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Herausgehen
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Inhalt:
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5105 Uachdruck verboten.
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V Erscheint jedenSonnabend.
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Berlin.
Verlag der Zukunft
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T 1908.
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Berlin, den 23.Mai 1908.
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Revision.
WerdasFalschevertheidigen will, hatalle Ursache, leise auszutretenundsichzu einerfei- nenLebensart zu bekennen.Wer dasRecht aus seinerSeitefühlt, mußderbaustreten; einhös- liches Rechtwillgarnichts heißen.
Goethe.
WenndiesesHeft gelesenwird, hatderZweiteStrafsenat:des Reichsge- richtes(dessenSpruchnurdurchein untoward event verzögertwer- denkönnte)entschieden,ob dasStrafverfahrenwiderHarden,dasvordem berlinerLandgerichtdurchgeführte,dasdemBlick die Anomalie eineszweiten Verfahrens ErsterInstanzbot,alsgesetzwidrigunddeshalb nichtigeinzu- stellen,ob dasUrtheilvom drittenJanuar 1908,weilGrundsätzedesma- teriellen unddesprozessualenRechtesverletztwordensind,aufzuhebenund dieSachein dieVorinstanzzurückzuverweisenoderdemRevisiongesuchdes AngeklagtenderErfolgzuversagenist. Auchwenn derZweiteStrafsenat (einerEntscheidungderVereinigtenStrafsenate,nach §137GVG, bedarf esnicht,da ein genau dem meinengleicherFalldasReichsgerichtnochnicht beschäftigthat,miteinemAbweichenvonderEntscheidungeines anderen StrafsenatesoderderVereinigtenStrafsenate also nichtzurechnenist;von seiner eigenenEntscheidungdarf, nachLöwe,jederSenat abweichen),auch wenn diesiebenRichterinLeipzigmeineAnträgeverwürfen,wäre dieSache nichtaus. Vor Monaten mußteichshier sagen; seitdemeinundzwanzigsten April1908istserwieseinaragraph399derStrafprozeßordnungbestimmt
21
270 DieZukunft.
sub2:»DieWiederaufnahmeeinesdurchrechtskräftigesUrtheilgeschlossenen VerfahrenszuGunstendesVerurtheilten findet Statt,wenn durchBeeidi- gung eineszuseinenUngunstenabgelegtenZeugnissesoderabgegebenenGut- achtens der-ZeugeoderSachverständigesicheinervorsätzlichenoderfahrlässi- genVerletzungderEidespflichtschuldiggemachthat«oder(sub 5)»wenn neue ThatsachenoderVeweismittel beigebrachtsind, welcheallein oder inVerbindungmitdenfrühererhobenenBeweisendieFreisprechungdes Angeklagtenoder,inAnwendungeines milderenStrafgesetzes,einegerin- gereBestrafungzubegründengeeignetsind.«BeideBestimmungenkonkur- riren in meinerSacheheute schon:FürstPhilippzuEulenburgundHerte- feld ist,alsdoppeltenMeineides dringendverdächtig,inUniersuchunghaft gebrachtworden,dreiJnstanzenhaben,trotzdemereineBürgschaftvonfünf- hunderttausendMarkangebotenhatte, seinHaftentlassungsgesuchabgelehnt undergilt,wenn dieUntersuchungauchmitklugemFleißfortgesetztwird, längstlalsüberführt;und dasseitdemdrittenJanuar über dieSexualpsyche unddieSexualbethätigungderGrafenWillyHohenau undJohannesLynar, desFürstenEulenburgunddesGesandten RaymondLecomteFestgestellte bietet einenKomplexvonneuen TatsachenundBeweismitteln, die,in Ver- bindungmit denfrühererhobenenBeweisen,geeignetsind,dieFreisprechung oder,inAnwendungeines milderenStrafgesetzes(§185StGB),eine ge- ringereBestrafungdesAngeklagtenzubegründen.DieWiederaufnahmedes Verfahrenswärealsosicher,selbstwenn nur derMeineiddesFürstenEulen- burg vorlägeundwenn nicht nochandereBeweismittel angebotenwürden.
(DochwerdeichandereVerletzungenderEidespflichterweisenund andereer- heblicheBeweismittel anbieten.)Undda(nach §3238StPO) die Staats- anwaltschaftvondengegengerichtlicheEntscheidungenzulässigenRechts- mittelnauch zuGunstendesBeschuldigtenGebrauch machenkann (unddann, nachdemWortdes SenatspräsidentenLöwe,,,lediglichinErfüllungihreramt- lichenPflicht«handelt),so wird,daranzweifleichnicht,dieKöniglicheStaats- anwaltschaftamLandgerichtBerlinl selbstdieWiederaufnahmedesVerfah- rensbeantragenunddamitbeweisen, daß sie durchLugundTrugder Eulen- burgundGenossenzwargetäuscht,inihremRechtsempfindenabernichtbeirrt werdenkonnte.DerHerr Oberstaatsanwalt, GeheimerOber-Justizrathl)r.
Jsenbiel, hatinöffentlicherSitzung sichzu demGrundsatzbekannt,einan- ständigerMenschmüsseauchdasinErfüllungamtlicherPflichtdemNächsteu angethane Unrecht öffentlichabbitten. Dieses Postulat bedrohtdieAnruälte desStaates undeiedesRechtes(dieErinnerungandenominösenTitelunter-
Nev"sion.
tschieddürftenie"gewecktwerdcn)mitschwerzubefriedigendemAnspruch.Aberder HerrOberstaatsanwaltweißjetzt,daßer,daßeinpreußischerGerichtshofmirUn- rechtgethanhat:weißauch,alsMann vonEhre undNamen,waserzuthunhat.
DieSacheist also nichtaus.Dennoch mußdieErörterungschonheute hierfortgesetztwerden; muß: sogernichmichendlichwiederum anderenGe- genstandregte.Gerechtigkeit,rief Schiller, ,,heißtderkunftreicheBau des Welt- gewölbes,woAllesEines,EinesAlleshält,womit demEinenAllesstürzt undfällt.«FürdenJndividualanspruch auf sicheres,nichtumHaaresBreite zufchmålerndesRecht haben,alsfüreinnationales GutvonhöchstemWerth, sdiegroßenBölkermagisterihreStimme erhoben:vonAischylosundDemo- fthenesbisaufBurke undMacaulay, BuckleundMontesquieu.DerJude Stahl,der denpreußischenJunkerndasStaatslehrgebäudeerrichtethat, schrieb sdenSatz:»JnderunvcrbrüchlichenHandhabungderGerechtigkeitbestehtvor AllemdieMajestätundHeiligkeitdes Staates.« UndRudolfJhering,in sdessenBrustvom lutherischenFeuereinFünkchennachglühte,hatdenLands- leuten zugerufen: »Das Recht istkeinlogischerBegriff, sondernesistein -Kraftbegrisf.JedesRechtbehauptet sichnur dadurch,dasRechteines Volkes wie das einesEinzelnen, daßdieerforderlicheKraftzuseinerBehauptungzu Gebote steht.«JnmeinerSacheist, fürdenalleinwesentlichenTheilderHaupt- verhandlung,dieOefsentlichkeitausgeschlossen,dieBerichterstattungunmög- lichgemachtworden. KeinSachverständiger,keinRechtsgelehrtervonRuf konntefür micheintreten.Nurichkann dasGraufig-Skurrile erzählen,das
ivorundnachderWeihnachtdesJahres1907im KleinenSchwurgerichtssaal desmoabiterKriminalgerichtshausesgeschehenist. Jchwills bisansEnden-- zählen;weilich muß.ObichmeinerSachedamit nützeoderschade,isteiner- lei.Wasichzuthunvermag,sollgethanwerden, auf daß,zuHeilundEhre deutscherRechtspflege,so Ungeheuerlichessichniemals wiederhole.
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EinVerfahren,dasdieerstenMännerderTheorieundderPrarfs öffentlichrechtswidr«ig,gesetzwidriggenannt haben(undnennen müßten,auch wennes vomReichsgerichtgebilligtwürdexdennmindestens-überdie Grund-
sätze,daßdieEinheitdesdurchdiePrioatklage eröffnetenVerfahrensnicht willkürlichzerrissen,ein Iitegefundenesund verkündetesUrtheil nicht zulln- gunstendesFreigesprochenendurchheimlichen»Beschluß«um seineRechts- kraft gebracht,dieLitispendenznicht durchdieEröffnungeinesneuenVer- fahrensin derselbenStrafsache mißachtetwerdendarf,kann auchder-höchste Gerichtshof nicht hinweg).UngehörigeEinwirkungversuche.Jm Reichstag hatderKriegsminister(derdochnichtimErnstglaubenkann, durchden laut«
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272 DieZukunft.
betontenRegreßanspruchandenKommandeur desGardecorpsseinamtlichesk Lebenrettenzukönnen)wider denBrauchcivilisirterLänder über einschwe- bendesVerfahrengeurtheilt,dessenGegenstandernichteinmalkannte;hitzig.
fürdieHerrenHohenauLynar, Eulenburg,MoltkeParteiergriffen;eine objektivinjedemZug unrichtigeDarstellungderVorgängeundStimmungen gegeben(nebenbei,wasihm auchangekerbtwerdenmuß,mitdem»eisernen Besen«gedroht,vondessenKehrarbeitheute,nach sechsMonaten, nochnicht«
dasGeringstezumerkenist). JmLandtagwagtederJustizministerdie Be- hauptung,in demVerfahren gegenHardenseinach seinerUeberzeugungkein.
Fehler gemachtworden. HerrBeseler,denichleiderhier einst fürdieNach- folge Schönstedtsempfohlen hatteund dersich,als ers danngewordenwar, durchjedesHandelnundUnterlassen,nichtnur in meinerSache,als denun-
tüchtigsten,unhaltbarsten Justizminister Preußens seitdenTagendesBis-—
marckfeindesLeopoldzurLippe erwiesen hat. DieserJustizminifterhatim Mai1907dieStaatsanwaltschast angewiesen,denStrafantragdesGrafen- Moltkeabzulehnen,imOktober1907ihrdieUebernahme’derStrafverfolg- ungbefohlen; durcheinenErlaßkund undzuwissengethan,daß ihmdas erste(schöffengerichtliche)Verfahrennichtgefallenhabe; denRichter,dermich indiesemVerfahrenfreigesprochenhatte, solangeohnedenihmvondervor-- gesetztenVehördegebührendenRechtsschutzgegenbeispielloseöffentlicheVer- leumdung gelassen,bisdieserempfindsameMann derFortdauersonieder- trächtigerHetzedieVersetzungaufdenuninteresfantestenCivilrichterposten vorzog.DieserJustizministererzähltjetzt,das ganzeUnheilhabeder Ober- staatsanwalthenbielangerichtet,derdoch,inSachenMoltkeundinSachen Eulenburg, sichernichtdenwinzigstenSchrittgethanhat,ohnevorherbei dem Herrn Beselerund beidessenDezernentenanzufragen.Meint man wirklich,.
alles instillerAmtsstubeVerhandeltebleibestetsgeheim?Wollteder fürdie.
Rechtspflege,dashöchstePolitikumdesStaates, verantwortliche Herrden FährnisseneinerschwierigenSituation dadurchentschlüpfen,daßerden zu- ständigenOberstaatsanwaltin denEntscheidungftundenohneDirektiveließ,»
damitimFalldesMißlingenseinnichtganzso excellenterSündenbock in die Wüste geschicktwerdenkönne? DieFragemageinstweilenfüreinerhetori- schegelten.DochderpreußischeJustizminister hatgewünschtodergestattet,daß EulenburgsStrafanzeigegegen denJustizrathBernstein,überdie,beivöllig klaremThatbestand,sofort entschiedenwerdenmußte,liegenblieb,bis man, aussehrscltfamen»Ermittlungen«,dieGewißheiterlangtzuhabenwähnte»
daßeindaraufzugründendesStrafverfahrcnSeinerDurchlaucht nichtetwa
Revision. 27 3
kunbequemwerdenkönne. Jsts genug?Jch kann,zu meinemBedauern, LdenFürstenBülowalsinternationalen Politiker nichtpreisen;immerhinhat iersichimkaiserlichenVertrauen eineso starkeStellungerobert, daßernicht nöthighätte,sichüber den Sommer hinausin derGesellschaftderHerrenvon Einem undBeseler sehenzulassen. SolcheMänner dürftendieschwerste kKrisis,dieDeutschlandseitdemMärz1890durchmacht,nichtim Amt über-
·-leben;sie taugen, trotzderParlamentsgunst,dieihrenKünstennochlächeln mag,nichtindenZustandzeitgemäßenKonstitutionalismus,Umdenin Nord undSüd mitstiller, dochzumLetztenentschlossenerAnstrengungheutegerun- genwird.DerMinisterpräsidenthat, seit seineUeberlegenheitvomFinanz- minister (nachallzu langem Sträuben)anerkanntwordenist,sichtbareGefahr inPreußen nicht mehrzufürchten;auchdieUnsichtbare,diesichhinterdem ScheinderWillfährigkeitbirgt,sollteerabernichtunterschätzen;dasPflicht- bewußtseinnichtmitdemTrosteinlullen,daßerjederUnbehagensregnngjeden
Tagja,aucoour träger-,in dieVilla Malta entfliehenkann.WeiterimPro-
2zeßtext.DerKlägerunddessenangeschwärmter,vonHarden offenangeschul- digter Jugendfreund sind, nachdemsieöffentlichverurtheiltwaren,durchdie neugewählteVerfahrensartzuZeugenineigenerSachegeworden;vordieWahl
·—gestellt,obsie ihre ExistenzgefährdendeTriebe undThateneingestehenoder mit derannoch unverbrauchtenKraft ihrerEideabschwörenwollen.Den Be-
«klagten(demzugemuthetward,imLaufevonzweiMonaten zweimal diesen langwierigenProzeßdurchzumachen),seineRichterundZeugen,seinenVer- theidigerhabendievoneinem»Sachverständigen«(vondemnochzuredcnsein wird)injedemSinnangeführtenberlinerPreßpäderastenWochenlangdurch denKothgeschleift,indemderStörenfriedihnenseitsechzethahrenkeineRuhe
zuwohligemSchmausenundSchmatzenließ.Alleswarnun inBereitschaft.
AmTagdesschöfsengerichtlichenFreispruchesriefmitweithin vernehm- barerStimme einMitgliedderViertenStrafkammeramberlinerLandge- richtI:»Ich hättedemKerlanderthalb JahreGefängnißgegeben!«Jch:
Oder in dashohe Amt,dasheilige,einesRichtersZugelassene,dessenernsteste Pflicht ist,dieUeberzeugungvonSchuldoderUnschulddesAngeklagtennur sausdemInbegriffderVerhandlungzuschöpfen,nur vonihmbei derWahl vonStrafartundStrafmaß sichleiten zulassen. Jch,dieserdesRichteram- tesWiirdige,kenne zwar die Aktennicht,habeauchin dieVerhandlungnur
«hineingehorcht,aber Allesgelesen,wasdieehrenwerthen Macher Oeffent- IicherMeinunginBerlinüberdenAngeklagtengeschriebenhaben:undpfauche, sals Vertreter preußischerRechtshoheit,vom festenGrund solcherInforma-
ZU DieZukunft.
tionaus-deshalbumher: »IchhättedemKerlanderthalb JahreGefängniß- gegeben.«Später hatein anderesMitgliedderViertenStrafkammerin einerGesellschaftlautgesagt: »DerKerlmußverurtheiltwerden!«Dieses- ziemliche,würdigeWortsprachHerrLandgerichtsdirektorLehmann,derin meinerSachealsVorsitzenderdieVerhandlungzu leitenhatte.Einanderer Richter,ders miteigenemOhrvernahm,fandesalsStimmungsymptomso wichtig,daßersweitererzählteundhinzufügte,dasei fürdenAngeklagten nicht mehrviel zuhoffen.AuchüberStrafartundStrafmaß hattederHerr- VorsitzendeschonungefährebensoTröftlichesvonsichgegebenwieseinHerr Kollege;icherfuhrs, hatte dafüraber keineOhrenzeugenZweiVorurtheile;.
zweiunzweideutigeZeichenungehörigerBefangenheit.WenndenbeidenVor- eingenommenenauchnur gelang,den als Vertreter einesLandtagsabgeord- netenzurStrafkammerarbeitherangezogenenAssessorfür ihreMeinungzu gewinnen, hatten siebei derEntscheidungüber Art undMaßderStrafedie- erforderlicheabsoluteMehrheitderStimmen. JndemKlub,in dem einer meiner fünf RichtermitmürrischerMieneverkehrt, hießesdennauchlange-
vorderHauptverhandlung:»Diesmalfällt Hardenekligherein.«
DieNamen dieserfünfRichter:LandgerichtsdirektorLehmann,Land-—
gerichtsrätheFritzschen,Gohr",Simonson,AssessorLanges.Bei der Amts- arbeithatte ichvorhernurEinen derFünfgesehen:HerrnLehmann,damals- nochBeisitzer,imProzeßSternbergDaßder Mannmit denachtzehnMil- lionennichtvondemFundamentzureichenderBeweismittelaus,sondernvon
begreiflichemRessentiment,vondemWunsch,daswidrigeWirkenseinesGe- sammtwesens,desgeschäftlichenund despersönlichen,zuahnden,insZucht- hausgewiesenwurde:darübersindfastalleKIiminalistenheuteeinig.Sieben Jahreund einhalbes ists her;denktJhrnochdran? DerPolizeidirektorLeo- poldvonMeerscheidt-Hüllessem,derJahrelangDezernentfürdie wegen des- Verdachtes widernatürlicherUnzuchtzuverfolgendenSachengewesenwar, hatte,vielleichtwegenfinanzieller,vielleichtwegensexuellerVerfehlungen, auseigenemWillenseinLebengeendetundeinenBriefhinterlassen,in dem iichhabedasOriginalselbstgelesen)eshieß: »Siewissen,ichwarmit Leib- nndSeele KriminalistzaberimanständigenSinn. KeinervonDenen,dieihre Freudedaranfinden, Menschenhineinzulegen.Mirerschienesschöner,wo ichesmit dem Amt vereinenkonnte,zuhelfen. FürmeinenBerufalssolchen imgutenSinn habe ichgelebt;für ihnwillichsterben.Die Stimme desLe- bendenwirdnichtserreichen,die desToten wieDonnerschlageinschlagenund Alles,vomKaiser herab,wird zudemVorgetragenen,mit demsichdann die
Revision. 2."»5
OeffentlicheMeinungallerKreisebeschäftigenwird,Stellungnehmenund sodieRegirungzumVorgehenzwingen-«ZumVorgehengegen denPara- graphen175, denderPolizeidirektorausdemStrafgesetzbuchgestrichensehen wollte. GegendiesenParagraphenhatteereineBrochuregeschrieben,die erstnach seinemToderscheinensollte.Abernichterschienenist. Weil,wie das Polizeipräfidiumbehauptete,,,amtlichesMaterial-«dazuverwendetworden war. Nichtauchwegen derrücksichtlosenNennung adeliger,hochadeligerUr- ningnamen?HerrLandgerichtsrathSchmidt,derdieUntersuchunggegen den FürstenzuEulenburg führt,muß diesesManuskriptvom Polizeipräsidium einfordern;erwirdNamen,Daten, Vorgängedarinverzeichnetfinden,diesür denUntersuchungzweckvonhöchstemWerthsind.Meerscheidt-Hüllessemwollte überLeichenhinweganseinZiel,dieBeseitigungdesPäderaftenparagraphen, gelangen:vomAuslandherin derpostumenSchriftsovielesichtbareundan- geseheneMänneralswidernatürlichenGelüstensüberführtnennen, daßRe- girungundParlamentsichzurAenderungdesGesetzesentschließenmußten.
(Berlinhat diesenPolizeidirektorund zurselbenZeiteinenhomosexuellenPo- lizeipräsidentengehabt:Das magmanchesonderbareErscheinungendesreichs- hauptstädtischenLebenserklären-)EinKommissarderberlinerPolizeihatte demSternbergkliingelverbrecherischenDienstaufgedrängtundihmunter- gebeneBeamtezuErmittelungenimInteressederihn überreichlichbesolden- denParteibenutzt.Allesschienfeil: Kriminalbeamte,Sachverständige,Zeu- gen.JustizrathSello,derbereit war,für HerrnAugustSternberg,wiejetzt fürdieGrafenHohenauundMoltke, rechtnachderKunst (undderExtrataxe) zuschluchzen,wurde,als derBegünstigungSternbergs verdächtig,nichtbe- eidet,in soc-ovondem StaatsanwaltBraut parodistischverhöhntundverlor mitseinemedelsteinigenSoziuszweiDrittel-seinerPraxis.(Auchvondie- sem Herrn,indessenBrustderMuthimJanuar 1908wiedersolcheSpann-
«kraft übte,daßerdieBehauptung riskirte, fortan nehme ersmitjedemdeut- schen Vertheidiger auf,auchvon diesemTreuen mit derTarifthränen- drüsewird ausalter undneuer Zeit nochMancherleizuerzählensein. Denn Pardon,Jhr Tüchtigen,wirdnun nicht mehrgegeben.)AmletztenStern- bergtagtratdannHerszenbielaufdenPlanundsprach:»Manhatmir den Vorwurfgemacht,daßichdiesegroßeSacheeinemjungenStaatsanwaltüber- lassen habe.Nun: einen dererstenVertheidigerhatdieserjungeStaatsan- waltschonüber denHaufengerannt«(womitwiederumHerrErichSelloge- meintwar).Dasgeschah,imDezember1900,imGroßenSchwurgerichts- saaldes altenmoabiterHauses. Todfeindschafttrennte dieVertheidigung
As DieZukunft.
(die,vier Mann hoch,täglichdenBeisitzerLehmanndenschlimmstender schlimmenRichterschalt)und dieüppigzuhonorirendenHauptsachverständi-
genvonGerichtshofundStaatsanwaltschaft. JmKleinenSchwurgerichtssaal sah ichsimDezember1907,dieeinstvomHaßGeschiedenennun zuinnigem Bundegesellt.Der,,überdenHaufengerannte«,in einpeinlichesDiszipli- narverfahrenverwickelteVertheidigerhießaufderselben,jetztnichtmehrge- rümpftenLippeder,,vortrefflicheAnwalt desGrafenMoltke«.Unterdem freundlichenBlick des,,hochverehrtenHerrnVorsitzenden«erbebte dasLy- rikerherzdiesesAnwaltes inhehrerWonne.Geheimrath Eulenburgund Sa- nitätrathMoll,dieaufdemin meinerSacheberührtenSondergebietder SexualpathologienichtdieallergeringsteLeistungvonoriginalemWerth auf- zuweisenhaben,waren für Herrn Lehmann (de.rwährendihres Gutachtens überFrieda WoydaAktengelesenhatte)AutoritätenvonerstemRang.
Jch hattedasVerfahrendamals mitkritischenGlossenbegleitet;darf mirabernicht einbilden,daßHerrLehmannsie gelesenhat.Derliest wohl lieberdieVossischeZeitung;lassieauchimGerichtssaaluudtauschtemit ihremVertreterstets besondershöflichenGruß;mit dem VertretereinesZei-- tungunternehmens,das,,gewohnheitmäßigund ausEigennutzdurchfeine VermittelungderUnzuchtVorschubleistet«(§«180St GB),dessenKuppel- annoncenprozesseaberverschwiegenwerdenunddassichdurchdieschäbigste VerlügungundVerleumdungderSacheHardensum dasdeutscheVaterland höchstverdientgemachthatte.Mirwarnur,vonRichternundAnwälten,gesagt worden,dieserVorsitzendesei,wegenseinesEigensinnes, seinerDiabetiker- nervosität,seiner Sucht,AngeklagtenundVertheidigerninsWortzufal- len, so ziemlichderunangenehmste,derim berliner Gerichtsbereichzufin- den wäre.NachdenerstenTagenwußteich: DieserMann wäreauchbeim bestenWillenganzunfähig,eine über denAlltagsumfanghinausreichende Hauptverhandlungzu leiten. Soofterauchhastigin derStrafprozeßordnung blättert: diePflichtenundRechte,diesie ihmzuweist,kennternochimmer nicht.DieBerechtigungzudiesemUrtheilsollzunächstnur anzweiFällener- wiesenwerden. AmeinundzwanzigstenDezemberbat dieZeuginFrauvon Heyden,geboreneGräsinWartensleben,siezuentlassen,undbegründetediese Bittemit demHinweisaufdieKrankheitihres Ehemannes,diesienachHaus rufe. Herr Sello,derin der»Zukunft«soberedtfürforensischeHöflichkeit,insbe- sonderefürmildeBehandlungauchderunbequemstenZeugenplaidirthat,be- hauptete,FrauvonHeydenhabehalblauthinzugefügt:»Hierwirdmanjadoch nur beschimpft.«DerGerichtshofhattedieWortenichtgehört;demGerichtshof
Revision 27 7
hättensie,wenn siegesprochenwaren,auch nichtgegolten:dennnur dervor- trefflicheAnwaltdesGrafen Moltkehatte dessenSchwiegermutterbeschimpft,
sie sogar,ohnedeshalbvomVorsitzendeneinrügendesWort zuhören,eines ge- meinenVergehensverdächtigtHerrLandgerichtsdirektorLehmannglaubt, trotzdemWiderspruchdererregtenDame,demDenunziantenundverkiindet:
»Ich entlasseSie nur, wennSie vorherAbbitteleisten.WennSienichtaus- drücklichabbitten, müssenSiehierbleiben!« Dreimal wiederholterdiesela- tpidaren Sätze;als wolleerzeigen,daß seinSitzungpolizeirecht,nichtetwa raschverrauchenderZornihn sprechenließ.Dreimal: bisdieZeugin,umheim- .zukommen,sichentschließt,demGerichtshofabzubitten,wassie,imschlimm- sten Fall,demvortrefflichenAnwalt angethanhat.Die,,Ungebühr«eines ZeugenkannmiteinerOrdnungstrafebis zueinhundertMark oderbis zu drei TagenHaft geahndetwerden(§179 GVG).Einvernommener Zeugedarf sichnur mitGenehmigungdesVorsitzendenvonderGerichtsstelleentfernen :(§247StPO);dieseGenehmigungwird,magderZeugesichgebührlichoder ungebührlichbetragenhaben, nichtzuweigernsein,wenn derZeugeentbehr- lichist, erreichbarbleibt undseinEntlassungsgesuchauf starkenGrundstützt.
DasVerbot derHeimreisealsUngebührstrafeanzudrohen:Das blieb dem LandgerichtsdirektorLehmannvorbehalten.Er konntedieZeuginstrafenund danach entlassen,konnteihrdieStrafe ersparenund dieEntlassungablehnen.
JndemAugenblick,woervoneiner Abbitte(die unsereStrafprozeßordnung nicht kennt)angeblicherUngebührdieEntlassungderZeuginabhängigmachte, handelteerpflichtwidrigHaterdurchdieBedrohungmit einemStrafmittel, dasihmvonRechteswegennichtzustand,dieZeuginzu einemHandelnge- nöthigt,zu demsiesichohnesolchewiderrechtlicheBedrohungnichtentschlossen hätte·ZweiterFall.An demselbeneinundzwanzigstenDezembertagwurde Herr Geritz,dersvomKavalleriftenschnellbiszudenliebenbergerEhrenstellen desHaushosmeisters,Rendanten undAmtsvorstehersgebrachtundvonder·
Homosexualitätseines»verehrtenBrotherrn«natürlichniemals auchnur dasAllergeringstegehörtnochgargesehenhat,von derGerichtsftelleent- lassen.Einsachentlassen;Niemanddachte daran, daßdieserZeuge,denBern-
"«steinruhigseinenEidschwörenließ,nocheinmalvernommen werdenkönne.
DerGerichtsbeschluß,derihn entließ,fügtekeineinschränkendesWorthinzu.
SostehtsimSitzungprotokol;sowarsauch. Zwei Tage danachkamHerr Geritzwieder, alsZuhöreroder alsMandatarseines Herrn,in denSchwurge-
·richtssaalundmeldetesichzu einerBekundung.Für diereichtedervorderersten Vernehmung geleistetepromissorischeEidnicht mehraus:dennochwurdeder