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Thorner Presse 1890, Jg. VIII, Nro. 302 + Beilage

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Academic year: 2021

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Abonnementspreis

fü r T h o r n und Vorstädte frei in s H a us: vierteljährlich 2 M a rk , monatlich 67 Pfennig pränum erando;

fü r a u s w ä r t s frei per Post: bei allen Kaiser!. Postanstalten vierteljährl. 2 M ark.

Ausgabe

t äg l i c h 6'/« U hr abends m it Ausschluß der S onn- und Feiertage.

Redaktion und Expedition:

Katharinenstr. 204.

Fernsp rech -A n sch lu ff N r . 57.

Jnsertionspreis

fü r die Spaltzeile oder deren Raum 10 Pfennig. Inserate werden angenommen in der Expedition Thorn Katharinenstr. 204, Annoncen-Expedition „Jnvalidendank"

in B e rlin , Haasenstein u. Vogler in B e rlin und Königsberg, M . Dukes in Wien, sowie von allen anderen Annoncen-Expeditionen des I n - und Auslandes.

Annahme der Inserate fü r die nächstfolgende Nummer bis 1 U hr m ittags.

302. Donnerstag den 25. Dezember 1890. V I I I . Iahrg.

Zum Weihnachtsfeste.

„W eihnachten!" Es liegt ein eigener Zauber in dem W orte „W eihnachten", ein Zauber, dem sich weder ju n g noch a lt ganz verschließen kann. I s t es doch von dem Feste der Wintersonnenwende, von dem Feste des J u ls , im Laufe der Z e it zu einem wahren Familienfeste geworden, zu einem Feste der Liebe, des Friedens und der Freude. D ie Ereignisse des öffentlichen Lebens sind momentan in den H intergrund getreten, die P arlam ente find geschlossen, der feindliche Nachbar v e rlie rt an Interesse, wie auch alles, was außerhalb der F a m ilie steht;

ein jeder ist eben bestrebt, den Seinen durch Geschenke und Überraschungen Freude zu machen und m it den jungen wieder jung zu sein. — I n der F a m ilie liegt die Stärke des Staates und wo die Familienbande gelockert sind, da gerathen auch die stärksten Fundamente der S ta a te n ins Wanken. D a ist das liebe Weihnachtsfest so recht geeignet, durch seine Tendenz der Liebe und Versöhnung die etwa gelockerten Familienbande wieder fest zu knüpfen, und gerade in unserer ernsten Z e it, wo der Geist des Umsturzes, um sein Z ie l zu erreichen, Zw iespalt in die F am ilien zu säen bestrebt ist, wollen w ir doch das vor Augen und im Herzen haben, was aus der Menge der himmlischen Heerschaaren bei der G eburt unseres Heilandes den H irte n auf dem Felde verkündet w urde: „E h re sei G o tt in der Höhe und Friede auf E rd e n !" U m gegen das W ühlen der Umstürzler gewappnet zu sein, um Frieden „A u ß e n " zu haben, lasset uns vor allem einträchtlich in der F a m ilie leben, denn — „ 6 o n - aoräia, ä o m i, to rio x a x " d. h. herrscht E intracht im Hause in der F a m ilie , so ist auch außerhalb derselben Friede, und dann haben w ir ein wahres Weihnachtsfest gefeiert.

Aolitische Hagesschau.

D e r „ S t a a t s a n z e i g e r " veröffentlicht eine längere Be­

gründung der S te llu n g , welche die S taatsregierung gegen die B e s c h l ü s s e d e r L a n d g e m e i n d e - O r d n u n g s k o m - t u i s s i o n des Abgeordnetenhauses eingenommen hat. Es w ird ausgeführt, daß jene Beschlüsse zunächst eine zu weitgehende Beschränkung der landesherrlichen Rechte und eine zu w e it­

gehende E rw eiterung der Befugnisse der Selbstverw altungs- behörden enthalten, daß sie ferner aber auch in objektiver B e­

ziehung nicht geeignet seien, eine ausreichende Sicherheit d afür iu bieten, daß auf G ru n d derselben die im öffentlichen I n t e r ­ esse erforderliche Beseitigung der vorhandenen kommunalen Zwerg- und M iß bildungen erfolgen und den auf diesem Ge­

biete des ländlichen Gemeindewesens herumgetretenen dringend­

sten Bedürfnissen A bhilfe geschafft werden w ird.

W ie die „N a t.-Z tg ." h ört, haben die p r e u ß i s c h e n S t a a t s e i s e n b a h n e n im November einen A u s f a l l in den Einnahmen zu verzeichnen, der im Güterverkehr angeblich etwa 1.8 M ill. M a rk beträgt.

D ie „ H a m b . N a c h r ." , zu welchem B la tte Fürst Bismarck bekanntlich Beziehungen u n terhält, erklären es als Anstands- pflicht der Regierung, vor Vornahme wichtiger Reform en, die bei der W a h l nicht bekannt waren, das P a r l a m e n t a u f ­ z u l ö s e n und so eine unm ittelbare, wahrheitsgetreue M e in u n g des Landes über die Reformen zu erzielen. Bezüglich der handels­

politischen Verhandlungen m it Oesterreich fordern die „H am b.

Nachr." eine deutlichere M a rk iru n g der Absichten der R e g ie ru n g ; es würde zur Verm inderung der Volksthümlichkeit des B ü n d ­ nisses m it Oesterreich führen, wenn Deutschland einen T r ib u t fü r die A llia n z zahlen solle.

D e r Chefredakteur der „ K r e u z z e i t u n g " und Landtags­

abgeordnete v. Hammerstein hat an den „ R e i c h s a n z e i g e r "

eine Berichtigung gesandt, welche sich gegen die vom M in iste r des In n e r n in der Landgcmeinde-Ocdnungskommission des Ab­

geordnetenhauses abgegebene, vom „Reichsanzeiger" abgedruckte, E rklärung richtet. D er „Reichsanzeiger" hat die Ausnahme der Berichtigung trotz der seitens des H errn v. Hammerstein erfolgten B eru fu n g auf das Preßgesetz abgelehnt. H e rr v. Hammerstein w ill n un den „Reichsanzeiger" verklagen.

Betreffs der V e r s t a a t l i c h u n g d e s K o c h ' s c h e n H e i l ­ m i t t e l s w ird dem „H a in b . K o rr." m itgetheilt, daß Koch fü r sich eine Entschädigung von 1 M illio n M a rk, fü r seine Assistenten eine solche von einer halben M illio n M a rk e rh ä lt; außerdem w ird ihm ein erheblicher A n th e il von dem auf jährlich 4 M ill.

M a rk berechneten Ueberschuß aus dem V ertrieb des M itte ls zu- theil.

Z u r Frage der B e s e t z u n g d e s P o s e n e r B i s c h o f ­ s t u h l s w ird der „K ö ln . Z tg ." bestätigt, daß, wie polnische B lä tte r melden, an D ivisionspsarrer D r. v. M i e c z k o w S k i i n D a n z i g die Anfrage ergangen ist, ob er das A m t annehmen wolle, w orauf er sich dem Papste zur Verfügung gestellt hätte.

Bemerkenswerth ist die Auffassung der polnischen Presse, daß die Verzögerung der Angelegenheit da rin ihren G ru n d hätte, daß man in R om m it einem nahen Wechsel im preußischen K u ltu sm in isten u m rechne und diese Dinge lieber m it einem neuen K ultu sm in ister regeln möchte.

Nachdem sich die „Franks. Z tg ." und die „Voss. Ztg. lange herumgestritten haben, ob ein neuernannter O b e r l a n d e s- g e r i c h t s r a t h aktiver oder getaufter Jude sei, b rin g t die „F rs . Z tg ." endlich das erlösende W o rt, indem sie m itth e ilt, daß Ober­

landesgerichtsrath S itte n ganz bestimmt der erste preußische Ober- landesgerichtsrath jüdischer R e lig io n ist.

Z u r F r a g e d e r F l e i s c h o e r t h e u e r u n g sind Klagen bemerkenswerth, welche in der letzten S itzung des la n d w irth - schaftlichen Vereins i» Gleiwitz von den verschiedensten Besitzern übereinstimmend la u t wurden. Dieselben gipfelten dem „Oberschles.

Anzeiger" zufolge d a rin , daß sich seit Wochen k e i n Fleischer auf den G ü te rn habe sehen lassen, obwohl do rt Schlachtvieh genug zum Verkauf stehe. Danach muß man annehmen — so w ird im „Reichsanzeiger" zu vorstehender Notiz bemerkt — , daß sie doch schon vo r der Oeffnung der russischen Grenze nicht mehr unter dem allgemein beklagten M angel an Schweinen gelitten haben.

Es bestätigt sich nach der „K ö ln . Z tg ." , daß die von der o ft a f r i k a n i s c h e n G e s e l l s c h a f t ausgegebene A n l e i h e von fünfeinhalb M ill. vo lla u f unterzeichnet ist und zwar um das Doppelte, so daß etwa jeder Unterzeichner die H ä lfte seines A n ­ theils erhallen w ird.

I n einigen Zeitungen w ird verbreitet, E m i n P a s c h a s Abberufung sei erfolgt, w eil man befürchtete, er könnte nach seinem früheren Gebiete, der A equatorialprovinz, marschiren wollen.

D as klingt sehr aberteuerlich.

Nach der „N euen freien Presse" stehen die d e u t s c h ­ ö s t e r r e i c h i s c h e n Z o l l v e r h a n d l u n g e n sehr günstig.

Oesterreichs Wünsche beziehen sich auf die agrarischen Produkte.

D ie deutsche Regierung verlange eine Herabsetzung der T e x til- und Eisenzölle; besonders die Schafwollzölle dürften den Gegen­

stand von Verhandlungen gebildet haben, aber auch Oesterreich habe Wünsche hinsichtlich einzelner Jndustriezölle, namentlich auf P a p ie r und G la s. Desgleichen dürfte die Frage der Eisen­

bahntarife in die Verhandlungen einbezogen werden. Vielleicht w ird dann manche Remedur fü r die erfolgten Zollverschiebungen gefunden werden. D ie Eisenbahnfrage soll nach N eujahr be­

handelt werden.

I n W i e n verlautet, die Regierung beabsichtige die A u f­

lösung des W iener Gemeinderaths, w e il infolge der W ahlent- haltung der Antisem iten im Gemeinderathe die W a h l der beiden B ürgerm eister-S tellvertreter unmöglich ist.

D e r P ariser „G a u lo iS " weiß zu berichten, der d e u t s c h e K a i s e r hege die Absicht, demnächst, allerdings incognito, über P a ris nach Cannes zum Großherzog von Mecklenburg und nach mehrtägigem Aufenthalte in Cannes nach S ä n Remo zu reisen.

Diese Reise bilde augenblicklich Gegenstand vertraulicher U nter- handlungen zwischen B e rlin und P a ris . — I n B e rlin ist von alledem nichts bekannt, der „ G a u lo is " aber ist durch seine F lu n ­ kereien berüchtigt.

Während der gestrigen S itzung des P a r i s e r M u n i - z i p a l r a t h s kam es in den Wandelgängen des Rathhauses zu einer lärmenden Szene. D e r Vizepräsident des M u n izip a lra th S , B rouffe, hatte in dem J o u rn a l „P ro le ta ire " erklärt, daß D u m a y, der A rbeiter-V ertreter des zwanzigsten Arrondissements B elleville, fähig sei, ihn zu ermorden. Deshalb kam gestern D um ay in das Rathhaus und g riff Brousse thätlich an. D u m a y schickte schließlich B rouffe seine Zeugen.

Deroulede u n te rn im m t die Wiederherstellung der B o u l a n - g i s t e n p a r t e i . E lf boulangistische Abgeordnete bilden m it ihm als Vorsitzendem den leitenden Ausschuß. D as P ro g ra m m soll christlich-sozial und republikanisch werden.

D ie r u s s i s c h e B o t s c h a f t i n L o n d o n hat, nach einer M eldung der „Franks. Z tg ." , Lord M eath und S i r Josef Pease, welche die von dem G u ild h a ll M eeting inbetreff der B e­

drückung der Juden gefaßten Resolutionen dem Z aren überbrin­

gen sollten, m itgetheilt, daß es fü r sie unnütz wäre, nach Petersburg zu reisen.

I n I r l a n d haben sich am M o n ta g der P arnellism uS und A n tip a rn e llism u s, zwei auf T o d und Leben kämpfende P arteien, zum erstenmale gemessen und zwar in der Grafschaft Kilkenny.

Ueber das R esultat liegen bis zu diesem Augenblicke Nachrichten

Am Iuße des Aconquija.

Roman von G. R e u t e r .

(Nachdruck verboten.) (24. Fortsetzung.)

Selbst, als die Katastrophe hereinbrach, deren Anzeichen er iu ig n o rire n und zu verheimlichen suchte, bis die G läubiger sich entrüstet zu einem H auptsturm einigten, wollte er seine kleine F ra u schonen. S ie befand sich nach der G eburt ihres Töchterchens

"och in angegriffenem Zustande und hörte von den Berathungen, öen heftigen Szenen, die zwischen ihrem M anne und den G röß­

t e m stattfanden, fast nichts, bis man ih r sagte, Ottenhausen habe eine kurze Reise antreten müssen. Und die Thatsache, seine Flucht nach Amerika, erfuhr sie auf die grausamste Weise - - ju fä llig — durch die Dienstboten.

M a n hatte sie wie todt auf dem Fußboden liegen gefunden.

Es w a r ein W under, daß sie nach so rasendem Fieber, solchen Schmerzensqualen wieder genas, sagten die Großeltern, der A rzt, wiederholten ih r alle Leute so oft, daß ih r schließlich ih r Dasein

" " f der W e lt als ein völlig unberechtigtes vorkam.

I n einem dumpfen unnatürlichen Zustande lebte sie wieder bei den Großeltern.

S o zärtlich, so aufmerksam w ar der Großpapa nie gewesen.

E r h alf die fürchterlichen Schulden ordnen. S ie glaubte

" " 4 , er habe ein ganzes T h e il bezahlt. Aber sie konnte ihm k>cht verzeihen, daß er Hans Heinrich habe fortgehen lassen.

. Und sie sollte den Namen ihres M annes nicht mehr vo r

*h"i nennen.

. „ A ls er das verlangte, hatte ich ih n nicht mehr lie b ,"

l?8te sie einfach. „ Ic h nahm mein K in d und ging von ihm fort.

. hat m ir noch Geld geschickt und ich mußte es annehmen, w ell Munterchen sonst verhungert wäre. Aber gesehen haben

uns nicht wieder."

D ie . junge F ra u stützte, bei diesem P u n k t ih re r Erzählung

""gekommen, den K opf in die Hand und verfiel in sckweig- lumes S in n e n . Weder R över noch seine Schwester wagten sie

»" stören.

Jetzt, vor dem Z ie l, das sie aus der vierjährigen, dumpfen sehnsüchtigen Wittwenschaft erlösen sollte, vibrirend vor E r­

w artung, vo r Lebens- und Liebesfreude, die ih r, kaum gekostet, so jäh entrissen w a r, schaute sie noch einm al auf den harten, weiten Weg, den sie gegangen, zurück, erstaunt, bestürzt, daß er doch m it all seinen Entbehrungen und Fährnissen über­

wunden war.

S ie hatte es erreicht. S ie hatte arbeiten und entsagen gelernt, wie die geringste B ü rg e rsfra u . Denn Hans Heinrichs sehnsuchtsvolle B riefe endeten im m er und im m er wieder: „ M i r geht es gut, fü r Dich ist das Leben hier unmöglich."

Es sollte ih r nichts mehr unmöglich sein.

S ie wurde von der peinigenden Angst gefoltert, daß seine Liebe erkalten könne durch die lange Trennung.

E r schrieb seltener.

S ie wollte zu ihm. Und sie bereitete sich m it einer Energie dazu vor, die niemand ih re r zarten K onstitution, ihrem sorglosen, hilfsbedürftigen Wesen zugetraut hätte.

Es w ar nicht so schwer, wie sie gedacht, und füllte die öde Z e it m it einem Zweck, m it den Kämpfen um ein vorgestecktes Z ie l aus.

Anfangs hielt sie sich noch eine A u fw ä rte rin , dann lernte sie fü r ihre und des Kindes Bedürfnisse allein sorgen. S ie sah in dem Landstädtchen, das sie zum A u fe n th a lt gewählt hatte, so viele F rauen das Gleiche thun. Und alle kamen ih r m it R ath und T h a t entgegen. E inige spotteten freilich dann hinter ihrem Rücken über sie und verleumdeten sie auch. Aber das erfuhr S y lv ia glücklicherweise nicht. Es belustigte sie außerordentlich, daß man ih r nichts zutraute, sie behandelte, wie eine kostbare Gewächshausblume.

Freilich trieb sie ihre praktischen Uebungen in ihrer A rt, die sprunghaft und wechselnd blieb. S ie konnte selbst auf den Knieen liegend die D ielen ihrer S tube scheuern, um fü n f Groschen zu ersparen. E in anderm al fie l es ih r ein, daß sie auf einem ungesattelten Pferde reiten lernen müsse und dieser Unterricht verschlang die ganze Unterstützungssumme ihres G roß­

vaters. S ie mußte fü r Geld nähen und sticken, um M ilch fü r das K in d kaufen zu können. S ie selbst aß wie ein Vögelchen.

D a s kam ih r manchesmal zu statten.

S ie lernte auch spanisch, soweit sie m it H ilfe einer G ram m atik in die Geheimnisse einer fremden Sprache einzudringen vermochte.

S ta tt der Märchen und Lieder, m it denen andere M ü tte r ihre K inder in den S chlaf wiegen, sang sie Munterchen in tausend V a ria tio n e n im m er n u r das eine Lied ih re r Sehnsucht: „W e n n w ir nach A rgentinien kommen . . ."

Und das K ind kutschirte auf jeder Fußbank nach „A rtin s e n "

und träum te von „A rtin s e n " und erwartete dort nicht n u r einen P apa, sondern ein ganzes im aginäres Zauberreich m it kleinen B rü d e rn und Schwestern, m it Pferdchen und Puppen und B onbons, m it allem, was seinem lebendig wünschenden Herzen versagt werden mußte.

Aber wie lange hätte S y lv ia rechnen und darben müssen, um das Geld zur Ueberfahrt zu sparen.

D a schickte eine Verwandte ganz unerw artet ein paar hundert T h a le r.

N u n h ie lt sie nichts länger.

D as K in d w ar aus dem zartesten A lte r heraus, ein ge­

sundes kräftiges Geschöpfchen. Und die Vorbereitungen waren längst getroffen.

W ie viele Winterabende hatte die einsame F ra u sich dam it vertrieben, in A tla n te n , Kursbüchern und Agenturprospekten zu stöbern. S ie wußte jede S ta tio n der Reise. S ie kannte die La P la ta -S ta a te n wie ih r schräges Stübchen, Buenos Ayres m it seinem Hasen, seinen Palästen und Q u in te n . D ie Schiff- fahrt den S tro m hin a uf zwischen den graugelben Lehmwänden der BarankaS bis Rosario. D ie Eisenbahngeleise durch die end­

lose Pam pas m it ihren weidenumbuschten Wasserlöchern, m it ihrem wogenden Gräsermeer und den blaublühenden Distelköpfen zur F rühlingszeit, ihren wehenden silbernen Samenstäubchen im Herbst. D ie einsamen schmutzigen Fondar, wo Lokomotive und Passagiere Nachtquartier zu halten pflegten.

Cordoba, die Jesuitenuniverfität, dann die Salzwüste, die

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noch nicht vor. D er W ahlfeldzug endete am Sonnabend m it einer lange» Rede P arnells. E r sagte, wenn er besiegt werden sollte, so würde er nicht verzagen, sondern den K am pf fü r eine unabhängige irische P a rte i fortsetze», bis alle irischen Wahlbezirke an der Urne die Frage beantwortet hätten, wer F ührer sein solle, er oder M cC arthy. Letzteren nannte er einen liebens­

würdigen alten H e rrn fü r eine gemüthliche Theegesellschaft, der aber keine Unze S ta h l in feinem langen Körper oder seiner Seele habe. Schließlich erklärte er, n u r eine wirkliche gesetz­

gebende Körperschaft, die frei sei von jedweder englischen Kon- trole, werde I r la n d befriedigen. — D ie antiparnellitischen Abge­

ordneten fü r N o rd -S lig o und B ir r in der Grafschaft K ing haben ihre M andate niedergelegt.

D ie „K ö ln . Z tg ." erfährt, die Ausweisung der K ö n i g i n N a t a l i e aus S erbien werde im m er wahrscheinlicher, w eil sich dieselbe entschieden weigere, auch n u r zeitweilig das Land nach Maßgabe des ih r seitens des Königs M ila n früher angebotenen Abkommens zu verlassen.

W ie a u s B u e n o S A y r e S gemeldet w ird , bestätigt sich das Gerücht von der Entdeckung eines Complots zum S turze der gegenwärtigen Regierung, doch ist das C om plot nicht von solcher Bedeutung, wie man anfangs glaubte. Es herrscht vollständige Ruhe.

Deutsches Weich.

B e rlin , 23. Dezember 1890.

— Ueber das Befinden Ih r e r M ajestät der Kaiserin ist heute nachstehendes B u lle tin ausgegeben w orden: „ I n dem günstigen Befinden I h r e r Majestät der K aiserin und K ö n ig in und des neugeborenen P rinzen ist keine Aenderung eingetreten.

D r. OlShausen. D r. Zunker."

— W ie aus München berichtet w ird , werden zu den Kaiser­

manövern im Herbst 1891 — 35 0 00 M a n n zusammengezogen.

D ie General- und Spezialideen sind dem Kaiser m itzutheilen, welcher auch die Schiedsrichter ernennt.

— Eine Abordnung der S ta d t S tra ß b u rg i. E. überreichte am S o n ntag dem Fürsten Bismarck die dort bei dem Ausschei­

den des Fürsten aus dem Amte beschlossene Adresse m it den ge- sammten mehr als 5000 Unterschriften dieser S ta d t in Friedrichs- ruh. D ie D e p utation besteht aus dem Rechtsanwalt F rh rn . von Schottenstein, Professor Z iegler, M a le r Herbst und Zeichner W eymann.

— G ra f M ünster, der deutsche Botschafter in P a ris , begeht heute seinen 70. Geburtstag.

— Jnbezug auf den in letzter Z e it vielfach besprochenen E rla ß des Fideikommiß-Stempels werden w ir von befreundeter S eite darauf aufmerksam gemacht, daß Erlasse von S teuern, Domänen- und anderen Gefällen, sowie von Pachtgeldern zu den Vorrechten des preußischen Staats-Oberhauptes gehören und sich auf 9 der Gesetzeskraft habenden In s tru k tio n fü r die königliche Ober-Rechnungskammer vom 18. Dezember 18 2 4 stützen. D e r erste Absatz dieses Paragraphen lautet w ö rtlich : „E in n a h m e -E r­

lasse. Erlasse von S teuern, Domänen- und anderen Gefällen, sowie von Pachtgeldern im Wege der Gnade dürfen n u r auf unsere besondere Genehmigung stattfinden."

— Die Etats der Universitäten weichen jetzt mehrfach unter einander ab; um sie einheitlicher zu gestalten, ist im K u ltus­

ministerium ein Normaletat aufgestellt worden, der den nächsten Etats der Universitäten zu Grunde gelegt werden soll.

— Der M inister fü r Landwirthschaft hat die Einfuhr von lebenden Rindern aus Ita lie n nach allen denjenigen Städten welche die Erlaubniß zum Bezüge von italienischen Schweinen erhalten haben, unter den fü r diese festgesetzten Bedingungen widerruflich gestattet.

— I n der Kampagne 1 8 9 0 /9 1 wurden nach einer v o r­

läufigen Uebersicht in 406 deutschen Rübenzucker-Fabriken 65 383 880 Doppelzentner Rüben, davon 29 7 24 965 Doppel- zentner selbstgebaute verarbeitet. D ie daraus gewonnene F ü ll­

masse betrug 9 746 902 Doppelzentner. D as muthmaßlich in der Kampagne noch zu verarbeitende Rübenquantum ist auf 39 269 372 Doppelzentner geschätzt. I n der Kampagne 1 8 8 9 /9 0 wurden in 401 Fabriken 98 226 352 Doppelzentner Rüben ver­

arbeitet.

— Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht die königl. Bestäti­

gung der W ahl des bisherigen meiningischen Landraths D r.

Baumbach in Sonneberg als ersten Bürgermeister der S tadt Danzig fü r die gesetzliche Amtsdauer von 12 Jahren.

weiße schimmernde, m it den todten Seen, um die das Salz lockere Schneekrusten bildet. Endlich Weizen-, M ais- und Zucker­

rohrfelder, Fabriken und Estancias, Feigen-, Pfirsich- und Orangenwälder - - der Garten Argentinias: Tucaman.

Verstaubte Werke aus entlegenen Regalen öffentlicher Bibliotheken, hier wurden ihre, durch seltenen Gebrauch vergilbten Seiten von warmen Fingern umgewendet.

Hier verschlangen thränenflimmernde, braune, liebliche Augen ihren In h a lt m it zitternder Begier, als sei er Amors pfeilbe- schwingte Botschaft, und eine liebeskranke Frauenphantasie schuf sich au- den trockenen oft so dürftigen Angaben darin eine reich­

bewegte, lebensvolle W elt, die sich um einen M ittelpunkt, wie um ihre Achse drehte.

Um einen einzigen M ann, der hinausgezogen war unter die M illionen, das Glück zu suchen. Was kümmerten die M illionen S y lv ia ? F ü r Einen war Amerika entdeckt, fü r Einen brausten die Dampfschiffe durch den atlantischen Ocean, fü r Einen waren die In d ia n e r vertilgt, die Urwälder gerodet . . . F ü r S y lv ia waren diese M änner der Wissenschaft hinüber ge­

gangen und hatten fü r sie diese Bücher geschrieben. S ie war ihnen auch dankbar dafür. S y lv ia besaß nicht einen Funken Allgemeinsinn. Die W elt bewegte sich um ih r kleines Einzel­

schicksal. Dessen Jammer überfiel sie dann wieder m it solcher Macht, daß sie aufsprang, im Zimmer umherlief, das Fenster aufriß und in die Nacht hinausstarrte, als müsse ihre brennende Sehnsucht ih r das Auge schärfen, bis es Dunkelheit und Ferne und endlosen Raum durchdrängen könne . . .

S o endeten ihre Tage, wie oft, wie oft.

W ieviel Thränen eine Frau weinen kann, ohne zu er­

blinden. Welche Schmerzen das Htrz ertragen kann und muß doch immer weiter schlagen.

Und nun waren ihre Leiden am Ende.

Die Reise war leicht gewesen. Ein jeder hatte ih r geholfen, niemand ih r wehe gethan.

— D e r königliche Kronenorden vierter Klaffe ist, wie der

„Reichsanz." meldet, dem belgischen Staatsangehörigen und S ta a ts ra th des Kongostnates, H e rrn Jonrnalisten V ik to r G n u tie r in B e rlin verliehen worden.

— D e r Vizckonsul Steifensand, bisher beim Konsulat in S ansibar, der sich schon seit mehreren M onaten m it U rla u b in Deutschland befindet, ist dem Vernehmen nach m it der Leitung des Konsulats zu Fium e betraut. Steifensand hat sich fast drei volle Jahre in den T ropen aufgehalten und hat so einen Z e it­

raum dort verlebt, welchen man stets zur Rückkehr in ein ge­

mäßigtes K lim a fü r genügend h ä lt; derselbe hat auch vom E in ­ flüsse des Tropenklim as zu leiden gehabt.

— Anläßlich der bevorstehenden Inkraftsetzung des A lte rs- und Jnvalidiiätsgesetzes hat der Staatssekretär des Neichspost- amts eine V erfügung über Aenderung in dem D ienstverhältniß und den Dienstbezeichnungen von Beamten, Unterbeamtcn und Arbeitern der Reichspost- und Telegraphen-Verw altung erlassen.

Außerdem ist eine Verfügung desselben Staatssekretärs über die M itw irk u n g der Postkrankenkassen bei der Jnvaliditätsversicherung und eine weitere ergangen, wonach fü r die nicht im Beamten­

verhältniß stehenden Angehörigen der Postoerw altung betreffs ih re r J n v a liü itä ts - und Altersversicherung Bestimmungen ge­

troffen werden. ____

Ausland.

London, 23. Dezbr. B e i der P arlam entsw ahl in Kilkenny ist der antiparnellitische Kandidat Hennessy m it großer M a jo ritä t gewählt.

Athen, 23. Dezember. D ie Kronprinzessin von Griechen­

land ist hier eingetroffen. S ie wurde vom K önig, dem P rinzen N ikolaus und der Erbprinzessin M a rie am B ahnhof empfangen, während die K ö n ig in im kronprinzlichen P a la is zur Begrüßung anwesend war.

S o fia, 23. Dezember. D ie internationale Eisenbahn- Kommission nahm die Anwendung des K o n ve n tio n a lta rifs auf den bulgarischen Bahnen und den E n tw u rf der Waarenklassi- fizirung an. D ie S obranje nahm den M ilitä rp e n s io n s -E n tw u rf m it der V o tiru n g eines S tam m kapitals von 7500 Franks und einem sünfprozentigen Abzug von der Gage der Offiziere an.

Per«, 22. Dezember. D as Panzerschiff „F riedrich K a r l"

ist beim Verlassen der B a i K a lo n i auf der In s e l M y tile n e auf G rund gerathen. M a n hofft das S chiff binnen kurzem flo tt zu bringen. D er S u lta n hat Befehl gegeben, dem Schiffe allen möglichen Beistand zu leisten. W eitere Einzelheiten fehlen.

Bombay, 23. Dezember. D e r G roßfürst-T hronfolger von Rußland ist heute M itta g hier eingetroffen und am Landungs­

plätze aufs glänzendste empfangen worden. D er G roßfürst begab sich sofort zu Wagen nach dem Regierungsgebäude, wo ebenfalls Empfang stattfand.____________ ______________________________

Urovinziatnachrichten.

C ulin,

2 2 Dezember. (E in E hepaar m it einem Auge). Z w e i Insassen des hiesigen Armenhauses traten heute in den Ehestand. D e r B rä u tig a m , der 56 J a h re zählt, ist blind, die B r a u t, die ein A lte r von 67 J a h re n hat, besitzt n u r a u f einem A uge die S ehkraft.

* Schwetz,

23 . Dezember. (P r ä m iiru n g von Gesinde). B e i der fü r 1890 erfolgten P rä m iir u n g desjenigen Gesindes, welches länger als 5 J a h re einer Dienstherrschaft treu gedient hat, sind 8 Knechte und 32 M ä g d e des hiesigen Kreises m it P rä m ie n von je 2 0 M k . bedacht worden.

Strasburg,

21. Dezember. (Bevölkerung. Diebstahl). D ie E in ­ wohnerzahl unserer S ta d t beträgt nach der diesjährigen Volkszählung m it Einschluß des M il it ä r s 61 38. H iervo n sind 3211 männliche und 29 2 7 weibliche Personen. I m J a h re 1885 hatte die S ta d t ohne M i l i t ä r 5 4 6 2 E in w o h n e r. D ie Civilbevölkerung hat demnach in den fü n f J a h re n n u r um 100 Personen zugenommen. — E in e m frechen Diebe ist vo r­

gestern ein Reisender, welcher den nack Ja b lo n o w o abgehenden Abendzug benutzen w ollte, zum O p fe r gefallen. E in fremder M a n n zog ihm die Börse m it 8 0 M k . I n h a l t aus der Tasche und suchte dann eiligst das W eite. Trotz sofortiger B e rfo lg u n g gelang es dem Diebe u n ter dem Schutze der Dunkelheit im K arbow oer W ald e zu entkommen. (Ges.)

Dirschau,

22. Dezember. (D ie P o rta le der neuen Eisenbahnbrücke) werden voraussichtlich Meisterwerke der Baukunst werden. Professor Jakobsthal aus B e r lin weilte kürzlich in Dirschau, um S tu d ie n fü r seinen E n tw u r f der P o rta le zu machen.

):( Krojanke,

23. Dezember. (Nachfolgende Entscheidung der könig­

lichen R eg ierung ) in einem Kompetenzstreite zwischen den beiden K o rp o ­ ratio nen der hiesigen jüdischen Gemeinde dürfte von Interesse sein.

Dem jüdischen K a n to r H e im a n n , welcher vor 3 J a h re n angestellt wurde, sollte nach dem Beschlusse des jüdischen Gemeindevorstandes sein A m t am 1. J a n u a r gekündigt werden, wogegen die Repräsentanten die K ü n d i­

gung fü r 1. A p r il n. I . beschlossen. D e r Borstand legte hierauf aber w enig Gewicht und beharrte bei seinem ersten Beschluß. In f o lg e dessen erhoben die Repräsentanten bei der königlichen R eg ierung Beschwerde, welche zu ihren Gunsten entschied, m it dem Bemerken, daß ih r Beschluß auch fü r den Vorstand jederzeit bindend sei.

Rover stand am Fenster und sah auf den H of hinaus.

„W e n n mein Bote Ottenhausen noch in der S ta d t ge­

funden hat, kann er bald hier sein," sagte er.

Eine athemlose Beklomn ^,heit lag über allen. D as Kind sprang unruhig im Z im m er «i.cher.

F ra u von Ottenhausen zitterte wie ein Laub im W inde.

R over begann zu wünschen, das Wiedersehen möge vorüber sein und die vereinten Gatten auf dem Wege nach dem Heim, das Ottenhausen sich durch ein kraftvolles unermüdliches Ringen m it einem w idrigen Geschick erworben hatte.

E r mußte wahrlich ein M a n n , ein Held sein, der sich aus dem verwöhnten H ofm ann, dem zartbesaiteten Künstler in das rauhe geisttödtende Hinrerwäldlerleben zu finden wußte. E r verdiente die heiße treue Liebe, die ihm bis in la s einsame Andenthal folgte.

I n die bange S tille der E rw a rtu n g hinein tönte fern und schwach ein Hufschlag.

R över g riff nach seinem Hute und stürmte hinaus. I m nächsten Augenblick w ar er wieder zurück, w arf seinen H u t in die L u ft und schrie:

„ E r kom m t!"

Ottenhausen sprengte in den Hof. D ie schwankenden Knie trugen S y lv ia nicht mehr zum Fenster. E in Schleier legte sich vor ihre Augen. Eine Todesangst w ar in ihrem Herzen. S ie g riff an den Tischrand, sich zu halten.

D a öffnete sich die T h ü r — und ein Schrei ertönte von den Lippen der F ra u , den keiner der Anwesenden je vergaß . . .

Ottenhausen sah verwundert im Kreise umher.

„ Ic h bin gekommen, trotzdem ich Ih r e Botschaft nicht ver­

stand. Ich habe nicht das Glück, eine F ra u zu besitzen . . ."

E r verstummte. S e in Blick fiel auf die Unglückliche, die ihn m it weitgeöffneten Augen anstarrte.

Dieser M a n n w ar nicht ih r Hans H e in ric h .---

Neustadt,

22. Dezember. (P fa rr e r w a h l). Heute fand die

Wahl

deS evangelischen P fa r re rs in R ah m el bei großer B eth eiligun g der Gemeinde statt. P fa r r e r A nkerm ann in Sierakow itz, K re is K a rth a u s , wurde mit 66 von 81 S tim m e n gewählt. D ie übrigen 15 S tim m e n fielen au f die beiden anderen W ahlkandidaten.

T i ls it , 21. Dezember. ( M i t einem Nachspiel der letzten Reichstags- w äh l) hatte sich dieser Tage die hiesige S tra fk a m m e r zu beschäftigen.

K u rz vor jener W a h l erschien von drei w eit von einander entfernt wohnenden G astw irthen des Kreises in den hiesigen Zeitu ngen eine übereinstimmende E rk lä ru n g , nach welcher sie ihre fü r einen V o rtra g des freisinnigen K andidaten v. Reibnitz bereits zugesagten Lokale wieder zurückzogen, w eil sie nicht „durch deutschfreisinnige U nw ahrheiten U nzu­

friedenheit erregen und aufhetzerisch wirken lassen w o llen." H e rr von Reibnitz fühlte sich hierdurch beleidigt und strengte gegen den Urheber dieser E rk läru n g en , den F ü h re r der hiesigen Konservativen, Rechtsanwalt M e y e r, sowie gegen die drei Gastw irthe Beleidigungsklage an. D as Schöffengericht zu T ilsit, welches sich zuerst m it der Sache zu befassen hatte, konnte nicht die Ueberzeugung gew innen, daß die drei erlassenen In s e ra te eine B eleidigung gegen H e rrn v. Reibnitz enthielten, und sprach daher die Angeklagten frei. A m 16. d. M . kam diese Angelegenheit auf die gegen die schöffengerichtliche Entscheidung eingelegte B e ru fu n g vor der S tra fk a m m e r des hiesigen Landgerichts zur erneuten V erhan dlu ng und diese kam zu einer dem Schöffengericht entgegengesetzten Ueber­

zeugung. S ie verurtheilte H e rrn R echtsanw alt M e y e r, als intellektuellen Urheber der gegen H e rrn v. Reibnitz gerichteten B eleidigung, zu einer S tr a fe von 150 M k ., die Gastw irthe K u h lin s in Plaschken, Lorcb in Robkojen, sowie die Gasthofbesitzerin F r a u C onrad in Lum pönen zu st 30 M a r k Außerdem w urde dem Beleidigten die Publikationsbesugniß des U rth eils a u f Kosten der V e r u r t e ilt e n zugesprochen. D a in dem In s e r a t n u r im allgemeinen gesprochen w a r, so ist es im m erh in aus' fallend, daß H e rr v. Reibnitz fü r speziell beleidigt erachtet w urde.

K ö n ig s b e rg , 22. Dezember. (M olkereiausstellung). D ie In h a b e r von ca. 4 0 Käsereien unserer N ied erung haben sich verpflichtet, die pro- jektirte M olkereiausstellung im nächsten F r ü h ja h r zu beschicken, wenn dieselbe in M a rie n b u rg abgehalten werde.

K ö n ig s b e rg , 22 . Dezember. (Zoologischer G a rte n ) D a s Komitee zur E rrich tun g eines zoologischen G a rte n s hat beschlossen, die Anlage des zoologischen G a rte n s au f einer der an den M itte lh u fe n gelegenen Besitzungen zu errichten.

K ö n ig s b e rg , 22 . Dezember. (D es Kindes E n g el). Gestern wurde ein den S traß e n d a m m überschreitendes 12jähriges Mädchen von einem durchgehenden Schlittengespann zu Boden gestoßen; dabei verwickelte sich das K in d in die Leine und kam zwischen die K ufen un ter den Schlitten, der sich wieder emporgerichtet hatte, zu liegen. D ie Pferde rasten u n a u f­

haltsam v o rw ä rts über den R o ß g ä rte r M a rk t, den Schiefen B erg her­

u n ter, während das K in d , welches sich nicht befreien konnte, die große Strecke lang a u f den m it Schnee n u r wenig bedeckten S tra ß e n geschleift w urde. Endlich an der Tuchmacherstraße gelang es drei beherzt hinzu- springenden M ä n n e r n , den Th ieren in die Zügel zu fallen und dieselben zum S tehen zu bringen. D a s K ind sah schrecklich aus. E s glich einer unförm lichen schwarzen Masse, so sehr w aren Gesicht, H ände und Kleider durch den schmutzigen Straßenschnee verunstaltet w orden. Nachdem man die K leine indessen gehörig gewaschen, stellte es sich zu aller Augenzeugen Erstaunen heraus, daß sie n u r leichte Hautabschürfungen, sonst aber nicht die geringsten Verletzungen erlitten hatte.

K ö n ig s b e rg , 23. Dezember. (H a rte S tr a fe ). D e r Fü silie r H e rrm a n n vom Füsilierregnuent N r . 33 ist vom Kriegsgericht wegen Fahnenflucht, schweren Diebstahls, Gehorsam sverweigerung und A n fe rtig u n g von falschen S tem p e ln zu 4 J a h re n Zuchthaus v e ru rth eilt worden

Mühlhausen,

21. Dezember. (Entscheidung). Nach der K on trol- versamm lung haben sich einige Landw ehrleute des Abends im Gasthause zu B . ungebührlich betragen, daß sie der Gasthosbesitzer wegen H a u s ­ friedensbruchs verklagen mußte. V o r der Schöffensitzung beriefen sicb dieselben d a ra u f, daß sie an diesem Tage S o ld a te n gewesen seien und daher auch n u r von der M ilitä rb e h ö rd e gerichtet werden könnten. D as wegen dieser Sache ungefragte Bezirkskommando gab zur A n tw o r t, daß die militärische Gerichtsbarkeit n u r dann über Zivilverg ehen der Land­

wehrleute aburtheilt, w enn dasselbe möglichst an demselben Tage beim Bezirkskommando angezeigt w ird . D ie Angeklagten w u rd en demgemäß

vom Zivilgerichte veru rth eilt. (K . A . Z )

Fordon,

22. Dezember. (Z u m Brückenbau. V o n der Weichsel).

Dieser Tage w urde durch eine Kommission m it den Besitzern derjenigen Grundstücke, welche durch den B a h n - bezw. Brückenbau in Anspruch ge­

nom m en werden sollen, über die Höhe der festzusetzenden Entschädigungs­

summen verhandelt. — D ie Eisdecke der Weichsel ist so stark, daß selbst Lastwagen passiren dürfen. D ie B efö rd erun g geschieht T a g und Nacht.

B ro m b e rg , 23. Dezember. (D a s 6. und 7. Buch M oses) hat zur Entdeckung einer D ie b in geführt. E in e M itb e w o h n e rin stand im V e r ­ dachte, der H a u s fra u R . einen T h ale r gestohlen zu haben. D a sie aber leugnete, so legte m an die Zauberbücker a n f den Tisch und begann die P lag en E gyptens a u f die D ie b in Herabzurufen. H ierü b er erschreckt, gestand die M itb e w o h n e rin ein, den Th a hr K leid eingenäht z"

haben, wo er sich auch vo rfand .

Posen,

22 . Dezember. (Z u dem Unglücksfall) in B artho ldsho f, über welchen w ir vorgestern berichteten, w ird der „Posener Z e itu n g " amtlich m itgetheilt, daß es den ärztlichen B em ühungen gelungen ist, das eine der drei verunglückten Mädchen in s Leben zurückzurufen. Dasselbe be­

findet sich a u f dem Wege der Besserung. D e r in der Mädchenkammer befindliche O fe n w a r seit J a h re n nicht benutzt und hatte keine Klappe, w a r aber fast zerfallen. D ie B enutzung desselben ist ohne Wissen und gegen den W ille n der Dienstherrschaft erfolgt, welche, w ie durch die polizeiliche Schau festgestellt ist, ein strafbares Verschulden an dem V o rfa ll nicht trifft.

A u s

der Provinz Posen,

23. Dezember. (Zoologischer G a rte n ).

V o n den östlichen P ro v in ze n erfreut sich die S ta d t Posen allein eines öffentlichen zoologischen G arte n s . Derselbe w ird von einem V e re in gepflegt und gefördert, der ca. 1200 M itg lie d e r zählt. D a s sehr werth-

W ie ein S te in saß sie unter den Freunden, thränenloS, fast ohne Bewegung. Es blieb zweifelhaft, w ieviel von den Rathschlägen, den Tröstungen, den Anerbietungen, die H ilfe der Regierungen, der Konsulate zur E rm itte lu n g ihres Gemahls zu erbitten, von ihrem armen Verstände aufgenommen wurde.

Ottenhausen setzte den Geschwistern Röver in seiner schwer­

fälligen A r t auseinander, es müsse sich hier aller Wahrscheinlich­

keit nach um einen V etter von ihm handeln, der durch Schönheit und T a le n t ausgezeichnet, wo er auftauchte, eine siegreiche S te llu n g in der Gesellschaft eingenommen habe. Und dann sah er auf die F ra u und ließ sich nicht weiter darüber aus.

„ I s t er in der Umgegend von Tucaman, so wollen w ir seiner schon habhaft werden."

S y lv ia gewann hier zuerst wieder Leben. Den großen Mann m it seiner brummigen, undeutlichen Sprache feindselig beobachtend, fragte sie plötzlich:

„ S ie find Joachim von Ottenhausen? Derselbe, der auf das T h ü rin g e r E rbgut Ansprüche zu haben glaubte — und als der Onkel meinen M a n n bevorzugte, nach Amerika g in g ? "

Ottenhausen bejahte m it einer mißmuthigen Geberde.

„ A ls der Aeltere und S o h n des älteren B ruders — aller­

dings! W a r auch auf Wunsch des A lte n zum L a n d w irth er­

zogen worden. W as sollte ich also drüben weiter anfangen, als der H err Onkel seine Entschließungen so plötzlich änderte? Lassen w ir das gut sein. Vergangene D inge werfen ihren Schalten nicht bis über den Ocean. V ertrauen können S ie m ir darum doch, wie diesen Freunden, die Ih n e n ein gutes Geschick in den Weg geführt hat."

Dabei sah er Elfe lächelnd an und streckte Frau S y lv ia die Hand entgegen.

S ie legte die ihre nur widerstrebend hinein, ihr Blick wandle

sich hilfeflehend zu Röver. Die leidenschaftliche Frau konnte

diesem M ann noch nicht verzeihen, daß sie in ihm nicht ihren

Galten gefunden hatte. (Fortsetzung folgt.)

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