XXX. Jahrg. ’ B erlin, den 19. November 1921 Nr. 8
Die Zukunft
H e ra u sg e b e r
Maximilian Harden
INHALT
Seite
Sonntag des Lebens . . . . . . „ 205
Das alte L i e d ... . . . 205
Tote begraben Tote . . . . 215
Sterne im Nebel . < 224
Nachdruck verboten
Erscheint jeden Sonnabend
Preis vierteljährlich 22 Mk. / Einzelheft 2,50 Mk.
BERLIN
ERICH REISS VERLAG
(Verlag der Zukunft)
1921
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Amt Centrum 7192
DIE ZUKUNFT
Herausgeber: M a x im ilia n Harden
XXX. Jahrg. 19. November 1921 Nr. 8
Sonntag des Lebens
D as alte Lied
T^\as neue Preußenministerium ist Ihnen (einem, schreiben Sie, „erfahrenen Kaufmann, der die Welt gesehen hat lind zu wissen glaubt, was unser Deutschland heute braucht“) allzu buntscheckig? Mir auch. Neben strenggläubigen Ka#
tholiken, die noch die stillste Lösung aus den Banden des Kirchendogmas Totsünde dünkt, demokratische Sozialisten, deren (jetzt, freilich, schon vergilbendes) Programm alle Re*
ligion kühl Privatsache nennt. Auf den wichtigen Posten der Minister für Wissenschaft, Volksbildung, Kultus und Finanz zwei Hohenzollernschwärmer, „königtreu bis in die Knochen“, deren einer im vorigen Jahr der Neigung zu den Kappiden verdächtigt und deshalb dem Amt entsetzt wurde, deren anderer innig, bis auf den Grund des Seelengefäßes, für den „Geist von Potsdam“ erglüht, im Parademarsch ein Hauptmittel zu Erziehung sieht: mit seiner Gluth also den
„Geist“ des Soldatenkönigs, nicht Fritzens, des Französlings, umfängt und als Haupt der Landeskirche, der Hoch* und Volksschulen, der Kunst» und Kulturpflege drum Republik kaner wunderlich anschielt. Schlimmer ist, daß aus dem Ka*
binet, wie aus dem auf die Reichszinne gezimmerten, kein Kerl von Kaliber vorleuchtet, kein durch Könnensprobe Hin*
aufgelangter. Doch unmöglich ist ja nicht, daß sich, was gestern mühsälig kroch, morgen entpuppt und in unseres Sehnens Höhe emporschwebt. Von einer Preußenregirung ist
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fürs Erste nicht viel zu hoffen, nicht viel zu fürchten; ver*»
nünftigeSparwirthschaft,die nicht früh und spät an die Unter«
bfingung Befreundeter dächte, käme hier, im Lichtbezirk der Reichsregirung, mit zweiMinisterien aus. Wenn die neuenLeute auch nur im Kleinsten Nützliches leisten, wollen wir sie nicht wegen ihrer Herkunft aus der „breiten Koalition“ hänseln.
Sie, Herr Hanseat, glauben nicht, daß aus der buntsteinigen Höhlung ein Quickborn sprudeln könne; und schließen auf schlechtes Wetter für Preußen, dem Sie nicht zugehören, aber Gedeihen in neue Kraft wünschen, weil schon am ersten Ver*
handlungtag ein Stürmchen entstand, als der Ministerpräsi*
dent Braun, der wenigstens harten Willen hat, „sich gegen das blödsinnige Märchen wandte, der ungünstige Waffen«»
stillstand sei die Folge der revolutionären Wühlerei in Heer und Heimath gewesen“. Ein anders Denkender könnte sagen:
daß die Zollernschwärmer dazu, gewiß sehr ungern, schwiegen, sei ein gutes Zeichen für die Haltbarkeit des Regirerbundes.
Doch die Abwehr des Herrn Braun war viel zu matt. Und da die Macht des „blödsinnigen Märchens“ (zwei Briefe über den selben Gegenstand bestätigen es mir wieder) viel größer ist, als Sie wähnen, da Millionen, insbesondere neun von je zehn der Heimath entlaufene Deutschen, noch immer auf die Monarchistenfabel schwören, will ich die wichtigsten Thatsachen wiederholen, die jede wahrhaftig republikani*
sehe Regirung längst in alle Köpfe hämmern mußte.
„Mitte Juli 1918, vor Antritt des Postens des Staats»«
sekretärs, hatte ich in Avesnes General Ludendorff die form«»
liehe und bestimmt gefaßte Frage vorgelegt, ob er sicher wäre»
mit der jetzigen Offensive den Feind endgiltig und entscheid dend zu besiegen. General Ludendorff hatte meine Frage wiederholt und darauf erklärt:,Darauf antworte ich mit einem bestimmten Ja.‘ Vor der Besprechung zwischen dem Reichs*
kanzler, dem Generalfeldmarschall, General Ludendorff und mir (ich glaube, am dreizehnten August) hat mich General Ludendorff allein bei Seite genommen und mir eröffnet, er habe mir im Juli gesagt: er sei sicher, mit der im Gang befind*»
liehen Offensive den Kriegswillen des Feindes zu brechen und
ihn zum Frieden zu nöthigen; diese Sicherheit habe er jetzt
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nicht mehr. Auf meine Frage, wie er sich die Weiterführung des Krieges denke, hat General Ludendorff geahtwortet, wir würden durch eine strategische Defensive im Stande sein, den Kriegswillen des Feindes zu lähmen und ihn so mählich zum Frieden zu bringen. Inder angeführten Besprechung zu Vieren hat Niemand dieses ausschlaggebende Thema wiederange*
schnitten. Erst im Kronrath (am vierzehnten August) habe ich es wieder vorgebracht und behandelt; siehe Protokol. General Ludendorff hat damals die ,große Offensive* als nicht mehr möglich bezeichnet, wohl aber eine strategische Defensive mit gelegentlichen offensiven Vorstößen, mit guter Aussicht auf endliche Lähmung des Kriegswillens des Feindes. General«
feldmarschall Von Hindenburg beurtheilte die militärischen Aussichten noch günstiger. Die politische Lage, wie ich sie vor dem Kronrath auseinandergesetzt hatte, verbot mir, an diesen Erfolg der strategischen Defensive zu glauben. Das habe ich im Kronrath erklärt und die Ermächtigung zur An««
bahnung des Friedens mit diplomatischen Mitteln verlangt.
Darunter begriff ich auch: Minderung der bis dahin aufge*
stellten Kriegsziele. Hierfür war OHL damals noch nicht zu haben: siehe Schlußsatzdes Protokols vom vierzehnten August.
Die mir ertheilte Ermächtigung zu Friedensschritten wurde dadurch beschränkt, was ich aber mählich zu beheben hoffte;
mit Recht, wie die Zukunft bewies. Indes eine wesentliche Beschränkung der Ermächtigung war die folgende: ,der ge*
eignete Moment müsse abgewartet werden, ehe diplomatische Fäden anzuspinnen wären; ein solcher Moment böte sich nach dem nächsten (unserem) Erfolg an der Westfront/ Später, im September, wurde als Moment bezeichnet: ,wenn die Rück«
wärtsbewegung unserer Armee zum Stehen gekommen sein würde, etwa in der SiegfriedstellungV* (Staatssekretär Hintze.)
Elfter September: „Als Ergebniß neuerlicher Besprechun«
gen zwischen Seiner Majestät, OHL und Staatssekretär Ein«
verständniß mit sofortiger Einleitung Friedensdemarche bei neutraler Macht. Wien soll zum Beitritt bzw. Ein verständniß aufgefordert werden, eben so Sofia und Konstantinopel.“
Dreißigster September: „Ganz geheim. Zur ausschließ*
liehen persönlichen streng vertraulichen Orientirung. Ge*
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