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Stahl und Eisen, Jg. 43, Nr. 2

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Geschäftsichrer der

■ Q X T I M Ü I H 1 J J L U N D i U J L 1 J J J j I ft m 1 I ] 911

geschäftsiühr ndes

Nordwestlichen Gruppe a 1 I I l M U Vorstandsm i gl ed des

des Vereins deutscher f t I & J Vereins d u tscher

Eisen und S ta h l- , _ _ —^ , . _ _ . _ — . ™ w Eisenh itte n —

industrieller.

Z E IT S C H R IF T

FÜR DAS D E U T S C H E E IS E N H Ü T T E N W E S E N .

Nr. 2. 11. Januar 1923. 43. Jahrgang

Deutsche Wirtschaftsfragen.

Von Generaldirektor Dr. A. V ö g l e r in D ortm und1).

I | i e europäische W irtschaft liegt in dauernden Krisen. Am stärksten werden von diesen naturgemäß die unterlegenen M ittelmächte betroffen, und unter diesen wieder infolge seiner stark indu­

striellen Struktur Deutschland. N icht die schweren Kriegsschäden sind die eigentlichen Ursachen, es ist vielmehr die brutale, verständnislose M achtpolitik der Nachkriegszeit, die der w irtschaftlichen Entw ick­

lung des K ontinents Gewalt antut und die politischen Umwälzungen in dauernde w irtschaftliche festlegen w ill. D ie Veränderungen, die m it der europäischen und insbesondere m it der deutschen W irtschaft unter diesem Druck in den letzten Jahren vor sich gegangen sind, kann man in ihrer Tragweite noch gar nicht übersehen. W ie viele lebenswichtige Nervenstränge unseres W irtschaftslebens schon zerrissen sind, ist schwer festzustellen, und doch müssen wir immer wieder versuchen, die Grundlagen unserer W irtschaft zu erkennen, um nach M öglichkeit die W eiterent­

wicklung vorauszusehen und sicherzustellen. Nur eine oberflächliche Betrachtungsweise kann be­

haupten, unsere W irtschaft sei gesund geblieben. D ie dauernden im perialistischen und sozialistischen An­

griffe haben vielmehr gerade die Stützpunkte, die Grundpfeiler schwer getroffen.

Ich w ill versuchen, an Hand von bildlichen D arstel­

lungen Ihnen diese Tatsach e v or Aug en zu führ en. D ie Karten sind seinerzeit aus anderen Gedankengängen entstanden. Als die Frage der Bezirkswirtschafts­

räte zur Beratung stand, habe ich Herrn Professor T ie s s e n von der Berliner Handelshochschule ge­

beten, einen Versuch zu machen, die Gliederung unseresW irtschaftslebens kartographisch darzustellen.

In Verbindung m it den Verkehrskarten von Tiessen ist es möglich, sich einen E inblick in die Struktur der deutschen W irtschaft zu verschaffen und zugleich w ichtige Aufschlüsse der V eränderung derW irtschafts- lage zu erkennen. Ich kann Ihnen nur einige wenige K arten vorführen. Insgesam t sind etwa 200 ent­

worfen. V ielleicht g estattet es eine spätere Zeit, sie zu einem deutschen W irtschaftsatlas zu vereinigen.

D ie natürliche Grundlage jeder W irtschaft ist der B oden m it seinen organischen und anorganischen Erträgnissen. D ie Erde hat eine unangenehme E igen­

1) V ortrag vor der H auptversam m lung des V ereins deutscher E lsen h ütten leu te in D üsseldorf am 26. N o ­ vember 1922.

schaft: sie wird nicht größer! Insbesondere wir Deutschen sind durch den Kriegsausgang auf noch engeren Raum zusammengedrückt als vorher. Unter den großen Völkern hat das unsrige den w enigsten Platz. E in Grund m it, daß wir den Krieg verloren haben, unsere Ernährungsbasis war zu schmal. Der deutsche Boden ernährt nur 70 % der Bevölkerung.

Der R est, rd. 20 Millionen, muß die Nahrungsm ittel von anderen Ländern zugeführt erhalten. D as ist nur möglich im Austausch gegen Industrieerzeugnisse.

Der Bodenertrag bestim m t also das Verhältnis zwischen Binnenwirtschaft und Außenhandel. D a unsere Bodenfläche in wichtigen landwirtschaftlichen Gebieten geringer geworden und ferner der Boden­

ertrag zurückgegangen ist, sind wir gezwungen, unsere Ausfuhr zu steigern. Aus den verschiedensten Grün­

den ist dies von uns verabsäum t worden, und so sind heute schon M illionen Menschen in Deutschland am Hungern. D ie privaten und sozialen Rentner, große Teile des M ittelstandes, viele Angehörige der freien Berufe wissen nicht mehr ihren Lebensunterhalt auf­

zubringen. Ob unser Volk überhaupt auf der jetzigen Ernährungsbasis in seiner Bevölkerungshöhe zu erhalten ist, kann zw eifelhaft erscheinen. E s hängt davon ab, wie w eit wir den Bodenertrag steigern und den Fehlbetrag durch Stärkung unserer industriellen Erzeugung decken können.

Zu den Karten selbst ein paar aufklärende W orte.

Der schwarze Kreisausschnitt ist immer der gebende, der weiße der empfangende, der schraffierte Sektor der lokale Verkehr innerhalb des betreffenden W irt­

schaftsgebietes. D ie an den Kreisen stehenden Zahlen bezeichnen die Verkehrsbezirke nach folgender E in ­ teilung (s. Seite 34).

W elche E inschnitte die Abtrennung lebenswich­

tiger Gebiete in unserer Gesam twirtschaft hervor­

gerufen hat, veranschaulicht der Güterverkehr in einem unserer Hauptnahrungsm ittel, der K a r t o ff e ll).

r) D er V ortragende ze ig te nunm ehr im L ich tb ilde eine A nzahl überaus bem erkensw erter K arten über den V erkehr w ich tig er N ah ru n gs- und R oh stoffe sow ie I la lb - und F ertigw aren , w ie K a rto ffeln , G etreide, Zucker, H olz, K ohlen, E rze, Schrott, Zement, T extilw aren , R oh­

eisen und E isen - und Stahlerzeugnisse. D ie K arten eign en sich in dem k leinen F orm at dieser Z eitsch rift leider nur teilw eise zur W iedergabe. D ie erläuternden Bem erkungen w erden aber auch w ohl so den inneren Zusamm enhang einigerm aßen verständlich machen.

5

(2)

fíptne/deand ATedi im./anre Z973-

>im Jahre

^ 50000 • 75000-u .s.n . --- anstatt rostarker Limen • r/sMion Tonnen Vpnkphnsoezirke■

Qjn/and ír

% Ausland 34 Stah l und Eisen.

D eutsche W ir ts c h a fts la g e n .

43. Jah rg. N r. 2.

I n l a n d l a P r o v . O s tp r e u ß e n l b P r o v . W e s t p r e u ß e n 2 a O s t p r e u ß i s c b e H ä f e n 2 b W e s t p r e u ß i s c h e H ä f e n 3 P r o v . P o m m e r n 4 P o m m e r s c h e H ä f e n _

5 M e c k l e n b u r g - S c h w e r i n u n d - S t r e l i t z 6 H ä f e n R o s t o c k b i s F l e n s b u r g 7 P r o v . S c h l e s w ig - H o l s te i n 8 E l b h ä f e n

9 W e s e r h ä f e n 10 E m s h ä f e n

11 P r o v . H a n n o v e r , O ld e n b u r g 1 2 P r o v . P o s e n

13 R e g .-B e z . O p p e ln 14 S t a d t B r e s l a u

1 5 R e g .-B e z . B r e s l a u u n d L i e g n i t z

16 B e r l i n u n d V o r o r te

17 Prov. Brandenburg « „ u - it iS R e z -B e z M agdeburg u nd A n h a lt 19 Reg.-Bez'. M e rse b u rg und T h ü rin g e n f ? | “ v SeH e sse n -N a ssa u u . O b e rh esse n 22/£ £ t r g Wees tfa le n und L ippe

25 R heinprovinz recht» d e s ü ^ ® 1 26 R heinprovinz lin k s d es R hei 27 S a a r g e b ie t

28 D u is b u rg -R h e in h a fe n 29 L oth rin gen 30 Elsaß

31 B ayerisch e r t a iz

32 H essen (a u ssch l. O berhessen) 34 M a n n h eim u n d T u <lw igsharen 35 W ü r tte m b e r g u n d H o h e n z o lle rn 36 Südbayern

37 N ordbayern

A u s l a n d 5 0 R u ß l a n d

51 P o l e n 52 G a l i z i e n 5 2 a R u m ä n i e n 53 U n g a r n 5 3 a S e r b i e n 64 B ö h m e n

55 D a s ü b r i g e O e s t e r r e i c h 66 S c h w e iz

57 I t a l i e n 58 F r a n k r e i c h 59 L u x e m b u r g 60 B e l g ie n 61 H o l l a n d 6 2 E n g l a n d 63 S c h w e d e n 6 4 D ä n e m a r k

Die Karte zeigt, wie stark der ostwestliche Ver­

kehr gewesen ist. Ost- und Westpreußen sind von der größten Bedeutung für die Belieferung großer deutscher Gebiete gewesen, insbesondere haben Sachsen, Berlin und der Ruhmezirk aus ihnen die Kartoffeldeckung erhalten.

Vergleichen Sie nun die Karte des Kartoffel- verkehrs der Nachkriegszeit. Sie sehen, daß die Ver­

kehrslinien fast ganz aufgehört haben.

Ein ähnlich trauriges Bild gibt der G e t r e i d e ­ v e r k e h r (Abb. 1). Auch hier sind es die uns ent-

geben, daß wir im nächsten Frühjahr die Einfuhr noch bezahlen können?

E s besteht eine U nsicherheit in unserer wichtig­

sten W irtschaftsgrundlage, der Ernährung, wie sie stärker kaum sein kann. _ _

Noch einen anderen w ichtigen Vergleichspunkt bieten die Karten des Getreideverkehrs der Vor- und N achkriegszeit. D ie erste Karte zeigt Wirtschaft ich gut gegliederten Verkehr m it zahlreichen starken Transporten auf kurze Entfernungen. D ie Nach­

kriegszeit hingegen w eist eine völlige Zerfaserung

7.913 insgesamt:

Betastung npr kerkehnsheoirke nach Sfußm 7.5his¿,5M t im Jahre nrhivto WisZS £mzioka/-kerkehr óisOó 1 ¿ k ' ¿É&. /fM^yAustand-irn/fang

© ff? WU Jn/and^LL\ -fersand

Tersand jn/and-fm/fong 7/treise Gpsamtoe/astung. Ad 73 W /Ł L

Abbilduno- 1. Eisenbahnverkehr in G etreide und Mehl 1913.

rissenen Gebiete in Ostpreußen und Posen, die in größtem Umfange Getreide in die vorhin genannten Bezirke lieferten. Große Mengen gingen auch über See nach Westdeutschland in die dichtbevölkerten Gegenden des Industriebezirks. Ganz anders das B ild aus dem Jahre 1918 (Abb. 2). Die starken Zu­

fuhren aus dem Osten sind zu dünnen Linien zu­

sammengeschrumpft. Das charakteristische Merkmal beider Verkehrskarten der Nachkriegszeit ist über­

haupt die wesentliche Verringerung des Verkehrs.

Der Umschlag ist um 30 % zurückgegangen. Die Einfuhr muß also verstärkt einsetzen. Wer kann aber bei der völlig entwerteten Mark die Gewißheit

des Verkehrs auf. D ie Zw angsbewirtschaftung hat noch nicht aufgehört. Man bedenke nur, welches Beamtenheer erforderlich war, um diesen Wirrwar an­

zustiften! D ie Verkehrslinien gehen w ild durch­

einander: man nennt das organisierte W irtschaft.

Nach dem organischen einen kurzen B lick auf den

anorganischen Ertrag des Bodens. Hier steh t in der

Bedeutung für uns die K o h l e b ei w eitem an erster

Stelle (Abb. 3 und 4). D ie Karten des Verkehrs von

Kohlen und Koks 1913 zeigen, von w elchen Quellen

aus die K ohle der deutschen W irtschaft zugeführt

worden ist. D as B ild veranschaulicht, wie kaum ein

anderes, die inneren Zusammenhänge der deutschen

(3)

11. Januar 1923. D eutsche W ir ts c h a fts fragen. S ta h l und E isen . 35

W irtschaft: Oberschlesien, der Kräftespeicher für das östliche Deutschland bis hin zur Elbe; an der E lblinie trifft sich die oberschlesische m it der eingeführten englischen K ohle, und hier liegt auch das Grenzgebiet

befördert nicht unerhebliche Mengen. Von den K anälen fällt der D ortm und-Em s-Kanal ins A uge, der ja die kürzeste Verbindung aus dem Ruhrbezirk nach den deutschen Nordseehäfen darstellt.

757B insffesamt.

ße/asrurro der kerkednsbezirke nach Stufen:

Vbis2,5M///.Iim Jahre

»¡o ns 0jdhi37/t ZhdsV gm^iokai-herkehr

Ws W? ^ y Jn/and " -kersand

kersand Jrr/and-fm/ytttng

2k 77 O O kreise

Gesamtoe/astuna - 72.ee hti/t. l --- 7000hiS250001

---25000 - 50000- 50000 ■ 75m -U S. H!

anstatt Wstarker iinien = 7/zMit/ion Tonnen kerkehrsbezirke:

O Jn/and

QAustand Qdt

Abbildung 2. Eisenbahnverkehr in G etreide und M ehl 1918.

für die R eichw eite der Ruhrkohle. Das natürliche Versorgungsgebiet der Ruhr ist der Nordwesten und Norden Deutschlands. Ferner hat die Ruhr seit alters her die Gebiete der südwestlichen Eisenindustrien

D ie Kohlenwirtschaftskarte des Jahres 1913 gib t Ihnen nochmals einen U eberblick über den Gesamt­

verkehr. E s zeigt sich ein wohldurchdachtes Linien­

system . D ie frei organisierte Privatw irtschaft h at

ßeutschtands fisenbahntransnorfe non 2oh/e und koks tm Jahre 727.3.

70000bfs50000l

iinien = 7/Oittion tonnen.

kerkedrsbezirke O Jn/and

@Aus/and (Q).koh/enreeier

* 21B0AH//.1 ße/asruna der kenkennsoezirke naorStufen:

aber 50 Miii. I im Jahne

^ S T ^lo ka t-kerke h n W H M f m A u s / a n d - f r n tf

.//7/S7S7/

7S73 insgesamt:

Jn/and-'mä'\ , ." . kersand Jn/and-£m/7fang

7 kreise Gesamtbe/ashmo■ 755.20Mii/. I

J A bbildung 3. E isenbahnverkehr in K ohle und K oks 1913.

gespeist. Die Saar war die Energiequelle für Süd­

deutschland..

D as nächste Bild zeigt uns eine D arstellung des B i n n e n w a s s e r s t r a ß e n v e r k e h r s . D ie gewaltige Verkehrsader des Rheins hebt sich heraus, gleich maßgebend für die E in- und Ausfuhr. Auch die E lbe

unter Ausnutzung jedes w irtschaftlichen V orteils eine Planw irtschaft geschaffen, w ie sie- der Büro­

kratismus wohl ersinnen, niem als aber erreichen wird. E in klassisches B eispiel, w ie eben d ie Privatw irtschaft in freier B etätigung die G esam t­

entwicklung der V olksw irtschaft zu sichern ver-

(4)

D eu tsch e W ir tsc h a fts fra g e n . 43. Jah rg. N r . 2.

36 Stahl und. E i s e n . ___________________________________

, • , • + „¡„Vit inußte denn auch in demselben V erhältnis die Güter- mag. W ie . es in Zukunft werden wird, erzeugung sinken. D iese Abnahme der Gütererzeu-

abzusehen. . , „ deutlich in den Güterverkehrszahlen

Ä t S S Ä » - A u sd iu e l: die auf d e u « e »

Belastung Jpp kerkeheshprirke nach Stufem . „ überSO M f/t.i /m Jahre 706/sSO gm srLokal-kert/ehr

W mmtAus/and-Erngf.

" -fers, erfand Jn/and-Em pfagt^

7/tre/se P p sa m tb e /a s tu n q jjll? ,^ ^ !//^

Abbildung 4. Eisenbahnverkehr in K ohle und K oks 1918.

herbeigeführt. Dieses für alle Teile nützliche Wirken ist m it dem nach der R evolution einsetzenden Rück­

gang der Erzeugung in Frage gestellt. D ie Erzeugung sank in Deutschland m it einem Schlage um 30 %.

Eisenbahnen umgeschlagene Gütermenge ist von 500 Mill. t im Jahre 1913 auf 320 Mill. t im Jahre 1920 zurückgegangen. W ie sehr die Kohlenbewirt­

schaftung die Zahlungsbilanz beeinflußt, hat mein

Abbildung 5. Eisenbahnverkehr in Eisenerz und Sehrott 1913.

Das war das erste greifbare Ergebnis des Sozialismus.

Zwischen dem Rückgang der Kohlenerzeugung und dem Rückgang des gesamten volkswirtschaftlichen Ertrages besteht nur eine feste innere Beziehung.

In Deutschland ist die Kohle Vorbedingung jeder Arbeit, und m it dem Rückgang der Kohlenförderung

Kollege B r a n d i kürzlich zahlenm äßig nachgewiesen.

22 Mill. t Förderausfall verdanken wir den Eingriffen

des Vielverbandes im Osten und W esten; 27 Mill. t

fehlen uns durch die geringere A rbeitsleistung trotz

wesentlich erhöhter Belegschaft. Sie sehen, wie

Imperialismus und Sozialismus sich in der Gefahr­

(5)

11. Januar 1923. D eu tsch e W ir tsc h a fts fr a g e n . S ta h l und E isen. 37

dung unserer W irtschaft ergänzen. Im Jahre 1913

■war die Kohlenwirtschaft m it 430 Mill. Goldmark aktiv, im Jahre 1920 m it 500 Mill. Goldmark passiv.

Der Fehlbetrag in der Kohlenwirtschaft beläuft sich m ithin auf rd. 1 Milliarde Goldmark.

E s ist daher wohl nicht zuviel gesagt, wenn fest­

gestellt werden muß, daß auch die zw eite Grundlage unserer W irtschaft, die Kohlenversoig mg, erschüt­

tert ist.

D ie nächsten Karten (Abb. 5 und 6) geben Ihnen ein B ild über die E r z v e r s o r g u n g in der Vor- und Nachkriegszeit. Sie sehen, w ie 1913 starke Linien vom Südwesten nach der Ruin- gingen. Hier in diesem Kreise brauche ich zu dem B ilde, das die deutsche Erzversorgung darstellt, nichts weiter hin­

zuzufügen. D ie Karte von 1920 zeigt ein wesentlich anderes Bild. D ie Verladungen vom Südwesten sind geringer geworden, die Einfuhr ist über See ent-

sprechend gestiegen, wrenn auch das Gesamtbild naturgemäß bei der wesentlich geringeren Roheisen­

erzeugung die Zeichen eines stark verminderten Ver­

kehrs trägt.

E s kann nicht bestritten werden, daß die w irt­

schaftlichen Beziehungen die Ruhr immer wieder nach Süd westen weisen und umgekehrt; Frankreich versucht jetzt, m it im perialistischer Machtpolitik die Ziele zu erreichen, die vor Jahren durch starke persönliche In itiative von deutschen Industriellen angebahnt worden sind. E s verkennt aber b ei seinem B estreben völlig die W iikung des Persönlichen in der deutschen W irtschaft. D ie Größe unserer Mon­

tanindustrie entspricht dem Form at der Persönlich­

keiten, die sie geschaffen haben. Solche Hoch­

leistungen lä ß t m an sich aber nicht ab zwingen, am wenigsten von einem Gegner. D ie deutsche Industrie war stets national, ist national und wird national bleiben. Sie ist das, w as sie ist, nur geworden, w eil sie freischaffend wirken konnte, und wird sich weder

dem Sozialismus noch dem Im perialismus beugen.

Soll wieder ein sinngemäßes Zusammenarbeiten m it der südwestlichen Eisenindustrie erreicht werden, so gibt es dafür eine Voraussetzung; es kann nur geschehen unter Wahrung unserer nationalen Ehre!

D ie Ihnen gezeigten Bilder beweisen, w ie eine weitere w ichtige Grundlage unserer W irtschaft, die Deckung m it I n l a n d s e r z e n , wesentlich geschmälert worden ist. D ie Aktivierung unserer Handelsbilanz ist nun bei dieser willkürlich zerschlagenen Rohstoff­

grundlage eine außerordentlich schwere Aufgabe.

Schon im vergangenen Jahre konnte ich darauf hin- weisen, daß unsere W irtschaft immer mehr zur Spekulation wird. D ie Verantwortung, welche die Führung des Betriebes in rein betriebstechnischem Sinne m it sich bringt, ist gering geworden gegenüber den Maßnahmen spekulativer Natur, wie sie E in- und

Verkauf bei der täglich schwankenden V aluta dar­

stellen. Unser ganzer ’Wirtschaftsbau ist hierdurch auf das stärkste erschüttert, und man kann sich nicht darüber wundern, daß allmählich in alle Kreise unseres Volkes ein Gefühl der U nsicherheit und Ohnmacht dringt.

D ie beiden nächsten Bilder w ill ich nur zeigen, um einen bedeutsam en Vorgang der Um stellung der Kriegs- in die Friedenswirtschaft darzustellen. E s geht aus der ersten K arte der Erzverkehr, außer Eisenerz, im Jahre 1918 hervor. Sie sehen die außer­

ordentlichen Anstrengungen, die D eutschland gem acht hat, um seine bescheidenen L agerstätten auszunutzen.

D ie starken Sendungen aus W estfalen — es h an d elt sich um die Meggener Schw efelkiese— fallen besonders auf. Der Erzverkehr im Jahre 1919 zeigt ein ganz anderes Bild. Der Versand aus den eigenen Lager­

stätten geht stark zurück, und das A usland m it seinen reicheren Vorkommen dringt wieder in die deutsche W irtschaft ein.

ßeutscb/ands fisenbairntransnorte t-on ßisenere im Ja bre 1920.

70000bis250001 1 25000 - 50000 - 50000 " 75000 "asi anstatt 70stur/rer I ühien - 7/3 Ati/ffon formen. >

iertrebr müden abgetretenen Gebieten.

O

lterbebnsbezin//e:

O Jn/and Qâa stand

@ Abgetretene Gebiete

ße/astune den fenkebrsbezirAe nacb Stufen:

n nhir mn b- 70 AUW. t im Jabre V b i& s& M g ? ' Ä R / «

7 insgesamt: 25 b 0 7

G esam tbeidstuna : ä.SMit/. t

sZoAdi-yen/renr / h %4us.and-imgflino Jn/dnd-^Jt " -ttersanä iersand Jn/and-fmg/dng

OGneise

A bbildung 6. Eisenbahnverkehr in E isenerz 1920.

(6)

38 Stahl und Eisen.

D eutsche W irtsc h a fts fra g e n . 43. Jah rg. N r . 2.

Ich betonte eingangs, daß der uns von Geschichte und Natur gegebene Lebensraum sehr klein ist.

W ir sind gezwungen, den Arbeitsvorgang aut das höchste zu steigern, denn auch nicht einmal vor­

übergehend gestattet uns die Natur, von ihren Er­

trägnissen allein zu leben. Der Sozialismus irr es- h alb wenn er in der Industriealisierung eine Aus­

wirkung des Kapitalismus sieht. In Wahrheit müssen w ir durch unsere nachhaltige Arbeit einen zu kleinen und in weiten Gebietsteilen wenig fruchtbaren Erd­

t e il soweit stärken, daß wir die Menschenzahl, die ihn bewohnt, am Leben halten können. E in vorüber­

gehender Stillstand unserer industriellen Erzeugung würde Millionen Menschen das Leben kosten. Wir sind eben leider dasjenige Land, dem das Problem des Industriestaats am

dringlichsten gestellt worden ist. Die L än­

der östlich und südöst­

lich von uns umfassen weite Räume; dort ist der Staat Herrscher über eine große Natur.

Zusammengedrängte Millionen Massen von Menschen haben wir nur und England. Wir haben aber nicht wie E ngland ein außereuro­

päisches Weltreich hin­

ter uns. Deshalb ist ein Versagen gerade unserer Wirtschaftsor­

ganisation von so un­

absehbarer Tragweite.

Unter diesem Gesichts­

punkt sollte man an- nehmen, daß jede poli­

tische und sozialeFrage, jedes Gesetz, jede Ver­

ordnung auf das pein­

lichste im Hinblick auf ihre Wirkungen auf den Ertrag unserer W irt­

schaft geprüft würden.

S tatt dessen kann man

den heute Regierenden den Vorwurf nicht ersparen, daß sie diesem deutschen Naturgesetz nicht gerecht geworden sind.

Der notgedrungen hochgezüchtete Arbeitsvorgang, den uns das Geschick auferlegt, kommt in einer außerordentlich reichhaltigen Fertigwarenerzeugung zum Ausdruck. Der Inlandsmarkt ist gekennzeichnet durch eine Fülle kleinerer und mittlerer Betriebe, deren wir heute noch an 3 Millionen haben. Der Konzentrationsprozeß ist auf Industriezweige be­

schränkt, wo die Technik die Zusammenfassung er­

fordert. E s kann wohl kein Zweifel darüber sein, wie gering gegenüber der Leistung von Millionen ge­

werblicher Privatwirtschaften die Bedeutung staat­

licher, d. h. bürokratischer Einrichtungen ist.

D ie Entwicklung der verschiedenen Industrie­

zweige ist nach außerordentlich mannigfaltigen Ge-

sichtspunkten vor sich gegangen. N eben w eit über das ganze Land verbreiteter Industrie m it haupt­

sächlich örtlicher Bedeutung haben wir an anderen Stellen starke Gruppierungen und Zusammenbal­

lungen Gerade dieses Ausbreiten auf der einen Seite, dieses Zusammenfassen auf der anderen Seite ist ein Beweis für die große Anpassungsfähigkeit der pri­

vaten W irtschaft. Industrien m it weitverbreiteter Grundlage sind zunächst alle diejenigen, die m it der Landwirtschaft im engen Zusammenhang stehen, wie die Industrie der N a h r u n g s - u n d G e n u ß - m i t t e l , deren B etriebe über ganz Deutschland verbreitet sind1)- Sie zeigen naturgem äß eine starke Anhäufung dort, wo die Bevölkerungszahl groß ist, wie in Berlin, in M itteldeutschland, in Sachsen, an der

Die /ertel/ung O er chem ischen Jn d u strie

¡n Deutschland nach der ßetriebszäntung ron 7907

zsb isSO Gewerbtätige je G reis SO * 100 * ' '

A bbildung 7. Standortkarte der chem ischen In d u strie.

Ruhr, in den Großstädten W ürttem bergs und Bayerns; im allgemeinen aber hat diese Industrie einen örtlichen Charakter. D ie großen Ausfuhr­

industrien, wie Schokoladen- und Konservenindu­

strien, haben selbstverständlich ihren A bsatz über das ganze Land. Sie liegen entweder in der Nähe der Zuckerfabriken oder an großen Verkehrsstraßen, die den Versand im In- und Ausland erleichtern.

1) H ie r fo lg te w iederum ein e grö ß ere Zahl von Lichtbildern, w elch e d ie V erteilung der einzelnen In ­ dustrien, und zw ar d er In d u strie d er N ah ru n g s- und G enußm ittel, der Zuckerindustrie, d er B rauereien und M älzereien, der H o lz - und T extilin d u strie, der Lehm- und T onindustrie, der Zem entindustrie u n d der

Glas-

und P oieellan in d u strie, über das R eich zeigten . Aus den vorher erw ähnten G ründen m üssen w ir uns m it der W iedergabe eines B ild es begn ü gen und geb en nur den erläuternden T e x t w ieder.

(7)

11. Januar 1923. D eu tsch e W irts c h a fts fra g e n . S ta h l und E isen. 39

Etw as anders liegen die D inge bei der Z u c k e r h e r s t e l l u n g in Deutschland. Hier heben sich, scharf urarissen, ganz bestim m te Erzeugungs­

stä tten hervor, in Hannover, Magdeburg, Braun­

schweig, in der Pfalz und in Baden, in Ober­

schlesien, in Posen und in einzelnen Landstrichen von Mecklenburg.

D ie Verkehrskarte für Zucker zeigt diese Grup­

pierung besonders deutlich.

W iederum eine sehr verzweigte Industrie ist die der Brauereien und Mälzereien. E s ist uns ja von altersher überliefert worden, daß die deutschen Stäm m e sehr trinkfreudig waren. Das B ild von heute bew eist nicht das Gegenteil. Besonders starke An­

häufungen von Brauereien finden s5ch im Süden, vor allem in Bayern, in Rheinland, W estfalen und in

M itteldeutschland. Nur scheinbar ist Ostelbien der mäßigere Teil. — D ie nächste K arte, die der Brannt­

weinbrennereien, zeigt, w ie der Osten den Süden und W esten ablöst.

Auch die Holzindustrie ist allgem ein und gleich­

mäßig verbreitet. E ine größere Ansammlung findet sich in den G roßstädten und den Gegenden großer Bevölkerungsdichte. D ie Verkehrskarte in Holz zeigt deutlich den Holzschlag in den verschiedenen W ald­

gebieten. E ine Zone stärkster Bewaldung zieht sich längs des Rheines, durch den Schwarzwald über den Odenwald und Taunus bis nach dem Sauerland hin.

D ie höchsten Holzerträge liefern Südbayern, Schlesien, Nordbayern, Brandenburg und die Provinz Sachsen.

D ie Bezirke stärksten Bedarfs sind insbesondere die Kohlenreviere; die dichten Linienbündel zeigen

die gew altige Anfuhr von Grubenholz von B randen­

burg und auch vom Süden her.

B ei der V erteilung der T e x t i l i n d u s t r i e müssen w ir uns daran erinnern, daß sie eine der Industrien ist, die aus dem bäuerlichen Hauswerk heraus­

gewachsen sind. Ursprünglich eine Nebenarbeit, zog sie sich in besseren Q ualitäten schon früh an bestim m ten P lätzen zusammen. Sie hat sich besonders am Niederrhein und an den Gehängen der M ittelgebirge angesiedelt, w eil sie feuchtes Klim a braucht. In M itteldeutschland wie am R hein haben Volksdichtigkeit, günstige Verkehrslage, gute A rbeits­

kräfte, später die Lage zur K ohle die Entw icklung der Textilindustrie günstig beeinflußt. D ie starke Ansammlung der Textilindustrie im E lsaß ist auf die Wasserkräfte der Vogesen und des Schwarzwaldes

zurückzuführen. Je mehr die Textilindu­

strie von der H and­

arbeit zur maschi­

nellen Fabrikation überging, desto be­

deutungsvoller wurdefür sie dieEnt- fernung zur Kohle.

So folgt die T extil­

industrie auch dem Zuge der Industria­

lisierung, indem sie sich in der N ach­

barschaft der K oh­

lengebiete stärker niederließ. E s ist charakteristisch, wie sie sich nördlich und südlich um das Ruhrgebiet herum­

zieht, wo sie billigere Arbeitskräfte aus den Randzonen her­

anziehen kann und einen denkbar gün­

stigen Absatz nach dem In- und A us­

lande hat. D ie Ver­

kehrskarte der Tex­

tilrohstoffe erinnert uns wieder daran, daß der D eutsche nicht nur in der Ernährung, sondern auch in der Bekleidung vom Ausland abhängig ist. Auch die B ekleidungs-Industrie gehört zu den Grundlagen der W irtschaft, die aufs schwerste durch die V alutaverhältnisse erschüttert sind. Man kann die in der Gruppierung der T extil­

industrie in D eutschland erreichte Zweckm äßigkeit nur m it größter Bewunderung hinsichtlich der B e­

nutzung aller natürlichen und technischen B e­

dingungen betrachten. U nd so nach inneren G esetzen sind die m eisten unserer Industrien gewachsen.

D ie L e h m - u n d T o n i n d u s t r i e is t wie keine zw eite eine Industrie örtlichen Charakters. Sie h at im R ohstoff und im Fertigerzeugnis große Gewichte und kann sich m ithin nur auf kleinem R aum e ver­

breiten. Daher die Anhäufungsmassen da, wo sich

A bbildung 8. D eutschlands Außenhandel 1913.

(8)

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b is 0,5 o,sb¡si,o 7bisó 5bis70 M i//, lim Ja ftre . 40 Stah l und Eisen.

D eutsche IV irtsc h a ftsfra g e n . 43. Jahrg. N r. 2.

eine Großstadt oder ein dicht bevölkerter Gebietsteil befindet, in Berlin, in Mitteldeutschland, in Sachsen, an der Ruhr, am Rhein, in dem ehemals deutschen Gebiete in Elsaß-Lothringen. Die Industrie ist deshalb besonders beachtenswert, weil sie dort, wo der Lehm fehlte, schon seit vielen Jahrzehnten sich bemüh hat, m it anderen Rohstoffen zu der Möglichkeit der Herstellung von Ziegeln zu kommen. Auch hier die Anpassung des Menschen da, wo die Natur ihm nicht in so reichem Maße wie in den Nachbargegenden den Rohstoff zur Verfügung stellte.

Der Z e m e n t hinwiederum ist natürlich an die Bestandteile gebunden, die zu seiner Herstellung nötig sind,"an Kalk, Kalkstein und Kreide. Er be­

den Mittelgebirgen eine so geschickte Arbeiterschaft herangebildet, daß noch heute, wo die Gasfeuerung eine Umwandlung der gesam ten Fabrikationstechnik hervorgerufen hat, die Glasmacherkunst Thüringens und Mittelfrankens ihre besondere B edeutung hat.

D ie Tafelglasindustrie h at sich dagegen mehr in die Bergbaureviere verzogen, wo die Gasfeuerung am billigsten ist. D ie Porzellanindustrie ist ähnlich gruppiert. Kaolin, F eldspat und Quarzsand kommen an zahlreichen Stellen zusammen vor. D ie zerstreut liegenden Betriebe der Porzellanindustrie sind meist Veredelungsbetriebe. Gerade diese beiden Indu­

strien zeigen ein höchst interessantes Zusammen­

wirken zwischen N atur und Mensch. D ie besondere

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- 5 kti/ffonen tonnen

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A bbildung 9. Deutschlands Außenhandel 1920.

sitzt daher in Mitteldeutschland einen starken B e­

triebspunkt. Ferner treffen wir die Zementindustrie oben am Ausfluß der E lbe, da sie als Ausfuhrindustrie auch den Wasserlauf berücksichtigen mußte. Sie hat ein weiteres Zentrum in Westfalen, in Lengerich, weiter unten nach Letm athe zu und an der Ecke von Main und Rhein und in Oberschlesien. Der Verkehr m it Zement ist dagegen weniger gut geschlossen.

Auch die G l a s - u n d P o r z e l l a n i n d u s t r i e zeigt charakteristische Merkmale. Ihre Hauptstand­

ortsgebiete sind in den Gegenden der Quarzsand­

lagerstätten; die Aachener Gegend, Thüringen, Lausitz, Schlesien sind die Hauptindustriegebiete.

D ie Nähe der böhmischen, sehr früh entwickelten Glasindustrie hat wahrscheinlich die Entstehung der zahlreichen Glashütten in Sachsen stark beein­

flußt. D ie jahrhundertelange Beschäftigung hat in

Eignung des sächsisch-thüringischen Stam mes für feinere A rbeiten hat eine hervorragende Durchbil­

dung der Glas- und Porzellanindustrie in diesen Be­

zirken ermöglicht. D ie private W irtschaft h at mit feinem Instinkt auch die Qualitätsunterschiede der deutschen Stämme ausgenutzt. E s entspricht durch­

aus dem Unterschied der Stam m eseigenart, wenn sich die mechanische schwere Feuerarbeit der Tafel­

glasindustrie in das B ergbaugebiet gezogen hat.

Der W estfale ist einer der b esten Feuerarbeiter Deutschlands, während der sächsische A rbeiter mehr für feinere A rbeit geeignet ist.

Ich könnte Ihnen, wenn die Zeit es gestattete, noch eine ganze Zahl von Verfeinerungsindustrien vor Augen führen, die Ihnen eindringlich zeigen wür­

den, auf eine wie hohe Stufe die Fertigindustrie in

Deutschland getrieben werden mußte. W ir müssen

(9)

11. Januar 1923. D eu tsch e W ir tsc h a fts fra g e n . Stah l und E isen . 41

uns aber auf diese wenigen Bilder beschränken, um noch einige charakteristische Bilder der Großindu­

strie gemeinsam betrachten zu können.

E ine besonders gute o ganische Gliederung läßt die chemische Industrie (Abb. 7) erkennen. B ei dem g o ß e n Bedarf an R ohstoffen, wie Kohle, Schwefelkiese, Kalkstein usw. ist sie auf günstige Veikehrslage angewiesen. So sehen wir sie an den Flußläufen des Rheins, des Mains, der Weser, der E lbe und der H avel. Hinzu kommt, daß die chemischen Industrien immer g oße Wasserverbrauch er sind und für ihre unangenehmen Abwässer auf der anderen Seite starke Flüsse nötig haben.

D ie Verkehrskarte für Chemikalien aus dem Jahre 1913 zeigt deutlich die großen m ittel- und niederrheinischen Industriegruppen. Scharf heben

sich auch die Kalibezirke ab. D ie Verkehrskarte der Nachkriegszeit zeigt eine schwächere Einstellung dieser Industrie, obgleich sie, der Menge nach jeden­

falls, wesentlich weniger gelitten hat als manche der anderen. Sie ist trotz aller Anstrengungen der Feinde eine unserer bedeutendsten Industrien ge­

blieben.

Geht man den wirtschaftlichen Ursachen nach, warum gerade die chemische Industrie in D eutsch­

land diesen gew altigen Aufschwung genommen hat, so komm t man nicht zu befriedigenden Erklärungen, es sei denn, daß man sie auf die Formel B a y e r , B o s c h , D u i s b e r g bringt, wie ja in vielfacher A bstufung der Persönlichkeitsfaktor in allen deut­

schen Industriezweigen das eigentlich Ausschlag­

gebende, das Lebendige ist.

Hierfür b ietet ein besonders gutes Beispiel die deutsche M a s c h i n e n i n d u s t r i e . Di e g o ß e n Werke hängen alle m it g oßen N am en zusammen: wo ein Mann war, da wurde ein Werk. E s ist eben doch der Mensch das Maß aller Dinge. W o Werner von S i e m e n s und E m il R a t h e n a u waren, entstanden die g oßen Elektrokonzerne. B o r s i g und S c h w a r z k o p f , H a r k o r t und H e n s c h e l , M a f f e i und E g e s t o r f f

sind noch heute führende N am en der deutschen Maschinenindustrie. Und solange an der Ruhr Kohle gewonnen wird, klingen dort die N am en G r i l l o , H a n i e l , K i r d o r f ; wo man E isen erbläst und den Stahl reckt, kennt man S t u m m und R ö c h l i n g , K r u p p und T h y s s e n . So ist es im m ittleren, so ist es im Kleinbetriebe. Und wenn etwas Befriedi­

gung gewähren kann, so ist es die klare Erkenntnis, daß das Werk ernster Männer nicht vergeht und ihre A ibeit, ihr schöpferischer W ille tausendfältig weiter wir kt.

Die nächste Karte zeigt die Verteilung der E isen­

gießereien. N atu’ gemäß sind die stärksten Grup­

pierungen dort, wo E isen erzeugt wird, an der Saar, im Rheinland und W estfalen und im schlesischen Industriebeziik. Daneben aber hat die Gießerei auch noch sta k den Charakter der Lo­

kalindustrie behalten, die sich auf die Bedürfnisse eines gewissen engen Grenz­

gebietes einstellt.

Im Zusammenhang hierm it ist die K arte des Roheisenvei kehrs von beson­

derer Bedeutung. B ei Betrachtung der Verkehrswege von 1913 fallen die starken Linien in die Augen, welche die Ruhr m it dem Südwesten verbanden. W ie die Karte der Nachkriegszeit zeigt, sind diese Fäden zerrissen, zum N achteil beider Bezirke. Auch die V eikehrskarte des vorletzten Jahres zeigt ein wenig ver­

ändertes Bild.

E in Blick auf die nächste K arte zeigt die tausendfältige Verflechtung eines unserer w ichtigsten Industrierohstoffe:

F l u ß e i s e n u n d S t a h l m it dem deutschen W irtschaftsleben. Sie sehen, w ie sich die Linien über das ganze Reich erstrecken.

D ie großen Erzeugungsgebiete liegen in sehr gefährdeter Lage im Osten und W esten. Daher auch die immer wieder hervor­

tretende N eigung der im perialistischen Macht­

haber, sich ihrer zu bem ächtigen. Aber der Versuch würde nicht zum Segen ausschlagen können. D ie deutsche Eisenindustrie ist auf den Absatz im In ­ land angewiesen; ihre V erbrauchsstätten sind das ganze Reich. Werden diese Fäden zerrissen, dann verkümmern beide.

Denken wir uns nun die ganzen Standortskarten der deutschen Einzelindustrien zusam m engelegt, so- erhalten wir eine D arstellung der Industriedichtigkeit in unserem W irtschaftsgebiet.

Man ist so gern bereit, die P rivatw irtschaft ais­

anarchisch zu bezeichnen, und fordert demgegenüber durch die berüchtigte Planw irtschaft die A ufsicht über das individuelle Schaffen und seine Gliederung nach gesetzlich festgelegten W irtschaftsbezirken.

Noch heute ist es der Wunsch der Ministerien, die private W irtschaft auf die bürokratische L eiste zu bringen. D ie Betrachtung der einzelnen Industrie­

zweige und des vorstehenden Gesam tbildes zeigt, wie das deutsche W irtschaftsleben außerordentlich vielgestaltig gegliedert ist. Auch hier gib t es eine Planm äßigkeit, aber sie ist die eines organischen

6

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Stahl und Eisen.

D eutsche W ir ts c h a fts la g e n . 43. J a h r g . N r. 2.

indu- Wachstums. Das Kartenbild gibt uns einV, strielles Zellengewebe wieder, das, aus der_ La schaft und den Menschen entstanden, sic g mäßig über das Reichsgebiet hmzieht, hier s ch ve stärkend bis zu Zonen höchster D ichtigkeit dort nur noch andeutungsweise verlaufend. E s “ e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g , v o r ‘ " e l ° G r u n d e i n s t e l l u n g wi r u n s al s S t a a t u n c V o l k zu d e m W i r t s c h a f t s l e b e n e i n s t e l l e n . Gehen wir von der mechanischen Auffassung aus und dulden wir, daß eine mechanische R anwirtscha t angestrebt wird, so werden meines Eracht5 ^ j ; Wurzeln unserer Kraft herausgerissen.

Sie ein Stück natürlichen Zellstoffgewebes unter die Lupe, so treten bei starker Vergrößerung immer feinere Zellenbildungen und Verästelungen hervor.

Je stärker die Vergrößerung, desto kunstvoller das

Abb. 11. D eutschlands Außenhandel an Eisen und E isenw aren 1920.

Gewebe, während das mechanische Gewebe in der Vergrößerung sich immer mehr als ein rohes Gefüge ohne inneren Zusammenhang erweist. So ist es mit dem Unterschied zwischen W irtschaftsleben und der heute sich breitmachenden zentralistischen W irt­

schaftspolitik. Um das Bild fortzusetzen: die schein­

bar feste Form des Zellengewebes ist ein ewiges Leben und Weben. So auch das deutsche W irt­

schaftsleben. Nach außen treten scheinbar unver­

änderlich nur die festen Formen der Betriebe, Kon­

zerne und Verbände in Erscheinung; in Wirklichkeit ist auch in ihnen alles in Bewegung begriffen. Und vielgestaltig wie Land und Volk sind die Formen des individuellen Schaffens. Jeder Betrieb ist ein Ergeb­

nis von natürlichen und persönlichen, kaufmännischen und technischen Kräften. Das Ueberwiegen bald des einen, bald des anderen Teils bedingt dauernde U m ­ formung, Anpassung, Bewegung. Ueber den einzelnen Betrieb hinaus wird die Gesamtheit des W irtschafts­

komplexes von großen Bewegungsvorgängen be­

herrscht. Vor einigen Jahrzehnten haben sich die großen Uebergänge vom Handwerk zur Industrie in vielfältigster Abstufung vollzogen. Verbunden damit

war der Uebergang zum Antrieb durch W asserkraft, zur Dampfarbeit, wodurch viele Gewerbe an die Kohlenlager herangezogen wurden. Andere Indu­

strien gerieten in Bewegung, als die Feuerungstechnik der Holzkohle von der Steinkohle verdrängt wurde.

Bezeichnende Beispiele dafür sind die Eisenindustrie und die Glasindustrie. In den letzten Jahren sind neue Bewegungen durch die M öglichkeit, große Kraftleistungen auf elektrischem W ege über weite Entfernungen zu leiten, angebahnt worden. Ein starker Anstoß zu w ichtigen Verschiebungen kam durch die Bevölkerungsverm ehrung und -bewegung.

1860 wohnten noch 60 % der deutschen Bevölkerung auf dem Lande, heute wohnen zwei D rittel in der Stadt, nur noch ein D rittel auf dem Lande. D as rief naturgemäß eine außerordentliche Veränderung in der Lage und dem U m fang der A bsatzgebiete her­

vor, welcher Bewegung sich auch die Indu­

strie entsprechend anpassen m ußte. Von größtem Einfluß auf die Gruppierung der Industrien ist naturgem äß die Entwicklung des Verkehrswesens gewesen. Als unsere Ahnen vom Handwerk zum maschinenbe- triebenen Werk vordrangen, war die Kal­

kulation noch ziemlich roh und willkürlich.

Mit der Entw icklung des Verkehrswesens wurde der Absatz sehr w esentlich durch die Pfennigunterschiede der Frachtsätze bestimmt, und es ist ein glänzendes B eispiel für die Sparsamkeit und Intensität der freien Privat­

w irtschaft, daß sie vor dem Kriege m it diesen Pfennigen der E isenbahntarife zu rechnen wußte. Für manche Industrien waren die Entscheidungen der ständigen Tarifkommis- sion von größter Bedeutung, wobei ich an den Wettbewerb zwischen Betonbau und Eisenkonstruktion erinnere. W elche einschnei­

dende Veränderung die rohe Beseitigung aller Ausnahmetarife verursacht hat, ist noch nicht abzusehen. Auch innerhalb der Betriebe ist ständigeBewegung durch Anpassung an den Stand der Technik. Schließlich hat die N otw endigkeit Deutsch­

lands, immer stärker Außenhandel zu treiben, ein­

schneidende Veränderungen in den Standorten der Industrien hervorgerufen. Große Ausfuhrhäuser ent­

standen, ganze Industrien erhielten eine andere Richtung und zweigten vom alten Stam m e neue Triebe ab, die lediglich auf den W elthandel zuge­

schnitten wurden.

W ie sehr die deutsche W irtschaft m it dem Welt­

handel verbunden war, veranschaulicht die Karte des deutschen Außenhandels 1913 (Abb. 8). E in ge­

waltiger Warenstrom ging tagein, tagaus auf deut­

schen Bahnen, aus deutschen H äfen, auf deutschen Schiffen in alle Lande. Kom m en dann Schicksals­

schläge wie der W eltkrieg, dann ist in wenigen Jahren vernichtet, was in Jahrzehnten, Jahrhunderten auf­

gebaut wurde.

Was ist von dem deutschen A ußenhandel übrig geblieben? (Abb. 9). D ünn und krank ziehen die W arenstränge durch das Land und über das Meer.

Ich habe Ihnen den Kreis hier einm al aufzeichnen

lassen. Der weiße Kreis ist die gesam te E in - und Aus-

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11. Januar 1923. D eu tsch e W irtsc h a fts fra g e n . Stah l und E isen . 43

“fuhr Deutschlands im Jahre 1913, der kleine Kreis h ier die Einfuhr und Ausfuhr im Jahre 1920. E in Zusammenschrumpfen auf nicht ganz 40 % der Vor- kriegszeit. D as starke Strahlenbündel nach Oester­

reich-Ungarn ist verschwunden, wenn auch die Tschechei und Deutsch-Oesterreich einerseits und Ungarn anderseits noch einen Teil aufnehmen. Nach Uehersee sind alle Strahlen wesentlich lichter ge­

worden, nur nach Nordam erika sehen Sie starke Strahlen, die in erster Linie Einfuhr bedeuten, w e il nach dem Kriege das von Kleidungsstücken vollständig entblößte D eutschland unbedingt Roh­

stoffe haben m ußte. N o ch etwas fä llt auf: das vollständige Verschwinden des Verkehrs m it E n g­

land. W enn ich Sie noch einmal auf die gew al­

tig e n Linien der ersten Karte hinw eise und Sie dem gegenüber diese Linien betrachten, dann muß doch auch jedem Engländer, dem dies vor Augen ge­

führt wird, allm ählich die Ueberzeug rng dämmern, daß der Untergang Deutschlands jedenfalls nicht zu m W ohle Englands gereichen kann.

Im B ild des Außenhandels aus dem Jahre 1913 is t der m ittlere Kreis fast zur H älfte schwarz, d. h.

ausführend, und die etwas größere H älfte weiß, d . h. aufnehmend. Wir waren vor dem Kriege in der Handelsbilanz nicht ganz aktiv. Aber die fehlende A ktivität wurde reichlich ersetzt durch unsere K api­

talien , die im Ausland arbeiteten, vor allem durch den Schiffsverkehr, den die gew altige deutsche F lotte in Bewegung setzte, der an Hand der Karte ja nicht z u erfassen ist. W enn ich Sie b itten darf, diese Linie einen Augenblick zu betrachten, so sehen Sie das ungeheure Verkehrsbündel, das uns m it der öster- Teichisch-ungarischen Monarchie von einst verband.

S ie sehen die sehr starken Linien der E in- und Ausfuhr nach England. W eiter sehen Sie den starken Verkehr nach dem Osten. Es gehen L inien nach Kanada, nach Amerika, nach Mexiko, Spanien, Portugal, Brasilien, Chile; Sie sehen d ie starken Linien nach Argentinien, nach Ita ­ lien, nach Australien, nach N iederländisch-Indien, nach A egypten, nach China, nach Japan, nach Britisch-Indien. D ie ganze W elt war in leb­

haftem Handelsverkehr m it D eutschland und mußte es sein. D ie Betrachtung des M ittelpunk­

te s ergibt aber noch ein zw eites: D ie H aupt­

befruchtung im gegenseitigen Austausch brachte E uropa sich selbst. Ich habe die Tonnenzahl im Augenblick nicht in der Erinnerung. Aber vom W ertum schlag der Vorkriegszeit von 180 Milliarden Goldmark Ausfuhr des Jahres 1913 entfielen 120 M illiarden auf Europa. Sie sehen, die Voraus­

setzung der Gesundung der ganzen W eltw irt­

schaft ist die Gesundung Europas. A lle Län­

der, auch Amerika, werden eine gesunde euro­

päische W irtschaft auf die Dauer nicht entbehren können.

U nsere Industrie in E in - und Ausfuhr zeigt das nächste B ild : D ie Eisenw aren und W alzeisen­

ein- und -ausfuhr Europas aus dem Jahre 1913 (Abb. 10). Sie sehen wieder den starken Ver­

kehr, den wir m it England hatten , und die kräftigen Linien, die uns m it Belgien ver­

banden. Nach Oesterreich - Ungarn, nach Skan­

dinavien, nach Italien haben sich überall recht starke Verkehrslinien entw ickelt. D as B ild aus dem Jahre 1920 ist demgegenüber geradezu er­

schütternd (Abb. 11). Nach England gehen zw ei dünne Linien von je 200 000 t. Nach Skandinavien breiten sich allerdings verhältnis­

m äßig starke Linien aus; die K riegszeit h a tte dort einen großen Hunger nach E isen und Stahl entstehen lassen, der gestillt werden m ußte. Auch nach der Schweiz ist verhältnism äßig v iel E isen ausgeführt worden. Aber insgesam t zeigt sich genau derselbe Rückgang wie im Gesamteisenhandel. D ie deutsche Eisen- und Stahlindustrie führt noch rd. 30 % der Vorkriegszeit im Jahre 1921 aus. W enn die Zahlen des Jahres 1922 zusam m engezählt werden, w ird die E i n f u h r von E isen und Stahl der Menge nach größer sein als die A u s f u h r . Aus einer gew altigen Ausfuhrindustrie ist eine Einfuhrindustrie geworden, eine Erschütterung unserer W irtschaftsgrundlagen, wie man sie sich schlimmer gar nicht vor A ugen führen kann.

Ich komme zum Schluß. V iel N eues werde ich Ihnen nicht gesagt haben. Aber es is t gerade im heutigen Augenblick vielleicht ganz gut, w enn man die Grundlagen unserer w irtschaftlichen Lebens­

m öglichkeit im Zusammenhang vor den A ugen vor­

beiziehen läßt. Wir sahen den mangelnden B oden­

ertrag und hieraus das dringende Gebot erwachsen, im Austausch gegen Industrieerzeugnisse Nahrungs­

m ittel einzuführen. Wir sahen die gewaltige Friedens­

werkstätte, die sich das deutsche V olk hierzu ge­

schaffen hatte. Wir sahen aber auch, welch’ schwere Schläge unser W irtschaftsleben getroffen hat, w ie seine Grundlagen verschoben und erschüttert sind.

W ie ist zu helfen? Hier ist nicht der Ort, um außenpolitische Betrachtungen anzustellen. Nur das eine sei gesagt: ein Land, wo breite Schichten, und nicht die schlechtesten, in H ungernöten liegen, kann keinen Tribut mehr zahlen. E s hat schon mehr gezahlt, als die V erantwortlichen verantw orten können.

Aber eine schwere innerpolitische P flich t h at es:

wieder dafür zu sorgen, daß seine Bürger ihr Leben fristen können. Soll dies erreicht werden, dann gilt es vor allem , dem W irtschaftsleben die alte B e­

wegungsfreiheit wieder zu geben.

Ich habe W ert darauf gelegt, das ewig Veränder­

liche der W irtschaft zu betonen, denn daraus ergibt sich die Berechtigung des U nternehm ers, H andlungs­

freiheit beanspruchen zu dürfen. D er Staat kann in w irtschaftlichen D ingen nur mechanische D ien ste tun, Verwaltung, Beförderung, Besteuerung usw.

D ie Staatsmänner und Regierungen sollen nich t den falschen Ehrgeiz haben, w irtschaftliche A ufgaben zu lösen. Sie sollten sich begnügen, das zu erledigen, was ihnen obliegt, die A utorität im Lande wieder­

herstellen; für Zucht und Ordnung sorgen; L eib

und Leben und E igentum schützen und sichern.

(12)

R o h sto ff-V o r b e r e itu n g f ü r d e n H o c h o fe n b e trie b . 43. Jah rg. N r. 2.

Dann braucht keine freudige Bejahung des Staates gelehrt zu werden: sie kommt von selbst. Aber gerade auf ihrem eigensten Gebiete versagen sie.

Das gibt um so mehr Anlaß, die Eingriffe der e- gierung in die Privatwirtschaft mit allem Nachdruck zurückzuweisen. Jede Regierung, die ehrlich ist, muß zugestehen, daß die private W irtschaft ein ungeheures Stück Arbeit für die Allgemeinheit leistet. Auswüchse dürfen nicht verallgemeinert werden, sie fehlen leider in keinem Bilde. Daß die Privatwirtschaft vor den allmächtigen sozialistischen Forderungen, die noch heute g'oße Teile beherrschen, nicht zurückgewichen ist, wird ihr eine spätere Zeit, werden ihr die Arbeiter noch einmal danken. Wir sehen noch dunklere Zeiten heranziehen. Der immer schneller einsetzende Verfall der Kapitalkräfte wird schwere wirtschaftliche N öte m it sich bringen. Die W irtschaft kann sie nur überwinden, wenn sie von der Gesamtheit des Volkes getragen und gefördert

44 Stahl und Eisen.

wird In der kommenden N otzeit wird es darauf ankommen, daß sich die Arbeiter und Angestellten unserer Betriebe hinter uns stellen. Sie müssen und werden zu der U ebe'zeugung komm en, daß in der Privatw irtschaft auch für sie die ertragreichste Wirtschaftsform gebildet ist, m it der sie auf Gedeih und Verde, b ve bund’en sind. Der Staat aber muß alles daran setzen, die p i v ä t e W irtschaft zu schützen und zu fö d em , sie wieder zum ehernen Bestand seiner W irtschaftspolitik zu machen. Nur dann ist Hoffnung vorhanden, durchzukommen. Der Sozialismus, beherrscht von dem W ahn eines staat­

lichen, bürokratischen Zentralismus, hat nur Trümmer geschaffen. Er ist nicht geeignet, der Menschheit neue Wege zu zeigen, er bedeutet in seinen Aus- witkungen nicht Fo tschritt, sondern Unte gang.

Der Weg ist klar. Es gilt, eine P olitik der wiitschaft- lichen N otw endigkeiten nach innen und außen zu treiben.

Die Rohstoffe und ihre Vorbereitung für den H och ofenbetrieb in Nordamerika.

Von Ingenieur H. A. B r a s s e r t in Chicago.

(F o rtsetzu n g vo n S eite 9.)

(A n fo r d e ru n g e n an H o c h o fe n k o k s u n d seine D arstellung. A m e rik a n is c h e r K o k so fe n b e tr ie b . E r g e b ­ nisse d e r n eueren a m erika n isch en R o c h o fe n b e tr ie b s fu h r u n g .)

Der H ochofenkoks.

N un zur dritten Frage: D a s S t u d i u m d e s H o c h ­ o f e n k o k s e s u n d s e i n e r H e r s t e l l u n g . Was ist eigentlich guter Koks, und wie kann er dai gestellt werden? Zur frühzeitigen Beantwortung dieserFragen zwangen uns die Mesaba-Erze. Wir bekamen diese Feinerze Ende der 90er Jahre zu verhütten, als unsere Profile noch schlecht waren und die Gebläse hohen Winddruck nicht aushielten. Gleichzeitig verschlech­

terte sich der Koks, indem er durch weniger gute Verbrennlichkeit den Winddruck noch vergrößerte und den Ofen noch mehr zum Hängen veranlaßte.

Das fortwährende Hängen und Stürzen der Gichten, das oft m it furchtbaren Explosionen verbunden war, zwang mich nicht nur zu der Entwicklung des neuen Profils, sondern auch zum Studium der Veibren- nungseigenschaften des Kokses.

Ich stehe unter dem Eindruck, daß erst seit dem Vortrag von Köppers1) in Deutschland allgemeiner ein Interesse und Gedankenaustausch über die Frage der Verbrennlichkeit des Kokses eingesetzt hat im Gegensatz zu der großen Bedeutung, die wir schon längst in Amerika dieser Frage beigelegt hatten.

Bei den in Deutschland gebräuchlichen grob­

stückigen Möllerungen und der größeren Porosität des deutschen Kokses spielte die Frage einer hohen Windpressung nicht die gleiche Rolle wie in Nord­

amerika, auch waren die Erze nicht so leicht reduzier­

bar; daher war die Verbrennlichkeit des Kokses nicht von solcher Bedeutung wie hier. Außerdem wurde in Deutschland der Koks wohl nie so heiß gebrannt,

1) St. u. E. 41 (1 9 2 1 ), S. 1178/81 und S. 1254/62.

wie wir es hier vor 15 Jahren taten , und er wurde nicht so übergart. Tatsächlich sind die niedi igen Wind­

drucke, ebenso die große Sorgfalt, m it der man in Deutschland den Koks behandelt, für mich ein schlüssi­

ger Beweis, daß der deutsche Koks im allgemeinen nicht so schwer veibrennlich ist, wie Köppers annimmt.

Tiotzdem habe ich bei m einen Besuchen auf deutschen Werken den Eindruck gehabt, daß der Koks unter sehr ungleichmäßigen Bedingungen hergestellt wird, und daß guter und schlechter Koks, leicht- und schwerveibrennlicher, dichter und schwam­

miger, großstückiger und kleinstückiger auf einmal in demselben Ofen erzeugt w e d e n . D ies ist auf hohen und wechselnden W assergehalt und auf un­

gleichmäßige Beheizung der Koksöfen zurückzu­

führen und auf das N ichtm ischen geeigneter Kohlen­

sorten. Die in Deutschland üblichen Verfahren der Koksbehandlung nach dem Ausdrücken gewähr­

leisten auch keine Gleichm äßigkeit der Stückgröße.

Der Hauptgrund, weshalb wir früher die Koks­

darstellung vom Hochöfnerstandpunkt aus behandel­

ten, war der glückliche U m stand, daß Kokereien auf den Hüttenwerken angelegt waren, während sie in Deutschland meistens bei den Zechen liegen und auch von diesen verw altet werden. In Amerika stehen daher die Kokereien nicht nur unter der Hüttenverwaltung, wo der Hochöfner den Betrieb der Koksöfen dem des H ochofens anpassen kann, sondern man hat auch die Möglichkeit, verschiedene Kohlensorten nach eigener Wahl zu mischen. Dies ist von Anfang an m it größtem E rfolg geschehen und inzwischen zu einer neuen W issenschaft aus­

gebildet worden.

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verteilung gereehnet werden. Der Berioht erw ähnt dann weiter ein sohweros Grubenunglüok im Novembor v. J., das 58 Bergleuten das Loben kostete und in den nächsten

3 ,3 3 3 w = w iÜr 100 kg (2Ü) hervorgeht, eine gesetzm äßige. D a die Verkaufspreise handelsüblich für 100 kg W arengewicht ab Werk gestellt werden, so ist

Auslandes, kaum erfolgt sind, wird sich auch fü r diese G o- werbe die Lage bald bedrohlich gestalten. Man muß also damit rechnen, daß das Wirtschaftsleben in

zeugen. Allerdings fiel im Dauerbetrieb, bei dem einA uskochen der Schlacke nicht durchführbar ist, immer siliziumarmes Roheisen, da die Schlacke durch die

gesetzten Preise band, um dadurch zu einer Gesundung der W irtschaftsverhältnisse beizutragen, m ußten die Preise von E nde A ugust an alle zehn T age und zuletzt

rungen führt. E s sei an dieser S telle daran erinnert, daß H ollen b erg nach seinen eigenen A n gab en 1) das bekannte B ild n ich t unm ittelbar nach den

Stahlkugeln mit herangezogen, um die von Hultgren gefundenen Grenzwerte nachzuprüfen und festzustellen, wie weit durch Verwendung dieser Kugeln die An­.. näherung

Während man am Erzmarkt längst eingesehen hat, daß Durchschnittsanalysen und durchschnittliche Siebproben allein nicht ausreichen, um festzustellen, ob sich das Erz