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Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Jg. 4, 1903, Nr 12.

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HISTORISCHE ^ MOMflTSBLftTTER

für die Provinz Posen ^ = Q = l

Jahrgang IV P o sen , D ezem ber 1903 Nr. 12 W o t s c h k e Th., Der Versuch, der Posener Pfarrschule von Maria Magdalena 1549 einen evangelischen Lehrer zu geben S. 177.— K l e i n ­ w ä c h t e r H., Polnische Sprichwörter aus der Provinz Posen S. 188. — Literarische Mitteilungen S. 185.— Nachrichten S. 188. — GeschäftichesS.191.

— Bekanntmachung S. 192.

Der Versuch,

der Posener Pfarrschule von Maria Magdalena 1549 einen evangelischen Lehrer zu geben.

Von

Th. W otschke.

n den d reissig er und v ie rz ig er Ja h re n des 16. Ja h rh u n d e rts war unter dem R ektorate des P aul O g o n ek und P aul aus Rawa die P farrschule so zu rü ck g eg an g en , dass sie für die K inder d er besseren F am ilien als B ildungsstätte kaum noch in B etracht kom m en konnte. V iele B ürger, beso n d ers die d eutschen, ich nenne nur den R atsherrn F riedrich Schm alz, sahen sich g ezw u n g en , ihre Söhne nach B reslau zu geben. Um diesem Ü b elstande abzuhelfen, beschlossen 1549 d er Rat und die G e­

m einde, die Schule neu zu organisieren und eine tü chtige L eh r­

kraft in das R ektorat zu berufen. D er evangelische B ürgerm eister A ndreas L ip c z in sk i1) dachte m it einigen R atm annen an einen evangelischen L eh rer und sprach hiervon zum G eneralstarosten und K astellan A ndreas Gorka. A ls A nfang Juni 1549 der K ö nigsberger P rofessor F riedrich S taphylus auf d er R eise nach

*) Andreas Lipczinski hat Sommersemester 1534 die Leipziger Universität besucht, auch in Wittenberg zu Luthers und Melanchthons Füssen studiert, allerdings ohne sich immatrikulieren zu lassen, da könig­

liche Edikte das Studium in der Ketzerstadt verboten.

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D eutschland in P osen w e ilte 1) und dem G rafen G orka seinen B esuch m achte, bat d ieser w ie auch L ipczinski, in ihrem Nam en M elanchthon zu bitten, ihnen einen bew ährten L eh rer nach P osen zu senden. S tap h y lu s em pfahl ihnen seinen S chüler G regorius P auli aus B rzeziny im P alatin at L enschitz, der, w ie die S tatuten d er P farrschule für den R ektor v o rsc h rie b e n 2), in K rakau auf der L an d esu n iv ersität prom oviert w ar und seit 1547 auf d er K önigs­

b erg e r A kadem ie w eiter stu d iert hatte, versprach aber auch, M elanchthon die B itte der P o sen e r v o rzu trag e n und ihre Briefe ihm einzu h än d ig en . D a sein R eiseplan ihn erst anfangs S ep ­ tem ber nach W ittenberg fü h rte und er dann erst m it seinem alten L eh rer sprechen konnte, blieben die P o sen e r lange ohne N achricht und b eschlossen endlich, G regorius P auli zu berufen, um so m ehr, da d ieser w eg en seiner P rom otion in K rakau e h e r g eg e n den V erdacht der Irrlehre g esch ü tz t zu sein schien. L ip ­ czinski trat m it ihm in V erhandlungen, und auch d er R at sandte ihm fo lg en d e s Schreiben. „An den w ürdigen G regorius Sagroblini aus B rzeziny, M agister d er freien K ünste, unsern teu ren F reu n d . H eil und S egen zuvor. D er fürsichtige A ndreas L ipczinski, unser erster B ürgerm eister, h at E u er H ochw ürden G elehrsam keit und S ittenreinheit uns em pfohlen und uns eröffnet, dass er E u er H och­

w ürden zum R ektor der Schule an unserer Pfarrkirche M aria M agdalena berufen habe. D a dies unseren W ünschen entspricht, billigen wir es nicht nur, sondern bekräftigen es auch durch d ieses Schreiben. W ir bitten E uer H ochw ürden, zu r Eröffnung des S chulunterrichts recht bald zu kom m en. S ogleich nach der A nkunft w ollen w ir m it E uer H ochw ürden ü ber G ehalt u n d R ang verhandeln und in die rechte S tellung ein zu setzen suchen.

Sie m ögen sich w ohl befinden und recht bald, wir bitten darum nachdrücklich, zu uns kom m en. P o sen , den 2. A u g u st 1 5 4 9 “ 3).

W egen der P e st, die in K ö n ig sb erg w ütete, gab G regorius P auli gern sein S tudium auf u n d leistete m itF re u d e n dem Rufe F olge.

Er w ar ein A nhänger der W ittenberger R eform ation, aber unter der S tunde seiner A breise fiel ihm C alvins Buch w ider das Interim in die H ände und führte ihn den Schw eizer T heologen

x) Der Empfehlungsbrief des Herzog Albrecht für ihn an Gorka ist Königsberg, den 28. Mai datiert. „Cum venerandus et eximius magister Fiidericus Staphilus fideliter nobis dilectus hinc in Germaniam proficis- ceretur, committere non potuimus, quin pro singulari, qua erga ipsum ferimur, clementia Magn^e Vrae diligenter commendaremus. Quem nostro nomine commendatum ut habere dignetur, etiam atque etiam petimus“.

Königsberger Staatsarchiv.

2) Paul von Rawa hatte 1536 in Krakau studiert.

3) Aus dem Posener Staatsarchiv.

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z u 1). B ald erw arb er sich in P o sen bei den B ürgern L iebe und A nerk en n u n g , aber durch sein schroffes A uftreten w ider die h errsch e n d e K irche m achte er sich bei d er G eistlichkeit verdächtig.

A ls sie von seinem Studium in K ö n ig sb e rg vernahm , v eranlasste sie den P ro b st Jacob V edelicius Q u itte n b erg , an den Bischof sich zu w en d en , dam it d ieser die E n tla ssu n g des L eh rers von d erS ta d t fordere.

N äher u n terrichtet h ierüber fo lg en d er B rief des Rats an den B ischof. „Ü berbracht ist uns das S chreiben, durch w elches E ure bischöfliche G naden uns zu m ahnen g eruhen, über den R ektor d e r Schule von M aria M agdalena A uskunft zu geben, ob er aus K ö n ig sb erg berufen sei, ferner dass er d er P rü fu n g d er von E. G.

bezeich n eten D oktoren sich unterw erfe. D a w ir E. G. als unseres Bischofs und hochverehrten H irten M andate über alles w ert zu halten pflegen, sind w ir höchst verw undert, w egen des R ektors v er­

d äch tig t zu w erden. A us K ö n ig sb erg soll er berufen und geh o lt w orden sein. A ber K ö n ig sb erg ist w eit entfernt, hat andere Sprache, andere S itten als wir. D iesen ganzen Som m er herrsch te dort die P e st so stark, dass w ir nicht einm al daran g edacht haben w ürden, einen von do rt zu berufen, vielm ehr durch harte E d ik te un te rsa g t haben, w egen d er P e stg e fa h r R eisende von dort in die H äuser aufzunehm en. E ure bischöfliche G naden haben also k einen G rund zur A nnahm e, er sei aus K ö n ig sb erg berufen.

A b er da unserer P farrschule seit einer R eihe von Ja h re n ein tü c h tig e r R ektor fehlte, schauten w ir w ie schon u n sere A m ts­

v o rg än g e r nach dem D ienste und der A rbeit eines from m en christlichen M annes aus, gew illt, ihm eine B eso ld u n g zu gew ähren, dam it er- die Ju g e n d zur E hre G ottes und zum N utzen des Staates unterrichte. D enn diese S chulstelle b esitz t kein V erm ögen oder sonst feste jährliche Einkünfte. Nach so langem W arten schien es uns eines so bed eu ten d en O rtes unw ürdig und für die J u g e n d verderblich, länger zu zögern. A ngenehm ist uns deshalb der ob seiner B ild u n g und g u ten Sitten v ereh ru n g sw ü rd ig e G regor aus B rzeziny, ein M agister d er freien K ünste, von G eburt ein P ole. Von der hochbew ährten K rakauer A kadem ie hat er den G rad eines M agisters e rh a lte n 2). Ihm haben w ir nach der G e­

!) Vergl. seinen Brief an Calvin vom 1. Oktober 1560. Opera Cai- vini XVIII, 3255. „Quum essem diluvio Antichristi abreptus in Montem regium Prussiae a b i i ... Quum vero istinc post biennium disce- derem, iam ascendens currum incidi in libellum tuum contra Interim adultero-germanum scriptum, ex quo in eodem itinere ita accensus ardebam, ut nihil errorum Antichristi me non videre intelligerem. Paulo post etiam alia tua opuscula nactus (also in Posen) in flammam erupi. Postremo a papistis ob professionem evangelii e schola Posnaniensi, quae est metro- polis Maioris Poloniae, pulsus Vitembergam ad Philippum diverti“.

2) Unter dem Jahre 1534 finden wir im Album studiosorum Uni- versitatis Cracoviensis S. 271 verzeichnet: Gregorius Pauli de Barczino -dioec. Wladislaviensis. Ich vermute, dass dies unser Gregorius Pauli ist und Breczino gelesen werden muss.

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p flo g en h e it u n serer A m tsvorgänger die L eitu n g d er Schule ü ber­

trag en un d glau b en , dass er dank sein es C harakters und sein er w issenschaftlichen B ild u n g sein A m t voll ausfüllen w erde. Von u nseren V orfahren h aben w ir es übernom m en, dass seit alter Z eit bis zu r G egenw art d er P o s e n e r R at nach seinem freien E rm essen den S chulrektor ein g e se tz t hat, o hne die B e stä tig u n g des P farrers o der so n st jem an d es einzuholen. Z u E u er bischöflichen G naden h eg e n w ir die feste H offnung, dass Sie uns u nser R echt, w elches w ir uns bis zu r S tunde u n v erk ü rzt bew ah rt haben, ung esch m älert lassen w erden. D a G regor von P o len s berü h m ter U niversität und k einer ausländischen g ep rü ft und prom oviert w orden ist und d ie w ürd ig en V äter des K rakauer C ollegs ü b er ihn ihr b ed e u tu n g s­

volles U rteil ab g e g e b e n haben, so w erden E. G ., w ie w ir v er­

trauen, nichts w ider ihn haben. B isher ist es keinem K rakauer M agister w iderfahren, d ass er von anderen verh ö rt w urde, auch von uns nicht, die w ir gern E. G. dienen un d w ie treu e Schafe ihrem H irten so E. G. in allen Stücken gehorchen. D ieses neue b is dahin u n erhörte Joch g eru h e Sie nicht unserem D iener auf­

zu leg e n , Ihrem W ohlw ollen u n d S chutze em pfehlen w ir uns und u n sere erg e b en ste n D ienste. G lück un d G esu n d h e it erflehen wir für E. G. von G ott dem H öchsten und B esten. P osen, den 11. O k ­ tober 1 5 4 9 “ 1).

E inige M onate g elan g es w irklich der S tadt, G regorius P auli in seinem R ektoram te zu schützen. U m ihm ein gesichertes E inkom m en zu verschaffen, b eschloss der R at in Ü bereinstim m ung m it d er G em einde, dass fortan von je d er W are, die auf der S tadt­

w ag e g ew ogen w ürde, ein H eller für je d en Stein von K äufer und V erkäufer zum B esten des R ektors erhoben w ürde. Am 10. J a ­ nuar 1550 bat der Rat den K rakauer Bischof und V izekanzler, die G en eh m ig u n g d ieser A bgabe beim K önige befürw orten zu w ollen. A ber in den S om m erm onaten m usste G regorius den A nfeindungen d er G eistlichkeit w eichen und P o sen v erlassen.

Er g in g nach W itten b erg zu M elanchthon. Ja n u ar 1553 finden w ir ihn in seiner V aterstadt, in den fo lgenden Ja h re n inm itten der kleinpolnischen reform ierten G em einden, und 1562 g in g er zu den A ntitrinitariern über.

Im S eptem ber erhielt M elanchthon von S tap h y lu s, d er selbst noch nicht w usste, dass das R ektorat an der P farrschule b ere its b esetz t sei, die B itte der P o sen e r und ihre Briefe überm ittelt.

Am 27. S eptem ber schreibt er a n 2) seinen S chüler P etru s Vincen- tius aus B reslau, d er schon an der G reifsw alder U niversität g eleh rt hatte, m it ciceronianischer B eredsam keit g länzte und in d er E leganz seiner lateinischen V erse kaum dem S abinus nachstand und der

!) Aus dem Königl. Staatsarchiv in Posen.

2) Vergl. Corpus Reformatorum VII,No. 4601,4605,4674,4720 und 4734.

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dam als an der Schule in L übeck tä tig w ar: „P osen sucht einen d es G riechischen und L ateinischen kundigen und in d er B eredsam ­ keit tüchtigen M ann, d er dort die S tudien leiten soll. K irchliche D ien ste liegen ihm nicht ob. G eh st du dorthin, so w irst du ein h o h es G ehalt erh a lte n “ . Auf seine Z u sag e erw iderte er ihm am 5. F eb ru ar 1550, er w ürde ihm die Briefe der P o sen er senden und glaube, dass sie ihm bei seiner T ü ch tig k eit gern jährlich 2 0 0 ungarische G oldgulden zahlen w ürden. Am 17. F eb ru ar sch reib t er an S taphylus nach K ö n ig sb erg und b itte t ihn, w egen V incentius m it dem R ate zu verhandeln. D a er keine A ntw ort erhält, will er am 17. Mai se lb st an seine F re u n d e 1) in P osen schreiben. Noch am 5. Ju n i, da er V incentius einen Brief nach L übeck se n d e t, hat er keine N achricht aus P o sen , aber bald darauf m uss G regorius P auli in W ittenberg eingetroffen sein und ihm von den K äm pfen zw ischen Rat und Bischof in P osen unterrichtet haben. J e tz t nach d es G regorius P auli A b gange V incentius als R ektor ein zu setzen , w ar unm öglich, denn der P ro b st im B u n d e m it dem Bischöfe w u sste w irklich dem R at sein altes R echt zu verkürzen und es d u rch zu setzen , dass er fortan für je d en R ektor an der P farrschule die B e stä tig u n g von dem P ro b ste einzuholen

hatte.

Polnische Sprichwörter aus der Provinz Posen.

Von

H. Kleinwächter.

V o r b e m e r k u n g d e r Re d a k t i o n : Der Verfasser dieser Arbeit, der Superintendent Heinrich Kleinwächter, einer unserer treuesten Mitarbeiter, ist uns .durch einen plötzlichen Tod am 22. November d. J. entrissen worden. Wir übergeben diese letzte Frucht seiner fleissigen Feder, die so vielfach unserer heimatlichen Geschichte sich gewidmet hatte, der Öffentlichkeit und hoffen, in einer unserer nächsten Nummern ein Bild

seines Lebens und Wirkens von berufener Seite bringen zu können.

urch F reu n d esh an d w urde ich auf das in den Jahren 1889 bis 1894 in W arschau erschienene zw eibändige W erk von Sam uel A dalberg, L iber Proverbiorum P olo­

nicorum , aufm erksam gem acht. D asselbe enth ält unter den T ausenden von Sprichw örtern, w elche uns ferner liegen, auch eine A nzahl solcher, die dem G ebiete und L eben unserer Provinz entnom m en sind und darum ein g ew isses örtliches Interesse in A nspruch nehm en dürften, w enn sie sich auch ausschliesslich auf unsere M itbew ohner polnischer Z unge, nicht auf unsere an-

*) Leider nennt Melanchthon keinen Namen.

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g estam m ten P rovinzialen b ez ie h en , zu d em im Laufe d er Z e it teils unverständlich teils b e d e u tu n g slo s gew orden sind. D em selb e n verehrten F re u n d e verd an k e ich auch d ie S am m lung sow ie die Ü b ersetzu n g der k urzen S entenzen u n d ein ig er b eig efü g ter E r­

klärungen d es polnischen O riginals in unsere M uttersprache, in w elcher sie a llerd in g s dadurch m anches an ihrem R eiz verlieren, dass in ihr die R eim e und so n stig en A ssonanzen sich nicht w ied erg eb en lassen.

M an könnte d iese E rz eu g n isse des V olksw itzes, w enn es an d ers solche sind, da sie im H inblick auf ihre W ertu n g grö sseren G ru n d b e sitz es und g esellschaftlicher B ildung, h öheren G esellschafts­

kreisen en tsp ru n g e n zu sein scheinen, nach den v erschiedenen Ö rtlichkeiten und L andstrichen ordnen, w ie es sich teilw eise von se lb st erg e b en w ird, doch erscheint es b esser, eine stoffliche A n o rd n u n g zu treffen.

B ekanntlich ist die B odenbeschaffenheit in u n se re r P rovinz von v ersch ied en er G ü te ; es w echseln sa n d ig e unfruchtbare Strecken m it A ckerflächen und W eideplätzen ersten R anges. D ieser V er­

sch ied en h eit g eben zw ei S prichw örter A usdruck. „K iekrz für Pfeffer, S tarzyno für W e in “ h eisst es von zw ei dicht bei ein an d e r g eleg e n en G ütern im K reise P o sen -W e st. W eniger scharf tritt d er G eg en satz hervor in „S ekt für den H errn bei Kosten,.

U ngarw ein für den E delm ann bei E x in “ . O d e r sollen beidem al V orzüge, nur m it A bstufung, g ep riesen w erden ? D eutlicher zeich n et die V ersch ied en h eit d er V orzüge zw eier G eg en d en die R e d en sa rt

„D er K ujaw ier g e h t m it B rot einen Stock suchen, d er P alu k e m it einem Stocke nach B ro t“ . In K ujaw ien ist näm lich — so erklärt A dalb erg se lb st — nur g u te r fruchtbarer B oden, doch g ib t es w en ig H o lz ; die P alukei nen n t das Volk das L a n d zw ischen N etze und W elna, also die K reise W ongrow itz, MogUno„

Schubin und teilw eise G n ese n ; auch hier w ar g u te r Boden,, doch, ist auch viel W ald v o rh an d en , früher w en ig sten s w ar es so.

K ujaw ien ist w ohl noch heu te, w as die E rtragsfähigkeit d e s B odens anlangt, die P erle der P rovinz. D avon w eiss der V olks­

m und nicht g e n u g zu rühm en, w enn es h eisst: „W er Borzejow ice, P olanow ice, M arkow ice sein eigen nennt, kann zum K ö n ig e F re u n d s a g e n 1) “ oder ähnlich „W er M arkow ice, P olanow ice, Jakschice, Bofcejewice sein eig en nennt, kann den K önig vort P olen am ice nennen.

Auch der K ostener K reis zeichnet sich durch g ro sse F ru c h t­

barkeit aus, denn es h eisst: „D er H err von Tuzw ice (?) und G ol^bina darf schon alten W ein trin k e n “ . G anz allgem ein w ird dann diese

*) Kto ma Borzejowice, Polanowice, Markowice, ten mo2e krölowi mowic amice.

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w iesenreiche, je tz t durch den Kanal auch für G etreide­

bau fruchtbar gem achte G egend so g e p rie se n : „An der O bra ist g u t w o h n e n 1) “ o d er „W er an d er O bra w ohnt, m elkt eine gu te K u h “ .

U nd im K reise Sam ter g ib t es w enigstens zwei O rte, wo g u t w ohnen ist, zum al w enn sie in einer H and v ereinigt w ären, denn dann w ürde es sich erfü lle n : „W er gleich zeitig K zienzyn und Gai b esässe, h ätte schon ein P aradies auf E rd e n “ 2).

Solchem unschätzbaren R eichtum g eg e n ü b er w ird auch die A rm ut und D ürftigkiet m ancher B ew ohner sprüchw örtlich zum S p o tt gem acht. D a ist es aber, w as auf den ersten Blick auf­

fallen w ürde, g era d e jen er g ese g n e te L andstrich K ujaw ien, dessen B ew ohner herhalten m üssen. E s ist das nur aus dem grossen w irtschaftlichen A bstande erklärlich, der zw ischen B auer und E d e l­

m ann in alter Z eit b estan d , so dass dieser im R eichtum schw elgte, je n er in d rückender A rm ut sein L eben fristen m usste. Dahin zielen die drei ziem lich g leichlautenden S en ten zen : „Ein Löffel B utter und B utterm ilch, das ist die g an z e A ussteuer der K ujaw ierin“ 3)

— „V ier P ferde, ein F u d e r H eu ist des K ujaw iers A ussteu er; eine S chüssel K lösse, eine K anne B utterm ilch ist die A ussteuer der K ujaw ierin“ — „V ier K äse, eine K anne Butterm ilch, das ist die ganze A ussteuer der K u jaw ie rin ; vier P ferde, ein F u d erch en H eu, das ist das ganze V erm ögen des K u jaw ie rs.“

U nd doch h eisst es von diesem L andstrich „Kein K ujaw ien ohne M u tterb o d en “.

G ehen w ir zur C harakterisierung der B ew ohner über, so hören w ir: „In P osen sind die L eute ernst, in L em berg beredt, in K rakau le u ts e lig .“ O b es heute noch auf unsere M etropole passt, m ag der L eser selb st entscheiden. „E r ste h t w ie der h eilige Jo h a n n es am S trande d er W a rth e“ , so sa g te man von einem M enschen, der scheu in dem ütiger S tellung sich befand, w ie jen e bekannten S tandbilder des B rückenheiligen Jo h a n n es von N epom uk an F lü sse n und W assern, hauptsächlich an der W arthe.

K ujaw ien m uss noch einm al herhalten. H ier m ag es L eute groben S chlages g eg e b en haben. W enn man sa g te : „P o K u jaw sk u “, so m einte man dam it „ ra d au m ä ssig “ , und Na K ujaw y p sie K ujaw y h iess so viel als „nun aber r a u s “. D ahin d eutet w ohl auch d er Satz „E r lebt auf K ujaw ische A rt“, denn man erklärte es so : „D a, wo D u D ein T estam ent fertig zurücklassen m usst, w enn D u zu einem G astm ahl fä h rs t.“ Völlerei und R auferei reichen ja häufig einander die H and.

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*) Kto przy Obrze, ma si? dobrze.

*) Ktoby mögt mied razem Ksiqczyn i Gaj, to mialby na ziemi raj.

3) Caty posag Kujawianki: l y t k a masta i maslanki.

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U nter den O rten, deren B ew ohner als Z ielp u n k t d es S p o ttes dienen, rag t M oschin hervor. W as m u ss nicht d ieses u n sch u ld ig e S tädtlein leiden, das uns so freundlich b eg rü sst, w enn w ir uns aufm achen, die S chönheiten d es G orkasees u n d seine U m g eb u n g zu g e n ie sse n ! E s w ar w ohl vor Z eiten dort ein lu stig L eben, denn „W er nach M oschin kom m t, ta n z t im F lu r “, sei es, dass er es n icht erw arten k o n n te o der d ass er k einen b esseren Raum dazu fand. D enn das L eb en galt do rt als überaus kleinstädtisch.

G ing einer nicht nach d er M ode o d er z o g er sich u n p assen d an, so h ie ss e s ; „E r ist au s g e p u tz t w ie d er D an d y von M o sc h in .“

R adebrechte er dazu französisch, so rief m an au s: „E in M oschiner F ra n z o s e !“ D er B ild u n g sg rad m uss aber do rt sehr leicht zu er­

rin g en g ew esen sein, so dass einem trägen S chüler von seinem L eh rer der R at g eg e b en w erden k o n n te : „ G e h ’ auf die A kadem ie in M o sc h in .“ W ie nahe la g doch einst das G ute! D en V orzug, durch geschm ackvolle B ekleidungsw eise zu g länzen, kann übrig en s u nserem g eliebten M oschin ein D orf zw ischen W ilkow o und M ielzyn nam ens G orzykow o streitig m achen, denn m an sa g te :

„C hic w ie aus G o rz y k o w o .“ U nd es ist doch dort das reine H interland.

Noch andere O rte m üssen scham rot w erden, w enn sie z. B. hören „E ine O rd n u n g w ie in O s ie k .“ A ls einst an diesem im K reise A delnau g eleg e n en D orfe ein F e u e r ausbrach, beeilten sich die B ew ohner, einen B runnen zu g raben, obgleich dicht da­

bei ein F lüsschen sich befand. A lso u n sere richtigen provin­

zialen S childbürger! „E r ren n t w ie ein P lesc h en e r S chuster zum Ja h rm a rk t.“ W ar das säum ig o d er e ilig ? V ielleicht w issen es uns die je tzig en Z unftgenossen d o rtselb st zu sagen. In S am ter aber m üssen die L eu te vor Z eiten keine O hren g e h a b t haben, denn es h iess „Taub w ie in S a m te r.“ „Z u Schm iegel ist beim W ürfeln auf die D rei ein P ferd gew onnen w orden, aber d er B auer w u rd e g e h e n k t.“ W ie g e w o n n e n , so z e rro n n e n ; das N ähere ist nicht bekannt. D unkel ist endlich auch d er Sinn der R e d ew e n d u n g : „D ie N ot ist nach Schw ersenz g ek o m m e n .“

M an nim m t an, dass das Sprichw ort eine N ot hinstellt, von w elcher die B ew ohner plötzlich betroffen w orden sind, nachdem sie vorher in glücklichen V erhältnissen g eleb t hatten. Eine h istorische U nterlage f e h lt1).

*) Sollte das Sprichwort erst dem Ende des 18. Jahrhunderts ent­

stammen, so Hesse es sich sehr gut aus dem Vermögensverfall des Posener Banquiers Johann Klug erklären, der im Jahre 1791 die Stadt durch Kauf in seinen Besitz gebracht hatte und die evangelischen Bewohner bei ihrem Kirchbau durch namhafte Mittel unterstützte, dessen Nachfolger Alexander von Bojanewski aber nicht so freigebig war. Werner (Geschichte der evangelischen Parochien S. 382) schreibt darüber: „Klug

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D iese M itteilungen sind niem andem zu L iebe, niem andem zu L eid e gem acht. P re u sse n s Z ep te r hat wohl auch hier m anches g eä n d ert, m anches g eb e sse rt. Sind je n e S prichw örter auch aus einer anderen V olksseele als d er unsrigen hervor­

g eg a n g en , so w ird ihre K enntnis doch d azu dienen, u n ser Interesse an dem B oden zu steigern, den w ir als den unsrigen betrachten und b esitzen, lieben und hochhalten.

Literarische Mitteilungen.

L a n g e G., Vo l k s s c h u l e u n d D e u t s c h t u m in d e r Os t ma r k . Bielefeld 1903. (IX. Band der pägagogischen Abhandlungen S. 41—62). 8°.

D er V erfasser ist v erm öge seines A m tes in der L age, den W iderstreit d er N ationalitäten, wie er sich hier au sg eb ild et hat, zu beobachten. D as E rg eb n is seiner B eobachtungen, sow eit sie die Schule angehen, b rin g t er zum Teil in dieser Schrift zum A us­

druck, deren Inhalt hier a n g e d eu tet w erden soll.

D er V olkschule ist unter anderen A ufgaben auch die z u ­ gefallen, deutsche Sprache und deutsche G esinnung bei d er heran- w achsenden J u g e n d zu verbreiten. D ie A rbeit d er hierzu B erufenen w ird in den östlichen P rovinzen in hohem G rade beeinträchtigt durch den jährlich w iederkehrenden ungeheuren Z u zu g polnischer F am ilien aus R u sslan d ; durch den W iderstand, w elchen die polnische P re sse und die geistlichen B erater des polnischen V olkes g eg e n die T ätig k eit der Schule bei den Eltern zu unterhalten und zu schüren nicht aufhören; durch die S chul­

kin d er selbst, die zu ähnlichem W iderstreben von den A ngehörigen au fgem untert w erd en ; durch den B eichtunterricht, der system atisch in polnischer S prache erteilt w ird und das in der Schule m ühsam E rreichte zu vernichten b estre b t ist; durch die Ü berfüllung der Schulen. Z u r B e seitig u n g der zu letz t erw ähnten S chw ierigkeiten hält der V erfasser unter ändern auch die Z u sam m en leg u n g der getren n t neben einander stehenden konfessionellen Schulen zu paritätischen A nstalten für unabw eisbar. In diesem recht b e ­ achtensw erten Teil des A ufsatzes w ird die N otw endigkeit der verwarf die Absicht der Gemeinde, eine kleine hölzerne Kirche zu er­

bauen (wie sie vom Zimmermeister Franke ausser dem Holze für 5000 fl., 30 Tonnen Bier und 9 Ellen gutes Tuch veranschlagt war) und bewog dieselbe, indem er ihr die bedeutendsten Unterstützungen und Bau­

materialien zusicherte, im Jahre 1792 den Grundstein zu einem grossen, massiven, mit Hallen versehenen Gotteshause zu legen. Langsam war dieser Bau bis zum Jahre 1799 so weit gediehen, dass er sich einige Fuss über der Erde erhob, als Klug plötzlich fallierte.“

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paritätischen Schule in unserer P rovinz aus religiösen, nationalen, ethischen und finanziellen G ründen betont. D ie Ü b erfüllungs­

frage ist jedoch nicht zu lösen, w enn nicht auch dem L ehrerm angel g esteu e rt w ird. D ie hierm it in Z u sam m en h an g ste h en d e E r­

h ö h u n g d er Schullasten fällt nicht em pfindlich ins G ew icht, w enn das M issverhältnis zw ischen den L eistu n g en d er L an d ­ gem einden und G u tsbezirke durch ein G esetz über die Schul- unterhaltungspflicht g e re g e lt w ird. A. Skladny.

We g e n e r L., De r wi r t s c h a f t l i c h e Ka mp f d e r D e u t s c h e n mi t d e n P o l e n u m d i e P r o v i n z P o s e n . Ei n e S t u d i e . Posen Joseph Jolowicz, 1903.

D ie n eu e re p reu ssisch e P o lenpolitik h a t den A nlass zu einer von J a h r zu Ja h r im m er m ächtiger anschw ellenden L iteratur ü ber die P o len frag e g eg e b e n , — die freilich, w ie es bei solch

„ a k tu e lle r“ L iteratur zu g esch e h en p fle g t, m ehr in die B reite als in die Tiefe g eh t. D en m eisten Schriften auf diesem G ebiete m erkt m an nur z u . s e h r an, dass bei ihrer A bfassung A bsicht und T en d en z v orgew altet h a t , und nicht O bjektivität und S tudium . E ine rühm liche A usnahm e von d ieser herköm m lichen P olen literatu r m acht das v o rlie g en d e B uch W egeners, das von g rün d lich er D u rch d rin g u n g des Stoffes Z eu g n is ab leg t und im g anzen als eine statistisch-w issenschaftliche B ehan d lu n g der w irt­

schaftlichen S eite der P o sen e r P o lenfrage betrachtet w erden m uss, ln seinen E rg eb n issen sa g t es dem g en au en K enner d er P o sen e r V erhältnisse nichts N eues, w ohl aber stellt es unser g anzes W issen vom w irtschaftlichen N ationalitätenkam pfe in d er P rovinz P o sen auf eine neue und exakte G rundlage. D iese E rg eb n isse zeig en nun so recht klar, w eshalb die aktive staatliche G erm ani- sierungspolitik b ish e r nicht durch g reifen d e R esultate h a t erzielen k ö nnen: w eil näm lich die natürliche w irtschaftliche E ntw ickelung überall, auf dem L ande w ie in d er S tadt, auf den grossen G ütern w ie auf den B auernparzellen, im H andel w ie im H an d ­ w erk, im städtischen w ie ländlichen P roletariat, das P olentum ganz entschieden b eg ü n stig t. D er landw irtschaftliche G ross­

g ru n d b esitz w irkt in je d er se in e r F orm en, se i’s als F ideikom m iss, se i’s als D om äne, s e i’s als freies P rivateigentum p olen­

fördernd, w eil das w irtschaftliche Interesse d er G u tsb esitzer den b illigeren und anspruchsloseren polnischen A rbeiter bevorzugen m uss. So w ird der deutsche A rbeiterstam m eingeschränkt, w ährend die Z ahl d er polnischen S aisonarbeiter zunim m t. E b en ­ so kom m t die neue, auf P a rze llie ru n g d er G üter gerichtete T endenz hauptsächlich den P olen zu G ute, w eil der a n sp ru c h s­

lose P o le auf einer Scholle auskom m t, die für die B edürfnisse des h öher kultivierten D eutschen viel zu klein ist. D ie F o lg e davon ist, dass von 1871 — 1895 die D eutschen in den G uts-

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b ezirken um 10 % ab» die P olen um H 1/^ % z u > irl den L an d g em ein d en die D eutschen um 3 ° /0 ab, die P olen um

14 % zugenom m en haben. ...

D a w en ig sten s sow eit M a ssenbew egungen in F ra g e kom m en, die S tädter nie aufs L and, sondern die L andbew ohner ste ts in die S tädte ziehen, so entscheidet en d g iltig das p latte L and ü b er die N ationalität. Noch andere T endenzen w irken in der gleichen R ichtung. Da eine se lb stä n d ig e Industrie im P osenschen nicht aufkom m en kann, so ziehen die w ohlhabenden D eutschen (und nam entlich auch die Ju d e n ) aus den S tädten ab, um sich in Berlin o d er noch w eiter w estw ärts anzusiedeln. D er deutsche M ittelstand w iederum entb eh rt je g lic h er F ü h lu n g m it den oberen S chichten, die fast ohne A usnahm e nur v o rü b erg eh en d in der P rovinz an sässig sind, und ist au sserdem in sich nach K onfessionen und Berufen g esp alten . So g e h t er zurück, und seine tüchtigsten E lem ente, die sich durch den N ationalitätenhader ökonom isch b ee n g t fühlen, w andern ebenfalls ab. D er P ole d ag e g en , der als S achsengänger abgew andert ist, keh rt zurück, um sich m it seinen E rsparnissen eine B odenparzelle zu kaufen. D er polnische H andw erker und H ändler kann sich leichter halten w ie d er deutsche, einm al weil er von d er polnischen K undschaft w eit b e sse r u n te rstü tzt w ird als der deutsche P ro d u z en t von den A b­

nehm ern seiner N ationalität, und dann, w eil der P ole m it einem M inim um auskom m t. H ierzu kom m en noch die vorzüglichen K redit- und genossenschaftlichen O rganisationen d er P olen in S tadt und L and, denen die D eutschen nur die viel Ä rgernis erreg en d en R aiffeisen-O rganisationen an die Seite stellen können.

S chliesslich konstatiert noch W egener, dass auch m anche deutschen H andw erker entw eder w egen der geringen A ussicht ihres G ew erbes auf eine sichere Z ukunft gar keine o der nur polnische L ehrlinge erhalten o d er dass sie einen polnischen L eh rlin g bevorzugen, weil er an sp ru ch slo ser ist.

A lle diese A usführungen w erden nun bis in die D etails hinein m it seh r g enauen und — sow eit das M aterial dazu ü b e r­

h au p t vorhanden w ar — erschöpfenden Z ahlennachw eises b eleg t, die von dem F leiss und d er G ründlichkeit des A utors zeu g en .

D as E inzige, w as ich an der ausgezeich n eten L eistu n g W egeners verm isse, ist der N achw eis, w eshalb die A n sie d lu n g s­

kom m ission nicht fähig gew esen ist, jenen das P olentum fördernden.

T endenzen w irksam er entgegen zu arb eiten .

G. Adler.

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Nachrichten.

1. D ie K g l. A k a d e m i e z u P o s e n w urde am 4. N ovem ber m it einer w ürd ig en F eie r im L ichthofe d es K aiser F riedrich- M useum s eröffnet. Ein B ericht ü ber die F eie r m it w örtlicher W iedergabe aller g eh alten en R eden ist im V erlage von M erzbach erschienen. Im N am en d er D eutschen G esellschaft b e g rü sste der V orsitzende d er G esellschaft, d er H err O b erp rä sid e n t von W aldow , d as n eu e Institut. H err A rchivdirektor P ro fesso r Dr. P rü m ers, d er im A ufträge der vier w issenschaftlichen Institute in der S tadt P o sen seinen G lückw unsch abstattete, w ies in sein er A n­

sprache auf das Z usam m enw irken des S taatsarchivs m it d er H istorischen G esellschaft hin, dem eine von F re u n d w ie F eind an erkannte B lüte heim atlicher G eschichtsforschung in d er P rovinz P o sen zu danken sei. E rfreulicherw eise ist in dem L ehrplan des ersten S em esters die G eschichte ausreichend m it 5 D ocenten b esetz t w orden.

2

. Aus dem Kaiser Friedrich-Museum zu Posen. Die

E i n r i c h t u n g s - u n d A u f s t e l l u n g s a r b e i t e n i m K a i s e r F r i e d r i c h - M u s e u m , d essen E röffnung für den F eb ru ar 1904 g e p la n t ist, nehm en rüstigen F o rtg a n g , zum al seitdem die P rovinz n eu e rd in g s w eitere au sserordentliche M ittel für die H errichtung und E rg ä n z u n g d er S am m lungen zu r V erfü g u n g g estellt hat.

D er k u n s t w i s s e n s c h a f t l i c h e n B i b l i o t h e k und V o r ­ b i l d e r s a m m l u n g , die sich b ereits in den unzulänglichen R äum en d er ehem aligen L andesb ib lio th ek eines lebhaften Z u ­ sp ru ch e s zu erfreuen hatte, hat die M u seu m sleitu n g b esondere S orgfalt an g e d eih en lassen, um durch ihre m öglichst vielseitig e A u sg estaltu n g dieser A bteilung, der ein beh ag lich er L esesaal für etw a 4 0 P erso n en im N eubau ein g eräu m t w urde, auch fernerhin die G unst der b ild u ngseifrigen B esucher zu sichern. D ie Zahl der K unstzeitschriften w urde verm ehrt, die S am m lung d er P hoto- g raphieen durch Ü berw eisungen aus dem K upferstichkabinet der K- M useen zu Berlin erheblich verv o llstän d ig t, die chrom o­

lithographischen R eproduktionen älterer G em älde, w elche die A rundel-Society seit den sech z ig er Jah ren des vorigen Ja h rh u n d e rts h era u sg ib t, g ela n g es in einem selten vollständigen E xem plar d e r V orbildersam m lung einzuverleiben. D urch eine erlesene K ollektion von H olzschnitten nach A dolf M enzel ist die graphische K u n st d es n eunzehnten Ja h rh u n d e rts in einem ihrer H au ptm eister v ertreten.

D ie n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e A b t e i l u n g , die zum g rössten T eile neu geschaffen w erden m usste, aber sich der w erktätigen Beihilfe einheim ischer und ausw ärtiger Kräfte zu er­

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freuen h atte, w ird, w enn die A ufstellung v o lle n d et ist, einen lehr­

reichen Ü berblick ü ber die F lora, F auna und die M ineralien der P ro v in z erm öglichen. D ie O rd n u n g d er S am m lung h at H err P rofessor D r. P f u h l un ter M itw irkung des H errn S anitätsrats D r. S c h ö n k e übernom m en.

D ie v o r g e s c h i c h t l i c h e n A l t e r t ü m e r sind durch g lück­

liche A usg rab u n g en und Ü berw eisungen älterer F u n d e aus d er P rovinz n eu e rd in g s nicht unerheblich verm ehrt w orden. Ihre übersichtliche A ufstellung ist in sb eso n d ere dem Eifer des H errn D r. E r i c h S c h m id t- B r o m b e r g zu danken, der seine unerm üd­

liche A rbeitskraft und seine um fassende K enntnis d er provinziellen V orgeschichte in u n eig en n ü tz ig ste r W eise d er V erw altung d es M useum s zu r V erfügung stellte. D er jü n g st erfolgten Ü b er­

w eisu n g einer kleineren P rivatsam m lung des H errn P r o f e s s o r K n o o p - R o g a s e n , sow ie der B em ühungen des H errn L an d e sb au ­ inspektors F r e y s t e d t - R o g a s e n um die V erm ehrung d er B e­

stän d e sei gleichfalls dankbar gedacht.

D ie S a m m l u n g d e r G i p s a b g ü s s e wird dem nächst durch um fängliche S en d u n g en aus Berlin, L ondon, Rom , F lorenz und N eapel in d er W eise vervollstän d ig t w erden, dass sie die G eschichte d er B ildnerei in ihren H auptepochen durch einzelne künstlerisch h ervorragende und g eschm ackbildende M eisterw erke veranschaulicht.

D ie A ufstellung d er G r ä f l i c h R a c z y n s k i ’s c h e n G e - m ä l d e - S a m m l u n g , die auf lange Z eit den eigentlichen Kern unserer K unstsam m lung bilden w ird, ist vollendet. Ihre 190 B ilder

— darunter unanfechtbare M eisterw erke von B orgognone, Francia, M azzolini, G arnfalo, M assys, Z urbaran, C analetto, S n y d ers und eine g lä n ze n d e R eihe historisch-klangvoller N am en des 19. J a h r­

h u nderts, wie C ornelius, O verbeck, Steinle, Schnorr, F ührich, Schw ind, K aulbach, Blechen, L essing, A chenbach, M enzel, Böcklin, D elaroche, Scheffer, P oittevin, C harlet, B onington u. s. w.

w erden in den P o sen er freundlichen O berlichtsälen des M useum s w eit b esser zur G eltung kom m en als in den R äum en der B erliner N ational-G alerie, in der sie seit dem Ja h re 1883 notdürftige U nterkunft gefunden hatten. D er sonstige B estand an G em älden im K aiser F riedrich-M useum se tz t sich zum eist aus L eihgaben der Kgl- N ational-G alerie zusam m en und ist in dem nördlichen Trakt des O b erg esch o sses in drei Sälen untergebracht. U nter den neuen E rw erbungen, die einen erfreulichen A nsatz zur not­

w endigen W eiterentw ickelung dieser A bteilung erkennen lassen, sei ein w eibliches B ildnis des bekannten tem peram entvollen spanischen M alers J g n a c i o Z u l o a g a , eine d er S tadt ü ber­

w iesene Z uw en d u n g des H errn G u s t a v K r o n t h a l in Berlin,

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sow ie eine auf der letzten B erliner K u n stau stellu n g erw orbene stim m ungsvolle F lu sslan d sch aft von H e i n r i c h H e r m a n n s - D ü s s e l d o r f b eso n d ers erw ähnt. W eitere A nkäufe aus den Z insen d er städtischen G ustav - K ronthalstiftung sind in A ussicht genom m en.

D ie k u l t u r g e s c h i c h t l i c h e A b t e i l u n g d es M useum s b e ­ steh t vorw ieg en d aus Ü b erw eisu n g en d er H istorischen G esellschaft, die schon in dem früheren P rovinzial-M useum au sg este llt w aren.

E in ig e In nungsaltertüm er und E rz eu g n isse des einheim ischen K u n stg ew erb es konnten im letzten Ja h re hin zu erw orben w erden.

F ü r die M ünzsam m lung ist dem M useum von F re u n d en der S ache eine vo llstän d ig e R eihe polnischer M ünzen in A ussicht g e ste llt w orden.

D ie k u n s t g e w e r b l i c h e S a m m l u n g w ar fast ganz neu an z u le g en . T rotz d er dankensw erten U n terstü tzu n g , die die S taa tsreg ie ru n g auch diesem Teil der S am m lungen durch Ü ber­

w eisu n g einer A usw ahl aus den B eständen d es K gl. K unst­

gew erbe-M useum s zu Berlin an g ed eih en Hess, eröffnet sich hier der L eitu n g des K aiser F riedrich-M useum s für die Z ukunft ein w eites, w enn auch nicht im m er leicht zu beackerndes F eld w erben­

der T ätigkeit, bevor die beid en g ro ssen Säle, die diesem Zw eck im östlichen H auptbau eingeräum t sind, sich m it vollw ertigen, m useum sreifen Stücken des K u n stg ew erb es alter und neu er Z eit w erden füllen lassen. Insbesondere w ird bei d er G rossräum igkeit dieser Säle, die leid er eine intim e A u sg estaltu n g erschw ert, der N achdruck auf Stücke grö sseren U m fangs zu leg en sein, die den hohen w eissen W andflächen den E indruck d es U nw ohnlichen und K alten nehm en. Ein reichgeschnitzter A lt-D anziger Schrank des 18. Ja h rh u n d e rts konnte neb st anderen klein eren M öbeln aus den ordentlichen M itteln dieses E tatsjahres erw orben w erden, viele andere em pfindliche L ücken w erden sich erst allm ählich ausfüllen lassen. D ie keram ische S am m lung w urde durch eine kleine K ollektion von E rz eu g n issen m odernen K unstfleisses, sow ie durch A nkauf ein ig er w ertvoller S tücke A ltm eissner P orzellans u n län g st bereichert. M oderne B ucheinbände und eine A usw ahl von alten Stoffm ustern in K opien, die den G rundstock einer T extilsam m lung bilden soll, w urden ebenfalls neu an­

geschafft. D em W ohlw ollen eines P o sen e r G önners v erdankt d s s M useum einige Stickereien orientalischer H erkunft. Auch so n st fehlt es nicht an glücklichen A nzeichen für die erw achende T eilnahm e an den B estreb u n g en d es M useum s. So hat ein b e ­ k annter B erliner K unstfreund u n län g st einen w ertvollen Teil seiner m it ungew öhnlichem G eschm ack und reichen M itteln zu sam m en ­ gebrachten P rivatsam m lung dem M useum zu überw eisen sich er­

boten. M an darf hoffen, dass solche von echtem G em einsinn

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191

z e u g e n d e T at in einer S tadt nicht ohne N achfrage bleiben wird, deren polnischer B evölkerung ein stattliches M useum aus privaten M itteln zusam m en zu b rin g en bereits seit längerer Z eit g elungen ist. Ü b erd ies aber w ird es d au e rn d er A nspannung öffentlicher M ittel bedürfen, um die v erh e issu n g sv o llen K eim e einer provin­

ziellen K un stsam m lu n g , w ie sie bish er vorhanden sind, zu einer B lüte zu entw ickeln, deren fruchtbringender G enuss erst kom m en­

d en G enerationen verständnisvollen D ank für die hier g eleistete K ultu rarb eit abnötigen w ird.

Geschäftliches

der „Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen."

Ch r o n i k .

Sitzung vom 12. Mai 1903. Geh. Archivrat Dr. P r ü m e r s hielt einen Vortrag über den Brand von Posen am 15. April 1803 und den infolge dessen aufgestellten neuen Bebauungsplan des abgebrannten Ge­

ländes, sowie der Neustadt, der von dem energischen und zielbewussten Vorgehen der preussischen Behörde Zeugnis ablegt. Der Vortrag selbst wird voraussichtlich später in Verbindung mit anderem Material über die Stadt Posen in südpreussischer Zeit gedruckt werden.

Sitzung vom 8. September 1903. Geh. Regierungsrat S k l a d n y gab in seinem Vortrage „Aus der Franzosenzeit in der Provinz Posen“

eine Zusammenstellung und Besprechung der von Napoleon an seine Generale verschenkten Güter in der Provinz Posen, eine sehr interessante Parallele zu dem Schwarzen Buch. Der Vortrag wird im 19. Jahrgange dieser Zeitschrift zum Abdruck gelangen.

Die Junisitzung war wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit aus­

gefallen, und dafür wurde der S o m m e r a u s f l u g geplant, der diesmal Meseritz und Paradies zum Ziele hatte; besondere Umstände machten aber ein Hinausschieben auf den September notwendig. Mehr als 70 Teil­

nehmer hatten sich hierzu eingefunden. Schon in den Frühstunden des 13. September wurde die Eisenbahnfahrt von Posen aus angetreten. Bei einem gemeinsamen Frühstück in Meseritz sprach Oberlehrer Dr. Pick in längerer Rede über die „Geschichte und Altertümer der Stadt Meseritz“, während Baurat Wilcke die Führung und Erklärung bei Besichtigung der dortigen Schlossruine übernahm. Eine grosse Anzahl Wagen beförderte darauf die Teilnehmer nach Paradies, woselbst unter Führung des Seminardirektors Hoffmann das Kloster mit seiner Kirche einer eingehender.

Besichtigung unterzogen wurde. Nach der Rückkunft nach Meseritz fand noch eine zwanglose Zusammenkunft im Schützengarten statt, worauf die Eisenbahn über Bentschen erst gegen Mitternacht die Posener nach der Provinzial-Hauptstadt zurückbrachte.

Der Ausflug wurde auch diesmal wieder allseitig als überaus lohnend bezeichnet, und Damen sowohl wie Herren sprachen sich sehr anerkennend über die gebotenen geistigen wie leiblichen Genüsse aus.

Dienstag, den 13. Oktober 1903. Geh. Archivrat Dr. P r ü m e r s be­

richtet zunächst über den eben besprochenen Ausflug und gab sodann

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Dr. G. P e i s e r das Wort zu seinem Vortrage „Ein Voltairisches Drama über die polnische Verfassung“, der in dieser Zeitschrift abgedruckt werden wird. Zum Schluss der Sitzung sprach noch Superintendent K l e i n w ä c h t e r über „Eine Sammlung polnischer Sprichwörter aus der Provinz Posen*. — Keiner von den Anwesenden, die mit grossem Interesse den Ausführungen des Redners folgten, konnte ahnen, dass dieser schon am 22. November jählings vom Tode hingerafft werden würde. Unsere Gesellschaft verliert in dem Hingeschiedenen ein Mitglied des Vor­

standes, stets bereit, für ihr Wohl zu raten und einzutreten, einen Mit­

arbeiter, der nie versagte, wenn er um Übernahme einer Arbeit für unsere Sitzungen oder für unsere Veröffentlichungen angegangen wurde.

Es ist ein recht schwerer Verlust, der uns betroffen hat, und nicht leicht wird es sein, zur Ausfüllung der entstandenen Lücke eine gleiche Kraft zu finden.

Sitzung vom 10. November 1903. Geh. Archivrat Dr. P r ü m e r s berichtete über die General-Versammlung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine am 27.—30. September 1903 zu Erfurt und über das 50jährige Jubiläum des Vereins für die Geschichte der Stadt Nürnberg, an welchen beiden Veranstaltungen er im Aufträge unserer Gesellschaft teilgenommen hatte. Die Verhandlungen der General­

versammlung werden in dem Korrespondenzblatt des Gesamtvereins ver­

öffentlicht und können daher hier übergangen werden.

Sehr viel neues und wichtiges Material brachten D r. L a u b e r t s

„Beiträge zur Geschichte des preussischen Militärs in der Provinz Posen aus der Zeit nach 1815“. Besonders hervorgehoben wurden die Schwierig­

keiten, die der preussischen Militärverwaltung in Bezug auf die Heran­

ziehung ehemals polnischer Offiziere erwuchsen. Nur wenige wagten es, in preussische Dienste zu treten.

Historische Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft

Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.

Di e n s t a g , d e n 15. D e z e m b e r 1903, Abends 8 72 Uhr, imTerassen- saal des Apollotheaters zu Posen.

T a g e s o r d n u n g : F e i e r z u r E r i n n e r u n g an d i e G r ü n d u n g d e r S t a d t P o s e n v o r 650 J a h r e n .

1. Vortrag des Geheimen Archivrats Professor Dr. Prümers.

2. Geselliges Beisammensein.

R e d a k tio n : D r. A. W arsch au er, P o sen . — V erlag d er H isto risch en G esellschaft für die P ro ­ vinz P o sen zu Posen und d er H istorischen G esellschaft für den N etze-D istrikt zu B rom berg.

D ruck d e r H o fbuchdruckerei W . D ecker & C o., P osen.

R. Prümers.

M o n a ts s itz u n g .

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