so ist sie im ganzen und grossen m it der Vorsicht benützt, die einer­

seits die Differenz der überlieferten T extgestalten, andererseits die e ig e n tü m lic h e N a tu r dieser Dolmetschung gebietet. Doch fehlt es nich t an S tellen, wo sie nicht gebührend g e w e r t e t oder ih re hebräische V orlage nicht k o rre k t h erg estellt ist. So is t 1, 19 ihr sl nichts anderes als hebr. ön, und dieses dem absolut verwerflichen da des H. vorzuziehen; in 4, 2 ihr lo/uc nicht 712, sondern dsä> s ta tt ^ 9 des H .; in 13, 26 ih r icepi- sÖTjxas jioi hebr. s ta tt ■’affiiiin des H .; in 40, 13 ihr aTi|j,ias = "pbpa s ta tt ‘paoa des H .; in 6, 21 ist verkannt, dass ih r iusßYjTE, rich tig er airlßTrjTE, s ta tt des H. d n ^ n viel­

mehr d n ssn wie 30, 21 (vgl. 15) voraussetzt; in 30, 1, dass vooö-etoooi [is = iin^D^b dem d^a^b des H. en tsp rich t; in 40, 11 aXX’ ev asaorfl oovTpißVjaeTai aoo (Ta xufjLaTa) u n te r V erkennung der T hatsache, dass £v o sa u i^ = und dass dieses = ^«aa des H. ist, ü bersetzt: ■jixa “ü tn “p i, w ährend ‘psa durch den griechischen T ex t geradezu ausgeschlossen ist. W ieder anderswo is t der überlieferte T ex t unbesehens als k o rre k t hingenommen, wo er der K orruption verdächtig ist. Ich w ürde 4, 21 n ich t nach svecpuarjaev yap auToic xai eJ-Tjpavdyjaav herstellen ütbn dnn Cjisa, da iETrjpav&Yjoav augenscheinlich aus

iEyjp&rjoav

(cod. 161. 248 ooveärrjpev, schreibe oux i$7)pev) d. i. isoa v e r­

dorben und die U ebersetzung des ersten W ortes nach xbn, dagegen die ihm vorangestellten IvecpuoTjoEv aoToi; eine Um­

schreibung fü r da in“ia ist. Dem hebräischen asca entspricht also I5>öa der S. und dem hebräischen da d*m ih r da im a . Das letztere aber „w ährend sein Hauch noch in ihnen i s t“ deuteten die S .: „wenn er sie an h a u ch t“ . Sehr w ahrscheinlich ist das von Beer u n e rk lä rt gelassene imßpifhuv oooTc nichts als eine klassisch griechische Umschreibung von isnr. "w a des H., bei w elcher vom ursprünglichen oim paic die erste Silbe verloren und der R est in 0801c verbessert wurde* Sicherer ist in 29, 2 Tic av |j.e denrj xaTa [ATjva ejj.itpoaÖ£v 7j[xepa>v das x a ia frijva aus xaTa jxtav verschrieben und die hebräische Vorlage der S.

auf dnp la “! 'inaa zurückzuführen, und in 30, 1 das unsinnige ev [xepei, dessen erstes s aus vorangehendem p.s entlehnt ist, in vetuTepou zu v erb essern ; dann la u tete der S. V orlage dS'jp iina^ •'b in richtigem P arallelism us zu d ^ s s ipnia, s ta tt des H.

d^a^b isaa. Zu 3, 18 d a rf man te ilw e is e nach dem V orgänge von Schleusner herstellen: d[ioöo|xa8ov 8e(o|xi)oi avo>8uvoi. Das unerklärliche si Y<*p Tccwa -juoioovtec irpooTsö^oEads aoTqi is t vielleicht in tov aviaTov (ttiisxa) rcaioavTec

(TraiCeiv =

bnn) zu verbessern, auf keinen F a ll aber in das noch u n erk lä r­

lichere H ebräisch Beer’s : ib “lbsan i w n ban nx d&t zurückzuüber­

setzen. Andere Stellen verlangen zu ih rer Entzifferung, dass der A usleger die targum ische A rt der U ebersetzung sich gegenw ärtig halte. Die b rin g t es m it sich, dass die knappen S tichw örter des Textes durch auslegende Z uthaten umrahm t, dass doppelte D eutungen verknüpft und durch N eugruppirung der Textkonsonanten nähere Bestim mungen des Sinnes gesucht werden. So heisst es 27, 17 für das eine, hebräische ü s s cuoTtsp otJtec xai tuairsp apofyvai, weil man als voll aus­

geschriebenes W o rt ( = Motte) oder als compendium für üj(aa)y ( = Spinne) ansehen konnte. So 11, 19 für hebr. " p ö ibm xai

|ieTaßaXo|xsvot — äEYjd^ooviai aoo, d. h. es ist aus der m ög­

lichen V erbindung Bibm ( = fiETaßaMEofrai) entnommen, dass das B itten (“p s ibni) ein B itten um V erzeihung für die frühere, nun aufgegebene Anfeindung sein wolle. W iederum , wenn w ir fü r vinaa d ^iu*1 ns^st 4, 7 lesen tcotb aXTjfrivoi oXo^piCoi aira>- Xovto, so is t diese vernünftige B eschränkung der Sicherheit der Fromm en aller W ahrscheinlichkeit nach aus der Aehnlich- keit von d^iiri^) und un© in der alten S chrift herausgeholt worden. E in deutliches Beispiel der exegetischen Umrahmung des im T exte gegebenen S tichw ortes is t 33, 16 die unserem H ebräer nnrv d^daa gegenüberstehende Dolmetschung iv si8e- ot 9oßoo ToiouToic aoiouc i^Ecpoßrjosv. D ass auTooc ^scpoßifjoEv das hebr. dnni in der A ussprache dnrp. wiedergebe, h a t B eer

(4)

448

nach älteren V orgängern ric h tig eingesehen. Aber erat, wenn man s ta tt des korrupten xoiouxois w iederherstellt xa! Oopußot;, findet man die A bsicht des In terp reten heraus, den cpo'ßos als schreckende H alluzinationen des Gesichtes (elStj) und des Ge­

höres (öopußoi?) erscheinen zu lassen. Eben daraus d a rf man schliessen, dass das S tichw ort den B egriff des Schreckens im P lu ra l ausdrückte, und D'nisan d. i. „m it G rauen einflössenden Phänom enen“ als hebräische V orlage ansetzen. Lediglich weil er die gegebenen T extw orte und die deutende Um rahm ung n ich t hinreichend unterschied, konnte Beer zu 4, 12 auf den unglücklichen Gedanken gerathen, ouOev av aoi xouxujv xaxov am^vxr]osv solle die U ebersetzung der absolut heterogenen W o rte tnaa

yia®

npni sein, und die diesen w irklich entsprechenden W o rte iroxspov ou öeiiexou [xou xo

ooc,

iSjaiaia Trap’ aüxou eine n icht den S., sondern etw a dem Theodotion angehörige Version (S. 24. 25).

Endlich hege ich auch Bedenken gegen die L eichtigkeit, m it der der Verf. tendenziöse V eränderungen annimmt, sei es im H ., sei es in S. W enn es 17, 8. 9. dem griechischen Stxaio; Bs

Im

irapavo^tp iTravaaxatTj entsprechend heisst ■'psi spn, so kann das im Zusammenhange, wo als G rund der E rre g u n g m it r w ausdrücklich ein vorher beschriebenes Phänom en angegeben is t, nur sagen w ollen: und der Reine m itsam m t dem Unfrommen regen sich (darüber) auf, der Reine

— denn fü r den allein in te ressirt sich der Redende — m it dem E rfo lg e, dass er um so fester an seiner frommen W eise h ä lt (V. 9). A ber Beer, in der traditionellen, unverständigen und zusam m enhangswidrigen Meinung befangen, b? bezeichne h ier die E rhebung der F eindseligkeit, lä sst sich durch Merx bestim m en, ppn und “'pa die Stellen tauschen zu lassen und dem H. tendenziöse Um stellung verzuwerfen. A ber wem w äre dam it denn gedient, dass Hiob s ta tt „der Unfromme r e g t sich gegen den Reinen au f“ , lieber sagen soll „der Reine r e g t sich gegen den Unfrommen a u f“ ? Oder kann das pflichtmässige Thun, dessen sich Hiob 29, 17 rühm t, die G ew alt des F revlers zu brechen und ihm seinen Raub zu entreissen, ohne die sub­

je k tiv e E rre g u n g gegen den Schurken gedacht w erden? W enn von tendenziöser A enderung geredet w erden soll, so is t sie deutlich erkennbar in der von Beer gepriesenen V ariante des cod. Alex, Bixaitp

yap

n a p a v o j x o ; iTcavsatY], welche sichtlich nach e o ^ s v in V. 8 a aus S i x a i o ? stu tc. gemodelt und nicht aus hebräischem “’pa ppn übersetzt ist, weil sonst roxpavojxos

yäp

Sixaup allein n atü rlich gewesen w äre. Noch schlimmer k lin g t es freilich, wenn den unglücklichen S ept., w eil ih r heutiger T e x t 21, 14 den S ingular s ta tt des P lu ra ls vorher und nach­

h er aufzeigt, S. 141 nachgesagt w ird, sie th u n das „absicht­

lich, um die Zahl der Gottlosen, die V. 14 sprechen, auf ein Minimum (warum nicht geradezu auf einen?) zu red u ziren “ . Ich bin versucht, diese Aeusserung als einen heimlichen Spott auf die heute herrschende N eigung zu deuten, dass man sich selbst für k lu g , die alten H ebräer für besch rän k t, die alten U ebersetzer aber geradezu für Hornochsen h ä lt und so an die A uslegung geht. Denn der Verf. selbst kann so nicht denken, da er es der Mühe w erth gehalten h at, so langw ierige, ge­

duldige und bew undernsw erthe A rbeit an das Buch Hiob und

seine U ebersetzer zu wenden. A. Kl.

H a w k in s , Rev. S ir John C., B a rt., M.A. (H onorary Canon of St. A lbans), H o r a e s y n o p tic a e . Contributions to the study of the synoptic problem. Oxford 1899, Clarendon P re ss (XVI, 183 S.). Geb. $ 1.90.

N icht eine Lösung des synoptischen Problems (d. h. der F ra g e nach der A rt der E n tsteh u n g der drei ersten E v an ­ gelien) w ill der Verf. geben, sondern n u r B e i t r ä g e zu dieser Lösung, bestehend in B eobachtungen theils sprachvergleichender (den W örterschatz und die A usdrucksweise betreffender), theils a u f den In h a lt der T exte bezüglicher A rt. Solcher M aterialien z u r E rk lä ru n g der Evangeliengenesis th e ilt er dreierlei m it:

I. S p r a c h l i c h e I d i o t i s m e n , d. h. W ö rte r und Rede­

weisen, welche fü r die Einzelnen der drei Synoptiker jew eilig c h a rak te ristisc h sind (S. 3— 41). D as Suchen nach derartig en Idiotism en lie fe rt dem Verf. kein E rgebniss von durch­

schlagender Sicherheit. E r muss, am Schlüsse seiner minutiös genauen W o rtzählungs- und Satzvergleichungs-Experim ente an­

g e la n g t, bekennen: es sei ihm n icht möglich gewesen, Aus­

drücke zu finden, in denen man m it voller Sicherheit Merk­

zeichen, sei es des m atthäischen, sei es des lukanischen S prach­

gebrauchs, sei es endlich desjenigen des M arkus, erblicken dürfe (S. 24).

II. Q u e l l e n s p u r e n , d. h. Hinweise auf gewisse den kano­

nischen E vangelientexten m uthm asslich zu Grunde liegende ältere U rkunden (S. 4 2 — 92). Auch hier bleibt des Verf.s E r ­ gebniss zunächst ein m ehr nur negatives. E r nimmt zw ar eine Reihe von Uebereinstimmungen im W ortschatz und S prach­

gebrauch der drei E vangelisten w ahr, welche auf gewisse g e­

meinsam von ihnen verw erthete griechische U rschriften hin­

deuten, allein daneben stösst er auch auf zahlreiche Spuren, welche die E inw irkung mündlicher U eberlieferung

(traces of oral transmission

) mehr oder w eniger deutlich zu erkennen geben. D urch die zweite dieser Beobachtungen scheint das E rgebniss der ersten umgestossen zu werden. Allein m ittels H erbeiziehung einer w eiteren Reihe von W ahrnehm ungen, be­

treffend näm lich die D ubletten, d. h. das W iederkehren iden­

tischer, bezw. sehr ähnlicher B erichte und Aussprüche inner­

halb eines und desselben Evangelium s, g elan g t er doch schliess­

lich zur Sicherstellung jen er Annahme vom V erw erthetsein griechischer Urschriften. Und zw ar lä sst er sowol den ersten wie den d ritte n E vangelisten ausgiebigen G ebrauch von zweien solcher Quellenschriften m achen, nämlich von den beiden im P apiasbericht bei Euseb. h. c. III, 39 bezeugten: den durch M arkus aufgezeichneten Petrus-M emoiren und den durch M atthäus aufgezeichneten Logia oder H errensprüchen, welche letzteren sowol dem L ukas wie dem kanonischen M atthäus in einer und derselben griechischen U ebertragung Vorgelegen zu haben scheinen (S. 64 ff.; vgl. S. 178).

III. E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n , betreffend die Eigenthüm - lichkeiten eines jeden der drei Synoptiker für sich — zunächst des (m it der einen jen er beiden Quellenschriften, der Petrusquelle nämlich, wesentlich • identischen) M arkusevangeliums, dann des M atthäus- und ferner des Lukasevangelium s (S. 9 3 — 176). In diesem letzten und längsten A bschnitte w ird das Them a von den zwei Papianischen Quellenschriften w ieder m ehr verlassen und vielm ehr die F ra g e : welches der drei ersten kanonischen E vangelien die reichlichsten Spuren von „A npassung an kateche­

tische und sonstige L ehrzw ecke“ aufzuweisen scheine, h au p t­

sächlich erö rtert. Dem M arkus w erden kaum w elche, dem M atthäus die reichlichsten, dem L ukas nicht ganz so reichliche Spuren einer solchen

adaptation for the purposes of cateche- tical or oiher teaching

nachgewiesen. H ierm it wird die be­

kannte T hatsache, dass gerade M atthäus und dem nächst L ukas, also die beiden H a u p tträ g e r dieses Anpassungsphänomens, vor­

zugsweise reichlich in der ältesten C hristenheit gebraucht w urden, in ursächlichen Zusam menhang gebracht. Uebrigens w ird ein etw aig er V ersuch, die zahlreichen F älle , wo M atthäus und L ukas in Abweichung von M arkus Zusammengehen, a u f B e­

nutzung des einen jener beiden ersteren durch den anderen zurückzuführen, als undurchführbar von der H and gewiesen und vielm ehr die U nabhängigkeit des einen vom anderen fü r w ahrscheinlicher e rk lä rt (S. 179).

Sehr viel des Neuen w ird der in den W egen der E v an ­ gelienforschung B ew anderte diesem H aw kins’schen P laidoyer zu G unsten der Zw eiquellentheorie schwerlich entnehmen können.

Im m erhin fö rd e rt des V erf.s U ntersuchungsverfahren, m it seiner nach A rt der S ta tistik e r überall Zahlenergebnisse und exakte V ergleiche anstrebenden Methode, manche D etails zu T age, welchen sich eine nützliche A nregung zu w eiterem Forschen auf dem hier in Rede stehenden Gebiete abgewinnen lässt.

Zöofcler.

L e w is , A gnes Sm ith, M .R.A.S., and G ib s o n , M arg aret Dunlop, M.R.A.S., T h e P a l e s t i n i a n S y r ia c L e c tio n a r y o f t h e G o s p e ls re-edited from tw o Sinai Mss. and from P . de L a g a rd e ’s edition of the „E vangeliarium Hieroso- lym itanum “ . London 1899, K egan P au l, T rench, T rü b n er

& Co. (L X X II, 320 S. gr. 4). 55 sh.

F ra u Agnes S. Lewis h a t ihren grossen V erdiensten um die E rw e ite ru n g unserer K enntniss der fü r die Geschichte d er ältesten christlichen K irche so w ichtigen altsyrischen L ite ra tu r

(5)

(vgl. „Theol. Literaturblatt“ 1899, Nr. 13) soeben ein neues liinzugefügt: eine neue, prächtig ausgestattete Ausgabe des Evangeliarium Hierosolymitanum. Dieser kostbare Text war bisher nur aus einem Codex Vaticanus vom -Jahre 1030 n. Chr.

[bei A. S. Lewis: Cod. A ] bekannt, den Graf Franz Minis- calchi Erizzo (1861— 1864) und P. de Lagarde (1892) heraus­

gegeben haben. Im Februar 1892 hatte A. S. Lewis das Glück, im Katharinenkloster auf dem Sinai eine zweite Hand­

schrift [Cod. B] vom Jahre 1104 zu finden, und im Jahre 1893 entdeckte Dr. Jakob Rendel Harris ebendort eine dritte vom Jahre 1118 [Cod. C]. Die Ueber Schriften der Lektionen sind in allen drei Codices Karschunisch (Arabisch mit syrischen Buchstaben — die in fremden Ländern wohnenden Syrer nannten sich Gersoniden; K für G). Daraus ergibt sich, dass die Sprache des täglichen Lebens für die Schreiber das Arabische war. Auch in anderen Kirchen ist für den Gottes­

dienst eine ältere Sprache ganz oder theilweise festgehalten worden: ich erinnere an die römisch-katholische und an die russische Kirche (Lateinisch und Kirchenslavisch). Theodor Nöldeke findet in der Sprache des Lektionars eine gewisse Steifheit des Ausdrucks, die darauf hindeute, dass schon in der Zeit, als die Uebersetzung gemacht wurde, die Sprache nicht mehr eigentliche Volkssprache war. Aber auch er ist der Ueberzeugung, dass dies palästinische Syrisch dem von Jesus gesprochenen Dialekte sehr nahe verwandt ist. Die drei Codices können wegen ihres theilweise verschiedenen In­

haltes und der Varianten nicht direkt aus einander abge­

schrieben sein. Nur in B und C stehen Matth. 5, 33b— 41;

6, 24b— 34; 8, 14— 20a; 22, 1; Luk. 2, 22a; 3, 23— 38;

18, 8b. 9; 19, 29— 48. Nur in A und C steht Matth. 17, 14— 23. A hat an 14 Stellen gegenüber B und C ein Mehr, theils ganze Lektionen, theils kleinere Stücke oder einzelne Verse. Dass aber die drei Codices (durch wie viele Mittel­

glieder getrennt, kann hier nicht untersucht werden) auf einen gemeinsamen Archetypus zurückgehen, scheint mir aus der Thatsache sich zu ergeben, dass an zehn Stellen infolge eines Homoioteleuton dieselben Worte in allen drei ausgelassen sind, s. S. X IX f. Die Lektionen sind (darin stimme ich Eb.

Nestle gegen G. H. Gwilliam bei) nicht aus Handschriften vollständiger Evangelien abgeschrieben, sondern aus griechischen Lektionaren übersetzt. Das ist daraus zu folgern, dass derselbe Text, wenn er an mehr als Einer Stelle des Lektionars vor­

kommt, nicht selten verschieden übersetzt ist. Das von Nestle S. X V I angeführte Beispiel Joh. 17, 7 lyvcav scheint mir aller­

dings nicht beweisend; denn S. 52 lesen zwar A und B nsT

„ich weiss“ , aber C is t „sie wissen“ , wie S. 190 alle drei Zeugen. Aber Matth. 7, 11 iroot}) wird S. 68 stas “in über­

setzt, S. 135 xro ‘is, und in demselben Verse ist bfiWö „bitten“

S. 68 mit ni konstruirt, S. 135 mit b. Auch die Verse Matth. 22, 15— 22 sind S. 87f. und S. 156f. nicht ganz gleich übersetzt: Vers 15 010*1 ^ „gegen Jesus“ und •’ibs „gegen ihn“ ; Vers 16 ■phbiüa und inbtu „sendeten“ ; Mö und aan „sehen“ ! u. s. w.

Der Text ist nach Codex B abgedruckt, die Varianten von A und C sind rechts und links davon angegeben. S. 314 bis 320 sind die Fragmente eines vierten jetzt mit B zusammen­

gebundenen Lektionars mitgetheilt. (Die Handschriften B und C gehören übrigens noch jetzt dem Katharinenkloster; am Ende der Anzeige im „Theologischen Literaturblatt“ Nr. 13 ist für „erworbenen“ zu lesen „verglichenen“ .) — Vom Evan­

gelium Johannis fehlen nicht ganz 52 Verse aus 9 Kapiteln;

von dem des Matthäus sind 15 Kapitel vollständig, von dem des Lukas nur 3 (2. 3 und 24), von dem des Markus keins.

Für die Kritik des Textes der Evangelien verdient Beachtung das Verzeichniss der Abweichungen von dem Westcott-Hort- schen Texte, S. X IX — L X X III. Eine neue Erörterung über die palästinisch - syrische Sprache ist, da jetzt viel mehr und viel gesicherteres Material vorliegt als vor 35 Jahren, dringend zu wünschen. Möchte einer der beiden für diese Arbeit am besten vorbereiteten Gelehrten, Theod. Nöldeke und Eberhard Nestle, sie übernehmen! — Noch Bei erwähnt, dass eine photographische Abbildung von Blatt 88 b des Codex B und von Blatt 107 b des Codex C bei S. 168 bezw. 201 ein­

geheftet ist. Satz, Druck und sonstige Ausstattung sind vor­

züglich. Die Zwillingsschwester Frau Marg. D. Gibson und Prof. Nestle haben sich durch Lesen von Korrekturbogen und anderweitig um die Fertigstellung des höchst dankenswerthen Werkes verdient gemacht.

G r o s s - L i c h t e r f e l d e . Prof. D. Hermann L. Strack.

Cathrein, Victor, S. J., Moralphilosophie. Eine wissen­

schaftliche Darlegung der sittlichen, einschliesslich der rechtlichen Ordnung. Dritte, verbesserte und vermehrte Auflage. I. Band: Allgemeine Moralphilosophie (XX, 613 S. gr. 8). II. Band: Besondere Moralphilosophie.

Freiburg i. Br., Herder (XV, 728 S. gr. 8). 16 Mk.

Die Philosophie, auf Grund welcher der (früher zu Exaten, jetzt zu Valkenburg in Holland lehrende) Verfasser im 1. Theile seine moralphilosophischen Prinzipien, im 2. seine speziellen Morallehren entwickelt, ist die des heiligen Thomas, also ein christlich modifizirter und überkleideter Aristotelismus. Nach kritischer Beleuchtung und Zurückweisung sämmtlicher in der neueren philosophischen Ethik hervorgetretenen Moralprinzipien (des Moralskeptizismus und -positivismus, des Hedonismus und Sozialeudämonismus, der Kulturfortschritts-, Gefühls- und Ver- standes-Moral) erklärt er sich für das aristotelische „Moral­

prinzip der vernünftigen Menschennatur“ , und zwar für es in derjenigen Fassung, welche nach dem Vorgang von Thomas Aquinas die Mehrheit der Scholastiker neuerer Zeit, unter den Neuesten namentlich Kleutgen, sich angeeignet habe (I, 233.

237 ff.). Er bethätigt bei der Durchführung dieses Prinzips, sowol in der allgemeinen philosophischen Grundlegung wie in der speziellen oder angewandten Moralphilosophie, die den Schriftstellern seines Ordens in der Regel zu Gebote stehende Geschicklichkeit und Gewandtheit. Aber bei aller Kunst des Sichanpassens an die Probleme und Methoden moderner Wissen­

schaftlichkeit ist es doch echt römischer Traditionalismus und ultramontane Interessenpolitik, was seinen Aufstellungen zu Grunde liegt. In den sozialethischen Partien seines zweiten Theils tritt das überall zu Tage — bei Entwickelung der Familienpflichten besonders da, wo von Ehe und Zölibat, Un­

auflöslichkeit der Ehe, Ehegesetzgebungsgewalt etc. gehandelt wird, in der Staatslehre vor allem in den auf Kirche und Staat, Staat und Schule, Kirche und Schule bezüglichen Kapiteln (II, 544. 557— 573 ff.), in den völkerrechtlichen Schlussab­

schnitten besonders bei Entwickelung der Grundsätze über die internationalen Pflichten und Rechte der Völker, sowie bei der Abhandlung über Staatsverträge und Konkordate (688. 693 ff.) An der Suprematsstellung des Papstes, auch im Verhältniss zu aller weltlichen Gewalt auf Erden, hält der Verf. unge­

achtet gewisser Bedenken, die er (II, 177 f.) gegenüber den älteren scholastischen Theorien vom Staate äussert, unentwegt fest Die Syllabus-Enzyklika des vorigen und die Dezisionen des gegenwärtigen Papstes sind für ihn — wie für die hier berührten Fragen, so überhaupt für den Inbegriff aller sozial- ethischen und völkerrechtlichen Probleme — die endgiltig ent­

scheidenden Instanzen, zu welchen er immer aufs Neue Rekurs nimmt. — Das Werk scheint, trotz seines ansehnlichen Um­

fanges nnd seiner nicht überall ganz volksfasslichen Sprache und Argumentationsweise, einen beträchtlichen Kreis katho­

lischer Leser an sich gefesselt zu haben, sodass es dem Verf.

vergönnt gewesen ist, der ersten (1890 ans Licht getretenen) Auflage schon binnen drei Jahren eine zweite, und nach ferneren fünf Jahren diese dritte Auflage folgen zu lassen.

Die Erweiterungen, welche er bei der letzten dieser Auflagen eintreten liess, belaufen sich auf nahezu 150 Seiten. Einige Abschnitte der speziellen oder angewandten Moralphilosophie sind, losgelöst aus Band II, auch in Gestalt selbständiger Broschüren erschienen; so das vom Sozialismus handelnde Kapitel (II, 121— 247), sowie das nächstfolgende, aufs Privat­

eigenthum bezügliche (II, 247 276). Der erstere dieser Separatabdrücke liegt (unter dem Titel „Der Sozialismus^

eine Untersuchung seiner Grundlagen und seiner Durchführ­

barkeit“ ; Freiburg, Herder) seit kurzem in 7. Auflage vor.

Vom letzteren (betitelt: „Das Privatgrundeigenthum und seine Gegner“) erschienen, ausser der bis 1896 dreimal aufgelegten, deutschen Ausgabe (Freiburg, ebd.), auch eine englische, eine*

französische und eine tschechische Uebersetzung.

(6)

452

Ein näheres Eingehen auf die Ausführungen des Cathrein’schen Werkes kann nicht dieses Ortes sein. Den Lesern evangelischer Theologen- wie Laienkreise steht aus ihrem eigenen Lager eine hinreichende Zahl gediegener Hilfsmittel zur Orientirung über die hier behandelten Moral-, Sozial- und Rechtsfragen zur Verfügung. Man wird auf unserer Seite umsomehr geneigt sein, sich der Führung protestantischer Autoritäten auf diesen Gebieten anzuvertrauen, da die bekannte Einseitigkeit jesuiti­

scher Geschichtsansicht auch dem vorliegenden Werke in nicht geringem Masse eignet und da im Punkt der Literatur­

benutzung fast überall die ältere und neuere Scholastik des Eomanismus stark bevorzugt erscheint, während gegenüber unserer evangelisch-philosophischen und -theologischen Moral­

überlieferung ein oberflächlicher Eklektizismus beobachtet wird*. In symptomatischer Hinsicht ist das Werk immerhin von Interesse. Es bietet eine beachtenswerthe Probe von der starken Produktionskraft und geistigen Volubilität, womit im katholischen Lager literarisch gearbeitet wird, und gewährt in der schnellen Folge seiner Auflagen einen bedeutsamen Hinweis darauf, dass der Jesuitenorden, auch ohne Beseitigung der zur Zeit ihm noch gezogenen Schranken, auf weite Kreise des deutschen Volks einen nicht unerheblichen Einfluss übt. f

Messer, Max, Die moderne Seele. Leipzig 1899, Hermann Haacke (V III, 232 S. gr. 8). 2. £0.

Ein für die Geistesbewegung unserer Zeit charakteristisches Buch, ein ebenso ernstes wie erfreuliches Zeichen für die Stellung der christ­

lichen Wahrheit inmitten der Mannichfaltigkeit der Geister, die zu ihr freundliche, feindliche, indifferente Stellung, und das alles in den ver­

schiedensten Nüancirungen, einnehmen. Erfreulich, weil auch hier wieder offenbar wird, wie, mit einem kürzlich verstorbenen Gelehrten unserer Kirche zu reden, der Irrthum von dem Körnchen Wahrheit, welches in ihm steckt, lebt; ernst, weil die Möglichkeit einer solchen Verkennung des Wesens des Christenthums, wie sie hier vorliegt, nur auf Fehlern der christlichen Kirche, auf dem Mangel an abgeschlossenen christlichen Charakteren ruht. Messer will nämlich, wie andere in unseren Tagen neben ihm und vor ihm, das wahre Christenthum, das obschon stets vorhanden, dennoch innerhalb der Kirche verkannt und entstellt worden ist, das wahre Christenthum Christi, und zwar in der Form des Pan­

psychismus (obwol er diesen Ausdruck nicht gebraucht) herstellen.

Alles Unheil, zumal in religiöser Hinsicht, leitet der Verf. von der Be­

wusstheit ab, und er will daher die Unbewussten, die ein Theil der Allseele geworden sind, als die Christen im Sinne Christi, des Un­

bewussten, welcher aus dem Juden von Bethlehem, dem Zweifelnden, Leidenden, Bewussten der Unbewusste, Leidlose geworden ist, zu Trägem der (religiösen) Zukunft machen. Denn vom Wollen beherrscht sein heisst Leiden, frei von Wollen sein ist Friede. Gott ist hier „der In­

begriff der dem W eltall, der Natur, dem Lebenden und dem Todten eingeborenen Sätze oder Wahrheiten“ . Christus, dessen Begriff identisch mit „Uebermensch“ , hat einst die Menschen aus dem Netz eines vom Leben und von der Natur losgelösten Verstandes errettet und diesen zum demüthigen Werkzeug der Seele gemacht; soll heute den Menschen aufs neue an die Natur knüpfen, aus den Verstandeslabyrinthen auf den Pfad des Herzens führen und ihn wieder lehren, ein Theil der Allseele sein. Eine neue Zeit ist gekommen, wo, nachdem der Natur- und Kulturzustand der Menschheit überwunden sind, nunmehr ein dritter, neuer, höherer Organismus offenbar wird. Und zwar wird diese Fort­

entwickelung des Menschen zu einer höheren Stufe durch ein „Feminin­

werden des Mannes“ , worin zugleich ein Fortschritt zum Jugendlichen liegt, erfolgen. Liegen doch „Grösse und Wesen der Frau und des Kindes im Unbewussten, in ihrem tieferen Zusammenhang mit der A ll­

seele“ . Daher ist auch, nach dem Verf., die moderne Frauenbewegung aussichtslos, weil die Frau, deren Grösse und „Machtfähigkeit“ (!) im Unbewussten liegt, sich unmöglich über sich selber klar werden kann.

Der Heiland der neuen Zeit aber kommt, wird schon jetzt von Tausenden erwartet.

Dies die Grundzüge der Philosophie des Verf.s, die in der Haupt­

sache auf einen christlich verbrämten Buddhismus hinauskommt. So ernst und ehrlich gemeint seine Ausführungen sind, so warme Liebe zu den Menschen und aller Kreatur (als auch Theilen der Allseele) ver­

kündet wird, so bewusst und grundsätzlich Christenthum und Christus in den Mittelpunkt des Systems gerückt wird: dennoch ist das Ganze nicht mehr als das gehaltlose und haltlose phantastische Gebilde eines

* Von der protestantischen Mitarbeit an der neueren moralphilo- sophischen Spekulation seit Kant und Schleiermacher nimmt der Verf.

hier und da Notiz, aber unter starker Vernachlässigung der positiv gerichteten Autoren. Martensen und den jüngeren Dorner würdigt er einige Male der Erwähnung; aber R. Rothe, Beck, Frank, v. Oettingen scheint er nicht zu kennen.

planlosen Suchens und Tastens, eines unklaren Denkens, eines ethisch nicht vertieften Gemüthes. Der Haupt- und Grundmangel ist die Ab­

wesenheit der Erkenntniss und des Verständnisses für die christliche P e r s ö n lic h k e it und ihren unvergänglichen Werth, für die Bedeutung des Individualismus auch im Reiche Gottes. ,.Das Geschlecht wird überwunden sein. Der Mensch ist identisch geworden mit Gott, dem er entstammte . . . . In einsamer Majestät thront Gott wieder im leeren W eltall“ : dies Ziel der Weltentwickelung ist freilich dem der heiligen Schrift konträr entgegengesetzt, und das paulinische o fl-so? Tcav-a sv zaaiv ist etwas ganz anderes. Daher die Konsequenzen nicht zu ver­

wundern : die moderne Seele, heisßt es, verachtet die heutige Einrichtung der Ehe als Quelle unermesslichen Elends und setzt an ihre Stelle eine freie Geistesvereinigung der Liebenden; verdammt die heutige Erziehungs­

weise, welche die Seele verkrüppelt, das Geschlecht erst mit dem Tage der Ehe beginnen lässt etc. Selbstverständlich wird unB nirgend gesagt, wie denn das heutige Geschlecht in seiner Gesammtheit plötzlich so gar gefördert bezw. umgewandelt werden kann. Die Menschheit ist nun einmal trotz aller Philosophie, auch trotz alles dafür ausgegebenen „Christenthums“

keine blosse unterschiedslose Masse; jedes einzelne Glied der Menschheit in der That mehr als blos ein Stück der Allseele.

R ab en . __________ Lic. Dr. Boehmer.

Neueste theologische Literatur.

Biographien. Davidson, Samuel, D .D ., The autobiography and diary; with a selection of letters from English and German divines and an account of the Davidson controversy of 1857, by J. Allanson Picton; ed. by his daughter. New York, Scribner (373 p. por. 8). cl.,

§ 3. - Filhol, Gaston, La Pens^e religieuse de Samuel Vincent (these).

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grav. dans le texte et hors texte).

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