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Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Jg. 4, 1903, Nr 8.

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HISTORISCHE MOIWSBLflTTER

für die Provinz Posen - = <2=^

Jahrgang IV P o sen , H u gu st 1903 Nr. 8 W a r s c h a u e r A., Historische Beiträge zur Wiederherstellungsfrage des Posener Rathauses, Fortsetzung, S. 113. — Nachrichten S. 126. — Geschäftliches S. 128. — Bekanntmachung S. 128.

Historische Beiträge

zur Wiederherstellungsfrage des Posener Rathauses.

Von

A. W arschauer.

II.

R a u m e i n t e i l u n g i m a l t e n Ba u: d a s R a t s z i m m e r , d e r g r o s s e S a a l . — D e r U m b a u d e s G i o v a n n i B a t t i s t a : K e l l e r g e s c h o s s . E r d g e s c h o s s . H a u p t g e s c h o s s : B e s t i m m u n g e n d e s B a u ­ v e r t r a g s , B e s i c h t i g u n g s p r o t o k o l l e v o n 1750 u n d 1780. D e r v o r d e r e Saal . D e r K ö n i g s s a a l . Da s R a t s z i m m e r . — Z e r ­ s t ö r u n g d e s K ö n i g s s a a l s u m 1795. T e i l u n g d e s v o r d e r e n

S a a l s 1834.

Vor der F rage, ob das Ä ussere des R athauses in F arb en - schm uck w ied erh erg estellt w erden solle o der nich t, ist in d er letzten Z eit der Plan der W iederherstellung des Innern etwas in den H intergrund g etreten, und es ist fraglich, ob ü berhaupt noch an eine U m gestaltung der Innenräum e g edacht w ird. U nd doch ist es kaum zw eifelhaft, dass sich durch diese leichter und w ahrscheinlicher W irkungen eigenartiger altertüm licher S chönheit w erden gew innen lassen als durch jene. D enn w enn m an auch über den künstlerischen W ert des ursprünglichen architektonischen und m alerischen Schm uckes der O stfront v erschiedener M einung sein kann, so sind doch die R aum gedanken, die sich bei dem grossen E r­

w eiterungsbau des G iovanni Battista di Q uadro in dem Innern des R athauses verkörpert haben, der grossartigen A uffassung

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sicher nicht unw ü rd ig gew esen, die m an der Z eit und der H eim at des K ünstlers m it R echt b eizu m essen pflegt.

Im allgem einen h at die technische U n tersu ch u n g d es M auer­

w erks K larheit ü ber die v erschiedenen P erio d en d er R aum ­ v erte ilu n g im Innern des R athauses verschafft. D ie in folgendem b en u tz te handschriftliche Ü berlieferung dürfte je d en Zw eifel über d ie se E ntw ickelung e n d g ü ltig b eseitig en , da sie nicht nur die u rsp rü n g lich e A nlage, sondern auch S chritt für S chritt die U m ­ g e sta ltu n g in den h eu tig en Z ustand erkennen lässt.

Ü ber die R äum lichkeiten in dem alten R athaus vor dem U m bau des G iovanni B attista, als das G eb äu d e im W esten noch m it dem T urm abschloss, ist w enig überliefert. N ur e i n Zim m er dieses ältesten B aues w ird in den S tadtrechnungen vielfach g e ­ n an n t: D as R atszim m er, lat. h ypocaustum consulare, das auch in dem V ertrage d er S tad t m it G iovanni B attista als die „jetzige alte R atsstube o d er das Z im m er in dem die H erren s itz e n “ , erw ähnt w ird. In diesem V ertrage w ird auch seine L ag e in der N ordw estecke des alten G ebäudes in dem zw eiten (H aupt-) G eschoss g en au b e s c h rie b e n 1). N ach d ieser S ch ild eru n g m uss m an annehm en, dass es eben so g ro ss gew esen ist, als das heute noch b esteh e n d e T urm zim m er (Nr. 3 in A bb. 3), neben dem es lag.

M an m uss hierbei erw ägen, dass im M ittelalter d er Rat nur aus 8 M itgliedern bestan d und dass auch nach der V erfassungs­

ä n d e ru n g von 1504 zw ar 16 R atsherren jährlich ihres A m tes w alteten, von d enen aber nur 8 als „ s itz e n d e “ R atsherren reg e l­

m ä ssig den S itzungen beiw ohnten, w ährend die 8 anderen nur bei w ichtigeren A ngeleg en h eiten h in z u g ez o g en w u rd e n , eine V erfassungsform , die sich ü brigens nicht bew ährte u n d 1518 zu G unsten der alten w ieder abgeschafft w urde. Im A llgem einen w ar also ein kleines Z im m er für die R atssitzungen hinreichend, w enn auch freilich die E n g e des R aum es sich oft fühlbar und d as S treben nach einem grösseren S itzungszim m er sich geltend gem acht haben w ird. D ass d ieses alte R atszim m er gew ölbt w ar, g eh t nicht nur aus dem erw ähnten V ertrage, sondern auch aus der S tadtrechnung von 1548 h e rv o r2).

Freilich m uss es in dem alten Bau auch einen um fassenderen Raum g eg e b en haben, in dem eine bei w eitem g rö ssere Ver-

*) Es muss etwa dem Zimmer 6 der heutigen Einteilung (Abb. 3) mit Hinzuziehung des anstossenden Teils des Korridors (5) entsprochen haben.

*) A reparando testudine in hypocausto consulari 2 fl. 6 gr. Auch sonst werden die Gewölbe des Rathauses vielfach in den Rechnungen erwähnt: so 1493 Item vor czwu eychenn off das rothaws von den ge- welben 8 gr. 1538 Muratori . . . testudinem ibidem in turri ignis incendio labefactam dejecit denuoque extruxit Diese Wölbung im Turm ist vielleicht eine der noch jetzt bestehenden.

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Sam m lung U nterkom m en finden k o n n te ; denn bei allen für das W ohl der S tad t w esentlicheren G eschäften w ar d er Rat verpflichtet, sich m it den Schöffen und Innungsältesten zu g em einsam er B e­

ratu n g zu vereinigen. D a das S chöffenkollegium aus 9 P ersonen, d ie G esam theit d er Innungsältesten am E nde des M ittelalters aus 44 und um 1550 aus 5 2 P erso n en bestan d , vielfach auch noch frühere R atsherren zu g e b eten w urden und ausserdem zw eifellos noch P latz für den S tadtschreiber und seine G ehülfen, S tadtdiener, P arteien und andere Interessenten da sein m usste, so m uss not­

w endigerw eise auch in dem alten Bau schon m in d esten s e i n Raum gew esen sein, in dem etw a 100 P erso n en P latz finden konnten. Zu derselben V erm utung führt auch d er U m stand, dass hin und w ieder der G eneralstarost von G rosspolen seinen G erichts­

ta g , dem die höchsten B eam ten des L andes und eine ansehnliche M enschenm enge beizuw ohnen pflegten, auf dem P o sen e r R athaus a b h ie lt1). D a m an sich d iesen w ichtigsten Raum des G ebäudes doch wohl kaum anders, als in seiner H au p tetag e, denken kann, die ganze w estliche H älfte d ieses Stockw erkes aber durch das erw ähnte R atszim m er und das T urm zim m er bereits b esetz t war, so hat die schon von K ohte au sg esp ro ch en e V erm u tu n g 2), dass d ie östliche Hälfte, also d er alte S tad tverordneten-S itzungssaal und der je tzig e Vorflur, schon dam als e i n Raum gew esen sein m uss, auch aus historischen G ründen viel W ahrscheinlichkeit fü r sich.

D er g ro sse U m bau des Giovanni B attista, der in den Jahren 1 5 5 0 — 52 erfolgte, hatte au sg esp ro ch en er M assen zw ei Zw ecke : einm al den durch den grossen B rand des Ja h re s 1536 ins W anken gekom m enen Turm zu stützen und ferner die zu en g e g ew ordenen R äum lichkeiten des alten H auses zu erw eitern. Z ur B efestigung d e s T urm es h atte m an in den d reissig er und v ie rz ig er Ja h re n des 16. Ja h rh u n d e rts m anches versucht, ohne zu einem vollkom m en befriedigenden E rgebnis g elan g t zu sein. Auch die E rrichtung d e r gem auerten B uden, die aus d ieser Z eit stam m en, scheint dem gleichen Zw eck g ed ien t zu h a b e n 3). Noch je tz t kann man deutlich bem erken, dass der Turm b ed e u te n d nach W esten zu

*) Lekczycki, Die ältesten grosspolnischen Grodbücher I. Leipzig 1887 S. 242.

2) Kohte, Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen II.

Berlin 1896 S. 70.

3) Stadtrechnung 1547/48: Muratori lupanar et circa pretorium budas construenti exposuimus 6 fl. 6 gr. Muratori circa pretorium budas construenti 2 fl. 13 gr. Ad budas circa pretorium 2000 laterum 2 fl. 12 gr.

Muratori budas circa pretorium extruenti 2 fl. 12 gr. Czernatowi a fossura fundamentorum ad budas sub praetorio 26 gr. Muratori budas sub praetorio extruenti 1 fl. 15 gr. Exposuimus muratori laboranti circa turrim praetorii 3 fl. 2 gr.

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überhängt. D er ihn u n te rstü tze n d e A nbau m usste also nach d ieser R ichtung hin vorgenom m en w erden. Tatsächlich schildert der m it G iovanni Battista ab g esch lo ssen e B auvertrag recht anschaulich, dass der M eister als einen A nbau zu dem alten G ebäude drei W ände nach der W age hin — das alte je tz t ab g erissen e S tad t­

w a g e g eb ä u d e stand an der Stelle des h eu tig en S tadthauses, also w estlich vom R athause durch vier G eschosse auf­

führen sollte. W elche R äum e in den verschiedenen Stockw erken des neuen A nbaus a n g e le g t w erden sollten, ist in dem V ertrage überall an g e d eu tet, ganz genaue A ngaben aber nicht nur hierüber, sondern auch über die A rt und W eise, wie der A nbau m it dem alten H ause in V erbindung g e se tz t w erden sollte, finden sich nur für das H au p tg esch o ss.

3^--- ► W e s te n .

Abb. 1.

Kellergeschoss des Posener Rathauses. Nach einem Plan von etwa 1795.

W as zunächst das K e l l e r g e s c h o s s anbelangt, so ist in dem V ertrage an g eg eb en , dass dort ein gew ölbter B ierkeller an­

g eleg t w erden solle. Es scheint auch tatsächlich, dass erst durch den A nbau des G iovanni Battista die S tadt in den d auernden B esitz eines S tadtkellers unter dem R athaus gekom m en ist und som it eine E inrichtung bei sich eingeführt hat, die in den deutschen S tädten fast überall sow ohl dem Stadtsäckel eine an­

sehnliche E innahm e als auch dem g eselligen B edürfnis der B ürger­

schaft eine Stätte gew ährte. In den S tadtrechnungen vor dem U m bau w ird n irgends einer E innahm e von einem solchen K eller

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E rw äh n u n g g e ta n 1). D ag e g en erscheinen b ereits in den ältesten S tadtrechnungen, die aus d er Z eit nach dem U m bau erhalten sind, stä n d ig e , in den sp äteren R echnungen im m er w iederkehrende E innah m ep o sten von den gew ölbten R äum en unter dem R athause.

A llerdings können d iese G ew ölbe von den P ächtern auch zu anderen gew erblichen Z ecken verw andt w orden sein, w enn aber im Ja h re 1572 als P ächterin eines solchen R aum es eine Frau B acchus g en a n n t w ird,2) so m ag dies ein S pitznam e sein und auf den Beruf d er T rägerin und also auf die V erw en d u n g des von ihr gem ieteten R athauskellers hinw eisen. A usdrücklich w ird ein S tadtkeller unter dem R athause3) das erstem al in d er S tadt­

rechnung von 1577 erw ähnt. Noch heu te w erden dieselben g e ­ w ölbten R äum e des U nterg esch o sses in dem w estlichen Teil des R athauses zu dem gleichen Zw ecke verw andt, zu dem sie zur Z eit ihrer E rb a u u n g bestim m t w orden sind, w enngleich die stattlichen beid en Säle, zu denen sie d er italienische K ünstler g e s ta lte t hatte und die unser P lan (A bb. 1) noch zeig t, durch m annigfache E inbauten je tz t zerstö rt sind. D ie kleineren K eller­

räum e unter dem alten Teile des R athauses liess Giovanni Battista w ohl u n an g etastet und se tzte nur den nördlichen seiner beiden Säle durch eine T ür m it dem zunächst liegenden älteren Raum in V erbindung. D iese älteren Räum e hatten schon im M ittelalter un d behielten dann auch in sp äterer Z eit eine zu d er B estim m ung ih rer N achbarschaft in schneidendem W iderspruch ste h en d e V er­

w en d u n g . H ier befanden sich näm lich die städtischen G efängnisse4), so w ie die Folterkam m er, von deren häufiger A n w endung den G ru n d sätz en des alten K rim inalrechts entsprechend die städtischen A k ten viele B ew eise liefern. W enn man heute diese dum pfigen aus d em A nfänge des 14. Ja h rh u n d e rts stam m enden T onnengew ölbe betritt, deren m ächtiges G efüge durch keine F en steröffnung durch­

brochen w ird, dann m ag man wohl m it S chaudern an das traurige L os der U nglücklichen denken, die in d ieser F insternis und drückenden L uft ihres R ichterspruchs g eh arrt haben. D as Jam m er­

g eschrei d er G efolterten aber verhallte, von aussen ungehört, an den steinernen W ölbungen, und dass die dunklen S cenen, die

x) Nur eine einzige Stelle in den Ratsakten von 1469 spricht von einem städtischen Keller und seiner Verpachtung: A. C. 1449-69 Bl. 118.

Celarium; Arendavimus et convenimus celarium civile honeste Ursule Czeszowa. . . . Es ist fraglich, ob es sich hier um einen Keller im Rathaus handelt. Möglich ist es jedoch, dass man in diesem Jahre einen später wieder aufgegebenen Versuch zur Einrichtung eines Ratskellers machte.

<2) A Bachusewa racione census conducticii ex testudine praetoriali 5 fl.

3) A Thoma Malik ex celario sub pretorio censum annuum per- cepimus 2 fl.

4) Stadtrechnung 1543/44 A mundandis carceribus sub praetorio.

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sich hier abspielten, von keinem Schim m er des T ageslichts erhellt w urden, b ew eisen u n sere S tadtrech n u n g en durch die A u sg ab e­

posten für L ichte, die dem H enker jedesm al geliefert w urden, w enn er eine F o lte ru n g vornehm en sollte. A ls am E n d e des 18. Ja h rh u n d e rts die S tad t unter p reu ssisch e H errschaft kam , d achte m an w ohl daran, die R äum e zu G efängnissen w eiter zu b en u tzen , der hum aner g ew ordene Sinn der Z eit aber brachte es doch m it sich, dass die B aubehörde im Ja h re 1 7 9 5 erklärte, hierzu m üssten schlechterdings verschiedene F en sterö ffn u n g en noch h in a u s­

g eführt w erden, um m ehr g e su n d e L uft in diese G ew ölbe zu bringen. D a aber hierdurch verschiedene d er an das R athaus angebauten B uden und K ram läden Schaden gelitten hätten und ihre E ig en tü m er d em zufolge E inspruch erhoben, so gab m an das V orhaben auf un d erbaute ein b eso n d eres G efängnis, die so g . F rohnfeste. A us d er Z eit d ieser V erhandlungen, also aus den letzten Ja h re n des 18. Ja h rh u n d e rts, stam m t d er P lan des U nter­

g esch o sse s, den w ir hier als A bb. 1 beigeben. Es scheint, dass er in allen T eilen noch die alte E in teilu n g genau w ied erg ieb t, b eso n d ers — w ie schon oben erw ähnt — die b eiden g ro ssen R äum e, die durch den A nbau d es G iovanni B attista im W esten geschaffen w orden sind.

Auch in dem ü ber den K ellern liegenden E r d g e s c h o s s h atte der A nbau d es G iovanni B attista zw ei neue gew ölbte R äum e in d erselben A u sd eh n u n g w ie im K ellergeschoss h erz u ­ stellen. E inen G rundriss d ieses S tockw erkes, das ü brigens für die je tzig en W iederherstellungsarbeiten nicht in B etracht kom m t, nach der alten R aum einteilung gib t K ohte in dem V erzeichnis der K unstdenkm äler Bd. II, S. 68 . Zu allen Z eiten befanden sich in diesem G eschoss die K assenräum e, das P förtnergelass und das A rchiv d er S tadt. Z eitw eise, w enn es die V erhältnisse forderten, brachte man hier auch das L andesarchiv unter, das so n st sein e U nterkunft im Schlosse hatte.

D ie eigentlichen S itzu n g ssäle, auf deren räum liche und künstlerische A u sg estaltu n g b eso n d erer W ert g e le g t w urde, b e ­ fanden sich in dem z w e i t e n G e s c h o s s , und hier b eg n ü g te man sich auch nicht m it der blossen E rw eiterung durch den A nbau, sondern z o g auch die alten Teile in die U m gestaltungsarbeiten m it hinein. D er betreffende A bschnitt d es B auvertrages lautet in deutscher Ü b erse tz u n g : „In dem zw eiten G eschoss w ird er G em ächer nach d er folgenden E in teilu n g an leg e n : näm lich die S tube, in der h e u t die H erren sitzen, w ird er in das neue G e­

b äu d e hereinziehen, indem er die H interw and einschlägt und das G ew ölbe, in dem der O fen steht, w eg n im m t; aus der alten S tube und dem neuen G em ach w ird er ein ein zig es neues, schön g e ­ w ölbtes G elass m achen. F ern er w ird er die W ölbung, die neben

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dieser S tube steht, ebenfalls einreissen und, nachdem er ein anderes errichtet hat, daraus einen F lur auf die R atsstube zu m achen, die gleich hinter dem T urm e m it einer sauberen W ölbung in den neuen M auern errichtet w erden so ll.“ *) H iernach w ar dem K ünstler die A ufgabe g estellt, das H auptgeschoss des von ihm durch seinen A nbau erw eiterten H auses in drei grössere

Abb. 2.

Hauptgeschoss des Posener Rathauses. Alte Raumeinteilung.

R äum e zu teilen, näm lich 1. in einen Saal, d er die alte R ats­

stube im alten G ebäude und den daran stossenden Teil des A n­

baues, also seine südliche H älfte, einnehm en sollte (Nr. 6, 7, 8 und 5 der h eutigen E inteilung vgl. A bb. 3). 2. in ein zu dem neuen R atszim m er bestim m tes G em ach, das ganz in den neuen M auern liegen sollte, das also nur den noch übrigen Teil des A nbaues — seinen nördlichen Teil — einnehm en konnte (Nr. 4 in Abb. 3). 3. in einen grossen F lur, der ganz in das alte G ebäude zu liegen kam (Nr. 1 und 2 in Abb. 3 ). Von diesen drei Räum en b esteh t heute nur noch der zw eite in derselben A us­

d e h n u n g w ie früher (Nr. 3 in A bb. 2), w ährend die b eiden anderen g rossen R äum e durch spätere, noch unten zu b esp rech en d e Z w ischen­

w ände geteilt w orden sind. D ass tatsächlich nur drei Räum e einzurichten w aren, b estätig t die F o rtsetz u n g d es V ertrages, in

*) Der erste, der eine richtige Übersetzung dieses Paragraphen ge­

geben hat, war M. Prausnitz in seiner leider unvollendet gebliebenen Arbeit: Über das Posener Rathaus, in der Posener Zeitung 1890, Nr. 332, 344, 353, 382.

-*■ W esten .

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dem es h e isst: „In derselb en A rt und W eise w ird er auch in dem dritten G eschoss d r e i G em ächer einrichten, eines ü ber der g ro ssen S tube in derselb en L än g e und B reite w ie die S tube, aber o h n e W ölbung, ü ber dem R atszim m er und über dem F lu r.“

A uffällig ist es, dass in dem A bschnitt über das H au p tg esch o ss d er in den vier W änden des T urm es lie g en d e Raum ganz ausser B etracht geblieben ist (Nr. 2 in Abb. 2). M an kann jedoch an ­ nehm en, dass der S atz, m it dem der A bschnitt ü ber das dritte G eschoss sch liesst: „In dem T urm e w ird er auch zw ei G em ächer anlegen nach d er unteren E inteilung, aber ohne W ö lb u n g e n ,“

sich zugleich auf dieses und das H au p tg e sc h o ss bezieh t, w obei freilich v o rau sg e setzt w erden m uss, dass man sich für das letztere doch noch nachträglich zu einer E inw ölbung des Turm zim m ers entschloss.

In je d er anderen B e zieh u n g aber richtete sich d er K ünstler g en au nach den B estim m ungen des V ertrages, und unsere Q uellen ze ig e n deutlich, dass die drei durch den V ertrag vorgeschriebenen g ro ssen R äum e des H au p tg e sc h o sses bis g eg e n das E n d e des 18. Ja h rh u n d e rts b esteh e n blieben, obw ohl ihre B estim m u n g im L aufe d er Z eiten m annigfach g ew echselt hat.

Ü ber b eides g eb en zw ei B e sic htigungsprotokolle des Rat­

h au ses aus dem 18. Ja h rh u n d e rt, in denen d er Z ustand der einzelnen R äum e gesch ild ert w ird, vollkom m en klaren A ufschluss.

D as erste stam m t vom 5. M ärz 17 5 0 und w urde vor dem B eginn einer g rösseren R eparatur des Innern w ohl zum N achw eis ihrer N o tw endigkeit veranlasst. Es h eisst hier über das H au p t­

g esch o ss : „Auf d er G alerie im ersten Stockw erk sind die W ölbungen von G rund aus g erissen , die W and droht den p lö tz­

lichen E insturz. In d e m S a a l e , zu dem zw ei Türen führen, ist die W ölb u n g beso n d ers in d er N ähe der T üre zu den E isen ­ kram en zu in sehr gefährlicher W eise gerissen, ebenso w ie in der Ecke auf die H erin g sb u d en zu. F ern er ist in d er Ecke zum K ranzm arkte ü ber d er T reppe die W ölbung ebenfalls gerissen und die W and ü b er d er T ür zu dem K önigssaale stark gerissen , der Stein in der T ü r ist durch und durch geborsten. In d e m K ö n i g s s a a l e ist die M auer an drei W änden, b eso n d ers zum K ranzm arkte zu g eborsten und gerissen. D ie W ölbung ist ein g estü rtz t und der F u ssb o d e n m it dem Estrich ganz schlecht, F en ste r und R ahm en sind nicht v orhanden. Auf dem A bort ist die W ölbung g eborsten und ebenso die W and. In d e m z w e i t e n S a a l e ist ein b ed e u te n d e r R iss ü ber dem F en ste r zum E in g a n g zu nach N orden. In der G e r i c h t s s t u b e ist keine Z erstö ru n g b e m e rk b a r1) . “ D iese Be-

*) Der polnische Originaltext lautet: W galeryi na pirwszym pi^trze sklepienia z gruntu porysowane, sciana nagtq ruin^ grozqca. Na

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sic h tig u n g führt offenbar durch den g rossen V orsaal (A bb. 2 Nr. 1) in den langen Saal im N ordw esten des G ebäudes (Nr. 4 ), von dort in den Saal Nr. 3 und schliesslich in das T u rm zim m er Nr. 2 u n d ze ig t die R aum einteilung des Stockw erks in drei g rosse Säle und ein kleineres Z im m er g an z deutlich. Zu einem ähnlichen E rg e b n is führt das B e sic h tigungsprotokoll der sog. K om m ission d e r g u ten O rd n u n g , die im J a h re 1780 in P o sen z u r N euordnung d er zerrü tteten V erhältnisse der S tadt zusam m en trat und durch g e n a u e A ufnahm en des besteh en d en Z u stan d es eine sichere G ru n d ­ lage für ihre W irksam keit schuf. H ier w ird das H aup tg esch o ss des R athauses fo lg en d e rm asse n besch rieb en : „W enn man die o b e re V orhalle betritt, so sind da zw ei eisen b esch lag en e H o lz­

tü ren in eisernen A ngeln. G eht man in d en sogenannten K r i m i n a l s a a l 2) hinein, so befinden sich dort 7 g u te F en ste r o h n e G itter. A us diesem Saale heraus führen zw ei Türen und zw ar die erste in den Vorflur, aus dem eine T ür in das G e r i c h t s ­ zim m er führt, eine zw eite in das Z i m m e r , i n d e m f r ü h e r d i e T r i b u n a l e s t a t t f a n d e n u n d j e t z t d i e P o s e n e r L a n d g e r i c h t e . Von diesem T ribunalsaale führt eine T reppe nach oben in den V orflur u. s. w .3).

A uffällig ist es, dass in diesen beiden doch nur durch 30 Ja h re von einander g etrennten B esichtigungsprotokollen die R äum e vollkom m en verschieden b ezeichnet w erden. Auch in den u ns sonst zu G ebote steh en d en handschriftlichen Q uellen ist es nicht im m er ganz leicht aus den w echselnden B enennungen der S äle den im einzelnen Fall von dem Schreiber gem einten Raum nachzuw eisen. D ie g ro sse, die ganze O sthälfte des H au p t­

g esch o sse s einnehm ende H alle (Nr. 1 der A bbild u n g 2, Nr. 1 und 2 d er A bbild u n g 3), die von zwei m ächtigen, reich m it Stuck v er­

sali, do ktorey drzwi dwoie, sklepienie osobliwie w bliskosci drzwi od kramow zelaznych bardzo niebespiecznie porysowane iako tez y w naro- zniku od budek sledziowych. Item w kqcie od winczarskiego targu nad wschodami sklepienie takze porysowane y sciana nade drzwiami do sali krolewskiey znacznie porysowana, kamien w drzwiach na wylot sp^kany. Na sali krolewskiey mur w scianach 3 a naybardziey od win­

czarskiego targu pop^kany y porysowany. Sklepienie si^ zawalito y po- dtoga z iastrychu wcale zia, okien ani ramow nie masz. W miescu sekretnym sklepienie pop^kane y sciana. W drugiey sali do wst^pu nad oknem na pulnocy iest rysa znaczna. W izbie sqdowey ruiny nie znac..

(Stadtarchiv Posen. Vogtbücher 1750 Bl. 48 f.)

2) Dass hiermit der grosse Raum (1 und 2 in Abb. 3) gemeint ist, zeigt der Umstand, dass sich hier auch jetzt noch 7 Fenster befinden.

3) Im polnischen Originaltext: Do przedsionki gomey wszedtszy iest drzwi dwoie drewnianych na biegunach zelaznych sztabami zelaznemi pobite. Do sali kriminalney zwaney wchodzqc iest okien siedm dobrych bez krat, z tey sali id^c iest drzwi dwoie do pierwszey przedsionki, z ktorey s$ drzwi do izby s^dowey, drugie do izby, w ktorey przedtym

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zierten W ölbungen ü b ersp a n n t und durch d ie b eiden in ihrer M itte steh en d en S äulen in zw ei Hälften g eteilt w urde, ist in dem B auvertrage, dem sie w enn nicht ihre H erstellu n g so doch ihre E m e u ern n g verdankt, als F l u r bezeichnet. D iese B ezeichnung blieb dem R aum e auch noch einige Z eit nach seiner F e rtig ­ stellu n g . In der S tadtrechnung des Ja h re s 1 5 5 9 /6 0 ist die S um m e von 7 G ulden für 1750 G lasscheiben für die F en ste r

„der oberen F lu re “ a u sg e w o rfe n 1). Schon die Zahl d er S cheiben ergibt, dass nur u nser Raum , d er sieben F en ste r enthält, gem ein t sein kan n : auf je d es d ieser sieben F en ste r kom m en hiernach 2 5 0 S cheiben, natürlich in dem kleinen F orm at des Z eitalters der B utzenscheiben. In sp äterer Z eit scheint m an d iese B ezeichnng nicht m ehr an g ew an d t zu haben, obw ohl sie in R ücksicht auf die p rächtig au sg esta tte te n V orhallen vieler d eu tsch er R athäuser eigentlich nichts auffälliges hatte. M an nannte den Raum sp äter ausschliesslich Saal, R athaussaal o der Saal im R ath au se; da aber das H au p tg esch o ss noch zw ei R äum e hatte (No. 4 und 3 A bb. 2), die man ebenfalls als Säle bezeichnen konnte und einen von ihnen (Nr. 4) w egen sein er A u sd eh n u n g gar nicht anders zu b ezeichnen in der L age w ar, so m ussten die S tadtschreiber, w enn sie sich in ihren Schriftstücken und R echnungen genau ausdrücken w ollten, den Saal, den sie g era d e m einten, durch H in zu fü g u n g einer näheren A ngabe hervorheben. U nser Saal (Nr. 1) w ird d em entsprechend hin und w ieder „d e r vordere S aal“ genannt, gew öhnlich aber blieb man für ihn doch bei d er B ezeichnung Saal schlechtw eg und sp arte die näheren B ezeichnungen für den hintern Saal (Nr. 4) auf, w ährend man den kleineren Raum (Nr. 3) vielfach als Zim m er (polnisch izba) von den grö sseren G elassen unterschied. W ozu unser vorderer Saal in älterer Z eit b en u tzt w urde, w ird uns von den Q uellen nicht ausdrücklich überliefert:

W enn die V erm utung richtig ist, dass er im alten Bau als der einzig dazu ausreichende Raum des G eb äu d es für die g rossen V ersam m lungen, in denen die Innungsältesten als V ertreter der B ürgerschaft von dem M agistrat zu befragen w aren, verw andt w urde, so w ird man vielleicht annehm en können, dass dies auch nach dem U m bau so gew esen ist. D ie Z w eiteilu n g des R aum es durch die S äulen stellu n g und die do p p elte W ölbung w ü rd e dann als der architektonische A usdruck der T re n n u n g d es höheren von dem niederen Stande der B ürgerschaft in ihren gem einsam en B eratungen g ed e u te t w erden können. G egen E nde d er polnischen odprawowaty si? trybunaty a teraz sqdy ziemskie Poznanskie, z tey tedy sali kriminalney sq schody na gor? do przedsionki, z ktorey etc. (Stadt­

archiv Posen E 3a S. 600).

a) Stadtrechnungen 1559/60 dom. a. f. exalt. crucis: pro 1750 schib- vitri ad fenestras superiorum atriorum pretorii numeravimus 7 fl.

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Z eit diente d er Saal, w ie aus dem B esichtigungsprotokoll d e r K om m ission der g uten O rd n u n g h ervorgeht, der K rim inalgerichts­

barkeit, die von dem Rat und dem Schöffenkollegium als g em ischtes G ericht (judicium com positum ) zusam m en g eh an d h ab t w urde und dem nach eines g rösseren R aum es bedurfte. H ierm it h än g t es denn w ohl auch zusam m en, dass auch im A nfang des 19. Ja h rh u n d e rts sich in diesem Saale d er sog. „S chöffenstuhl“ , eine niet- und nagelfeste V orrichtung, die offenbar als S itzg eleg en h eit für die das G ericht h eg e n d en Richter diente, sich befand. A ls nach E in führung d er preussischen H errschaft dem M agistrat die K rim inalgerichtsbarkeit abgenom m en w urde, scheint der Saal seiner ursprünglichen B e­

stim m ung als V ersam m lungsstelle d er B ürgerschaft w ieder zu rü ck ­ g eg e b en w orden zu sein. *)

O b d ieser Saal o der d er im S üdosten des G ebäudes g e ­ legene achtfenstrige, gew ölbte, langgestreckte Raum (Abb. 2 Nr. 4) in früheren Z eiten als das b ed eu tu n g sv o llste G elass des R athauses g egolten hat, kann zw eifelhaft erscheinen. D a der letztg en an n te Saal je tz t durch Z w ischenw ände geteilt und seine W ölbung zerstö rt ist, so können wir uns von dem Eindruck, den er hervor­

rief, keinen zureichenden Begriff m ehr m achen und ihn m it dem vorderen Saale nicht vergleichen. W elcher von den beiden Sälen also gem eint ist, w enn in den S tadtrechnungen von dem „ g ro sse n “ R athaussaal 2) die R ede ist, kann m it B estim m theit nicht en t­

schieden w erden. Im A nfang des 18. Ja h rh u n d e rts b ü rg ert sich d er N am e „K ö n ig ssaa l“ für den hinteren Saal ein. W ahrschein­

lich rührt d ieser N am e daher, dass hier die zahlreichen polnischen K önigsbilder, die die S tadt b esass und von denen in d er F o rt­

se tzu n g d ieser M itteilungen noch die R ede sein w ird, sich b e­

fanden. Zum ersten M ale ist d ieser Nam e in der S tadtrechnung von 1718 gefunden w orden. In einem B esichtigungsprotokoll von 1737 h eisst er der „K önigssaal in dem oberen Stockw erke neben d er G eric h tsstu b e“. Das oben angeführte B e sic h tig u n g s­

protokoll von 1750 bezeich n et m it vollkom m ener D eutlichkeit die L ag e des K önigssaals, der sich dam als in v öllig zerstörtem Z u ­ stande befand. Seine W iederherstellung, über deren K osten eine b eso n d ere R echnung in dem Stadtarchiv vorhanden ist, erfolgte in den Jah ren 1 7 5 6 — 58. G egen E nde der polnischen Z eit w urde das K önigszim m er auch das Tribunal g en a n n t 3).

D as neben ihm lieg en d e G elass (Abb. 2 Nr. 3), das in dem B auvertrage zum R atszim m er bestim m t w ar, ist tatsächlich zu

*) Staatsarchiv Posen. Posen C VII Bb 1.

2) Stadtrechnung für 1612: Maliarzowi od maliowania sali wielgi ratuszny y obrazu victorii Zmoliensk. zamku w zemi Siewierski 49 fl 23 g n

3) Rechnung von 1782 wizbie krolewskie czyli tribunal zwana.

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d ie sem Zw eck auch verw andt w orden *). E rst im 18. Ja h rh u n d e rt w ird es auch als G erichtszim m er bezeichnet.

W enn dem zufolge auch in späterer Z eit die B estim m ung d er R äum e keine ganz feste geblieben ist, so kann man doch für die ältere m it einiger Sicherheit ü ber die V erw endung der drei g ro ssen Säle im H au p tg esch o ss b eh au p ten , dass der vordere Saal (Nr. 1) zum V ersam m lungsort für die B ürgerschaft, der h intere Saal Nr. 3 als R atszim m er und Nr. 4 für die grossen G erich tssitzu n g en verw andt w urden.

Abb. 3. X»--- ►W esten .

Hauptgeschoss des Posener Rathaus. Jetzige Raumeinteilung.

Mit d er E inführung der preussischen H errschaft w urde b e ­ kanntlich die S elbständigkeit der S tädte in der V erw altung und R ech tsp rech u n g aufgehoben. D ie grossen Säle des R athauses, die allerdings erst ein Ja h rz e h n t vorher w ieder h erg estellt w orden w aren, w urden som it kaum m ehr verw endbar, dag eg en fehlten k leinere A m tszim m er. Man entschloss sich um so leichter zur Z erteilu n g d er grossen R äum e, als der Z u g d er Z eit nicht dahin ging, das geschichtlich G ew ordene liebevoll zu erhalten. So

Lässt sich aus der Zahl der Fenster auch rechnerisch nach- weisen. ln der Stadtrechnung von 1602 findet sich ein Posten von 15 Gulden für 1000 Scheiben zu den Fenstern der Ratsstube (Za 1000 szyb do okien do izby radziezkiey). Da in der Hauptetage jedes Fenster 250 Scheiben hatte, so kann nur ein Zimmer von 4 Fenstern gemeint sein.

Dies trifft aber nur für den Raum Nr. 3 zu.

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w urden nicht nur die grossen R äum e des dritten G eschosses, die allerdings keine künstlerische B ed eu tu n g hatten, geteilt, sondern auch der K önigssaal im H au p tg esch o ss durch Z ie h u n g von Z w ischenw änden in drei Z im m er und den zu g e h ö rig en K orridor z e rleg t 1). D er vordere Saal aber blieb vorläufig noch in se in er alten A u sd eh n u n g bestehen. E rst im Ja h re 1834 teilte man ihn durch die viel b esprochene Z w isc h e n w a n d 2), deren W egnahm e je tz t w ied er g ep lan t w ird, und zerstö rte som it einen Raum , für dessen eigentüm lichen architektonischen Reiz m an kein Ver­

ständnis m ehr hatte. (Fortsetzung folgt.)

!) In den Akten des Staatsarchivs, Posen C VII B b 1 befindet sich für diese bauliche Veränderung der Entwurf vom 9. Juni 1795 und der An­

schlag vom 14. Juni 1796. In dem E n t w u r f heisst es über das Haupt­

geschoss :

„C in der 2. Etage bleibt

Nr. 13 ( = Nr. 1 und 2 in unserer Abbildung 3) der grosse Fluhr zum Vorsaal zum Versammeln der Bürgerschaft und der Gewerbe, und darf die Treppe nur gehörig in Stand gesetzt werden.

Nr. 14 ( = Nr. 3) wird das Vorzimmer für den Policey-Magistrat.

Nr. 15 ( = Nr. 4) bleibt zum Sessions-Zimmer für den Policey-Magistrat.

Nr. 16 ( = Nr. 6) wird so dann nach dem auf dem Plan mit rother Tinte projektirten Ausbau die Registratur für den Policey-Magistrat und kan das Fenster e zur Gewinnung mehreren Raums füglich zugemauert werden.

Nr. 17 ( = Nr. 7) wird die Canzeley für den Policey-Magistrat.

Nr. 18 ( = Nr. 8) wird die Verhör und Instructions-Stube für das Stadt- Gericht, damit die Parteyen nicht zur 3. Etage, wo dieses Gericht sein Sessions-Zimmer erhält, geführt werden dürfen.

Nr. 19 ( = Nr. 5) wird der neue Corridor zu diesen neu anzulegenden Zimmern.“

In dem A n s c h l a g heisst es dann: „In der 2. Etage. Von Nr. 13 zu Nr. 19 eine Thüröffnung durch der Mauer zu brechen, die Blockzarge einzumauern, da diese Wand nicht sehr stark ist. 4 Thlr. Von Nr. 15 nach Nr. 16 ebenfalls eine Thiire durchzubrechen, die Blockzarge ein­

zumauern. 4 Thlr... 80 laufende Fuss neue massive Wände bey Nr. 16, 17, 18 und 19 1 Stein stark anzulegen und 12 Fuss hoch auf­

zuführen, 6 % Schachtruthe ä 1 Thlr. 20 Gr. und 12 Thlr. 5 Gr. 4 Pfg.“^

Sehr bemerkenswert sind hier die Posten für die Durchbrechung der beiden Thüren. Die Thür, welche heute von dem Vorsaal (Nr. 1 in Abb. 3) nach dem Korridor (Nr. 5) führt, ist also eine moderne Öffnung. Freilich zeigt das Besichtigungsprotokoll der Kommission der guten Ordnung (s.S. 121) dass schon früher eine Thür von dem vorderen Saal in den Königssaal geführt hat. Es bleibt also nur übrig anzunehmen, dass diese alte Thür­

öffnung erst bei dem Umbau 1782/83 zugemauert worden ist. Schwierig zu bestimmen ist es, welche Türöffnung gemeint ist, die von Nr. 15 nach 16 durchbrochen werden soll. Der alte Plan, auf den Entwurf und An­

schlag sich beziehen, ist nicht mehr vorhanden und nach unserer Deutung (Nr. 15 = 4, Nr. 16 = 6) wären 2 garnicht neben einander liegende Räume bezeichnet. Man wird kaum umhin können, einen Schreibfehler in der Vorlage anzunehmen. Wahrscheinlich ist die Thür von 3 zu 5 gemeint.

2) In der Stadtrechnung von 1834 (diese Jahreszahl steht auch auf der Decke des Vorflures) heisst es: „Für Reparaturen im Innern des Rat-

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Nachrichten.

1. Ü ber die P o l o n i s i e r u n g d e r B e v ö l k e r u n g v o n K r a k a u g ib t J . P t a § n i k in dem n euesten H efte d er Biblioteka K rakow ska (Nr. 23 S. 4 9 — 55) einige seh r interessante A ngaben, denen w ir das F o lg en d e entnehm en. Im 14. und 15. Ja h r­

h u n d ert w ar die B evölkerung fast noch ganz d eutsch, w ährend im 16. die schnelle P o lo n isie ru n g vor sich g ing. W ie in P osen ist dies auch in K rakau am b esten bei den R atslisten zu beobachten. Z unächst kom m en die polnischen V ornam en auf, dann w erden die deutschen F am iliennam en in das P olnische ü b erse tzt: Ein Hoffm ann n en n t sich D w orzanski, ein W eiss Biaty.

B esonders schnell polonisierten sich die reichen F am ilien, die L an d g ü ter b esasse n und sich m öglichst w en ig von dem L andadel unterscheiden w ollten. Ein zw eiter G rund für die P o lo n isie ru n g der B e v ö lk e ru n g w ar das E indringen einerseits des polnischen A dels, der es nicht v erschm ähte, durch den G rosshandel zu V er­

m ögen zu kom m en, andererseits d er niederen Schicht d es früher in den V orstädten an g ese ssen e n polnischen V olkes in den Kern d e r deu tsch en B ürgerschaft, die durch Z u z u g aus D eutschland nicht w eiter verstärk t w urde. — D as erste polnische Schriftstück in den K rakauer R atsakten stam m t vom Ja h re 1537, etw a um dieselb e Z eit setzten die P olen und polonisierten D eutschen nicht ganz o hne K am pf die B estim m ungen durch, dass jed er K rakauer S tadtschreiber d er deutschen und polnischen S prache k u n d ig sein m üsse, und dass die R atsherren die Schöffen aus den D eutschen und P olen w ählen sollten. In dem K am pfe g eg e n den D eutschen O rden im A nfänge des 16. Ja h rh u n d e rts, der z u le tz t zu r S äkularisierung des O rd en sstaates führte, flam m te das polnische N ationalgefühl auf. Im Ja h re 1520 schrieb A gricola, es w ürde ihm schw er, länger in K rakau zu verw eilen, es g eb e d o rt keinen D eutschen, der nicht schlechter als die Ju d e n b e­

han d elt w urde, b esonders bitter u rteilt er über das B enehm en der polonisierten D eutschen. Auch in den G esellenherbergen tobte d e r nationale Kam pf. Schon im Ja h re 1501 beschloss d er Rat, d ass bei den H utm achern die deutschen und polnischen G esellen

hauses 7 Thlr. 25 Sgr. 4 Pf. Dem Maurermeister Schildener für Repara­

turen im Rathause 65 Thlr. 26 Sgr. 6 Pf.). Dem Maurermeister Schildener für Aufführung der Scheidewand im Vorflur auf dem Rathause laut Ordre 56 Thlr. 25 Sgr. 6 Pf. und 19 Thlr. 2 Sgr. 3 Pf. . . . Dem Schiffbauer Kleemann für 5500 Stück Mauersteine zur Scheidewand auf dem Rathause 66 Thlr. Dem Maurermeister Schildener für den Ausbau des Vorflurs im Rathause 18 Thlr. 13 Sgr. Stadtarchiv Posen C X A 57.

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je eine b eso n d ere H erb erg e haben sollten. D reissig Ja h re später w urde bei den S chw ertfegern die polnische S prache für die V er­

h an d lu n g en als die allein verständliche ein g efü h rt. D asselbe geschah 1539 bei den S chuhm achern, bei denen bis dahin beide Sprachen neben einander g eb rau ch t w orden w aren. M anche Innungen w ehrten sich allerdings g eg en die P o lo n isie ru n g ; so b estim m te noch g eg e n E n d e des 16. Ja h rh u n d e rts das G esellen­

sta tu t der K orduanlederarbeiter, dass nur in A usnahm efällen P olen, U ngarn o der Böhm en aufgenom m en w erden sollten.

2. D ie diesjäh rig e G e n e r a l v e r s a m m l u n g d e s G e s a m t ­ v e r e i n s d e r d e u t s c h e n G e s c h i c h t s - u n d A l t e r t u m s ­ v e r e i n e findet vom 27. bis 30. S eptem ber 1903 in Erfurt statt.

Von den auf d er T ag e so rd n u n g steh en d en A nträgen ist für uns von Interesse d erjenige d er G esellschaft für L othringische G e­

schichte und A ltertum skunde: „D ie F o rsch u n g über den Einfluss d er röm ischen K ultur auf d iejenigen G egenden D eutschlands, die n i c h t dem röm ischen H errschaftsbereich angehörten, ist vom G esam tverein einheitlich zu organisieren und einer S pezial­

kom m ission zu u n te rstellen .“ In R ücksicht darauf, dass zu diesen G ebieten auch die h eu tig e P rovinz P osen g ehört, hat H err A rchivdirektor D r. P rü m ers ein K orreferat für diesen A ntrag ü ber­

nom m en. In V erbindung m it d er G eneralversam m lung findet am 25 . und 26. S eptem ber der vierte T ag für D enkm alspflege statt.

3. D ie W i e d e r h e r s t e l l u n g d e s R a t h a u s e s i n P o s e n ist von d er F ra g e abhängig, in w elcher W eise die R este der alten B em alung w ieder b en u tzt w erden sollen. D a ist es von W ert, eine U m schau zu halten, w ie m an bei der W iederher­

ste llu n g anderer R athäuser, deren F ronten ebenfalls b em alt w aren, verfahren ist. Vor m ehreren Ja h re n b ereits w urden die aus dem

17. Ja h rh u n d e rt stam m enden M alereien der R athäuser in M ühl­

hausen im E isass und in N eisse in Schlesien neu h ergestellt.

Je tz t hat m an auch die M alereien des R athauses in B a m b e r g erneuert, ü ber w elche „D ie D en k m alp fleg e“ vom 25 . F eb ru ar d .J . einen ausführlichen B ericht nebst A bbildungen bringt. D ie beiden L angfronten des R athauses in B am berg w urden 1756 m it einer g ro sszü g ig en farbigen A rchitektur bem alt, in w elche sich die ebenfalls gem alten S tandbilder von G esetzg eb ern und H errschern d er röm ischen G eschichte, die B ildnisse v erdienter M änner der S tadt sow ie m ehrere allegorische Scenen einfügen. D as G anze ist in dem alten R eichtum der F arben w iederhergestellt, und sow eit sich bis je tz t beurteilen lässt, sind die A rbeiten sow ohl nach der künstlerischen als nach der technischen Seite hin gelu n g en . Vor d er gleichen A ufgabe w ie in B am berg steht man zu r Z eit in U lm und in B a s e l , w o die E rw eiterung der Rat­

häu ser zugleich eine In stan d setz u n g der alten B auw erke und

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dam it auch ihrer noch vom A u sg an g e der G otik stam m enden:

Frontm alereien bed in g t. In allen den g enannten B eispiele h a n d e lt es sich um die B em alung g rö sser a u sg ed e h n ter P utzflächen, die d e n A ngriffen des W etters in b esonderem M asse p reis g eg e b en si nd_

Geschäftliches.

Hauptversammlung der Abteilung für Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Kunst und W issenschaft

zu Bromberg

( f r üher H i s t o r i s c h e G e s e l l s c h a f t f ür d e n Ne t z e d i s t r i k t ) . Die Hauptversammlung fand am 22. Mai Abends 8V2 Uhr im hiesigen Civilkasino statt. Sie wurde an Stelle des erkrankten ersten Vorsitzenden und an Stelle des verreisten stellvertretenden Vorsitzenden von dem Archivar, Herrn Oberlehrer Dr. Baumert geleitet. Der Schriftführer erstattete den Jahresbericht. Dem Kassenführer, dessen Rechnung von dem Herrn Stadtrat Jeschke geprüft worden war, wurde nach Beantwortung der gezogenen Erinnerungen Entlastung erteilt. Den Bericht über Bücherei und Sammlungen erstattete der Archivar.

Darauf wurden die neuen Satzungen beraten. Diese sind von dem Vorstände entworfen und haben die nach den Satzungen der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft erforderliche Genehmigung des Vorstandes dieser Gesellschaft gefunden. Die Satzungen wurden von der Versammlung einstimmig angenommen.

Der bisherige Vorstand wurde durch Zuruf wiedergewählt.

Auf eine Anfrage des Kassenführers, betreffend Erhöhung des von der Kasse der Deutschen Gesellschaft an die Abteilung zu überweisenden Mittel, wurde von dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft erwidert,, dass eine solche zur Zeit nicht möglich sei, dass aber eine Erhöhung des.

Monatszuschusses beantragt werden werde und dass nach dessen Ge­

währung den einzelnen Abteilungen auch reichlichere Mittel zur Ver­

fügung gestellt werden würden.

I. A.: S c h u l t z , Kgl. Forstmeister, Schriftführer.

Historische Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft

Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.

Son n tag , den 13. S e p te m b e r 1903.

Sommerausflug nach Meseritz und Paradies,

Näheres vgl. Seite 4 des Umschlages.

R e d a k tio n : D r. A. W arsch au er, P o sen — V erlag d e r H isto risch en G esellsch aft fQr die P ro ­ vinz P o sen zu P o sen un d d er H istorischen G esellschaft für den N etze-D istrikt zu B rom berg..

D ruck d er H ofbuchdruckerei W . D ecker & Co., P o sen .

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