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Die Zukunft, 10. Dezember, Jahrg. XIII, Bd. 49, Nr 11.

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XIIL Jahrg. Berlin,den10.Dezember1904. III-.11.

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Die grünet-. VonFermaten eHeijermanti ................366

zelbflanzeigem VonFarbt, seyn-, Zweig ..........·....369 Iet-Icteine Hasel-sahn ..........................

379

Nachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

Friedrichstraße10.

1904.

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Erstes spezialgeschäktfürGaskronleuchter.

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1.11.

GesgliihliclitiVerbindungm.elelrtr.Multiplexskernsiindungbietetdie- selbeBegaernlichlreitwieelektrischesLichtandher-letnureinZehntel.

hieHaltiplersäGesellschaftin Berlin nennt aufAafregegerne ihreVertreterenanderenPlätzen

Die Deutschen Bronzen

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AktiengesellschaftvormalsGlaienlleelllsehn

BERL1N-FRIEDR1CHSHAGEN ::::-:sind aufallen Ansstellungen preisgekrönt.:::::-

PABIS 1900 ,,GrandPrix·«

s«1’·Lollls 1904»Ur-andPrix«undGoldene Medaille.

Ausstellungund Verkauf: Leipziger strasse III-.

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Berlin, den 10.Dezember 1904.

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panoptikum

MarquisGastonAlexandreAugustedeGallisfet,dervierundsiebenzig-

»» jährigeChasseur d’At«ri(1ue,muß einpaarfideleNovembertageVer- lebthaben.Vor VierJahren sah ich ihnimpariserKriegsministerium,durch Fig-EdamalsnochdieGespensterderDreysuslegendespuktenKlein,aberstraff;

einKavalleristenkopsunddiesoignirtenHändcheneinesDamenlieblingsDiese weißeHand hatden connnunards dasTodesurtheilgeschriebenundmanche

schlankeHüftegekost.DerletzteGeneraldesKaiserreiches;ausSchlachtseldern UndinSchlafzimmerneinlustiger Sieger. Bayardä linkejlle tendue und homme ä«femmes;KriegsromantikundGalanterie,einDuftVonfernen Ländern(Mexiko,ElGolea)undBoudoirwohlgerüchegemischt.Unserekeusche TugendkenntdiesenGreisentypusnicht«Jm GesprächgabersichdemBe- sucheralsderbenTroupier.JederZollderalteSoldat,dernurseinHandwerk versteht,sichimpolitischenGetriebeunbehaglichfühltundfroh wäre,wenn ihmEinervonder Galeerehülfe.DaßersichinsMinisterium schleppenließ,

.wareinPatriotenopser. (WerfandjeeinenMinister,der anderssprach?)Die munterenAugenbegleitetensolcheRedemitverrätherischenKommentarenund in denMundwinkeln zuckteeswunderlich.»HeutewillmicheinHitzkopfinterpel- liren.Vielleichtfalle ichüber Bord.Das wäre ein Glückfür mich.Aberdie Leute würdens bereuen. 0nleurclonneraAnd1-(H.« Nein:dieserMann,der soklar dieUrsachendesUnglücksvon 1870erkannte,dem überdieneusten SprüngedeutscherPolitiksogarsehrgescheiteSentenzenentschlüpsten,sehnte sichnichtnachRuhe.Der liebte dieMachtundschiedsoungernvonihrwie alleMinister,dietäglichvonihremRuhebedürfnißredenDochmußteessein.

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348 DieZukunft.

ZwischenWaldeckUnd Millerand gingsnicht mehr lange; seineFreunde hat-

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ten niebegriffen,wieerindieseGesellschaftgerathenwar. DerMarquissuchte undfandeinengutenAbgang.Onvous donnera Andre. DieReiternase hatte denFeindgerochen.GeneralAndrekam;undschiennichtwiedergehen zuwollen.PriesterfeindundDemokrat;vondenSozialistengehätschelt,vonden Offizierenverachtet;inseinemdickenFellzähundbeharrlich. Jetzt erst, nach vierlangenJahren, hat GalliffetdieFreudeerlebt, ihmdenGenickfangge- ben zudürfen.Jchkann mirvorstellen,mit welcherWonnederkoketteHerzen- brecherderAufforderungdesKriegsgerichtesfolgte,alsZeugeimProzeßDau- triche auszusagen,derendlichdaszurRevisiondesProzessesDreyfusnöthige

faitnouveau schaffensollte.VierGeneralstabsoffizieretriigerischerHand-

langenangeklagtMitallseinerVerde,mitBrusttönenundSarkasmen zeugteGallifetfürdieBeschuldigten.Dasfunkelte,stobundprasseltenur so.

DerKriegsministermußtedieAnklagefallen lassenundwar durch diesen Jrrthumbösblamirt.UmdieselbeZeit kam,gewißnichtohne Mitwirkung desschlauenMarquis,heraus, daßAndrevonderFreimaurerlogeAuskunft über diepolitischeGesinnung,denaußerdienstlichenWandelderOffiziereer- beten, erhaltenunddanachdas Avancement geregelthatte. FrommeKatho- liken,die überdieHerrschaftderFreimaurerstöhnten,waren Jahrelangaus- gelachtworden;nun zeigtesich,daßderGrand-0rient denHeerfiihrerndas Konduitezeugnißschrieb.DieEnthüllungsounwürdigerSpionirereihätte ein Stärkerernichtüberlebt. General Andrewurdein derKammergeohr- feigtundmußte,trotz dieserrohen That,schnellvom Schauplatzabtreten.

Verachtungkannnur Einertragen,dernichtverächtlichist.Wirhättenden Mann gernnochlängeramWerkhastigerDesorganisation gesehen.Kein französischerKriegsministerwarje deutschenBlickensowohlgefälligSein Nachfolgerähneltihmhoffentlich;derBörsenmaklerBerteaux,einradikaler Halbsozialist,dervorzweiJahrenin einerKammerrede denLandpfarrern nachsagte,sie überfülltendieWählermitWeinundführtensiedaitn indie Kirche,dans unetattel.qu’jlssesont misä vomir dans toute Peglise etnotamment dans lebenitier,si bienque lesbonnes devotes,qui

sont venues tremper leurs doigtsdans cemelange,ont cru qu7un

nouveau miracle s’etaitaccomplietqu’0navait changel’eauenvin.

Nach solcherRedekannman inFrankreichKriegsministerwerdenzauchwenn man,wiederBoulevardwitz höhnt,seinLebenlangwenigercourage gezeigt alscourtage empfangen hat.DieGrundmauernderKirchemüssenimLande LudwigsdesHeiligenschonrechtmorschgewordensein;sonstwürde es ander

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Panoptikunrs 3 49 SpitzeseinerzärtlichgeliebtenArmeenichtMännerdulden,dereneinziger Rechtsanspruchauf diesenPosteninunersättlichemPriesterhaßbesteht.s

JmJanuar1900hatteicheinen Sturm imPalaisBourbon erlebt.

Waldeck-Rousseauwurdeumheult,Millerand vondenGenossen,dieihnseit- demlängstals elendenBourgeoisjverfluchten,sumjauhzhso wüstwarder Lärm, daßderAbgeordneteElovisHuguesdemgeschniegeltenPräsidenten Deschanelzurief,ermögeseinerMenagerie Ruhe gebieten.Hier, dachteich, habendieMinistereswirklichschwer;jedenAugenblickmüssensieaufden ärgstenHohn,dieleidenschaftlichsteWiderrede gefaßtsein. Jchkannteden wienerReichsrathnochnicht.JmNovember1904lernteichihnkennen;an denTagen,woüber den innsbruckerKonfliktgeredetwurde.Mehr geschrien alsgeredet.DiepariserStimmungwar dagegenmild.»Jhnenglaubenwir kein Wort!«,,BenehmenSiesichanständig!«,,JhreVerfügungenorgani- siren denTotschlag!«»Frechheit!«»Der sprichtnieeinwahresWort!«»All JhreStatthaltersindMörder!«DaswarennochnichtdieschlimmstenZwischen- rufe,die derMinisterpräsidenthörenmußte.Undruhig,ohnesichzu regen, hörte.Jn ParishättesolcheSitzungzuzehn,zwanzigDuellenAnlaßgegeben.

So wills dortdieSitte,derenGebotselbstderSozialdemokratJean Jaures sichnichtentziehenkann.ZweimaligerKugelwechseLDergebildeteMensch hütetsich,denGegner auchnurzustreifen.Niemand wirdverletzt,dochdie Ehreist reparirt;vonKonvenienzwegen.JnOesterreichsindZweikämpfe zwischenPolitikern selten. Herr ErnstVonKoerbermüßtewährendderParla- mentszeittäglichmindestensfünfzigKugelnausdemLan schicken,wenn er jedenBeleidigervordieWaffefordernwollte. Erhatein anderesMittel;

Ruhig, alshörteundsäheernichtsUngewöhnliches,stehterimSturm,nimmt jedenSchimpf regunglos hinundwartetmitEngelsgeduld,bis der Orkan ausgerasthat.KeineleichteLeistungfüreinenoffenbarnervösen,abgearbei- tetenMenschen.Einmalnur fährterwildauf;als derdichtnebenihmsitzende AbgeordneteWolfithränkunginsGesichtschreit,drohter:»WagenSiesich

nur anmich!WagenSieesnur!« Sozuversichtlichklingts,alswissederDro- hendeganz genau,wiedieserWildezubändigenist. Sonstaberbleibterstill;

wahrtdenScheinderGelassenheit.EinvornehmerHerr, dendieAmtspflicht leider inschlechteGesellschaftzwingtund derdieHosfnungaufgegebenhat,den TondieserLeutebessernzu können.WienerischeEleganzleisesterSorte. Nicht sograziöswieder alteGallisfet, dochvielernsthafter.EinArbeiter,keinBlen- der.DieStimme istsprödundträgt nicht weit; aberAlles,wasder Minister

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350 DieZukunft-

fagt,istverständig,reiflicherwogenundnurvondemPflichteiferbestimmt,dem Staatsinteresse nach bestemWissenzu dienen.AuchimPrivatgesprächmacht HerrvonKoerber denEindruckeinesgründlichgebildeten,fehrklugen,ungemein kultivirten Mannes. Sehnt auchersichnachRuhe? DiskreteSeufzerdeutenes an.EinJunggeselle,dermitseinerMutterzusammenlebtundkeinegroßenBe- dürfnisfehat.Statt sichinHansens schönemHausschimpfenzulassen,könnte erzwischenguten Büchernsitzen,reifen, sichderRingstraßenprachtfreuen.Was hält ihnimJoch?Amor fatj ?Patriotischestlichtgefühl?WillezurMacht?

TrotzdemSeufzerglaubeichnicht,daßergerngehenwürde.

Nochwenigerfreili ch,daßsichfürdasschwierigeAmt einBessererfände.

AmHof,imBereich altspanischerSitte, hätteeinHochadeligerwohl leichte- resSpielals dernicht durchGeburt,nurdurchdieNothamMannindieHöhe gehobeneBeamte,dermitallseinerTüchtigkeitdenSchwarzenbergs,Liech- tensteins, Windifch-GrätznichtimponirtundmancherHoheitstetsnur die armeBureauschreiberseelebleibt·UnterFürstenhütengedeihenseltenaberstarke Verwaltungtalente;undeinempfindlicherGrandehielteesindiesemunwahr- scheinlichenParlament nichtlangeaus·HerrvonKoerberärgertdieGrobiane durchseineunbeirrbare Ruhe, seine ,,leidenschastloseBeharrlichkeit«,diePo- liturseinerUmgangsformen;dochwenn ersichreizenließe,wäreesvollends umihngeschehen.Mirscheinter,dervielleichtnochmehrDiplomatalsStaats- mannistundgewißeinsehrbrauchbarerBotschaftergewordenwäre, derrechte MannfürOesterreichsUebergangszeit.Dieifts. Wer-dieseMonarchiefchonim Sterbenwähnt,wirdEnttäuschungerfahren.Als einSozialdemokratneulichin einerRede,derenSchroffheitunserensanftenReichstagzumWuthgeheulauf- gcpeitschthätte,dasHausHabsburgschalt,fielitheinerinsWort;und alsder MinisterpräsidentsichamnächstenTagezurAbwehrerhob,warendieDeutschen fast sämmtlichdemSitzungfaalferngebliebenundHerrvonKoerber mußte sichmit demBeifallderPolen,einzelnerFeudalherrenundChriftlich-Sozialen begnügen.»DenRadetzky-Marschhabenwirsatt,«hießes inder Wandel- halle.DassindschlimmeSymptome.AnsSterbengehtstrotzdemnochlange nicht.Deutsche,Slaven,WelschemesseneinandermißtrauischenBlickes,träu- menheut-evonExpansionenundErobererzügenundglaubenmorgenihrLeben gefährdet;sie sindandievonderZeitgewirktenVeränderungenihresBesitz- ftandes nochnicht gewöhntunddeshalbimmer»beünruhigt«;ü-berihreEnt- wickelungmöglichkeiten,überUmfangundGrenzenihrer Kraft nichtklar ge- nug,um sich,wieHerrvonKoerber ihnenräth,nochinFährnißmit dem11r- wienerwortzutrösten: »Mir sanmir.«EinstarkerStamm istdurchGesetzes-

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Panoptikuni. 351 paragraphenundStatthaltereioerordnungennichtzuentwurzeln,einschwacher nichtmitfrischemLebenssaftzuversehen.AuchVolkheitenbleibtdiePflicht nichterspart,sichselbst ihrSchicksalzuschmieden. Jchzweifle, ob»selbst ein BismarckjetztOesterreichhelfenkönnte,ob er,umdenMischkesselnicht überkochenzulassen,sichnichtamEndemitTaaffesRezept beschiede:Fort- wurschteln,bis die Stunde zumHandelngeschlagenhat.Koerberthuts meist mitklugemTakt;unddaßermanchmal mehr versprechenmuß,alserhalten kann, istdieFolgederheiklenSituation, nichteinesunzuverlässigenCharak- ters.SeineoftwiederholteMahnung,demnationalen Streitnicht die natio- naleWirthschaftzuopfern,hat nichtgenützt.DieSozialdemokratiehateinst- weilenwenigAussichtaufErfolgundwäre, auch wenndasWahlrechtnach bismärckischemMustererweitertwürde,nochlangenichtmächtiggenug,um diehaderndenBourgeoisienderDeutschenundEzechenzurVerständigung gegen einengemeinsamenFeindzuzwingen.DochdieVerständigungnaht.

ImLeben der Staaten sindJahrzehntenicht mehrals imDasein derJndi- vidueneinWintertag. Zwei kräftigeVölker werdennichtewigüber die Ge- richtssprachedesinnerenBehördenverkehresnndähnlicheOuisquilienstreiten Siemüssenbaldmerken,daßsieWichtigereszuthun haben.Nichtimbrand- rothenRebellenkleidbedrohtsiederFeind.SeineFarbensind Noth-Weiß- Griin. DerMagyar istgefährlicherals derEzeche.AnUngarns,nichtan Böhmens Himmel leuchtendemHabsbnrgerreichdesSchicksalsSterne.

UngarnwilllosvonOesterreich,willhöchstensnochdiePersonalunion, abernicht längerdie»gemeinsamenAngelegenheiten«.Undesist,weil die MagyarenundPseudomagyarenalle anderenNationalitätenaufgesaugtoder geknechtethaben,durchEinheitdesWollens jetztstärkeralsdaspolygeneKon- glomeratder im wienerReichsrathvertretenen »KönigreicheundLänder«.

Darüber darfunsdasschrillher-übertöneudeEchoderParlamentsskandale nichttäuschen.Ob dierücksichtloseBrutalität desGrafenStefan Tisza,der Kolomans echtbürtigerSohnundjedenfallseine verwegeneHerrschernatnr, einganzerKerlist,denSieg erringt,obTiszasNachfolgerWekerleoderSzell, AndrassyoderApponyi heißt:dasLand willseinenWillenundwirdihn, frühoderspät,durchzusetzenversuchen.Dasistdaseigentliche,letzteZielder Obstruktion,dieVonderliberalen Mehrheitnun, wie inEnglandeinstun- terGladstone, demFreistenderFreien, durchdieclöture unmöglichgemacht werdensoll.EineLebensfragedesParlamentes-solldielegalgewählteMehr- heitodertyrannischeWillkürderMinderheit herrschen?—,docheineEpisode nurinderBolksgeschichte.DasAuge,dasdurch dieOberflächedringt,merkt,

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352 DieZukünft-

daßhier umHöheresgekämpftwirdalsUmdasRecht,denReichstagzu ob- struiren: daßderKampfüberdasTempoderTrennungvonWienentscheiden soll.MagyarenhochmuthwassnetsichgegenOesterreich.Und inOesterreichs LagerrauerdieFührer,dieMannschaftenundTroßknechteTagundNacht.

Jn diesesReichpolitischerDisparitätenwardunserGrafPosadowsky entsandt,auf daßereinenHandelsveItragschließe.EinvortrefflicherMann, derernsteste,gründlichste,den wir zuversendenhaben;undfürsolcheMission dochsoziemlichderungeeignetste.Wäre einRechnernöthiggewesen,wir hättensichereinenTänzergeschickt;nun fordertedasAmt einenleichtblütigen Tänzer:undeinSchreibtischrechner,ein homme dechikkres(wieWitte ihn genannt haben soll)wurdeerwählt.KeinAederchenvoneinemDiplomaten.

FürWiennichtvielpassenderalsUnserangestammterArthnrStadthagen für Peterhof Bei seinemlangenBartfehltihmdierechteLebensart (nurdie österreichischenStilsnatürlich;dennergiltinderHeimathKöllersundMöllers alseinfeiner, artigerHerr).WienerGrafen tragennichtso langeBärte,soost- elbischeRöckeErsieFolgmdergewissenhafteSozialpolitiker,derbeiunskordial Posagenanntwird,wurde drübenalsDoppelgängerdesunseligenGrafenTrast bespöttelt.Daswar nochkeinUnglück.Aber derkantige,schwerfälligeNord- deutschefandsichin der wärmerenKulturzone,imWalzertaktgarnichtzurecht.

KanntewederdasGeistesklima nochdiePersönlichkeiten,aufdieessan- kam. Statt in einemRingstraßenhotclabzusteigen,zogerindieinnereStadt;

weilsbilligerist?NichtsWeltmännisches.KeineleichteHand.Kaumjeein LächelnaufdemzerarbeitetenGesicht. UnkundigdiplomatischerList.Den Handelsvertrag,denwir inNorderney mitRußlandgeschlossenhaben,ken- nendie Leutehier nicht, dachteer; undvonmirsollensie nichtsdarüberer- fahren.Als obman ausPetersburgfüreinpaarGoldrollennicht nochganz andereGeheimnissebeziehenkönnte...Anfangsganz aufgeknöpftundfürje- denJnterviewersoflinkzuhaben, daßdieHerrenamBallplatzundimHan- delsministeriumschonunruhigwurdenundflüsterten:»Derwirthschaftetnoch chlauer mitderPresseals wir.«Tann,alsGrasTiszasichschwierigzeigte, jäherStimmungwechsel.Hypernervös,reizbarundheftig.JndenRedak- tionen wurden diemerkwürdigftenAeußerungenerzählt.Dawar dasVer- halteneinerZeitungunanständiggenannt,einer anderenvorgeworfenwor- den, daßsiedemhohenReisenden»regelmäßigdasKonzeptverderbe«. Er- gebnißdeerrglaubcns,daßdie wienersichwiedieberlinerPressebehandeln lasse. AuchEpigrammeüberOesterreichwurdenherumgetragen.Undschließ-

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Panoptikum. 053

lichinHastdieKoffergepackt.KeinWürdenträgerkam zumAbschiedauf denBahnhof.DieletztenUnterredungensollennichtsehrerquicklichgewesen sein.Derarme Graf hattemitderSicherheitdesErfolges dieRuheverloren.

MancheberlinerExcellenzreibt dieHändeundgönntdemunbequem ErnsthaftendieSchlappe.Da aber Allesgelerntseinwill, auchdieDiplo- matie,dürfenwirvielleichtfragen,warum geradeGraf Posadowsky,derin Posen Landeshauptmannwar undalsStaatssekretärmitdenAngelegen- heitendes innerenReichsdienstesbeschäftigtist,mitdieserMissionbetraut werdenmußte. Daß unserBotschafteramwienerHof,alsKavalleristund Generaladjutant,für handelspolischeTransaktionen nichttaugt, istkeinzu-«

reichenderGrund.MußteesüberhaupteinMinistersein? Etwa,weilWitte selbstandieNordseegekommenwar?SergejJuljewitschkamnichtalsFinanz- minister (hättealsFinanzministerdenVertraggarnichtunterzeichnet),son- dernaufspeziellenWunschseinesKaisers,der denVertragsabschlußalsbe- sondereGefälligkeitvonihmerbetenhatte.Wittewußtegenau,daßerden fertigen Vertragheimbringenwürde;keinenRußland sehrgünstigen,doch einen,derseinemHerrn,rebus sicstantjbus, genügte.WosolcheGewißheit fehlt,empfiehltessich,höchstenseinenBotschafter,nichteinenMinisterder MöglichkeiteinerBlamageauszusetzenWenn man sieihm nicht wünscht.

KeineAngstübrigens!DerHandelsvertragmitOesterreichist so gut wiesicher.aneiden Reichenwarman vonvornhereinentschlossen,dieSchwie- rigkeitderVerhandlungkiinstlichzu übertreiben und einekurzeWiderspensti- genkomoedienichtzuscheuen.Sonst, dachteman, scheltenhübenund drüben dieAgrarier:thrhabt nichtlaut genugauf denTischgehauen.Jetzthatper- sönlicheVerbitterungdie Situation einBischenerschwert.DochAlles kommt inschönsteOrdnung. Spätestens,wenn der alteVertraggekündigtund den Wangenheimernbewiesenist, daßderMuthzumAeußerstennichtgefehlthat.

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ZuHaus istAllesschoninschönsterOrdnungDerlippischeThronstreit durchSchiedsvertragdemReichsgerichtzugewiesen;derMarmorfritzvonden Yankeesgnädigrezipirt;derRolanddesMeistersLeoncavalloinSicht.(,,Fin- denSieauch, daßeseinFehlerwar, denStoffvoneinemJtaliener kompo- niren zulassen?« SofragtederKaiser neulicheinenOperndirigenten;und fügtehinzu:»Wemsollteichihndenngeben,daWagnerundNeßlerdochtot sind?«)DieersteEtatsberathnng verliefimReichstagnochfriedlicherals sonst. HerrBebelhatteeinenschlechten,GrasBüloweinengutenTag.Der SitzungberichtverzeichnetdemKanzlermindestenszweiDutzendHeiterkeiten

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354 DieZukunft·

UndseineRedewar dennochvernünftig,nüchtern,sastvonallemPhrasenstuck frei.Nur über dieunwirksamenSchalmeientöne,die erden Britenblies, wird nochEinigeszusagensein.ImpreußischenLandtaggehtsnochgemüthlicherzu DieMehrheitapportirt,wasverlangtwird;imNusogardieHibernia-Vorlage.

DieKommissionhat sieschonangenommen;dasPlenumfolgtsogleich.Wer ließesicheinsoeinträglichesGeschästauchentgehen?Preußenzahltfiir27Mil-

-lionen Aktien 70 MillionenMark underhältdafürkeineinzigesRecht,keinen SitzinderVerwaltung,keineKontrolbefugnißAnVerstaatlichungistnichtzu denken,denndieMehrheit ist aufJahre hinausfestgelegt,und demMinister bleibtnur diehehrePflicht,mit demtheuer erkauftenStaatsaktienpostenden KursaufderwünschenswerthenHöhezuhalten.Bei derReichsbankzahlt dasprofanum vulgusund dieRegirungherrschtunumschränkt;beiderHi- bernialiefertdieRegirungeineMinoritätbetheiligungVon70Millionen und diePrivatverwaltungmacht,wassiewill. EinRiesenerfolgTheodorsdes Großen,dernochimmernichtverstandenhat,daßessichlängstnichtmehrum dieHiberniahandelt,sondernumeinenPosten unkluggekaufterBergwerks- aktien, nochimmernichtbegreift,daßdieGesellschaftihr bedrohtesLebenzu vertheidigenwagt,nochimmerdieLeitungderDresdenerBaukrühmt,dieihm zuerstdiequalifizirte,danndieeinfacheMehrheit verhieß,beideVersprechen nicht hieltunddasürErsatzeinesTheilesdermuthwilligheraufbeschworenen ProzeßkostenundaußerdemsastanderthalbMillionenanProvisionbekommt.

VonPreußen,nichtvonMöllerZrCoKeinverständigerMenschhättegeglaubt daßderLandtagdiesezweckloseVorlage annehmenwerde.Doch;einer:der verstorbeneHerrTertullian,derwohlfürähnlicheFälledasWortgeprägthat:

CI-edibile, quja ineptumest. KeinAbgeordneterzweifelt,daßesgeschei- terwäre,die dreiGewaltigen aus ihrem Aktienstoßsitzenzulassen.Aber:

»Wirkönnen derRegirungindieserSachekeineSchwierigkeitenmachen.«

Amen.Verstaatlichung?Wersprichtnochdavon?DerMinisterwilljanur,

»GewehrbeiFuß,abwarten,bis dieGemüthersichberuhigthaben".(Thomas Theodor sollteunsdenNamensvetter mit derGeduldflintezeichnen).Will einstweilen auchgarnichtinsKohlensyndikatWillnur die Aktienkaufen, damitnichtAnderederhohenEhretheilhastigwerden,süanahremindestens inhilfloserMinoritätzuschmachtenUnd diewürdigenVertreterdesPreußen- volkesstimmen begeistertzu...Cook oderStangen sollten Winterreisen arrangiren,um derMenagerieBourbon,denbudapesterWütherichenund wienerSchreihälsenzuzeigen,woderwahre Parlamentarismus blüht.

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KunstschaffenundKunstbesitz.

Kunstschaffenund Kunstbesitzkü

Ehesmöglichist, Kunstwerke hervorzubringen, hängtnichtinersterLinie vom Vorhandensein künstlerischerBegabungenab.Gäben diese den Aus- schlag, somüßtenüberall,woMenschenausschöpferischveranlagterRassewohnen, zujeder Zeit Kunstwerkeentstehenkönnen. DaßDiesnichtderFallist, lehrt einBlicküberLänderundZeiten.Esgiebtweite Gebiete, in denenMillionen Menschenausedelster Rasse hausenund·wodoch kein Bild, keine Statue,kein Gedicht,keinePartitur wächst. JmengernVaterland habenwirPunktewie Berlin,München,DüfseldorfmitfieberhaftekProduktion,daneben großeund reiche Städteundweite,gesegneteLandstrecken ohnejeglicheKunst.Undjen- seitunserer Grenzen giebtesungeheureLänder,von unserer Rasse bewohntund- doch völligohneKunstschaffen.

DasselbeSchauspielbietet einBlick über diewechselndenZeiten.Esgiebt Zeitalter,indenen einHochwalddenBoden deckt,derkurz vorherundbald nachher kahlundödedaliegtodernur von HaideundGestrüppverhüllt.Um 1510 hattenwirinDeutschlandMalerundBildhauer höchsterMacht; dreißig Jahre später gabesdeutsche KunstinihremSinne nicht mehr.

DieUrsachen dieser Erscheinunglassen sichzumTheil nachweisen. Daß esinSibirien nochkeineEntwickelungderkünstlerischenTalentegebenkann, ist leicht einzusehen.WirddorteinMenschmitgewaltiger Lebensenergiege- boren,sofindeteraufdemneuen Bodeneinso unermeßlichesGebietderBe- thätigungimpraktischenLebenundsowenigBedürfnißfürdieAeußerungenkünst- lerischenVermögens,daßseineKraft sichdennächstliegendenAusgabenzuwenden muß;erwirdKaufmann, Bergbauer, Ingenieur. Für Kunst giebtesnoch- keineMöglichkeit Schwieriger istes,dieUrsachenzubezeichnen,weshalbin einemVolk,dasgroßeKunst schonhervorgebrachthat,derSchaffenstriebein- schlafenkann. Man möchtean dieErfahrungendesLandwirthesdenken,der- äufdemselbenAckernicht aufdie Dauer dieselbeFruchtziehenkann.

Wie vielereichedeutscheStädteleben nochunterdemGesetzvonSibirienZ Esscheint,alsobdiePhysiologen NechthabemdiedasVorhandensein einerbesonderenArt derBegabung leugnenundalsungeborennurdieSchöpfer- kraft ansehen,die in einemZeitalterBildendeKunst,ineinemandernWissen-- schaft,ineinem dritten PolitikhervorbringtoderKrieg, HandeloderIndustrie organisirt. WohindieangeboreneKraft sichwendet, wirddanachvondenäußeren Umständenbedingt. DaßessomitderBildenden Kunstbestellt ist, unterliegt wohlkeinemZweifel.

ObKunstwerkemöglichsindundbegehrtwerdenundwer siebegehrt,wird- vom ZustandederGesellschaftbestimmt.

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He)AusdemManuskriptdesJahrburhesderHamburgischen Kunstsreunde.

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356 DieZukunft

EinJägervolk,einHirtenvolk,einVolkvonAckerbauernhaben für Kunst keinenBedarf. Sie entsteht erstinderStadt. JhreVoraussetzung istdie EntwickelungdesHandwerkesund dieTheilungderArbeit· DerJäger,der Hirt,derBauer könnenkünstlerischeAnlagen wohlalsDilettanten ausüben, abernichtentwickeln. DazubedarfesdergeistigenReibunginderEngedes städtischenLebens. Esgiebtnur städtischeKunst, selbst heute noch-

Jm" städtischenGemeinwesenwar dererste BesitzerundPflegerder KunstderPriester,derdemHeiligthum vorstand·Erblieblange auf diesem Platz, nachdemnebenihmandereMächteausgestandenund vergangen waren, inEuropabiszur-französischenReoolutionBiszudiesem Zeitpunktwar dieKirchedieHüterinallerlebendenKunst.SiebauteihreKirchen in dem Baustil,der derneustewar. DiemodernstenBildhauermeißeltenihreGottes-

«undHeiligengestalten,derMaler derneustenRichtungmalte ihre Decken und Wände undstellte seine frischestenBilder aufihreAltäre. DieEntwickelung derKunst vollzog sichamundimHeiligthum

EsisteinseltsamesundnachdenklichesZeichen, daß seitderfranzösi- schenRevolution dieKirche begonnen hat, sichvon derlebendenKunst zurück- zuziehen.SiewilldieKünstlernichtmehr voranführen,sondern bemühtsich, siein alteZeiten zurückzuleiten.Siebautihre Heiligthümerimromanischen odergothischenStil. Sie läßtdieWändeundAltäreinderFormen-und FarbenspracheeinerlängstvergangenenZeitausmalen undderBildhauer,der für sie schafft, muß sich bemühen,dieModellirungund dieFaltengebung mittelalterlicherVorfahrennachzuahmen. Fürdielebendige Kunst zähltdie Kirche heute nicht mehr.Sieistihr vielmehr feindlichgeworden,weilsievon denArchitekten,Malern undBildhauern,dieihrdienen,denArchaismus fordert-

Dasist für diese Künstlereinungeheures Hemmniß;denndie.seelische Unfreiheit,indersieschaffen,lähmt ihre Kraftundmacht sie,wiejede Nach- ahmung,imtiefstenGrundeunfruchtbar.Zahllose künstlerischeKräftewurden undwerden heute noch fürdasBedürfnißderKircheinderFormensprache vergangener Epochenerzogen· Vondereigentlich großen Kunstdesneun-

zehnten Jahrhundertsist dagegenimDienstderKircheüberauswenigent- standenund von denhöchstenKunstwerkendesneunzehnten Jahrhunderts besitztdieKirche fast nichts.

Unserer Kunst gingeinsderwerthvollstenGebiete verloren, alssieaus demHeiligthum weichen mußte.Diemeistenund diebedeutendstenKunst- werke desMittelalters undderRenaissancezeitsindimDienstederReligion entstanden.Dievon derKirchegetragene Kunst besaßEigenschaften,diespäter, unter derHerrschaftanderer Mächte,verloren gingen.

VomzwölftenJahrhundertaberhob sichalsSchützerderKunstund alsBesitzervonKunstwerkennebendemPriesterderFürstundtheilte diese

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