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Technik und Kultur : Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, Jg. 28, Nr 3

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TECHNIK und KULTUR

| 28. JAHRGANG BERLIN, 31. MÄRZ 1937 Nr. 3, S. 41—56 I ¡ ¡ 1 D IE Z E I T S C H R I F T D E R D E U T S C H E N D I PL O M - 1N G E N I E U RE

I n h a l t :

Über die Freiheit in Forschung' und Lehre / Berufsfragen der Ingenieure: VII. Sorgen um die Technischen Hochschulen / Internationale Zusammenarbeit in der Eisenindustrie / Arbeitseinsatz der Metall­

arbeiter / Umschau / Vom freien technischen Beruf / Literatur: Neue Bücher / Zeitschriften

Professor Hans Heyse in G öttingen:

übet Die Freiheit in forMung unö teilte

Wir entnehmen mit freundlicher Erlaubnis diesen A ufsatz einem soeben in der Herbert Stuben­

rauch Verlagsbuchhandlung, Berlin, erschienenen „Deutsddand-Amerika-Länderjahrbuch“, das im A u f­

träge des Deutschen Akademischen Austauschdienstes herausgegeben wurde. A u f diese bedeutsame Neuerscheinung kommen wir an anderer Stelle noch zurück. D ie S c h r i f t l e i t u n g .

1

Um einen A usgangspunkt für unsere Erörterung zu gew innen, knüpfen wir an die P hilosop hie K a n t s an. K a n t sagt, daß es ein H auptanliegen seiner P hilosophie sei, „die F reih eit zu re tte n “. Insofern kommt nach ihm dem Problem der Freiheit, das s p e ­ ziell in seiner Ethik beh and elt wird, e i n e a l l g e ­ m e i n e p h i l o s o p h i s c h e B e d e u t u n g zu.

Indem wir von K a n t ausgehen, sind wir gezw ungen, den Begriff der F reih eit in größter T iefe zu fassen.

Damit verm eid en wir zugleich die ihm anhaftenden V ieldeutigkeiten.

D ie F reih eit schließt nicht nur die Frage ein: frei w ovon ? Das ist vielm ehr ein sekundäres Problem . S ie enthält vor allem die tiefere Frage: frei w ozu ? D ie F reih eit enthält zugleich n eben einer n egativen Lösung eine p ositiv e Bindung.

D ies m eint K a n t , w enn er in seiner Ethik die F reih eit als solch e einen „n egativen Begriff" nennt.

Der p ositive Begriff ist nach K a n t die A utonom ie.

W as b ed eu tet d iese A utonom ie? S ie stellt dar die Bindung des M enschen an den eigenen, w ahren N o ­ mos, d. i. an die W ahrheit der m enschlichen E x i­

stenz. D ie A utonom ie w ird auf das schärfste u nter­

schieden von der H eteronom ie. D ie H eteronom ie besagt, daß die m enschliche E xisten z G esetzen unterworfen wird, die ihr fremd sind, die daher die m enschliche E xistenz verfälschen, ja v ielleich t ze r­

stören.

W enn wir nun allgem einer von der F reih eit der P hilosop hie und W issenschaft und in ihr von der F reih eit der Forschung und Lehre als m enschlichen V erhaltu ngsw eisen sprechen, so m einen wir nicht bloß die n egative F reiheit, das F reisein von etw as, von allen h eteronom en G esichtspunkten, sondern vornehm lich die p o sitiv e Freiheit, als die Bindung an das G esetz der W ahrheit. Der p ositive Sinn der Freiheit ist unauflöslich gebunden an die Id ee der Wahrheit.

D ieses Prinzip, aus dem die P hilosophie und die W issenschaft selb st geboren sind, wird im neuen, n ation alsozialistisch en D eu tsch land nicht nur nicht angetastet, sondern reiner denn je begriffen und b e ­

hauptet. W oher rühren dem gegenüber die v ie len M ißverständnisse über die deu tsche p hilosoph ische und w issen sch aftlich e S itu ation? — M ißverständnisse, die sich dahin zusam m enfassen lassen, daß in D eutschland die P hilosop hie und die W issen sch aft h eteronom en Anordnungen, m ögen sie nun u tilitari- scher, pragm atischer oder p olitisch er N atur sein, unterw orfen werden.

D iese M ißverständnisse entspringen vor allem daraus, daß das W esen tlich e der deu tschen S itu a ­ tion nicht geseh en und nicht begriffen wird. D ieses W esen tlich e b esteh t darin, daß in einem re v o lu tio ­ nären A kt des deu tschen G eistes, der der p olitisch en R evolu tion parallel geht und m it ihr aus ein und d erselb en m etaph ysischen W urzel entspringt, die Idee der P hilosop hie und W issen sch aft ihren m oder­

nen höchst fragwürdigen E rsch einu ngsw eisen en t­

rissen, und in neuer T iefe, d. i. in rein erer und ur­

sprünglicher W ahrheit, begriffen w erden.

W ie ist das zu versteh en ?

A n drei Problem en w ird v ie lle ich t die neue d eu t­

sche philosoph ische und w issen sch aftlich e S ituation besonders deutlich. S ie m ögen kurz ch arak terisiert w erden, um an ihnen den Sinn der F reih eit in F or­

schung und Lehre als A uflösung sp ezifisch m oderner H eteronom ien und als p ositiv e Bindung an das G e ­ se tz der W ahrheit zu bestim m en.

1. W iederum m öge uns die K a n t isch e P h ilo so ­ phie als A usgangspunkt dienen. W enn K a n t , an P l a t o n anknüpfend, u ntersch eid et zw isch en der W elt der P hainom ena und der W elt der N oum ena, so w ird d iese U nterscheidung zw ar oft von den P h i­

losop hen des 19. und 20. Jahrhunderts angeführt — aber niem als ist sie in einem tieferen Sinne g e ­ schichtlich w irksam gew orden. W as b ed eu tet jene U nterscheidung? D ie W elt der Phainom ena ist der Ausdruck für den Inbegriff der raum -zeitlichen, d. i.

der dinglichen W elt. S ie umfaßt die A llh eit der D inge, der O bjekte, die vornehm lich m it den H ilfs­

m itteln der M athem atik und der m athem atischen N atu rw issen sch aften erfaßt w erden. K a n t zeig t die

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42 H. H e y s e : Über die Freiheit in Forschung und Lehre T echnik u. K u ltu r

„G renzen ‘ d ieser E rkenntnis auf. S ie en d et dort, w o ein e n eu e W elt beginnt, näm lich d ie W elt der N oum ena, d. i. k onk ret die W elt der m enschlichen E xisten z. D ie se W elt ist nicht au ssch ließlich dem N om os der M athem atik und m ath em atisch en N atur­

w issen sch a ft unterw orfen. S ein e au ssch ließlich e H errschaft ist ihr gegenü b er heteronom . S ie hat e i n e n e i g e n e n N o m o s — sie ist in diesem S inn e autonom .

D iese U ntersch eidu ng ist von größter B edeutung.

Es ist näm lich zu zeigen, daß die m odernen A u f­

fassungen vom M enschen, in sb eson d ere diejenigen, die gesch ich tsp h ilosop h isch und p olitisch b ed eu tu n gs­

v oll gew ord en sind, ihre B egriffe und K ategorien der W elt der Phainom ena, d. i. der W elt der m ath em a­

tisch -n atu rw issen sch aftlich en E rkenntnis, en tn eh ­ men. S ow oh l die m odernen id ea listisch en w ie p o si­

tiv istisch en und m aterialistisch en T h eorien u nter­

w erfen den M ensch en einer dinglichen B etrach tu n gs­

w eise. S ie sind der eigen tlich en m en sch lichen E x i­

sten z gegenü b er heteronom . D ie große T ragödie der m odernen M ensch heit beruht darin, daß sie ihr W esen eb en so w ie ihre Id eale in B egriffen sucht, die der m en sch lichen E x iste n z gegenü b er fremd sind.

S i e v e r f e h l t i h r e i g e n e s w a h r e s S e i n . Darum sch reitet sie mit der N otw en d igk eit, um die A i s c h y l o s , S o p h o k l e s und P l a t o n w issen , v on K atastrop he zu K atastrophe. S o aber ist mit ungeheurer E ind rin glichk eit und in unerhörter T iefe das P r o b l e m d e s S e i n s vor die M ensch heit g este llt. D er d eu tsch e N ationalsozialism u s, der nicht nur ein e n eu e p olitisch e, sondern eb en so ein e neue w eltan sch au lich e und m etap h ysisch e K on zeption ist, ergreift d ieses Problem auf Grund der europäischen T radition w ie der d eu tschen G esch ich te selbst. Er sieh t die m en sch lich e E x isten z neu und sucht von d ieser n eu en K on zeption aus die w ahren Ordnungen d es S ein s und des L ebens dem m odernen Chaos gegenü b er aufzurichten. Und w en n er versucht, sich v o n den u n h eilvollen Bindungen zu befreien , die er als h eteronom e Bindungen begreift, auch w en n sie die m oderne W elt beherrschen: s o i s t d i e s e i n h ö c h s t e r A k t d e r F r e i h e i t . D en n ihm geht es nur um ein Prinzip: die Bindung der m en sch ­ lich en E x iste n z an die W ahrheit des S ein s und L ebens selbst. Und darum ist die Id ee der P h ilo­

sop h ie und W issen sch aft, die der N atio n a lso zia lis­

m us in Forschung und Lehre vertritt, der ständige und h eroisch e V ersuch, zu der h öch sten F reih eit zu gelangen, die dem M ensch en b esch ied en ist: der L oslösung von a llen — m odernen — heteronom en G esich tsp u n k ten , der Bindung an das p o sitiv e G esetz der W ah rh eit des S ein s und L ebens selbst.

2. V on h ier aus löst sich auch der V orwurf in N ich ts auf, daß die n a tion alsozialistisch e „W eltan ­ schauung" von außen her die P hilosop hie und W issen ­ schaft bestim m e, indem sie ihnen G e setze auferlege, die der P h ilosop h ie und W issen sch aft gegenüber inadäquat seien , daß sie damit die F reih eit der P hi­

lo so p h ie und W issen sch aft in Forschung und Lehre gefährde.

D er Begriff der „W eltanschauung" ist ch arak teri­

siert durch die b eid en M om ente: „die A nschauung", und „die W elt". D as W esen der „Anschauung" ist von K a n t en td e ck t oder w ied er en td e ck t w ord en , und se it ihm ist der A usdruck klassisch. D ie „A n ­

schauung" ist nach K a n t „intuitiv", w ähren d der Begriff „diskursiv" ist. D as heißt, die „A nschauung ist der A usdruck für ein G an zes, für ein e T ota litä t, w ährend der Begriff, als F un ktion d es rein en ab ­ strak ten In tellek ts, mit T eilen op eriert.

W as der Begriff der „Anschauung" m ehr n ach der S eite der Form ausdrückt, m eint der B egriff der

„W elt" nach der S eite des Inhalts. D ie W elt ist ein in h altlich es G an zes, das nicht in der Sum m ierung der T eile, son dern nur in der In tegration der T eile zu einem G anzen zu b egreifen ist. D a r u m b e ­ d e u t e t „ W e l t a n s c h a u u n g " d i e K o n z e p ­ t i o n d e s S e i n s a l s e i n e s G a n z e n .

W ir haben ob en geseh en , daß der B egriff des S ein s, oder genauer: ein n e u e r B egriff des Seins, und der W irk lich k eit in einem B rennpunkt der p h i­

lo sop h isch en und w isse n sc h a ftlic h e n B estrebu ngen des N ation alsozialism u s steh t. Daß es um d iesen n eu en Begriff des S ein s und L ebens geht: das eben bringt die n a tio n a lso z ia listisch e W eltan sch au un g zum A usdruck. In einem erhab en en und re v o lu tio ­ nären A k t des G e istes p ro testie rt sie gegen die m o ­ derne W illkür, die p h ilosop h isch e und w isse n sc h a ft­

liche F reih eit genannt wird, das S ein und L eben in zusam m enhanglose T e ile au fzulösen , d. h. in W ah r­

h eit zu zerstören. W eil es das W esen des ab strakten In tellek ts ist, mit T eilen zu op erieren , p ro testiert sie eb en gegen d iesen m odernen In tellektualism us.

D ieser übertrum pft noch die M einung H u m e s , nach der das Ich ein „Bündel von V o rstellu n g en “ sei, indem er die E x iste n z des M en sch en au flöst in ein e zusam m enhanglose R eih e von B etrach tu n gs­

w eisen , nach d enen der M ensch p sych ologisch , p h y ­ siologisch , m edizinisch, h istorisch, juristisch, m ora­

lisch usw. b etrach tet wird, — w o b e i das P rob lem der k on k reten E x isten z des M en sch en hoffnungslos v e r ­ loren geht.

D em gegenüber ist die n a tio n a lso z ia listisch e W e lt­

anschauung A usdruck der m etap h ysisch en E insicht, von der P l a t o n und A r i s t o t e l e s wi e K a n t durchdrungen sind, daß nur aus der Id ee ein es G an­

zen des S ein s die m en sch liche E x iste n z verstan d en w erd en kann.

3. D er sich tb arste A usd ru ck dafür, daß aus einer ech ten Idee des G anzen um ein en n eu en B egriff des S ein s und in ihm um ein en n eu en B egriff der m en sch ­ lichen E xisten z gerungen w ird, b esteh t darin, daß nicht ein abstrakter „M ensch ü b erh au p t”, son dern der k on k rete, d. h. durch n atürliches, v o lk lic h e s und gesch ich tlich es Erbe b estim m te M ensch in ein en Brennpunkt der B etrach tun gen g e s te llt w ird. D as b ed eu tet ein e völlige U m w endung gegen ü b er den typisch m odernen A uffassungen, se ie n sie id e a ­ listisch, p o sitiv istisch oder m aterialistisch . D enn, w ie schon erw ähnt, ist es die v erb orgen e m eta p h y ­ sisch e A nnahm e aller d ieser P h ilo so p h ien — d ie p a ra d o x erw eise ihren S to lz darin sehen, „ a n ti-m eta ­ p h y sisch “ zu sein: die äußeren, dinglich en O bjekte zum schlech th in m aßgebend en V orbild d es S ein s zu m achen und die an d iesem V orbild en tw o rfen en M e ­ thod en der E rkenntnis zur E rkenntnis sch lech th in zu stem peln . D as ist der G rundfehler der m odern en P hilosop hie. U nd von hier aus se h e n die m odern e P h ilosop h ie und W issen sch aft das P roblem der

„Freiheit" (ebenso, w ie hier nur a n g ed eu tet w erd en mag, der „Theorie", der „O b jek tivität”). D in ge sind

(3)

28 (1937) Nr. 3 H . H e y s e : Über die Freiheit in Forschung und Lehre / Berufsfragen der Ingenieure 43

in dem Sinne neutral, daß sie von v ie len S tan d ­ punkten aus b etrachtet w erd en können. F alsche Theorien korrigieren sich durch Erfahrung und E x ­ perim ent selbst. Darum w ird es niem andem ein ­ fallen, solchen S p eziald iszip lin en w ie der Physik oder der C hem ie V orschriften über ihre internen Problem stellungen zu m achen. In dieser H insicht sind sie frei. A b e r e s w ä r e e i n v e r h ä n g ­ n i s v o l l e r F e h l e r , w e n n d i e N o r m e n u n d K r i t e r i e n d i e s e r E r k e n n t n i s z u d e n e n d e s S e i n s s e l b s t u n d i m G a n z e n g e m a c h t w e r d e n . Eben auf solcher M etabasis aber beruht das ganze U nheil der m odernen P h ilo­

sophien und der p olitisch en Theorien, am extrem ­ sten der m arxistischen, w ie der gesch ich tlich en Ent­

w icklung, die sie hervorgerufen haben. Über ihnen allen steh t das richtende W ort, mit dem A r i s t o ­ t e l e s das zw ölfte Buch seiner M etaphysik ab ­ schließt: „Das S ein lehnt es ab, sch lech t v erw altet zu werden."

In der Tat, im en tsch eid en d en U ntersch ied zu den D ingen ist die m enschliche E xisten z und ist die G e­

schichte nicht gleichgültig gegen inadäquate P hilo­

sophien und Ideologien: denn d iese führen sie an den Rand des Abgrundes oder in die K atastrophe.

D ie große Krisis, in der die m oderne W elt steht, ist der A usdruck dafür, daß sie sich vom w ahren Sein entfernt hat, daß sie im tiefsten Sinne des W ortes exzen trisch ist. V ielleich t hat D eutschland d iese Krisis am tiefsten erlebt, und vielleich t ist deshalb D eutschland am leidensch aftlichsten von der A uf­

gabe ergriffen, sie zu überw inden. W eil jeder F eh l­

schritt uns nur noch tiefer in die K atastrophe, ja zum U ntergange führen würde: können w ir uns nicht gestatten, die deutsche G eschichte zum E xp erim en ­ tierfeld von Ideologien und T heorien zu m achen, die w ir als unwahr erkannt haben. D i e A b l e h n u n g v o n h e t e r o n o m e n B e t r a c h t u n g s w e i ­

s e n e n t s p r i n g t n i c h t i r g e n d e i n e r W i l l k ü r , s o n d e r n s i e e r f o l g t i m N a ­ m e n d e r W a h r h e i t s e l b s t . Dam it ist aber d iese Bindung an die W ahrheit der A usdruck für die innere F reih eit der P h ilosop h ie und W issen ­ schaft. B eid e gew in n en ein e unerhörte V eran tw or­

tung. W eil sie nicht m ehr lo sg elö st sind vom Leben, sondern die innere W ahrheit und Ordnung des L e­

bens darstellen sollen, ist ihre F reih eit zu gleich ihre h öch ste Bindung.

*

Es ist kaum m öglich, im R ahm en ein es kurzen A u fsatzes d iese en tsch eid en d en Fragen erschöpfend zu b eh a n d eln 1. A ber v ie lle ich t g eb en d iese A u s­

führungen doch w en igsten s ein e A nschauung davon, daß die Fragen, um die im n ation alsozialistisch en D eutschland mit äußerster H ingabe gerungen wird, zu den tiefsten und le tz te n P roblem en des m en sch ­ lichen Lebens gehören. Es geht im n eu en D eu tsch ­ land um die Schicksalsfrage: die n eu e und höhere Stufe zu erreichen, a u f d e r G e i s t u n d L e b e n w i e d e r v e r e i n i g t w e r d e n , a u f d e r d a ­ h e r d i e e c h t e F r e i h e i t i d e n t i s c h i s t m i t d e r V e r a n t w o r t u n g , f ü r d i e w a h r e O r d n u n g u n d f ü r d a s e c h t e S e i n d e s d e u t s c h e n g e s c h i c h t l i c h e n L e b e n s i n n e r h a l b d e r K u 1 t u r g e m e i n s c h a f t d e r V ö l k e r z u e x i s t i e r e n . Daß d ies das eigen tlich e A n liegen der p h ilosoph ischen und w issenschaftlichen B estrebungen des N a tio n a lso zia ­ lismus ist, daß die F reih eit dadurch nicht v erloren ­ geht, sondern gerade einen tieferen Sinn erhält, w urde in d iesen Zeilen angedeutet.

1 Der V erfasser hat diese Fragen in einem größeren Zu­

sammenhang entwickelt in seinem Buch: „Idee und Exi­

stenz". Hamburg 1935: Hanseatische Verlagsanstalt.

Dipl.-Ing. K. F. Steinmetz in Berlin:

Bcrufoftogen Oer Ingenieure

VII*

Sorgen um die Technischen Hochschulen.

Über das Thema „Technische Hochschule" ist früher viel geschrieben und geredet worden, von Berufenen und Unberufenen. Es drehte sich dabei im wesentlichen um die Fragen, die man in dem Begriff „ H o c h s c h u l r e - f o r m" zusammenfaßte und die, seitdem A. R i e d 1 e r (f) den drohenden „Zerfall" der Technischen Hochschulen aufzeigte, immer wieder diskutiert wurden; zwar sind da und dort hoffnungsvolle Ansätze zu einer „Reform" sicht­

bar geworden, aber zu einer wirklichen Tat konnte sich diese zwiespältige, zerrissene Zeit vor 1933 nicht auf­

raffen. H ie r 78 wurde laufend sowohl über die G rund­

fragen wie auch über die vielen einzelnen Vorschläge dauernd berichtet; doch wird niemand sagen können, daß

* Vorgang: I. Nachwuchs; II. Berufserziehung; III. Presse;

IV. Ingenieur; V. Industrie und Ingenieurschaft; VI. Mangel an Ingenieurnachwuchs. — T echnik und Kultur 26 (1935) 123—127;

152—157; 190— 192; 27 (1936) 43— 48; 56—62; 153— 158.

78 Vgl. Technik und Kultur 16 (1925) 1—3; 161—163; 202— 204;

17 (1926) 91—95; 18 (1927) 5—11; 16— 17; 174— 175; 203—206;

19 (1928) 50—51; 148— 150; 198— 199; 203— 204: 20 (1929) 54— 55;

131; 177—180; 194— 195; 21 (1930) 93— 96; 132— 133; 140— 143;

154— 157; 173— 178; 204; 22 (1931) 25—26; 118— 121; 121— 122;

23 (1932) 4—5; 22—24; 40— 43 ; 78—81; 147— 150; 24 (1933) 15; 23; 34; 68: 162; 25 (1934) 186; 208; 26 (1935) 9; 29; 48;

27 (1936) 17; 19; 62; 65.

hier nur fruchtlose Diskussion getrieben w orden sei.

Aus dem Kreise der VDDI. sind vielmehr mehrfach p o ­ s i t i v e V o r s c h l ä g e mit eingehender Begründung ge­

macht worden, und mehr als einmal standen wir dicht vor der Verwirklichung derselben. Und einige richtungge­

bende Hinweise sind inzwischen auch Tatsachen gewor­

den, allerdings n i c h t für die Technischen Hochschulen.

In den letzten Jahren w ar es in d e r breiteren Öffent­

lichkeit sehr still um die Technischen Hochschulen ge­

worden. Daß die „Reform" aber im zuständigen Reichs­

ministerium nicht etw a vergessen ist, das wissen wir. In welcher G rundrichtung die Um- bzw. Neugestaltung ge­

plant ist, wurde eindeutig bislang nicht bekannt. Doch geben V erlautbarungen jüngster Zeit, auf die unten zu­

rückgekommen ist, gewisse Fingerzeige.

Um die W ende 1936/37 wurde es in der Öffentlichkeit um die Hochschule lebhafter. Der Anlaß ist bekannt: die von der industriellen W irtschaft und auch von den V er­

waltungen erhobenen Klagen über den Ingenieur-Nach­

wuchs, veranlaßt durch den unerw artet gestiegenen Be­

darf infolge des in ein schärferes Zeitmaß gekommenen Aufbaues, infolge der Aufrüstung und schließlich des V ierjahresplanes.

(4)

Berufsfragen der Ingenieure / Dr. K r i e c k ; Geheimrat B ü c h e r ; Dr.-Ing. B a c h e r Technik u. Kultur

Im folgenden sei zunächst über drei besonders beacht­

liche V e r ö f f e n t l i c h u n g e u d e r j ü n g s t e n Z e i t kurz berichtet.

1. Professor Dr. K r i e c k in Heidelberg:

Das Problem der deutschen Hochschulen

,,E s ist kein G eheim nis“ — sc h r e ib t79 der V erfasser — „daß der q u alitative und q u antitative M a n g e l a n N a c h w u c h s di e H a u p t g e f a h r für die Zukunft der deutschen H och­

schule d arstelit. In einer ganzen Reihe vo n Fächern ist die N achw uchs- und E rgänzungsfrage schon fa st zu einer K a t a ­ s t r o p h e gew ord en .“

W enn dam it zwar in erster Linie der N achw uchs für den Lehrkörper ins A uge gefaß t ist, so — und das bringt der V er­

fasser auch zum A usdruck — g ilt das g esa g te naturgem äß auch für den B erufsnachw uchs, insbesondere im technischen Berufs­

k reis, aus dem schließlich ja auch der H ochschullehrer kommen muß.

Die U r s a c h e n des M angels an Nachw uchs für den Lehr­

körper sieht der V erfasser in folgendem : Der durch den N a­

tionalsozialism us bew irkte Abbau an den H ochschulen habe die

„vorhandenen K ulissen des H ochschuidaseins beseitigt und die dahm teriiegenden Hohlräume b lo ß g eleg t“. D iese „akadem ischen K ulissen und Hohlräume'" bewirkte der Liberalism us mit seiner V erflachung, seinem Zunehmen der Quantität auf K osten der Q ualität, und schließlich mußte auch die Quantität absacken.

„D ie W issenschaften und H ochschulen w aren D urchgangsstufen für ste ts breitere Berufsfelder. Aber sie selb st hatten aus dem eigenen W esen und W ert heraus immer geringere Wirk- und A n ziehungskraft.“ ln zw eiter Linie ständen die w irtschaftlichen U rsachen; im w esentlichen konnte nur der B egüterte die Lauf­

bahn d es akadem ischen Lehrers durchhalten.

D as Problem, von der geldlichen S eite in letzter Instanz nicht lösbar, verlange zuerst in H ochschule und W issenschaft den

„A u f b a u d e r N e u g e s t a l t u n g v o n i n m e 11 h e r ’".

D am it, mit der Übernahme der Führung, w erde eine en tsch ei­

dende A nziehungskraft auf die Ju gen d au sgeü b t w erden, und die H ochschule gew inne einen schöpferischen Nachw uchs. Eine g eistig e Führung an H ochschule und W issenschaft m üsse dazu einsetzen, ein liberales oder rom antisches „ stilles W achsen­

la sse n “ genüge nicht.

Und zw eitens: „die bestehenden H ochschulen sind ein K leid, das dem deutschen Volk v iel zu w eit gew orden is t.“ Daher:

„radikale und rü ck sichtslose A ufhebung etw a eines D rittels der b estehenden H ochschulen, damit nach einer gründlichen Sie­

bung der verfügbare M annsohaftsbestand an H ochschullehrern zusam m engefaßt und neu geform t w erden kann. D araus sollen dann die w eiterbestehenden H ochschulen vom Grund her neu aufgebaut w erden . . . A lles andere führt unaufhaltsam zum V erfall.’‘

2. G eheim rat B ü c h e r , G eneraldirektor der AEG.:

Die Forderung der Wirtschaft an die Technische Hochschule

In einem V o r tr a g 89 auf einer G autagung des N SD .-D ozenten- bundes in Berlin führte Geheimrat B ü c h e r u. a. folgen des aus:

D ie L age D eutschlands zw in gt — im G egensatz zu vielen anderen Ländern -— dazu, uns nicht auf eine durchschnittlichere L eistun gsfäh igk eit der Staatsbürger einzustellen, sondern: wir sind gezw u n gen , die h ö c h s t e L e i s t u n g a l s N o r m an­

zunehmen. D as ist aber n u r d u r c h H e b u n g d e s B i l ­ d u n g s n i v e a u s zu erreichen! Die Zukunft hängt von der L eistun gsfäh igk eit der Ju gen d ab; der heutige, in kurzer Zeit durchzuführende A ufbau ist eine E ntw icklung, die der a llg e­

m einen E ntw icklung in der W eit vorau seilt und ein „K unst­

g eb ild e“ w erden kann, das unw irtschaftlich sein w ürde und uns zum Verhängnis w erden könnte, wenn unsere technischen und w issenschaftlichen L eistungen nachiassen, ermüden und anderen Zielen sich hingeben. D eshalb muß an die Ju gen d die F o r d e ­ r u n g g e ste llt w erden, m öglichst schnell in die T ätigk eit der Erfahrenen hineinzuw achsen und sich in ihrer g eistig en L ei­

stung, w issenschaftlichen und technischen Erkenntnis auf die Schultern der A lten zu steilen. G estützt auf eine einheitliche L ebensauffassung und W iilensbildung m üsse die Jugend trach­

ten, noch mehr zu leisten als die heutige Generation; denu nur so kann die Sicherheit der E xistenz geschaffen werden.

D em B i l d u n g s w e s e n a n d e n H o c h s c h u l e n sei größte A ufm erksam keit zuzuwenden; es bestehen heute schon g ew isse S ch w ierigk eiten bei der B esetzung von Lehrstühlen.

A n dererseits sei festzu stellen , daß die für w issenschaftliche Ar­

b eiten der D ozenten verfügbaren Mittel im allgem einen unzu­

länglich seien. „V ergleichen wir diese A ufw endungen mit den­

jenigen, die der S ta a t auf anderen G ebieten betreibt, so fallen die staatlich en A ufw endungen für U niversitäten und H och­

schulen ganz aus dem Rahm en, wenn man bedenkt, daß Er- 70 Der A ufsatz ist m ehrfach in der P resse erschienen u. a.

auch in „Der T urnerschafter“ , Z eitschrift des Verbandes Alter T urnerschafter 53 (1937) H eft 11, S. 173.

so A uszüge des V ortrages in „V olk. B eobachter“ (Berlin) Nr. 63 vom 4. März 1937; ferner „R undschau T echnischer A r­

b eit“, Nr. 9 vom 3. März 1937.

Ziehung und Forschung doch die U nterlagen für einen großen Teil der übrigen A ufw endungen des S ta a tes bild en .“ D ie V or­

au ssetzu ngen für Forschung, die an den H ochschulen n ich t en t­

behrt w erden kann, müßten gesch affen w erden, w enn man F or­

schung verlan ge. D abei m üsse auch der „ eig en a rtig en V eran­

lagu n g des W issen sch aftlers“ R echnung g etra g en w erden. „Die W issenschaft, und insbesondere die der Natur und T echnik, ist unabhängig von G esinnungs- und W eltanschauungsfragen. Sie wird im w esen tlich en ausgeübt und geförd ert von M enschen, die eine hervorragende oft aber auch ein seitig e B egabu n g haben, a lso von M enschen, die in folged essen singuläre E rscheinungen d arstellen. A ußerordentliche B egabungen sind sehr se lten , sie können nicht hoch gezü ch tet werden, sondern sind ein G eschenk der Natur. M öglichst v iele solcher M enschen hoher w issen ­ schaftlicher B egabu n g und Bildung zu b esitzen, ste llt ein un­

gew öhnliches A ktivum einer N ation dar, und man so llte an sie nicht den Maßs'tab eines gew öhnlichen Staatsbü rgers legen.

D iese M enschen v erlan gen für ihre hohen L eistun gen n ich t k lin ­ genden Lohn, haben aber A nerkennung n ö tig und sind für Ehrungen ebenso em pfänglich w ie alle anderen M enschen. Der echte W issenschaftler und H ochschullehrer wird se lten zugleich auch eine politische B egabu n g haben. Man so llte sie nach ihren w irklichen L eistun gen beurteilen, ihnen die Lebens- und A rbeitsbedingungen so g esta lten , daß sie der W issen sch aft und F orschung leben können, ohne durch die T ag esso rg en d es durch­

schnittlichen Bürgers g estö rt zu w erd en .“

D ie A u s b i l d u n g a n d e n H o c h s c h u l e n so ll dahin gehen, daß der N achw uchs b efähigt w erde, n ich t nur die Grund­

la g en der W issenschaft zu erfassen, sondern auch zur selbstän­

digen w eiteren w issen schaftlichen B etä tig u n g . D ie F rage der Stud en ten sch aft und Erziehung sei nicht bloß eine qualitative, sondern auch eine quantitative.

D ie U r s a c h e d e s R ü c k g a n g e s a n N a c h w u c h s sei im w esentlichen, daß nicht nur nicht zur E rgreifung des akadem ischen Studium s erm untert w erde, daß man sich sogar teilw eise bemühe, A biturienten vom Studium abzuhalten. „Es gibt heute billigere A u sb ild u n gsm öglich keiten und äußerlich ehrenvolle Berufe, in denen mit w en iger A n stren gu n g eine S te i­

lung zu erreichen ist, als die eines In gen ieu rs oder T echnikers.

E s müßte hier vo n höchster S telle darauf hin gew iesen w erden, daß der D ien st am V aterlande eine große g e is tig e A n stren gu n g derer erfordert, die das V erm ögen zu einer solchen b esitzen . Es müßte der Jugend k largem acht w erden, daß die g e istig e B e­

fähigung dazu verp flich tet, sie auch zu en tfalten , und im In ter­

esse des V aterlandes auszunutzen.“

„D ie A u f g a b e ist a lso, die zum S t u d i u m B e f ä h i g ­ t e n a n d i e U n i v e r s i t ä t e n u n d H o c h s c h u l e n z u b r i n g e n und sie zu q u alitativ hochstehenden M itarbeitern in dem großen A ufgabenkreis der deutschen N ation zu erzieh en .“

3. Professor D r.-Ing. B a c h e r , M inisterialrat im Reichserziehungsministerium in Berlin:

Ausbildung zum technischen B erui

A uf der J ah restagu n g d e s 81 „D eutschen B eton -V erein es“

sprach P rofessor B a c h e r ein geh en d über d ieses Thema; von seinen A usführungen in teressieren hier besonders folgende:

A ufgabe sei es, die schöpferisch begabten K räfte des N a c h ­ w u c h s e s an den technischen Beruf heranzubringen. Es w erde heute überall K lage über M a n g e l an N achw uchs geführt und vielfach schw arz gem alt. D azu lä g e aber k e i n A n l a ß vor, denn an den H ochschulen zeige sich ein A n steig en des Z ugan­

g e s zum 1. Studiensem ester. S etzt man die Zahl der Studieren­

den in 1914 g leich 100, so betrage heute die Zahl an den Uni­

v ersitäten 109 und an den T echnischen H ochschulen 106.

Trotzdem m üsse „etw as unternom m en“ w erden, um b efähigte junge M enschen zur T echnischen H ochschule in stärkerem Maße heranzuziehen. Denn darüber m üsse man sich klar sein, daß der Vier jahresplan nur ein A n fang se i, eine V orau ssetzu n g schaf­

fen soll, und daß deshalb zum w eiteren A ufbau der deu tsch en V olksw irtschaft immer mehr Ingenieure und n a tu rw issensch aft­

liche Berufsträger dauernd n otw en dig sind.

Um diesen g esteig er ten N achw uchsbedarf zu befriedigen, m üsse in der S c h u l e an gefangen w erden. E s zeig e sich fo l­

gender V organg: die Jugend der unteren S tu fe der H öheren Schule ist für technische D inge b egeistert, sie „ b a ste lt“ und ist durchaus gen eig t, in den technischen Beruf zu geh en . Aber das ändere sich in der Oberstufe. Schuld an diesem W echsel der E instellung zur Berufsw ahl se i die Schule m it ihrem starken philologischen E inschlag. Man k ön n te daran denken, die letzte n drei Jahre der Höheren Schule nach zw ei R ichtungen zu gabeln:

eine mehr philologische R ichtung und eine zw eite, die die Schü­

ler mehr an das G estalten heranführt und in der H auptsache naturw issenschaftlich e in g estellt sei. Man kön n e dann bestim m t dam it rechnen, daß sich mehr und mehr A biturienten dem te c h ­ nischen Studium zuw enden werden.

Bei der Berufsw ahl des A biturienten aber steh e auch die Ü berlegung: W a s s t e h t a m E n d e d e s S t u d i u m s . D a m üsse beachtet w erden, daß auch die Eltern dabei mitreden und da seien es vor allem die M ütter, die größeren W ert auf einen Beruf leg en , der eine g ew isse „S ich erh eit“ biete. Und gerade Söhne aus Ingenieurkreisen w enden sich vielfach vom Ingenieurberuf ab, so daß sicher hier auch erbbedingte B egabun­

81 Am 3. März 1937 in Berlin.

(5)

28 (1937) Nr. 3 Berufsfragen der Ingenieure I Internationale Zusammenarbeit in der Eisenindustrie

gen für den Beruf verloren gehen. Bei der Berufswahl wirke der Abbau in der Industrie in den Krisenjahren und die Schw ie­

rigkeit, über 45 Jahre alte Ingenieure w ieder im Beruf unter­

zubringen mit. In anderen akadem ischen Berufen bestehe im mer­

hin die M öglichkeit, durch Selbständigm achen auf ..eigenen Bei- non" zu stehen. D as fehle aber im technischen Berufe fast ganz, der sich im w esentlichen im A n gestellten verh ältn is erschöpfe.

Der Jugend m üsse klar gem acht werden, daß es eine V erpflich­

tung ist. der Gesam theit m it den verliehenen Gaben und den Fähigkeiten zu dienen, und sie m üsse an den Beruf, für den sie veranlagt ist, herangeführt werden. A llerdings m üsse auch hinsichtlich der .,Sicherstellung“ etw as geschehen.

Die G e s t a l t u n g d e r H o c h s c h u l e n m üsse schritt­

w eise vorgenom men w erden, Studienpläne seien nicht am grü­

nen Tisch zu m achen, sie müßten erprobt werden. Maßgebend sei, daß die Studienpläne keine ,.Stundenpläne“ seien und daß das ..Vollstopfen mit E inzelheiten“ aus der Technischen Hoch­

schule herausgebracht wird. Zwischen H ochschule und Fach­

schule m üsse der „radikale U nterschied“ gew ahrt sein, der darin bestehe, daß die Fachschule dem Schüler ein fertiges W issen vorm ittle, während die H ochschule an die Quelle heran­

führen muß.

*

Von drei verschiedenen Standorten aus wurden die Hochschulfragen betrachtet, aus allen drei Betrachtungen klingen, zum Teil hell, zum Teil gedämpft, die S o r g e n u m d i e T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n heraus, die Sorgen um ihre Zukunft, d. h. darum, ob sie die ihnen für Volk und S taat gestellten Aufgaben werden erfüllen können.

D r e i e r l e i kommt dabei in Betracht: einmal die Frage der G e s t a l t u n g der Technischen Hochschule;

zum anderen die N a c h w u c h s frage und drittens: die Stellung des technischen B e r u f e s im Rahmen der Volksgemeinschaft.

Alle drei Einzelfragen bilden eine Funktion miteinander.

Sowohl über die einzelnen Fragen wie über ihren funk­

tioneilen Zusammenhang ist hier schon des öfteren ein­

gehend die Rede gewesen, W ir glauben, daß keinerlei Maßnahmen an den Technischen Hochschulen zu einem Erfolg führen werden, wenn man nicht diese drei Einzel­

fragen gemeinsam löst. Professor B a c h e r hat das wohl ebenfalls im Auge gehabt, aber er ist doch nicht zum Kern der Berufsfrage vorgestossen. Ohne deren Lösung bleiben die schönsten Lösungen der Hochschulgestaltung und der besten Vorbildung für das Studium Stückwerk.

Die N a c h w u c h s f r a g e ist der Prim at; ohne ihre Lösung muß die Hochschule verfallen.

Das Problem ist und bleibt: die tüchtigsten Köpfe zum Studium der technischen W issenschaften zu bringen; denn aus den Studierenden muß der Nachwuchs für die Lösung der vielen Aufgaben kommen, die in d e r Praxis künftig gestellt werden, und aus diesen Ingenieuren kommen die künftigen Lehrer an den Hochschulen,

Wie aber bringt man diese „Köpfe” zum Studium an die Technischen Hochschulen? Professor B a c h i r hat das nur angedeutet, indem er gewissermaßen die negative Seite des Berufes gezeigt hat. Es ist aber schon so, daß die Frage gestellt wird: w a s s t e h t a m E n d e d e s S t u d i u m s ? Und es wird notwendig sein, diese Frage einmal in aller Offenheit zu beantw orten. Nur dann kom­

men wir zu einer Klarheit und zu einer nach m ensch­

lichem Ermessen optimalen Lösung.

G eheimrat B ü c h e r h at sehr klar die „Forderungen d er W irtschaft" aufgezeigt und dankensw erter W eise die Sonde in so manche schmerzhafte W unde gelegt. Die Berechtigung der Forderungen ist nicht anzuzweifeln;

allein damit ist es nicht getan, die „Forderungen der W irtschaft" müssen auch mit den „ F o r d e r u n g e n d e s B e r u f e s “ in Einklang gebracht werden. Es ist schon so, daß die Jugend aus den K risenjahren gelernt hat. Und Professor B a c h e r sieht durchaus richtig hier eine A b­

schreckung vor dem technischen Beruf, Es ist aber nicht so — und wir glauben das 82 nachgewiesen zu haben —, daß es die „gesicherte Stellung", die „beam tenm äßige Versorgung" ist, die unsere Jugend in andere Berufe lockt.

Die Jugend ist durchaus kämpferisch eingestellt; und weil sie es ist, gerade deshalb wendet sie sich Berufen zu, in denen sie glaubt, auf „eigenen Beinen" stehend den Lebenskampf führen und ihre Persönlichkeitsw erte zur Geltung bringen zu können. Unsere Jugend sieht nicht im Beruf nur eine Gelegenheit, Geld zu verdienen; ihr ist der Beruf ein Amt und eine Verpflichtung im Dienste an Volk und Staat.

Deshalb steht die B e r u f s f r a g e d e r a k a d e m i ­ s c h e n I n g e n i e u r e zur Lösung.

es Technik und Kultur 27 (1936) 153— 158.

Jntetnotiotuite M am m enarbeit in bet £ifeninftu|trie

Das Jah r 1936 brachte den endgültigen A n s c h l u ß d e r e n g l i s c h e n E i s e n i n d u s t r i e a n d e n k o n t i n e n t a l e n S t a h l p a k t . Damit ist der Aus­

bau der Internationalen Rohstabl-Export-Gemeinschaft soweit gediehen, daß die IREG. heute eine umfassende europäische Organisation mit gleichzeitig weitgreifender Bedeutung für den gesamten W elthandel in Eisen und Stahl darstellt. Die IREG selbst kann zwar schon auf ein A lter von ungefähr zehn Jahren zurückschauen, doch konnte sie in ihrer ursprünglichen Form niemals die an­

fangs erhoffte wirksame Bedeutung erlangen, so lange es eben nicht gelang, die englische Eisen- und Stahlindu­

strie in den Rahmen des Kartells einzubeziehen.

Wenn bereits vor dem Kriege die w e s t e u r o p ä i ­ s c h e E i s e n i n d u s t r i e Vereinbarungen über den Verkauf verschiedener Eisenprodukte, wie Halbzeug, Träger, Schienen, getroffen hatte, so wurden diese selbst­

verständlich durch den Krieg gelöst. Aber bereits einige Jahre nach Schluß des Krieges, in der Zeit w irtschaft­

lichen Niederganges, erstand in den beteiligten Ländern erneut der Gedanke, nach M itteln und Wegen zu suchen, um den gegenseitigen verlustbringenden W ettbew erb am W elteisenm arkt einzudämmen. Als am 1. O ktober 1926 die Internationale Rohstahlgemeinschaft (IRG.) ins Leben trat, da hatte die deutsche Eisenindustrie das Zustande­

kommen dieses zwischenstaatlichen Kartells mit frohen Hoffnungen begrüßt, denn diese Gemeinschaft, die neben Deutschland auch Frankreich, Belgien-Luxemburg und

die mitteleuropäische Gruppe (Österreich. Ungarn, Jugo- slavien und die Tschecho-Slowakei) umfaßte, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Erzeugung der Eisenindu­

strie dieser Länder aufrechtzuerhalten und natürlich zu entwickeln, sowie die verlustbringenden Exportpreise zu heben. Leider ist unsere Eisenindustrie um diese Hoff­

nungen enttäuscht worden und ihre Onfer, die sie im Interesse der Kartellbildung glaubte bringen zu müssen, waren nutzlos. Das Kartell hat einmal die normale E nt­

wicklung der Industrie auf dem Tn- und A uslandsm arkt nicht gewährleistet und zum anderen auch die Wohung der W eltm arktpreise nicht erreicht. Diese Erfolglosigkeit war nicht auf den Mangel in der Struktur der Eisenge­

meinschaft zurückzuführen, sondern sie lag in der un­

gleichen Behandlung der deutschen Eisenindustrie bei der Quotierung. Bei der ersten Internationalen Rohstahlge­

meinschaft w ar auf die Leistungsfähigkeit Deutschlands von vornherein keine Rücksicht genommen worden; viel­

mehr wurde ein solcher M aßstab für die Beteiligung der verschiedenen Länder zu Grunde gelegt, daß Deutschland am schlechtesten abschneiden mußte. Der Zweck der IRG, durch Produktionsvereinbarungen die verw orrenen Eisenm arktverhältnisse in Europa zu bessern, sollte durch Abgaben für Mehrerzeugung, also durch eine A.rt von Strafzahlungen in eine Gemeinschaftskasse sichergestellt werden. G erade dieses Strafsystem wurde infolge der ungleichen Behandlung bei der Quotierung für D eutsch­

land zu einer immer größeren Gefahr. Infolgedessen ging

(6)

4 6 Internationale Zusammenarbeit in der Eisenindustrie Technik u. Kultur

das S treben d e r deutschen Eisenindustrie seit Bestehen des Eisenpaktes immer w ieder dahin, die Quote zu e r­

höhen und hierdurch einen natürlichen Ausgleich gegen­

über den bisherigen Schäden zu erreichen. Man kam wohl im Laufe d e r Zeit Deutschland entgegen und e r­

w eiterte die Ausfuhrquote, aber tatsächlich w ar dieses Entgegenkommen nur ein Teilerfolg, da die Erhöhung der Quote auf den Export beschränkt w ar und nicht den In­

landsabsatz einschloß, der zum guten Teil mit Ü berpro­

dukt ionszahlungen vorbelastet war. Im ersten Halbjahr des Bestehens der IRG. zahlte D eutschland 80 v. H. der gesamten Strafzahlungen, w ährend auf Belgien und das Saargebiet die restlichen 20 A nteile entfielen. D er Nutz­

nießer d e r deutschen Überproduktionszahlungen w ar in erster Linie Frankreich, das, entsprechend seinem hohen Anteil, beträchtliche Summen ausgezahlt erhielt. F ür die im Interesse aller liegende Bereinigung des W elteisen­

m arktes brachte D eutschland große Opfer. Dieses w eit­

gehende Entgegenkommen Deutschlands, besonders F ra n k ­ reich gegenüber, ist nur aus jener Zeit zu verstehen, in d e r die Verhandlungen um die IRG. geführt wurden.

W enn es zeitw eise im Jahre 1929 schien, als ob die I n t e r n a t i o n a l e R o h s t a h l ! g e m e i n s c h a f t , die es nicht verm ocht hatte, „Hand in H and mit der H e­

bung der Ausfuhrpreise den U nterschied zwischen A us­

land- und Inlandeffektivpreisen zu verringern und mög­

lichst bald ganz zum V erschwinden zu bringen“ (weil u. a.

auch d e r Plan, internationale V erkaufssyndikate zu grün­

den, nicht verw irklicht wurde), sich auflösen würde, konnte im letzten Augenblick auf Grund m onatelanger Verhandlungen dieses internationale K artell doch noch g ere ttet werden. H atte die bisherige Form der IRG. als K ontingentierungskartell nicht zum Ziele geführt, so v e r­

suchte man es bei dem Umbau daher zunächst damit, die internationalen V erkaufsverbände, die aber wieder nationale Organisationen in den einzelnen Ländern vor­

aussetzten, zu organisieren. In D eutschland w ar diese straffe nationale Organisation vorhanden. Auf die ange­

d eu tete W eise wollte man Halbzeug, Stabeisen, Träger, Grobbleche und Bandeisen erfassen. Diese in ternatio­

nalen V erkaufsverbände, auch V erkaufskontore genannt, w urden auch mit W irkung ab 1. F ebruar 1930 zunächst für 6 M onate gegründet. Praktische Bedeutung haben sie allerdings nie erlangt. D er vorübergehende Versuch scheiterte schon nach wenigen Monaten, weil die ge­

troffenen Bindungen zu lose waren. Die unvollkommene Regelung ließ bei den beteiligten P artnern, insbesondere bei denen, die sich an die getroffenen Abmachungen hielten, und dadurch ins H intertreffen gerieten, eine zu­

nehm ende Verbandsm üdigkeit aufkommen. Die G egen­

sätze innerhalb d er Gemeinschaft v erstärkten sich n atu r­

gemäß in dem Grade, als der Inlandsabsatz der einzelnen Länder an Eisen nachließ und auf den Exportm ärkten ein scharfer W ettbew erb einsetzte. Belgien w ar das erste Land, das der Internationalen Rohstahlgemeinschaft den Rücken kehrte. Die Vereinbarungen, die von der IRG.

mit den Belgiern getroffen waren, w urden nur von den dortigen Großunternehmungen eingehalten, w ährend die belgischen reinen W alzwerke nicht bei der Stange blieben-

W enn von d e r dam aligen Internationalen Rohstahlge­

meinschaft immer mehr abbröckelte, dann nicht zuletzt aus dem Ansturm d er W eltw irtschaftskrise heraus. Bei d e r außerordentlichen M arktschrumpfung des Jahres 1930 für Eisenerzeugnisse w ar die W eiterführung zahlreicher B etriebe in Frage gestellt, so daß die Kartellm itglieder in der H auptsache in dem Bestreben, überhaupt noch im M arkte zu bleiben, die K artellvereinbarungen einfach nicht mehr hielten und damit die Internationale Rohstahl­

gem einschaft zur völligen W irkungslosigkeit verurteilten.

W as von der IRG. schließlich noch übrig blieb, w ar der äußere Rahmen, der nur durch mündliche Vereinbarungen zusamm engehalten wurde.

So schwer die K r i s e auch war, die die Internationale Rohstahlgemeinschaft durchmachte und so sehr es zeit­

weise danach aussah, als sollte von dem G ebilde kaum etw as übrig bleiben, so erlosch das letzte Lebenslicht dieses kontinentaleuropäischen W irtschaftsgebäudes doch nicht. Auch in der Zeit der Depression ging die gegen­

seitige Fühlung nicht verloren. Auf G rund eingehender m onatelanger Verhandlungen fand man sich schließlich doch in festerer Form im Juni 1933 wieder. Die über zwei Jahre praktisch aufgelöste alte Internationale R oh­

stahlgemeinschaft verm ochte man jetzt w ieder neu auf­

zuziehen und diesmal in einer w esentlich verbesserten Form. Wie schon die neue Bezeichnung IREG. erkennen läßt, b esteht d er grundlegende U nterschied der neuen Internationalen Rohstahl-Export-G em einschaft zur frühe­

ren Rohstahlgemeinschaft darin, daß heute nur noch der Teil der gesamten Rohstahlerzeugung der M itgliedsländer von einer internationalen Regelung erfaßt wird, der außerhalb der Landesgrenzen eines jeden V ertragspart­

ners abgesetzt wird.

Trotz der ungünstigen Vorbedingungen, u n te r denen die neue IREG. ihre Tätigkeit aufnahm, ließ sie sich außerordentlich gut an. Dieses endgültige Funktionieren d er internationalen V ereinbarungen ist in erste r Linie auf die neue Form zurückzuführen. Je tz t w ar die Kontingie- rung lediglich auf den A uslandsabsatz abgestimmt. Im Rahmen der allgemeinen Exporterfassung w urden sechs U nterverbände mit festen Quoten und fester Preisbin­

dung für Halbzeug, Stabeisen, Formeisen, Universaleisen, Grobblech und M ittelblech geschaffen. W enn die A nlauf­

schwierigkeiten bei der IREG. so glänzend überw unden wurden, so fanden sie ihre U nterstützung durch die außerordentlich planmäßige bzw. vorsichtige Preispolitik.

So wurde durch die erste Preisfestsetzung am 1. Juni 1933 dem M arkt keinerlei Preiserhöhung zugemutet, sondern man brachte lediglich die erholte Tendenz zu Papier, die durch das Zustandekomm en d er IREG. veranlaßt wurde.

Diese Zurückhaltung hat sich als sehr vernünftig e r ­ wiesen, denn nichts w äre w ahrscheinlicher gewesen, als daß ein großer Teil der von der IREG. belieferten V er­

braucher bei unzweckmäßiger Preispolitik zu anderen ihr nicht angehörenden Lieferanten abgew andert wäre. Im O ktober 1933 erhöhte man — entsprechend d er Tendenz des M arktes — sämtliche Preise um 2,5 Goldschilling. Die zw eite Preiserhöhung vom 13. Jan u ar 1934 realisierte mit der Aufbesserung von 2,6 bis 5 Goldschilling das stä rk e r gewordene K aufinteresse, wobei man es aber nicht u n te r­

ließ, die einzelnen Preise auf die Tragfähigkeit der je­

weiligen M ärkte abzustimmen.

Die i n t e r n a t i o n a l e Z u s a m m e n a r b e i t in der Eisenwirtschaft erfuhr eine Ausgestaltung durch den Beginn der Verhandlungen mit England 1934. Die Frage des B eitritts Englands zur Internationalen R ohstahl-E x­

portgem einschaft w ar so alt wie diese selbst. Zum Teil hing die A ußenseiterstellung Englands gegenüber dem kontinentalen R ohstahlpakt dam it zusammen, daß die englische Schw erindustrie nicht wie die deutsche in n a ­ tionalen Eisenverbänden zusammengefaßt war. Die Ein­

stellung Englands zu einer internationalen E isenverstän­

digung w ar aber auch m itbegründet in der T atsache, wie das erste internationale Stahlkartell gearbeitet h atte und welche Auswirkungen es für die B eteiligten mit sich brachte. Jahrelang h atte sich die englische Eisen- und Stahlindustrie in der Rolle des B eobachters gefallen.

Plötzlich sah sich England einer geschlossenen F ront der wichtigsten europäischen Eisenerzeuger gegenüber. Um die Jahresm itte 1933 führten die m onatelangen Bemühun­

gen dahin, daß mit der englischen Eisenindustrie ein R ah­

m envertrag abgeschlossen w erden konnte. Neben der Mengen- und Preisfestsetzung der englischen E isenaus­

fuhr sah die grundsätzliche Vereinbarung auch eine R ege­

lung der bis dahin durch w iederholte Schutzzollerhöhun­

gen in zunehmendem Maße erschw erten kontinentalen Eisenausfuhr nach England vor, indem das Einfuhrkon­

tingent für das erste V ertragsjahr auf 670 000 t, für die folgenden V ertragsjahre auf je 525 000 t festgesetzt wurde,

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28 (1937) Nr. 3 International« Zusammenarbeit in der Eisenindustrie / Arbeitseinsatz der Metallarbeiter 47

M itte 1936 wurde dann der endgültige Anschluß Englands zur IREG. vollzogen. Von der deutschen Eisenindustrie wurde das Ergebnis mit Befriedigung aufgenommen, weil man daraus nicht nur eine engere wirtschaftliche Bindung, sondern auch eine wirksame Pflege der europäischen Eisen- und Stahlausfuhr zu Gunsten der Erlösgestaltung und einer gewissen mengenmäßigen A usfuhrstabilität er­

hoffte.

Als Ergänzung der Verständigung mit der englischen Eisenindustrie kam Anfang 1936 auch eine Einigung über die Eisenversorgung Südafrikas zustande, und zwar der­

gestalt, daß den dortigen Eisenwerken ein jährlicher A b­

satz bis zu 350 000 t Vorbehalten bleibt, w ährend der darüber hinausgehende Verbrauch von der erw eiterten Internationalen Rohstahl-Exportgemeinschaft geliefert wird.

Gleichzeitig mit dem Beitritt Englands tra t auch eine Befriedigung der mitteleuropäischen Eisenwirtschaft ein, als nämlich Polen mit der IREG. ein Übereinkommen ab­

schloß. In der IREG. wurde Polen ein Ausfuhrkontingent von 350 000 t zugeteilt, wofür sich dieses Land verpflich­

te te die IREG.-Preise einzuhalten. Bei der Internatio­

nalen Rohstahl-Exportgemeinschaft handelt es sich aller­

dings auch heute noch nur um eine europäische Ange­

legenheit. Was aber die Erfassung der internationalen Eisenmärkte anbelangt, so kann man trotz des Fehlens von Amerika und Japan wirklich von einer ,,Internatio­

nalen" Gemeinschaft sprechen.

Für die beteiligten Eisenindustrien ist die IREG. zu einer wertvollen Stütze geworden. Gerade auf dem W elt­

m arkt mit seinem W ährungschacs und seinen vielfachen Handelshemmnissen haben sich die internationalen A b­

machungen nicht nur absatzfördernd, sondern auch preis­

bessernd ausgewirkt. Infolge der geradezu stürmischen Nachfrage nach allen W alzwerksprodukten, die auf Grund eines Pariser Beschlusses jetzt sogar zu einer Begrenzung d er Eisenausfuhr geführt hat, damit die Übersicht über die Marktlage nicht verloren geht, haben in der letzten Zeit die W eltm arkt-Eisenpreise sich langsam nach oben in Bewegung gesetzt. Die verschiedenen Erhöhungen der internationalen Eisenpreise, die allerdings vorsichtig durchgeführt wurden, sind durch die neuerlichen Herauf­

setzungen der Notierungen für Halbzeug, Formeisen, Stabeisen, Grobbleche, M ittelbleche und Universaleisen um durchschnittlich 7,6 Goldschilling je t, d. h. um rund 7,5 RM weit in den Schatten gestellt worden. Bei dieser stärksten Erhöhung seit dem Tiefstand der Ausfuhrpreise im Jahre 1932 handelt es sich im Grunde um die no t­

wendige Anpassung der Preise an die höheren Gestehungs­

kosten, die eben nicht zuletzt ermöglicht wurde durch die zunehmende Festigung des internationalen Kartellsystems, durch den B eitritt der Engländer und Polen und die d a ­ mit verbundene straffere Ordnung des Ausfuhrgeschäftes.

Der an der Brüsseler Eisenbörse notierte Ausfuhrpreis (für 1016 kg) ist auf Grund der in der letzten Luxem­

burger Sitzung gefaßten Beschlüsse auf 4,0 bis 4,5 Gold­

pfund heraufgegangen und weist gegenüber dem Jahre 1932 nunmehr fast eine Verdoppelung auf. Allerdings ist d er für das Jah r 1929 mit etw a 6,4 Pfund verzeichnete H öchststand noch lange nicht erreicht. Man hat in Paris beschlossen, eine Regelung des Bedarfs durch eine elasti­

schere Preisfestsetzung in jedem einzelnen Falle vorzu­

nehmen. W eiter faßte die IREG. den Beschluß, die Preise für Schiffsbaumaterial (Bleche und Profile) um 15 Papier­

schilling je t zu erhöhen und die Notierungen für Band­

eisen den Preisen für die anderen W alzwerkerzeugnisse anzupassen.

Auch heute noch liegen die A u s f u h r p r e i s e weit unter den Inlandspreisen der Ausfuhrländer, die eben­

falls infolge der veränderten Produktionsbedingungen (Anziehen der Rohstoffpreise und andere höhere Un­

kostenfaktoren) in den verschiedenen Ländern mehrfach Erhöhungen erfahren haben. So stiegen z. B. in England innerhalb Jahresfrist die Inlandspreise für Stabeisen um

25 v. H, Es ist zu wenig bekannt, daß in den führenden A bw ertungsländem d er Inlandseisenpreis höher als in Deutschland ist. Im Septem ber 1936 betrug der S tab­

eisenpreis für die metr. t (umgerechnet in RM) in G roß­

britannien 116 RM, in F rankreich 104 RM und in den Ver. Staaten 108 RM. Die 116 RM für den englischen Stabeisenpreis geben allerdings kein rechtes Bild der Differenz zwischen den Inlandserlösen d er englischen und deutschen Eisenindustrie, weil die Engländer — trotz der A bwertung — ihre Kaufkraft vollständig zu erhalten ver­

mochten. Ende November haben die englischen Eisen­

preise eine Erhöhung um 6 sh je long t, für Schottland sogar um 9 sh erfahren.

Inzwischen hat auch F r a n k r e i c h abgew ertet, die Eisenpreise sind gleichzeitig heraufgesetzt worden. Die Erhöhung der innerfranzösischen durch die französischen Verkaufsverbände am 10. Oktober, also vor Einführung der 40-Stundenwoche, sollte die bis dahin verursachten M ehrkosten der Produktion ausgleichen. Da nun im D e­

zember die 40-Stundenwoche in den französischen E rz­

gruben eingeführt ist, wodurch die Erzpreise in die Höhe gehen, hat man für die nach dem 1. Januar erfolgenden Lieferungen neue Grundpreise festgesetzt, die besonders bei Walz- und F ertigprodukten um 50—70 frcs. höher liegen als die Oktoberpreise. Dabei glaubt man in fran­

zösischen Fachkreisen, daß der Verteuerungsprozeß noch nicht zu Ende ist, so daß die französischen Eisenpreise

— in Gold ausgedrückt — in vollem Umfange die Deval­

vationsspanne ausgleichen werden.

In A m e r i k a ist der Stabeisenpreis um 99,5 RM im Jahre 1933 auf — wie oben angegeben — 108 RM ge­

stiegen. Nachdem nunmehr in USA. die d ritte Eisen­

preiserhöhung für das 1. V ierteljahr 1937 vorgenommen ist, kann man den am erikanischen Inlandspreis mit etwa 115 RM angeben.

W ährend also in wichtigen Eisenländem überall P reis­

steigerungstendenzen für Eisenerzeugnisse zu bem erken sind, ist d er deutsche Eisenpreis trotz der inzwischen eingetretenen Rohstoffverteuerung seit D ezember 1931, nachdem er vorher dreim al gesenkt worden war, unver­

ändert geblieben. Im Jahre 1929 betrug der Preis für das Standardprodukt Stabeisen pro t (Durchschnitt F rach t­

basis Oberhausen-Neunkirchen) 138 RM, heute stellt er sich nur noch auf 107 RM. Der damalige Preis w ar also um 29 v. H. höher als der heutige. Abgesehen von v e r­

schiedenen Änderungen in der Selbstkostenfrage, bedingt durch Belastungen d e r Eisenindustrie im Interesse der Verarbeitung, der Ausfuhr und allgemeiner W irtschafts­

aufgaben, ist unsere Eisenindustrie ebenfalls von der E r­

höhung d er internationalen Rohstoffpreise betroffen worden. Z. B. stiegen die D urchschnittspreise für einge­

führten Schrott von 26,90 RM pro t im Jahre 1932 auf 36,80 RM in 1935 und 60,— RM im 3. Quartal 1936. Die Preise für inländischen Stahlschrott frei rhein.-westf. V er­

brauchswerk erhöhten sich von 26 RM die t im Durch­

schnitt 1932 auf 41 RM heute. Auch die Legierungs­

metalle sind größtenteils stark verteuert und haben sich vereinzelt sogar im Preis vervielfacht,

Dr. F 1 e m m i g.

Hcbeitocinfatf Der mctallarbcitcr

i.

Der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat am 11. Februar 1937, unter Aufhebung der Anordnung vom 27. November 1936, folgende1 A n o r d n u n g ü b e r d e n A r b e i t s e i n ­ s a t z v o n M e t a l l a r b e i t e r n " erlassen:

Auf Grund der Verordnung über die Verteilung von A rbeitskräften vom 10. August 1934 (Reichsgesetzbl. I

1 Reichsgesetzblatt, 1937, I, 38.

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