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Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Jg. 4, 1903, Nr 10.

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HISTORISCHE MOIWSBLflTTER

für die Provinz Posen

Jahrgang IV P o sen , O ktober 1903 Nr. 10 R u m m le r E., Der Liber beneficiorum des Johannes a Lasco, S. 145.

K o h te J., Die Provinz Posen in der deutschen Kunstgeschichte, S. 155.

Literarische Mitteilungen S. 158. — Bekanntmachung S. 160.

Der Eiber beneficiorum des Johannes a Lasco.

von

E. Rummler.

er V erfasser des liber beneficiorum ist der G n esen er E rzbischof Jo h a n n es ta s k i.

G eboren 1456 und durch w issenschaftliche S tudien zum K leriker vorgebildet, erstieg er v erhältnism ässig rasch die einzelnen Stufen der H ierarchie und w urde 1511 E rz­

bischof von G nesen. Als solcher erw arb e r f ü r sich und seine N achfolger auf dem erzbischöflichen Stuhle die W ürde eines leg atu s natus. E r liess zwei verschiedene Sam m lungen von Statuten für sein Bistum veranstalten, und seiner A n regung ist auch der vo rliegende liber beneficiorum zu verdanken. Jo h an n es L ask ir oder wie er sich in lateinischer S prache nennt, Jo h a n n es a Lasco starb 1531 zu Kalisch.

D er Inhalt des W erkes w ird durchaus bestim m t durch den Z w eck, den der Erzbischof bei seiner A bfassung im A uge hatte.

E r w ollte der Z entralverw altung d er E rzdiözese in G nesen eine gen au e Ü bersicht über alle A rchidiakonate und die ihnen unter­

stellten D ekanate b e z w . Pfarrkirchen nach der persönlichen, m ateriellen und wo es m öglich war, auch historischen Seite hin verschaffen. D aher enthält dieses kirchliche Inventarienbuch, das in einer durch L ukow ski und K orytkow ski b esorgten A usgabe seit dem Jah re 1881 in zw ei starken B änden gedruckt vorliegt, eine A ufzählung aller P farreien m it A ngabe der jew eiligen P rö p ste

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sam t der ihnen b eig eo rd n ete n V ikare, M ansionare u. s. w ., dazu ein g en a u es V erzeichnis der zu je d er Pfarrei g eh ö rig e n G ru n d ­ stücke, H äuser, Ä cker, W iesen, W aldungen, M ühlen, Scheunen, P achthöfe, G erechtigkeiten neb st den daraus erw achsenden E r­

träg n issen .

M eist findet sich auch eine N otiz ü ber den B auzustand der K irche und der P farrhäuser sow ie ü ber den Z u sta n d d er zur P ro p stei geh ö rig en Ä cker u. s. w.

W enn nun auch das g an z e V erzeichnis offenbar nach einem von der Z entralbehörde ausgearbeitetem Schem a au fgestellt w orden ist, so z e ig t doch die A nlage der L isten in den sechs Archi- d iakonaten: G nesen, U niejow , K urzelow , K alisch, W ielun und L enczyc-L ow icz einige allerdings den C harakter des G anzen nicht beein flu ssen d e B esonderheiten. W ie es scheint, sind durch V erm ittelung d er A rchidiakonate die A ufnahm en in den einzelnen P ro p steie n gem acht, den A rchidiakonen z u g e se n d et, von diesen einheitlich zu sam m en g estellt und endlich der K urie in G nesen ü berm ittelt w orden. E ine nochm alige Ü berarbeitung in der Z entrale erscheint angesichts d er erw ähnten redaktionellen V erschieden­

h eiten nicht m ehr stattgefunden zu haben. D ie G rundlage der A ufnahm en bildeten, sow eit sie vorhanden w aren, S tiftungsbriefe und P rivilegien der einzelnen K irchen, die entw eder im W ortlaut w ied e rg eg eb e n sind, o d er auf die sich d er P farrer nur beruft.

D och ist d iese B ezugnahm e auf aktenm ässiges M aterial v erh ältn is­

m ässig se lte n , w ie das ja auch b esonders bei den ältesten K irchen natürlich ist, deren G rü n d u n g in eine Z eit hineinreicht, d ie ü b erh a u p t noch nicht das U rkundenw esen kannte. Bisw eilen w erden — das ist bei säm tlichen K irchen d es A rchidiakonats W ielun verm erkt — von der zu diesem Z w ecke den S prengel b e ­ reisenden K om m ission ausser dem Pfarrer die K irchenältesten h eran g ezo g en und nach ihren A ngaben die einzelnen B esitzstücke d er K irche n eb st ihren E rträgen in die L iste eing etrag en . M eh r­

fach beruft sich die K om m ission — die allerdings n irg en d s er­

w ähnt, deren M itw irkung aber schon aus der gleichm ässigen B e­

h an d lu n g des statistischen M aterials unzw eifelhaft ist, — auf die A u ssag en d er ältesten L eu te des K irchspiels.

Vielfach ist der kirchliche B esitzstand unsicher, häufig findet sich z. B. die B em erkung, dass d er P farrer einer K irche w eg en des D ezem s m it einem benachbarten P farrer o der A bte einen P ro z ess führe, d er dem bischöflichen G erichtshöfe in G nesen zur E n tsc h eid u n g vorliege.

Vielfach hat die K irche auch über V erlust an lieg en d en G ründen zu klagen. Bald w erden benachbarte E d elleu te des R aubes an kirchlichem G ute besch u ld ig t, bald w ird d er V erlust d er N achlässigkeit d er geg en w ärtig en o d er eines früheren Pfarrers

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zu g e sc h rie b en . L eid er findet sich auch die B em erkung, dass der P farrer ein Stück des P farrg u tes verkauft und das G eld zu seinem N u tze n v erw en d et habe.

Ü beraus zahlreich sind die K lagen d er K om m issionen über sch lech ten Z u sta n d d es P farrgutes. D ie G eb äu d e des Pfarrhofes sind oft ganz o d er zum Teil verfallen, und die Äcker liegen u n b eb a u t da, ja, in nicht w enigen Fällen w ird bem erkt, auf einigen S tü ck en des zu r P ro p stei geh ö rig en F eld e s sei W ald aufgesprossen.

M it diesen A ngaben tritt der Inhalt des liber beneficiorum schon aus dem R ahm en einer rein kirchlichen Z w ecken dienenden statistisch en T abelle heraus und g ew innt für uns historische B e­

d eu tu n g . E ine solche haben ferner die A ngaben ü ber das V er­

h ältnis der Pfarrkirche zu der F iliale, der P atronatsverhältnisse, des G rün d u n g sjah res sow ie des S tifters: alles D inge, die, so sehr sie auch kirchlichen Interessen dienen, doch auch geschichtlich von B e d eu tu n g sind. N icht m inder w ichtig ist d i e bei je d er P ro p stei sich w iederholende A ngabe d er oft sehr zahlreichen D örfer des K irchspiels m it A ufzählung d er von den Bauern oder auch dem G utsherrn zu entrichtenden L eistu n g en an D ezem , K ollende, M issaliengeldern, Lein- und H anfzins. U nd diese Auf­

z ä h lu n g gib t uns w eiterhin ein B i ld d er einzelnen P farrsprengel, das von ihrem heutig en Z u sta n d e oft nicht unw esentlich abw eicht und in Z ukunft bei d er w eiter fortschreitenden T ätigkeit der A nsiedelungs-K om m ission noch m ehr als heu t abw eichen w ird.

D abei will ich bem erken, dass die E rzd iö zese G nesen heu t nur noch den kleineren Teil ihres ehem aligen B esitzstandes um fasst, denn in altpolnischer Z eit gehörten zu ihr auch die durch die politischen V erhältnisse abgetrennten A rchidiakonate U niejow, K urzelow , K alisch, W ielun und to w ic z - te n c z y c , die heu t in R ussisch-P olen liegen.

D ann g ew ährt sie uns einen Einblick einerseits in die m aterielle S tellung der P fa rr e r , andrerseits aber auch in die nicht un b ed eu ten d e B elastung der Bauern m it kirchlichen A bgaben, auf die ich noch zurückkom m en w erde.

V erspricht ein ein g eh en d es S tudium des liber beneficiorum schon nach d ieser Seite hin w ertvolle A ufschlüsse, so dürfte sich die B etrachtung d er in Jo h an n es a Lasco B uche enthaltenen O r t s - u n d F l u r n a m e n noch ertragsreicher gestalten. D urch V erg leich u n g m it O rtsverzeichnissen unseres Ja h rh u n d e rts lässt sich näm lich m ehrfach eine V erschiebung d e r S iedelungs- und V erw altungsverhältnisse erkennen und auf eben solche V erände­

ru n g en w eisen in dem liber beneficiorum ziem lich häufig auf­

tauchende Nam en von F lurstücken hin, die in den m eisten F ällen einstm als E igentum und W ohnstätte se lb stä n d ig er G em einden w aren, die aber im 16. Ja h rh u n d e rt schon ein g eg an g en o der m it

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ändern verschm olzen w orden sind. Sicher reichen d iese F lu r­

nam en in entfernte Ja h rh u n d e rte hinauf und erlauben uns so einen E inblick in recht alte, vielleicht ursp rü n g lich e S ied e lu n g s­

verhältnisse.

U nd die N am en selb st, die bei Jo h a n n es a L asco h ä u fig in älteren F orm en erscheinen, g eb en dem Sprachforscher G ele g en ­ heit, auf nationale, soziale, w irtschaftliche un d rein g eo g ra p h isch e V erhältnisse in altpolnischer Z eit aufm erksam zu m achen. W elche B e d eu tu n g die O rtsnam enforschung für die ältere d eu tsch e G eschichte hat, ist jederm ann bekannt. D aher w äre es an d er Zeit, dass nun auch d eu tsch e F orscher, die freilich m it d er K enntnis d es h eu tig en und auch des alten P olnischen a u s g e rü ste t sein m üssten, sich d er O rtsnam enforschung unsrer P rovinz w idm eten.

N atürlich dürfte m an sich nicht auf unser B uch b esch rän k e n „ sondern m üsste vor allem die g edruckten und un g ed ru ck ten U rkunden zu H ülfe zieh en . E s ist eigentlich m erk w ü rd ig , d a ss eine solche A rbeit für unsere P rovinz noch nicht existiert, w ährend in den N achbarländern S chlesien, der L ausitz, Sachsen*

B ran d en b u rg auf diesem G ebiete schon viel g eleistet w orden ist.

Es ist ja w ohl ein g ro sses polnisches O rtsnam enlexikon v orhanden, o der noch im E rscheinen begriffen, das dürfte u n s D eu tsch e aber nicht h in d ern , auch un sererseits d iesen Z w eig der W issenschaft zu pflegen.

Ich greife aus d er F ü lle d er O rtsnam en einige heraus,, die b eso n d ers lehrreich sind.

Z u n äc h st findet sich m ehrfach der N am e U jazd o der auch W iazd, der in S chlesien h e u t in d er Form U jest und O y as er­

scheint. A us zahlreichen schlesischen und böhm ischen Q uellen w issen w ir, dass ujazd, w as so viel w ie U m ritt b ed e u te t, d er A usdruck für die A b g re n zu n g eines Stücken L andes w ar, das einem A nsiedler unter gew issen B ed in g u n g en überlassen w urde.

Auf A n sied elu n g eines b ish e r unb eb au ten Stück L andes d e u te t auch der in se h r verschiedenen F orm en auf treten d e O rts­

nam e L ig o ta hin, der in S chlesien überaus häu fig als E llg u th auftritt. Im liber beneficiorum erscheinen drei D örfer dieses N am ens in den F orm en L g o th a und H uta.

Bei L g o th a und U jazd h a n d e lt es sich, w ie S chulte 1891 in d er Z eitschrift des V ereins für G eschichte und A ltertum S chlesiens d arg e le g t hat, um A n sied elu n g s l a v i s c h e r B auern, denen eine g ew isse F re ih eit von A bgaben bew illigt w urde, und es ist dabei vielleicht n icht ohne B ed eu tu n g , dass sich D örfer d er ersten N am enform in den östlichen T eilen des B istum s finden, etw as entfernt von den E inflüssen deutscher E inw anderer. N icht zu ü b erse h en ist, dass das H uta W iskicka genannte Dorf erst 1 4 7 0 a n g e le g t w orden ist.

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D er O rtsnam e U jazd tritt in d er N ähe von G nesen und E x in , aber auch w eit davon entfernt im D istrikt Rawa auf.

Viel häufiger als L g o th a und U jazd findet sich d er O rts­

nam e W ola. E r b ed e u te t soviel wie F reiheit, d. h. von L asten u n d A bgaben. D as W ort W ola kom m t nur selten für sich allein vor, sondern ste h t m eist in V erbindung m it einem von einem O rts- o der P ersonennam en abgeleiteten A djective z. B. W ola K adtubska, W ola B iskupska, W ola K am ienna etc.

A us der N am ensform erseh en wir, dass w ir hier grund- herrlich e D örfer vor uns haben, deren E igentüm er g eg e n V e r­

sp re c h u n g m anchm al recht a u sg ed e h n ter F re ih eiten K olonisten an ­ se tz te n , um das bis dahin unbebaute L and n u tz b a r zu m achen.

D ie Z ahl d er W ola g en an n ten D örfer ist se h r g ro ss; am häufigsten kom m en sie vor im A rchidiakonat L enczyc-Low icz, w enn sie auch anderw ärts nicht fehlen.

Auch die W ola ist eine in slavischen R echtsform en sich v o llziehende innere K olonisation, die von d er A nsetzu n g von Bauern zu deutschem R echt scharf g eschieden w erden m uss.

W ie im besonderen die S tellung d er Bauern eine W ola gew esen is t , m uss S pezialuntersuchungen Vorbehalten bleiben. Mit H ülfe solcher S pezialuntersuchungen w ird sich vielleicht G e­

n aueres über die Z e i t solcher kolonisatorischer B estrebungen erforschen lassen. V ielleicht fällt dabei auch ein L icht auf den U m stand, dass sich die als W ola bezeichneten O rte vornehm lich im L enczycer A rchidiakonat finden. H aben hier die G rundherren nur selten die m it der E rteilu n g d es deutschen R echts v erbundene B efreiung von öffentlichen L asten des polnischen R echts erhalten?

E rschw erte die g rö ssere E ntfernung von D eutschland den Z u z u g deutscher K olonisten? W aren vielleicht m it der A n setzu n g von B auern zu deutschem Rechte Ü b elstände v erbunden, die dem ein­

fachen E delm anne eine B esiedelung seines W aldbodens zu p o l­

nischem R echt w ünschensw ert erscheinen H essen? O d er m achte ihnen die K irche m it F o rd e ru n g von N aturalzehnt S chw ierigkeiten ? A lle diese F ragen könnten vielleicht durch S pezialuntersuchungen g elö st w erden, zu denen d er liber beneficiorum G ele g en h e it und A nlass gibt.

W ie im G eg en sätze zu den in der W ola angesied elten Bauern polnischen R echts die zu d e u t s c h e m R echt sitzenden B a u e r n g e ste llt sind, ist auch auf G rund des Studium s des liber beneficiorum nicht leicht zu sagen. Es haben sich die V erhältnisse d ieser B e­

völk eru n g sk lasse, w ie ich seiner Z eit aus den A kten des G nesener u n d P o sen e r D om kapitels nachgew iesen habe, seit dem 14. Ja h r­

h u n d ert stark verschoben und sind im allgem einen schlechter g e ­ w orden. Doch will ich nicht unterlassen, darauf hinzuw eisen, dass sich im liber beneficiorum m ehrfach d er A usdruck findet: D e r

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S c h u l z e z e h n te t nach A usw eis sein es P riv ileg s. D as lä sst un­

zw eifelhaft darauf schliessen, dass doch nicht so ganz allgem ein, w ie es w ohl b eh a u p te t w orden ist, und w ie ich se lb st g eg la u b t habe, je d e s P rivilegium d er zu deutschem R echt an g e sie d elten S chulzen u n d Bauern m it F ü ssen getreten w orden ist. Es m uss, w enn vielleicht auch nur hier und da, L eu te g eg e b en haben, die sich ein e r b esseren S tellung erfreuten.

E ine H auptrolle bei d er A n sied elu n g deutscher K olonisten sp ielte d er D ezem . In den g uten Z eiten der deutschen E inw an­

d eru n g g in g der K olonist niem als auf N aturalzehnt ein, so n d ern verpflichtete sich nur zu G eld zeh n t o der b eq u em te sich höchstens»

M alterzehnt zu zahlen.

N un findet sich aber im liber beneficiorum eine g ro sse A nzahl von D örfern, die einen S chulzen, m ithin deutsche D orfverfassung haben und die doch fast alle N aturalzehnt entrichten. A usser einem sogleich zu berü h ren d en G runde rührt das vielleicht d ah er, dass w ir es hier zw ar m it einer deutschrechtlichen D orfverfassung zu tun haben, die der E delm ann eingeführt hat, um g rö ssere E rträg e aus seinem G rund und B oden zu erzielen, dass aber von deutschen Bauern g ar keine R ede ist, sondern von P olen, w elche sich eben von ihrem G rundherrn — w ie w ir auch so n st sehen — allerlei L asten aufbürden Hessen, die ein national-deutscher B auer nie übernom m en hätte. D aher bequem ten sich solche L eu te o hne Zw eifel auch ohne viele G eg en red e zu d er E ntrich tu n g von N aturalzehnt, auf den die K irche ü b erh a u p t g ro sses G ew icht g eleg t zu haben scheint.

A uch auf einen anderen G rund für die allm ählich im m er w eiter greifende H errschaft des N aturalzehnten auch bei B auern d eutschen R echts w eist uns eine N otiz vom Ja h re 1433 hin.

Im F u ndationsbriefe d es D om kapitels in Low icz spricht d e r E rzbischof davon, dass in den zum U nterhalte der L ow iczer D om herren ze h n te n d en D örfern der M alterzehnt abgeschafft und durch den F eld z e h n t erse tzt w orden sei, w eil die E rh e b u n g des M alterzehnten g ro sse S chw ierigkeiten m ache und oft zu r V erhän­

g u n g kirchlicher Strafen g eführt habe. Ja , er sei V eranlassung gew esen, dass oft die B auern w eggelaufen und ihre G üter som it ertraglos gew orden seien.

W arum m acht denn die E rh e b u n g des auf einen M alter G etreide fixierten Z ehnten so grosse S chw ierigkeiten? D as führt uns auf eine andere T atsache, für die ein je d e s B latt in den A ufzeichnungen des Jo h a n n es a Lasco den B ew eis liefert.

E s ist erschrecklich, w as für ein trau rig es Bild von dem Z u stan d e des L andes wir aus dem liber beneficiorum gew in n en . U nd w as das M erkw ürdigste is t: dies E lend, auf das ich sogleich zu sprechen kom m e, herrscht in einer Z eit inneren und äu sseren

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F rie d en s. D enn g rad e im 16. Ja h rh u n d e rt h at P olen seine G lanz­

zeit, die durch die K riege m it dem län g st geschw ächten O rden ü b erh a u p t nur w en ig g estö rt w urde, vor allem aber können die hier in F ra g e kom m enden L andschaften P o len s nur in g eringem G rade durch sie g esch ä d ig t w orden sein.

In einer unabsehbaren R eihe von E intrag u n g en w ird, w ie schon im E in g än g e bem erkt, K lage d arüber geführt, dass der P farrer w egen R ückganges d er E inkünfte keinen V ikar halten könne. D ie P farrgrundstücke sind häufig in einem überaus trau ­ rigen Z u stan d e, die W ohnhäuser halb verfallen. W er m ag da schuld se in ? L ie g t hier einfach N achlässigkeit des Pfarrers vor, oder fehlt es ihm eben an M itteln, um die nötigen R eparaturen vornehm en zu lassen. H ier und da liegen Pfarräcker w üst da, m ehrfach w ird bem erkt, es sei B usch auf den P ropsteifeldern o der d er Pfarrw iese aufgesprosst. W enn sich auch einm al die B em er­

k u n g findet, d er P farrer sei ein alter schw acher und indolenter M ann, so ist das doch sicher eine A usnahm e, und es h än g t die S ache unzw eifelhaft m it dem G esam tzustand des L andes z u ­ sam m en.

Nach ungefährer S chätzung w ird bei etwa dem dritten Teile der P ro p steien bem erkt, dass einzelne Hufen o der dass dies oder jen es Dorf gänzlich w üst liegen. E ine U nzahl von Höfen steh t leer, ganze D örfer sind verlassen und w erden im b esten F alle von den Bauern der N achbardörfer bebaut. W as ist der G rund für diese auffällige E rscheinung der V erödung eines durchaus auf A ckerbau angew iesenen L andes m itten in einer langen P erio d e tiefsten F rie d e n s? W enn auch sicher durch später an zustellende S pezialuntersuchungen m anches N eue zu T age treten dürfte, w as m eine A usführungen berichtigen und ergänzen w ird, so w erfen doch vielleicht die nachstehenden A ngaben des Über beneficiorum schon je tz t auf die V erhältnisse im 16. Ja h rh u n d e rt g en ü g e n d es Licht. D a haben zu nächst E d elleu te Bauern g eleg t, ihre G üter an sich g ezo g en und bebauen sie nun m it ihren eigenen unfreien A rbeitskräften. M eist wird das aus reiner H absucht erfolgt sein, doch wird auch einmal bem erkt, der E delm ann habe B auern­

gü ter ein g ezo g en , um seine K inder unterzubringen. D es w eiteren w ird über G ew alttätigkeiten bischöflicher A m tsleute geklagt. In anderen Fällen w ird w ieder geklagt, dass m anche E delleute ihre U ntertanen derm assen plagen, dass sie ihren P flichten g eg en die K irche nicht nachzukom m en verm ögen. Einm al kom m t es sogar vor, dass ein E delm ann als P fandinhaber eines erz- bischöflichen G utes seine Bauern in d er A bsicht schindet, um das Dorf w üst zu legen, w ie w enigstens die D om herren glauben.

V ielleicht hegte er die w eitere A bsicht, auf diese W eise billig in den B esitz des D orfes zu kom m en. W ieder in einem

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anderen F alle w ird der R ückgang der bäuerlichen B evölkerung auf die schw eren A nforderungen zurückgeführt, die die L ieferung von L ebensm itteln zu r V erproviantierung der benachbarten F e stu n g K alisch an die B auern stellte. A us vielen anderen Q uellen, z. B.

aus den A kten des G nesener D om kapitels, w issen wir, dass d er B auer im 15. Ja h rh u n d e rt tatsächlich schlecht stand. W enn aber h ier die doch vom K apitel schon aus eigenem Interesse einiger- m assen g esch ü tzten Bauern von den bischöflichen V erw altern viel z u leiden hatten, so w ird das auf den G ütern des A dels nicht b e sse r gew esen sein, der durch die im 16. Ja h rh u n d e rt allgem ein ein setzen d e P re isste ig e ru n g infolge der G eldw irtschaft bei dem V erharren auf dem S tan d p u n k te d er N aturalw irtschaft w ie überall, so auch in P olen in eine üble w irtschaftliche L ag e geriet. Z ur sch w ierig en L age des B au ern stan d es trag en auch die kirchlichen L asten bei: einm al durch ihre H öhe und V ervielfältigung — denn neben dem F eld z eh n te n m usste noch L einzins g ez ah lt w erden, falls d er P farrer sich sein D ez em g etreid e se lb st einfuhr, ferner die so g e n an n te K olende und endlich das M esskorn — das andere M al durch die oft ang ew an d te H ärte bei d er E in zieh u n g des D ezem s, die sich natürlich noch steig erte, w enn d er D ezem an einen benachbarten E delm ann verp ach tet w ar, d er nun rücksichtslos sein R echt g elten d m achte. D aher entzogen sich viele Bauern dem D rucke durch die Flucht. J e m ehr Bauern aber entliefen, um so schw ieriger w u rd e die L ag e der Z urückbleibenden, denn sie w urden häu fig gezw u n g en , die verlassenen Äcker m it zu b e ­ bauen. D as lässt sich w en ig sten s aus direkten A ngaben des liber beneficiorum sow ie auch daraus schliessen, dass die K om m ission, die die P ro p steien behufs A ufnahm e aller w irtschaftlichen V er­

h ältnisse bereiste, hier und da den D ezem der ausdrücklich als unbew ohnt bezeichneten D örfer m it in A nschlag brachte. D ie auf solche W eise zu im m er neuen L eistu n g en heran g ezo g en en Bauern sind nun in den w enigsten F ällen w irkliche L eib eig en e, die zw ar m ehrfach in unserem B uche erw ähnt, im m er aber von den nur zu grundherrlichen L eistu n g en verpflichteten Bauern unterschieden w erden, sondern m eist L eute des letztgenannten S tandes. D iesem D rucke sich zu en tzieh en , gab es kein anderes M ittel als die F lucht, g eg e n die allerdings im m er w iederholte R eich stag s­

b esch lü sse eifrig anzukäm pfen suchten.

A us derartigen B auern, die m it o der ohne E inverständnis d es G rundherrn lieber ihre E rb g ü ter aufgaben, als sich dem ste tig w achsenden D rucke ihrer G rundherren unterw arfen, m ag wohl die M ehrzahl d er L eute herv o rg eg an g en sein, die sich bereit finden Hessen, geistliche G üter als P ächter zu bew irtschaften. Sehr zahl­

reich sind die in die A ufnahm eprotokolle aufgenom m enen V er­

träge d er P rö p ste m it G utspächtern, und sie m üssen im allg e­

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m einen als g ü n stig für die letzteren bezeich n et w erden. D enn m eist fordert d er P ro p st für die H ufe P achtland 1/ 2 M ark und n eben gerin g fü g ig en L ieferungen an H ühnern und E iern w öchent­

lich einen T ag F ronarbeit auf dem P ro p steig u te . H ier und da, aber im allgem einen selten, findet sich eine V erpachtung auf einen B ruchteil, zum B eispiel auf 1/ i des E rnteertrages. — B isw eilen treten auch höhere A nforderungen d er P rö p ste auf, aber g era d e dort findet sich die B em erkung, dass ein Teil d er P ach t­

bauern w eggelaufen ist und dass der P farrer sich nun g ez w u n g en g eseh e n habe, den A cker zu viel g ü n stig eren B e d in g u n g en zu verpachten.

D ie bis ins E inzelne g eh e n d e A ufzählung d er zu einer P ro p stei geh ö rig en G rundstücke lässt nun w eiterhin zw eierlei erkennen. Z u n äc h st ist es m öglich, eine S cheidung der P farren nach der Q uelle ihres E inkom m ens zu m achen. D ie einen Pfarrer leben näm lich in erster L inie vom D ezem und sonstigen kirch­

lichen A bgaben, die ändern sind im w esentlichen auf den E rtrag ihrer G rundstücke angew iesen. S elbstverständlich lä sst sich eine völlige S cheidung beid er A rten nicht durchführen, denn N u tzu n g von G rundstücken und B ezug von D ezem kom m t sow ohl hier wie da v o r; aber das eine oder andere überw iegt allem al. D a nun von anderer Seite lä n g st die B em erkung gem acht ist, dass g era d e die ältesten P farreien auf D ezem g e g rü n d e t sind, dass d ag eg en in sp äterer Z eit eine A usstattu n g der Pfarren m it D ien st­

land e rfo lg te , so w äre dam it die M öglichkeit g e g e b e n , die ältesten S iedelungsverhältnisse m it H ülfe des liber beneficiorum klar zu erkennen, denn die ältesten P farrkirchen sind doch ohne Zw eifel an den H auptorten der einzelnen G aue, die ja zugleich die politischen M ittelpunkte d er G augem einde bildeten, entstanden.

So Hesse sich m it H ülfe der ältesten kirchlichen E inteilung die älteste G aueinteilung rekonstruieren. Jedenfalls verschafft uns eine U n tersuchung d ieser F ra g e ein Bild der ältesten V erbreitung des C hristentum s in P olen. Z ieht man die vielen urkundlich b eg lau ­ big ten K irchengründungen im 15. Ja h rh u n d e rt, die der liber beneficiorum erw ähnt, in R echnung, so kann sich zu nächst nur eine dünne Schicht christlicher B evölkerung m it v erhältnism ässig w enigen K irchen als S tü tzpunkten über das L and v erbreitet haben.

Auf den Z eitpunkt d er K irchspielgründung w irft auch die L ag e der Pfarräcker ein ig es Licht. L iegen sie näm lich im G e­

m enge m it den B auernäckern, so ist die Kirche sicher alt, liegen aber die Pfarräcker ganz für sich, sind sie auf D orfanger oder auf abgeteilten Stücken D om inralland g eleg en , so ist das K irch­

spiel w ahrscheinlich eine neue G ründung, die erst nach S epara­

tion von G em einde- und D om inialland zur Z eit der A ufnahm e erfolgt ist.

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U nd w ie die A u ssta ttu n g der P ro p steie n m it D ienstland o der D ezem w ichtige historische A ufschlüsse gib t, so d er D e z e m selbst. Er w ird bisw eilen in G eld entrichtet, un d da findet sich denn, dass die einzelnen B auern von d er H ufe kein esw eg s im m er den selb en G eld z eh n t zu entrichten haben. D as lässt den S chluss zu, d ass die E rträge d er L andw irtschaft v erschieden w aren. O b das in den B odenverhältnissen o der in lokalen P reisdifferenzen b eg rü n d e t ist, dürfte eine S p ezialu n tersu ch u n g m it H e ran z ieh u n g g eo lo g isch er K arten klar legen.

D as h errschende W irtschaftssystem ist die D re ife ld e rw ir t­

schaft, bei der die F lu ren für W interfrucht, S o m m ergetreide und Brachfeld m eist h in tereinander an g e o rd n et sind, so dass das letzte D rittel oft an den W ald g ren z t u n d bei der N achlässigkeit der B auern bisw eilen von aufsp riessen d em G ebüsch b e se tz t ist. N eben d iesen G ru n d z ü g en d er F lu rv erfassu n g z e ig t uns d er liber b en e­

ficiorum vielfach auch die L a g e der v erschiedenen G ew anne, die ihrerseits w iederum die o b engenannten D reifelder enthalten.

Z ahlreiche A ngaben des B uches lassen uns ferner die v er­

schiedenen M asseinheiten des 16. Ja h rh u n d e rts erk e n n en : m ansi, lanei, stadia, v irgae, sulci etc. zieh en an uns vorüber. H ier und da brin g t das Buch P re isa n g a b e n ; so w ird z. B. eine H ufe auf 36 M ark taxiert, und ein Scheffel W eizen hat nach der S chätzung der m it der A ufnahm e b etrauten K om m ission einen W ert von 1 G roschen. D as erm öglicht uns w ieder einen S chluss auf die H öhe gew isser kirchlicher A bgaben, denn w enn w ir hören, dass d er B esitzer eines H äuschens in d er S tadt o der auch auf dem D orfe 1 G roschen, also den W ert von 1 Scheffel G etreide an K olende zu entrichten hat, so gew innen w ir den E indruck, als ob die kirchlichen A bgaben nicht u n b ed e u te n d gew esen seien.

Endlich g ew innt m an aus dem Studium des B uches einen E inblick in den m ittelalterlichen G eldverkehr. D ie A ltäre der städtischen K irchen sind näm lich oft auf K apitalien g estiftet, die n utzbar an g e le g t sind. D a die K irche die F o rd e ru n g von Z insen nicht erlaubte, so b ed ien te m an sich d er Form des R entenkaufes, um K apitalien zin sb ar an zu leg en . D ie H öhe d ieser leicht v er­

hüllten Z insforderung b ew e g t sich im allgem einen um 1 0 % herum . M annigfaltig ist, w ie w ir seh en , d er Inhalt des B uches, und nicht unbed eu ten d sind die A n reg u n g en , die der liber beneficiorum zu w eiteren S tudien b eso n d ers auf dem G ebiete d er w irtschaft­

lichen L ag e P o len s zu B eginn d er N euzeit b ietet. M ehrfach sind seine A ngaben auch schon zur E n tsc h eid u n g von P ro z esse n ver­

w ertet w orden. Um so b ed auerlicher ist es, dass m eines W issens b ish e r noch niem and eine rationelle D urchforschung des B uches unternom m en hat. D ass dies bald gesch ieh t, ist bei der B edeu­

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tu n g seines Inhalts h ö ch st w ünschensw ert. Hoffen w ir, dass sich bald ein F o rsch er findet, der g ee ig n e t ist, die reichen im ü b er beneficiorum verb o rg en en S chätze zu heben.

Die Provinz Posen in der deutschen Kunstgeschichte.

Von

J. K o h t e .

eit alter Z eit w urde das G ebiet der h eu tig en P ro v in z P o sen auf das inn ig ste von d eu tsch er K ultur berü h rt.

Zu P olen geh ö rig , erstreckte_ es sich keilförm ig in deutsche L ande hinein, P re u ssen und P om m ern von Schlesien tren n en d und das Stam m land des preussischen S taates, die M ark B randenburg, berührend. So entspannen sich lebhafte B e­

z ieh u n g e n , w elche n aturgem äss von der deutschen B evölkerung des L andes am m eisten g ep fleg t w urden, und das P o sen er L and nahm an der E ntw icklung der d eutschen K unstgeschichte einen nicht g eringen A nteil, dessen B e d eu tu n g w ir an den D enkm älern erm essen können.

D ie ältesten K irchenbauten, w elche in d er P rovinz P o sen erhalten sind, in K raschw itz, S trelno, M ogilno, Inow razlaw , KoScielec, G iecz und L ubin, vom A u sg an g e des 12. o der vom A nfänge des 13. Ja h rh u n d e rts, stehen m it den gleich zeitig en B auw erken der M ark B randenburg und ihrer N achbargebiete in so innigem S chulzusam m enhange, dass m an glauben m öchte, zw ischen hier und dort hätten keine staatlichen G renzen bestanden.

D ie m eisten rom anischen K irchen der P rovinz P osen sind aus G ranitquadern errichtet, m anche auch aus gebrannten Z iegeln, und sie schliessen sich in ihrer A nlage und D urchbildung, den A b­

m essu n g en der Z iegel und d er B ehandlung des M auerw erks den m ärkischen B auten a n ; nur w ird alles einfacher und derber. N icht im m er b eg n ü g te man sich m it jenen spröden Baustoffen, sondern verschaffte sich zu b evorzugten B auteilen den leichter zu b e ­ arbeitenden Sandstein, verm utlich aus den B ergen S chlesiens oder der L ausitz, und dam it äussert sich d er Einfluss der thü rin g isch - sächsischen B auschule w ie in Schlesien so auch in P o sen . D ie fünf A bsiden der O stansicht der K irche in K ruschw itz m uten an w ie ein N achklang der reichen A nlagen der A bteikirchen von P aulinzelle und K önigslutter. D ie B ildw erke in Strelno scheinen aus derselben W erkstatt herv o rg eg an g en zu sein w ie die des V incenz-K losters in Breslau. D ag eg en w eist die R undkirche des hl. P rokopius in Strelno auf einen Z usam m enhang m it der böh­

m ischen B aukunst. D ie E rztür des G nesener D om es m ag d a s

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W erk n iedersächsischer K ünstler s e i n ; die p rächtigen G old- sch m ied eg eräte d er A btei T rem essen w urden gew iss aus S ü d ­

deutsch lan d b ez o g en , w ährend von den beid en M essbüchern des G n esen er D om es das eine verm utlich in den R heinlanden, das andere in B öhm en entstanden ist.

D as erste B eispiel des g otischen Z ie g elb a u es ist die K irche d e s h art an der b randenburgischen G renze geleg en en Z isterzienser- K losters P aradies, einer G rü n d u n g von L ehnin. D en E indruck d er kraftvoll-ernsten Z ieg elb au ten des D eutschen O rd en s spiegeln ein ig e D orfkirchen w ieder, w ie die in G luschin und A lt-G ostyn.

A uf B e zieh u n g en zu W estpreussen d eu tet die häufige V erw endung von K unststein als E rsatz des natürlichen S teins zu M assw erken u n d K äm pfern, w ie im D om e und den K irchen der S tadt G nesen und der F ronleichnam s-K irche in P o sen . D ie Z isterzienser- K irche in K rone an d er Brahe, landschaftlich zu P om m erellen g eh ö rig , entstand in G em einschaft m it der K losterkirche in P elp lin . A ber noch grö sseren Einfluss übte doch die b randenburgisch-m ittelpom m ersche B auschule, b eso n d ers als sich im 15. und 16. Ja h rh u n d e rt die B autätigkeit im P o sen e r L ande erheblich steig erte. D er V erzicht auf die B e n u tz u n g o der N ach­

b ild u n g des W erksteins stellt die P o sen e r spätgotischen B au­

w e rk e den bran d en b u rg isch en sehr nahe, nicht m inder die hallen­

a rtig e G estalt der m eisten S tadtkirchen und die nüchternen C h o ru m g än g e d er D om e in G nesen und P osen. R echt a u s g e ­ sprochen trag en das G epräge der m ärkischen Schule die Marien- K irche auf dem D om platze in P osen und die Pfarrkirche in K urnik, die sich beide als v erkleinerte N achbildungen der schönen K atharinen-K irche in B ran d en b u rg darstellen und m it ihr zu einer G ru p p e eig en a rtig er B auw erke d er M arken und M ittelpom m erns g eh ö re n ; zu beachten ist, dass die in P o sen und K urnik v er­

w en d e ten F o rm ziegel an d er Pfarrkirche in Sam ter w iederkehren und sich bis S tettin hin nachw eisen lassen. W enn nun auch der Bau der P o sen e r M arien-K irche von einem ausw ärtigen A rchitekten g eleitet w urde, so verfü g te m an im L ande se lb st w ährend des Z eitalters der S pätgotik über einen hinreichenden Stam m von W erkleuten, w elche man m it den zahlreichen A ufgaben in Dorf u n d S tadt betrauen konnte, und w elche für ihr Teil die aus den N achbargebieten em pfangenen A nregungen zu verarbeiten v er­

stan d en . Bis zum Schlüsse des 16. Ja h rh u n d e rts dauerte die N achblüte d er gotischen Z ieg elb au k u n st im P o sen e r L ande, und als eig en artig e L eistu n g en derselben sind die G iebel d er K atharinen- K irche und d er P salterie in P osen sow ie d er K irchen in Brom ­ b e rg , G em bitz, K ähm e und M eseritz zu betrachten.

W as zur A u sschm ückung und A u ssta ttu n g der K irchen an W erken der B ildnerei, der M alerei und des K unstgew erbes beschafft

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w urde, stand unter dem E inflüsse N ürnbergs o der w urde unm ittel­

bar von d orther geliefert. M ehrere v orzügliche M e ssin g g rab p la tte n dürfen w ir ohne B edenken auf die H ü tte P ete r V ischers zu rü ck ­ führen. D ie M arm orgrabplatte des E rzbischofs O iesnicki ( f 1 4 9 3 ) im G nesener D om ist durch die M arke als ein W erk des V eit S toss b eg lau b ig t, d er sie w ährend seines A ufenthaltes in K rakau anfertigte. S einer K unstw eise ste h t der gesch n itzte H ochaltar der Pfarrkirche in K oschm in seh r nahe. D as W erk eines tüchtigen M alers d er fränkischen Schule ist der H ochaltar von 1521 in der K irche in Sam ter. Ist so n st die H erkunft der einzelnen K u n stg e g en stä n d e nicht näher bekannt, so können w ir am S chlüsse des M ittelalters auf dem G ebiete d er G oldschm iede­

k unst auch einheim ische M eister nachw eisen, w ie Ja k o b Barth und P ete r G elhor von P o sen , w elche die R eliquiare des hl. A dalbert im G nesener D om e und d er T rem essener A btei anfertigten. D ie deutschen Inschriften sp ätgotischer G locken liefern endlich einen, w eiteren B eitrag dafür, dass w ährend des M ittelalters im P o sen e r L ande K unst und G ew erbe von deutschen M eistern g eleitet, ja vielleicht von ihnen auschliesslich g e ü b t w urden.

Im 16. Ja h rh u n d e rt w urde den D eutschen ein scharfer W ettbew erb bereitet von seiten der zuw andernden Italiener, so dass von nun an zw ei Ström ungen neben einander durch das L and g in g en , die d eutsche und die italienische. D a grosse A uf­

g ab e n , das R athaus d er S tadt P o sen und die K irchenbauten der G egenreform ation, italienischen A rchitekten zufielen, so gelan g te die d eutsche A uffassung des Stiles d er W ied erg eb u rt nur zu.

g eringer B edeutung. Von Schlesien h er eingeführt, entfaltete sie sich erst im 17. Ja h rh u n d e rt in A nschluss an W estpreussen; B ei­

sp ie le d ieser B auw eise sind der W estgiebel des G nesener D o m es und die K irchen in S m oguletz und Runow o. An den G rabdenk­

m älern schieden sich ebenfalls die d eutsche und die italienische A rt; jene h ielt an der m ittelalterlichen A uffassung fest. V öllig d eutsches G epräge aber bew ahrte auch dam als das H andw erk- E rasm us K am yn, den w ir aus seinen V eröffentlichungen als einen h ervorragenden P o sen er G oldschm ied kennen, schloss sich w äh­

rend seines langen L ebens, obw ohl er sich der polnischen Sprache b ed ien te, doch den von N ürnberg au sg eh en d en S tilrichtungen auf das in nigste an.

Im Barockstile vollzog sich ein g ew isser A usgleich zw ischen deu tsch er und italienischer K un st; aus d ieser Z eit stam m en die anm utigen geschw eiften und durchbrochenen T urm hauben, die ein M erkm al d er posenschen L andschaft sind, stam m en ferner die m eisten H olzkirchen, w elche, weil sie lange an der Ü berlieferung festhielten, dem F orscher m anchen lehrreichen W ink geben. D ie K irchen der evangelischen G em einden der P rovinz, besonders die.

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K reuz-K irchen in L issa und P o sen , entstanden in W echselw irkung m it den gleich zeitig en B estreb u n g en in D eutschland, eine zweck- m a s s ig e G estalt für das p rotestantische K irchengebäude zu g e ­ w innen. D er innere A usbau d er katholischen und d er evangeli­

schen K irchen trä g t ste ts deutsches G epräge, m ögen die K ünstler d eu tsch er o d er polnischer A bstam m ung gew esen sein.

S ehr w ertvoll für die F ra g e des deutschen U rsp ru n g s sind die G oldschm iedearbeiten und G ussw aren, nam entlich die Glocken d es 17. und 18. Ja h rh u n d e rts, w eil sie v erm öge ihrer Stem pel und Inschriften A ufschlüsse über die P erso n ihrer V erfertiger g e b e n o der deren N am en se lb st m itteilen. D ie b esseren Stücke w u rd en aus d eutschen W erkstätten b ezo g en , aus T horn und D an z ig , aus B reslau, G logau, Z üllichau, F rankfurt, B erlin und Stettin, seh r viele Stücke auch aus N ü rn b erg und A ug sb u rg . Von g erin g erer künstlerischer B edeutung, aber doch w ichtig, weil auf heim atlichen B oden entstanden, sind diejenigen A rbeiten, w elche aus den W erkstätten in P osen, L issa und F ra u stad t hervor­

g in g en . E ine lange R eihe von K unsthandw erkern ist uns aus den G eg e n stä n d en se lb st und in Ü bereinstim m ung m it diesen aus den A rchivalien der Innungen und der evangelischen Kirchen überliefert; fast ausschliesslich sin d es d eutsche N am en. E rst die tief ein schneidende U m g estaltu n g der w irtschaftlichen V er­

h ältn isse im 19. Ja h rh u n d e rt m achte der selbstän d ig en T ätigkeit im L ande ein E nde.

J e d e k ünstlerische B ew eg u n g , die vom m ittleren und nord­

ö stlichen D eutschland au sg in g , griff auch auf das G ebiet der P ro v in z P o sen hinüber, un d w ollte die d eu tsch e k u n stg esch ich t­

liche F o rsc h u n g nicht d er Ä usserungen deutscher K unst auf vorm als polnischen B oden g ed en k en , so w ürde sie auf ein gutes S tü c k A rbeit des eigenen V olkstum s verzichten.

Literarische Mitteilungen.

G rü n e r, J., das Schulwesen des Netzedistrikts zur Zeit Friedrichs des Grossen (1772—86). Ein Beitrag zur Schul- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts. Breslau 1903. 8® XII + 135 S.

D ie G eschichte d es S chulw esens in der P rovinz P o sen harrt n o c h der B earbeitung. Um so w illkom m ener ist je d e r V ersuch, der diese L ücke, w enn auch nur zum teil, zu b eseitig en g ee ig n e t ist. Z u d iesen B üchern geh ö rt das vorliegende. N ach einer lä n g ern d er politischen und kirchlichen E in teilu n g des N etze­

d istrik ts gew idm eten E in leitu n g le g t d er V erfasser dar, w ie das U n terrichtsw esen in diesem G ebiete 17 7 2 se lb st beschaffen war u n d g e h t hierbei auf alle F rag en der innern und äu ssem Schul-

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A ngelegenheiten ein unter B erücksichtigung der niederen und der höh eren A nstalten. M it erhöhtem Interesse folgt d er L eser den A usfü h ru n g en des zw eiten T eils, der die E ntw icklung des S chul­

w esen s im N etzedistrikt w ährend d er letzten 14 R egierungsjahre F riedrichs d. G. schildert. B esonders w ichtig und zutreffend sind die H inw eise auf die V erdienste, die der g ro sse K önig sich um d iesen Z w eig g eistig en L ebens in unserer P rovinz erw orben hat, u n d die so oft u nterschätzt und verkannt w orden sind. H ierher g e h ö rt vornehm lich das K apitel ü ber die B esetzu n g von L eh rer­

stellen m it K riegs-Invaliden, eine E inrichtung, die hier in beh e rzig e n sw erter W eise vom S tandpunkt der N otw endigkeit und Z w eck m ässig k eit beleuchtet w ird. D as Buch, w elches m it B e­

n u tz u n g eines reichen Q uellenm aterials entstanden ist, erscheint sonach als eine erw ünschte B ereicherung unsrer K enntnisse über die K ulturverhältnisse der P rovinz P osen.

Indessen darf nicht verschw iegen w erden, dass dem W erk m anche M ängel anhaften, die sich vielleicht noch b eseitigen o der m ildern lassen. So scheint die B eurteilung, die der V erfasser an d e n einschlägigen A rbeiten B eheim -Schw arzbachs übt, eine w enig b illige. Beh.-Schw . w ollte nichts, als den Z ustan d dieses L an d es­

te ils in einem bestim m ten en g b eg re n zte n Zeitraum darstellen.

H err G rüner dag eg en nim m t zu einer W id erleg u n g N achrichten aus früheren Z eitabschnitten zu Hilfe. D iese P olem ik hätte auch m it R ücksicht darauf, dass das Buch Sem inar-Z öglingen als L eh r­

buch dienen soll, unterbleiben m üssen. Zu b edauern ist ferner, d ass der Stil nicht die gefälligen F orm en w ahrt, w elche ein B uch erst zu einem recht lesensw erten erheben, ja dass V erstösse g e g e n den G eist der S prache Vorkommen, die von W ustm ann m it R echt zu den bedenklichen g ez äh lt w erden. E ndlich ist es unabw eissbar, dass die u n g ezäh lte M enge von g era d ezu sinn­

stö ren d en G edankenstrichen aus4'dem Buche entfernt w ird. A. Skladny.

Wandkarte der Provinz Posen im Massstab 1 : 200 000. Vierte, voll­

ständig neu bearbeitete Auflage. Verlag von L. Türk’s Buchhandlung (Johannes Gusmann) in Posen. 1902. Unaufgezogen in 4 Blättern 8 M., aufgezogen auf Leinwand mit Stäben 15 M.

D ie allbekannte T ü rk ’sche K arte unserer P rovinz ist vor ein ig er Z eit in vierter A uflage erschienen. Bei einer K arte kann das viel und w en ig bed eu ten . H ier haben w ir es nicht m it einem b erichtigten A bdruck der alten S teine zu tun, sondern m it einer völligen N euzeichnung und N euätzung. D ie technische H erstel­

lu n g ist diesm al in der L ithographischen A nstalt von W . D ecker & Co.

in P osen in neunfachem F arbendruck erfolgt. E s erfreut zu sehen, dass eine heim ische A nstalt technisch so M usterg ü ltig es g eleistet hat.

D ie T endenz und d er C harakter der K arte ist im w esent­

lichen erhalten geblieben. Sie will zugleich den Schulen w ie den

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B ehörden und P rivaten dienen. D a g e h t es nicht o hne K om pro­

m isse ab. D ie S chule v erla n g t leere, anschauliche K artenbilder, d er P rivatm ann w ü n sch t eine S pezialkarte m it m öglichst vielen E in zelheiten.

D ie P ro v in z ist durch einen g rau g rü n en F lächenton und kräftiges G renzkolorit aus den sie um g ren zen d en G ebietsteilen h era u sg eh o b e n w orden — beinahe zu sehr. D ie G renze d er R e g ieru n g sb ezirk e h eb t sich stark ab, die K reisgrenzen sind d eu t­

lich g e g e b en . A ber ausserhalb d er P rovinz sind nicht einm al d ie R eich sg ren zen a n g e d eu tet. F ü r den S chulgebrauch sind auch die G renzen zw ischen Schlesien, B ran d en b u rg w ichtig. Als östlicher N achbar ist das R ussische Reich zu bezeichnen.

D ie o rographische D arstellu n g des G eländes ist d er schw ächste Teil d er K arte. D ie nicht unbeträchtlichen H ö henunterschiede sind nicht anschaulich gem acht, w ohl aber eine M enge von H ö henzahlen ein g etrag e n , m eist von trigonom etrischen P u n k ten , von Seen und G ew ässern. W orauf sich die Z ahl b ezieht, m üsste durch einen b eig ese tzten P u n k t bezeich n et w erden. E ine g ro sse Z ahl d ie ser A ngaben ist ü berflüssig.

D ie Stärke der K arte b eru h t auf d er W iedergabe d er O rt­

schaften, W ege, B ahnen. H ier sind alle V eränderungen sorgfältig ein zu trag en versucht, w ie neue Voll- und K leinbahnen, A nsied e­

lu n g en , U m ben en n u n g en . D ie B ezeich n u n g der S chulorte ist eine B eso n d erh eit der K arte, die m an auch auf den G eneralstabkarten vergeblich suchen w ürde. Von den O rtschaften ist P o sen g eg e n B rom berg allzu bev o rzu g t. D as H äuserm eer der P ro v in zialh au p t­

sta d t d eh n t sich bis zur R ingchausee aus, die B ew ohnerzahl m üsste sich dazu erst versechsfachen. E ine K arte soll im m er nur das V orh an d en e g eb en , niem als Z ukunftsphantasien.

D ie K arte z e ig t g egen die frühere A uflage m annigfache F ortsch ritte; w ir w ollen hoffen, dass eine neue A uflage des b e­

w äh rten W erkes sie noch stärker v erjü n g t. Fr. Behrens.

Historische Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft

Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.

D ie n s ta g , d e n 13. O k t o b e r 1903, Abends 8V2 Uhr, im Restaurant

„Wilhelma“, Wilhelmstrasse 7,

Eflonatssitzung.

T a g e s o r d n u n g : Oberlehrer Dr. P e i s e r , ein Drama Voltaire’s über die polnische Verfassung.

R e d a k tio n : D r. A. W arsch au er, P o sen — V erlag d er H istorischen G esellschaft für die P ro ­ vinz P o se n zu P o se n und d e r H isto risch en G esellschaft fü r den N etze-D istrikt zu B rom berg.

D ruck d e r H o fb ach d ru ck erei W . D ecker & Co., P osen.

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