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Die Zukunft, 19. November, Jahrg. XIII, Bd. 49, Nr 8.

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XIIL Ochs-. Miit, Ins 19. November IMM- Uti8.

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Herausgeber-:

Maximilian Hardm

Inhalt:

IM- pas Ideal desUnterthanen-. vonTheodor Roosevelt ........XII-i AkalienikchePolitik von Napolcone Colajanni ...........255 Kdtm HmttlxsUtsthekik. VonKarl Jentich .....·........258 Unthrvpomvrplxigmum Vonpaul Julius Möbiui .. .......263 MarkyrichK VonEmilMarriot .............·.....Mk vieTrag-»die Vonwilhelm von Schock ...·..........MS Impuls-. Vonpluto ......................·.278 Ein Brief.......·......................Pl

Nachdruck verboten.

Erscheint jedenSonnabend.

Preis vierteljährlich 5 Mart, die einzelne Nummer 50 Pf.

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Berlin, den U. November 190«i.

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Das Ideal deS Amerikanersks MedesgroßeVolkverdanktseinengroßenMännern nichtnur die realen

Folgen ihrer Thaten,nichtnur dieGesetze,diesieentwarsen und zur Geltung brachten,oderdieSiege,diesieübermächtigeFeinde davontragen, sondernauchdenunberechenbargroßenidealen Einfluß ihrer Thatenund Worteauf denVolkscharalter.Man kannfürdieVereinigtenStaaten die realenErfolgeWashingtonsundLincolns nicht hochgenugeinschätzen.Ohne Washingtonwärenwirvielleichtniemals vonderbritischen Herrschaft frei- gekommenundsichernichteineiniges, großesVolkgeworden,sondernstets

nur einGebildevonkleinen, miteinanderinStreit liegendenStaaten ge- die)HerrTheodor Roosevelt istwiederzum PräsidentenderVereinigten Staaten gewähltworden. Seine Wahlwar nichteinenAugenblickzweifelhaft, dieseinesGegenkandidaten,desHerrn Parker, nichteinenAugenblick auchnur wahrscheinlich. Trotzdem lasen wir,derWahlkamps sei ungemein heftig, derAus- gangganzungewiß. Natürlich. Die amerikanische Presse hätte sich selbstum einenlohnenden Effektgebracht,wennsiegesagt hätte:Diesinal istdieEntscheidung totsicher.DieKlugheit gebot ihrunddenJobbers,zuthun,alshabe Parker große Aussichten;umdasoerchrlichePublikuminSpannung zuhalten.SolcheErwä- gungen sinddieUrsachevieleralarmirendenNachrichten. Merkwürdigistnur,daß diemeistenJournalisten sichdiesenStand der Tingegarnicht mehrklarmachen, sondern selbst die ersten DupenderGerüchtesind,diesie verbreiten. DasGehirn ist inbestimmteBahnen gewöhnt,dieBerechnung vollzieht sichbeinahe schonautoma- tischundtrittkaumnochiiberdieBewußtseinsschwelleSokonntemanauchdies- maloongescheitertundersahrenenZeitungschreibernundBörsianerndieFrage hören, obRooseoeltwiedergewähltundwelcheVeränderungenin deramerikanischenPolitik zu erwarten seien,wenn ernichtgewähltwerde.Beriissktankhcit9 Item, eristgewählt worden;niitungeheurerMehrheit.Undhier isteinArtikel,in demersagt,waser sur sein jungesundstarkesVolkwünschtundvonwelcherGefahreres·bedroht»sieht.

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DieZukunft.

blieben, wieesheutenochSüdamerika ist. OhneLincolnwärees unsviel- leicht-nichtgeglückt,unsereUniondurchzuführen;undwäreesgeglückt,dann hättederdazu unvermeidlicheKampfmitseinen Folgen sichtiefin die Ge- schichteunseresVolkeseingegrabem Doch nichtnur fürrealeVortheile sind wir diesen Männern verpflichtet. AußerdemVorrecht,einemfreien, geeinten fVolk, daseinenhalbenWelttheil besitzt,anzugehören,hatjederAmerikaner von WashingtonundLincoln nocheinideales Gutgeerbt.

Wirerbtennichtnur dasReich,dasmitHilfedieserMänner er- richtetundbefreitwurde: wirerbtenauchdasBesteundEdelfte,was ihr Charakter,ihrLebenzubietenhatte.DieKraftLincolns undseiner Zeit- genossenhatals Sklaven Geborenebefreit;unddieThatfache dieserBefreiung hateineweiterwirkendeeigeneBedeutung.WirerbtendenRuhm,dieEhre, dasWunder dieserThat.DasGlockengeläut,dasdieAusfertigungderBe- freiungaktegrüßte,dröhntinWhittiersOdenochnach.Wer erkannthat,was damals fürdasHeilderMenschheitgeschaffenwurde, wirdfein Herz schneller klopfenhören,alsesbei derErinnerungandiegrößteThat auf industriellem Gebiet oderaneinenanmindergroßemZiel erkämpftenSieg pochenwürde.

DieOffiziereund Soldaten, dienachlangenJahrenermüdendenLager- lebens,blutigen, hartnäckigenRingensdenBürgerkriegzu Endeführten,galten uns fast noch mehralsdasgeeinte Reich.Gewiß danken wirihnen,daß voai-AtlantifchenOzeanbiszum RioGrandedieselbeFlagge wehtunddaß inunserenStaaten eingroßes,einigesVolklebt; noch werthvolleraberals diese realenErrungenschaftenistderSchatz unsererErinnerungenandiesen schwerenFeldzug,anAlles,wasvon tapferenMännern imKampfum das Recht,um dasvon ebenfotapferenMännern für RechtGehaltenedamals geleistetwurde. DasLeidzuerst,dann derTriumphhat unserenSinn für das Guteund GroßeimLebengeschärftundveredelt.

UndwiedieThatendergroßenMänner, dieunserLand vorwärts brachten,so wirkenauchdieThatenDerer fort,die denFortschrittdesLandes zuhemmensuchten; jene heilsam,dieseschädlich.Von demgefährlichstenTypus bliebenwirzuunseremGlückverschont:niehattenwirgegendieMachen- fchxfteneinesehrsüchtigenmilitärischenAbenteurers zukämpfen,dersichan dieSpitzeeinerrevolutionären oderfraktionellen Bewegungzustellenver- mochte.Keine schlimmereGefahr giebtsfür einfreiesLandalsdieder Jugend gepredigteLehre:einerderWege,die zuErfolgundRuhm führen,sei

nur durch Waffengewalt,nur durchdenUmsturzderRegirungzuerreichen- DieseGefahr brauchenwirAmerikanernichtzufürchten;dochvonanderenfind wirbedroht.Stets habenwir gegen die bei Völkern undeinzelnenIndividuen herrschendeNeigungangekämpft,Dinge für höchstwichtigzuhalten,deren Be- deutunginWirklichkeitdochrechtgeringist. Jeder Erfolg scheintunswerthvoll;

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DasIdealdesAmerikaners. 253

aberwirschätzenihn oftzuhochein, weil wirvergessen,daßermit Mitteln erreichtwurde, diejeder redlicheMensch verabscheuenmüßte.Mancherunter unsverherrlichtdieSchliche,diegewissenloseMenschenin derfinanziellenund politischenWeltvorwärts bringen,alsZeichenbesonderer,,Smartheit«;Andere wiedervertheidigenGewalt, Mord, Anarchie.Wenn dieseAnschauungendie Mehrheitgewönnen,dannwären wirdesErbtheiles unsererVäter unwerth gewordenundunserLanddemUntergangegeweiht.

DasgrößteUnheil stiften nichtdieVerbrecher,diederallgemeinen Verachtunganheimfallen,sonderndieMenschen,derenHandlungenverbrecherisch sind,die abernicht verachtet, sondern bejubeltwerden. DasThunBenedilts Arnoldsh hatuns als Nation nichtvielSchaden zugefügt,daesJedermit Abscheusah..Vielmehr schadendie Leute, die, trotzdemsie Volksfeinde sind, sich geschicktinihren politischen Stellungen halten;dieunspredigen,man brauche seine Schulden nichtzubezahlen,inGeldsachen überhauptnicht ehr- lichzusein,unddiedennoch ihr Ansehen bewahren;dieanarchistischeLehren verbreiten,abernichtzurThatübergehen,alsoauchnichtdemGesetzver- fallen. Tausendewerdendurch solcheLehren auf Jrrwege geleitetunddie Verführerwerdennichtnur nicht bestraft, sondern oft sogar noch belohnt.

Nur allzu wahr istsleider: wie das Gute,wirktauchdasBöse,das Anderevoruns thaten,aufunsnach;undinbeidenFällen sinddieFolgen nichtnur materieller Art. DieFeindederöffentlichenOrdnung sinddurch ihr Beispiel mindestensebensogefährlichwiedurch ihre Thaten. Derge- wissenlose Spekulant,denbetrügerischeAusbeutung seiner Mitmenschenbe- reichert,dermitseinemGeldedieRichter bestichtunddasGesetz beugtund derimAlter dann dieEhre genießt,zuden Millionären gezähltzu werden, hateinenfchlimmerenEinfluß aufdaskommende Geschlechtalsdergewöhn- licheMörder oder Räuber:dennseinLeben blendetdurch äußerenGlanzund lockt zurNachfolge. Mancher Kaufmann,den dasStrafgesetz nichtzuer- wischenvermag,richtet mehr Schadenanalseiner,derabgefaßtwird. Der BerufsagitatormitseinenleichtfinnigenaufrührerischenRedenist nicht gefähr- licheralsderengherzige,egoistifcheKaufmann,derseineArbeiterinAbhängig- keithält,damitsie sichnichtgegenihnkoalirenkönnen.Werauf solchemWeg zumWohlstandgelangt, überliefertderNachweltmit derErinnerunganseinen NamenundseinHandelneintraurigesErbe.

Man kannnicht strenggenug über dieReichen urtheilen,dieunter NichtachtungallerPflichtennur darauf bedachtsind,Geldzusammenzuscharreu.

UnddieseMenschenmachen schließlichdenjämmerlichstenGebrauchvonihrem

alt)Kommandant desPutnam-Fort,derwährenddesUnabhängigkeitkrieges dieFestungdenbritischenTruppen durchVerrathaus-lieferte.

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25 I DieZukunft.

Geld. SiespekulireninEffektenundfaulen Eisenbahnobligationenzsiesichern ihren SöhnendieMöglichkeiteinesunnützenFaulenzerlebensoderkaufen ihren Töchternals Gatten irgendeinhergelaufenesSubjektauseinerinländischen oderfremdenFamilievonAnsehen. Solche Menschensindumsogefährlicher alssie sich meistmitblendenden Thaten spreizenz sie errichteneineSchule, geben großeSunmen für kirchlicheZweckeundrechnen, oftgenugnicht ohne Grund, darauf, daßihre sonstigeLebensleistungvonderthörichtenMengenun nicht mehr beachtetwird. DieseSorte bekümmertsichebenso wenigum den Arbeiter-, densieunterdrückt,"wieumden Staat, densiegefährdet.Ihre Zahl ist nicht groß; wohlaberistsdieSchaar Derer,diediesemTypus ähnelt.

Undje mehr sie sichihm nähert,einum so ärgererFluch ists fürdasLand.

Nichtganzso gefährlichsind dieMenschen,dienur materielleWerthe kennen undschätzen.Jhnen istdasGeld Alles.WassichnichtinGeldwerthum-

setzen läßt,würdigensie nicht.Siebegreifen nicht, daßeinDichter seinem Vaterland oft nützlicherseinkannalseinNägelfabrikant.Sie sehen nicht ein,daßdiereichsteHandelsblüthenichtüber denMangelan idealenGütern hinwegzutäuschen,nichtzurLösungdermächtigensozialenProbleme beizutragen vermag,mitdenensichdie ganzegebildeteWeltheutebeschäftigenmuß.Der naivle Materie-list ist ungemein kurzsichtig.

Esgiebt Menschen,denenHandelundBesitz wichtigeristalsLeben- undEhre, unendlichwichtigeralsidealesStreben,dasalleindochdieGröße einesVolkes verbürgt.Mit naiver Zuversicht glauben sie,der in ein Stück unversteuertenBaumwollstoffes gewickelteFriedensengel habedieMenschen- inständiggebeten,allihre KräftederBereitungvon Margarinezuweihen nndsieum einenViertelcentperFaß billigeralsderKonkurrent zuliefern;

oderderEinsuhrvonWollwaaren, diesicheinBischen billiger stellenals dasinländischeFabrikat. DieseMenschen sindedlerenMotiven unzugäng- lich; sie fühlen nichtsvon demPulsschlag,demdie WeltStaatsmänner, Patrioten,HeerführerundDichterzu dankenhatunddurchdeneine Nation- nochetwas Anderes wirdalsbloßeStaffagederErdkruste.

DieMenschen,diesich rühmen,einhoheskommerziellesIdealzu haben,bedenkennicht, daßsolches Jdeal schließlichsehr geringen Werth hatund- taß in keinemjämmerlichenRaubstaatdesMittelalters dasLebenarmsäliger gewesenseinkannalsdasDaseinvonMenschen,denenHandelundGewerbe AllesistnndfürdieWorte wie nationaleEhre, Ruhm, Muth, Tapferkeit,Treue nndSelbstlosigkeitjede Bedeutung verloren haben. Wenigeralsjekann ein VolkheutevonBrotallein leben. SparsamkeitundFleiß find nothwendige Dinge,abersiesindnichtallmächtig. UnserStreben für das»Wohlvon LandundVolkmuß auf Pfeilernaus edleremMaterial ruhen;dasHändler- interesse genügtnichtalsStütze.

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Jtalienisehe Politik. 235 DieMänner, denen unserVolkscharakterdenbestenTheil seiner Prägung zudankenhat, habenimmerauchmiträckichtlofesterOffenheitdieAuswüchse ihrer Zeit bekämpft.DiegroßenDichterundSchriftsteller habenvielfür uns gethan. Fastnoch mehr diegroßenRedner, derenzurFreiheit,Einig- keitundEhrlichkeitmahnenden Worte lautenWiderhall fanden.AmMeiste-c dieMänner,derenHandelnzuunssprachoder derenWorteeinebesondereWeihe undBedeutung dadurch srhielten, daßsievonMännern derThat gesprochen waren. GroßkanneinVolknur werden,wenn esThatkraft hatundwenn die Erinnerunganseine Vergangenheitausgesunden Wurzeln genährtwird.

Washington. TheodorRoosevelt.

»T- Jtalienische politik.

ÆlsderPräsidentderfranzösischenRepubliknach Romkam, wurdein To Europaviel über diepolitischeLage Italiens gesprochen.Sie erschien sehr günstig;unddiesesSchauspiel bestätigtedieMeinung, daßdiePolitik eines Landes von dessenökonomischenund finanziellen (an dieserUnter- scheidungmußichbestehen)Verhältnissenabhängigist. Unsere Finanzen sind gut; siehiben währendd:rletztenpaarJahreeineBlüthe erreichtwie in keinem anderen europäischenGroßstaat. Diese erfreuliche Thatfachewird—— wohl zu merken! nichtvon denJtalienern konstatirt. Sie,aufdenen,wie einAlb,nochdieErinnerungandieZeitderNothunddeshartenSteuer- drucles lastet, find durch natürlicheAnlageoderParteistellung eherzuSkepsis undSchwarzsehereigestimmt.JederGegnerderRegirung fürchtet,ein lautes LobderStaatssinanzenkönne dasMinisterium stärken,daserdochstürzen möchte.Nein: Fremdewaren es,Deutsche, Franzosen, Engländer,diemit aufrichtigerSympathie unsere Fortschritte auf diesemGebiet verkündeten.Alle stimmtenzuwohlivollendemUrtheilüberein. JchwillhierzunächstdenBe- richt erwähnen,denBoltonKingderRoyalStatistical SocietyofLondon

demerstenStatistischenInstitutder Welt-— imMärz1903über die ökono- mische,finanzielleundsozialeEntwickelungItalienserstattethat. Ausdemselben JahrstammtauchderReport desSirRennellNodd, Sekretärsderbritischen BotschaftinRom, deramSchlussesagt: »Die finanzielleLageItaliens war 1903nochgünstigerals1902. DieEinnahmenwurdengrößer,dieFehlbeträge geringer,derCouponwurde ohnefiskalischeVorschußleistungbezahlt,die Währungreformirt,dieKraftderEmissionbankengesteigert.DassindZeichen gesunderEntwickelung.DerhoheRentenstandund dieFestigkeitdesWechsel- kursesbeweisendennauch,wiedieKreditfähigkeitItaliens bewerthetwird.«

RoddsUrtheil spricht fürdieMeinung unseres FinanzministersLuzzatti,die KonversionderRente (von5auf31X2Prozent)wärebequemdurchzuführen gewesen,wennderasiatischeKriegnichtdie Märktebeunruhigt hätte.

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256 DieZukunft.

Den Finanzen gehts also gut. AuchderVolkswirthschaft?Viele Gründe- wären gegensolcheBehauptung anzuführen.Wenig Privatreichthum, geringe Ersparnisse, knapper Konsumvon Brot,Fleisch,WeinundanderenMassen- odergarLuxusnahrungmittelmDassindnichtdieSymptome gesunderVolks- wirthschaft. Doch auchda wirdsallmählichbesser.DieamtlichenVeröffent- lichungenderZoll-undSteuerbehördenbeweisenes. KonsumundErspar- nisse wachsenundPfändungenwegennicht gezahlterSteuern werdenseltener.

Steigender ImportvonKohleundSchafwolle, sieigenderExportvonBaum- wollfabrikatemlautererfreuliche Zeichen,diesich, je mehrderSteuerdruck weicht, häufenwerden. Understindieser Zeit finanziellenund wirthschast- lichen AufschwungeskonnteItalien sichwiederFrankreichnähern.

DieFranzosen,diesichimAllgemeinenumdiewirklichenVerhältnisse fremderLänderwenigkümmern,haben sichJahre langeingebildet, unser ökonomischesWohlergehenhängevonihremgutenWillen,vonderedelmüthigen Gewährungihrer Hilfeab. Manchmal glaubtensie,uus mitderHunger- peitschestreichelnzukönnen,und führtenanderpariser Börsegegenunsere RentenundIndustriepapiereeinen erbittertenKrieg.Sieverkauften italienische undkauften dafür russischeWerthe;derVortheil dieses Tauscheswirdnicht allzuVielenmehreinleuchten. Härtenwirnun früherdiealteIntimität wiederherzustellenversucht,dannwärenwirvonmanchenFranzosen fürBettler gehaltenworden, die einAlmosen suchten. IetztkonntedieserVerdacht nicht aufkommen. WirbrauchenvonFrankreichkeineUnterstützungmehr. Deshalb konnte Loubetvon unsmit demgehörigenPrunk empfangenwerden,ohne daß dieCassagnac,Drumont undAndere, deren Klerikalismus dasvomPapstjoch

«befreite Italien haßt,darobdieNase riimpften.DiebeidenNationen ver- kehrenauf dem FußderGleichberechtigungDaßderBesuchdesPräsidenten dieStetigkeitderFriedenspolitikverbürgteund,für gefühlvolleSeelen,die InteressengemeinschaftderlateinischenRasse bestätigte,wirktenicht so stark wiedieThatsache, daßderRepräsentantdesallerchristlichstenStaates, als Gast unsre-esKönigs,denVatikanmied. WiederwardamitItaliensHoheit- rechtüber Romanerkannt. Und derJubel,der Loubetgrüßte,sollte zugleich, wie inWienrichtigerkanntwurde, demKaiser Franz Joseph zurufen:Du hättestgutgethan,unsebenso höflichentgegenzukommenwiediesereinfacheBürger!

UnsergrößtesGlückist,daß wir dieGroßmannssuchtunddieimpe- rialisiischenAnwandlungen losgewordensind,dieCrispis letzte Herrschaft so verhaßtmachten,undvon dunklerReaktion aufdenhellen WegzurFreiheit gelangt sind.Ohnediebei AbbaGarima erlittene Niederlagewärenwir freilich nicht soweitgekommen. Crispi hättebiszuseinerletztenLebens- stundedieMacht behaltenundder unersättlicheMilitarismus hätte nicht

nur diespärlichenFreiheitreste vernichtet,sondern auchdie materiellen Grund-

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Jtalienifche Politik. 257 lagen unserer Volkheit völlig zerstört. Jeder Jlalienernähmezwarschwere Opfer auf sich,wenn dadurch die Schmachvon AbbaGarima weggewischt würde; doch sollman nicht leugnen,daßauchindiesem Fallaus Ueblem Gutes erwachsenist. Wie demPreußeneiner kränkelndenZeit,war auchuns- einJenanöthig. Dabeidarf nichtvergessenwerden,wieRühmlichesdie VolksparteienimKampfgegen dasMinisteriumdesGenerals Pellouxgeleistet haben,noch,daßnachderErmordungdesKönigsUmberto, die eineneue- Reaktionherauszuführendrohte,Saraeco mitseiner ruhigen Zäl)igkeit,seinem festen Glauben an dieWirksamkeitliberaler Einrichtungen,von denenwir seitJahren entwöhntwaren, demLandeeinennichthochgenugzuschätzendens Dienst erwiesen hat. Undfast ohne Beispielwar derAnblick, denuns der- jungeViktor Emanuel bot, alser,trotztiefsterseelischerErfchütterung,in zuversichtlicherTreue,ohnezuschwanken,zu demaltenMinister stand.

Wird derFortschrittnun weiterführen?WerdieLage nüchternbe- trachtet,wirdfinden, daßnicht eigentlichvon Fortschritt, sondernnur von bewußterFestigungalten Besitzesgeredetwerdendarf. AufeinemGebiet nur gehts wirklichvorwärts: RegirungundherrschendeKlassen sind entschlossen, dassüdltcheProblemzu lösen unddieregionalen Unterschiedezumindern oder ganzauszumerzen.Jni Uebrigenwaltet Ruhe.Dieabernichtewigdauern kann. Wirstehenvor derNothwendigkeit,dieEisenbahnenzuverstaatlichen.

DergrößteTheil gehört schondemStaat und derPrivatbeirieb hat sich überall,nachderAnsichtdesPublikumsundderBahngesellschasten,alsun- haltbarerwiesen. Nur: dieRegirung brauchtzurVerstaatlichungeine Mil- liardeLirezundderenBeschaffung,diejaansiehnicht schwerwäre, würde die vielleichtnoch wichtigere Steuerreformabermals inweiteFerne rücken. NochAnderes istzuerwarten. Wenn derneue Papst,wieerin nnklarcnSätzenManche hoffen, Manche fürchtenlief-,dieberühmteWeisung

»Nonexpedit« aufgiebt,dannwürdendieKlerikalen künftigmitwählenund wirständenvor einergänzlichenUmbildung unseres politischenParteiwesens.

Schon jetzt hatdasWesen einzelnerParteien sichunter derschützenden Deckemerkwürdiggewandelt. AufdemParteitaginBologna (wo,wenn

man demunaufrichtigen Geschreiderfraktionell Eingeschultenglaubenwill, derEinheitgedanketriumphirt hat)istdieSpaltungdesSozialismus offen- bargeworden;undderGegensatzzwischendenAnhängernderRevolution UnddenenderEvolution hatdiePartei beträchtlichgesch.vächt.Zufchrillem Ausdruckwirderfreilich erstandemwohl noch sehrfernenTagkommen, woman sichzur,,Vergesellschaftlichung«derProduktivmittel entschließt;schreiten dieEoolutionistenaberaufdembishergemiedenenWegweiter vor,dannist ihre Trennungvonderrevolutionären Partei unvermeidlichundsie müssen frühoderspätdieReihenderbürgerlichenDemokratie stärken,die mitihnen

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258 DieZukunft.

diepolitischtüchtigstenVolksmassengewönneundihremProgrammden lebens- sähigenökonomischenInhalt gebenkönnte, derihm schon allzulange fehlt.

Solche ErstarkungdesbürgerlichenRadilalismus würde alleaufeine moderne Steuerreformundaus dieMinderungderMilitärlast zielendenPläne fördern unddiepolitischenFreiheiten verbürgen,die, trotzdenlobensroerthenLeistungen desMinisteriums Giolitti, nochimmer nichtunzweideutiggesichertsind.

Neapel. Professor Napoleone Colajanni.

DieserArtikel(den Fräulein ElsaNeumann ausdemManuskriptübersetzt hat)wurdegeschrieben,bevorderMinisterpräsidentGiolictidasParlament aufgelöst hatte.Erthats,weiler,nacheinerReihe unklug begonnenerunderfolglos gebliebener Strikes,dieSozialdemokratie schwächenzu könnenhoffte. DieseHossnungwardnur zumkleinen Theil erfüllt. Jn denHauptstädteusinddieSozialdemokratengeschlagen worden, aberdieZahlderfür sie abgegebenenStimmen ist gewachsen; fürdieStich- wahl hatten sie,wie derAbgeordnete Colajanni empfahl,mitdenradikalenBürger- parteienein Kartellgeschlossen.DieneueKammer wirdnichtwesentlichandersaus- sehenalsdiealte.ImmerhinhatHerr Giolittieinesehr große,fürs Erste wohlauch sichereMehrheitunddenTrost, daßdierotheFraktion ihmimParlamentkeineernste Schwierigkeitbereitenkann.Colajannis Prophezeiung,andernächstenWahlwürden dieKlerikalenmitwirken,istWahrheitgewordenDerPapsthat,einstweilennur ofsiziös, denFrommendasWählenerlaubtundin Romwurdensogar Priesterander Urne erblickt.DasisteineEtapeim LebendesJtalerstaates. Bisher durftendieGegner derPapstmachtungestörtdiepolitischen Geschäftebesorgen;nun ordnetundrüstet auchdasschwarzeRomdieReihenzumKampf.VielleichtdrängtedenschlauenGio- littizurAuflösungwenigerdieFurchtvorderSozialdemokratiealsderWunsch, seinneuesParlamentzuhaben, ehediePäpstlichenmitihrer Wahlvorbereitung fertig sein könnten.DasHinderniß,dassichdemKonoertirungplandesFinanzministers entgegenstemmte, scheintHerr ColajanniansalscherStelle zusuchen. Trotzdem Asiatenkriegwäre dieKonversionderitalienischenRentemöglichgewesen,wenn die pariserRothschildsihr nichtmiteinemMachtwort widersprochenhätten.

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Adam SmithS Aesthetik.’««)

MkvollkommensteNachahmungbestehtdarin,daßeinzweiterGegenstand der selben Arthergestelltwird,der demersten,dem Urbilde, vollkommen etc)AusdemBuch ,,Adam Smith«,dasHerrKarlJentschindiesenTagen, alseinenBandderSammlung,,Geisteshelden«,beiErnst HofmannFr Co.in Berlin erscheinenläßt.DemZeitungpublikumistderBegründerderVolkswirthi schaftlehrebisjetztimmer nur voneinerSeite undunter möglichstschieferBe- leuchtung gezeigtworden. Jentschs Schrift stellt den vielseitigenMannin ganzer Figurundohnefälschendeparteipolitische Beleuchtungeffektedar.Unterdenphilo- sophischenAbhandlungenSmiths, dienach seinemTodeherausgegebenworden sind,"isteine»dennachahmendenKünsten« gewidmet; ihr Inhalt wirdindem hier abgedrucktenBruchstückangegeben.

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AdamSmithsAesthetik. 259

gleich ist. Magnun auchderzweiteGegenstandso schönsein,wieerwill:

darum, weilerNachahmung ist,wirdernicht höher geschätzt.Beieinem Gegenstandefür den Alltagsgebrauch,etwabei einemZimnierteppich,begründet eswenigstenskeinen Tadel,daßernicht Original ist. HätteabereinArchitekt einezweitePeterskircheodereinezweiteSankt Pauls-Kathedralegebaut,die einsklavischesNachbilddesOriginalswäre, so würdeman ihnwegen seines gänzlichenMangelsanGenieundErfindungsgabeverachten. Vollkommene Gleichheit zweierGegenständewirdmitunter alseinwesentlicherBestandtheil derSchönheitgeschätzt:wenn nämlichdiese Gegenständedierechteunddie linkeHälfteeinesOrganismus,eines LeibessindunddurchldieGleichheit dieSymmetrie hergestelltwird. Aehnlichverhältessichmit denzweiPferden einesGespannes. Betrachtetman jedes der beidenPferdefürsich, so gewinnt seine Schönheitdadurch nichts,daßeseinemanderen gleicht;anders istes, wenn siezu einemGanzen vereinigtsind.AuchbeimSchmuckeinesZimmers lieben wirSymmetrie;wirhängen,zum Beispiel,ingleicher Entfernung vonderMitte einerWandBilder von gleicherGestaltundGrößeauf,wo- möglichauchBilder, die verwandte Gegenständedarstellen; zwei Landschaften, zwei religiöseBilder, zwei Bacchanale;nur darf hierdieUebereinstimmung nicht zu weitgehen;niemand wählt fürdie linkeSeite eineKopiedertie rechteSeite schmückendenLandschaft. Kopienwerden überhauptumihrer AehnlichkeitmitdemOriginalwillengewöhnlichnur.dann geschätzt,wenn sessichum dieNachbildungvon WerkenberühmterMaler handelt.

Manchmal liegtderWertheinerNachahmungdarin,daß sieeinen GegenstanddereinenArteinem Gegenstandganz anderer Art ähnlicher

scheinen läßt,etwa-Leinensofärbt,daßeswieWolleaussieht. Darauf

nun beruhtdieSchätzungderNachahmungbei dennachahmenden Künsten.

Der Maler ahmt aufeinerFlächeGegenständenach, die drei Dimensionen haben,undderBildhauer stelltdieabgebildetenGegenständezwarkörperlich dar, aberaus einemStoff,dervon demdesUrbildesdurchaus verschieden ist. Gerade dieseVerschiedenheitscheintDaszusein,wasunserWohlge- fallenerregt; odervielmehrdieUeberwindungderSch.oierigleit,die sie dem Künstlerbereitet. Bei Gemälden kanndieNachahmung auchdann gefallen, wenn derabgebildeteGegenstandunbedeutend odersogar häßlichundanstößig ist. Skulpturen gefallen selten,wenn derGegenstandweder erhaben noch schönnoch interessant ist. KüchengeräthesindkeinSujet fürdenBildhauer.

Der Maler mageinenbuckeligenAesopdarstellen;undauchdie Niederländer machenuns Vergnügen,dieunsgemeinesVolkbeigemeinenVerrichtungen zeigen;demBildhauer ziemennur Götter undGöttinnen,vollkommenschöne Menschenleiberinedler Haltungoder«malerischerStellung. DerGegsn- standderSkulptur bringtesmit sich, daß,wenn überhaupteine, keine

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