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Glückauf, Jg. 66, No. 24

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GLÜCKAUF

Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift

N r. 24 14. Juni 1930 66. Jah rg .

B e w e g u n g s v o r g ä n g e bei d e r A u frich tu n g des rheinisch-w estfälischen S tein k o h len g eb irg es.

Von M ar k s c h e id e r W. N e h m , W a t te n s c h e i d . Die nachstehenden Untersuchungen beschränken

sich im wesentlichen auf das Grubenfeld Centrum- Morgensonne und stützen sich neben örtlichen Beob­

achtungen untertage auf das Grubenbild, das gelegent­

lich einer Neubearbeitung nach allen Richtungen hin sorgfältig durchgeprüft worden ist.

Der Mahnung H ö f e r s1 eingedenk, daß uns bei den ungleichartigen Bewegungsvorgängen der G e­

birgsbildung Tatsachen weiter bringen als Phantasien und Projektionen, habe ich, um eine Gleichmäßigkeit der Beobachtungen zu erzielen, die Grenzen des oben bezeiclmeten Arbeitsfeldes so gut wie nie überschritten.

Die A u s d r u c k s f o r m e n d e r B e w e g u n g s v o r g ä n g e ( F a l t u n g e n u n d S t ö r u n g e n ) .

D i e F a l t u n g e n .

Nach der heutigen Beobachtungsweise enthalten die Falten wenig kennzeichnende Merkmale. Die Trennung nach Faltungsgraden ist im Hinblick auf die schwankende Bildsamkeit der Gesteine so grob äußerlicher Art, daß sie über die Mechanik der Gebirgsbildung w enig besagt.

Abb. 1. H o c h b il d d e r Z e c h e C e n t r u m - M o r g e n s o n n e . Man neigt zu der Ansicht, daß sich Sättel und Mulden auf große Entfernungen hin als zusammen­

hängende Einheiten verfolgen lassen. Diese Auf-

1 . H ö f e r : D ie V e r w e r f u n g e n , 1917, S . 6.

fassung bedarf bei Sonderuntersuchungen einer so r g ­ fältigen Nachprüfung. Abb. 1 zeigt bei

a

einen Wechsel in der. Sattelausbildung, der häufiger vor­

kommt, als man im allgemeinen glaubt, und den man am besten mit Paßbildung bezeichnet. Er läßt sich nicht nur bei Nebensätteln beobachten, denn die Auf­

schlüsse in dem benachbarten Felde Ver. Carolinen­

glück zeigen diese Wechsel sogar in dem als leitend angesehenen Wattenscheider Sattel. Große, zusammen­

hängende Sattel- und Muldenbildungcn verlieren sich und Nebenfaltungen reißen mehr oder weniger auf­

fällig die Führung an sich. Diese Erscheinung muß nicht nur bei der Benennung der Sättel und Mulden berücksichtigt werden, sondern kann vielleicht auch im Hinblick auf die ursprüngliche Veranlagung zur Schwellenbildung bei paläogeographischen Unter­

suchungen von Bedeutung sein.

¿fr-e/c/ie/rtfe "

¿ ¿ h g ey

. j. Puersc/r/ ¿¿A ye

Oruc/r

Abb. 2. Q u e r f a l t u n g nach H u n g e r e r.

Der zweite Punkt, der Beachtung verdient, ist die Erscheinung der Querfaltung. M e y e r1 glaubt, für das rheinisch-westfälische Karbon ein Zeitalter der Quer­

faltungen vermuten zu dürfen. Während die Haupt­

falten von Osten nach Westen streichen und auf einen südlichen Druck zurückzuführen sind, sollen die von ihm erwähnten Querfaltungen auf einen Druck von Osten nach Westen, also auf einen herzynischen Druck hindeuten. Diese Auffassung schießt weit über das Ziel hinaus; querfaltenähnliche Erscheinungen sind nur rein örtlicher Natur. H u n g e r e r2 hat nach­

gewiesen (Abb. 2), daß ein gerichteter Druck an der Stelle seiner stärksten Auswirkung eine querfalten­

ähnliche Umgestaltung der Hauptfalte verursachen kann. Die Linie

c-d.

entspricht der Druckrichtung, die Richtung

a-b

dem Streichen der Hauptfalte, der Bogen

a-b

(vgl. die Einsattelung

b

in Abb. 1) der von dem Überdruck hervorgerufenen Querfaltung.

D i e S t ö r u n g e n .

Ungleich mannigfaltiger und kennzeichnender als die Formen der Faltenbildung sind die verschiedenen Störungen, die sich bei planmäßiger Beobachtung zu

1 G l ü c k a u f 1906, S. 1171.

5 Z e n t r a l b l . M in . 1922, S. 106.

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790 G l ü c k a u f Nr . 24

Sförungsgruppen vereinigen lassen. Rein äußerlich unterscheidet man streichende, querschlägige und spießwinklige Störungen. Die Ursachen, ob Zug oder Druck, sollen vorläufig vernachlässigt werden.

Die streichenden Störungen.

1. D e r S u t a n nimmt seiner Größe nach in dem Felde Centrum-Morgensonne die wichtigste Stellung ein.

Man unterscheidet Längs- und Faltenwechsel, und es bedarf keiner weitern Erörterung, daß der Sutan zu der Gruppe der Längswechsel gehört. Schichten­

verschleppungen und Hakenschläge sind nur von örtlicher und so geringer Bedeutung, daß man niemals von einem ausgewalzten Mittelschenkel sprechen kann.

Obwohl ein umfangreiches Schrifttum über den Sutan vorliegt, ist man in Bergbaukreisen nur wenig über die grundlegende Erkenntnis C r e m e r s1 hinaus- gekömmen, daß sich die allgemeine Faltung auf den Sutan erstreckt hat. Hier sei auf d r e i Tatsachen auf­

merksam gemacht, die bisher nicht mit dem nötigen Nachdruck im Schrifttum beachtet worden sind und die einen tiefern Einblick in die Bewegungsvorgänge geben können.

a) Der Sutan wird als eine große, im Streichen zusammenhängende, einheitliche Überschiebung an­

gesehen, den gelegentlich auftretenden Begleitüber­

schiebungen wird nur die Rolle einer Nebenerschei­

nung beigemessen.

Im Felde der Schachtanlage Fröhliche Morgen­

sonne sind westlich des Primussprunges zwei Über­

schiebungen aufgeschlossen worden; eine Tiefbohrung läßt eine dritte vermuten. Die Aufschlüsse der südlich vorgelagerten Zeche Maria Anna und Steinbank zeigen eine vierte Schuppe, die im Felde Centrum durch das

» G lü c k a u f 1897, S. 373.

übergreifende Kreidemeer abgetragen worden ist. Das östlich benachbarte Feld Präsident zeigt ebenfalls mehrere Überschiebungen, und es steht fest, daß die größte Überschiebung dieses Feldes nicht mit der größten Überschiebung des Feldes Centrum-Morgen- sonne identisch ist. Man wird sich also daran gewöhnen müssen, in dem Sutan nicht eine zusammen­

hängende Überschiebung, sondern eine b r e i t e Ü b e r ­ s c h i e b u n g s z o n e zu sehen, bei der sich die einzelnen Schuppen nur selten auf weite streichende Erstreckung verfolgen lassen. Das Hauptausmaß der Überschie­

bungen springt je nach den örtlichen Verhältnissen von einem Ast auf den ändern über. Es ist deshalb nicht möglich, in streichender Länge die Schubwege zu vergleichen, solange man nicht genau weiß, ob man sich noch auf derselben Schuppe befindet; wohl aber ist zu erwarten, daß die Summen der einzelnen Schubweiten und der verschiedenen Schuppen ur­

sprünglich so gut wie gleich waren. Zusammen­

stellungen in dieser Hinsicht sind meines W issens noch nicht gemacht worden und werden sich auch kaum durchführen lassen, weil große Teile durch die Abrasion verloren gegangen sind.

b) Leichter lassen sich die Schubweitenänderungen in querschlägiger Richtung auf derselben Schuppe ver­

gleichen. Der in Abb. 3 wiedergegebene Querschnitt zeigt längs der Überschiebungsfläche gemessene Schubweiten für das Flöz Sonnenschein von 500 m, für das Flöz Dickebank von 700 m und für das Flöz Wilhelm sogar von 940 m. Die Abb. 4 und 5 geben

j

eine mechanische Erklärung. A b b .4 zeigt den von einer Überschiebung durchschnittenen Schichtenblock in flacher Lagerung. Die Schichten­

abstände von 1 - 6 und von 1 2 — 1 7 m ögen einer ursprünglichen Länge von 1,00 Einheiten entsprechen.

Durch die Faltung verlängert sich in Abb. 5 der Abstand von 1 —6 auf 1,25 Einheiten, verkürzt sich die Länge von 1 2 - 1 7 auf 0,75 Einheiten. Bei stärkerer Faltung treten diese Veränderungen un­

gleich größer auf. Bei dem Faltungsvorgang müssen sich die Schichten auf den einzelnenSchicht- flächen g e g e n e i n a n d e r v e r ­ s c h o b e n haben, ohne daß diese B e w e g u n g unmittelbar in Er­

scheinung tritt. Es handelt sich hier um eine tektonische Be­

w eg u n g , die ein erhebliches A u s­

maß erreichen kann. H o f f m a n n1 hat sie seinerzeit beobachtet, aber nicht gedeutet. Bei der B e­

schreibung eines Schnittes der Zeche Sälzer und Neuack schreibt er: »Es scheint demnach, daß die Ebene des Flözes als Überschie­

bungsfläche gedient hat . . . Nach Angaben des Betriebsführers hat sich eine derartige Überschiebung auch in jedem der hangenden Flöze vorgefunden. . . . Es m ag dahingestellt bleiben, ob der Vorgang sich in jedem der hangenden Flöze - wiederholt hat, daß also in jedem dieser Flöze eine Überschiebung verläuft.« Aus dieser Wanderung der

T ~ z 7 " p r . G e o l . 1895, S. 234.

s n e r a e L --- - p i --- - p ~ r 7 7 £ / 1 y V r,\y

Uberscf7/ebu/7g

ö c /ia u /e /flä c /re \O ru c /f-

Verschiebung ( S /a ff) J Störungen

, r.-,- T - S p ru n g } ^ n g -

______S törungscharahfer unbe/rannt A bb. 3. Q u e r s c h n i t t im F e ld e F rö h l ic h e M o r g e n s o n n e .

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1 4 .Juni 1930 G l ü c k a u f 791

Schichten gegeneinander erklären sich auch die zahl­

reich beobachteten Rutsch- und Harnischflächen bei ungestörter Lagerung, bei ungleichartigem Neben­

gestein mit schwankender Bildsamkeit die Ver­

drückungen an der einen Stelle und die Wulst­

bildungen an der ändern.

Abb. 4.

Abb. 5.

A bb. 4 u nd 5. S c h i c h t e n w a n d e r u n g in folg e von F alt ung.

c) Bei der Deutung der Abb. 3 sind also zwei Bewegungen scharf zu trennen, nämlich die Ü b e r ­ s c h i e b u n g s b e w e g u n g s e l b s t , die in ihrer Anlage für alle Flöze so gut wie gleich gewesen sein mag,

und eine F a l t u n g s - o d e r B i e g u n g s b e w e g u n g , welche die SchubWeiten einer Verlängerung oder einer Verkürzung unterworfen hat, je nachdem die zu ver­

gleichenden Teile auf einem Muldennord- oder Muldensüdflügel liegen. So erklären sich auch die Widersprüche, daß C r e m e r einen einheitlichen Schnittwinkel von 15° angenommen, L e h m a n n1 da­

gegen alle Winkel von 0 - 9 0 ° beobachtet hat.

2. D i e ü b r i g e n L ä n g s w e c h s e l (Abb. 6) sind im Vergleich zum Sutan von geringerer Bedeutung.

B ö t t c h e r2 beschreibt mehrere Fälle, in denen diese Überschiebungen innerhalb eines Grubenfeldes ein- setzen, ihr Höchstmaß erreichen und wieder aus­

klingen. Sie scheinen nach meinen Beobachtungen ihren Ausgangspunkt in der Nähe der Mulde zu haben;

in k e i n e m F a l l e sind Ü berschiebungs­

flächen beobachtet worden, welche die Mulden selbst durchsetzen oder gar mitgefaltet worden sind. Während die Entstehung des Sutans der Faltung vorausgegangen oder in ihren Beginn gefallen ist, sind die Längswechsel d i e s e r Gruppe als Druck­

auslösungen in der letzten Stufe der Faltung an­

zusehen.

3. D i e d r i t t e G r u p p e d er s t r e i c h e n d e n S t ö r u n g e n sind die Schaufelflächen. Von S u e s s ist der Begriff der Schaufelfläche festgelegt worden.

Lach m a n n3 hat die hier zu erörternde Störungsart fälschlich als Schaufelfläche im Sinne von Suess auf­

gefaßt, L e h m a n n hat die Störungen richtig erkannt, aber irrtümlicherweise die Bezeichnung Schaufelfläche von Lachmann übernommen, ohne sich um die Begriffsbestimmung von Suess zu kümmern. Da der Name Eingang gefunden hat, soll er beibehalten werden, zumal da es Schaufelflächen im Sinne von Suess im Ruhrbezirk nicht gibt.

Die Störungsflächen stehen so gut wie senkrecht;

hier und da auftretende Wechsel im Einfallen beider­

seits der Mittelsenkrechten geben ihnen gelegentlich schaufelförmige Aufbauchungen. Beispiele dieser Art zeigen die Abb. 7 und 8 in den Linien

a-a

und

b b.

Das Gebirge neigt dazu, in d e r N ä h e der Sattel- oder Muldenlinien un d p a r a l l e l zu i h n e n a u f z u r e i ß e n , ohne sie zu durchsetzen. Die Störungen scheinen sich im Streichen und im Einfallen leicht zu verlieren, um in nächster Nachbarschaft etwas versetzt wieder neu aufzutreten. Sie ähneln also in dieser Hinsicht dem Sutan, ohne daß es aber infolge der regellosen Auf- und Unterschiebungen zur Schuppenstruktur kommen konnte. Ebenso wie bei den Überschiebungen zeigen sich die Schaufelflächen hauptsächlich s ü d l i c h des Wattenscheider Sattels, also auf der dem Druck zu­

gewendeten Seite. Auf der Nordseite fehlen sie ganz.

Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, daß im Hangenden des Sutans eine Schaufelfläche im Felde Centrum-Morgensonne auftritt, die im Gegensatz zu den übrigen Aufschlüssen die Muldenlinie spieß­

winklig durchsetzt. Auf diese Erscheinung wird noch zurückgegriffen.

Die querschlägigen Störungen.

4. D e r P r i m u s s p r u n g . Die stärkste und am leichtesten zu erkennende Störung im ganzen Gruben­

felde ist der Primussprung. Er streicht fast genau

A bb. 6. Ü b e r s c h i e b u n g e n als le tz t e r A u s k la n g d e r F a lt u n g e n .

1 G lü c k a u f 1920, S. 23.

2 O lü c k a u f 1925, S . 1151.

’ O l ü c k a u f 1910, S. 205,

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792 G l ü c k a u f Nr . 24

von Norden nach Süden und fällt mit 6 5 - 7 0 ° nach Osten ein. Der flache Verwurf läßt sich mit ziem­

licher Genauigkeit angeben, er beträgt rd. 300 m. Der Sprang zeigt das ausgeprägte Bild der Gangspälte.

Abb. 7. H a u p t g r u n d r i ß d e r 2. S o h le d e r Z e c h e F rö h l ic h e M o r g e n s o n n e . Die Gangmasse hat eine Mächtigkeit von rd. 20 bis

30 m und ist im wesentlichen aus dem Nebengestein und regellosen Kohlentrümmern gebildet. Sie zeigt

weitgehende Spuren von Verquarzung, vereinzelt treten Bleiglanz und Schwefelkies auf.

5. Eine andere, g a n z e i g e n a r t i g e S t ö r u n g s ­ g r u p p e ist durch den Buchstaben

c

in den Abb. 7

und 8 in einer besonders stark gefalteten Mulde kenntlich g e ­ macht. D iese Störungen sind früher entsprechend dem Sche­

ma in Abb. 9 als echte Sprünge gedeutet worden, genauere Aufnahmen haben aber das Schema in Abb. 10 ergeben.

Keine dieser zahlreichen S tö ­ rungen d u r c h s e t z t d e n K e r n d e r M u l d e . Die S tö ­ rungsklüfte neigen zur W asser­

führung, scheinen also nicht fest g esch lo ssen zu sein. Über ein e tw a ig e s Auftreten von Gangmineralien sind bisher keine zusamm enhängenden Untersuchungen angestellt worden.

6. Die s p i e ß w i n k l i g e n B l a t t v e r s c h i e b u n g e n . Das

Südfeld der Schachtanlage Fröhliche M orgen son n e wird von einer ostwestlich strei­

chenden Störung durchsetzt (Abb. 1 1 - 1 4 ) , die trotz ihrer Bedeutung meines W issens noch keine Beachtung im Schrifttum gefunden hat; sie führt in dem Grubenfeld Centrum-M orgensonne den Namen Höntroper

^

Verschiebung. Die S tö ­ rung läßt sich nach Osten hin durch die Felder Ver. Maria Anna und Steinbank und E ngelsburg verfolgen, biegt zwischen den Bauen der Schachtanlagen ’Dannen­

baum 3 und Prinz Regent leicht nach Südwesten um, durchsetzt dann wiederum mit ostwestlichem Streichen

N

Abb. 9.

Abb. 10.

Abb. 9 u n d 10. S c h e m a d e r M u l d e n s t ö r u n g e n . Abb. 8. S c h n it t n ach A — B in Abb. 7.

7. oon/e

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1 4 .Juni 1930 G l ü c k a u f

793

falten des Südfeldes geradlinig durchsetzt, ändert sie ständig ihren Charakter, das eine Mal erscheint sie als Sprung, das andere Mal als Aufschiebung; in Abb. 17 zeigt sie sich sogar in demselben Schnitt gleichzeitig als Auf- und Unterschiebung. Sie ent­

spricht in ihrem ganzen Verhalten der Langendreerer Verschiebung, die B ö t t c h e r1 zuerst erkannt und beschrieben hat. Tektonisch besteht zwischen diesen beiden Störungen zweifellos eine nahe Verwandt­

schaft.

Spießwinklig zu derselben Verschiebung stehen in Abb. 15 zahlreiche kleinere Störungen, die leicht den Eindruck von Überschiebungen machen (Abb. 16), sich aber bei genauer Prüfung auch als Blattverschie­

bungen erweisen. Der Grundriß erweckt den Eindruck, als habe ein örtlich eng begrenzter Druck die zer­

splitterten Gebirgsteile keilförmig gegen den Wider­

stand des Wattenscheider Sattels eingetrieben. Keine dieser Störungen durchsetzt die Hauptverschiebung, so daß man geneigt sein könnte, ihnen ein größeres Alter als der Höntroper Verschiebung zuzusprechen.

Es ist mir aber in keinem Falle geglückt, jenseits der Hauptüberschiebung die passenden Fortsetzungen festzustellen.

Abb. 11. H ö h e n s c h i c h t e n p l a n d e r H a u p tv e r s c h ie b u n g .

Herkules nicht weiter zu verfolgen. Man kann vermuten, daß sie in dem genannten Felde den Wattenscheider Sattel erreicht. Sie ist auf eine Länge von 15 km einwandfrei nachgewiesen, die wahrschein­

liche Gesamtlänge dürfte an 20 km heranreichen. Die Störungskluft steht, sow eit sie zu verfolgen ist, überall

N e b e ^

/7. ¡SonnenscA

A bb. 12. S c h n it t n a c h A —B in Abb. 11

Z7. Qi/yndeJ/e_ 5. S o /i/e

Abb. 15. Die B e g le i tv e r s c h ie b u n g e n .

Der Übersicht wegen seien die sechs Störungs­

gruppen noch einmal wiederholt: 1. die gefalteten Überschiebungen (Sutan), 2. die jüngern ungefalteten Überschiebungen, 3. die streichenden Schaufelflächen, 4. der Primussprung und seine Begleiter, 5. die vorläufig nocli nicht gedeuteten sprungähnlichen Störungen, 6. die spießwinkligen Blätter.

Mit diesen Gruppen glaube ich die ganze Reihe der vorhandenen Störungsmöglichkeiten erfaßt zu haben. Treten hier und da gelegentlich einmal andere Störungserscheinungen auf, so sind sie, wenn man sie nicht falsch beobachtet hat, als örtliche Spielarten

t Q l ü c k a u f 1925, S. 1150.

A bb . 13. S c h n it t nac h C —D in Abb. 11

Abb. 14. S c h n it t nach E - F in Abb. 11

das Feld der Schachtanlage Dannenbaum 2 und scheint sich im Felde Mansfeld am Stockumer Sattel zu verlaufen, ohne diesen zu durchdringen.

Nach Westen läßt sich dieselbe Störung im Felde Johann Deimelsberg beobachten, ist aber von dort infolge mangelnder Aufschlüsse in dem Felde

so gut wie senkrecht; im Felde Centrum-Morgensonne läßt sich eine waagrechte Verschiebung von etwa 220 m Länge feststellen. Dort, wo bei dem Durch- dringeii einer Sattelkuppe das Streichen der Störung mit dem Streichen der Flöze zusammenfällt, ist die B ewegung scheinbar gleich Null. Da sie die Neben-

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G l ü c k a u f Nr. 24

der obigen Gruppen anzusehen. Diese Einordnung wäre mir wohl auf Grund des Grubenbildes allein nicht möglich gewesen, ihre Möglichkeit trat erst durch die Anfertigung eines M odells (Abb. 1) in Er-

Abb. 16. S ch n it t nach A —B in Abb. 15.

scheinung, das einen viel tiefern Einblick in den Gebirgsbau gestattet als die Fülle der einzelnen Sonderblätter des Grubenbildes. Da sich dieses Modell nicht auf die Wiedergabe eines einzelnen Zustandes beschränkt, sondern zerlegbar ist und die

Darstellung verschiedener tektonischer Flächen er­

laubt, bietet es Vergleichsmöglichkeiten, ohne die diese Einordnung und die nunmehr folgenden Erörte­

rungen und Schlußfolgerungen nicht möglich gewesen wären.

E r ö r t e r u n g d e r s e c h s S t ö r u n g s g r u p p e n . Die einzige einwandfrei der Faltung unterworfen gew esene Störung ist der Sutan. Er muß somit älter als die Faltung sein oder wenigstens gleichaltrig damit.

Der Primussprung gilt mit den ändern Haupt­

querverwerfungen des rheinisch-westfälischen Stein­

kohlengebirges als das jüngste Glied der Störungs­

gruppen, und es besteht kein Anlaß, diese Ansicht zu ändern.

Von den verbleibenden vier Gruppen gilt für drei Gruppen das e i n h e i t l i c h e K e n n z e i c h e n , daß sie nicht die Sättel und Mulden durchsetzen; es muß daher die Vermutung erlaubt sein, daß die Sättel und Mulden den Druckerscheinungen während der Gebirgsaufrichtung stärkern Widerstand en tg eg en ­ gesetzt haben als die Sattelflanken. Wenn diese Ver­

mutung richtig ist, so müssen die Sättel und Mulden einen wesentlichen E i n f l u ß a u f d a s i n n e r e G e f ü g e d e s t e k t o n i s c h e n B i l d e s gehabt haben.

Zum weitern Ausbau dieser Vermutung sei an die festgestellten doppelten B ew egungsvorgänge am Sutan erinnert. Es ist einwandfrei nachgewiesen worden, daß die Schichten in folge des F altungs­

vorganges auf verhältnismäßig große Entfernungen übereinander hinwegwandern ohne sichtbare Störung des Zusammenhanges, daß es also g eo lo g isch e D is­

lokationen gibt ohne Störungsflächen. Ausdrucks­

formen dieser Schichtenwanderungen sind Harnische und Rutschflächen. Gelegentliche Funde von Fossilien

auf diesen Rutschflächen zeigten keinerlei gew alt­

same Verzerrungen. Die Bewegung ist trotz der g e ­ waltigen Massen, die hier in B ew egung gewesen sind, als eine leicht gleitende Fließbewegung au fzu fassen ; den Massen hat also die Sutanfläche als Ausgleichs­

fläche gedient.

Diese Schichtenwanderungen können selbstver­

ständlich bei jeder Gebirgsfaltung auftreten, fraglich ist nur die Auswirkung, wenn eine E n t s p a n n u n g s ­ f l ä c h e f e h l t .

Eine Annäherung an dieses Problem möge mit Hilfe der Festigkeitslehre versucht werden. Die Faltenbildung setzt Druck voraus, dem sich später innerhalb der Schichten Biegung zugesellt. Druck erzeugt Druck- und Schubspannungen, Biegung- Druck- und Zugspannungen ( S t i e l e r 1). Man muß also mit diesen drei Spannungsarten rechnen, die von dem Grundsatz der Mechanik der bildsamen Körper, von dem G e s e t z d e r V o l u m e n k o n s t a n z beherrscht werden, ln dem der Pressung unterworfenen G ebirgs­

körper ist der bedrängte Stoff bestrebt, in der Rich­

tung des schwächsten Widerstandes auszuweichen.

Die Biegung erzeugt in den Sattel- und Mulden- wenduiigen Zug und, damit zusammenhängend, Lockerung der Massen. Die in B ew egung kommenden Massen fließen, genügende Bildsamkeit vorausgesetzt, naturgemäß nach diesen Stellen. Die Strömungen der beiden Faltenflügel müssen sich in den Falten­

wendungen begegnen, müssen sich dort stauen und zu einer Anreicherung der Faltenrippen führen.

Diese Massenwanderungen sind nichts anderes als die bei der Sutanfaltung beobachteten Schichten­

wanderungen, jedoch verschieben sich jetzt nicht nur die einzelnen Schichten gegeneinander, sondern auch noch die Massenteile der einzelnen Schichten unter sich. Diese Gedanken sind durchaus nicht neu. Lac Ir­

in an n 2, dem dieses Problem auch aufgefallen zu sein scheint, hat gelockerte Sattelstreifen und verstärkte Muldenstreifen vermutet.

H a a r m a n n3 spricht über diesen Vorgang, den er als D r u c k a u f b e r e i t u n g bezeichnet: »Wenn ein Gesteinkomplex unter Druck kommt, so fängt zuerst das Gestein, welches den kleinsten Fließdruck hat, an, sich zu bewegen. Dieses ist zuerst fähig, dem Druck auszuweichen und sich dorthin zu bewegen, wo geringerer Druck herrscht. Es kann sich g ew isser­

maßen in den Druckschatten flüchten. Dadurch wird es da, wo es zuerst lag, teilweise oder ganz aus­

gequetscht und an ändern Stellen mäßig zusammen­

geballt. Es kann eine Verdickung des beweglichen Materials in den Sattelköpfen stattfinden.«

B ö t t c h e r4 nähert sich diesem Problem g eleg en t­

lich seiner Untersuchungen der Mächtigkeitsschwan­

kungen. Er hat an Hand zahlreicher Aufschlüsse festgestellt, daß bei einer normalen Schichtenstärke von 100 m die Mächtigkeit der Sattelrippe im Durch­

schnitt auf 122 m, die der Muldenrippe auf 185 m anschwillt. Ohne dem Vorgang besondere Bedeutung beizulegen, gibt er den Sattel- und Muldenrippen 22 m Verdickung durch »Faltungsdiskordanz«, die restlichen 65 m Anschwellung in der Mulde erklärt er aus der verstärkten Sedimentation. Die Aufschlüsse auf

■ Z e n t r a l b l . M in . 1922, S. 664.

2 G l ü c k a u f 1910, S . 206.

2 Z . O e o l . G e s . 1927, S. 43.

* O l ü c k a u f 1925, S. 1191.

(7)

1 4 .Juni 1930

G l ü c k a u f

795

Centrum-Morgensonne eignen sich zurzeit nicht zur Nachprüfung dieser Zahlen.

Der fortgesetzte Druck wandelt mit der Zeit die Anreicherungen in den Sätteln und Mulden in eine Versteifung um und gibt den Sätteln und Mulden die Eigenschaft von f e s t e n W ä n d e n , zwischen denen sich die bildsamem Kammern der Sattflflanken be­

finden. Die Wände wirken wie Klemmbacken, und ihrem Einfluß ist es zuzuschreiben, wenn sich nun­

mehr innerhalb der Sattelflanken ganz naturgemäß die Reihe der Störungsfolgen abwickelt.

In dem ersten Stadium der nachlassenden Bildsam­

keit treten senkrecht zur Druckrichtung die jüngern Überschiebungen auf. Sie pressen sich aus den Mulden heraus und entstehen zu einer Zeit, in der dem Gebirge noch eine gew isse Bildsamkeit innezuwohnen scheint. Eine etwaige Aufbiegung der Störungsfläche durch die fortschreitende Faltung ist so gering, daß sie vernachlässigt werden kann.

ln der Zeit der nunmehr eintretenden Versteifung bilden sich die Schaufelflächen. Der Übergang von der Versteifungswand in die normalen Sattelflanken scheint wie eine Einschnürung, wenn nicht wie eine Kerbe zu wirken, bei der sich die Biegungseinflüsse als besondere Gefahrenquelle erweisen. Ob Auf­

oder Unterschiebungen auftretcn, ist eine Frage der örtlichen Verhältnisse. Es liegt in der Natur der Sache, daß unter diesen Verhältnissen die Schaufel­

flächen die benachbarte Verstärkungswand n i c h t d u r c h s e t z e n . Unter Punkt 3 ist erwähnt worden, daß man im Hangenden des Sutans eine Schaufel­

fläche beobachtet hat, die ausnahmsweise die Mulde spießwinklig durchsetzt. Die Erklärung ergibt sich jetzt von selbst dahin, daß durch den benachbarten Sutan eine Ausgleichsfläche gegeben war und somit die Voraussetzung für die Bildung der Verstärkung fehlte.

Gleichzeitig mit diesen Schaufelflächen bilden sich die sprungähnlichen Störungen, die sich ihrer B ew egung entsprechend als querschlägige Blätter

Abb. 18. D ia g o n a l e D r u c k e r s c h e i n u n g e n nach D a u b r é e . deuten lassen; Schrumpfungserscheinungen mögen den ersten Anlaß zur Kluftbildung gegeben haben.

Der Widerstand der harten Sattel- oder Muldenwand

verursacht eine Klaffung, die infolge der verloren­

gegangenen Bildsamkeit des Gesteins nicht mehr geschlossen werden kann. Es bleiben feine, zur Wasserführung neigende Spalten. Weitaus die meisten kleinern querschlägigen Störungen, die bis­

her als echte Sprünge gedeutet wurden, sind D r u c k - e r s c h e i n u n g e n . Die Spannungserscheinungen sind aber in diesem Stadium der Gebirgsbildung noch so schwach, daß die Versteifungswände ihnen wider­

stehen.

Abb. 19. D ia g o n a l e D ru c k e r s c h e i n u n g e n nach D a u b r e e . Die letzten Einwirkungen vor der völligen »Kon­

solidation« der Schichten ( S t i l l e 1) stellen die dia­

gonalen Blätter dar. Durch den immer stärker werden­

den Gegendruck des Gebirges ist die gebirgsbildende Kraft auf Grund örtlicher Verhältnisse so in ihre Komponenten zerlegt worden, daß der Seitendruck die stärkern mechanischen Wirkungen an sich reißt. Nun­

mehr bilden sich die diagonal streichenden Verschie­

bungen, die sich rücksichtslos ihren W eg suchen und dabei auch die Verstärkungswände der Sättel und Mulden zerreißen. Gleichzeitig bilden sich unter der Kraft einer ändern Komponente die fast senkrecht zu der Hauptverschiebung stehenden Blätter, die schon D a u b r e e vor Jahrzehnten in seiner experimentellen G eologie nachgewiesen hat (Abb. 18 und 19). Jetzt erklärt es sich auch, warum Böttcher vergeblich jenseits der Langendreerer Verschiebung die Ver­

längerung vieler nordöstlich streichenden Störungen gesucht hat; sie sind nicht vorhanden und nie vor­

handen gewesen. Jede einzelne Störung hat ihren Anfang in der H a u p t v e r s c h i e b u n g s e l b s t und ist g l e i c h z e i t i g mit dieser entstanden.

Die vier Störungssysteme des starren Zustandes ordnen sich somit ganz zwanglos paarweise ein, die S c h a u f e l f l ä c h e n und die q u e r s c h l ä g i g e n B l ä t t e r gehören zusammen und ebenso die H a u p t - v e r s c h i e b u n g c n und ihre meist senkrecht dazu streichenden T r a b a n t e n . Diese Feststellung schlägt, und das ist das überraschende Ergebnis dieser Unter­

suchung, eine Brücke zu den grundlegenden Arbeiten von C l o o s 2. Das sedimentäre Faltengebirge scheint

1 S t i l l e : G r u n d f r a g e n d e r v e r g l e i c h e n d e n T e k t o n i k , S. 229.

■ C l o o s : D e r M e c h a n is m u s t i e f v u lk a n is c h e r V o r g ä n g e , 1921.

(8)

796

G l ü c k a u f

N r. 24

N eigung zu derselben Kluftbildung wie die einem gerichteten Druck unterworfenen Granitmassen zu haben. Schaufelflächen und die dazu gehörenden quer- schlägigen Blätter treten an die Stelle der Cloosschen Flächen, die diagonalen Blätter an die Stelle der Mohr- schen Flächen (Abb. 20). Die Störungen werden dabei zu einem Merkzeichen des Gebirgsdruckes, und es ist

a Scftaufe/f'/achen 6 Q uerscb/ ß/J/ffer c Ofagona/e ßaupfyeracb/ebung cf O /agoaa/e ß eg /e ity’e rs c fjfe ö v /ig

Abb. 20. S chem a d e r D r u c k s t ö r u n g e n .

nicht nötig, bei wechselndem Streichen der Störungen auf einen Wechsel in der Druckrichtung zu schließen;

alles erklärt sich aus einem einzigen, anhaltenden Druck von dem ersten Faltenwurf bis zur völligen Beruhigung des Gebirges. Zum Beweise sei auf die Tatsache hingewiesen, daß die Querfaltung im Wattenscheider Sattel aus der Zeit der Bildsamkeit und die keilartigen Blattbewegungen aus der Zeit der spätesten Erstarrung (Punkte

b

in Abb. 1 und

a

in Abb. 15) eng benachbart in derselben Druckrichtung auftreten.

S c h l u ß f o l g e r u n g e n .

Es sei der Vermutung Ausdruck gegeben, daß die Faltungsfähigkeit eines Gebirges neben der Bildsam­

keit maßgebend von einer gew issen Fließfähigkeit des Materials beeinflußt wird. Die Fließfähigkeit führt an den Sattel- und Muldenwendungen zur Bildung

von Versteifungswänden. Diese widersetzen sich der Bildsamkeit des Materials und führen vorzeitig zur Beendigung der Faltung. Vielleicht können mikro­

skopische Gefügeuntersuchungen den Beweis für eine plastische Umformung erbringen.

Ferner wird der Vermutung Ausdruck gegeben, daß jede Störung eine naturgegebene Stellung in der gesamteh Gebirgsaufrichtung hat und daß die jeweilige Stufe der Gebirgsbildung die Vorbedingung für diejenige Störungsart darstellt, die an diese Stufe geknüpft ist. Zur Zeit der Starrheit kann sich ebenso­

w en ig eine Überschiebung bilden, wie sich eine große Blattverschiebung zur Zeit der Bildsamkeit des Gebirges zeigen wird. .

Weiterhin wird die Vermutung ausgesprochen, daß die Schlechtenbildungen in der Kohle denselben Gesetzen unterworfen sein müssen wie die Störungen.

Den wiederholten Hinweisen im Schrifttum über Schlechten, daß diese ursprünglich veranlagt und durch die fortschreitende Faltung einer Umbildung unterworfen worden seien, stehe ich zweifelnd g e g e n ­ über. So wie außer dem Sutan keine Störung um ­ geformt worden ist, und so wie alle Störungen .als Fortsetzung der Faltung mit ändern Ausdrucksformen anzusehen sind, dürften sich auch die Schlechten als letzte Auswirkung des Druckes gebildet haben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf B o r n 1, der auch die Ansicht vertritt, daß im varistischen Gebirge die Schieferung erst nach der Faltung entstanden ist.

Diese Frage bedarf noch einer besonders eingehenden Prüfung.

An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß mir keine Störung begegnet ist, in der ich eine unmittelbare Auswirkung des Belastungsdruckes glaube sehen zu müssen. Andauernder Gebirgsdruck ohne Belastung kann als eine Erscheinung zugunsten der Lehmann- schen Trogtheorie gedeutet werden.

Zum Schluß wiederhole ich noch einmal, daß ich mich bei meinen Untersuchungen nur auf ein ver­

hältnismäßig kleines Arbeitsgebiet beschränkt habe.

Es würde zu weit gehen, die Beobachtungen in einem Gebiet starker Faltung auf Gebiete schwachem Druckes ohne Nachprüfung zu übertragen, denn aus

1 B o r n : O b e r D r u c k s c h i e f e r u n g im v a r i s t i s c h e n G e b i r g e , F o r t s c h r . G e o l. u . P a l . 1929, B d . 7, H . 22.

B e w e g u n g s v o r g ä n g e b e i im F e l d

d e r A u f r i c h t u n g d e s S t e i n k o h l e n g e b i r g e s e C e n t r u m - M o r g e n s o n n e .

Nr.

Z u s ta n d der Schic hten

F a l t u n g e n S t ö r u n g e n

A n n ä h e r n d e H ä u f i g ­ k e i t s v e r t e i l u n g e n im F e l d e C e n t r u m -

M o r g e n s o n n e

%

Die w ir k e n d e n

K rä ft e 1 H ö c h s t e

B il dsam ­ keit

F a l t e n b i l d u n g m it F l i e ß b e ­ w e g u n g e n u n d S c h ic h te n ­ w a n d e r u n g e n

G e l e g e n t l i c h e B il d u n g v on Ü b e r s c h i e b u n g e n mit F a l t u n g d e r S t ö r u n g s ­ fläch en. S u ta n

4

2 N a c h ­ l a s s e n d e B il d sa m ­ kei t

N a c h la s s e n d e F a l t u n g s ­ fähigkeit, g a n z g e r i n g e F l i e ß b e w e g u n g e n , Bil­

d u n g v on V e r s t e if u n g s ­ w ä n d e n

Die j ü n g e r n Ü b e r s c h i e ­ b u n g e n b e g i n n e n in d e n M u l d e n

2

Einhe itlich f o r t ­ w i r k e n d e r g e b i r g s - b i l d e n d e r D ruck 3 V e r s t e i f u n g F a l t u n g b e e n d e t Sch au felfläch en u nd

q u e r s c h l ä g i g e B lä t te r

4

6 6

4 S t a r r h e i t F a l t u n g b e e n d e t Die d i a g o n a l e n V e rs c h i e ­ b u n g e n

2 0

5 S t a r r h e i t F a l t u n g b e e n d e t E c h te S p r ü n g e , d e r P r i m u s s p r u n g

4 Z e r r u n g s k r ä f t e , U r s p r u n g u n a b h ä n g i g vo n dem g e b i r g s b i l d e n d e n Druck

(9)

14. Juni 1930 G l ü c k a u f

797

dem Gebiete der Werkstoffprüfung ist bekannt, daß sich dasselbe Material unter verschiedener Be­

anspruchung verschieden verhält Wenn ich auch für die Richtigkeit meiner Beobachtungen einstehen zu können glaube, liegt mir doch eine zu weit gehende Verallgemeinerung fern. Wenn ich mit meinen Aus­

führungen neue Richtlinien für weitere Beobachtungen abgesteckt habe, so ist der Zweck der Arbeit erfüllt.

Diese Richtlinien sind folgende:

1. Bestätigt sich im rheinisch-westfälischen Karbon die F eststellung der Massenwanderungen nach den Sätteln und Mulden hin? Dürfen überall die Sättel und Mulden als Versteifungswände an­

gesehen werden?

2. Bestätigt sich die Beobachtung, daß ganze Gruppen von Störungen grundsätzlich die Ver­

steifungswände nicht durchsetzen?

3. Bestätigt sich die Behauptung einer gesetzmäßigen Reihenfolge bei der Entstehung der Störungen?

4. Sofern sich diese Fragen für das Ruhrsteinkohlcn- gebirge bestätigen, fragt es sich, ob diese Grund­

sätze auf das ganze varistische Gebirge an­

gewendet werden dürfen. Sollte die letzte Frage zu bejahen sein, so würde sie Wichtigkeit für die Beurteilung der Gangvorkommen im Siegerland und im Oberharz haben, die mehr als bisher im

Zusammenhang mit der Gesamttektonik betrachtet werden müßten.

Aus der vorstehenden Zusammenstellung auf Seite 796 geht hervor, wie stark in dem bearbeiteten Gebiet die Zerrstörungen gegenüber den Druckstörun­

gen in den Hintergrund treten.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Auf Grund eingehender Untersuchungen im Felde der Zeche Centrum-Morgensonne werden die Störungen nach Alter und Bewegungsrichtung ein­

geordnet.

2. An Hand von Aufschlüssen des Sutanwechsels läßt sich feststellen, daß es geologische Dislokationen innerhalb des Schichtengefüges gibt, die äußerlich nicht zu erkennen sind. Daher wird vermutet und bis zu einem gewissen Grade nachgewiesen, daß während des Faltungsvorganges in den Schichten Massen­

wanderungen auftreten, die örtlich zu verstärkten Ver­

steifungswänden fü hren; diese sind maßgebend füt die spätere Bildung der Störungen.

3. Die Gebirgsstörungen haben die Neigung, sich nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit zu bilden. Zu jedem Abschnitt des Faltungsvorganges gehören auch ganz bestimmte Störungserscheinungen. Diese Gesetz­

mäßigkeiten erinnern stark an den von Cloos beob­

achteten Mechanismus tiefvulkanischer Vorgänge.

D ru c k w irk u n g e n im L iegenden.

Von P r o f e s s o r Dr.-Ing. O. S p a c k e i e r , Breslau.

(Schluß.) P r a k t i s c h e B e i s p i e l e f ü r d ie D r u c k w i r k u n g

im L i e g e n d e n .

Einwirkungen auf den Abbau selbst.

Nach den vorangegangenen Darlegungen macht sich in der Sohle des Strebraumes eine vom Stoß aus schräg aufwärts nach dem Versatz hin gerichtete Bewegungskraft geltend, die bei zähplastischer Flöz­

sohle ein allmähliches Quellen hervorruft, während sie bei starrem oder gar sprödem Liegenden gelegent­

lich zu plötzlichen Brüchen und Hochquellen der Solde führen kann. Versatz wirkt durch seine Last diesen Bewegungen entgegen. Die stärkste und gleich­

mäßigste Bewegung der Sohle tritt daher ein, wenn keinerlei Versatz eingebracht wird. Nach dem Bericht von W i n k h a u s1 werden deshalb in England g e ­ eignete schwache Flöze ohne jeden Versatz abgebaut, wobei durch das gleichmäßige Emporwachsen des Liegenden bei nur geringer Absenkung des Hangen­

den eine vollkommene Schließung des Hohlraumes eirrtritt. Auf einer Ausnutzung derselben Erscheinung beruht zum Teil der gute wirtschaftliche Erfolg, der im Mährisch-Ostrauer Bezirk beim Abbau sehr dünner Flöze erzielt wird. Neuerdings wird das Verfahren auf der Königin-Luise-Grube in den schwachen Andreasflözen — anscheinend mit Erfolg — erprobt.

Es leuchtet ein, daß bei einer solchen Wanderung des Liegenden die Schlechten und Drucklagen der Kohle stark durch Schleppung geöffnet werden und der G ang der Kohle daher gut ist.

Das Gegeneinanderwirken der vom Kohlenstoß und vom Versatz ausgehenden Kräfte (Abb. 13) er­

M ä i ü c k a u f 1928, S. 1641.

klärt die schon in der Einleitung erwähnte Tatsache, daß die Sohle bei plötzlichen Zerstörungen des Gebirges, wie sie bei Gebirgsschlägen und Gas­

ausbrüchen gelegentlich Vorkommen, o ft bis unter die Firste hochpufft. Ein solches Hochpuffen tritt, ab­

gesehen von Abbaustrecken, überwiegend in engen Abbauräumen ein, wenn der Versatz bis dicht an den Stoß nachgeführt ist, während es in weiten, unver­

setzten Abbauräumen selten vorkommt. In den ober- schlesischen Bruchbauen z. B. ist das Aufpuffen meist auf die Strecken beschränkt, während in der großen Fläche der Pfeilerbaue selten starke Bewegungen des Liegenden beobachtet werden. In den Strebbauen des rheinisch-westfälischen Bezirks ist dagegen das H och­

puffen der Strebsohle bei Gebirgsschäden häufig.

Rißbildungen im Liegenden können auf den Grenzflächen der Zonen

II

und / / / entstehen. Da sich aus ganz ähnlichen Gründen der Spannungsunter­

schiede die Drucklagen im Flöz und die Schlattmann- schen Risse im Hangenden parallel zum Kohlenstoß in regelmäßiger Wiederkehr auszubilden pflegen, ist zu vermuten, daß sich eine solche regelmäßige Riß­

bildung auch im Liegenden ergibt. In der Sohle eines Strebraumes entziehen sich diese Risse leicht der Beob­

achtung, weil sie sich mit Kohlen- oder Bergeklein füllen. Beobachtet werden sie daher meist nur, wenn sie sich infolge eines Betriebsstillstandes sehr stark herausgebildet haben und ihre Ausfüllung und Ver­

deckung nicht erfolgt ist. Sehr deutlich konnte die Ausbildung solcher zum Kohlenstoß parallel ver­

laufenden Risse in regelmäßiger Wiederkehr und in Übereinstimmung mit den Schlattmannschen Rissen im

(10)

798 G l ü c k a u f

Nr. 24

Flöz

D

der Zeche Löhberg festgestellt werden. Als man dieses 0,5 m mächtige Flöz in einem 220 m langen Streb abbaute, in dem die Rutsche nur jeden zweiten T ag u m g eleg t wurde, zeigten sich die Risse in der Sohle. Ihre Lage fast senkrecht unter den Schlattmannschen Rissen im Hangenden ist aus Abb. 16 ersichtlich. Es entspricht der dargelegten

Abb. 16. R e g e l m ä ß i g e R iß b i ld u n g im H a n g e n d e n u nd L i e g e n d e n d e s F lö ze s D d e r Z e c h e L o h b e rg . Entstehung der Risse auf der Grenze der Zonen / / und

III,

daß sie entgegengesetzt zu den Schlattmann­

schen Rissen geneigt sind. Als im Dezember 192S ein 51/atägiger Betriebsstillstand eintrat, erweiterte sich der Riß im ersten Felde so, daß er 10 cm breit offenstand. Auf der Zeche H ugo

II

beobachtete man ganz ähnliche Risse und stellte dabei fest, daß ihr Abstand voneinander in jedem Flöz einem bestimmten regelmäßigen Maß entsprach. Scheinbar nimmt ihr Abstand mit zunehmender Festigkeit des Sohlen­

gesteins zu, obgleich daneben auch die Verhieb­

geschwindigkeit von Einfluß sein dürfte.

Treten solche Liegendrisse in einem Sohlengestcin auf, das zugleich unter dem Einfluß der waagrechten Gebirgsdruckkomponente Bewegungen ausgesetzt ist, so müssen die hier entstandenen Risse die Bewegung beeinflussen. Übt Bergeversatz einen Gegendruck gegen die waagrechten Druckkräfte aus, so werden auf den Rißflächen Überschiebungen entstehen.

O s fe n

Abb. 17. B il d u n g vo n Ü b e r s c h i e b u n g e n a u f den Rißtlä ch en.

Abb. 17 gibt als Beispiel hierfür eine Aufnahme aus dem Flöz H ugo der Zeche Hannibal bei Bochum wieder. Das Nebengestein des 1 m mächtigen, mit 12°

einfallenden Flözes besteht im Hangenden und im Liegenden aus Tonschiefer. Das Flöz war im Flöz Mathias / , das 70 m darüber liegt, überbaut, in dem 100 m tiefer liegenden Flöz Leonhard unterbaut. Das Nebengestein war durch diese Entspannung brüchig geworden, jedoch reichten die 70 m Hangendgestein aus, einen guten Nutzdruck (Kämpferdruck) zu er­

zeugen. Das Flöz wurde mit 80 in langen Streben bei einem täglichen Verhieb von 1,5 m abgebaut. Die sich im Liegenden herausbildenden Risse konnten auf 1,5 m Tiefe beobachtet werden. Auf ihnen überschob sich das Liegende allmählich, und zwar durchschnitt­

lich um 40 cm seigerer H öhe in den 3 Tagen bis

zum Einbringen des Versatzes. Das Hangende riß in ähnlicher Weise ab, jedoch war seine Absenkung geringer als das Hochkommen des Liegenden.

Wie stark unbauwürdige Flöze und Brandschiefcr- packen im Liegenden als Gleitflächen wirken und daher je nach der Eigenart des trennenden Berge­

mittels bald ein gleichmäßiges Quellen der Sohle, bald ihr plötzliches Hochpuffen hervorrufen, ist zu bekannt, als daß es besonderer Beispiele bedürfte.

Ein sehr lehrreiches Beispiel der auftretenden Be­

w egungen gibt jedoch Abb. 18 wieder, die im Flöz 7 auf der 3. Sohle des Louisschachtes der Witkowitzer Gesellschaft zu Mährisch-Ostrau aufgenommen w or­

den ist. Das 0,5 m mächtige Flöz hat über einem kleinen Nachfallpacken festen Sandschiefer als Hangendes. Im Liegenden f o lg t unter einer 0,1 2 m mächtigen Brandschieferschicht eine feste Bergelage von 0,25 m, dann ein Kohlenstreifen von 0,1 m und darunter fester Sandschiefer. Das Flöz wurde im Bruchbau zurückgebaut, wie die Abbildung zeigt. O b­

gleich etwa 10 Felder offen standen, war der Druck nicht erheblich, wie die v ö llig unverbrochenen Stempel

/M e Heue

tf^ y lO r g c !___________________O rg e l

Abb. 18. R e g e l m ä ß i g e R i ß b i l d u n g im L ie g en d en in f o lg e v on D r u c k w i r k u n g .

erkennen ließen. Trotzdem war der G ang der Kohle gut. Sie konnte allein mit dem Abbauhammer g e ­ wonnen werden, offenbar eine F olge der Bewegung des Liegenden, mit der sich ein geringes Quellen der Sohle im Abbau verband. Das Eigenartige war, daß sich in den festen Sandschiefern unterhalb des 0,1 m mächtigen Kohlenstreifens regelm äßige senkrechte Risse parallel zum Kohlenstoß herausbildeten, die, wie man in der Grundstrecke erkennen konnte, minde­

stens 1 m tief hinunterführten und offenbar die Sand­

schieferplatte durchsetzten. Sie entstanden etwa 0,7 m hinter dem K ohlenstoß/ d. h. unter der anstehenden Kohle, und öffneten sich durch eine seitliche B ew egung des Sandschiefers nach dem Alten Mann hin. Das 0,25 m mächtige Bergemittel zwischen Flöz und Kohlenstreifen blieb so gut wie unverletzt, nur vereinzelt waren schwache Risse darin zu bemerken.

Eine Erklärung für diese Risse dürfte sich aus Abb. 2 ergeben. Scheinbar lag bei dem geringen Kämpfer­

druck die Spitze der keilförmigen Druckzone / auf der Grenze des Kohlenstreifens gegen den liegenden Sandschiefer.

Die oben gegebene, aus theoretischen Er­

wägungen abgeleitete Erklärung der Vorgänge beim gebirgsschlagartigen Zubruchgehen eines Restpfeilers infolge der Auslösung der im Liegenden herrschen­

den Druckspannungen stimmt mit der häufig g e ­ machten Beobachtung überein, daß sich in einem solchen Falle zunächst das Liegende hebt und erst dann das Hangende hereinkommt. In vielen Berichten über Gebirgsschläge und ähnliche Unfälle1 kann man lesen, daß es sich um Abbau von Restpfeilern handelte, und daß das Liegende ganz oder annähernd

1 V g l. z. B. L i n d e m a n n , G l ü c k a u f 1926, S . 293.

S a n ä s c h ie fe r

O e rtje m /ffe /

sJodscfy/efer

(11)

1 4 .Juni 1930 G l ü c k a u f 799

bis unter das Hangende hochquoll, eine Erscheinung, die nur bei der angegebenen zeitlichen Reihenfolge der Ereignisse möglich ist. Will man beim Bruchbau übermäßig große Glocken ungenügend verbrochener Abbaue vermeiden und zur Vermeidung der Gebirgs- schlaggefahr einen planmäßigen Bruch des Hangen­

den herbeiführen, so wird zu diesem Zweck häufig die Firste angebohrt und durch starke Sprengstoff­

ladungen nach Möglichkeit zerstört. Die angestellten Überlegungen zeigen, daß es in solchen Fällen unter Umständen einen großem Erfolg haben kann, wenn man diese Sprengstoffladungen in das Liegende bringt, um durch Zerstörung seines Zusammenhanges die Auswirkung der waagrechten Druckkräfte herbei­

zuführen und damit dem Kohlenstoß sein Widerlager zu entziehen. Die dadurch bedingte Absenkung des Hangenden auf größerer Fläche kann mittelbar zu den beabsichtigten Bruchwirkungen und zur Beseiti­

g u n g der »Glocken« führen.

Wirkungen in Abbaustrecken,

Eine ähnliche Wirkung wie die hier angedeutete Zerstörung des Liegenden durch Schießarbeit müssen, wenn auch in beschränkterm Maße, die in das Liegende eingesenkten Abbaustrecken ausüben, da sie den in den durchschnittenen Schichten wirkenden waagrechten Kraftkomponenten das Widerlager ent­

ziehen, also B ew egung ermöglichen, und damit eine verstärkte Ablenkung der ursprünglich senkrechten Druckkräfte in Richtung auf. den Abbauraum herbei­

führen. Die F olge dieser Tatsache ist das bekannte Hochquellen der Sohle und das Vorschieben der Stöße in die Abbaustrecke hinein. Man kann gelegentlich die — scheinbar erstaunliche — Beobachtung machen, daß eine dem Stoß vorausgetriebene Abbaustrecke innerhalb der anstehenden Kohle ruhig bleibt, daß aber dicht hinter der Bergekippstelle im vordem Bereich des Versatzes ein starkes Quellen der Sohle beginnt. Dies ist die Stelle, an der die vom Kohlenstoß und vom verdichteten Versatz ausgeübten Horizontal­

kräfte (Abb. 13) schräg aufwärts gerichtet auf­

einandertreffen.

Dadurch, daß sich das Gestein in die Abbaustrecke hineindrückt, wird auch dem Kohlenstoß sein Wider­

lager zum Teil entzogen. Der Nutzdruck auf die Kohle muß daher überall dort nachlassen, w o das Liegende Gelegenheit hat, in die Strecken hinein auszuweichen.

Zwar,kann der fehlende Nutzdruck durch die günstige Wirkung der Schleppung bei der Materialwanderung unter Umständen ausgeglichen werden. Normaler- weise muß aber eine Verschlechterung des Ganges der Kohle vor Ort der Strecken und Blindörter ein- treten. Sorgfältige Beobachtungen und Mitteilungen hierüber verdanke ich Ingenieur R a k u s , dem Direktor des Fortschrittschachtes der Berg- und Hüttenwerks­

gesellschaft bei Mährisch-Ostrau. Beim Strebbau mit Blindörtern ist von ihm der schlechte Gang der Kohle vor Kopf jedes Blindortes festgestellt worden, was ihn zu einer möglichsten Verminderung der Zahl der Blindörter veranlaßt hat.

Zwischen verdichtetem Versatz werden von beiden Seiten her Horizontalkräfte auf die Abbaustrecken ein­

wirken (Abb. 13). Verteilt sich die Last des Hangen­

den gleichmäßig auf die ganze Fläche des Voll­

versatzes, so werden diese Kräfte in niedrigen Grenzen bleiben. Sind aber Bergemauern an der Strecke entlang gezogen, die das Hangende tragen.

während der dahinter liegende Versatz noch unbelastet ist, so werden unter diesen Bergemauern beiderseits der Strecken keilförmige Druckzonen / entstehen, welche die Stöße und gegebenenfalls auch die Sohle der Strecke voranschiebefi bzw. hochpressen. Die günstige Wirkung von Holzpfeilern an Stelle der Bergemauern beruht darauf, daß sie eine erheblich

Abb. 19. H olz pfe ile r m it Ü b e r h a n g auf den J a c o b i s c h ä c h t e n d e r G u t e h o f f n u n g s h ü tt e .

größere Nachgiebigkeit haben als Bergemauern und daher das Hangende schnell so weit absenken, daß eine gleichmäßige Auflagerung auf den Vollversatz eintritt. Mit Erfolg hat man im rheinisch-westfäli­

schen Bezirk in jüngster Zeit die Anordnung so getroffen, daß an den Strecken entlang eine Reihe von Holzpfeilern aufgeführt wird, daß hinter diesen noch ein bis zu 1 m breiter Raum offenbleibt und daß dahinter erst die Bergemauern und der Versatz folgen. Gibt man dabei dem Holzpfeiler noch einen g ew issen Überhang, wie es in Abb. 19 nach einer auf den Jacobischächten der Gutehoffnungshütte auf­

genommenen Skizze dargestellt ist, so erzeugt der Holzpfeiler infolge der Durchbiegung des beiderseits von Bergemauern getragenen Hangenden einen in den Stoß hinein gerichteten Druck auf das Liegende.

Damit wird eine Gegenwirkung gegen die von den Bergemauern ausgeübten waagrechten Druckkom­

ponenten hervorgerufen, was wesentlich zur Schonung der Strecke beiträgt.

Als Kennzeichen für den erheblichen Einfluß von Bergemauern auf die Bewegungskräfte im Liegenden sei schließlich auf die Bemerkung von W i n k h a u s1 verwiesen, wonach sich beim englischen Abbau mit Teilversatz jedesmal vor dem Kopf einer Versatz­

mauer, besonders also vor den durch Mauern geschützten Strecken, der Gang der Kohle ver­

schlechtert. Dies erklärt sich ohne weiteres,daraus, daß mit dem starken Gegendruck der Mauern die Bewegungen des Liegenden und damit die Öffnung der Schlechten durch Schleppung verhindert werden.

Beim Rückbau läuft dem Abbau bekanntlich in jeder Abbaustrecke infolge der Weberschen W elle eine Druckstelle2 voraus. Obgleich es sich gerade hier um Kräfte handelt, die aus der Durchbiegung und der dadurch bedingten wellenförmigen Verlagerung des Hangenden hervorgehen, wirken sie sich oft mehr durch Hereinpressen der in das Liegende eingesenkten Stöße und durch Heben der Sohle als durch Druck­

erscheinungen im Hangenden aus. Zum Beweis sei auf das von mir bereits gebrachte Beispiel von der Gabrielenzeche bei Karwin3 hingewiesen, wo infolge der Wirkung der Sohle als Widerlager die Webersche Hangendwelle ganz regelmäßig an dem starken, plötz-

1 W i n k h a u s : B e t r i e b s e i n d r ü c k e a u s d e m e n g l is c h e n S t e i n k o h l e n ­ b e r g b a u , G l ü c k a u f 1928, S. 1637.

2 S p a c k e i e r : D ie s o g e n a n n t e D r u c k w e l l e , G l ü c k a u f 1928, S. 873 u n d 9 0 9 ; W e b e r , G lü c k a u f 1929,- S. 746.

* G l ü c k a u f 1929, Si 1801."

(12)

800

G l ü c k a u f Nr . 24

liehen Quellen des Liegenden erkennbar wird, das dem Abbau um 35 m voranläuft.

Rißbildungen auf der Grenze von belastetem und entspanntem Gestein (Grenze der Zonen / / und

III)

treten auch an den Abbaustrecken entlang auf. Ein Beispiel von der Schachtanlage Friedrich Thyssen 2/5

Abb. 20. R iß b i ld u n g e n auf d e r G r e n z e v o n b e l a s te t e m u n d e n t s p a n n t e m G estein.

(7. Sohle, Flöz 8) gibt Abb. 20 wieder. Mit dem vor­

gebauten untern Stoß hatte man oberhalb der Strecke noch etwa 3 m Kohle mitgenommen und den ent­

standenen Raum durch Holzpfeiler gesichert. Beim Vortrieb des Strebes ergab sich, daß sich parallel zum Kohlenstoß vorn unter der Kohle in der Sohle zwei

um 16 cm voneinander entfernte, bis 15 cm tief erkennbare und bis zu 12 cm Breite klaffende Risse gebildet hatten. Sie liefen vollständig parallel der Strecke, folgten also allen ihren Wendungen. An einzelnen Stellen waren solche Risse auch noch weiter aufwärts im Streb sichtbar. Die Risse stimmten großenteils mit parallelen Drucklagen in der Kohle überein.

Sehr starke Rißbildungen parallel zu einer alten Abbaustrecke gibt das im Flöz W iehagen der Zeche Graf Beust aufgenommene Lichtbild der Abb. 21 wieder. Im Jahre 1922 war die Grundstrecke der 8. Sohle im Flöz aufgefahren und unterhalb davon ein sogenannter Damm von 5 m Breite mitgenommen worden. Als 1928 der nächsttiefere Streb abgebaut wurde und der Damm zum Durchlegen der Berge­

rutsche in Zwischenräumen durchörtert werden mußte, sah man, daß im Liegenden nahe der Kohlenkante die im Bilde wiedergegebenen starken Risse entlang­

führten. Zugleich war das Flöz von ursprünglich 85 auf 52 cm Mächtigkeit verdrückt. Dem Riß im Liegenden entsprachen in Übereinstimmung mit den Verhältnissen im Abbau (Abb. 16) parallel ver­

laufende Risse im Hangenden. Wenn sich solche Risse auch kaum zur Erleichterung der K ohlen­

gewinnung ausnutzen lassen, so bedeuten sie doch einen klaren Beweis für die auftretenden Spannungs­

unterschiede, und damit sind sie auf den G ang der Kohle von Einfluß.

Druckwirkungen in liegenden Querschlägen und Richtstrecken.

Mit dem Auffahren der Richtstrecken und Quer­

schläge im liegenden Gestein bezweckt man im all­

gemeinen, die Förderwege den Druckwirkungen des Abbaus zu entziehen. Die bisherigen Betrachtungen zeigen, daß das Ziel einer Ausschaltung jeder Druck­

wirkung nicht erreicht wird, daß es sich vielmehr nur darum handeln kann, die Einwirkungen in erträglichen Grenzen zu halten. Für den Einfluß des Abbaus auf die in seinem Liegenden befindlichen Grubenbaue ist vor allem die Frage wichtig, ob eine keil­

förm ige Druckzone

I

nach Abb. 1 zu­

stande kommt. D as ist der Fall, w enn ein starker Kämpferdruck auf der Stoßkante ruht, d. h. w enn durch die Führung des Abbaus ein hoher Nutzdruck erzeugt wird oder w enn es sich um den Abbau von Restpfeilern handelt. Ist der Kämpfer­

druck d agegen gering, wie es bei einem richtig geführten Bruchbau der Fall ist, so treten geringere, aber einseitige Druckbeanspruchungen gem äß Abb. 11 auf. Meist werden sich Übergänge zw ischen diesen beiden Grenzfällen er­

geben. In jedem Falle gilt es, Richt­

strecken und Querschläge so w eit in das Liegende zu verlegen, daß die H o ­ rizontalkomponenten der Druckkräfte keine w esentliche W irkung mehr aus­

zuüben vermögen.

Ein sehr kennzeichnendes Beispiel für die Spannungsunterschiede und die durch sie veranlaßten B e w eg u n g en des Gebirges in liegenden Querschlägen und Richtstrek- ken verdanke ich Bergrat S a s s e n b e r g Abb. 21. R iß b i ld u n g e n para lle l zu e i n e r alten A b b a u s tr e c k e

im Flöz W i e h a g e n d e r Z e c h e G r a f Beust.

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J n elftem Zeitalter, wo man das Studium der allen Litteratur von fo mancher Seite angegrif­ fen , wo man den größten Theil der Gelehrten fchon gänzlich davon

Am beßen, dünkt mich, gelangen w ir wohl zum Ziele, da es doch gewiß iß, daß Arißoteles eine Metaphyßk verfaßt, ob er ihr gleich diefen Namen nicht gegeben, wenn w ir diejeni­

her auch hier nicht umgeärbeitet \ fondern blaß über* fetzti erfchiene, fo würden wir den Vorwurf nicht zu befürchten... Lieber ein

Ich kenne keinen Dichter der hiervon ein f o lehrreiches Beijfpiel g ä b e, als Aefchylus.. wie groß die Verdienße des Äefchylus vor fei- tien Vorgängern hier

fchwemmung anzudeuten, nicht ein Löwe mit ei­ nem Iungfrauengeficht, fondern eine Iungfrau mit Löwenkopfe erfordert würde, weil die Sonne aus dem Löwen in die Iungfrau übergeht; nicht

neten Pruzzen auf. Sie trugen Leibröcke aus weißem Leder, die bis zu den Knieen reichten, und um die Düften einen eisernen Ring. Die meisten gingen barhaupt. Sie bedrängten unter