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Glückauf, Jg. 33, No. 43

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j\

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.43. X X X III. Jahrgang.

Gliickauf

Essen (Rulir), 23. Oktober 1897.

Berg- und Hiittenmannische W o c h e n s c h r i f t .

(Zeitungs-Preisliste Nr. 2911-) — A b o n n e m e n t s p r e is yierteljśihrlich: a) in der Expedition 3 M ark; b) durch die Post bezogen 3,75 Mark.

Einzelnummer 0,50 Mark. — I n s e r a t e : die viermalgespaltene Nonp.-Zeile oder deren Raum 25 Pfg

I n h a 11:

Seite Zum W . i g e n m a n g e l ... 830 Der Bergbau auf der Welt a u ssl e 11 u n g in

Briissel im J a h r e 1897 ... .' 831 J a l i r e s - Versamm 1 ung der Federated In-

st i tut i on of M i n i n g E n gi n e er s. Von II. G.

Graves in L o n d o n ... 833 D ie h y g r o m c tr i s c h e S :i 11 i g u n g d e r E r d r i n d e

( S c h l u f s ) ... 834 VII. i n t e r n a t i o n a l e r Ge o l o g e n- K o n gr ef s in

Rufsland. V...836 Vo 1 k s w i rts oh af t und Statistik: Geschiifisberic.ht

der Harpener Bergbau - Akiien^esellschaft zu Dort­

mund pro 1896/97 . ... 840 Verkehrswcsen: Kohlen- und Koks\vagen-Verkehr

im Monat September. Kohlenbewegung in dem Rulirorter Hafen. Amtliche Tarifverandcrungen . 842

Seite Vereine und Ve rsamm 1 un gen : Die Feier des

fiinfziirjiilirigen Besteliens der Vcreinigung der aus der Luttichcr Scliule liervorgegangenen Ingenieure.

General-Versammlungen... 842 A u ss te 11 u n gs- und U n te rri cli ts w es e ii: Aus-

zeichnungen auf der SaclisiscIi-ThUringischen In­

dustrie- und Gewerbe-Ausstellung...843

Pat e n t -Be r i ch t e 843

Marktbericlite: Borse zu Dusseldorf. Siegener Eisen­

markt. Englischer Kolilenmarkt. Ausliindischer Eisen­

markt. Marktnotizen iiber Nebcnprodukte . . . 844 S u b m i s s i o n e n

Person al i cn

848 848

Zum Wagcnmangel.

Aus Anlafs der sich stetig mchrenden Schwierig- keiten in der Wagengestellung hat der Verein fiir die bergbaulichcn Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund andenHerrn Minister der offentliehen Arbeiten ain21.d.M . folgendes telegraphische Ersucben um Abbiilfe gerichtet und darauf nachstehenden Beseheid erhalten:

„An den Ilerrn Minister der offentliehen Arbeiten, Excellenz Thielen.

Berlin.

Die Wagengestellung im Ruhrbezirk weist von Tag zu Tag grofsere Fehlbetragc auf; bereits Montag fehlten 500, Dienstag iiber 1700, gestem nahezu 2500 Wagon. Hier besteht die Verinutung, dafs die steigenden Fehlbetragc Yornehmlieh durch mangelhafte Riickkehr der Leerwagen aus mittlerem Verteilungsbezirk Yerschuldet sind. W ir bitten aufs dringendste, siimtlichen beteiligten Dienst- stellen umgehende Riiekleitung hiesigen Leermaterials einzuscharfen, da Andauer der Kalamitiit geregelten Betricb des ganzen Bezirks gefahrdet.

Vcrein fiir dic bergbaulichen Interessen.

gez. J c n c ke . gez. Kr ab l e r .

Ministerium Berlin, 21. Okt. 1897.

der offentliehen Arbeiten.

II. C. 9078.

Auf die telegraphisehe Vorstellung vom heutigen Tage erwidere ich dem Yorstand, dafs alle Mittel auf-

geboten werden, um die Wagengestellung im Ruhrbezirk zu rerbessern.

Im Auftragc:

gez. M o l l l i a u s e n . An den Vortand

des Vereins fiir die bcrgbaulichen Interessen in Rheinland und Wcstfalen in Essen.

Sogleich!"

Seit dcm 9. d. M. hat dic Wagengestellung mit Aus- nalime allein des 12. und 18. Oktober den Jahrcs- durcbsehnitt der Versandperiode vom 1. Ju li 1896 bis 30. Juni 1897 nicht erreiclit, deren Ziffer (dic sogen.

Verhaltniszalil) mit 13 344 Wagen iiberdies von einer grofsen Zahl der Zechen ais unzurcichcnd gegeniiber der steten Entwickelung bezeiehnet wird. Angesichts dieser Zahlcn ist der hiiufig gemachte Einwand gegenstandlos, dafs inBesorgnis vor Gcstellungs-Sehwierig- keiten iiber Bedarf angefordert wiirde; im Gegenteil hat der nicdcrrheinisch-westfalische Steinkohlenbergbau die volIstc Mafsigung in der Bestellung trotz der ge- schildcrten Kalamitiit bewiesen.

Die Gestcllungs-Schwicrigkeitcn des Jahres 1895 haben nic solehe Fehlbetrage aufgewiescn, wie sie am 16. d. M. (2836), ferner am 20. und 21. d. M. (2475 bezw. 3158) aufgetreten sind und sich yermutlfch fiir den 22. und 23. noch weiter stcigcrn werden. Die danialigen Uebelstiinde aber gaben der konigl. Staats-

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Nr. 43. - 830 —

regierung Veranlassung, die Ursachen in einer Denk- schrift klarzulegen und ais leitenden Grund satz liinzu- stellen, dafs der W a g e n p a r k n i c h t n u r dcm durch- s c h n i t t l i c h e n B e d a r f , s o n d e r n a u c h den gc- s t e i g e r t e n A n f o r d e r u n g e n der H e r b s t mon at e geniigen mufs. Inwieweit jener Grundsatz eingehalten ist, lelirt ein Blick auf die yórgenannton Zahlen: sie fallen um- somehr ins Gewicht, ais man im vollen Gcgensatze zum laufenden Jahre damals einen wesentlichen Teil der Schuld dem Versagen des Schiffahrtsverkehrs infolge andauernden Niedrigwassers aufRhein, Elbe und Oder zuweisen konnte.

Auch minderte es damals dic Schwere der Kalamitat, dafs 1895 der Riibenversand gegen das Vorjahr 1894 um mehr ais 1,1 Mili. Tonnen zuriickblicb, (1895:

3,2 Mili. Tonnen, 1894: 4,3 Mili. Tonnen). Aber 1S96 hat die Versandmcnge bereits gegen 4,1 Mili. Tonnen betragen und wird wahrscheinlich heuer bei dcm Zusammentreflen vermehrter Anbauflachc und giinstigorcr Ernte-Ergcbnisse die Versandmengen des Jahres 1894 weit hinter sich lassen. Der Versand der Riiben beschrankt sich in der Ilauptsaclie auf die Monate Oktober und November, in denen z. B. 1894 und ahnlich 1890 je mehr ais l 1/ ! Mili. Tonnen der Bahn zustrpmten.

Anscheinend wird gegeniiber den landwirtschaftlichen Verfrachtern eine weitgebende, auf die Yerderblichkeit ihrer Produkto gegriindetc Riicksichtnahme gciibt; was z. B. die Riiben botrilft, so ist sic in diesem Umfange durchaus unangebracht, wie u, a. die vor einigen Tagen in der Koln. Ztg. wicdcrgcgobcnc Zuschrift einer rheinischen Zuckcrfabrik folgenden lnhalts lehrt:

„Leider ersehcn wir taglich aus der Kiilnischen Zeitung, dafs im Ruhrgebiete noch immer Wagen- mangel herrscht. Bei unseren Riibenbeziigen kiinncn wir nicht im geringsten Wagenmangcl spuren und wiire cs sogar erwtinscht, wenn an 2 bis 3 Tagen der Wochc cin Teil der Wagen dem liiesigen Bezirkc entzogen und dcm Ruhrgebiete zugefiilirt wiirde."

Grade jenes Leormaterial, dessen Ausbleiben aus dem mittleren Verteilungsbezirk (I)irektion Magdeburg etc.) die obigc Dcpesehc hervorhebt, scheint in crster Linie fiir die landwirtschaftlichen Transporte zuriickgchalten zu werden und auch dort verbleibon zu sollen, da der Ministerial-Bescheid iiber die Bcschlcunigung der Riicks- leitung nichts enthalt.

Solange aber der oben wiedergegebene, 1895 aus- gesprochene Grundsatz fiir die Beschaffung des Wageii- matcrials nicht zur vollcn Dnrchfiihrung gelangt ist — und wir rcchnen heute eher mit einem verhaltnismafsig geringerem Wagenbestande ais 1895 — mula eine sofortige Abhiilfe in der Ausdehnung der Verhaltniszahlcn auch auf alle anderen Yersender von Massengutorn, u. a. dic

Riibenversender, angestrebt werden. Die stationsweisen Yersandzahlen derselben aus den Vorjahren sind bekannt;

so kann etwa lur sie aus dem Durchschnitt der Jahre 1895 und 1896 der Durchschnitt der Yersandleistung im Zeitraum September-Dezember ermittelt und daraus eine Verh:iltniszahl zur a l s b a l d i g c n Anwendung abgeleitet werden. Tritt Wagenmangol ein, so erhiilt jener auf kurze Zoitraume auftretende Verkehr mit gutem Recht die Wagen nacli gleichen Bruchteilen der Verhaltniszahl ge- stellt, wie dies jetzt einscitig bei der Kohlen-Industrie geschieht, welche mit ihren rcgelmafsigcn Fracht- zufulirungen fiir sich allein, ohne Einbeziehung der von ihr bedienten Industrieen, die Triiger fast der Halfte des Giiterumschlages der Staatsbahnen ist.

Aus der jetzt boliebtcn einseitigen Methode gehen Schiiden schwcrster Art auf technischem, wirtschaftlichem und sozialpolitisclićm Gebiete horror. Jedes der liiesigen Tagesbliittcr bringt ohne Unterlafs Nachrichten iiber Zechen, welche infolge des Ausbleibcns von Leor­

material gezwungen sind, fiir den Tag den Betricb cin- zustellen und dic Belcgschaftcn ausfahren zu lassen.

Abgesehen von der Storung der Betricbsdis])Qsitionen und dem ausfallendon Gewinn ist allein dic Ruckwirkung auf die gesamte kohlenverbrauchende Industrie kaum abzuschiitzen, zudem bringt jede Tonne Minderfórderung einen Lohnausfall von rd. 4 JL , d. h. also eine Mindor- gcstcllung von 3158 Wagen, wie am 22. d. Mts., allein fiir dic Arbeiter der liiesigen Bergworke einen Verlust yon 120 000 JC . Es kann danach nicht Wunder nehmen, wenn die. besagten Uebelstiinde zu einer wacliscndon Unzufriedenheit der Belegschaft fiihren. K. E.

Im Anschlufs an dic vorstehenden Ausfiihrungcn bringen wir das Rundsclircibcn Nr. 18 des Vereins fiir die bergbauliehen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund yom 12. November v. J. in Erinnerung, demzufolge das Konigliche Oberbergamt bestatigt hat, dafs Arbeiten, wie die Beladutig der Eisonbahnwagen mit den auf Magazin gestiirzten Kohlen und die Ent- ladung von Kokskohlen-Thiirmen unter den §. 105c zu 3 der Reichsgcwcrbcordnung fallen und demnach an Sonn- und Festtagen ausgeftihrt werden diirfen. Natur- gemafs mufs dabei yorausgesetzt werden, dafs sich infolge Wageninangcls auf der einzelnen Zeche Yorrate ange- sammelt haben, von deren Bahnverladung am Sonn- (Fest-) Tage die Wiedcraufnahmc des vollen werktagigen Betriebes abhiingig ist. Es bedarf zur Vornahmc solcher Arbeiten einer Genehmigung der zustandigen Ilerren Revierbeamten nicht; yielmehr sind dieselben ohne weitores kraft Gesetzes zugelassen, sofom die vorstehend genannten Yoraussctzungen fiir sie zutrelTcn. D. Red.

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- 831 — Nr. 43.

Der Berg|au auf der Weltausstellung ii\ Briisscl im Jalirc 1897.

Dic diesjahrige Briisseler Weltausstcllung ist. schr dazu angethan, don Bewcis zu liefcrn, dafs die Grofs- i n d u s t r i e hcrzlich auśstellungsmudo ist. Wenn sich auch, wic es bci einer so grofsen Ausstellung natiirlich ist, im cinzelncn niancJies Neue und Interessante findet, so kann niań sich, im ganzen gcnommon, doch des Ein- druckes nicht erweliren, dafs sic der grofstc Tcil der vcrtretcncn Werke ohne besonderc Lust zur Sache be- schickt hat. Wiihrcnd es fiir einc wohlgelungenc Aus- stellung uncntbehrlieh ist, dafs alle wichtigeren Wcrke eincs bestimmten Industriezweiges in regem Wctteifer das Beste, was sic zu bieten haben, zur Scliau stellen, finden wir in Briisscl durchgehends eincn ycrhiiltnis- rnafsig geringen Brucbtcil der vorhandenen industriellcn Unternchmungcn vertrctcn und dicsc zum Tcil mit schon von friihercn Ausstellungen lier bckannten Er- zeugnisscn.

Was insbcsondcre dic B erg w e r k s-Industrie be- trifft, so ist dieselbe schon uin deswillcn nicht in der oiner W e 11 ausstellung wiirdigen Weise vcrtreten, ais dic drei bedeutemlstcn bcrgbautreibcndcn Liinder der W elt: England, Amerika und Dcutscliland, gar nicht oder doch so gut wic gar nicht ausgcstellt haben. Dic Aus­

stellung beschrankt sich vielmchr im wcscntlichen auf Bclgien sclbst und den bcnachbarten nordfranzosischen Industriebezirk.

W ir wollen im folgenden versuchcn, eincn fliichtigen Ueberblick ttber das im Gebietc des Bcrgwescns Vor- handene zu geben, indem wir uns ein naheres Eingehcn auf besonders interessante Gegenstandc fiir cinc spiitere Gelegenheit yorbehaltcn.

Die bergmannische Ausstellung B c I g i c n s befindet sich an der nordlichen Schmalseite der langgestreckten Halle, dereń sudliche Hiilftc von den Maschinen eingenommen wird. Ungcfahr im Mittelpunkte der- sclbcn hat die Ministcrial-Abteilung fiir das Berg- wesen in Belgien cine Saule aus tibereinander gcstellten Wiirfcln errichtet, welchc in der bckannten Weise die Zunahme der Produktion in den letzten Jahrzchnten ycrsinnlicht. An zwei durch Nachbildungcn von Wetter- lampen in gewaltigon Diincnsionen gekriintcn Postamcnten sind graphische Darstellungen aus der Statistik der Arbeiterhiilfskassen der einzelnen Bergworksdistrikte an- gebracht. Die auch in dieser Zeitschrift unlangp be- schriebcnc Baromcter-Uhr von Ilarze und Clossct erregt durch ihren einfachcn und sinnreiclien Mechanismus die Aufmcrksamkeit des Beschauers. Kohlenprobcn aus dem ticfsten Kohlenschacht der Erde auf der Zeche Produits bci Flenu (1150m ) konnen wegen dieses Umstandcs ein gcwisses Interesse beanspruchcn. Vor allem aber

ist aus der amtlichen Abtcilung das verdicnstvolIc Werk der grofsen Flotzkartc der Kohlcnbcckcn des Centre, von Charleroi und der unteren Sambre hervorzuheben.

A u s ' einem Grundrifs im Mafestab von 1 : 20 000 und 14 Qucrprofilen in 1 : D000 in sehr sorgfaltiger zeich- nerischcr Ausfiihrung bestehend, giebt sic ein klares Bild der Lagerungsverhaltnisse in der Provinz Ilennegau und wird ohne Zweifel fiir die dortigen Bergbau- treibenden einc wcrtvolle Grundlage zur Flotzidenti- fizierung bilden.

An diesen Teil der Ausstellung schliefst sich auf der eincn Scitc der Pavillon der bekannten grofsen Stein- kohlenzeche Maricmont und Bascoup im Ccntrc-Beckcn.

In demselbcn sind Situatiohsplane und Profile, Kohlen- proben und Vcrsteinerungen ausgcstellt; man vermifst aber einc Veranschaulichung der hcrvoriagcndcn maschinellen Einrichtungcn durch Modeli oder Zeichnung.

Weiterhin giebt dic Zcche Nord du Flenu im Bccken von Mons bildlichc Darstellungen ihres Grubenfeldcs in Situationsrissen, Grundrissen und Profilen. Die Zeche Courcelles-Nord im Bccken von Charleroi stellt Abbildungcn ihrer Kohlcnwasche, Proben ihres Kohlcnvorkommens, welches durch Risse der Grubcnbaue auf parallelcn Glas- platten in der bckannten Weise verdeutlicht wird, und eincn elektrisch betriebenen Fordcrhaspcl aus. Es folgt die Zeche Bonne Esperancc mit Proben von ICohlcn und Anthrazit-Niissen und die Zeche Grand Mambourg, die ein Modeli ihres Scilscheibengerustcs nebst den mit ciner neuen Keilfangvorric!itung, Patent Marbais, fiir Briartschc Leitschienen vcrsehcnen Fordcrkorben ausstellt. In der Niihe ist das Modeli eincs Koksofens mit Gewinnung der Nebcnerzeugnisse von Scmet-Solvay zu sehen. Endlich ist aus diesem Teilc der Ausstellung noch einc Zilsammen- stellung von Profilen der seit den aehtziger Jahrcn nacli dem Kind-Chaudronschen Systeme abgcbohrten, griifsten- teils vorher aufgegebenen Śchachte von Ghlin, Gneisenau, Lcopoldshall, Thiedcrhall, Westhausen, Preufsen, Victor, Ilanscmann, Jcssenitz, Liibtheen und La IIouve be- merkenswert.

An die Ausstellung der Ministcrial-Abteilung schliefst sich auf der anderen Seite der Pavillon der Zcche Marihaye im Liitticher Ceckcn, in wclchcm liauptsach- lich Kohlen-, Koks- und Brikcttj)roben aufgebaut sind.

Es folgt die Zeche Kessalles bei Jemeppe, die Ab- bildungen ihrer Tagesanjagen, Flotzprofile, ihr System der Aufsatzvorrichtungen und dic Franęois’sclie Hand- bohrmaschine zur Schau stellt. Aus der nun folgenden Ausstellung der Coquerill-Zechc bci Scraing ist cinc Yortrcfflich ausgcfuhrtc plastische Darstejlung der Lagerungsverhaltnisse riihmcnd hervorzuheben, welche den bunten Weclisel der verschiedenen Gebirgs- schichten und Kohlenllotze und ihre Faltungen und Storungcn erkennen liifst. Auf den Fiotzflachen

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sind nach Wegnahme des Hangenden zum Teil dic unigehenden Baue farbig aufgetragen, so dafe cin sehr getreues Bild der thatsaclilichen Yerbaltnisse entsteht, welches besonders geeignet erscheint, die Natur des Bergwerksbetricbcs dem Yerstandhisse des Laicn naher zu riicken. Das Aufbereitungswesen ist durch einen Broycur-Epurateur, System Sottiaux, und eine Kohlen- wiische, System Humboldt, vertreten. Dic letztere ge- hort der Ausstellung der Zeche Esperance et Bonne fortunę in Montegnee an, welche aufeerdem Fltftzprofile, Kohlenproben und dic Tliomas’sche Handbohrmaschine und Gesteins-Brech-Yorrichtung (den kiirzlich in dieser Zeitschrift beschriebenen brise-roches) zur Schau stellt.

Den Schluls dieses Teiles der Ausstellung bilden Modelle und Zeichnungen von Luftkompressoren, Lufthaspeln, Yentilatoren, Pumpen und Bohrmaschincn, die samt- lich dem Civil-Ingenieur Ilanarte in Mons patentiert sind.

Die f r a n z o s i s c h e bergmannische Abteilung be- schriuikt sich, wic schon erwahnt, auf den Industriebezirk des nordlichcn Frankreichs; aber auch hier ist eine yer­

haltnismafsig geringe Anzahl yon Zechen vertretęn.

Von den Gruben des Pas de Calais haben nur Lcns und Courrieres, von denjenigen des Dćpartenient du Nord nur Anzin und Doucby ausgestcllt. Dic Zcchc Courrieres giebt eine plastische Darstellung ihrer Lagerungsverhaltnisse, welche der oben beschricbcncn der Coquerill-Zecbe ganz ahnlich ist; die Grube Lcns stellt Grundrisse und Profile ihrer Grubenbaue und gruphische Darstellungen iiber Forderhohe, Arbeiter- zahl und wirtschaftliche Ergebnisse aus. Ferner sind cin Sicherheitsapparat zur Verhiitung des Uebcrtreibens des Forderkorbes iiber die Hangcbank, ein Dynamometer- wagen zum Messen der Zugkraft bei der Strccken- lorderung und eine llandbohrmascbine System „Mines dc Lcns'1 zu erwahnen, die der im hiesigen Bezirke v i elfach in Anwendung stehenden Steenaertschen oder Wickardtschen ahnlich ist. Die Zeche Douchy stellt automatischc Barrieren fiir Schacht-IIangebankc und obere Anschlagspunktc von Bremsbergcn aus.

Bei weitem die reichhaltigste und interessanteste Ausstellung aber enthalt der Pavillon der Mines d’Anzin, des bedeutendsten Steinkoblcnbergwerks des nordfrahzosisch-belgischen Beckens. Von der Schacht- anlage Lagrange dieser Zeche wird das Modeli eines Fordersehachtes von 5 m Durehmesser mit zweietagigem Forderkoirbe fiir je vier Wagen ausgestcllt. Der Korb fiihrt sich an zwei Briartschen Eisenleitungen, welche zwischen sich noch einen holzernen Leitbaum zum Eingreifen der Fangvorrichtung haben. Aufserdem ent- halt der Schacht nocb ein Fahr- und ein Wettertrum.

Die Schachtanlage Blignicres giebt das Modeli eines holzernen Senkschachtes mit cisemem Schuh. Die Nachbildung eines Teiles des Robrensystems fiir das Poetzsch’sche Gefrierverfahrcn, welches bei den Schachtcu

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yon Vicq jn Anwendung gekommen ist, lenkt fernerhin die Aufmerksamkeit des Beschauers auf sich. (Die Einzelheiten dieser mit grofsem Gescbick ausgefiihrten und von vollem Erfolg gekronten schwierigen Abteuf- arbeit finden sich in einem Aufsatzc im Bulletin de la societe minerale de St. Etienne, Jahrgang 1895, IX . Band.) Ferner werden Briartschc Schachtleitungen, Forderwagen, Blechluttentouren von kreisrundem und ovalem Quer- schnitt und Bohrmaschincn der Systemc Dubois-Franęois und Burton ausgestcllt. Letztere sind zu yier Stiick nach allen Richtungen hin beweglich, an einem fąhrbaren Gestelle befestigt, an welches ein Wagen mit Luft- und Wasserkessel fiir die Prefeluft und das durch den hohlen Bohrcr gcfiihrte Spritzwasser gekuppelt ist.

In der Niihe des Pavillons von Anzin haben die Erzbcrgwcrkc von Laurion und Somorrostro, dic vo'n franzosischen Gesellschaften ausgebcutet werden, Photo- graphicen ibrer Anlagen und schiine Erzstufen ausgestellt.

Dor Erzfcb e r g b a u ist aufserdem nur noch durch die rheinische Bleierzgrube Wohlfahrt in der deutsehen Ab­

teilung Ycrtrctcn, aus der ihre Eigentumerin, die Con­

tinental Diamond Rock-Boring Company, prachtige Glasur- erze zur Schau stellt. Im Anschluls hieran mogen aus der d e ut se he n Abteilung die Seilscheibcn mit Leder- einlagen in den Laufkranzcn zur Vermindcrung der Abnutzung und des Gleitcns runder Drahtscile, welche die bekannte Seilfabrik yon Georg Ileckel in St. Johann- Saarbriicken ausstcllt, und das Modeli einer Strecken- forderung mit cndlosem Scile derselben Firma, erwahnt werden. Getrennt von den gcschlossenen Bergbau- Abtcilungen finden sich in verschicdencn Teilen der Ausstellung zerstreut manc.be bergmannischen Zwecken dienende Erzeugnisse und maschincllc Vorrichtungen,

y o u denen die wichtigeren angefiihrt werden mogen.

In der Maschinenhallc hat die Firma Franęois in Seraing zwei Bohrmaschincn und einen zum Betriebe derselben dicnenden Luftkompressor eigenen Systems ausgestellt.

Jede Maschine ist in einer kuristlichen Gestcinsstrecke vor einem machtigen Sandsteinblock montiert, und wird auf Wunsch in Thiitigkeit gesetzt. Es ist bekannt, dafs diese Maschinen in Verbindung mit Brechkeilen ais

„Bosscyciises" zum Auffahren yon Gcstcinsstrcckcn in Schlagwettergrubcn ohne Schiefsarbcit in Belgien seit Jahren mit Erfolg in Anwendung stehen. (Interessante Mitteilungen hieruber enthalt der Band 39 des laufenden Jahrgangs der vRevue universelles des mines etc.")

Eine elektrische Grubenlokomotive mit Akkunmlatorcn- betrieb der Gesellscliaft L ’Electrique in Briissel und eine andere der Union in Berlin, ein Mortier-Ventilator der russischen Maschinenfabrik von NicolajefT und manche andere mittelbar dcm Bergwerksbetrieb dienende Maschinen sind in der Maschinenhaile zerstreut.

In einem besonderen Pavillon im Ausstellungsgarten hat die Firma Siemens & Ilalske u. a. ihre Gesteins-

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bohrihaschine mit Antrieb durcli Drelistrommotor aus- gestellt. Gegeniiber stehen zwei maclitige in einem Stiick gogossene Schachtringe des Eisenwerks von Strepy- Bracąuegnies von 6,13 m lichtem Durchmesser. (Ver- glcichsweise sei erwiihnt, dafs die grijfsten in Deutschland gcgossenen Schachtringe fiir Kind-Chaudronscffij Bolir- schiichte nur eine lichte Weite von 4,40 m besitzen.)

Ungeachtet des Yorhandenseins einzelner interessanter Gegenstiinde, die teilweise demniichst etwas eingehender

^ beliandelt werden soilen, wird man die bcrgmiinnischen Abteilungen der Briisseler Weltnusstellung ohne besondere Befriedignng iiber das Gesehene verlassen und sich mit dor Iloflhung begniigen miissen, dafs der Bergbau auf di>r bevorstehcnden grofsen Pariser Weltausstellung weit yollstiindiger und gliińzęnder yertroton sein wird. S-B.

JahresYcrsaimnlung der Federated Institution of Mining Engineers.

Yo ii H . G . G r a v e s in L o n d o n .

Die achte Jahresversammlung der Vereinigung der englischen Bergingenieure fand vor kurzem in Edinburgli.

statt. Diese Yereinigung umfafst jetzt im ganzen scchs klcinere Vereine; ilire Mitgliederzalil ist auf 2478 ge­

stiegen. Unter den Vortriigcn boten die Mitteilungen von Henry M. Cadell iiber den Betrieb des Kolilen- borgbaues unter dcm Meere zu Bridgeness in Schottland das męiste Interesse.

Das kleine Kohlenfeld von Borrowstouness ist vollig isoliert an der Siidkiiśtc des Firth of Forth gelegen. Die dort betriebenen Kolilengruben sind auf einem Fliiclien- raum von ungefahr drei Quadratmeilen zusammengedrangt, haben aber bereits seit mehr ais sieben Jahrhunderten Kohle gefordert. Die wertvollsten Fiotze erstrecken sich nacli Norden zu unter das Meer, sie gehen an der gegeniiber liegenden Kiiste von Fife etwa drei Meilen landeinwarts zu Tage aus. Nach Erscliopfung der Fliitze unter dem Fęstlande mufste man zur Kohlcngewinnung unter dem Meere schreiten. Dies war nur moglich bei den aufserordćntlieh giinstigen geologischon Yerhiiltnissen des dortigen Distrikts. Der Grund des Firth of Forth- Busens ist zwar stellenweise sehr tief, besteht aber zunachst aus einer Schicht von hartem, zahem Glacial- tlion, welcher zahlreiche Geschiebe enthiilt. Diese Schicht liegt fast durchweg auf festem Sandstein, wie dies durch Scliiichte und Bohrlocher nachgcwiesen ist. Ueber dem Glacialtlion liegt eine Schicht von plastischem Thon von 30 bis 40 Fufs Miichtigkeit. Derselbe ist fein geschichtet und, abgesehen von den oberen Partieen an beiden Ufern, frei von Sand und Steinen. Diese Schicht hat fiir den Bergmann grofse Bedeutung, da sio die nntor- liegcnden Schichten wasserdicht abschliefst und sich yermoge ilirer Plastizitiit durchbicgt und nicht briebt, wenn sieli das Gebirge mit dem fortschreitenden Abbau senkt. Der braune Tlion ist von schwimni-

sandartigem Schlamin alluvialen Ursprungs iiberdeckt.

Die Fiotze waren zunachst eine Reihe von Jahren hindurch von dem Anfangs dieses Jahrhunderts ab- getenften Schaclit Nr. 5 aus gewonnen worden und die Baue dehnten sieli von demselben wenig weiter ais an die Niedrigwasscrgrenze aus. Da jedoch die Fliitze hier durch Spriinge in die Tiefe verworfen waren und von liier aus ein nordliches Einfallen annahmen, so wurde die Aufschliefsung des Feldes von dem alten Schnc.hte aus von Jahr zu Jahr schwieriger und kóst- spieliger und es stellte sich die Anlage eines neuen Schachtes weiter seewiirts ais unbedingt notwendig heraus.

Da das feste Gebirge erst in grofser Teufe erreicht wurde und der Schachtpunkt rings vom Meere umspiilt w;ir, so gingen die Arbeiten nicht ohne erhcbliche Schwierigkeiten und Kosten von statten. Der neue Schacht (Nr. 6) liegt wenige Fufs unterhalb der Niedrig- wassergrenze, 140 m ostlich von dem Fluthafen von Bridgeness und schliefst ein bedeutendes, wertvolles Kohlenfeld unter dem Meere auf. Der erste Vcrsueh zum Abteufen wurde schon im Jalire 1862 gemacht, indem ein 230 m langer Damni ins Meer hinaus gebaut wurde, an dessen Ende der Schacht angesetzt werden sollte. Die Schwierigkeiten jedoch, welche das Durchteufen des weiclien Schlammes und des Schwimmsandes boten, fiihrten selir bald zur Ein- stellung der Arbeiten. Der zweite Ycrsuch erfolgte in den Jahren 1869— 70 mittcls Senkmauer und gufs- eisernen Senkschuhs, welcher aus einzelnen Segmenten zusammengesetzt war. Indessen fiihrte der yerschieden starko seitliche Druck zu einem Mifserfolg; aufserdein erwies sich auch die Mauer ais nicht schwer genug, sodafs bei Flutzeit der Scblamm von unten eindrang und den Schacht fiillte, wahrend nachher beim Zuriick- gelion des Wassers bei Ebbe sich aufsen eine starkę Senkung bildete. Zum dritten Małe, und zwar diesmal mit Erfolg, wurde die Arbeit im Jahre 1878 begonnen.

Man vcrwandte einen eisernen Senkschacht von 4 m aufsercm Durchmesser nnd liofs zunachst den Schacht voll Wasser und Scblamm stehen und leerte ilin erst, naclidem er eine gewisse Tiefe erreicht hatte, mit einer Art von Bagger. Um die Senkung des Schachtes herbei- zufiihren, wurde er mit eisernen Gewichten besehwert.

So gelangte man in fiinf Monaten bis zum festen Ge­

birge, eine Zeit, die wohl durch Anwendung schwererer Gewichte hiitte abgekiirzt werden konnen. Der iibrige Teil des Schachtes wurde in wenig mehr ais elf Monaten bis zu einer Teufe von 104 in abgeteuft, in welcher er das ILauptflotz erreichte. Dieses hat eine Miichtigkeit von 0,92 bis 1,4 m und schlechtes Hangendes. Im ganzen sind von Schacht Nr. 6 aus yier bauwiirdigc Fiotze aufgcschlossen. In dem ostlichen Teil ist das Fcld von einer Stiirung, augenscheinlic.li yulkanischen Ursprungs, durchsetzt, welche die Fiotze abschneidet.

Die jenseits bereits durch Bohrungen nachgcwicsenen

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Kohlenflotze kiinnen daher erst nacli Durchfahrung dicsos Sprungcs fiir dic Gewinnung in Frage kommen.

Dr. Edward Hnll spriclit in seinem kurzlich ver- iifTontlichten Werke iiber die Kohlenschatze Englands („Our Coal Resources") dic Ansiclit aus, dafs unter dcm Firth of Fortli ein ausgedelinter Bergbau -wegen der leicht moglichen Wasserdurchbriichc niclit betrieben werden konne; indesscn zeigt dor Betrieb dieser, wenn auch verhaltnismafsig wenig umfangrcichen Grube, dafs da, wo die geologischen Vcrhaltnisse giinstig sind, sehr wohl Bergbau moglich ist, namentlich da die kostspieligen Entschiidigungen fiir Bergschiiden vollstandig wcgfallcn.

Die Erfahrung hat gezeigt, dafs 1 bis 2,5 m machtige Flotze mit Strebbau unbcdenklich abgebaut werden konnen. Die Flotze sind bis zu der schiitzenden Tlion- schicht, von der cingangs dic Rede war, teilweise bis 40 m unter dem Mccresspiegcl ohne jeden Unfall ge- wonnen worden.

Der niiehste Vortrag wiirde von James B a r t o n iiber den Tunnel unter dcm irischcn Kanał gchalten. Obwohl die Regierung die Unterstutzung dieses Projektes lctzthin rundweg abgelehnt hat, so nimmt die Agitation fiir das­

selbe doch ihren Fortgang. Der Vortragendc geht auf die ortlichen geologischen Yerhaltnisse ein und glaubt, dafs dic Gcfahr des Wasserdurchbruchs bei den unter- seeischen Arbeiten nicht vorliege, da alle etwa vorhandcn gcwesenen Spaltcn und Risse durch dic Ablagcrungen aus dcm Meere wieder ausgefiillt, seien. Die Kosten der Anlage werden auf 160 bis 200 Millionen Mark yeransclilagt. Andere Schatzungen lauten sogar noch wesentlich holier.

Die folgenden Abhandlungen gelangtcn nicht mehr zum Vortrag: Ueber Klcinbalmen mit einer Schiene,

you F. J . R o w a n ; iiber Beobaehtungen an Goldadcrn in den Goldfcldcrn von Coolgardic, Yilgarn und Murchison in Westaustralien, von Edward I l al se ; das Kohlenfeld am Siidrand und sein Zusammenhang mit der Witwatersrand-Formation, Yon A. R. Sawyer.

Unter den Ausfliigcn, welchc Yon den Mitgliedcrn nach der Vcrsammlung unternonnnen wurden, ging einer nach der Newbattlc-Grube, wo der Lady Vietoria-Schacht besucht wurde. Dersclbc ist bei 6 m Durchmesser 503 m tief. Er wurde in cinem Zeitraum von 4 Jahren niedergebracht und von einer schwebenden Biilinc aus in Mauerung gesetzt. Eine Wasscrhaltungsmaschine be­

findet sich bei 244 m Tiefe; das auf der 430 m-Sohle sich sammelndc Wasser wird durch drei elektrisch be- triebene Pumpen, deren jede 900 1 Wasser in der Minutę

ISO m hoch driickt, gohoben.

Ebenso wurde ein Ausllug nach der Niddrie-Grubc unternonimen. Dasclbst wurde Moorcs hydraulische Pumpe besichtigt. Bei derselben findet die Kraftiiber- tragung durch Wasser statt, wclchcs durch iiber Tage stchende Pumpen geprefst und durch zwei Rohrleitungen zu den unterirdischen Maschinen gelcitct wird. Ycrsuchc

Nr. 43.

haben einen Nutzefickt Yon 70 pCt. ergeben. Auf der Grube, die eine Tiefe von 730 m besitzt, wird vor- wiegend Cannelkohle gewonnen.

Die hygrometrisclie SSttigung <ler Erdrinde.

(Sclilufs.) 2. Teil.

P h y s i k a l i s c h e u n d g e ol o g i s c hc B c t r a c h t u n g e n . P o r o s i t ii t.

Die Molekiilc, welche die festen Kiirper bilden, sind bekanntlich durch Zwischenriiume getrennt, wic schon aus ihrer Ausdehnung bezw. Zusamnienziehung infolge Tcmpcratnrwechsels hervorgeht. Diese aufserordentlich kleinen Zwischenriiume sind aber nicht fahig sich mit Fliissigkcitcn zu fiillcn. sic bilden niclit die Poren, um die es sich hier handelt, und die allen festen Korpcrn eigentiimlich sind; die einzigc Ausnahmo sclieint das Glas zu bilden, welches niclit nur fiir Fliissigkcitcn, sondern sogar fiir Gase undurchdringlich ist. Die Fiihigkeit eines Korpers, sieli mit Wasser zu sattigen, steht im allgemeinen in direktem Verlialtnis zu seiner Porositiit und in umgckehrtcm zu seiner Dichtigkcit.

Da jedoch durch zahlreichc Yersuclie grofsere oder geringere Abweichungen im einzelnen stets nachgewiesen worden sind, so mufs man das Vorhandensein zweicr Porensystcme annehmen, von denen das griifscrc mit Wasser, das klcincre mit Gasen angcfiillt ist. Auf diese Weise lassen sich die Vcrschiedcnheiten, welche Kiirper von gleicher chcmischer Zusammensetzung und gleicher Dichtigkcit hinsichtlich der Wasscraufnahmc zeigen, am besten erkliiren.

D u r c h l a s s i g k e i t .

Die Durchlassigkeit einer Substanz fiir Fliissigkcitcn oder Gase ist eine Folgo ihrer Porositiit; jeder durch- liissige Kiirper ist demnach poroś, wahrend nicht ura- gckchrt jeder poriise Kiirper durchllissig ist. So ist z. B. der hydraulische Miirtel bei Ilafcnbautcn zwar undurchlassig, aber poroś, wie seine Zerstorung durch das Mecrwasscr beweist. Der selir porćise Thon wird undurchlassig, sobald cr mit Wasser gesiittigf ist, und zwar aus dem Grunde, weil er infolge seines aufser­

ordentlich feinen Korns das Wasser kriiftig bindet. Die Kapillar-Attraktion ist so stark, dafs sic keine Bewegung der das Porennetz erfiillcnden Fliissigkeit gestattet. Man kann die Rolle der Poren im vorliegenden Falle etwa so bestimmen: Sind dic Poren grofs, so dringt das Wasser leicht in sic ein und cirkulicrt leicht; dies ist bei den sehr durchlassigen Kiirpern der Fali. Sind dic Poren aber klcin, so dringt das Wasser entweder nicht ein, oder cs wird nach seinem Eindringen durch dic Kapillaritiit fcstgehalten und sickcrt niclit durch, in solehem Falle ist cin Kiirper undurchlassig, unabhangig Yon dem Gradc seiner Porositiit. In gewissen Sub-

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stanzcn cndlich ist dic Grofse und Anordnung der Porcn so, dafs dic Wasser-Cirkulation scliwer, aber nicht unmoglich ist, und durch Druck beschleunigt werden kann. Der Widcrstand gegen dieselbe wird dagegen durch grijfserc Dickc des zu durchdringenden Kiirpers vermehrt. So sind z. B. alle Metalle in diinnen Platten durchliissig und vcrlieren diese Eigenschaft bci grofserer Dickc. Den besten Bewcis liefern ferner die Hochdruck-Dampfkesscl. Die Thatsaclic, dafs Durcli- liissigkeit und Porosilat von einander unabhangige korper- liclic Eigenschaften sind, koinmt besonders bci den die Erdrinde zusammensetzenden Schichtcn zur Geltung, welchc aus ungleich grofsen, unvo.]lkommcn vcrbundcnen Teilen bestehen. Da dicse Teile sich nicht uberall beriihrcn, so miissen notwendig lecre Zwiscbenraume vorhanden sein, dic mit einander in Vcrbindung stehen und cin Nctz von Kanalen bilden. Lctzteres ermoglicht dcm Wasser eine leichtere Cirkulation, ais das cigent- liche Porennetz. Aus diesem Griinde sind Sandlagen dic wasserdurchliissigstcn Scliichten; sic besitzen dic Fahigkeiten, grofse Mengen von Flussigkcit zu ver- schlucken, sich in allen Teilen damit zu sattigen und so den „Schwimmsand" zu bilden.

U n t e r i r d i s c h c W a s s c r a n s a m m l u n g e n . Rulit nuiTeine solehe durchliissige Schicht auf einer undurchlassigcn Thonbank, so erfiillt dic durchsickcrnde Fliissigkeit nicht nur die Poren, sondern auch dic Zwiscbenraume; das Gebirge ist dann nicht blofs feuelit, sondern nafs. E's bildet sich cin richtiger Wasser- spiegel, der jc nach der Menge der Zu- und Ablassc steigt oder fiillt. Manche Sandstcine haben dieselbe Eigenschaft. Die Sickerwasser hohlen in ihnen langsam ihren Lauf aus, indem sic infolge des SauerstolTgehalts der in ihnen cntlialtencn Luft, welclier sich durch dic Cirkulation stets erneuert, den kohlcnsauren Kalk auf­

losen. So bilden sich mit der Zeit unterirdischc IIolil- raumc, welchc den Abflufs des Wassers in einćr be- stimmten Richtung, gewohnlich in der Muldenlinie der unterliegenden undurchlassigcn Schicht erleichtcrn.

Dic Durchlassigkeit der Scliichten kann aber noch cinc ganz andere Ursache haben, namlich die in vielen Sand- und Kalksteinen vorhandencn Kliifte. Felilen dicse oder sind sie durch lettige Massen ausgefullt. so sind die Kalkstcinc im allgemeinen sehr wenig durch- liissig, wofiir dic unterirdischen Stcinbriichc im Grob- kalk des Pariscr Bcckcns zahlrciche Bewcisc liefern.

Die Streckenfirste liifst hier, so lange ais sie nicht durch den Abbau in Bcwcgung gebracht wird, die Tagewasser nicht durchsickcrn; andernfalls sammeln sich dicse Wasser auf der etwas mergeligen Solilc der Bauabteilungen bis zu mchrercn Dezimetern Holie an und dringen nur selir langsam in die liegenden Kalk- biinke ein. Um sie loszuwerdcn, mufs man durch dicse hindurch Bolirlochcr von mchrercn Metom Tiefe

bis in den sandigen Kalkstein stofsen, der dic Basis der Formation bildet und in dcm sich an der Grcnzc mit dem plastischen Thone die grofse Infiltrations- Zone des Seinc-Beckcns befindet. Da aus den oben angcfubrtcn Ycrsuchen licrvorgeht, dafs der Grobkalk ziemlich poroś ist und Wasser bis zur Siittigung auf- nimmt, so kann man sich den Widcrstand der Kalk- banke gegen das Durchsickcrn und Ablliefscn der Tage­

wasser nur dadurch erklaren, dafs sie sieli eben schon im Schofse der Erde in hygrometrisch gesattigtem Zu- stande befinden, eine Erschcinung. dic man leicht be- greift, wenn man sich den bekannten Kreislauf des Wassers in der Natur vergegenwartigt.

Die unterirdischen Wasscrbecken ruhen auf undurch- liissigcn Schichtcn, die in der Regel eine wellcnfórmige Oberilache haben, sic nehmen die Rcgenwasser haupt­

sachlich an ihren Randem, am Ausgelienden der durch- liissigen Schichtcn, und nebenbei noch durch Kliifte auf, die liaufig das Dcckgcbirge durchsetzen. Dic Wasscransammlungen in diesen Bcckcn sind im Ver- haltnis zu der tiiglichcn Wasscrabgabc der von ihnen gespeisten Quellcn sehr umfangreich; sie stellen nicht tote Wasser dar, sondern sind in ilirer Gesamtheit durch unmerkliclie Strijniungcn belcbt. Jc wrcniger zalil- rcich und weniger stark dic Qucllen eines Wasser- gebietes im Verhaltnis zu den in ihm angcsammelten Wasscrmassen sind, um so bestiindiger ist ihre Wasser- abgabe. In Gebieten, deren Untergrund von gc- schicbtetcn Gesteinen gebildet wird, trifft man gewolin- licli mehrerc iibcrcinanderliegcnde Wasscrbecken an, dic jc nach dem geologischen Bau des Gebirgcs bald parallel, bald divcrgent sind.

A u f t r e t e n von W a s s c r n in S c h a c h t e n . Man hat liaufig, besonders in Steinkohlcnbccken, beim Abteufcn von Schachten in grofser Tcufe be- trachtliche Wasserzufliisse angctroflcn, welchc bcweisen, dafs die unterirdischen Wasscrbecken selir ausgedehnt sind und unter starkom hydrostatischem Drucke stehen.

Einige Zalilen, aus denen die Bedcutung der unter­

irdischen Wasscransammlungen im Dcckgcbirge des Steinkohlenbeckens des Pas-de-Calais crhcllt, mógen nachstehend angefiihrt werden:

Im Feldc von Dourges (raf der im Jahre 1857 be- gonnene Schacht Ilely d’Oisscl in 50 m Tcufe eincn Wasscrzuflufs von 17 000 cbm in 24 Stunden (11,8 cbm in der Minutę) an. Im Fclde von Coureelles crrcichten bcim Abteufcn des Schachtes Matliieu in den Jahren 1872 bis 1877 die Wasserzufliisse bei 35 m Tcufe 37 000 cbm in 24 Stunden und beim Abtcufen des Schachtes Nr. 9 im Jahre 1892 bci 30 m Tcufe 52000 cbm in 24 Stunden (25,7 bezw. 36,1 cbm in der Minutę).

Im Fclde von Lcns betrug der tiigliclie Wasserzuflulś beim Abteufcn im Schachte St. Elisabeth 21 000, im Schachte St. Theodor 48 000, in den Schachten

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St. Antonie und St. Yalcntin Nr. 10 sogar je 60000 cbm (14,6, 33,3 und 41,7 cbm in der Minutę). Um dic beiden letztgenannten Schiiclite niederzubringcn, waren zur Siimpfung Maschinen von 1000 Pfcrdekriiftcn cr- forderlich. Wiilirend des Jahres 1894 wurden von den Wassorhaltungsinascbinen der in Betrieb befindiichen Gruben des Pas-de-Calais 5 782 000 cbm, im Beckcn der Loirc 7 608 000 cbm, d. i. mehr ais das Gewicht der gcfórdertcn Kobie, zu Tage gehoben. Auf der Schachtanlage Nr. 1 der Zeche Bruay, welchc dic grofsten Wasserzufluśse des Bezirks besitzt, hat man kiirzlich auf der 340 m-Sohlc eine unterirdische Wasserhaltungs- maschinc fiir eine Leistung von 3000 cbm in 24 Stunden (20,8 cbm in der Minutę) aufgestellt.

Zum Vergleiche miigc erwahnt sein, dafs die tiigliche Wassermengc der die Stadt Paris mit Wasser ver- sorgenden Fliisse Yanne, Dhuis und Avre zusammen 150 000 cbm betragen, wovon auf dic Vanne 96 000, auf dic Dhuis nur 20 000 und auf dic Avre 34 000 cbm entfallen. Die unterirdischen Wasserlaufc, die in Berg­

werken crschroten werden konnen, haben demnach dio Bedeutung von Fliissen.

I ły gr o m c t r i s c h e Si i t t i g u n g der E r d r i n d c . Bckanntlieh wird fast 4/s der Erdobcrfliichc vom Mccre bedeckt, wahrend nur i/s aus demselbcn empor- tauclit. In letzteres dringen dio atmóspharischcn Wasser ein und durchtriinkcn cs teils in Form von unterirdischen Wasscrlaufen, teils in Form von natiirlicher Fcuchtigkeit.

W as dic ersteren betrifTt, so mufs man, wenn man bc- denkt, dafs auf ihnen seit undenklichcn Zeiten Wasscr- massen von stcllenweisc uber 5 km Druckhohc lasten, zu der Ueberzcugung gelangen, dafs sic mit Wasser gesiittigt sind.

Dic Erdrinde wird von Eruptivgesteinen gebildet, die zum grofsten Teil von sedimentaren Gesteinen be- dcckt sind. Diese kalkigen, mergeligen, thonigen oder kiescligen Schichten haben sich auf dcm Grundc von Meeren oder Seen abgcsctzt und miissen daher zur Zeit ihrer Bildung mit Wasser gesiittigt worden sein.

Wenn sie auch zum Teil spater iiber das Mccrcs- nivcau emporgehoben wurden, so konnen sie doch nur oberflachlich ausgetrocknet worden sein, da nunmehr dic atmóspharischcn Wasser diesem Prozefs entgegen- wirkten. Die Tiefe, bis zu welcher die oberflachliche Austrocknung hcrabreicht, schwankt mit der Jahreszeit, dem Klima und der Beschaffenheit des Untergrundes.

S a l z g c h a l t der E r d k r u s t e .

W enn es riclitig ist, dafs die sedimentaren Gesteine bei ihrer Ablagerung einen Teil des Mecrwassers in ihren Poren zuriickgchalten liabcn, so miissen sie not- wendig noch Spurcn der darin aufgelosten Salze, be­

sonders des Kochsalzes, enthalten. Da z. B. das Mittcl- landisćhe Meer im Durchschnitt 32 kg Chlorsalze, ent- sprechend 20,4 kg Chlor, im Kubikmeter enthalt, so

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miifste ein in ihm abgcsetztcr Kalkstein, der in trockenem Zustande 1900 kg pro Kubikmeter wiegt und nach den angestcllten Ycrsuchcn bei der Siittigung ein Viertel seines Volumcns an Wasser aufnimmt, ungefahr 5 kg oder 0,25 pCt. Chlor enthalten, vorausgesetzt, dafs cr genau sovicI Salzwąsser wie Sufswasser verschluckt.

Nun gelit aber der urspriinglichc Gehalt an Clilor- salzen infolge der Auslaugung der oberflachlichen Schichten durch dic Rcgenwasser bis zu einer analytisch niclit mehr nachweisbaren Menge vcrloren. Immerhin ist die Anwcscnheit y o i i Koclisalz in der Ackerkrume sowie in allen Pilanzen bekannt. Dafe die Rcgenwasser Koclisalz aus dem Erdboden laugen, wird auch durch dic allgemcine Vcrbrcitung des Ghlornatriums und Chlor- magnesiums im Quell- und Flufswasser bcwiesen. Diese Auslaugung wiirde schon iangst zum giinzlichen Ver- schwindcn der Salzc in den oberen Schichten gefiihrt liabcn, wenn niclit ein Ersatz derselben durch Aufstcigen der tieferen Wasser nach der Oberflache stattfiinde.

Man kann also von einem Kreislauf des Salzcs, wie von einem solehen des Wasscrs sprechen.

M e n g e u n d W i r k u n g des i n der E r d k r u s t e e n t h a l t c n e n W a s s e r s .

Das Vcrhaltnis des im Innern der Erde zu dem auf ihrer Oberflachc vorhandcncn Wassers ist von vcr- schiedenen Geologen vcrschicden bcantwortet worden;

es hiingt wcsćntlich davon ab, bis zu wclcher Tiefe man cinc Siittigung der Erdrinde mit Wasser annimmt.

Jedenfalls aber ubertrifft die Menge des unterirdischen Wassers die des oberirdischen um mindestens das doppelte. Sein Vorhandensein ist fiir die Erhaltung der Erdwarme von sehr giinstigcr Wirkung. Ais gutc Leitcrin der Elektrizitat und schlechtc Warmelciterin wirkt dic feuchtc Iliillc des Erdkcrns einer fiir dic Vcgctation schadlichcn Erhitzung des Bodens durch dic Sonnen- strahlen oder die innere Erdwarme entgegen. Anderseits hat sie eine betrachtlichc Ycrminderung der Gestcinsr festigkeit zur Folgę, wodurch die Entstchung von Faltungen und Spriingen begiinstigt wird, welche nicht minder wichtig fiir den praktischcn Bergmann wie fiir

den Geologen sind. S-B.

TH. interriątionaler Geologen - Kongrefs in Rnfsland.

Y.

Ich kommc nunmehr zu einer Besprechung der wiilirend unseres Petersburger Aufenthaltes ausgefiihrten kleineren Exkursionen. Die ersle derselben fand am 31. August statt und hatte die kaiserliche Sommerresidenz Peterhof zum Ziele. Wir waren an diesem Tage die Giiste Seiner Majestat. An der Nicolaibriicke lag ein Dampfer, der uns bei anfangs unfreundlicher Witterung die Newa hinunter und iiber den innersten Teil des Aachen, durch zahlreiche Sandbiinke gefiihrdelen Teiles des finnischen Meerbusens

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zur siidliclten Kusie tlessclben fiihrte. Wie icli bereits friiher kurz andeutete, ist die niihere Umgebung von St. Petersburg eine uiigehcure Ebene, der durch Abrasion geschalTene uiul mit jungen Sedimenten bedeckte Boden eines postglaciaicn Meeres. Durch diese Ebene hindurch zieht sich eine die­

selbe gliedernde Terrasse, durcli welche die Ablagerungen zweier verschiedener Phasen dieses Meeres von cinander geschieden werden. Die hohere derselben stellt den Boden des alten Yoldiamceres dar, die tiefere denjenigen eines Siifswassersces, der nacli einem charakleristischcn Bewoliner in Schwcden ais Ancylus-See bezeichnet wird. Diese niederc Terrasse, die sich nur wenig iiber dem Meeresspicgel erhebt, tragt den grofsten Teil der Stadt Petersburg und zieht sieli ais schmaler Streifen entlang der estliliindischen Kiiste hin.

Auf ihr rulit der untere Teil des Parkes von Peterhof, wahrend der grofsere obere Teil auf der Yoldiaterrasse angelegt ist und sich weit ins Land bis zum Ufer dieses alten Meeres hinzieht. Am Rande der oberen Terrasse ist das ausgedclinte Schlofs erbaut und der Abfall der oberen zur unteren Terrasse ist in kunslvoller Weise zur Anlage der beruhmten Petcrliofer Wasserkiinste verwendet worden, deren zahllosc zu allen moglichen Motiven benutzten Wasserstrahlen zu Ehren unscres Besuehes alle sprangen.

Am Landeplatzc des Dampfers erwarteten uns an 250 kaiserliclie Wagen, die uns durch den Park zum Schlofs empor fuliren. Nachdem wir durch eine grofse Zalil von Gemiichern und Salen liindurcligefuhrt waren und die reichcn, in denselben aufbewahrten Kunstschiitze bewundert hatten, wurden wir in Siile gefiihrt, in denen ein wahrhaft kaiscr- liclies FruhstUck fiir uns serviert war. Die Honneiirs des Ilauscs maclite der Domancnministcr Exc. Jermelow, dem nacli dem Kaiscrtoast' Geli. Rat v. Richthofen den Dank des Kongresses aussprach. Nacli dem Friihstiick standen die Wagen wiihrend des ganzen Nachmittags zur Besichtigung der weilliin sich erstreckenden Parkanlagen zu unserer Verfiigung, und erst am spaleń Nachmittagc wurde teils zu Scliifle, teils in Ęstraziigen der baltischen Eisenbahn die Heimreise angetreten.

Geologisch bedeulungsvoller war der am 2. September unlernommene Ausflug nach den Imatrafallen, wahrend dessen wir Giiste des finnisclien Staates waren. Am Abend des 1. September hatte die Duma der Stadt Petersburg zu einer

„Reception" im Stadthause eingeladen, die sich bis nach Mitternacht hinzog und manehen am piinktlichen Erscheinen auf dem linnischen Bahnhofe Ycrbinderte. Um 7 Uhr ent- fiilirten zwei gewaltige Extraztige etwa 500 Kongrefsmit- glieder nach Finnland. Die Bahn fiihrl bis Wiborg durch wenig reizvolle Landschaften, auf der Ebene des alten Meercsbodens, dessen Ufer unweit Petersburg einmal sichtbar werden und dann durch ungeheure Kiesfliichen, durchsetzt mit ausgedelinten Moosmooren, unter deren Vegetalion die Zwergbirke, Betula nana, aufflel. Wirtschaftlich bctrachtet ist auch dieser ostliche Teil von Finnland zum weilaus grofsten Teile mit Kiefern und Fichten bestandener Wald- boden. Erst unmittelbar vor Wiborg sielit man andere ais quartiire Bildungen auftreten: es sind eisgeschliffcne Riicken des beruhmten W ibo rge r Rapakiwi, jenes Granites mit grofsen, von O ligoklas umschlossencn Orlhoklaskrystallen, der den Hauptbaustein fiir alle Petersburger Monumcntalbauten ge- licfert hat. A us ihm ist der gewallige M o n o lith der Alexandersaule vor dem Winterpalaste, aus ihm dic Viel- zalil riesenliafter Siiulen der Isaaks-Kathedrale angeferligt worden. Leider sind manclic Yarietaten des schonen Ge­

steins, welches ais Geschiebe iiber das ganze norddeutsche Dilmium verbreitet ist, einem raschcn Zerfalle unterworfen, ohne dafs man dem frisclien Gesteine diese ilble Eigcnschaft irgendwie anmeiken konnte. und so machen sich denn bei zahlreichen ofTcntlichen Bauwerken recht bose Schiiden be- merklich. In der Natur iiufsert sich dieser Verfall des Gesteines in ganz cigentumhcher Weise; vielc Rundhocker besitzen noch eine ganz feste, glatte, mit Schrammen ver- sehene Scliale, wahrend ihr.Inneres vollstandig zu einem groben Gruse zerfallcn ist. Man kann in solchem Falle mit einem Fufstritte einen Bloclc oder kleinen Rundhocker zertrummern. Dieser Zerfall des Rapakiwi in seine einzelnen Mineralien ist nicht auf chemische Vcrwitterung zuriickzu- f(ihren, sondern mufs zu irgend welchen physikalischen Eigenschaften in Beziehung stehen.

Der Bahnhof Wiborg war festlich geschmiickt mit Falinen, Laubgewinden und Draperieen, die Militarkapelle spielte und Tausende von Menschen driingten sich, uns zu selien und begriifstcn uns mit Ilochs und Ilurrahs. Nach kurzeni Aufenthalte ging es auf der erst seit einigen Jahren fertig gcstclltcn karclischen Eisenbahn, die die Gebiete wrcstlich des Ladoga-Sees an das finnische Bahnnetz anschliefst, weiter zur Station Antrca. Kurz vor derselben wird der wasserreicliste Strom Finnlands, der Wuoksen, passiert, derselbe, dessen Wassermassen die weltberlihmten Strom- schnellcn von Imatra bilden. Seeartig breit, aber mit starker Stroinung, fliefst er unter der BaluibrUcke daliin. Der Wuoksen fiihrt ais einziger Abflufs des grofsen, unter dem Namen Saimen zusammengefafsten Seensysteincs des ostlichen Finnland eine ungeheure Wassermenge dem Ladoga-Sec zu.

Vom Ausflusse des Wuoksen aus dem Saimen kann man mit DampfschifT ohne Schleusen auf dcm gleichen Wasser- spiegel gegen 450 km weit nach Norden fahren, und die Uferlinie dieses weitverzweigtcn Sees ziililt nach Tauscnden von Kilometern. An seinem Slidrande verliiuft die grofse finnische Endmoriine, der Salpausselkae, und iiber ihn selbst, seine Inseln und Landzungen, zieht sich der zwcite, weiter zurlickliegende Endmoriinenzug liin. Von Wiborg bis Antrea bewegten wir uns noch im Gebiete des Wiborgschen Rapakiwi, und in zahlreichen Einschnitleu der Eisenbahn konnten wir das herrliclie Gestein mit seinen oftmals faust- grofsen fleischrotcn Orthoklaskrystallen bewundern. Dic Landschaft, dic wir durchfuhren, ist eine typische Moiiinen- landschafi von wunderbarer Grofsartigkeit. Dem iippigen Waldboden ^entragen zahlreiche eisgeschlilTene Rundhocker der verschiedensten Grofse, deren Zwisclienriiume mit Moriinenschutt ausgefiillt und mit einem ungeheuren Meere von riesenhaften Felsblocken iiberdcckt sind, unter denen solche von 6, 8 und 10 m Durchmesser, die bei uns schon ais Riesen bestaunt und von der Sage Yerherrlicht werden, ganz gewohnlich sind. Bei Antrea wechselt das geologische Bild und wir treten wieder in das grofse finnische Gneisgebiet ein, dessen durch die zahllosen Granit- intrusionen bedingten Charakter wir schon friiher kenneu gelernt haben. Dieses Gestein ist es denn auch, durcli welches die gewaltigen Stromschnellen des Wuoksen bedingt werden. D ic ungeheure Seeflache des Saimen, die durch die Endmoranen der Salpausselkae nach Siiden abgeschlossen war, staute sieli hinter diesem Walie so lange auf, bis der Wasserspiegel die tiefste Stelle des Damines crreiclite und iiberflbfs. Ilier sclinitt sich der Abflufs des Sccs voraus- sichtlich in sehr kurzer Z e it bis zur heutigen Tiefe ein.

Dem definitiven Abzuge nacli Siiden aber stellte sich noch

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Nr. 43.

ein ctwa cinc Meilo siidlich von dicser Stelle gelegcncr Felsriegel entgegen, der eben aus dem Granil-Gneise bestand.

Gegen 1 Uhr inittags erreichte unser Zug die Station Imatra und unter Fulirung einer Musikkapelle ging es vor- wiirts, dem Strome entgegen, dessen Brausen schon von wcitem deutlich vernehmbar war. In 10 Minuten war die Briieke erreiclit, die ihn (iberspannt, und wirkonnten hinunter- seliaucn in dic enge Scliiucht, in der die gewaltige Wasscr- masse daliin braust. Das Flufsbett hat einc Breite von nur 40 m und beliiilt diese geringe Breite auf einc Liinge von 850 m bei; auf dieser kurzeń Strecke aber bctriigt das Gefiillc des Stromes nicht weniger ais 19 m und die Wassermasse, die dieses enge Profil zu passieren hat, er- reicht im Mittel die ungeheure Zalil von 600 cbm in der Sekundę. Die hier durchbrochenen Gesteinsbanke streichen anniihernd parallel mit dem Flusse, haben aber eine Neigung von ctwa 45°. Eine Folgę dieser Lagerungsverhiiltnissc ist es, dafs das eine Ufer der Stromschnellen von den Schichtflachcn gebildet wird, wahrend das andere infolge fortdauernder Unterwaschung senkreclit abbricht. In dieser unsymmetrischen, fast kluftartigen Rinnc nun wiilzen sich dic hellen, weifslichgriinen, ungeheuren, schaum- gckronten Wogen des machtigcn Stromes mit rasender Gcsehwindigkeit dahin, bcmiihcn sich vergeb!ich, an den harten Felswanden bis zur llohe des Ufers emporzuklettem und gelangen schliefslich durch eine letzte, besonders enge Pforte hindurch in ein ausgcdehntes, seearligcs Becken hinein, in wclcliem dic tobende Fiut in kurzer Zeit zur Yolligen Ruhe gelangt. Der Gegensatz zwischcn der er- habenen, fricdlichen Stille dieses grofsen, von dunklen Wiildcrn umsiiumten Wasserbeckens und der tobenden, zischenden, kochcnden Fiut, die sieli aus der engen Pforte in den See hinein wiilzt, wirkt wahrhaft uberwaltigend.

Die Iraatrafalle sind, — geologisch betrachtet, — eine sehr jungę Erscheinung. Das Durchbruchsthal des Wuoksen ist auf beiden Seiten iiber der Granitgncisdecke begleitet von cincm Abschnittsproflle des postglacialen Yoldiathones, woraus klar hervorgeht, dafs diese ganze gewaltige Arbeitsleisiung der Erosion erst in der Zeit nach der letzten Eiszeit, dereń Ende hier nocli in eine betrachtlich spiitere Zeit fiillt ais in Norddeutschland, geleislet wurde. liin Zwischenstadium der Thiitigkeit des Stromes ist uns auf seiner linken, ostlichen Seitc crhalten geblieben, diis Strombctt niimlieh, aus einer Zeit, ais der Flufs in einem weit hoheren Niveau flofs ais heutc und zugleich iiber eine weit grofsere Flachę aus- gedehnt war. Auf diesem heute mit Moos und Flcchten bedeckten, mit gemisehtem Walde bestandenen altcn Flufs- boden ist die praehtigste Gelcgenheit, die Wirkungen zu studicren, die solches wildbewegtes Wasser auf felsigen Untergrund hervorzubringen verinag. Wir selicn den Felsen- grund des Stromes gleichsam gegliittet und abgcschliffen, aber die Formen, die das mcchanisch wirkende Wasser mit seinem Schleifpulver, dem Kies und den Iiollsteinen, erzcugt, sind himuięlweit verscliiedcn von denen, die uns 111 unmittelbarer Nachbarschaft ais Wirkung des Inland- eises entgegentreten. Anstatt der gleichmafsig gerundeten Oberfiiichenformen sehen wir hier unrcgelmafsige Aus- waschungen und Hohlungen im Gestein und anstatt der glattgeschlitTencn Oberfliichc erblicken wir flachnarbige Gesteinsfiachen mit einer Glatte, die den Eindruek macht, ais wenn das Gestein gefirnifst ware. Zu den schonsten Wirkungen des strudelnden Wassers aber zahlen dic am Imatra zu Hunderten bckannten, sogenannten Riesenkesscl

oder Strudcllocher. Es sind das trichterformige oder cylindrischc Locher, die gerade oder schriig sich in das Gestein hineinziehen und von selir versehiedenen Dimen- sionen sind. Manche sind so klein, dafs man kaum mit der Iland hineingreifen kann, wiihrend andere einen Durcli- messer bis zu 3/i ui besilzen, sodafs ein Mcnscli hineinsteigen kann. libenso verschieden ist dic Tiefe. die bei wenigen Centimetern beginnt und bis zu 2 m erreichen kann. Aus- gefullt sind diese Liicher mit Kies und Steinen, die aufser- ordentiich schon gegliittet sind, und es ganz zweifellos machen, dafs sie das Schleifmaterial sind, dessen der Strom sieli bediente, um diese Locher zu scliafTen. Die Wandungen der Riesenkesscl sind in den meisten Fiillen glatt, in ein- zelnen besonders gunstigen aber kann man doch beobachten, daTs spiralige, von unten nach oben aufsteigende Liuicn und Furchen sieli finden. Dieselben werden erzcugt durch dic Bewegung nicht des cinfallenden, sondern des austretenden Wassers. Man kann sieli durch ein kicincs Experiment diese spiralige Bewegung ganz gut klar machen, wenn man in ein cylindrisclics Gefiifs, auf dessen Boden sich kleine Stcinehen betinden, aus grofserer llohe eincn Wasserstrahl hineinfallcn liifst. Das Wasser fiillt in der Mitte des Gefiifses senkreclit bis auf den Grund und steigt dann in spiraligen, durcli die Bewegung der Sandkorner angezeigten Linieli wieder nach oben empor. Durch dic Ileibung der Kiesstucke und grofseren Steinc an den Gesleins- wandungen wird durcli natiirliche Abschleifung die allmiihliche Verbrcitcrung und Yertiefung der OefTnung bcwirkt. Sehr hubsche Forinen koinmen dann zustande, wenn zwei oder mehrere solclier Lijcher in geringer Entfernung Yonęinander entstanden und bei ilirem erbrcitern mit- einander verschmolzen sind. Man kann solche Kombinationen gleichfalls in allen moglichcn Formen beobacliten. Schon sind auf dem alten Flufsboden Hunderte von solchen Riescn- kesscln aufgedeckt und ausgcriiumt worden, aber sicherlich liegt unter den Btoospolstcrn des W aldes noch eine aufser- ordentlich vicl grofsere Z a lil begraben.

Die Besichtigung der \ielen Mcrkwiirdigkeiten dieses priichtigen Gebietes ging iibrigens niciitso cinfaeh von statten, denn der Ilimmel war uns wahrlich nicht giinstig gesinnt.

Kaum hatten wir die Stromschnellen erreieht, ais ein so ungeheuerer Platzrcgen einsetzte, dafs alles schleunigst unter Dach fliichtcn mufste. Unmittelbar neben den Stromschnellen war auf Kosten des Finnischen Staates eine ungeheure Ilallc errichtet worden mit olfenen Seiten und einem gliicklicherweise absolut wasserdichten Daclie, unter dessen Schutze 5 riesenhaftc Langstafeln errichtet waren, dereń jede fiir etwa 160 Sitzpliitze eingerichtet war. Da die Zalil der Giiste sich etwas geringer herausgestellt liattc, so kamen nur 4 der Tafeln zur Benutzung. Ein Ileer von Petersburger Kellnern serviertc uns das uppige Malil, dessen geologisch angeliauchtes IMenu oflfenbar in llerrn von Notbeck- Lielaks seinen Urheber liatte. Von den zahlreichen Reden freilich yersclilang das Brausen des Stromes, das Pliitschern des Regens und die immer zur unrechten Zeit sich ein- stellende IMusik so viel, dafs jeder Redner nur einem winzigen Kreise ilim zunachst Sitzender verstiindlicli wurde, was iibrigens der Begeisterung, mit der in die Hochs cin- gestimmt wurde, keinen Abbruch that. Gluckiicherweisc iiorte wiihrend des Esscns der Regen auf und wir konnten nunmehr bei etwas gunstigerem Wetter die bereits beschriebenen Strudelerscheinungen in niiheren Augen- schcin nehmen. Ein Spaziergang von einer Yiertel-

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stunde siidlicli von den Stromsclinellcn brachte uns in das Gebiet des Yoldiatliones liinein, der hier in grofserer Miichtigke.it das Ufer des Wuokscn bildet. In ihm kommen dic bekannten Imatrastcine vor. Ueber diese schreibt der sonst gut informierte Biideker: „Sic bestehen meistcntcils aus Thonschiefer; einige li alten sie fiir versteinerte Muscheln oder auch Mollusken, andere fiir Gestein, dem das Wasser des Imatra durcli die mechanische Bewegung seine sonder- barc Form verlichen/f Ks ist das der griifste Unsinn; dic Imatrastcine bilden vielmehr lagcnformige Kalkkonkretionen in bestimmtem Niveau des Yoldiatliones und sind genau in derselben Weise entstanden wie die ganz ahnlichen Gebildc in vielen lofs- und mergelartigen Gesteinen; nur wird durch das Wasser die Lagenstruktur durcli Auflosung und Aniitzung kriiftiger licrausmodellicrt, sodafs die Oberfliiclie dieser Konkretionen eine an Maserung erinnernde Zeiclinung erhalt. Das Materiał, aus welchem sie bestehen, ist reiner kohlcnsaurer Kalk und organische Rcste schliefsen sie nicht ein. Wegen ihres hUbschen Aussehens werden sie massen- haft gesammclt und von den Kindern allentlialbcn ais Andenken an den Imatra feilgchalten. Gegen 8 Ulir abends setzten wir uns wieder in unseren Extrazug und fuhren, aucli auf der Ileimreise nocli willige Opfer linnisclier Gastfreundschaft, nach Petersburg zuriick, welches i Uhr naclits wieder crreicht wurde.

Der Nachmittag des folgenden Tages galt einem Be- suche des 3 Meilen siidlicli von St. Petersburg liegenden Stiidtcliens Pawlowsk. In der Nahe desselben namlich sind in einem tiefen Flufsthale dic Schichten des ballisclicn Paliiozoikum in ganz ausgezeiclinctcr Weise freigelegt, und gestatten in kurzer Zeit einen Ueberblick in diese, in mehr ais einer Beziehung merkwurdige Scliiclitenfolge zu gewinnen. In den baltischen Provinzen Rufslands liegt eine ungelieure Schichtentafel diskordant auf den archaischen Graniten und Gneisen auf; sie beginnt mit dcm Kambrium und reicht hinauf bis zum ObcriJevon. Ihre fast iiberall gleichmiifsig horizontale Lage ist nur an wenigen Stellen in unbedeutender Weise gestort und zwar nicht durch ausgedelinte, gebirgsbildende Kriifte, sondern ausschliefslich erst in sehr jugendlicher Zeit durch die Einwirkung des Inlandeises. Dagegen ist diese Schichtentafel einer aufserordentlich langsamen Abtragung unterworfen, etwa in der Weise, wie der Rand der Schwiibischen Alb weiter und weiter von der Tertiarzeit an nach Siiden zuriickgewichen ist. Es ist nicht unwahrsclieinlicli, dafs diese Schichtentafel sich dermaleinst auch iiber ganz Finnland ausdehntc, und manchc Ziige in der ObcrfHichen- form dieses Landes machen cs fast gewifs, dafs hier einst noch machtige horizontale Schichten gelegen haben miissen.

Heute aber ist dieses Land bereits giinzlich bis auf (jas Ur- gebirge abradiert und der Rand der paliiozoischen Schichten­

tafel hat sich iiber den finnischcn Meerbusen hinweg nach Siiden zuruckgezogen und folgt in wechselnder Entfernung dem Ufer desselben. Die Abbruchslinie der Schichtentafel nach Norden wird ganz allgcmein ais der esthlandische Glint bezeichnet und zieht sich sudlich von Petersburg nacli dem Ladogasee hin. Auf der Ilohe der Tafel lagern quarliire Sedirccnte, sodafs Entblofsungen des alteren Ge- birges auf den Glintrand und die tieferen, in das Plateau eingeschnittenen Thiiler beschriinkt sind. Zu den letzteren gehort das vcrh;iltnismafsig breite und tiefe Popowkathal.

Dieses zur Zeit unseres Besuches von einem kleinen Biichlein durcliflossene Thal hat um deswillen eine besondere Be-

riihmtlieit erlangt, weil infolge der Niihe der Hauptstadt hier durch vicljiihriges, muhseliges Sammeln cin aufser­

ordentlich reichhaltiges Materiał von Petrefakten zusammen- gebracht ist. Besonders sind es einige vcrabscliiedete hohere russisclic Offiziere, die ihre Mufscstunden dem palaontologischen Sammeln in erfolgreichster Weise gc- widmet liaben.

Das altestc Schichtenglied, welches wir gleich am Ein- gange des Popowkathales, unweit der Brucke bei dem Dorfc Piiselewo erblickten, war ein plastischer Thon von blaugriiner Farbę, der genau ebenso formbar und knetbar wie unsere diluvialen und tertiiiren Thone ist. Dieser Thon aber ist kambrischen Alters und seine Entstehungszeit fallt in eine Periode, da das organische Leben unserer Erdc noch iu den Kindcrschuhen sieli bewegte, in cinc Periode, die so uncndlich weit in der Geschichte der Erde zuruek- licgt, dafs es fiir unseren Yorstcllungskreis unmoglich ist, diesen Zeitraum zu fassen: und wahrend iiberall anders die kambrischen Gesteine uns in Form von hochkrystallincn Schiefern oder von Quarziten oder ahnlichen harten Ge­

steinen entgegentreten, sehen wir sie hier noch im vollig un- verśindertein, ursprUnglichstem Zustande vor uns liegen. Die­

selbe Erscheinung wiederholt sich bei dem nachstjiingcren Gliede, bei dcm sogcnannten Ungulitensandstein. Es ist das ein entweder vijllig lockerer oder nur ganz leicht ver- kitteter Sand, der eine dcutliche diskordante Parallel- struktur besitzt und lokal in grofsen Mengen Unguliten und Obolus fiihrt; er konnte eben so gut ein Sedimcnt eines unserer heutigen Fliisse sein. Ais jungstes Glied des Kambrium beobachtet man im Popowkathale iiber diesen Sanden liegende schwarze Schiefer von eigentiimlich ledcr- artiger BescliafTenlieit, die nach einem in ihnen auftretenden Fossil ais Dictyonemaschiefer bezeichnet werden. Diese kambrische Scliiclitenfolge ist von einem ganz aufserordcnt- lichen Interesse fiir verschiedene Fragen der Petrogcnie. Wie ist es moglich, dafs so alle Schichten in diesem Gebiete ihren urspriinglichen Charakter bis in die geringsten Kleinigkeiten bewahren konnten, wiihrend die gleichaltrigen Gesteine anderer Gebiete die tiefgehendsten Umwandlungen und Um- formungen erfuhren? Der Grund kann nur darin liegen, dafs die Baltische Schichtentafel, wie Uberhaupt der griifste Teil der ungelieuern russischen Schichtentafel, freigeblieben ist von allen jencn Storungen der Lagerung, die auf die gebirgsbildenden Kriifte der Erde zuruckzufuhren sind.

Diese machtige Scholle ist niemals aus ihrer starren Ruhe herausgekominen, sie hat niemals Faltungen und Zusammcn- pressungen durchzumachen gehabt, cs inangeln ilir die grofsen Dislokationen, auf denen horizontale oder vertikale Vcrschiebungen hatten stattfmden konnen und infolge des Fehlens dieser Ursachen haben sich auch die Wirkungen nicht eingestellt; es fehlte der bei allen solehen Gebirgs- bildungen ausgeUbte Druck, es fehlte die mit demselben vcrbundene Temperatursteigerung, und so kam keine der cheinischen oder physikalisclien Kriifte zur Wirkung, dic anderwarts dic Umwandlung der Gesteine bcsorgten. Die kleinen Dislokationen, dic wahrend der Eiszcit durch den Druck der auflagernden Eismassen erzeugt wurden, sind fiir die Umwandlung der Gesteine naturlicli bcdeutungslos geblieben.

Ueber dem Kambrium folgt das Silur, welches mit einer wenig machtigen Bank von grUnlichem, glaukonit- reicliem Sandstein beginnt; uber demselben folgt in etwas grofserer Miiclitigkeit ein ebenfalls grUn gefiirbler Glaukonit-'

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