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Innen-Dekoration : die Gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort, Jg. 30, April

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Academic year: 2022

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PROFESSOR MICHAEL P O W O L N Y -W 1 E N . »RELIEF IN FARBIGER KERAMIK-

AUSFÜH RUN G : V E R BIN IG TB W IEN ER UND GMUNDNBR K ER A M IK

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XXX. JAHRGANG. DARMSTADT. APRIL 1919.

ABSCHIED UND AUSBLICK

VON ANTON JAUMANN

W

er den großen Z usam m enbruch in D eu tsch ­ land nicht nur als neugieriger Z eitungsleser verfolg t, w e r tiefer blickt, w e r mit ahnendem H erzen m item pfindet, d er kann angesichts d er schönen A rb e ite n hier, die das einst Errungene n och einmal v o r A u gen führen, nur mit tiefer W eh m u t erfüllt w erd en. U n sere kunsthandw erk­

liche Produktion ist noch nicht ganz v ertilgt, g e ­ w iß. D ie eine o d e r an d ere W e rk sta tt b erich tet noch, daß sie auf einige Z e it zu tun hat. A b e r sind das norm ale A u fträ g e ? A u fträg e, die auf einen W e ite rg a n g d er A rb e it Schlüsse zulassen?

E s w ird ausgeliefert, w as die K riegsgew inner im G efühl des unversieglichen G eld strom s bestellt hatten. N eue A u fträ g e gleich Null. W e r baut sich je tz t ein L an d hau s, w elch e S tad t hat nicht drin­

gen d ere Sorgen , als ihren R athaussaal ausstatten zu lassen? M an k a n n e i n f a c h n i c h t b a u e n bei den jetzigen P reisen . D er eingesch ü ch terte Bü rger w agt es kaum , sich einen Lam penschirm zu kaufen. D as G eld, w as je tz t verd ien t w ird, geht in unm ittelbarem G enuß auf, in S p eise, Trank, V ergnügen. Nun sitzt d er h eim gek eh rte M eister v o r seinem A m b o s, v o r seinem W e rk tisch , und e r w eiß nicht, w as und w ie arbeiten. Soll er nicht

lieb er auf die S traß e gehen und Politik m ach en ? D ie S tän d e fahren w ütend aufeinander so wie kläffende K ettenhunde. D er H an d w erk er besch ul­

digt den A rb e ite r, d er A rb e ite r den Bürger, d er B ü rger die R egierung. A b e r die T a tsa ch e w ird dadurch nicht aus d er W e lt geschafft, die tief­

traurige T a tsa ch e , daß unsere d eu tsch e E d e l­

produktion zusam m engebrochen ist.

S ie ist nicht allein zusam m engeb roch en unter den Stürm en d er äußeren G ew alten . D a könnte man noch hoffen, daß es mit dem F ried en w ied er gut w ird. W ir dürfen die A u g en nicht d av o r v e r­

schließen, daß d er Zusam m enbruch ein innerer, ein notw endiger ist, daß die Bedingungen u n serer kunsthandw erklichen A rb e it von G rund auf v e r­

sch ü ttet sind. —

D ie H öchstleistungen im d eutschen K u n stg e­

w erb e v o r dem K rieg e w aren nur m öglich unter d er H e rrsch a ft des gegen seitigen g u t e n W i l ­ l e n s und der B e g e i s t e r u n g für die S a ch e , für die K u n s t a r b e i t . W en n P ö sse n b a ch e r nicht alte Sch n itzer g eh ab t h ätte, die aufgingen in ihrer Kunst, die mit L e i d e n s c h a f t und Ü b e r z e u g ­ u n g Sch n itzer w aren , und ihr H erzb lu t drangaben für eine gute A rb e it, und w enn nicht an d rerseits

1919. IV. 1.

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116 IN N EN -DEKO RATIO N

die S ch n itzer gew ußt hätten , daß P össen b ach er sie w erth ielt w ie Fam ilienglied er und ihnen soviel an L oh n zahlte, als d er B etrieb irgend zuließ, dann w ären d iese feinen S tü ck e niem als zustande gekom m en. U nd das w a r durchgängig die Basis des guten deutschen K u n stgew erb es. W e r von P ö sse n b a ch e r und ähnlichen G eschäften kaufte, d er w ollte nicht bloß L u xu s um sich haben und K unst, sondern h o ch w ertig e, aus gesundem B oden, aus H erzb lu t und L eid en sch aft erw ach sen e A rb e it.

W ir w issen h eu te, daß d er Sozialism us nicht, seinem N am en en tsp rech en d , eine allgem eine V e r­

brüderung erstreb t. E r steh t ganz im Z e ich e n des M aterialism us und will einzig und allein m aterielle V o rte ile für den A rb e ite r. M ehr G eld , w eniger A r b e it! So lau tet, allen A u fp u tzes entkleidet, d er K am pfruf. Ü b e r die B erech tigun g d er A rb e ite r­

forderungen b rau ch t hier nicht g estritten zu w e r­

den. D e r A rb e ite r kann, im B esitz d er sta a t­

lichen H e rrsch a ft, jed en L oh n verlangen. U nd w e r w ürde ihm das G eld nicht gönnen? D ie G ren ze bild et hier nur die Produktionsm öglichkeit d er B e trie b e . M an sagt, diese sei längst ü b er­

sch ritten . W ir w ürden die K onkurrenz des A u s­

landes nicht ertragen , auch im L an d e w ürden die W a re n unverkäuflich. G anz d avon ab geseh en ,

daß bei den fortw äh ren d en L ohnkäm pfen eine vernünftige A rb e it nicht zustande kom m t.

F ü r uns im K u n stgew erb e sp rech en alle diese M om ente auch m it: D ie jetzigen P re ise m achen tatsäch lich u nsere W a re n zum größten T eil un­

verkäuflich. M anche A u fträ g e kom m en nicht zu­

stan d e, w eil niem and für p ro m p te A usführung und L ieferu ng aufkom m t. A b e r das sind alles doch nur äu ß ere S ym ptom e für den Z u sam m enbruch d er G rundlagen, auf denen unser K u n stg ew erb e ruhte. A u c h w ir w aren m aterialistisch v erseu ch t.

D a w a r ein L u xu s, d er sinnlos G eld v ersch w e n ­ d e te , d er m it teuren Stoffen prunkte, d e r nur dem Genuß diente. E r m ußte den A rm e n h erau sfor­

dern, a b e r m an nahm das ach selzu ck en d hin.

K ünstler und U n tern eh m er gab es bei uns in M enge, die einzig und allein G eld scheffeln w oll­

ten, die mit M ustern sch a ch e rte n und mit g e ­ fälschtem Prunk, die das H erzb lu t des w ahren K ünstlers zu billigem M assentand ausmünzten.

W ie w enig H a n d w e rk e r gab es tatsäch lich noch, die sich für eine gute A rb e it au fo p ferten ! D ie m eisten w aren kleine U n tern eh m er g ew ord en , die ü b er die K ünstler und die H and w erk sk u n st la ch ­ ten. Ihr Ideal und ihr T raum w ar, irgend einen Im itationsartikel zu finden, mit dem sich mühelos

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...J

tN N EN -DEK O R ATIO N

PROFESSOR DR. E. v. SEID L*-M Ö N CH EN . ERKER IM SPEISEZIMMER DES KÜNSTLERS IN M URNAU

(A U S EINEM ENDE A P R IL ERSCHEINENDEN NEUEN W E R K ! PRO PBSSO R D R . EMANUEL VON SE ID L »MEIN STA D T- UND LAN D ­ HAUS« M IT 8 6 GROSSEN ABBILDUN GEN . VERLAG SAN STALT ALEXAN DER KOCH— D ARM STADT)

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118 1NNEN-DEKORATION

PR O F. DR. E . VOH SEID L—MÖNCHEN TEEH AUS J. VON S IE G L E —AMMERLAND

viel G eld verdienen ließ. Und w e lch e r A rb e ite r w ollte noch eine tüch tige L e h re d u rch m ach en ? Sie spezialisierten sich m öglichst sofort, um sich dann von B etrieb zu B etrieb hinaufsteigern zu lassen. Die Q ualität d er A rb e it w a r ihnen sch n up p e, sie sahen nur auf die »Bedingungen«.

W ir h atten tro tzd em noch ein gutes K unsthand­

w erk in D eutschland, w enn auch im V erhältnis zur G esam tp rod u k tion w enig. Je tz t h at die m a­

terialistisch e R ichtung den S ieg davon g etragen . M it all ihren Begleitersch ein u n gen zieht sie über uns dahin. Sie sch w em m t au ch d as alte K unsthand­

w erk hinw eg, für das die äußeren V oraussetzungen fehlen, h au p tsäch lich a b e r die G e s i n n u n g . — S om it sind w ir an einem A b sch n itt in d e r G e ­ sch ich te unseres K u n stg ew erb es angelangt. Einem h öch st traurigen. M it sch m erzen d en A u g e n sehen w ir noch einm al auf die H öchstleistu ngen d er letzten E p o c h e zurück. S ie sind schon am R an d e eines A b g ru n d es g ew ach sen . M an ch e w irtsch aft­

lichen und kulturellen E rsch ü tteru n gen h atten W a r ­ nungszeichen g egeb en . V e rg e b lich ! G lü ck lich er­

w eise sind die W e r k e von d ieser V o rg e w itte r­

stimmung noch nicht beeinflußt.

W a s nun? E s hat keinen Sinn, v o r d e r g egen ­ w ärtigen K rise den K o p f in den Sand zu steck en .

Z w a r die zappelnden Bem ühungen, d och noch hier und da tro tz d er R evolu tion sp reise und Z u ­ stän d e einen A u ftra g zu erh asch en , w erd en nicht großen E rfo lg haben. U n sere einzige Hoffnung ist, d iese m aterialistisch e H y ä n e m öge sich in ihrer unersättlich en G ie r re ch t bald selbst auf­

fressen, nach den blindw ütenden K äm pfen um L oh n und G enuß m öge re ch t bald die E rle u c h ­ tung kom m en, die die A rb e it w ied er um ihrer selbst w illen sch ä tz e n lehrt, die den G enuß im künstlerischen Schaffen h öh er w e rte t als G eld.

K unst und K unsthandw erk, das könnte man je tz t d och endlich eingesehen haben, gedeihen nicht in d e r Giftluft des M aterialism us. S ob ald er u nsere P rodu k tion b eh errsch t, ist es v orb ei mit je d e r w ah ren Q u alitä tsa rb e it, die im m er selb stlose H in g ab e fo rd e rt...a . j .

Ä

B

egreift die G esam theit, daß es sich bei der Kunst um eine m enschliche M anifestation handelt, in der die ä u ß e r s t e n u n d a u ß e r o r d e n t l i c h s t e n F ä h i g k e i t e n i h r e s g a n z e n D a s e i n s erw iesen und ausgesprochen werden, so hat die G esam theit ein Interesse daran, diese ihre Erneuerung, die W ahrsager und G estalter dieser E r­

neuerung aus ihrer grotesken Isoliertheit, aus ihrer ge­

sellschaftlichen V ergessenh eit zu befreien. . l u m ä r t e n .

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PROFESSOR ED . P F E IF F E R -M Ö N C H E N . BLICK IN DEN W EISSEN SALON DES HOTELS A T LA N TIC-H A M B U R O

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IN NEN-DEKO RATIO N 121

ÜBER DIE ZIELE DER KUNST.. . .

VON DR. W A L T ER G EORGI-BERLIN

E

ine W e lt voll stolzer Hoffnungen und Idealen liegt hinter uns in Trümmern. Manchen hat in dieser Z eit eine W irrnis ergriffen wie die Menschheit an jenem Tage, da der Turm zu Babel zusammenfiel und die einzelnen einander nicht mehr verstanden. W ährend die einen noch unter dem Eindruck der Ereignisse wie gelähmt keine Hand zu rühren vermögen, erheben andere ihre Stim ­ men und fordern oft mit den seltsamsten M itteln den schleunigen W iederaufbau des politischen und kulturel­

len Gem einw esens.

A b e r es ist leichter, in das Chaos hinein diese Forde­

rung zu rufen, als sofort die geeigneten Baum eister zu finden. M ag auch der Aufbau des politischen Gem ein­

wesens vielleicht ohne allzu große Schw ierigkeiten ge­

lingen, so bedeutet er vorerst doch nicht viel mehr als eine notdürftige Baracke, in der das V olk vor den Stü r­

m en, die den Kontinent erschüttern, Schutz findet.

Schw ieriger, w eit schw ieriger wird sich für das V olk sicherlich die A u fgabe gestalten, die wertvollsten K räfte seines innersten L ebens wieder zusammenzufassen, um jenem unsichtbaren Bau Halt und Stütze zu geben, in dem sein gesam tes geistiges Streb en in einer hoch- entw ickelten Kultur gipfelt.

Z ahlreiche K rä fte, die in dem W esen des V olkes verankert sind, werden sich um jene A u fgabe scharen.

D er aufrichtige W ille des G elehrten, des Kaufmanns, des A rbeiters wie des Bürgers werden wie einst die Bau­

steine herbeitragen, die in das W e rk eingefügt werden sollen. D er erhabene G eist aber, der das M aterial sichtet und dem Bau die bestimmenden M aße und Linien geben wird, wird aus der S e ele des V olkes erstehen müssen, wo er, vom Niederschlag der Kultur aller Z eiten um­

geben, schlummert und nur des Erw eckers harrt, um auf den Plan zu treten.

W e r diese R olle als Erlöser übernehmen will, muß selbst mit seinem Innersten im tiefsten W esen des V olkes wurzeln, er muß verstehen, sich selbst zu überwinden, um sich und andere erlösen zu können. Nur die wahr­

hafte, künstlerische Natur, die sich im einzelnen offen­

bart, aber in innigster G em einschaft mit dem geistigen Urgrund des V olkes steht, wird im Stande sein, sich die­

ser A ufgabe zu unterziehen.

A llezeit ist der Künstler W eg b ereiter der Kultur ge­

wesen. Sein geschärftes A u g e , sein auf die feinsten Schwingungen eingestelltes O h r, sein mit den verbor­

gensten Stimmungswellen fibrierendes G efühl, befähigen und berufen ihn dazu, die wertvollen K räfte des V olkes zu entdecken und durch die eigene K raft des künstle­

rischen G estaltens ans L icht zu bringen. E r erkennt den G eist, der jeglichem W erd en innewohnt. Sein Können führt ihm die Hand, diesen G eist der A llgem einheit sicht­

bar zu machen. A u s d ie s e n v o n ih m m a n i f e s t i e r ­ te n G e s e t z e n h e r a u s w ir d e r zum L e i t e r un d L e h r e r d e r g e i s t i g e n u n d k ü n s t l e r i s c h e n K u lt u r

STU CK RELIEF. EN TW U RF: ED . PFEIFFER M ODELLIERT VO N PR O F. JOS. W ACKERLE

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122 IN NEN-DEKO RATIO N

W EISSER SALON IM H O TEL A TLAN TLC -H AM BU RO PROF. EO. P F E IF F E R . AU SF: POSSENBACHER WERKSTÄTTEN

s e i n e s V o l k e s , wie einst D ante und P etrarca dem G eiste der Renaissance, ein Em ile Z ola dem G eiste des Naturalismus aus den in den V ölkern schlummernden Vorbedingungen heraus die Bahn bereiten durften. — D ieser ihrer heiligsten A ufgabe gerecht zu werden, ist die oberste P flicht der künstlerischen Natur.

D er W e g , den sie zu ihrer Erfüllung einzuschlagen hat, ist mit Hindernissen und Dornen besät. Je d er weiß dies, der einmal im Banne künstlerischen Schaffens um die Erkenntnis und die G estaltung gerungen hat. D e r W e g i s t d ie W a h r h e i t und die K r a f t , die alle Hin­

dernisse überwindet, i s t d ie L i e b e zu ih r , der unbe- zwingliche Drang, der W ahrheit zum S ieg e zu verhelfen.

D ie künstlerische A u frichtigkeit, frei von dem heuchle­

rischen L aster der Zugeständnisse an M odetorheiten und den G eschm ack einer K aste, wird diesen W e g mit dem Z iel der Entdeckung ewig gültiger G esetze, nach denen sich W e lt, L eben und Kultur auf baut, zu finden wissen.

D ieser allein verbürgt der Kunst ihre Daseinsberechtigung.

N ic h t z u r U n t e r h a lt u n g in m ü ß ig e n S t u n d e n i s t d ie w a h r e K u n s t b e r u f e n , s i e s o l l f o r s c h e n , s t r e ­

b e n un d b a u e n , im m e r d ie H a r m o n ie v o r A u g e n , d ie l e t z t e n E n d e s im G ö t t l i c h e n b e g r ü n d e t is t .

S o wird die Kunst im D ienste des W eltgeschehens zum geistigen Führer einer Nation und öffnet zum w ei­

teren A usbau allen geistigen Ström ungen die T ore, dies aber nur dann, wenn sie mit r e i n e r Empfindung ihre schöpferische K raft v o ll un d g a n z ihrer Bestimmung weiht. Form und S til ergeben sich dann von selbst, sie werden mit dem Inhalt der künstlerischen Offenbarung eine Einheit bilden und nur im Zusammenhang mit die­

sem verstanden und gew ertet werden können.

Je d e Kunst wird aus einem i n n e r s t e n B e d ü r f n i s der V olksseele heraus geboren, als eine N otwendigkeit, die sich des Künstlers als M ittlers bedient. T ie f in das Unbew ußte hinein dringt das künstlerische G efühl und zieht aus ihm die K räfte empor, die sich zu bew ußter überzeugender Sinnlichkeit im Kunstw erk steigern. E s wäre daher ein unverzeihlicher Fehler, w ollte ein V o lk in seiner G esam theit oder eine Gruppe Unverantw ort­

licher der künstlerischen Intuition vorgreifen und dem Künstler ohne R ücksicht auf die eigenen G esetze seines

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IN N EN -D EKO R A TIO N 123

EN TW U RF: PROFESSOR EDUARD PFEIFFER DURCHBROCHENER AUFSATZ OBER DEM PAN EEL

PÖSSENBACHER WERKSTÄTTEN. EN TW U RF: ED . PFEIFFER. STUHL UND KREDENZ IN MAHAOONI. (V E R Ö L . SEITE 122)

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124 IN N EN -DEKO RATIO N

. -

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SH

KLAPPTCIRE IM SALON DES HOTELS ATLANTIC (SEITE 122). ENTW i PROF. ED . PFEIFFER-M Q N C H EN . AU SF: PÖSSENBACHER WERKSTÄTTEN

Schaffens äußerliche Z iele und Form en aufzwängen, nach denen er seine Schöpfungen einzurichten hätte.

A m G efährlichsten ist hier die so oft ausgesprochene Forderung nach einer nationalen Kunst, indem man nach wohl überlegter A b sich t Inhalt und Form des Kunstwerks bestimmen m öchte und dabei ängstlich auch die entfern­

teste V erw andtschaft wie auf irgend einem G eb iete der technischen M ittel mit ähnlichen Erscheinungen des A u s­

landes als anti-national ablehnt. M it derartigen F o rd e­

rungen trifft man die echte Kunst schnell ins H erz; ein aus solcher A nregung hervorgegangenes Erzeugnis wird leicht zum lächerlichen Homunkulus. Ä ußerlicher »natio­

naler« Sto ff, vielleicht verbunden m it gewissen historisch­

gegebenen Stilform en begründen noch keine nationale Kunst. Ihre W urzeln liegen tiefer in dem Grund der S e ele eines V o lkes. Drum m öge man den Künstler ungehin­

d ert aus eigener K raft heraus sein W e rk bereiten lassen und schenke ihm hierzu bereitw illig das V ertrauen, das ihm die A u fgabe erleichtert.

Sind dem Künstler neben der erforderlichen Einsicht die notwendigen Schaffenskräfte eigen, jen e kulturbilden­

den W e rte aus der T ie fe zu fördern, dann wird er seinen Beruf erfüllen, für den ihn die Vorsehung ausersehen hat.

Dann ebnet er seinem V olke, in dessen S e ele er lesen darf, den W e g . E r wird mitbestimmend auf seine G e ­

schicke wirken, indem er als L eite r den A ufbau einer neu em porstrebenden Kulturperiode überw acht. M öge der w ahrhafte Künstler aus der Erkenntnis der hohen A u fgabe seiner Berufung heraus die zuversichtliche K raft schöpfen, die uns aus den Tagen der W irrnis herausführen soll einem leuchtenden Z iel entgegen — zum V orteil unserer Kultur und zum G lück des ganzen V o lk e s !

£

D

ie K unst! — das ist e in e S a ch e ! wenn sie da ist.

H eute gibt es diese K unst nicht. D ie zerrissenen Richtungen können sich nur zur Einheit zusammenfin­

den unter den Flügeln der neuen Baukunst, so daß jed e einzelne Disziplin Mitbauen wird. Dann gibt es keine G renze zwischen K unstgew erbe und P lastik oder M a­

lerei, alles ist eins: B auen b r u n o t a u t.

*

U

nm ittelbarer T räg er der geistigen K räfte, G estalter der Empfindungen der G esam theit, die heute schlum­

mern und morgen erwachen, ist der Bau. E rst die vollständige Revolution im G eistigen wird diesen Bau schaffen. A b e r nicht von selbst kommt diese Revolution, nicht dieser Bau. B eid e müssen g e w o l l t werden — die heutigen A rch itekten müssen den Bau vorbereiten. Ihre A rb e it an der Zukunft muß öffentlich ermöglicht und unterstützt w erden...Ar c h i t e k t b r u n o t a u t.

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IN N EN -D EKO R A TIO N

»KREDENZ« A U SFÜ H RU N G : PÖ SSEN BA C H ER W E R K ST Ä T T E N -M Ü N C H E N

191«. IY. 2.

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126 IN N EN -D EKO R A TIO N

W M

____ i_____

PR O F. EDUARD PFEIFFER —MÖNCHEN EN T W U RF Z U EINEM DAMENZIMMER

ÜBER ÖFEN UND HEIZKÖRPER

U

b er den O fen, und zwar über seine Erscheinung im Rahm en der W ohnung, zu schreiben, mag manchem in der jetzigen Z e it der Kohlennot befrem dend erschei­

nen. Immerhin darf man entgegnen, daß die Knappheit an Brennstoffen in diesen Tagen doch eine vorüber­

gehende Erscheinung sein wird, ja , daß sie den W ärm e­

spender selbst in besseren Tagen erst recht als neuge­

wonnene L ebensquelle im verklärten L ich te zeigen muß.

D am it aber verträgt sich die A schenbrödelrolle schlecht, w elche ihm in seiner äußeren Erscheinung gewöhnlich zu­

fällt. D er technische F ortsch ritt hat den alten offenen Kamin und den m ächtigen, raumbeherrschenden K achel­

ofen verdrängt. A b e r diese alten Zeugen des Kam pfes mit der Ungunst der W itterung erscheinen noch heute von einem Z auber der P o esie umwoben, von dem sel­

ten an einer neuzeitlichen Feuerungsstätte ein R estchen haften blieb.

Einst der b este Freund im W ohnraum e, wurde diese nach und nach als ein notwendiges Ü bel betrachtet, als ein V erkom m ener in der Fam ilie der raumschmückenden Elem ente, von dem am besten m öglichst wenig gesprochen wurde. Und damit der doch etwas von der Fürsorge des

guten H auses für den Entgleisten verrate, krochen auf ihm jen e Ornam entgeschw üre herum, eine F ratze, in welche sich die prächtigen Gußeisenreliefs der älteren O fenplatten, nach und nach in der A usbildung sinkend, verw andelt hatten. Und der Bruder K achelofen durfte daneben in jenen Z errbildern von Renaissanceform en, oft noch vereint mit einer gräßlich grellen Glasurfarbe, zei­

gen, daß er um kein H aarbreit besser sei. Verschw inden sollte der O fen unter diesem Schm uck, und das klein­

liche A uszieren sollte ihn gleichzeitig der Form enw elt verbinden, die überall in der W ohnung herrschend ge­

worden war. D a braucht es denn nicht W under zu neh­

men, wenn man schließlich noch einen letzten S ch ritt w eiter geriet und der altehrwürdige Kamin mit dem offenen H olzfeuer zu jener von allen guten G eistern verlassenen Bildung entstellt wurde, die mit H ilfe elektrischer L ich t­

wirkungen brennende S ch eite Vortäuschen wollte. D ie wär­

mende, traulich knisternde und lebendig bew egte Flam m e verzerrt in eine kalte und leblose Nachahmung, wahrlich ein G ipfelpunkt spielerischer Geschm acksverbildung.

D ieser G eist der kleinen M ittel steht noch b reit und selbstbew ußt bis auf die heutigen T ag e d a; mögen die

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IN N EN -D EK O R A TIO N 127

V orlagen der O fenfabriken auch noch soviel in besserer formaler G estaltung des Einzelstückes geleistet haben, damit wird er nur noch genährt, nicht gebannt. D er Z u ­ sammenhang mit dem Raum e, das Einw achsen in seinen Organismus als ein lebendiges G lied wird damit nicht er­

reicht. D arauf aber kommt es für den künstlerisch E n t­

rechteten und für d ie, denen er dienen soll, an; alles andere sind Fragen zw eiter Ordnung. S ie drängten nur dadurch sich so beherrschend stark hervor, daß man sich gewöhnte den O fen nach rein äußerlichen W erten der M obiliargruppe zuzuzählen und darüber die Hauptsache vergaß, sein eigentliches W esen, das ihn, genau wie den alten offenen Kamin, als Feuerstätte in enger Verbindung mit dem Rauchabzug zu einem Bauteile macht. A ls solcher aber ist er ein Elem ent der W andgliederung wie Fenster- und Türnischen. W ände, D eck e und Boden nun sind die

Elem ente je d er Raum gestaltung, und jed es Teilglied die­

ser Dreizahl, w elches in seiner künstlerischen Ausprägung seine organische Z ugehörigkeit zum Ganzen vermissen läßt, kann den Gedanken des Gesamtraums nur störend beeinflussen. Noch das 1 8 . Jahrhundert, ja vereinzelt selbst die Biederm eierzeit hat diesen Gedankengang fest­

gehalten und demgemäß gestaltet. D as bew irkte eine räumliche Eingliederung des O fens, w elche ihn meist in Verbindung mit dem beliebten M otiv einer W andnische zeigt. Und w er w ill, kann als letzten kümmerlichen Sprossen jener Entwickelung, den freilich nur die Not der unter dem Einflüsse der O fenhitze von der W and ab­

springenden T ap ete geboren, jenes leistenumzogene und im »Tapetenton« gestrichene W andstück hinter dem m o­

dernen O fen ansehen. D as war freilich kein ärmlicher Notbehelf mehr, sondern schon das Eingeständnis einer

PROFESSOR JOS. HOFFMANN IN W IEN

Z1ERSCHRANK UND HEIZKÖRPER MIT MESSINOOITTER IM SALON EINES HAUSES BEI W IEN

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128 IN N EN -D EKO R A TIO N

EN TW U RF VON O EO R O KGNDINOER—MAINZ

Unfähigkeit im G estalten. D er letzte dünne Fad en räum­

lichen Zusammenhanges war damit zerrissen, und es blieb nur die meist störend empfundene A ufstellung des not­

wendigen Ü bels, für w elche schließlich allein die Zufalls­

lage des Rauchabzugs und das M usterbuch des F ab ri­

kanten maßgebend wurden, wobei es dann schon als ein Gew inn erscheinen muß, wenn im letzteren die gröbsten A bgeschm acktheiten einem besseren Können weichen.

A u s all diesem erhellt, daß von der V erbesserung der Einzfclform nicht das H eil kommen konnte und kann. D ie technische Vervollkommnung der Ofenkonstruktionen hat zudem eine V erbesserung der Beheizung in Verbindung mit einer Verkleinerung des O fenkörpers gebracht. G ilt es also diesen dem Raum e w ieder wirklich einzugliedern, ihm sein künstlerisches R e ch t wiederzugeben, so kann das nur durch eine Fassung des schlichten Körpers ge­

schehen, w elche die S tä tte, von der die belebende W ärm e ausgeht, in ihrer Bedeutung zeigt und hebt. F a st drängt sich hier ein künstlerisch analoger V organg aus einem anderen G eb iete auf. D er O fen unseres Hauses und der

— A lta r unserer Kirchen haben eine gemeinsame U r­

sprungstätte, den H erd in der H alle unserer A ltvordern, auf dem die heilige Flam m e des Hauses loderte. E ine reiche Entw ickelung führte zum raumbeherrschenden H ochaltar, und als dieser in den reform ierten Kirchen dem einfachen T isch e gew ichen, waren es neben anderen F o r­

derungen doch sicher auch künstlerische, w elche ihn, auf Stu fen erhöht und von Schranken umzogen, aufs neue zum Kern einer Gruppe w erden ließen, die ihn dem Raum e verband und bew irkte, daß er mit seinen geringen Abm essungen nicht in diesem erdrückt wurde und ver­

schwand. A u ch hier also das Schaffen eines künstlerischen Rahm ens, der in seiner Gestaltung bestim m ten praktischen Forderungen genügen mußte. D ieser W e g sollte auch für den anderen neuzeitlichen Abköm m ling der alten ge­

meinsamen H erdstätte gangbar sein; er ist es aber nur für den wirklich gestaltenden Künstler, der allein den Lebensspender des H auses in das G esam tbild der W o h ­ nung w ieder harmonisch einfügen kann. W o h l mag der K achelofen solchem Streb en w eniger spröde entgegen­

KAM IN-ANLAGE EINER W O H H D IELE

kommen, es muß aber auch für den Eisenofen gelingen.

Und der hier und da schon benutzte G edanke, eine Feuer­

stelle so einzubauen, daß sie zwei oder gar drei Räumen dienen kann, dürfte vielleicht eine Q uelle für manche glückliche Lösung w erden; auch das alte M otiv der O fen ­ bank birgt noch unverarbeitete Gedanken zur B ereich e­

rung unserer W ohnungsgestaltung, die in praktischer und geschm ackvoller V erw ertung gehoben w erden können.

Freilich darf je n e r W e g nicht eingeschlagen werden, der zu spielerischer Umkleidung, zum maskenartigen A u f­

putz führt. E s ist charakteristisch für die Neuzeit, daß sie diesen P fad nicht vermeiden konnte, als sich beim A llgem einerw erden der Zentralheizung das neue G ebild e des Radiators, des aus gleichen G liedern zusammenge­

setzten H eizkörpers darbot. Ganz im Sinne der damaligen Gußeisendekoration für die O fengestaltung verfiel auch dieser zunächst dem Fluche eines sinnlosen O rnam ent­

schmucks, der sich in den gräßlichsten, wurmartigen G e ­ bilden auf den glatten Gußflächen festsetzte und in der typischen W asserverdam pfschale noch eine A r t Bekrönung erhielt. Und als dann der an und für sich gesunde G e ­ danke einer Umbauung des G ußeisenkörpers Raum ge­

wann, führte er leider nicht auf den hier so leicht zu fin­

denden P fad zum wirklichen Eingliedern in den Raum , sondern auf den Irrw eg, der dem G ebild e der neuesten Heizungstechnik die Form en des alten offenen Kamins lose umhängte. D abei ist es denn oft genug vorgekom ­ men, daß ein so umhüllter W ärm espender unter der dicht genug konstruierten Hülle seinem Z w eck e, zu heizen, fast entzogen wurde. Man vergaß eben, daß die L uft des Raum es nur erwärm t wird, wenn sie in zweckm äßiger Führung an den H eizflächen vorbeistreichen kann. M anche K lage über eine schlechte Heizungsanlage fand hier ihre wahre U rsache, und die Beseitigung m ochte dann schm erzJ lieh genug werden. Um solchen Unzuträglichkeiten und Überraschungen zu entgehen, mag man wohl in den R äu­

men eines sonst künstlerisch hochstehenden großen V e r­

waltungsneubaus der jüngsten Z eit auf den seltsam en A u s­

weg verfallen sein, die H eizkörper schräg in die Raum ­ ecken zu setzen und vor ihnen einen hohen W andschirm

(15)

E N T W U R F : A R C H IT E K T P R O F . E D . P F E I F F E R - M ÜNCHEN. O B E N : W O H N D IE L E E IN E S L A N D H A U S E S . A U S F Ü H R U N G : P Ö S S E N B A C H E R W E R K S T Ä T T E N - M ÜNCHEN.

(16)

IN NEN-DEKO RATIO N 131

aufzupflanzen, so daß wohl jedem Eintretenden die Frage aufstoßen muß, was wohl in der so behüteten E ck e ängst­

lich dem fremden A u ge verborgen gehalten werden soll.

B etra ch tet man hiernach die grundlegenden Forde­

rungen, welchen je d e künstlerische Gestaltung des W ärm e gebenden Körpers in einem Raume, sei es ein O fen, sei es ein Radiator, genügen muß, so sind es deren in der

Zusammenschließen mit der W and , das seine formale G e ­ staltung auch aus praktischen W ünschen, wie beispiels­

weise dem nach einem warmen Sitzplatze, herleiten kann.

Und das dritte, nie genug B etonte, w äre, daß jed es spie­

lerische A uszieren, welches so oft und so leicht zum un­

wahren V ortäuschen mehr oder weniger verwandter E r­

scheinungen führt, und dazu gehört wohl je d e historische

POSSENBACHER W ERKSTÄTTEN -M Ü N CH EN . ENTW URFi PROF. EDUARD PFEIFFER . »KAM IN -AN LAG E.

H auptsache drei, w elche Erfüllung verlangen. V o r allem muß je d e W ärm e abgebende Fläche in allen Teilen b e­

quem zugänglich sein, damit sie tagtäglich überall vom Stau be gereinigt werden kann. D as führt von selbst zu dem V erlangen, daß der wirklich heizende K örper die einfachste Form , aus glatten Flächen gebildet, haben muß.

Zum zweiten kommt die Eingliederung in den Raum , das

M askerade so gut, wie das Hineintragen von Bauern­

stubenmotiven in städtische W ohnräum e, fern gehalten werden muß. W o die reine Flam m e des Feuers lodert, auch da, wo sie in der neuzeitlichsten Form der Beheizung ihre W irkung äußert, sollte erst recht künstlerischer H alb­

heit oder gar Unwahrheit kein Tummelplatz geboten w erden...d r . l e o n h a r d k r a f t - d a r m s t a d t .

(17)

132 INNEN-DEKORATION

POSSENBACHER WERKSTÄTTEN—M ÖNCHEN L1EO ESTU H L MIT STRO H O EFLECH T

KUNST UND HANDWERK

EIN MAHNWORT INS STAMMBUCH DER SCHAFFENDEN

I

n W ilhelm M eisters W and erjabren sagt G o e th e : »A llem L eb en , allem Tun, aller Kunst muß das Handwerk vorausgehen, w elches nur in der Beschränkung erworben w ird«. Ich m öchte hinzufügen, aber alles Handwerk muß von einem Strahl der Kunst b eseelt sein, wenn es in seiner A r t V ollend etes hervorbringen soll.

B eid e hängen innig zusammen und haben in großen Z eiten immer aufeinander gew irkt. In der A n tik e, im gotischen Z eitalter, in der Renaissance und im 18. Jah r­

hundert zeigen sich die G egenstände des G ebrauchs von künstlerischem Form gefühl durchdrungen und die Kunst­

w erke von selbstverständlichem Beherrschen des H and­

werksmäßigen, das ist von Können, erfüllt. In unserer Z e it hat die M aschine mit gefährlicher A usschaltung m eisterlicher E igenart die L ie b e zum W e rk dem Hand­

w erker genommen und auch den Künstler verleitet, das Schablonenm äßige dem freien Entw urf vorzuziehen, wo es sich um die K unst im Kunstgew erbe handelt.

Z u allem, was wir machen, gehört L ie b e , sonst wird es nie etw as rechtes, das dem B esitzer ans H erz w ächst, das Freud e auslöst in der W e rk s ta tt, wenn es vollendet wird, beim Käufer, wenn er es erw irbt und seinem Haus­

rat einverleibt. W a s treibt im Grund all jen e Sam m ler, die A ltsachen den Erzeugnissen der eigenen Z e it vor­

ziehen (abgesehen von jenen, die aus Sp o rt, M ode und geschäftlichen R ücksichten A ntiquitäten stapeln)? E s ist die S e ele, der Hauch des Persönlichen, der vom Schöp fer ins M aterial überging und dem K äufer die Überzeugung verm ittelt, daß d erselbe G egenstand von all seinen G e ­ nossen ein wenig abw eicht, also individuelles G epräge hat, w ie die M enschen trotz aller G leichm acherei.

E ine F ab rik fertigt tausend Stühle an, tausend B rief­

beschw erer, tausend Rahm en, tausend M äntel, einen wie den ändern nach der Schablone ohne U nterschied ausge­

führt, w ie sie lieblos gezeichnet, kalkuliert und in A u f­

trag gegeben worden. Ist es wunderlich, daß der A rb e iter dabei seinen Sto lz und sein Selbstvertrauen verliert?

W arum ist der Fabrikarbeiter so leicht unzufrieden?

W e il er seine Stunden abarbeitet, ohne innerlich an den Dingen, die entstehen, teilzunehmen. D as ist psychologisch sehr leicht zu erklären. Um A b hilfe zu schaffen, muß man deshalb das psychologische G e b iet in B etrach t ziehen und zuerst da, wo es am leichtesten möglich ist, bei der H erstellung von H ausrat und Kleidung beginnen. —-

D ie Revolution des Künstlers und H andw erkers wird gegen die D utzendware gerichtet sein, die alles über­

schwemm t, die S traß e, den Laden, die W ohnung bis in die intim sten, heiligsten Räum e. W ir wollen persönlich werden, wenn w ir es noch nicht sind, im Empfinden und in allen D ingen, die uns umgeben, die tägliche L eb en s­

genossen sind auf dem W e g durch eine, das Unpersön­

liche zu höchst steigernde Z eit. D as verträgt sich sehr gut m it der politischen Entw icklung, deren soziale S e ite kulturfördem de Ellemente zur G enüge enthält. M an ver­

gegenw ärtige sich nur, daß W illiam M orris, einer der Gründer der modernen ästhetischen Bew egung, von so­

zialen G esichtspunkten aus, ja als überzeugter Sozialist Schönheit und E igenart ins Kunstgew erbe, in W ohnung, G arten und L eb en trug. H ier muß angeknüpft, fortge­

setzt und w eiter entw ickelt werden, wenn w ir nicht einem Niedergang des gesam ten künstlerischen und kulturellen Zustands entgegentreiben wollen.

(18)

IN NEN-DEKO RATIO N 133

W e r auch am geringsten und billigsten Gegenstand Sorg falt in der Ausführung bei entsprechendem M aterial verlangt, dient der A llgem einheit besser als jem and, der m inderwertiges Zeug in M enge auf den M arkt w irft. In der W ah l solcher D inge kann selbst der E infachste kunst­

fordernd wirken und damit zum Aufschw ung beitragen, indem er auf die Kleinkunst, die Kunst im Handwerk überträgt, was W agner von der großen Kunst m ein te: »sie ist Freud e an sich, am D asein, an der A llgem einheit«.

Ein guter Handw erker, der sich künstlerisch einstellt, hat nicht nur selbst Freude an der A rb eit, er strahlt Freude au s, wenn seine G ebild e in die rechte Hand kommen. Und daß sie überall die rechte Hand finden ist A u fgabe der künstlerisch erzogenen und gebildeten Laienw elt, die das A u ge immer mehr für das Schöne guter A rb e it und richtig ausgewählten M aterials schärfen

muß. W en n Kunst und Handwerk mit echter Harm onie in das L eb en einer Z e it eingreifen und es gestalten, so gewinnt es S til und reift unbemerkt zu einer kulturellen H öhe, die weithin ihr befruchtendes W esen über Länder und Z eiten sichtbar macht. D as haben w ir in der Neu­

zeit bei Renaissance, R okoko und dem neu-klassischen Stil g e s e h e n ... Al e x a n d e r v. g l e i c h e n-r u s s w u r m.

£

as S t r e b e n nach dem Typus im K unstgew erbe ist des Schw eißes der B esten w ert. D as F i n d e n würde den Tod der Kunst im G ew erb e bedeuten; denn der reine Typus wird immer reine Konstruktionsform sein. Diesem Gerippe muß sich erst als blühendes Fleisch, die Schm uck­

form anfügen — ob reicher oder ärmer bestim m t das Stilgefühl einer Z eit. D ie Schm uckform erst erw eist die künstlerische R e ife der Z e it...r o b e r t c o r w e g h.

SCHREIBSCHRANK MIT VITRINE FQR KLEINE KUNST- O EO EN STA N D E

POSSENBACHER WERKSTÄTTEN—MÖNCHEN. MÖBEL FÜR EIN DAMENZIMMER

(19)

134 IN N EN -D EK O R A TIO N

POSSENBACHER WERKSTÄTTEN—MQNCHEN BANK UND TISCH IN EIN EM VORRAUM

DAS ORNAMENT UNSERER ZEIT

VON DR PAUL ZUCKER

A

ls R eaktion auf die indifferente und künstlerisch un­

lebendige A r t der Nachahmung vergangener S til­

epochen, w ie sie das architektonische und kunstgew erb­

liche Schaffen von 1 8 4 0 bis 1 8 9 0 b eherrschte, setzte, zuerst in England, später und intensiver in Deutschland, ein absoluter form aler Purismus ein. M it der Verm eidung jeglicher Zierform , mit der Proklam ierung eines unbeding­

ten S ach - und Zw eckm äßigkeitsstils entging man zwar der G efahr eine überlebte Ornam entik als unwahre A u s­

drucksform neuer Inhalte kostümartig zu verwenden, — doch war dieser V orteil letzten Endes nur ein Negativum.

Entw icklungsgeschichtlich zu b eg reifen , doch von je d er absoluten Bew ertung auszuschließen, mußte allen von einem lebendigen Kunstfühlen Ergriffenen die Sachlichkeit bald zur Kargheit, die Zw eckm äßigkeit zur P edanterie und die »M aterialgerechlheit« zur Langew eile werden.

Schon dreißig Jah re vor dem Einsetzen der neuen Bew egung hatte Sem per seinen rationalistischen Stilbegriff aufgestellt, einen B egriff im B ereich des Ä sthetischen, der, ebenso wie die m arxistischen Begriffe im W irtsch aft­

lichen, nur zu erklären ist als das R esu ltat des Übergreifens naturwissenschaftlicher und m aterialistischer D enkw eise in das G e b iet der G eistesw issenschaften. W ie fast stets im V erlaufe geistesgeschichtlicher Entw icklungen hatte

die Lebensdauer einer G eneration genügt, den wissen­

schaftlichen Gedanken eines Einzelnen durchVerwässerung und Popularisierung der M asse des deutschen Publikums zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen und damit zu trivialisieren.

S o wurde das, was eigentlich nur Reaktion, überstarkes A usschw ingen des Pend els geschichtlicher Entwicklung nach der negativen S e ite hin hätte sein dürfen, zu mehr als einer Episode der kunstgeschichtlichen Entwicklung, zu einem D a u e r z u s t a n d . A rm ut an künstlerischer G e ­ staltungskraft fand ein wohldurchdachtes Netz ästhetischer G esetze und Forderungen, die Reichtum und Idee als reaktionär verdächtigten und fast dogm atisch verpönten.

Ä hnlich w ie heute wieder zeichnerisches Unvermögen zu expressionistischer Ausdrucksform greift und damit letzten Endes eine durchaus gesunde und berechtigteKunstrichtung vor dem nicht unterscheidungsfähigen Publikum diskre­

ditiert. D as Experim ent van de V e ld e s, die künstliche Hochzüchtung einer neuen naturalistisch m otivierten F o r­

menwelt war mißlungen, ein dünnblütiges und ungebärdiges Nachrokoko hatte die Sprach e seiner Linien vergebens zum Pathos zu steigern versucht.

F a st 15 Jah re hindurch können wir dann nirgends A nsätze zu einer formalen W eiterentw icklung feststellen.

(20)

IN NEN-DEKO RATIO N 135

W o h l schärfen sich G eschm ack und G efühl für Proportion, allzu gewaltsame Verzerrungen der M aßverhältnisse werden allmählich als peinlich empfunden und das gewollte Pathos düsterer Monumentalität bei der Schöpfung bürgerlicher Innenräume und Gebrauchsgegenstände fängt an seltener zu werden. D och fehlt nach wie vor eigentlich alles N euschöpferische, jed e naiv for­

mende K raft. E ine E poche, deren m alerischer A usdruck Impressionismus w ar, wie dieser zu­

tiefst bürgerlich, unpathetisch, rationalistisch, — eine solche Epoche durfte auch kein anderes Kunstgew erbe, keine andere A rchitektur erwar­

ten, als die eines Sach- u. Zw eckm äßigkeitsstils.

D a kam, wie schon einmal 2 0 Jah re vorher, der A nstoß zu neuer Entwicklung von der M alerei und den graphischen Künsten. Denn hier rangen die neuen K räfte der Z e it zuerst um einen adä­

quaten A usdruck. Je tz t konnte und durfte der rationalistische Z w e c k b e g r i f f nicht mehr oberstes Kriterium architektonischer Gestaltungs­

kraft bleiben. D er M aler, nun bemüht, vom Schein der D inge zu abstrahieren, das W e se n ­ hafte der Z eit zu erfassen, sieht in Form und F arb e die M ittel, den einmal gefundenen A u s­

druck dieses W esenhaften festzuhalten. D a dürfen auch A rch itek t und Kunsthandwerker ihre künstlerische A b sicht über logisch und sche­

matisch einwandfreie Zw eckm anifestation em­

porspannen. In w iefern dieses w ieder mehr transzendentale Kunstwollen in raumschöpferi­

scher A rchitektu r seinen A usdruck findet, soll an dieser S te lle nicht untersucht werden. — Für

die D ekoration der F lä ch e , für die Kultur des Pr o f e s s o r Ed u a r d p f e i f f e r- m o n c h e n. o e s c h n i t z t e r w a h d t e l l e r

Ornamentalen bedeutet es schlechthin Erlösung und A uferstehung 1 D er zerrissene Faden wird wieder angeknüpft, — behutsam , vielleicht auch manch­

mal mit Fehlgriffen, wird die verlassene Tradition w ieder aufgenommen. D as A kanthusblatt ist heute nicht mehr, wie vor 1 0 Jahren, lediglich das Sym bol eines zu überwindenden greisenhaften A kad em ie­

stils. W ir vermögen w ieder unbefangen seinen F o r­

men nachzugehen und nach langen Jahren zum ersten M ale w ieder in seine linearen F e i n h e i t e n einzu­

fühlen. Denn man war vielleicht monumental und großzügig, vielleicht wahr und ehrlich in der eben verflossenen Epoche des künstlerischen Schaffens, nur jed es O rgan für das F e i n e , für das D elikate im O ptischen, jed es Gefühl für Detailwirkung war vollkommen verloren gegangen. Und wenn bis 1 8 9 0 die eigentliche »Kunst« unter D etails, und zwar schlechten und mißverstandenen D etails, erstickte, so hatten die nächsten 2 0 Jahre allzu gründlich mit dem Empfinden für jed e Kleinwirkung aufgeräumt.

Können wir nun, wenn man von einem neu­

erwachten Interesse am Ornam ent spricht, über die Konstatierung dieser T atsach e hinaus auch von neuem ornamentalen I n h a l t sprechen? Handelt es sich lediglich um eine w iedererw achte L ieb e für bestim m te alte Form en oder werden nach einer Epoche des Brachliegens auch unm ittelbar n e u e O r n a m e n t f o r m e n geschaffen? (Sc h l u s s f o l g t.) STÜCKARBEIT NACH ENTW . VON ED . PFE1FFER-M QNCHEN

1919. IV. 3.

(21)

IN N EN -DEKO RATIO N

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L. BERNHE1MER—M ÖN CH EN . »PRUN KSCH RANK A U S SC H W A RZEM H O LZ MIT FLACH SCH N 1TZEREL IM OBERTEIL INNEN MIT ORAV1ERTEN ELFENBE1NPLATTCHEN B ELEG T . AUS DER ERSTEN HÄLFTE DES 17. JAHRHUND,

(22)

DER KÜNSTLER UND DIE NEUE ZEIT

VON JOSEPH AUG. LUX

I

mmer und nicht zum W enigsten gerade heutzutage sieht sich der Künstler, die freie schöpferische Persönlich­

keit, darauf angewiesen, der G egenw art auszuweichen, um die Zukunft zu retten. D ie G egenw art ist etwas, das fortwährend überwunden werden muß. D ie G egenw art von gestern war der schöpferischen Persönlichkeit nicht hold. D er Genius erschien nicht nur dem S ta a t unbequem, der sich lieber an die erprobte M ittelm äßigkeit h ie lt; das G eniale wurde auch im W e g e der Organisation und Überorganisation niedergehalten und der Grundsatz galt, das Programm ist schöpferisch, die Organisation, wogegen die Persönlichkeit, das eigentlich schöpferische Elem ent, als eine fast polizeiwidrige Erscheinung ange­

sehen wurde. S o wurde m it fast selbstm örderischem Hang von den zusammenwirkenden Lebensm ächten des S taates, der O rganisationen, der G esellschaft und der K ritik je d e individualistische Regung verketzert und er­

stickt, der Genius des V olk es uniformiert, die Intelligenz m echanisiert, G eist und Kunst typisiert, organisiert, steri­

lisiert — das Zivilisationsideal im G egensatz zur wahren Kultur, die ein Persönliches ist, war erreicht: unfrucht­

bare Langew eile. H eute, nachdem das deutsche L eid über uns herein gebrochen ist, erkennen wir, zu spät, wie arm wir geworden sind an schöpferischen persönlichen K räften — unsere Tragödie! D ie subalterne Intelligenz übertyrannisiert die Tyrannen, selbst die reaktionärsten Elem ente strecken dem okratische Spruchbänder zum H alse heraus, ohne innerlich weniger reaktionär zu sein

— an Ste lle der früheren »H erren« herrscht die M asse, nicht weniger unduldsam gegen die R ech te der P ersön­

lichkeit, als die früheren kompakten M ajoritäten. D er Künstler hat von der heutigen Z eit nicht mehr zu er­

warten als von der überwundenen Halbvergangenheit.

Nicht von Staatsw egen — w eder in der alten noch in der neuen Form des Staates — entsteht der schöpferische G edanke, nicht von V ereins- oder Organisationswegen, noch von wegen der M assenherrschaft, sondern er ent­

steht aus dem Individualismus des Künstlers, frei von Gebundenheit durch P artei, Gem einde und S ta a t, in dem inneren Bezirk des individuellen schöpferischen Gefühls, in der radikalen Freih eit der S e ele, die die einzige w irk­

liche Freiheit ist und zugleich die unentbehrliche L e ­ bensluft des schöpferischen M enschen. D er Künstler ist nicht P roletarier, auch wenn er kein G eld h at; er kann nicht schöpferisch werden durch Organisation, die immer nur ein Ä ußerliches, M aterielles betrifft. Seine Seelen kräfte sind nicht nach außen gewendet, wie die des P olitikers oder R edners oder D em agogen; sie sind nach innen gewendet, auf den K ern seines W esen s be­

zogen, aus dem er durch Konzentration, V erdichtung seine W e rk e schafft. E r ist immer in gewissem Sinne A u tokrat und nicht O rganisator. A u ch im sozialen Z eit­

alter kann diese Grundverfassung nicht geändert w er­

den. E r war immer Republikaner im geistigen Sinn, als er als F re ie r in einer Ü berw elt lebte, wo er keinen H öhe­

ren über sich, keinen V orgesetzten, keine G ew altherr­

schaft, auch nicht die der M asse anerkennen konnte außer sein G öttliches, das er ahnend über sich wußte, sein höheres S elb st, mit den Sternen, dem Kosm os, den m eta­

physischen Schicksalsgew alten verbunden, denen er wie einer inneren Eingebung gehorchend, in seinen G estal­

tungen symbolischen A usdruck verlieh. E s gibt so wenig von Natur aus ein kirchliches oder bürgerliches Kunst­

w erk, wie es ein parlamentarisches oder soziales Kunst­

w erk gibt. E s steht über den P arteien und den jew ei­

ligen staatlichen oder politischen D oktrinen. D er Künst­

ler steht gleich w eit von der Staatsform , sowohl der alten, wie der neuen, zu was immer er sich sonst als bürger­

licher M ensch bekennen mag. Sozial ist das Kunstwerk nicht der U rsache nach, sondern bestenfalls der W irkung nach. Sozial wirkt es nur insofern, als es die Seelen er­

greift und zur G läubigkeit aufruft und verbindet als M enschheitssache w ie etwa die Religion oder die K irche, die erst dann die wahre seelische M acht und G röße er­

reichen könnte, wenn sie den Mut h ätte, der äußeren politischen M acht, dem S taat zu entsagen. Dann wäre sie beinahe ein künstlerisches Ereignis. D ie Kunst ist das einzige und wahre M ittel einer Kulturgem einschaft der V ölker, einer V olksw irtschaft der S e ele als V alutaregu­

lierung menschlicher W e rte . D er schöpferische M ensch huldigt darum notwendig einer W eltanschauung, d iezw ar als individualistisch bezeichnet werden kann, obzwar sie zugleich M enschheitssache ist. S ie bedeutet die E ntfal­

tung und Darstellung des höheren S elb st, des geistigen E go, der schaffenden G ew alten der S e ele, die nach M aß­

gabe ihres göttlichen Genius, die W e lt und alles Sichtbare zu vergöttlichen, mit der eingeborenen Idee der Sch ön ­ heit zu durchdringen und zu adeln sucht. W äre die W e lt vollkommen individualisiert, das heißt zu dieser schöpfe­

rischen A rb e it und A rbeitsfreud e als dem inneren Q uell des Reichtum s und der ideellen G ü ter, erzogen, dann gäbe es keine K riege, keine G ew altherrschaft, keine Ein­

zelwillkür und keinen M assenterror. D er Individualist, die einzigartige Kreuzung vom D em okraten und A ri­

stokraten, dieser höhere M ensch mit dem zur A llseele erw eiterten Ich ist in dieser W e lt stets in der M inorität, w ie die Kunst immer. A b e r jeg lich er F ortsch ritt liegt bei den M inoritäten, diesen Pionieren der M enschheit.

A u f ihren Schanzen flattert die Fahne der Hoffnung, die Zukunftslande grüßt. D er G enius der V ölker ist bei den M inoritäten, bei den freien schöpferischen P ersönlich­

keiten, den Künstlern, die ihre stille und bedeutsam e A rb e it tun, das W e rk der Selbstopferung und H ingabe an die Leistung, durch die allem die W e lt m it ihrer Sün­

denschuld entsühnt und geheiligt wird. E s sind die W e rk e der Kunst, die trotz der inneren A u tokratie des Sch öp ­ fers W e rk e der L ieb e sind und die M enschen und V ölker verbinden in der V ergöttlichung der W e lt durch gute W e rk e, die zur S e ele reden. E rs t wenn die Persönlich­

keit im deutschen V o lk erw acht, sein schlummernder Genius, wird die deutsche Tragödie überwunden sein, zu der seit Jahrzehnten der Grund gelegt worden ist.

L aß t uns umkehren auf dem unseligen W e g und eine schönere Zukunft ist gewonnen 1 D ies mein Credo und mein R u f an das deutsche V o l k ! ... j. a.l.

£

W

as der Künstler nicht geliebt hat, nicht liebt, soll er nicht schildern, kann er nicht schildern. G o e t h e .

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IN N EN -D EK O R A TIO N

ARCHITEKT PROFESSOR ERNST LICH TBLAU—W IEN . »ANRICHTE UN D W AN D VERTAFELUN O IN EINER WOHND1ELE«

(24)

EN TW U RF: ARCHITEKT BERTHOLD H Ö S L E R -L E 1P Z IO . »TEILANSICHT AU S EINEM W O H N SA LO N .

(25)

IN NEN-DEKO RATIO N 141

EN TW U RF: BERTHOLD H O SLER -LE1PZ IO EIN GANGSHALLE. AUSF: MÖBELFABRIK M .-S T . PETERSBURG

FARBENHARMONIE IM HEIM

VON EWALD PAUL, LEITER DER MÜNCHENER GESELLSCHAFT FÜR LICHT- UND FARBENFORSCHUNG

D

er W e rt der Farben im Heim für das W ohlbefinden seiner Insassen beginnt unserer Z eit mehr und mehr zur Erkenntnis zu kommen. Sicherlich war auch die Farbenpflege in diesem B ereich nie noch nötiger als in unseren, in soviel G rau getauchten Tagen. W e r sich nur in kleine V ersu che einläßt, wird überrascht sein, zu sehen, wie sich Stimmung und A rbeitskraft des Menschen durch eine den V erhältnissen angepaßte bestim m te Farb en­

einteilung schnell beeinflussen lassen. D ie Orientalen sind seit langem M eister darin und sie schufen vor allem

— ihrem Ruhetriebe entsprechend — Räum e mit gegen­

einander abklingenden F arb en , die zum Träum en, zum V ersinken in glückliche V ergessenheit einladen. D ie ge­

waltigen Farbenenergien eines P erser-T ep p ich es, die der Feingeschm ack auch bei uns zu bew erten gelernt hat, sprechen eine bered te Sprache.

Nun ist es ja in unseren Tagen der andauernden A u f­

regungen sicherlich eine N otw endigkeit, den M enschen­

behausungen allüberall, wo es angeht, Farbenharmonie zuzutragen. E in e ungeahnte Segensquelle harrt damit ihrer A uferstehung. W ir haben es an Ü berreizten erlebt, an durch harte Kriegsschicksale in ihrem Nerven- und G em ütsleben N iedergebrochenen, daß sie in Zimmern, die in Frühlingsfarben gehalten waren, sich schnell wieder aufrichteten und wir bemühten uns, gestützt auf die G u t­

achten der Fachleu te unserer G esellschaft für L icht- und Farbenforschung, seit Jah r und T ag , diese Erfahrungen auch dem großen H eeres- und V olksgetriebe dienstbar

zu machen. Stand uns bislang eine in atom istischer Chemie und bakteriologischer Forschung versunkene W issenschaft verständnislos und also ablehnend gegen­

über, so wird zweifelsohne eine neue Z e it, deren A n ­ zeichen wir je tz t verspüren, darin Ordnung schaffen. Und das ist gut so, denn es ist durch den Mangel an V erstän d ­ nis für den gesundheitlichen W e rt der Farben an unserem, im W eltkam pfe der letzten Jahre so arg mitgenommenen V olkskörper schw er gesündigt worden. U nsere G eistes­

kranken werden noch immer hinter kalkgrauen W änden und G itterfenstern gehalten, weil es den meisten P sych ia­

tern nicht einleuchten w ill, daß fröhliches Farbenspiel, das dem Gesunden so oft trübe Stimmungen verscheucht, in weit höherem M aße noch dem Ä rm sten zu dienen ver­

m ag, dessen S e ele durch schw ere Schicksale verw irrt ward. Unsre Nerven- und sonstigen Sanatorien entbehren noch immer der farbigen Räum e für ihre Insassen und wo hier und da schüchterne A n sätze dazu gemacht wurden, sucht man es m öglichst zu verstecken, weil man den Sp o tt der m ateriellen W issenschaft fü rch tet, die die Farben Wirkungen, wie wir sie betonen, ins G eb iet der Einbildung verw eist.

E iner unserer A r z te , D r. med. K u rz, betonte auch den wirtschaftlichen W e rt der F ra g e , nachdem er aus unseren V ersuchen erkannt hatte, daß man durch Farben die A rbeitskraft zu stärken vermöge. S o ergab sich, daß unsere A rb eiter in gelben Räumen mit lichtgelben Fenstern viel flotter schufen, viel b esser zum A rbeiten aufgelegt

(26)

142 IN N EN -DEKO RATIO N

PROFESSOR CARL W ITZM ANN—W IEN

waren als die in grauen Räum en und an grauen bezw . graublauen G egenständen A rbeitend en. L etztere wurden sehr bald mißmutig, arbeitsunlustig, erstere hingegen pfiffen und sangen bei der A rb eit. A n dererseits zeigte sich bei den in blauen Räum en und z. B . auf kaltem K obaltblau ar­

beitenden Glasm alern sehr bald M üdigkeit — nicht selten schlief einer dieser A rb e iter ohne andere Gründe als eben diese andauernde Einwirkung der blauen F arb e vor der Staffelei ein. Solch e Ergebnisse soll man der Allgem einheit nutzbar machen und für Eigenheim e und A rbeitsstätten

— diese im w eitesten Sinne genommen — verwenden.

D ie L e h re , daß die Farb en große chem ische und therapeutische W irkungen äußern können, wurde vor einigen Jahrzehnten bereits von einem A m erikaner, P rof.

Edw . D . B a b b itt, v ertreten , der uns darüber ein höchst bedeutsam es, b ei uns D eutschen leider zu wenig bekanntes W e rk unter dem T itel »Principles of L ig h t and Colour«

(Prinzipien des L ich tes und der Farben) vo rleg te, aus dem auch und vor allem der bildende Künstler und Kunst­

gew erbetreibende reiche A nregungen schöpfen kann.

— Durch das Studium des L ich tes und der Farb en geht

FEN STERPLATZ EINES SPEISEZIMMERS

uns — so sagt er — eine ganz neue W e lt auf. D ie F a r­

ben offenbaren uns die eigentliche Dynamik der Natur und des M enschen, und höchst m ächtige innere Prinzipien von K räften , die in das B ereich der G eheim nisse von G eist und M aterie reichen.

Fü r A rchitekten, D ekorationsm aler, Kunstm aler u. v. a.

B erufe noch ist die Farbenw issenschaft ein w esentliches Studium , um oft ungeheuere W irkungen zu erzielen.

V on dem merkwürdigen hygienisch-therapeutischen Cha­

rakter der Farb en w eiß man im heutigen Europa noch wenig. Jed enfalls aber ist die Harm onie der Farb en eine W issen sch aft, die auf bestim m ten Grundzügen beruht und viele feinfühlende M enschen haben diese Grundzüge durch das G efühl herausgefunden. Man nennt dies Farben­

geschm ack haben. A b e r nun müssen diese L eu te auch verstehen lernen, daß diese Harm onie mit derjenigen unserer seelisch-körperlichen V errichtungen in Berührung steht und letzteren in hohem M aße dienstbar zu machen ist, wozu die längere Beobachtung des V erhaltens gesunder und kranker M enschen unter dieser oder jener F arb e bezw.

Farbenm ischung gehört. G ehen wir in dieser W e is e vor,

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IN NEN-DEKORATION 143

so sehen w ir überall nur G esetze, nirgends W illkür.

— W e lc h ’ herrliche Farbenwirkungen bringt nicht die Natur durch ihre Blumenpracht hervor! Und w elche großen W irkungen können nicht G ärtner durch Blumen- P ark ette und Blum en-Teppiche erzielen! Soll also nicht Ä hnliches auch durch geeignete Farbenzusammen­

stellungen in den m enschlichen Behausungen möglich

sein? G ew iß ist es d as, wie viele V ersu che in vielen Ländern, w ie viele Erfahrungen B erufener erw eisen.

— W arum sind die W andelhallen unserer K urorte noch immer so nüchtern und farblos, während doch die in ihnen sich Ergehenden durch frohe Farben in denselben mit neuer L ebenskraft erfüllt würden? Erw ägt man nicht, was das für L eu te heißt, die ohnehin m eist trübe gestimmt

POSSENBACHER WERKSTÄTTEN—MÜNCHEN LADENEINRICHTUNG MIT ROLLSCHRANKEN

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144 IN N EN -D EK O R A TIO N

ARCHITEKT LEONHARD H EYD ECKER JR .-K E M P T E N . EINFACHER KLEINER DAMENSCHREIBTISCH ARCHITEKT LEO N H . H EYDECKER JR .—KEMPTEN

sind? Ich habe Kurgäste in O rte n , wo oft wochenlang R egenw etter herrschte, direkt trübsinnig in solchen nüch­

ternen Räumen herum schleichen sehen. W arum schafft man nicht L ich t- und Farbensanatorien in vollkommenster A r t? Farbenglashallen, farbig d ekorierte Krankenräume u. dergl. mehr? D as würde unseren eigenen Erschöpften ein neuer G esundheitsborn sein und uns auch Frem de aus aller W e lt zuführen, zumal wir im lichtgetränkten deutschen H ochgebirge dafür besondere Vorbedingungen

TISCH UN D SESSEL FQR EIN RAUCHZIMMER

hätten! Indessen kann aber ein Je d e r auch im eigenen Heim mit den Farbenkräften V ersu che machen und sie in den D ienst des eigenen W ohlergehens stellen. — E. p.

Ä

E

s liegt dem D eutschen so nahe, alles was er mit Interesse angreift zu verw issenschaftlichen. W o es sich in Deutschland um Kunst handelt, wird e s, trotz allen Talentes, fast immer Pädagogik, R eform oder V e r ­ einsangelegenheit — leider nur selten Kunst. . b e h r e n s .

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