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rüstet. Die Ansicht der Kronprinzessin über diese und andere Fragen des Krieges geht aus ihrem Briefe an die

W dokumencie Briefe der Kaiserin Friedrich (Stron 116-119)

Königin Victoria vom 26. August hervor:

„ W ir hören jeden Tag neue Unglücksbotschaften; aber es hätte keinen Zweck, wenn ich D ir die Namen all der unglück­

lichen Opfer nennen würde, da D u sie nicht kennst. F ü r uns ist das alles sehr traurig, da es unsere Freunde waren, und wir von ihren trauernden Verwandten umgeben sind. Der größte persönliche Verlust fü r uns ist H e rr von Jasmund, Fritzens früherer Adjutant, m it dem er sehr befreundet war. E r hinter­

läß t seine arme kleine Frau und ein zweijähriges K ind und war ein sehr ergebener, anhänglicher, vertrauenswürdiger und aus­

gezeichneter Mensch. Es ist zu traurig. Langenbeek, an den Du Dich entsinnen wirst, hat auch seinen ältesten Sohn ver­

loren. Die Gräfin Alvensleben, Mariannens Haushofmeisterin, hat beide Söhne verloren. Ic h könnte D ir noch viele solche Unglücksbotschaften m itteilen! Der Zorn gegen die Franzosen wächst von Tag zu Tag, was nur natürlich ist, wenn man be­

denkt, daß sie diesen K rieg über uns gebracht haben, daß wir es nicht waren, die ihn erstrebten, daß w ir genötigt sind, die wertvollsten Leben unseres Landes zu opfern, um ihrer unver­

schämten und ungerechten Einmischung entgegenzutreten. Ich hatte heute einen neuen Beweis dafür, daß sie dies selbst fühlen. Baron Perglas, der bayrische Gesandte, erzählte mir,

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daß der Herzog von Gramont, den man fragte, warum er den Krieg in so unverantwortlicher Weise vom Zaune gebrochen und die Franzosen in solches Unglück gestürzt habe, erwiderte:

>La guerre n’était pas inévitable, il y avait vingt manières d ’ar­

ranger cette affaire. Mais j ’ai demandé a Leboeuf, êtes-vous prêt? I l m ’a répondu: archiprêt.1 W ie doppelt unrecht war es von den Ministern, den Kaiser in solches Unheil zu stoßen.

N atürlich habe ich das größte M itleid m it den Tausenden von unschuldigen Franzosen, die natürlich nicht fü r ihre Regierung verantwortlich sind. Fritz und m ir tun sie außerordentlich leid;

aber in der Öffentlichkeit v/erden sie im allgemeinen wenig be­

dauert. Sie werden niemals zugeben, daß sie in schlimmer Lage sind, und erfinden im m erfort die unmöglichsten Lügen.

Ich hatte heute einen B rief von Fritz vom 18., 'u n d gestern kam einer seiner Diener zurück. Fritz hat den König in Pont- à-Mousson besucht und setzt jetzt seinen Marsch auf der Straße nach Paris fort. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, ob noch eine andere blutige Schlacht stattfinden w ird oder nicht. Ich fürchte, daß es noch eine vor Paris geben wird. Auch machen die Franzosen vielleicht noch einen verzweifelten Versuch, aus Metz auszufallen. Ihre weltberühmte Armee ist ohne Zweifel sehr gut, aber ihre Mannschaften sind m it den unsrigen nicht zu vergleichen. Die Chassepots sind sehr viel besser als unsere Zündnadelgewehre und verschaffen ihnen viele V orteile; ihre M itrailleusen haben starke W irkung, können aber unsere braven Soldaten nicht erschrecken . . .

Es geht uns gut, nur sind meine Nerven natürlich oft sehr angegriffen, wie im übrigen auch die aller anderen, vor allen Dingen, wenn ich die unglücklichen Menschen in Trauer und die Leidenden gesehen habe. Es ist sehr gut von Euch allen, daß Ih r so viel fü r die Verwundeten tu t und Euch so fü r sie in­

teressiert. Ich kann m ir nicht denken, daß es jemand gibt, der ihnen nicht zu helfen wünscht. In Berlin und Potsdam geht es ihnen in der T at sehr gut, aber überall vom Rhein her hören w ir sehr anders lautende Berichte. Leider geht die liebe Marie Goltz nicht m it m ir, wie sehr werde ich sie vermissen. Ihrem Gatten und ihren Brüdern geht es übrigens gut. Ich vertraue darauf, daß die neutralen Mächte uns bei der Festsetzung der Friedens­

bedingungen nicht in den A rm fallen werden; sie haben den K rieg nicht verhindert oder uns geholfen, ihn auszukämpfen, so werden sie, wie ich hoffe, uns unsere eigenen Bedingungen stellen lassen und sich nicht zugunsten des Angreifers hinein- mischen. Das wäre in mehr als einer H insicht ein arges M iß ­

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B rie fe d e r K a is e rin F rie d r ic h

geschick, und w ir freuen uns sehr, aus der ,Times' zu ersehen, daß es nicht wahrscheinlich ist.

Ich muß schließen, meine geliebte Mama; ich küsse Deine liebe H and viele Male und danke D ir herzlichst fü r Deinen lieben Brief, den ich m it großem Vergnügen empfangen habe.

A n diesem lieben Tage denke ich an frühere glückliche Jahre, als ungestörter und unbewölkter Friede herrschte — niemand von uns wußte, was fü r Kummer, Prüfungen und Ängste uns bevorstanden. W ie hat sich die W elt seit damals verändert!

Und trotzdem, bei sorgfältiger Prüfung kann man die Fäden, die zum gegenwärtigen Unglück geführt haben, weit zurück verfolgen; ich erinnere mich an viele W orte meines lieben Papas und sehe, wie recht er hatte, und wie richtig alles war, was er sagte. Der liebe Papa, ich denke an ihn m it immer größerer Sehnsucht, je weiter die Zeit fortschreitet. W arum kann er nicht hier sein, um uns zu helfen — man fü h lt sich oft traurig und müde, wie er, glaube ich, auch zuweilen — , so dürfen wir ihm nicht die selige Ruhe des Gerechten mißgönnen, der seinen Lebenslauf zurückgelegt und einen guten Kam pf gefochten hat, sondern w ir müssen uns an ihn m it Liebe und Dankbarkeit, wenn auch schmerzenden Herzens erinnern, da er eine Lücke zurückgelassen hat, die niemals, niemals wieder in diesem Leben geschlossen werden kann.

B itte grüße alle die lieben Geschwister, besonders Bertie und A lix herzlichst. Ich bin sicher, der liebe Bertie muß Fritz be­

neiden, der ein so aufreibendes, aber auch so nützliches Leben hat. Es ist m ir lieber, daß er seinem Lande dient, als daß er an meiner Seite ist, obgleich der Him m el weiß, wie schrecklich es ist, so viel allein und in großer Angst sein zu müssen, wie ich es bin. Ich hoffe, daß es D ir gut geht, und daß alle diese Aufregungen Dich nicht allzusehr mitnehmen.“

Inzwischen waren die Anstrengungen der Kronprinzessin um das deutsche Lazarettwesen von den Behörden wenig unterstützt und sogar mit M ißbilligung begrüßt worden.

„M eine Frau,“ notierte der Kronprinz am 23. August in sein Tagebuch, „begibt sich nach H om burg vor der Höhe, behufs Einrichtung einer Musterbaracke daselbst und Beaufsichtigung der im argen liegenden Lazarettanstalten am Rhein. In Berlin und Potsdam wurden alle ihre Versuche und Anerbietungen im Sinne der Krankenpflege schnöde abgewiesen.“

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M it solchen Widerständen hatte die Prinzessin selbst bei

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