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tember an die Königin Victoria schrieb:

W dokumencie Briefe der Kaiserin Friedrich (Stron 119-122)

»Welch erstaunliche Nachricht! Ich konnte kaum meinen Ohren trauen, als ich sie hörte — die Aufregung und das E n t­

zücken des Volkes kennen hier keine Grenzen

Arm er Kaiser, seine Karriere ist beendet, aber er hat seinen h a ll sich selbst zuzuschreiben, und man kann nur M itle id m it ihm haben, besonders da er die unglückliche Ursache von so viel Blutvergießen und so viel Leid ist, das niemals geheilt werden kann. So viele Herde und Heime sind ins Unglück gestürzt wor­

den, so viele Herzen gebrochen und überdies leiden so viele unselige Menschen ganz entsetzlich. Unglücklicher Kaiser, der ür alles dieses verantwortlich und trotzdem ein so freund­

licher und gefühlvoller Mensch ist! E r hat das Beste getan, was ihm unter diesen Umständen zu tun übrigblieb; er kann der ritterlichsten und großmütigsten Behandlung von seiten des Königs sicher sein, er hat sich fre iw illig einem Gleichgestellten ergeben, was nicht so erniedrigend ist, als von der wütenden Menge vom Throne und aus dem Lande gejagt zu werden Solch ein Schicksal ist recht melancholisch, kann uns aber als gute Lehre dienen. Mögen w ir alle daraus lernen, wohin uns Frivolität, Selbstüberhebung und Unmoralität führen! Die Fran­

zosen haben auf ihre eigene V ortrefflichkeit gebaut und sich vollkommen getäuscht. W o ist ihre Armee? W o sind ihre Staatsmänner? Sie verachteten und haßten die Deutschen, welche zu beleidigen sie fü r etwas ganz Gesetzmäßiges hielten.

Wie hart ist ihre Strafe! Ob der K rieg zu Ende ist oder nicht, wissen w ir nicht, da wir keine Briefe oder Einzelheiten seit den e zten Ereignissen erhalten haben. Aber da keine französische

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Armee übrig ist, sehe ich nicht ein, m it wem w ir noch weiter kämpfen sollen. Unser Marsch nach Paris w ird fortgesetzt; m it welchen Schwierigkeiten unsere Truppen dort zu kämpfen haben, weiß ich nicht. Es würde der Kunst wegen traurig sein, wenn apathisch und unfähig, seine Angelegenheiten selbst zu führen, und wie Despotismus immer stürzen muß, ist auch sein Reich zu Ende gegangen *— mehr wie das Platzen einer Seifenblase als der F a ll eines mächtigen Monumentes, das alles unter seinen Ruinen begräbt. Was fü r eine Vergeltung scheint dies fü r das blutige Drama in M exiko und die Behandlung der Orléans! Diese letzteren haben in Deutschland alle Sympathie seit dem greulichen B rie f des Prinzen von Joinville verloren, der die Bevölkerung aufhetzt, sich selbst zu verteidigen und den Feind loszuwerden, indem sie die deutschen Soldaten ka ltb lü tig ermorden solle! Das ist doch zu gräßlich! Stimmen aus allen Bevölkerungsklassen werden hörbar, die befürworten, daß Deutschland seine alten Provinzen Elsaß und Lothringen wieder­

gewinnen müsse. Ich glaube nicht, daß das gut wäre, aber ich sehe keine M öglichkeit fü r die Regierung, der bestimmten Forde­

rung der deutschen Nation zu widerstehen! Heute war ich in F rankfurt, habe die Hospitäler inspiziert und verschiedene Nota- bilitäten besucht. A lle sind höchst patriotisch.

W ir haben jetzt nicht weniger als 120000 französische Ge­

fangene in Deutschland ! Ist das nicht wunderbar ? Dazu kom­

men noch 50 Generäle und der Kaiser selbst und auch jetzt wollen die Franzosen noch nicht glauben, daß sie w irklich in

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fairer Weise geschlagen worden sind. Sie schreiben alles dem reinen Zufall zu und leugnen jeden unserer Siege. Die liebe Alice war fü r einen Tag bei mir. Ich glaube, es geht ih r w irk ­ lich sehr gut; sie tut eine ganze Menge, ich hoffe, Louis w ird bald in der Lage sein, zu ih r zurückkehren zu können. Mein Aufenthalt hier ist von einigem Nutzen und tu t Gutes. Ich bin in der Lage, vieles in Ordnung zu bringen; fü r sie ist es eine zu schwere A rbeit, da sie fü r das liebe Baby zu sorgen hat.

Im m erhin komme ich im ganzen gut aus, wenn ich nicht zu lange in der schlechten L u ft der Hospitäler verweile. A u f meine Kosten sind die großen Baracken ausgebessert worden; es war alles in einem zu schlechten Zustand als daß es so hätte bleiben können. Die Lazarette in den D örfern der Umgegend, welche ich an einem Nachmittag besuchte, sind sehr schlecht — gewöhn­

lich sind die Leute sehr nett zu den Verwundeten, verstehen aber nicht m it ihnen umzugehen und sind über alle Begriffe schmutzig. M ir w ird manchmal ganz übel vor E ke l; aber der einzige Weg, ein derartiges Unternehmen zu verbessern, ist, daß man es genau inspiziert.

7- September.

W ährend dieser letzten Tage mußte ich oft an Stellen in Shakespeares „H e in ric h V .“ und „R ich a rd I I . “ , die ganz aus­

gezeichnet auf die gegenwärtige Lage passen, denken. Der arme General F ailly, den ich kannte und der zu den anständigeren französischen Generälen gehörte, tu t m ir leid. Bazaine und Pa- likao halte ich fü r Schufte, aber Bazaine ist ein ausgezeichneter Soldat. A n Metz und Straßburg mag man gar nicht denken, es ist zu schrecklich. Die Deutschen bedauern, daß sie Straßburg beschießen mußten, aber es war imvermeidlich. Metz kann sich nicht mehr lange halten, da die Situation innerhalb seiner Mauern zu grauenhaft sein muß. Unsere Verwundeten, die von dorther gekommen sind, sagen, daß sie sehr freundlich behan­

delt wurden. Der arme Lothar Hohenthal, Valeries jüngster Bruder, ist auch gefallen! A rm er junger Mann, er war kaum zwanzig, sehr hübsch und vielversprechend! Ich habe ihn schon als kleinen Jungen gekannt. Es ist sehr freundlich von D ir, daß Du Deine Sympathie m it a ll den beraubten Fam ilien meiner Bekanntschaft ausdrückst. Ich werde es allen m itteilen, die m ir Gelegenheit dazu geben. A ll dies U nglück zieht die Herzen zu­

einander und b rin g t die Menschen einander näher, welche in glücklichen und ruhigen Tagen aneinander vorbeigegangen waren, ohne voneinander Notiz zu nehmen. Das Gefühl, daß

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man zu einer großen Nation gehört, umfängt die Gedanken im Norden und Süden, von hoch und niedrig — allen Partikularis­

mus — das ist, wie ich sagen muß, eine sehr angenehme E r­

fahrung — es vereinfacht alles und g ib t allen Taten einen neuen Antrieb. — Armes Deutschland, es hat seine E inigkeit und Unabhängigkeit teuer m it dem B lut seiner Söhne bezahlt.

Es ist eine große Befriedigung fü r mich, zu sehen, wie preu­

ßisches Wesen, Disziplin, Gewohnheiten usw. geschätzt und in ihrem wahren Lichte erkannt werden und ihre Überlegenheit m it Vergnügen und Stolz anstatt m it Eifersucht, Furcht, Ver­

achtung und Haß aufgenommen wird. W ir verdanken Fried­

rich dem Großen und seinem Vater, Scharnhorst, Stein und Hardenberg, was w ir sind; w ir sagen es m it Dankbarkeit ohne Ruhmsucht und Selbstüberhebung. W ir sind der Sympathien Englands und seiner B illigung w ürdig und fühlen m it Sicher­

heit, daß sie uns nicht mehr lange vorenthalten werden können.

F ritz schreibt, daß er viele Briefe gesehen hat, die aufge­

fangen worden sind — von einem französischen Offizier an den anderen, welche die furchtbarste Illustration der französischen Armee in bezug auf E hrlichkeit und M oralität sind. Diebstahl und Plünderung sind in unglaublicher Weise an der Tages­

ordnung, nicht nur unter den Turkos. Die Kaiserin tat wohl und recht daran, ihre Kronjuwelen aus eigenem Antriebe hinzugeben, bevor es eine Notwendigkeit bedeutete. Die K önigin Isabella benahm sich sehr anders.

Was werden Bertie und A lix zu all diesen wunderbaren E re ig ­ nissen sagen? Wenn ich an den Kaiser und die Kaiserin denke, wie sie 1855 im Zenit ihres Ruhmes standen, und an die Zeit der Ausstellung, als die Herrscher Europas ihnen alle H ö flic h ­ keit bewiesen und sie so liebenswürdig und nett zu allen waren 1 E in sonderbarer K ontrast! Fröhliches und reizendes Paris!

Unsere Arm ut, unsere häßlichen Städte, unsere schwere Arbeit, unser ernsthaftes Leben sind gesund fü r uns, sie haben uns stark und entschlossen gemacht. Es würde mich sehr be­

trüben, wenn w ir Paris imitieren und uns dem Vergnügen soweit hingeben wollten, daß uns keine Zeit zur Selbstprüfung und zu ernsten Gedanken übrigbliebe. Die alte Geschichte lehrt das­

selbe wie die neue. Es ist eine harte und bittere Lehre fü r die, welche sie erst m it H ilfe einer trüben E rfahrung begreifen müssen. D er arme Kaiser hat genug Muße, sie jetzt zu studieren.“

Dieser Brief spiegelt in besonderem Maße die deutsche

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