• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 4. Februar, Jahrg. XXX, Bd. 116, Nr 19.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 4. Februar, Jahrg. XXX, Bd. 116, Nr 19."

Copied!
36
0
0

Pełen tekst

(1)

XXX. Jahrg. B e r lin ,, den 4. Februar 1922 Nr. 19

Die Zukunft

Herausgeber

Maximilian Harden

IN H A L T

Seile

Rausch aus Hurenwein . . 1 15

Das Kalb mit vier Augen . 115

Der Falbe wi eher t . . . . 121

Des Rappenreiters Wage . . 127

Am Buhlthron der Lüge 132

Nachdruck verboten

Erscheint jeden Sonnabend

Preis vierteljährlich 35 Mk. / Einzelheft 3,50 Mk.

BERLIN

ERICH REISS VERLAG

(Verlag der Zukunft)

1922

(2)

— o U £ SCO (D

f i ® 2 COp sä

• e

&

^ er r:

*- e

•e ® i« . 5 * | S K o

*S •—"iS M Q) N

^ fe

e £•

= 3 0> h ><

l> 03

Ä *

n

■ m

o

E = Ä 5

® S 5 ^ i s s , i . “ = S

£ ,• & £

• *. w

*> 2 J c i w IO

■o T c j

« * 5 oc

■f . = ui

£ c JB #*5 n S e §19 a ^ •»

b. p q M * ^ J

« I ■» «

*" ■ c ui

® 2 a 5 s. t

• S M e n

« .2

E ?

o) 2

G Se £ e *

* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * j|t

B A P > N E U E N A H R

B o n n s K r o n e n h o t e l

H a u s . 1. Ranges, 110 Betten

W i n t e r u n d S o m m e r z u K u r z w e c k e n g e ö f f n e t

* * * * * * ^ * * * * * * * ^ . * ^ * * * * * * * * * *3f * ^ ^ . * * * ^ * ¥ * * * * *

Regina-Palast am Zoo Reeg'& Arnold

(Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirclie) Telephon: Steinplatz 9955

Kurfürstendamm 10 und Kantstraße 167-169

und abends:

Erstes Intern. Kammer-Orchester

Dirigent: O t t o H a r tm a n n . Konzertmeister: C. B a r th o I d y . Am Flügel: W. L a u t e n s e h l ä g e r

I n e i n e r M i n u t e B a c k h i t z e ,

t r o t z d e m im G a s v e r b r a u c h e rh e b lic h b illig e r a ls j e d e r a n d e re G a s b r a to f e n I B r ä t o h n e B u t te r o d e r F e t t d e n s a f tig s te n B r a te n , b ä c k t d a s s c h ö n s te G e b ä c k 1 E in un»

e n tb e h r li c h e r H e lf e r a ls E in k o c h - u n d D ö r r a p p a r a t, sn<

w ie z u m K o c h e n , D ü n s t e n u n d D ä m p fe n 1 E in U n iv e rs a l«

a p p a r a t f ü r j e d e f o r ts c h r ittlic h e K ü c h e !

Prospekte durch A. E. Bautz, Berlin € 1 9

J e r u s a l e m e r S t r . 31 F e r n r . : Z e n t r u m 6 9 9 1 u . 1 1 9 8 4

h K o r p u l e n z ™

F e t t l e i b i g k e i t beseitigen P r . H o f f h a w e r ’s ges. gesch.

E n t f e t t u n g s t a b l e t t e n

V o llk o m m e n u n s c h ä d l . u n d e r f o l g r e i c h s t e s M itte l g e g e n F e t t s u c h t u n d ü b e r ­ m ä ß i g e K o r p u l e n z , a u c h o h n e E i n h a lt e n e i n e r b e s ti m m te n D i ä t. K e in e S c h i ld d r ü s e . L e i c h t b e k ö m m l i c h . — A u s f ü h r l . B r o s c h ü r e ( o d . L i t e r a t u r ) g e g e n 1 . — M. P o r t o . E l e f a n t e n - A p o t h e k e , B e r li n SW 414, L e i p z i g e r S t r .74 (D önhoffpl.) AmtZantr. 7192

(3)

DIE ZUKUNFT

H erau sgeber: M a x im ilia n H a rd en

onument von unserer Zeiten Schande gefällig? Ein Halb*

dutzend, mindestens, wird in jeder W oche enthüllt und

„preiswerth, aber freibleibend“ ausgeboten. Keine Angst:

nicht von den Film», Bühnen*, Presse*, Autoren», Baby», Bubi*, Mädi*, Witwen*, Mäuschen», Ratten»Bällen, den Moderedou*

ten, Schönheitkonkurrenzen und dem dabei aufgewandten Kleider» und Juwelenprunk will ich sprechen; auch nicht von alltäglichem G ew etz weiblicher Brüste, Bäuche, Schenkel an männlichen M uskeln, Knochen, Knorpeln auf D ielen, von den nicht ganz so widrigen Nackttänzen gut gewachsener Geld»

schefflerinnen, von öder Fresserei und eklem Mitschmarotzen aller Regirerklüngel, von Sektstrom, in dem Markmilliarden verschäumen, und den sechshundert Liqueurstuben in der Hauptstadt des „vom Feindbund in Elendstiefe und Sklaven*

fron gestoßenen Reiches“. Dieser U n fug währt lustig fort und wird unter der neuen Steuerdrohung noch wilder aus*

rasen. In Paris, dessen Vergnügungtaumel kaum ein Hun*

dertel des (nicht nur berlinischen, sondern) allgemein»deut*

sehen erreicht, hat der witzige Theaterschreiber Rip, in dem ein Stück vom G eist der Meilhac & H alevy, zeitgemäß über*

trüffelt, auferstanden ist, die lafontainische Fabel von den fleißigen Ameisen und dem Leichtsinn der faulen Grille sehr nett so „gewendet“, daß nun die Grille, der allnächtlicher Shimmytanz nebst Zubehör ein Vermögen eintrug, die dum»

men, in ewiger Armuth kribbelnden Heimarbeiterinnen des

XXX. Jahrg. 4. Februar 1922 N r. 19

Rausch aus Huren wein

D a s K a lb m it v ie r A u g e n

(4)

116 Die Zukunft

Ameisenhaufens abkanzeln kann. W ie lange das Formiken*

heer solche Sermone geduldig hinnehm en, wann es seiner Ueberzahl, der Kraft seines Stachels bew ußt werden und d ie W urzeln der Grillenherrlichkeit anfressen wird? D aß schon der Versuch mit allen Zwangsmitteln der Staatsgewalt erstickt würde, ist so lange gew iß, wie wir des klerikal»sozialistischen Wachsfiguren*Kabinets uns freuen dürfen, das der „zu Ver*

klärung des Göttlichem aus m enschlichemGeist“ vom Himmel unserer Erde geschenkte Herr Rathenau, fortan nicht mehr un*

sichtbar, leitet. A n den W änden dieses Kabinets würden selbst Thiere von kräftigerem Körperbau sich die Köpfe einrennen.

„Arbeiterl Parteigenossen! Es geht um Alles 1 Deshalb leget die Arbeit nieder! Striket! Keine Hand darf sich regen! Lahmlegung jeden Wirthschaftlebens! Generalstrike auf der ganzen Linie t Ebert. Bauer. N oske. Schlicke. Schmidt. D avid. M üller.“

D as war im März 20 an Alldeutschlands Mauern zu lesen.

Arbeiter, Angestellte, Beamte sollten, ohne Ausnahme, alles zu Lähmung des W irthschaftlebens M ögliche thun, damit die vor Kapps Steifleinenen hurtig ausgekratzten Regirer ins warme Behagensnest heimkehren könnten. Herr Ebert, dem Lieder*

vater Fehrenbach, einer der sieben lebenden „Altreichs*

kanzler“, vor drei W ochen bescheinigt hat, daß er im O ktober 18 mit aller W illenskraft für die Monarchie, gegen die Revo*

lution, in den Massen wirkte, ist noch Präsident der Repu»

blik; die Herren Bauer und Bobby Schmidt sind noch Reichs*

minister, die Herren M üller und W els (der den Aufruf zu Generalstrike mitunterzeichnet hatte) Führer der Sozialisten*

parte% die G enossen David und N osk e auf hohen Beamten*

posten. Am gestern aber die Eisenbahner, weil ihr Lohn in J*r Zeit des tip reises von fünf Mark unzulänglich sei, für sie also „es um A lles gehe“, auf ihr Strikerecht pochten*

polterte aus dem Reichskabinet, der allerhöchsten Rathenau»

ein Drohgewitter, in dessen Blitzlicht der bebende Unterthan lesen durfte: „Es ist die geschlossene Auffassung der Reichs*

regirung, daß der Strike mit den B e s tim m u n g e n und dem W esen des Beamtenthums völlig unvereinbar ist. D ie Re*

girung wird deshalb mit äußerster Energie gegen solche Be*

strebungen vorgehen.“ D ie Regirung der Ebert, Bauer,

(5)

117

Schmidt, D a v id ,N o sk e, deren Eckpfeiler noch heute die W els und M üller sind, in der Herr W irth seinen Meister Erz*

berger, der Gottheitverklärer den Irdischem näheren Euge*

nius Schilfer abgelöst hat: und die, unter der selben Parteien*

trikolore, vor zwei Jahren alle Beamten, des Reiches, seiner Staaten und G em einden, in Strike gepeitscht hat. In dem Gespinnst ihrer amtlichen W eisheit klafft ein breites Loch.

D a die Reichsverfassung auch den Beamten das Recht giebt,

„zu W ahrung und Förderung der Arbeit* und Wirthschaft*

bedingungen“ sich zu vereinen, spricht sie ihnen auch das Nothwehrm ittel, den Strike, nicht ab. Der mochte in diesem Fall Thorheit, mochte gar Frevel sein: durften die Auskratzer vom März 20, die Mannhaften, die Jahrzehnte lang das Strikt«

recht als das heiligste G ut aller Proletarier gepriesen hatten, nun, st^tt mit der Reichsgewerkschaft der Eisenbahner ka*

meradschaftlich und (w ie in ähnlichen Fällen der Königliche Prime Minister Lloyd George that) als mit einer Großmacht zu verhandeln, im barschen T on des Rekrutendrillers los*

pfauchen, von „Beamtenvorrecht“ faseln, das im Grunde*

wie sie selbst wissen, ein den Beamten unter den armsälig*

sten Taglöhner erniederndes Minderrecht wäre? Sie durften.

Auch, am letzten Monatstag, mit dem Stacheldraht der Ge*

haltssperre schrecken und „wirksamsten Schutz der Arbeit*

w illigen“ ankünden, den sie, ehe ihr M und aus voller Krippe aß, als „schamlose Begünstigung schuftiger Strikebrecherei“

ein Menschenalter lang verschrien haben. U m in die Schande erbärmlichen Meinungschachers und unanständiger Volks*

aufreizung zu sinken, brauchten Deutsche Form und O rd­

nung ihrer Staaten nicht gewaltsam zu ändern. Keine Kaiser*

liehe Regirung hätte, weil jede den rothen Gischt der sie umbrandenden Sozialistenfluth scheute, sich in so plump fuchtelnden Hochmuth erdreistet wie diese N o vemberrepubli*

kaner. A n sie dachte Herr Rathenau, als er, im Mai 19, hier sprach: „N och immer stehen wir in Deutschland unter der politischen Vormundschaft der Umlerner. A ls der Krieg kam, feierten sie die große Zeit. A ls die Abdankung kam, wurden sie Republikaner, als die Revolution kam, Sozialrevo*

lutionäre; und als die G egenrevolution kam, waren sie w iede

(6)

118 Die Z ukunft

bei 1914 angelangt. Je kindlicher sich die Unfähigen ihrer Macht freuten, desto tiefer trieben sie uns ins U nglück.“

Jetzt macht er, lange schon, mit; hat auffast jedem G ebiet wenigstens einmal, auf manchem öfter, „umgelernt“, nach Antritt des ersten Ministeramtes „das erschaute Ideal“ feier*

lieh (um „nicht in Experimente zu verfallen“ und in der Demokratenpartei, der wirthschaftlich rückständigsten, ge*

duldet zu werden) abgeschworen; und das neueste Monument von unserer Zeiten Schande zeigt die unverkennbare Spur seines W esens und seiner wesentlichen Mitarbeit. Ists nicht Schande, daß im vierten Nachkriegsjahr die berliner Regirer ohne irgendeinen Plan zu Sanirung von Wirthschaft und Reichsverwaltung nach Cannes kamen und im Drang der von derCom mission des Reparations ihnen gesetzten Zwei wochen*

frist dann, in heimlicher Hast, einem „Steuerkompromiß“

nachbirschten, das in der allerletzten Stunde zu erjagen war und eine zum Erbarmen hohle Kanzlersrede, eine zum H eulen w indige N o te ermöglichte? N icht, nach Schillers W ort, ewige Schmachschrift unserem Mutterlande, daß in so unwürdiger Eile, von so unsachlicher Sucht, fraktioneller Furcht vor Wählerrache den A usw eg in schwichtigendes G aukelspiel zu öffnen, Beschlüsse gefaßt wurden, die über sechzig, achtzig oder mehr Tausend M illionen Mark deutschen Arbeitertrages verfügen und die Zukunft deutscher V olk sw irtsch aft in ein Eisenjoch ketten? D ie Fraktion der Deutsch»Nationalen, sechs Dutzend Köpfe, um deren Gunst der Reichsoberwalther bei A ugust Eulen*, Elard Oldenburg und manchem Anderen sonst doch emsig bemüht war, der Verhandlung über Steuern und N o te fern zu halten, war, wie Graf Westarp mit Recht be*

tonte, wider allen Anstandsbrauch in der bald tausendjährigen Geschichte des Parlamentarismus (der ja nicht, wie G läubigen neulich erzählt wurde, mit denOraniern, sondern vielejahrhun*

derte, eigentlich sieben, vor ihnen in Britanien zu Herrschaft kam). Von so unfeiner Unterlassung könnte höchstens Dauer*

glanz undFruchtfülle desErgebnisses entschuldigen. Was aber war die N o te? Klantein M oll. D ie Rede d e s Kanzlers? Spazir*

gang über abgegraste Gemeinplätze, der allzu oft in Sumpf*

löcher stolperte. Täppisch die wiederholte Berufung auf das

(7)

119 Urtheil der Bank von England, das dem zu schwer bebür«

deten Deutschen Reich Kredite weigerte; doppelt täppisch acht Tage nach der Rede und Depesche, in denen Englands Premier gesagt hat, an keiner Satzung des Friedensvertrages dürfe gerüttelt werden und Deutschland müsse der ausbe«

dungenen Zahlungpflicht, die nicht über seine Kraft gehe, genügen. D as war schon die deibe Antwort auf die tölpelnde Vorschiebung des Bankgutachtens, dessen G enesis in London nicht dunkel blieb. Kindlich die M einung, ein Viel millionär, dem in Industrie und Bank alle Aemter und Pfründen offen gehalten werden, bringe ein „O pfer“, wenn er mit Behang und Troß in Salonwagons an die Themse, Seine, Azurküste tost und, endlich, die lange erstrebte G elegenheit hascht, seinen Heilandsnamen der W eltesche einzukerben. Als un*

wahr erwiesen die Angabe, erst diesem Opferbringer Rathenau sei gelungen, „mit den ehemaligen Gegnern in nähere Be«»

rührung zu kommen und in freier W eise, anders als in einem Verhör, die wahre Lage Deutschlands vor einer Konferenz auseinanderzusetzen.“ Jedes W ort dieses Satzes wird von den Thatsachen widerlegt. D ie aus Berlin nach Spa, Brüssel, London Delegirten waren in die Konferenz mit vollem Debat*

tirrecht zugelassen. In Cannes war Verhör ohne Debatte;

wurde der Führer der Deutschenprozession über einen Punkt der Tagesordnung als technisch Sachverständiger des Schuld*

nerreiches, nicht als Konferenzmitglied, vernommen und da»

nach mit höflichem Dank fortgeschickt. D ie Behauptung, Cannes sei „ein deutscher Erfolg“ geworden und ohne das Rundreisegequalm des Herrn Rathenau wäre irgendwas auch nur im Geringsten schlechter, als es heute ist: A lles ,,in freie W eise“ erfunden. Statt auszusprechen, das G ewissen und der Mahnruf sittlicher Pflicht dränge Deutschland zu W ieder­

aufbau der verwüsteten Bezirke Frankreichs, sagt, in klobiger Harm losigkeit, Herr W irth, der Drang entstamme nur der Furcht vor noch tieferem Einbruch des Franzosenheeres, vor dem Verlust „staatlicher Freiheit“ : und liefert damit Denen die wirksamste Waffe, die immer behauptet haben, Erfüllung der Vertragspflicht sei von Deutschland nur durch Bedrohung mit nah sichtbarer G ewalt zu erlangen, und die auf der nächsten

(8)

120 Die Z ukunft

Konferenz Amerikaner und Briten fragen werden, ob sie nach diesem Bekenntniß Rathenauwirths etwa der Französischen Republik noch Abrüstung oder Kürzung der Besatzungfrist zumuthen möchten. Ein unaustilgbarer Fehler; den pariser Zeitungpolitiker sofort bejauchzten. D aß ein frommer Ka«

tholik auch in einer Rede über Schuldabzahlung und Steuern des vom Stuhl Petri ins Grab Gesunkenen ehrerbietig gedenkt, mag hingehen. Nach einem (reporterhaft verfrühten) lang«

wierigen Präsidialnachruf aber noch eine breit ausgesponnene N en ie auf den fünfzehnzten Benedikt, der in keiner Lebens«

stunde „groß“, in keiner Stunde Deutschlands Freund war, nie mit ernster Inbrunst Friedensstiftung erstrebt, immer den Sieg Frankreichs, Belgiens, Italiens ersehnt Jeanne d ’Are in den H eiligenrang gehoben und Luther oft den Hauptbesiegten und Kriegs V erlierer genannt hat: von dem Ersten M inister eines heute, nach dem Verlust der einst polnischen Provinzen und Elsaß'Lothringens, von tief überwiegend akatholis eher Mehr«

heit bewohnten Reiches doch wohl ein allzu keckes Kabinet«

stück. W eil Parteiwuth, Klüngelnepotismus, Aemtergier der Fraktionen jede andere Erwägungzelle überwachsen hat, widerspricht Niemand. U nd Keiner merkt, im H ohen H aus und draußen nicht Einer, daß der doppelköpfige Kanzler eine Hauptstelle seiner Rede auf einen gefälschten Text stützt.

Herr Poincare, sagt er, „hat am Eingang seiner ersten Rede in Senat und Kammer erklärt, Deutschland müsse, endlich, anfangen, seine Verpflichtungen zu erfüllen“ ; und badet dann in moralinsaurer Empörung über den leichtsinnigen Franzo«

sen, der leugne, daß der deutsche Schuldner irgendwas abge«

zahlt habe. War Herr Poincare wirklich so dumm, an hellem M ittag die Sonne zu leugnen? Zunächst wurde mit seiner Rede das Regirungprogramm verwechselt, das er der Kammer, Justizminister Barthou dem Senat vorlas. Darin wird, zwei«

tens, nicht gesagt,Deutschland müsse „endlich anfangen“, seine Pflicht zu erfüllen, sondern, Deutschland müsse ausführen, was es durch Unterzeichnung des Friedens Vertrages zugesagt hat („executer les engagements qu’elle a pris“). N icht der winzigste Grund also zu Empörung. Da der Zwilling^Kanzler aber im Elsaß studirt hat, der Reichskanzleichef dort geboren

(9)

121

ist und Beide ihr künstlich patinirtes Französisch gern, ohne Schüchternheit, ins Schaufenster legen, wird den Parisern der Glaube an bösw illig bewußte W ortlautsfälschung schwer auszureden se in . . . Einstweilen genügt w ohl der Blick in diese Sumpflöcher. Uebergenug für eine Rede des Verantwort*

liebsten. Schnell sei nur noch erwähnt, daß in ihr achtund*

zwanzig Druckzeilen von dem toten Papst handelten, nicht eine Silbe aber des in Entsetzensqual hinsterbenden Russen«

Volkes gedachte. Schmählich Versäumtes sei hier nachgeholt.

D e r F a lb e w ie h e r t

W ie siehts in Rußland aus? Ein Viertel des städtischen, ein Fünftel des ländlichen Durchschnittsertrages aus den Vor*

kriegsjahren. Ein längst von kleinen Tandfreuden des Le«

bens, nun auch von der Nothdurftdecke geblößtes Reich, dessen V olk in die Verkehrsform vor der Reife gewelkter Asiatenstädte zurücksinkt. D ie Dürre des Sommers war gräß*

lieh. Korn und Kartoffeln verbrannt. A u f grasloser W iese das G estöhn und Gebrüll verendenden Viehs, von Hungers*

wuth, Durstqual toller Pferde. D ie fruchtbarsten Felder Si«

biriens von Wanderheuschrecken verwüstet. U nm öglich, aus den von G luth und Fraß verschonten Bezirken zureichende H ilfe zu holen: weil die Schienen zerfetzt, die Lokomotiven verrostet, die W agons, auf totem G leis, unauffindbar, Zug*

führer und Schaffner auf Hamstergang nach irgendwas Ge*

nießbarem sind, Kohle und Naphtha fehlt und die Fäller nicht die nöthige Brennholzmenge an die Stationen geschichtet haben. Einsturz der morschen Säulen, die den N othbau der Z w angsw irtschaft, das schwanke Gerüst des Ernährung*

systems trugen. Rückfall in Völkerwanderungpein. M illionen Graubrauner unterwegs; in verlausten Lumpen, auf Fuß*

lappen (w eil zwar W ild* und Viehleder in Fülle, doch kein G erbstoff zu haben ist); verthierendes W andervolk, das zu Baumrindebrei sich Frösche, Kröten, M äuse brät, Ratten*

Schenkel schmort, als Leckerbissen schmaust und morgen den Ekel v o r Menschenfleisch verlernen wird. In den Hauptstädten ein Gebirg sargloser Choleraleichen; in Dörfern, auf Land«

straßen verwesen sie ungezählt. Aerzte? G efallen, verlüdert,

(10)

122 Die Z ukunft

in Kommissariate eingefilzt, in Schleichhandel untergekrochen»

kleinbäuerliche Selbstversorger geworden. Fast alles Arzt««

Werkzeug unbrauchbar. Linderungmittel nur mit Papiergeld»

hügeln zu erkaufen. Fiebermessung Luxus der Reichsten.

Kein Saatgut, D ung, Kali, Salpeter für die nächste Feldbe*

Stellung. Stand Natur selbst auf, mit glühender Ruthe den widernatürlich prokrustischen Frevel zu ahnden, der ungleich G eborenes durch Hacken und Strecken gleich machen w ollte?

W ie entartete Christen die ganze Judenheit vehmen, die der W elt doch, statt des Göttergeknäuels, den einen Gott* Vater, die andächtige Ehrfurcht vor Geisteswehen, die Bibel und den H eiland geschenkt hat, so haben die Pfaffen, Magister und Pfründner des von den Bürgersöhnen Engels, Marx, Lassalle errichteten, von dem Landjunker U ljanow ausgemalten und möblirten Lehrgebäudes jeden nicht ins Proletariat G ezeugten mit der Schmutzkruste des Ausbeuters, vampyrisch von Blut#

saugung G edeihenden bemakelt und, längst wider besseres W issen, verschwiegen, daß im W andel der Zeiten diese Schema«

tische Unterscheidung knochenlos, saftlos geworden ist und zwischen Arbeit und Kapital, wie heftig und nothwendig auch ihre Grenzkämpfe seien, nicht mehr der alte Pestgraben aus den Tagen der Schwitzer und Höhlenfroner stinkt. Zerriß Sonnenzorn die Brand lindernden Schleier, um das Ueber*

m aß.denU ebermuth solchenUnrechtes mit sengenderStrahlen*

peitsche zu strafen? A us O st und W est werden die Bürger, noch gestern Schmarotzergesindel, bösartiges Geschwür, grin*

diges Scheusal, in schillernde Buntheit aufgeblähte Q ualle, wird die Gesammtheit der Bourgeoisien zuN othhilfefürR uß*

lands „W erkthätige“, Bauer und Stadtarbeiter, aufgerufen, geläutet. W eh Euch, wenn H ohn drum Eure Lippe rümpfte 1 D er N o th des Sommers, der A ngst des Herbstes ward der grauseste W inter entbunden. Der Polarforscher Fridtjof Nansen, der auch in dieses Grönland als Erster vorzudringen wagte, hat wieder, als Kommissar des Völkerbundes, drei Rufe in die W üste verrdorrten M e n s c h h e ite m p f in d e n s geschickt.

„F e h le n d e r W e lt etw a N ä h r m itte l? N e in : in U e b e rfü lle sin d sie zu fin d en . In R u ß la n d h u n g e rn M illio n e n , e rle id e n M illio n e n u n säg lich e Q u a l. A ll diese M illio n e n w ä re n v o n d e n

(11)

123

Nährstoffmengen zu sättigen, die in einem Nachbarland, hundert Meilen hinter der russischen Grenze, liegen. In Rumänien allein sind fast anderthalb MillionenTonnen Getreide, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, zu Ausfuhr bereit; hundertvierzigtausend Wagons wären damit zu füllen und alle Hungersnöthe Rußlands zu lindern.

Und j enseits vomWeltmeer, in Amerika, war die Ernte so überreich, daß die Farmer die Frucht des vorigen Sommers noch jetzt, im November, nicht unterzubringen vermochten; daß in den Ver#

einigten Staaten der Weizen in den Speichern verfault, in Kanada eine halbe MillionTonnen Weizen sofort verschifftwerdenkönnte, in Argentinien die Lokomotiven mit Mais geheizt wurden. Die Schiffe und Eisenbahnzüge, die zur Beförderung dieses Nähr*

stoffes tauglich wären, liegen ungenutzt in den Häfen, rosten auf totem Gleis. Warum? Weil das zum Transport nöthige Geld, eine im Verhältniß zu Staatsfinanzbeträgen von heute winzige Summe, nicht aufzubringen ist. Stellen Sie sich vor, von einem anderen Planeten blicke auf unseren ein Menschenauge, sehe an der Wolga Tausende und abermals Tausende, von Hunger ent*

kräftet, in Lumpen, oft barfuß über vereiste Straßen hin den Weg in Rettung suchen und gar nicht weitab davon die Riesen*

mengen unverwendbaren Nährstoffes: müßte dieser Betrachter nicht glauben, die Hölle oderwenigstens ein Tollhaus zuschauen?

Niemals stand ein Mensch vor gewaltigerer, schmerzhafter drän*

gender Pflicht als ich. Jedes Mitglied dieser Konferenz bitte ich um Hilfe; jeden Mann und jede Frau, Regirer, Angestellte, Ar*

beiter, bitte ich, nicht von Bedenken der Politik sich stimmen zu lassen. Als ein Bote der Nächstenliebe flehe ich sie an, nur der Kinder, der Weiber im Eisgebiet der Wolga zu denken und nach der Rückkehr in die Heimath das Parlament oder die Volks*

masse, die Regirung, Gewerkschaft oder Genossenschaft zu Hilfe für Rußland aufzurufen. Sie muß nicht nur: sie kann auch, wenn guter Wille mitwirkt, geleistet werden.“ (November 21; Rede auf der genfer Völkerbundestagung.) „Von Helsingfors aus wird, wie ich höre, das Gerücht verbreitet, die russische Regirung habe selbst eingestanden, der Mangel an Transportmitteln hindere die Abfuhrder in Riga gelöschten Nährstoffmengen bis indasHunger*

gebiet und sie seien deshalb den moskauer Kommunisten und der Rothen Armee zugewiesen worden. In diesem Gerede ist kein wahres Wort. N ie hat ein Vertreter der Sowjets Aehnliches aus*

gesprochen; und hätte ers gethan, so wärs grobe Lüge gewesen.

Jede Tonne Nährstoff, die in Riga oder einem anderen Hafen an*

langt, erreicht, ungeschmälert, ihr Ziel. Durch Augenschein habe

(12)

124 Die Zukunft

ich selbst erkundet, daß die Spenden der ausländischen Helfer*

Organisationen nur den Hungernden zufließen.“ (Funkspruch vom dreizehnten Dezember 21.) „Ich komme aus dem Lande des Todes und frage mich, im Rückblick auf das dort Wahrgenom«

mene, wie Menschheit, in einer von Nährmitteln strotzenden Welt, diesen Elendszustand dulden kann. Alle Organisationen der Nächstenliebe müssen mit äußerstem Kraftaufwand die Re*

girungen Europas beschwören, dem russischen Volk die noth*

wendigen Kredite zu gewähren, ehe es zu spät wird. Ehe es zu spät wirdl Die elenden Transportbedinge werden durch Schnee und Eis noch verschlechtert. Das Massensterben der Pferde lähmt den Lastwagenverkehr, der allein die Heranschaffung der Lebens*

mittel von der Bahnstation ermöglicht. Um mir überhaupt noch Gäule zu erhalten, mußte ich große Haferhaufen einhandeln.

JederTag tötet im HungergebietTausende. Da ist weder Nahrung noch Heizstoff. In kalten Häusern und Hütten sterben die Ent*

kräfteten hin. Auf jeder Dorfstraße liegen Leichen dort, unter offenem Winterhimmel, Verhungerter; und vielen Dörfern sind schon zwei Drittel der Einwohner ausgestorben. Alle Bahnhöfe sind von Flüchtlingen überfüllt, die jeden einfahrenden Zug er*

stürmen, ohne zu wissen, wohin sie wollen, nach welcher Rieh*

tung der Zug fährt; nur fort wollen sie, nur dem gewissen Hunger*

tod entrinnen. Die aber sogar, die sich einen Platz im Wagon erkämpfen, gehen, ohne Geld und Geldeswerth, nur neuer Pein entgegen und überleben oft nicht die Fahrzeit. Schicket Roggen!

Solche Spende allein bringt schnelle Hilfe. Ein Pfund Sterling kauft heute so viel Roggen, daß ein Russe sieben Monate lang davon leben kann. Ein Pfund Sterling genügt also zu Rettung eines Menschenlebens. Auch Seuchen sind wieder ausgebrochen.

Noch bleibt, für kurze Frist nur, die Möglichkeit, Millionen Men*

sehen das Leben zu erhalten; Vorbeding ist aber, daß sofort, ohne neues Zaudern, und in weitestem Umfang die Retterarbeit beginnt.“ (Cirkulardepesche vom achtzehnten Dezember 21.)

W as, fragte ich, nach dem ersten Nothschrei aus Ruß*

land, im Juli hier, was kann geschehen? „W ohlthätigkeit vermag nichts wider solche Gräuelsaat. Rüttelte der Hilfe«

ruf des ehrwürdigen Patriarchen von M oskau aus allen Bischofsstühlen der Erde die Hirten zu eiferndem T hun auf, wäre der schmächtige Dichter Gorkij nicht in die Literaten«

schrulle entgleist, seinen Hilferuf, den zuvor der weise Ma«

saryk und der greise France empfingen, an Herrn Haupt«

(13)

125 mann zu adressiren, den Kriegsbarden und G enüßling, der nie für leidende M enschen, nie wider thronende Schmach einen Finger gestreckt hat und dem Schreckenskünder jetzt abgestandene Phrasensuppe (m it dem Fettauge der Lüge, Deutschland sei von der Kunde ,tief erregt und bewegt*) vorsetzt: auch dann noch müßte die W erbung um Wohl«

thatspende unwirksam bleiben. M illionen europäischer Kin*

der sacht aufzufüttern, war ein gewaltiges W erk, das seine Meister, Herrn H oover und dessen Freunde, vornan die anglo*amerikanischen Quäker, in M enschenewigkeit lobt.

D och besinnet, was in Rußland ist, gedenket, daß nicht nur im Hungerbezirk das V olk ausstirbt, nein, im ganzen G ebiet der Sowjets sechzig, achtzig M illionen in Pfuhl und Pferch düsterster N o th verschmachten, daß des größten Weißen*

reiches Grundmauer barst: und saget danach selbst Euch, was wider so ungeheure, uneiträumte Erdgefahr Sammelei und Theaterei ,gütiger Geber* vermöchte. N icht ein Land kann helfen; das reichste noch, ein Dorado, wäre zu arm. Der kräf*

tigste A ufschw ung gepaarten Helfer willens, wärs in den west«

liehen Siegerstaaten, zu schwach. W ohlthätigkeit tummele sich rüstig in Haus und Nachbarschaft. Geschenke versickern in W üstensand. Ganz Anderes fordert das Fatum der Stunde.

D ie schleunige M obilisirung eines internationalen Arbeit«

heeres. A lle Staaten, die in den G roßen Krieg gerissen waren, müßten Kontingente stellen. A lle haben dreimal mehr Geräth, als jetzt nöthig wird. A lle fänden für dichte Schwärme Arbeitloser, für Legionen beruflos abenteuernder, dem Land»

frieden gefährlicher Offiziere, Militärtechniker, Unteroffiziere lohnende Beschäftigung. A lle könnten ihre Lager von lästi*

gen, auf gewohntem Handels weg unverkäuflichen Rohstoffen und Waaren geschwind leeren. U n d sie schüfen zugleich sich die nahe, leicht zugängliche Absatzstätte, den Markt, ohne dessen Sicherung weder Europa noch Asien genesen kann.“

Zweimal habe ich den Plan der M obilm achung bis ins Kleinste zu klären versucht. D rei Jahre lang, immer wieder, zu Handelsverkehr mit Rußland gemahnt; Regirungen und Gewerkschaften, Industrie und Kaufleute. Vergebens. Ruß*

land kann Deutschlands Technik und M enschenstoff, Oblo«

i#*

(14)

126 Die Z ukunft

m ow den unbequem borstigen deutschen Verwalter nicht missen. N u n ist das Reich in den Zustand der Zeit vor Katharina, vor Peter gar zurückgesunken. Verpestet, verlaust;

ohne dasGeräth des ärmsten Schollenbauerlandes. In M oskau sind sechsundzwanzigtausend Betten durch Verseuchung un*

belegbar geworden; und Desinfizirmittel fehlen. W as nicht?

D em Handwerker N ägel, dem Heimschmuckarbeiter Farbe, der Hausfrau Garn und N adel, dem Gelehrten Papier, Tinte, Bleistift, Fachblätter, Bücher. Ein G oldrubel kauft hundert«

tausend papierne. D ie Sowjets können weder die verheißene Nahrungration noch Kleider, W äsche, Stiefel, H eizstoff in halbwegs zulänglicher M enge liefern. Schon nach der letzten Herbsttheilung durfte Niem and mehr als zwei H em den be*

halten. Herr Hauptmann wird morgen gew iß (sonst hätte er sich nicht dem H ilferuf des Bitteren M axim öffentlich verlobt) melden, w ie viele M illionen er aus seiner Einkunft, der größten, die in Deutschland je einem Dichter zufiel, und aus Sammlung bei seinen vielen überreichen Freunden dem darbendenRußland zu spenden vermag. Blitzschnell würde auf glühendem Stein dieses Tröpfchen verdampfen. Bis gestern hatten fast nur Proletarier aus ihrem schmalen Besitz Nennens«

werthes ostwärts gesandt. O hne W iderhall aus Europa ist Nansens Klage vertont. D aß M assenleid, wie wirs nur aus der Grausesverkündung des Offenbarers Johannes, nicht aus hellem Tag nachprüfbarer Geschichte, kennen, daß ein her«

anschlotterndes Totenreich den Erdtheil nicht aus der stumpfen Kälte steinerner Herzen aufwirbelt: dieses M onument von unserer Zeiten Schande wird nicht früh verwittern. Für das von solchem Ozean grassester Plagen umwogte, halb schon überschwemmte V olk hat Deutschlands frommer Kanzler nicht ein M itleidens wort. Erklärt sich huldvoll aber zu Arbeitge«

meinschaft mit den Westmächten bereit. H eute: nach dem Vorgang Britaniens, Amerikas, der Skandinaven, Czechen, Belgier; nach offizieller Einladung der Bolschewikenführer an die Riviera des Sonnenaufganges: huldvoll bereit. U m die durch seine und seines Patrones Schuld wieder acht Mo«

nate lang verzauderte deutsche G elegenheit zurückzuhexen, flickt er anderen Staaten den M akel des heimlichen Wun«

(15)

sches an, Rußland „wie eine Kolonie zu behandeln“. W issen die langen Reichssiamesen der W ilhelmstraße nicht, daß selbst im Paris des Herrn Poincare, der unerschrocken nach neuen Stützpunkten, nach Schwergewicht für die neben britischer Uebermacht allzu leichte W ägschale Frankreichs ausspäht, schon direkt mit den Moskauern, für die am Q uai d ’Orsay der G enosse Skobelew spricht, über Anerkennung, Schulden, Geschäftsverkehr, Kredit und noch Heikleres verhandelt wird ? Dann doch wenigstens, daß von der nächsten, ihrem bim«

dem Eifer zu dankenden Etape deutscher W ir tsc h a ft aus für Rußlands G enesung nicht so wirksam vorgesorgt wer«

den kann wie in den drei Jahren, die hinter uns liegen.

D e s R a p p e n r e it e r s W a g e

Im Dezember erwähnte ich, daß ein Drittel der deutschen Industrie, die bis ins Jahr 14 den Weltmarkt mit bearbeitetem M etall,Chemikalien,Textilien versorgte, während der Blockade Deutschlands im Erdwesten noch einmal aufgebaut, jetzt also, da unsere Betriebe nicht schrumpften, manche sogar sich, zu Kriegszweck, noch breiteten, gedoppelt sei und dieses Riesenangebot sich in einerW elt stapele, deren größterTheil, vom Rhein bis an den Yangtse, nicht kaufen, deren kleinerer der verarmten Kundschaft nichts Beträchtliches verkaufen kann. Ziffern, die diese kaum irgendwo noch in die deutsche Wirthschaftrechnung gestellte Absatznoth beleuchten, fand ich im zweiundzwanzigsten Jahrgang der von der frankfurter M etallgesellschaft veröffentlichten „Statistischen Zusammen«

Stellungen’*. W eil sie mich höchst lehrreich dünken, gebe ich ein Stück daraus wieder.

„W ie d e n K rieg sjah ren v o n 1914 bis 1918, so fehlte d en F rie d e n sja h re n 1919 u n d 1920 diejen ig e p o litisch e S tetigkeit, w elche re in ö k o n o m isch e Schlüsse aus ein e r S tatistik zu ziehen e rlau b t. In n e rh a lb des J a h rz e h n te s zw ischen 1911 u n d 1920 lassen sich die V o rg än g e in d e n d rei Z e ita b sc h n itte n v o r, in u n d n ach dem K riege w o h l m it e in a n d e r verg leich en , n ic h t ab e r n ac h w irth sch aftlic h en G esetzen aus e in a n d e r ab leiten . S elbst aus d e r E n tw ic k elu n g w ä h re n d des je tz ig e n F ried en s v e rb ie te t es sich, b ere its die E in ste llu n g eines n e u e n G leich g ew ich tes abzu*

lesen. V ielm ehr ste h t auch das jü n g s te Z a h le n b ild n o c h g an z u n te r dem Z eic h en g e stö rte r V erhältnisse. D ie w ir ts c h a f tlic h e

(16)

128 Die Z ukunft

K rise ä u ß e rte sich tro tz d e n W ie d e ra u fb a u b e d ü rfn isse n in ein er g e w altig en V e rb rau c h seb b e, n ic h t n u r g e g e n ü b e r d e r H o c h flu th , die d u rc h d ie m ilitärische R ü stu n g v eru rsa c h t w ar, s o n d e rn au ch g e g e n ü b e r dem frü h e re n civilen P eg elstan d . D ie M e ta llin d u strie d e r E rd e v e rb ra u c h te d u rc h sc h n ittlic h jä h rlic h

in Hpn TaKron M illionen kg (1000 metr. To)

•* Rohblei, »kupfer, «zink, szinn und «aluminium

1 9 1 1 — 1 9 1 3 3403

19 14 — 19 18 36 31

19 19 — 1920 2756

e rlitt also 1919—2 0 eine E in b u ß e v o n 19°/o g eg en 1911—13 u n d v o n 2 4 % g e g en 1914—18.

V o n d e n d u rc h sc h n ittlic h e n jä h rlic h e n V erb rau ch ssu m m en en tfallen a u f:

1911-1913 1914—1918 1919-1920

Millionen kg % M illionen kg % Mil ionen kg % (1000 metr. To) (1000 metr. To) (1000 metr. To)

Europa. . . 2 12 8 63 1796 49 1 1 2 8 41

NichfcEuropa 12 7 5 3 7 18 35 5 1 1628 59

Summe 3403 100 36 31 100 2756 100

S ch o n au s d ie se r ro h e n U e b e rs ic h t e rg ie b t sich (w as die fo lg e n d e n au sfü h rlic h e n T ab e lle n in v ielen E in zelh eiten b estätig en w e rd e n ), d a ß aus d e r allg em ein en eine b e so n d e re euro p äisch e N o th la g e d e r M e ta llin d u strie h e rv o rra g t. E u ro p a h a t w ä h re n d des le tz te n Ja h rz e h n te s b e in a h e d ie H ä lfte seines R ohm etalls V erbrauches v e rlo re n . A u ß e rh a lb v o n E u ro p a h a t sich die m etallin d u strielle B esch äftig u n g au sg e d e h n t, w e n n au ch d e r uns g e fä h r 1917 e rre ic h te H ö h e p u n k tn ic h tin n e g e h a lte n w u rd e. E u ro p a u n d N ic h tsE u ro p a h a b e n die R o llen ih re r B e d e u tu n g v ertau sch t.

D ie se r S a ch v erh a lt w u rd e im W e se n tlic h e n d u rc h die Ab#

s c h n ü ru n g d e r mittels: u n d o ste u ro p ä isc h e n K ap azität b ew irk t, w as sich d u rc h Z e rle g u n g d e r Z iffern e rlä u te rn lä ß t:

G ebiet Großbritanien Frankreich . . . Italien . . . . Uebriges Europa Vereinigte Staaten . Uebr. NichfcEuropa Summe

H ie rn a c h s in d d ie w e steu ro p äisch en M e ta llin d u strie n v o n d e r U m w ä lz u n g bis 1920 a b so lu t u n d rela tiv n u r w e n ig be*

rü h rt, d ie mittels: u n d o ste u ro p ä isc h e n a b e r a u f w en ig m eh r als ein D ritte l ih res a b so lu te n u n d a u f w e n ig e r als d ie H ä lfte ih re s re la tiv e n A n th e ils zu rü c k g e w o rfe n w o rd e n , u n d zw ar vor#

n e h m lich d u rc h d as V o rd rin g e n d e r übe rse eisch en In d u strie n , u n te r d e n e n n e b e n d e r am erik a n isch en d ie ja p a n isc h e B each tu n g

1911—1913 1914-1918 1919—19-20

M illionen k g % M illionen kg % Millionen kg % (1000 metr. To) (10C0 metr. To) (10C0 me!r. To)

934 28 990 27 700 25

119 4 35 806 22 428 16

1089 32 1540 43 133 8 49

186 5 295 8 290 10

3403 100 36 31 100 2756 100

(17)

129 verdient. Deutschland allein repräsentirte 1911—13 beinahe 22 und 1919—20 knapp 8 Prozent der Weltsumme.

Ob und wie weit sich die durch den Krieg geschaffene Lage zur bleibenden verhärtet, vermag man noch nicht zu be*

urtheilen. Zunächst bietet sie einen lehrreichen Beitrag zur Einsicht in die schweren Sorgen, die auf Europa lasten und die weder durch Scheinkonjunkturen noch durch Zahlungdiktate erleichtert werden. Die Gesammtheit der .Metalle' darf nach ihrer Größenordnung die Geltung eines charakteristischen Weits wirthschaftfaktors fordern. Was sie speziell durchmachen, ist in mancher Hinsicht generell typisch. Wie wichtig sie allmäh«

lieh geworden sind, zeigt eine Gegenüberstellung der Werthe ihrer durchschnittlichen jährlichen Hüttenproduktionen und derer der Edelmetalle und des Eisens:

18 9 1— 1900 19 0 1— 19 10 1 9 1 1 — 1920 Millionen Dollars -

B l e i ... 40 65 144 K u p f e r ... 95 2 18 501 Z i n k ... 38 7 1 158 Z i n n ... 28 68 142 Aluminium . . . . ._____ 2_______________ 8_____________ 87

Summe der fünf Metalle 203 430 1032

G o ld und Silber . . . 320 480 570

E i s e n ... 4 10 9 10 1550

Nach geographischen Gebieten gliederte sich die durch*

schnittliche jährliche Hüttenproduktion folgendermaßen:

1911—1913 1914-1918 1919-1920

Millionen kg % M illionen kg % Millionen kg % (1000 metr. To) (10C0 metr. To) (1000 metr. To) Blei:

E u r o p a ... 548 47 408 35 258 30

V e r e i n i g t e Staaten . 391 33 52 1 44 4 16 48

Uebr. Nicht»Europa 238 20 242 21 194 22

Kupfer:

E u r o p a ... 196 20 175 13 67 7

Vereinigte Staaten . 577 58 8 13 63 621 65

Uebr. NichtsEuropa 2 17 22 3 1 2 24 273 28

Zink:

E u r o p a ... 661 69 3 7 1 4 1 225 33

Vereinigte Staaten . 294 3 1 489 54 422 62

Uebr. Nicht»Europa 3 42 5 35 5

Z in n :

E u r o p a ... 32 25 29 22 25 20

Vereinigte Staaten . 3 3 12 10

Uebr. NichfcEuropa 93 7 * 96 7 5 86 70

Alum inium :

E u r o p a ... 33 57 45 37 60 38

Vereinigte Staaten . 20 34 68 55 84 53

Uebr. Nicht*Europa 6 9 10 8 14 9

Nach geographischen Gebieten gliederte sich der durch*

schnittliche jährliche metallindustrielle Rohstoffkonsum:

(18)

130 Die Zukunft

1911—1913 1914-1918 1919—1920

M illionen kg

(1C00 B etr. To) % N il ionen kg

(10C0 m etr. To) % M illionen k g (1000 metr. To) % Blei:

E u r o p a ... 724 61 576 50 377 42

Vereinigte Staaten . 388 33 467 40 445 49

Uebr. NichteEuropa 77 6 120 10 80 9

Kupfer:

E u r o p a ... 630 60 609 46 301 34

Vereinigte Staaten . 338 3 3 582 44 434 48

Uebr. Nicht»Europa 74 7 12 5 10 161 18

Z in k :

E u r o p a ... 678 69 496 55 340 50

Vereinigte Staaten . 287 29 368 41 306 45

Uebr. NichtcEuropa 22 2 37 4 32 5

Z in n :

E u r o p a ... 66 52 47 39 45 38

Vereinigte Staaten . 48 39 60 49 63 53

Uebr. NichfeEuropa 12 9 15 12 1 1 9

Alum inium :

Europa ... 30 5 1 66 5 1 66 41

Vereinigte Staaten . 28 47 62 48 93 58

Uebr. Nicht*Europa 1 2 1 1 2 1

Obgleich in Folge des europäischen Zusammenbruches die Märkte noch nicht wieder von normalen Regeln beherrscht sind, sollen dennoch einige Vorrathszahlen erwähnt werden, die geeignet erscheinen, die Preisbewegungen wenigstens zum Theil zu beleuchten. Die Rohkupfervorräthe betrugen nach der amtlichen Schätzung:

3 j « o>fN.2 :rj

. ih ts <5 Zu» oder Abnahme

** der V orräthe

H .«'S s T l ’S 'Z innerhalb des Jahres

3 J oS J a

^ > -o < i919 1920

M illionen kg (1000 metr. To)

Nordamerika 46 42 222 299 - f 205 4 - 1 3

Großbritanien 38 1 2 10 12 + 1 4 — 5

D a g e g e n fielen d ie b ritisc h en B le iv o rräth e in n e rh a lb des Ja h re s 1919 u m 8, in n e rh a lb des Ja h re s 1920 um 37 M illio n e n kg.

A u s d iesen B eispielen e rk lä rt sich w o h l, d a ß d e r e n d g iltig e A b b a u d e r K riegspreise beim K u p fe r sch o n M itte 1919 u n d beim Blei e rst an fan g s 1920 b eg an n .

D ie Preise, d ie w ir, um alle v a lu tarisch en T ä u sc h u n g e n zu v e rm eid en , in D o lla rs fü r 1000 k g (1 m etr. T o ) u m g erech n et m eld en , b e tru g e n d u rc h sc h n ittlic h :

1 9 1 1 - 1 3 1 9 14 — 15 1 9 1 6 - 1 8 1 9 1 9 - 2 0 Dez. 1920 Dollars für 1000 kg (1 metr. To ) in N ew Y ork

für Blei . . . 97 94 169 1 5 1 104

für Kupfer . . 32 3 340 579 398 291

für Z in k . . . 1 3 5 204 220 165 128

für Z i n n . . . 975 803 1 4 1 2 1230 686

für Alum inium 483 580 1072 7 1 5 ’)

*) Für 1920 noch keine Unterlage vorhanden.

(19)

131

Der Gipfel der Theuerung liegt durchweg in der zweiten Kriegs*

hälfte; Ende 1920 sind die alten Friedenspreise im Großen und Ganzen wiederhergestellt.

Die Unterschiede zwischen den höchsten und niedrigsten Monatsdurchschnittspreisen betrugen:

1 9 1 1 — 19 13 19 14 — 19 15 1 9 1 6 - 1 9 1 8 19 19 — 19 20 Dollars für 1000 kg (1 metr. To) in N e w Y ork

für B le i. . . . 23 53 1 1 6 97

für Kupfer 124 185 187 201

für Zink . . . 5 1 386 254 73

für Zinn . . . 279 400 1466 9 12

für Aluminium . 183 888 7 2 1 *)

Die Monatsdurchschnittspreise veränderten sich also, be*

zogen auf die Mittelwerthe der betreffenden Zeitabschnitte, äußersten Falles

1 9 1 1 - 1 9 1 3 19 14 — 19 15 1 9 1 6 - 1 9 1 8 19 19 — 1920

um % um % um % um %

für B l e i , . . . 24 56 69 64

für Kupfer . 3 8 54 32 5 1

für Zink . . . 38 189 1 1 5 44

für Zinn . . . 29 50 104 74

für Alum inium . 3 8 15 3 67 J)

Eine gewisse Wiederberuhigung läßt sich nicht verkennen.

Im Jahre 1921 haben sich die Monatsdurchschnittspreise folgendermaßen gestaltet:

Blei Kupfer Zink Zinn Alum inium Dollars für 1000 kg (1 metr. To ) in N ew Y ork J a n u a r ... 106,28 2 77,71 119 ,3 3 693,79

Fe b ru ar... 96,41 276,81 108,64 629 06 M ä r z ... 90,04 264,02 104,43 601,77 A p r i l ... 96,03 274,21 104,65 6 39 ,11

M a i ... 109,17 280,91 106,88 692,93 2) J u n i ... 98,88 279,92 97,47 628,62

J u l i ... 97,22 268,30 93,45 589,84 A u g u s t ... 96.61 256,48 92,28 565,74 Septem ber... 10 1,4 1 263,41 93,36 579,37 O k t o b e r ... 103,40 279,39 10 1,5 2 600,71 Zehnmonat?

Durchschnitt 19 21 . 100 272 102 622

% Schwankung 19 9 27 21

W as Europa verlor, gewannen die anderen Kontinente.

Deutschlands Theil sank von 22 auf knapp 8 Prozent der W eltsumme. So ists nicht nur im Bereich der Metallindustrie.

Auch eine Kriegsfolge, die nicht leicht wegzuharken sein wird. (Herr Rathenau, der im Aufsichtrath der Metallbank, wie in dem von vierzig der besten deutschen Aktiengesell*

schäften, saß, muß die Ziffern und deren Bedeutung kennen.)

*) Für 1920 noch keine Unterlage vorhanden.

2) Keine Unterlagen vorhanden.

(20)

132 Die Zukunft

A m B u h lt h r o n d e r L ü g e

Ehe wir weiter schreiten, muß das in Frankreichs Par»

lament Gesprochene fälschenden Schleiern entschält werden.

Zuerst folge, nach getreuer Uebertragung, die Programm ver«

kündung(D eclaration ministerielle) vom neunzehnten Januar.

„Frankreichs Finanzwirthschaft kann, m ögen wir selbst uns auch mit aller Kraft darum mühen, in sichere Ordnung nur kommen, wenn Deutschland, für dessen Rechnung wir schon Vorschüsse im Betrag vieler, vieler M illiarden hinge»

geben haben, die Pflichten erfüllt, die es auf sich genom»

men hat, und den von ihm verschuldeten Schaden ersetzt.

D ie empörendste Ungerechtigkeit wäre zu verzeichnen, wenn ein ohne entschuldigenden Grund überfallenes Land, dem der Angreifer zehn Departements verwüstet hat, nach dem Sieg den W iederaufbau aus den von vierjährigem Krieg auf seiner Erde gehäuften Trümmern bezahlen und von seinen Bürgern das G eld fordern müßte, das zu stetiger Auszah«

lung der gesetzlich bestimmten Pensionen und zu Ersatz nach«

gewiesenen Schadens an die Kriegsopfer, W itw en, W aisen, Invaliden, Krüppel und Familien der vom Feind erschösse*

nen Civilisten nöthig ist. Eine schamlose Propaganda, deren Urheber leicht zu errathen sind, arbeitet jetzt gegen Frank»

reich und trachtet, seine H altung und sein W ollen zu fäl«

sehen. Man stellt uns als von einer Art imperialistischen W ahnsinns Ergriffene dar und beschuldigt uns, insgeheim ver*

dächtige Pläne zu hegen. A ls habe der Krieg uns nicht allzu viele Opfer, allzu viel Trauer gebracht und als sei uns nicht theurer als allen Anderen noch der Friede geworden, dessen Festigung unser Ziel istl N ichts Anderes fordern wir als die A chtung der vom Parlament gebilligten Verträge, unter denen neben Deutschlands Unterschrift die Frankreichs und seiner sämmtlichen Bundesgenossen steht. W ir fordern nur d ie Bezahlung D essen, was man uns schuldet. W ie könnte Frankreich vom Bezirk dieser Lebensfrage zurück weichen?

Deutschland behauptet, unfähig zu Zahlung zu sein: und vergeudet dabei seineStaatsmittel, trägt leichtereLast als Frank«

reich, zieht die Steuern nicht pünktlich ein , gestattet sich willkürliche Ausgaben, läßt in Haufen Papiergeld drucken, das den W erth seines Zahlmittels hinabdrückt, aber seine

(21)

133

Ausfuhr begünstigt, und erlaubt seinen G roßindustriellen, ihre fremden D evisen in ausländischen Unternehmungen an«

zulegen. W ährend es so den Schein des Elends organisirt, geben seine Aktiengesellschaften Riesendividenden, sind seine Industriewerke vollbeschäftigt, wächst von Tag zu Tag seine Wirthschaftkraft; während der Staat verarmt, bereichert sich die N ation. D ie ganze N ation aber ist, mit Kapital und Ein«

kunft, Bürge der Staatsschuld; und im Nam en des deutschen Volkes wurde der Versailler Vertrag, der vom Entschädi«

gungausschuß aufgestellte Zahlungplan und die im Mai 21 von allen Verbündeten beschlossene Bedingliste (das Ion*

doner Ultim atum) angenommen. M it seinen Rechten ver*

theidigt Frankreich zugleich also internationale Verträge; sein Handeln ist redlich und weder vom G eist ränkesüchtigen Hasses noch von Einflüsterung der Selbstsucht bestimmt.

Sehnlich wünscht es, Europa und die W elt von dem sie quälenden Siechthum so schnell wie m öglich erlöst zu sehen.

A ls wesentlichen Vorbeding allgemeiner G enesung betrach«

tet aber die Regirung den W iederaufbau der verwüsteten Provinzen, zunächst in den beiden Ländern, die den ersten Ansturm Deutschlands zu erdulden hatten, in dieser Prüfung unzertrennlich waren und es, nach so schwerer Prüfung, für alle Zeit bleiben werden: in Belgien und Frankreich. Für diesen W iederaufbau fordert das A llen gemeine Bedürfniß, nicht nur die Stimme der Gerechtigkeit, den Vorrang: denn alles Unternehmen weiteren Um fanges müßte ertraglos bleiben, wenn Frankreich und Belgien verurtheilt wären, für die Dauer Trümmerstätten zu sein. D ie Entschädigungfrage ist also von allen die wichtigste; und sollte Deutschland in diesem Punkt der übernommenen Pflicht nicht genügen, so müßten wir über«

legen, welche Beschlüsse, nach Anhörung des Entschädigung«

ausschusses, zu fassen wären. A ls erster käme, außer den noth«

wendig scheinenden Pfändern und Bürgschaften, die Einrich«

tung einer Aufsichtinstanz in Betracht, die den Haushalt, den Geldnotendruck und die Ausfuhr des Reiches ernstlich über»

wacht. W ir wären sehr glücklich, wenn bald ein zu Friedens*

Sicherung nützlicher anglo’ französischer Vertrag unterzeichnet werden könnte. D a er beiden Ländern Vortheil bringen soll, zweifeln wir nicht, daß er beiden vollkom m ene Gleichbe«

Cytaty

Powiązane dokumenty

Ju st vor einem Jah r war er M inisterpräsident geworden, weil H err Poincare nicht in einem K abinet Peret (das wieder n u r, wie zuvor das des H errn Leygues,

heit tiösten, daß der Ruf eines redlichen M annes nicht durch den U nfug seiner Frau zu zerstören sei. Sie hat sich nicht geändeit, nicht im Allergeringsten. Ich

klärte Iffland sehr nachdrücklich: ,,In dem Handel mit Manuskripten muß die Handelsunbefangenheit mehr als irgendwo S tatt finden.“ E r fühlte sich verantwortlich

Gesetzt den Fall, die Abstimmung ni mmt einen ungestörten Verlauf, so ist doch noch lange nicht bestimmt anzunehm en, daß die Bevölkerung Oberschlesiens in ihrer

U nsere Regirung hatte die Revision des Vertrages von Sevres verlangt, den unsere Kam mern noch nicht ratifizirt haben u n d nicht leichthin ratifiziren w erden..

Die Erfahrungen, die man seit fast einem halben Jahrhun- dert mit unseren drei norddeutschen Republiken gemacht hat, füh- ren zu der beruhigenden Gewißheit, daß dem Deutschen Bund

Natürlich ziehen sich nun alle Familien von ihm zurück. Er will sdias Mädchen heirathen. Inzwischen arbeitet er mit unermüdli- chem Eifer. Aber er verdient nicht so viel, daß er mit

Einer von Beiden kann sreilich geirrt haben. Nicht aber hat ein zu srüh verstor- bener Gelehrter, der klugeSchnapper-Arndt, geirrt, als er schrieb: »Wenn man das