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Die Zukunft, 9. Mai, Jahrg. XXII, Bd. 87, Nr 32.

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xxtt. Jahrg. « zertiiydku 9.Mai1914. Ak.32.

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Tok- Ikliegem VonHugo Grcink .."«....—... ...... ..192

Untekgtw VonUarlJentsch nndGustav Friedrich ........197·

Krussckxaajfhauieir. VonC a d o n··....... .. ......199

Rachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

Preisvierteljährlich 5 Mark. dieeinzelneNummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft

Wilhelmstraße3a.«

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Berlin, den 9.Mai WH.

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Das MirakeL

Maeterlinck.

inKlosterbei Loewen;umdieZeit Johanns des Dritten und

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seinesTochtermannes,des hartenHerrnWenzelvonLuxem- burg. Noch leuchtetdemherzogthumVrabant die Sonne undder BürgervonLoewen hebtstolzdasHaupt,wenner,vonderMühs salanderer Niedetlothringer hört.Sein Stadtwesenblüht.Wo KönigArnulfeinstdie Normannen schlug,hausennun hundert- tauserthenschenin sriedlicherArbeit,wirdaufviertausendWebs stlihkenTagvorTagderReichthum, dieMacht derHandels- hauptstadtgemehrt. Schon sinddieHallen,dieWaarenburgder Tuchmachergilde,gebaut, habendieZünftedasStadtrathsrecht erstritten,dasfrühernurdenpatrizischenGeschlechtcrneingeräumt war;schon·langenauchdieVesitzlosenmitdreisterHandnachihrem Menschentheilundunter derSpitzendeckegrolltswievonnaher Empörung.BisindenKlostersrieden wirstdas Stadtleben far- bigenAbglan3.Armes Volkdrängtans Thor,bettelt umSpeise und Trank,um wärmende Hülle hastigernochalsum geistlichen Trost. Durch jedes SpältchenderPfortespähteingieriges Auge ins umneidete Gewölb undleis bebtmanchmaldie Mauer von Mammons schwerem Athem. Neuer Neichthum entstand,neue Lustistdraußenerwacht,neuesAergernißkam in dieWelt. Was gesternerworben ward,wird heuteverpraßt;was denVätern Todsündeschien,dünkt dieSöhne lustige Kurzweil,die derHerr

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170 ,- DieZukunft.

desHimmelsdenthätigen Zeugern lächelndgewährtDerbeste Tropfen, das schönsteMädchen soll nach hartemTagwerkden Rüstigen laben;demPreis, derHerkunftsolcher süß duftenden Waare wirdvondurstigerGenußsuchtnicht erst langenachgesragt.

DieReichen knausern ja auch nicht,wenn esgilt,das Hausdes Höchstenzuschmücken.Ihrer frommenFreigiebigkeithatdas KlosterdiereichenMeßgewänder,dieBilder derEngelundHei- ligenzudanken;ihr Eifer schuf ihmdiehöchsteZier:dasweitin dieRunde berühmteMarienbild. DichtamThor stehtdieHeilige Jungfrau. Eine nachspanischerSitte geputzteMadonna. Ein funkelndesDiadem krönt dasblonde Haupt,einbreiterGoldgurt umspanntdeninBrokat und Sammet gekleidetenLeib.Diesewar nieeines Zimmermanns Eheweib, bargniedenvon Wehener- schöpftenSchoßunter niederemStallgebälk.EinerFürstingleicht sie,dievom Himmel niederstiegundimMenschenlandleidenlernte.

Dieernsteanrunst derdüsteren Virgo Eimabues; undEtwas schonvonderanmuthigen Mütterlichkeit,dieFraFilippo seiner LiebenFraugab. Diesewar Mutter und hatalleWonnen der Empfängnisz,allen SchmerzderschwerenStunde gekannt. Dicht am Klosterthor steht sie,all inihrerPrachtdemüthigen"Vlickes, wacht einsaminhoherRischeund flehtmiterhobcnen Händen himmlischenSegeninsReichderMenschenschwachheit herab.

ManchesJahrsteht siedortund sieht frommen Eifergeschäf- tigam Werk. DieAebtissin hältdieSchwesternschaarinstrenger Zucht. Weh demNönnlein,das auchnur umMinuten diePflicht versäumt! Fasten musz es,dieNachtimGebet durchwachen;und nach schlimmcremFehlstriemt dieGeißelden jungenLeib.Sonur erwirbt man dasHimmelreich.LächelndsiehtesMaria; docheine Zährerinntüber dielächelndeLippe.Dieguten Seelen,die blin- denHerzenlWas ihnen Pflicht däucht, thun fie, rechtungern oft undnur von drrFurchtvorStrafe getrieben-Undahneninihrer Dürftigkeit nicht,welcherMacht ihrLebeUgeweiht seinsollte. Jhr Leben? Sielebenja nicht; fühlen nichtsVomElend derKreatur.

AllemMenschlichensindsie entflohenunddünkelnsichhinterdicken Mauern nun hochüber dieSünderzunfterhaben,diedraußen ächztundkeucht, Werthe schafftundWetthevernichtet,Samen ausstreutnnd Saaten zerstampft«Nicht grausam find sie,nur ge- recht;unermüdlichimStreben, dieSpreuvomWeizenzuspndekn.

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Das DNirakelx 171 Sie gebenWürdigen,weigern Unwürdigendie Gabe. Und sie wissen,waswürdig,wasunwürdig, gutundbösist,was verboten undwas erlaubt. Denn Jeder, hinterdersichdas Klosterthor schließt,nahtJesus baldalsBräutigamundweistindieKlarheit.

AusdemMunde derAebtissin sprichterundfeines GeistesHauch istindemhartenRügewortdesKaplanesz undjedesschwarzver- mummte Jüngferchen,dasfrommdiesenStimmen gehorcht. darf infesterZuversichtdesHochzeiters harren. Erkommt;einLeuch- tenistvorihm,weitvor ihm her.Er reckt dieHand,dienochdie verharschteNarbe desKruzifixus trägt,undgeleitetdieMagd- dieseinem Heilandswillen Verlobte,deraufdemWegalleEngel denBrautchorsingen,in die Stätte ewigerSeligkeit.Dochnur die Reinen ruft sein Wink, dieflecklosenHerzen,diefrühdem LebenentflohenundimKlosterfriedendenkeuschenSchatz fürden Tag derWeihe bewahrten. HütetEuch drum,JhrNöunlein,vor derWelt dadraußenundlauschetinZüchtender Rede Johannis, desTheologen,denderHerrsprechenhieß:»Draußensinddie HundeunddieZaubererunddieHurerunddieTotschlägerund dieAbgöttischenund Alle,die liebhabenund thundieLüge.«

DieserJohannes warderwählt,diegewisseFreudedesewigen Lebens zu künden. Dieserwar JesuBoteundWerber. Lächelnd hörtdieJungfrau, dieMutter solcheBotschaft;dochüberdie lächelndeLipperinnteineZähre.Dieguten Seelen,die blinden Herzen! JhnenstarbderErlöser;nieaberhaterihnen gelebt.Ob der Mutter gelingenmag, das vom Sohn begonneneWerk zu vollenden? Manches Jahr langbesannes Maria. Jetzt ist sie entschlossen.Selig,dieglauben,ohnezusehen,zubetasten?Ein greifbares,sichtlichesWunder nur vermag gläubigJrrendezu be- lehren.Siesollendas Wunder schauen,mitHändengreifen.

DieStadt schläftnoch.Nur dieAermsten,die ihr Haupt auf Erde undStein betten mußten,sind schon wach; seitdas indie Menschenweltwiederkehrende LichtdenOstsaumdesHimmels- kleides grau gefärbthat,regensiesichundziehen nun,eindunkles Gewimmel,vors Klosterthor. ZweiUhr. EhederZeigereinmal nochdasZiffernblatt umkreist hat,läutet dieMorgenglocke,das Thor thut sich aufund dieweiche HandderPförtnerin spendet denMiihsäligenerquickendenScherf.Hellerwirdsüber den«-Wan- derern,vom Saum dehnt sichdas Grau über das ganze Gewölk

lsik

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17·2 DieZukunft

hin,aber kein Glockenton trifftdas sehnsüchtiglauschende Ohr.

WillderKlöpveldennheutegarnichterwachen? RißderStrang, derdenTrägenin Schwingungtreibt? Oderhatdienie ermüdende PförtnerinzumerstenMal das Matutinum verschlaer? Fast scheint solchesGeraun denAlten Frevel. SchwesterBeatrix,spre- chen sie, verschläftdiePflicht nicht,Jhr Narrenvölkerz Schwester Beatrixliebtuns Arme undhöchsteFreudeist ihr, unser Gebresten zulindern.Sah Euer blödes Auge sie nichtinholderGeschäftig- keit? Unter denFrommendieFrömmste?Das irdischeAbbild derGebenedeiten2Die vergißtuns nicht.BonMund zu Munde gehts:Dievergißtuns nichtIAus jedemBlickglänztandächtiger Glaube. Und dieKindlein flüsterndenGreisenzu, wie wunder- seltsam Schwester BeatrixderHeiligen Jungfrau gleiche.

Schwester Beatrix hatdieGlöcknerpflichtnicht verschlafen.

JhrschmalesZellenbettchenbliebheute unberührt.Stunden lang, wohldieganzeNachtschonliegtsie aufden Stufenvordem Stein- bildederJungfrau, windet sichinPeinundreibtdieknospende FraulichkeitmitBüßerbrunstandemhartenBoden. KeinTropfen näßtdasübernächtigeAugezderheißeWirbelwind,dervomHer- zenherdurchsBlut fegt, hatdenOuickborn derThränen ausge- dörrtUndwieversengtePflänzchenwenden dieLider sichvom quälendeu Licht,das sieimmer wieder dochzusichruft. Hier ist nichtSonne noch Mond; nur vor Mariens Nischebrennt ein LämpleinJHundertmalhatdiePsörtnerinesgefülltundangezün- det,hundertmalsichdesmilden Leuchtens gefreut; heute möchte sieeslöschenundim Dunkel derHerrin Wünsche zuflüstern,die inderGeburtstunde schonTodsündewaren. DochderArm,der nachdemMarienlicht griffe, müßtevom Leibewelken.Schwester Beatrixwillstark sein, ohneWaan redlichvor derEinen: undso stöhnt sie ihrLeid in denLampenscheinempor. Bier Jahre ist sie nun imKloster.AlseinKindkamsieundblieb anErfahrungein Kindzdennnichts hatsieerlebt.DieSchwesternwaren gütig,wenn sie ihrAmt mitEifer betreute,und streng,wenn sie lässig schien.

Nichts erlebt, außerläuternder Klosterpön nichtserlitten biszu demTage...Erist so schön,sein Lächeln so ernstundso feierlich seineNede,alssprächeerzuGottzundsprichtdochnur zu derein- fältigsten Magd. EinPrinz.DaBeide nochklein waren, kamer inihresVaters Garten undsie spieltenmit einander. Dann war

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Das Mirakelc 173 immer Sonntag-Kinder vergessenschnell. Jnder Stunde banger Betrübnißaber, oft auch,wenn ihrGebetdenHimmel suchte,ging einErinnern andenfeinenKnaben durchdenunruhvollenMäds chensinn.Und plötzlichstanderimstillenHeiligthum,groß, präch- tig, weise,undsahaus sanften Kinderaugen aufdieGespielin.

Seine Händezitterten. Warum wohl?Als flackertenallePulse ineinerSehnsucht.Wonach?DieDämmerunglöstihmdiesunge.

Beatrixsoll ihm folgen,das Kloster verlassen, seine Prinzessin werden. Derfromme Einsiedler,dem derHerrWunderkraftgab segnetden Bund undaus seiner Hütte schreitetdas Paar indie sonnigeWelt.Das wäreschön.UnddieLeute sagen ja,in geweih- terEhe seidieLiebeerlaubt. Deraberauch,die dem Gelübde ent- lief?UndistEure Welt wirklich sonnig2Nicht vollWirrnißund böser Lust,dereinWiderscheinvom Höllenfeuerdas Himmels- lichtvortäuscht?Lehremich,Gnadenreiche!Heutewillermich ho- len.Jchbineinsamund meinarmes Herz,das nie voneinerMuts tergehegt ward,weißnichtdenWeg·Deinem Winke gehorchtes blind. Schon pochterans Thor.Berbiete mir,zugehen:und DeineMagd bleibtimDienst.Starr stehtdieJungfrau; keinZei- chen verräth,was sie sinnt.Zärtlichaberhauchtvon draußender Mund desLiebsten:»Ich bins,Beatrix; öffnedas Thor!«Sie thutstas LandruhtimMondglanz. EinGreis hält zwei reich geschirrteNosseamZügeLAufschwachenAermchenträgteinKind PrunkgewänderundglitzerndenSchmuck.UndaufderSchwelle knietderPrinzund küßt,wieder andächtigstePilgerdenRock des Gekreuzigten,dasKleidderNonne,dievordem Blick derReinsten nachtsdasHeiligsteeinem Räuber entriegelt hat.Nein: Dieses Augeistnicht einesRäubers.DieLippe, die infrommer Ehrfurcht ebensich aufden Saum der KuttePreßte,küßtnun zwarfast gierig denMundz undihrAthemist"Flamme.DieHand,diesonstinscheu- erSehnsucht zitterte, erdreistet sichnun, das jungeHaupt seines Mädchensaus denSchleiernzuschälen.Und als dasblonde Haar,dasso langeimDunkel gefesselt lag,aus dem Kerkerhüpft und die Stirn streichelt,wirdderWerber nochungestümer:den Mantel reißterihrvom erbebenden Leib,diedüstereTrachtder demHeiland Verlobten,und hülltdiezartenGlieder insFürsten- gewand. »Thus nicht!«Jhr Ruf verhalltins Weite. VomHals biszu denFüßen knistertsvon schwerer Seide,Gold gürtetdie

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174 DieZukunft.

BrustundPerlenschnüre schimmernam Wieder. Siesoll lachen lernen;lachenund küssenundKönigin sein. Nochaberträgt sie schlotterndall denPompundnur derThränenstrom kehrt ihrzu- rück. Wieder liegt sievordem Marienbild undrüttelt dasGitter undflehtumHilfe.Ein-Zeichengieb,allerbarmendeMutter; das winzigste sollmirgenügen. Derleiseste SchattenaufDeinerStirn, einAufzucken,einSinken derLeuchte:undichbleibe noch jetzt.

KeinZeichenaber,keinSchatten. Jst irdischeLiebeverfluchtund niemals, inkeinerPein jezubüßen?UnbewegtwachtdieJung- frauunddasLämpchen zucktnichtumFingersBreite. Blaßblau dämmert derMorgenundderGeliebte mahntzumAufbruch.Ein Räuber? Ergiebt, stattzunehmen«DerBersucher selbstinlocken- derGestalt?EinWink derLiebenFrau stießeihnindenRachen derHölle.Seine Rede klingt sanftundkostdieEntschleiertewie

warmer LenzwinddieKnospe,diesichdeserstenLebenstages

schämt.Nur ihrGlück willer; einebefreiteKöniginkrönen,nicht eineSklavin rauben. Undmitsrommem Schauderneigter, inhöch- ster Entzückung, sichvordemMädchen,das derHeiligen gleicht.

»Ja ihrem Lächeln istderAbglanzDeiner Thränen. Fleht siezu DirundistDeindesBerzeihens Hochamt? ZweiSchwesternschaue ich;meinem BlicksindEureHändeinder Glorie segnenderLiebe vereint.«Sospricht nichtderBöse...ZumerstenMal erwidert BeatrixdenKußBellidors. AmGitter hängt,vordemstummen Bild, ihr Klosterkleid, Geißel, Rosenkranz, Schlüsselbund.Aus derBermummung stiegJugendans Licht. Draußen leuchtet es;

inderMenschenwelt HinauslEinstarkerArmhebtsie aufs Pferd, der Greis hältdenBügel,einseliges Paar sprengtinsMorgen- roth.Das Klosterthor stehtweitoffen,dieKüsterin floh ihrerfrom- men PflichtundimhohenGewölb istdie Mutter Gottes allein.

Nicht lange. Auf ihrGeheißschließtsichdasThor,thun sich dieFensterdemfrischen DuftdesTagesauf, ruftdie Glocke zur erstenHorazso hastig,als hätteTodesangstsichan denStrang geklammert.DieStunde desWunders schlugunddieJungfrau bereitet sich,diegläubig Jrrenden zuempfangen.Das Steinbild erwachtzum Leben.Von ihrer hohen Nische schreitetMaria her- ab,kleidet sichins schlechteGewand derPförtnerin,nimmt den Schleier,denNosenkranz, GeißelundSchlüsselbund.DaPocht auchschoneinschüchternesFäustchenans Thor.DieJungfrau

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Das INirakelL 175 schiebtdenNiegelweg unddurchdieOeffnung lugtgarfurchtsam einKinderkopf.JnLumpeneinEnglein;undschönerfastals die selige Schaar,die keineThränen hat«Diearmen Leute,dieum die zweiteStunde schondenVettelgang antraten, sahen nach langem Harren Schwester Beatrix aufdemNoszdesPrinzenins Stadt- gebiet jagen; sie schautendasAergerniszundschickten,daderHuns gervonlängeremZaudernabrieth,die KleinealsVorhutins ent- heiligteHaus Mählich schleichen sienun herbei,reißendieAugen aufundkönnens nichtfassen.Schwester Beatrix,diesiemitdem Buhlen davonsprengensahen,steht leibhaftig vorihnenlSchwester Beatrix,dieJederkennt. Nur das Kindfühlt,daß nichtAlltäg- liches hier geschah.DasKleid derKüster-inleuchtet,inihremAuge ist Sternenglanz unddieHandflächestrahlt.Die Anderen ahnen nichts.Niewurden sie so reich beschenkt.Diekostbarsten Stoffe, funkelndes Geschmeide:fürFürsten ists, nicht fürBettler nureine Bescherung JnWonne heult Mancherauf,einSchluchzen geht durchdieReihederSiecheuund Viele sinkeninsKnie,alszwinge dieselbstinTräumen nicht erhosfte Herrlichkeit siezuAnbetung.

DieNähe derGotthelt empfindensienichtundihrekstatischerJubel giltdemunermeßlichenBesitz, nichtdemWunder. WenigeMi- nuten ists her, seit siedraußenBeatrix sahen,seitdieSchwestermit vertrauter Stimmeihnen denScheidegrußzurief.VorihrenAugen entfloh siedemKloster.Nun aberist siewiederdaundihre Spende isttausendfach reicheralsjemalsaneinem anderenMorgen. Soll der ArmesichmitderFrage,wiesolcher Segenmöglichward,die FreudeaneinemFest trüben,das ihmnievielleichtwiederkehrt2 Ernimmt,er danktundgeht, seinen SchatzvorNeidernzubergen.

JetztabernahendieKlosterfrauen,die imGlauben aann- dererwuchsen,deren ganzesSinnen insNeichderMirakellangt.

VierJahre hatVeatrixunter ihnengelebt,keine Minute sichvon denSchwesternentfernt; und längernoch,viellängerstanddie Madonna vorihrem Auge. Nun istsiefort,dieNische leer,die Pförtnerin,unter derKutte,mitdemHoheitzeichenderhimmelss königingeschmückt.Darfwahre Frömmigkeit auchnur eineSe- kundezweifeln? DieJungfrauvermag, dieAllvermögende,sich sejbst wohlvorNaub undSchändungzuschützen.Uebelwäre es dem Nönnlein ergangen, das gesterndieLästerunggewagt hätte, Maria sei aufMenschenschutzangewiesen,könneinihrerruhigen

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176 DieZukunft.

MajestätvonklügelndemMenschenwitzHeilundUnbillerwarten.

DieGeißel hättederKetzerindierechteLehre eingebrannt. Jetzt, inderStunde ernsterFährniß,scheintjedesErinnern andie reine Lehreaus diesen Hirnen geflohen. EinAngstschrci: Uns wurde dieMutter geraubt! Eianthgebrüll: SchwesterBeatrixhatdie TempelschändungbegünstigtundMariendasKleid,dcnSchmuck,

die Krone gestohlen!Keinnoch so leisesBedenken kriechthervor-.

DieseFrauen sind gutundfromm,wissendieSpreu vomWeizen zusondernundrichtenvom erhabenen SitzdiesündigeKreatur.

Bor ihnen steht, ohneeineRegung, lautlos, inHoheitdieFrau, derenGlorie sichdemtastendenSinn eines Bettelkindes offen- barte: unddiestolze Schwesternschaft schilt sie Diebin,Hehlerin, Teufelsbuhle. Siehabenan jedem Morgen,Mittagund Abend dieAllmachtderJungfrau gesungen:undsindnun«gewis3,daßes nur derArglisteines Mädchens bedurfte,um derHeiligstenden härtestenSchimpfanzuthnn.LieszdieangebeteteWunderthäterin sich berauben,von Erdengekrüppel überwältigen,dann littsies, wieam KreuzdergöttlicheSohn,weilsie für ihr tiefes Planen justdiesesLeidbrauchte,undderRäuberwar,wennersauchnicht ahnte,nur dasWerkzeugihresWillens. Fromme Frauen sind freilich zwiefachentschuldigt,wennihrDenken allerGesetze spottet.

Priesterschlauheitkommt ihnenzuHilfe.DerKaplan hebtdie Stimme undwieDonnerhallt seinRuf über dieweggekrümmten Würmerhin: DerFürst derFinsternißsiegtehier,derVater-hoch- müihigenBermessens!Siegte,Psaff,überdieReinstederReinen2 JstDeine sanctissima Virgo so schwach, daß Satanas, sobaldes ihmbeliebt,übersieHerrwerden kann? Mann und Weib finden einander indemselbenWahn. SchwesterBeatrix hattedas Bild znhüten.Das Bild ist fortunddasWesen, das da inMariens Gewanden prangt,kannnur SchwesterBeatrix sein,die überNacht zurDiebin, zurrnchlosestenVerbrecherinwurde. Mit wehem Lächelnsieht es, hörtesdieJungfrau. DiegutenSeelen,die blin- denHerzeniDieSchwesterwar ihnen fremdundkeinErschauern lehrt sie dieNähederGottheit fühlen.Fürdiese stumpfenSinne istdesWunders noch nichtgenug. Der Priester muß, sowilles Maria, zumRächeramtrufen.Vordie AltäremitderFrevlerini Herunterdiegestohlene Pracht,das GoldundEdelgestein;und peitscht ihrmitgrausamemArm,mitunbarmherzigen Händendas

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DasMir-aka- 177

Fleisch,bisesinblutigen Fetzen hängt. Menschenschwachheit darf sich nicht anmaßen, nach himmlischem MustermitLiebe zu heilen.GesegnetdieHand,diedem Sünderleib Wunden schlug!

MitdiesemChristensprüchleinentläßterdiernnen.Siefchürzen.

sichflink, schwingendieGeißeln, schleppen ihr Opferindie Ka- pelleundstachelneinander zuhärtestem Streich.JetztistdieZeit erfüllt.AusderHöheklingteinEngelchorinsGewölb.Diesteiner- nen Heiligensteigenvon denPfeilemund knien vorder Sünderin.

Strahlen schießenaus allen Winkeln,wievon einer neuen, ge- waltigerenSonne leuchtets durchden Raum und ausallenFugen desGebälkes quillteinBlumenregen,wiekeinMenschenauge je einen sah. »EinWundert« »Das größtederWunder!« Fällt nunendlich dieBinde, sinkendievoerrwahn gewebten Schleier?

Nein. Was zugreifen,zuhören,zuriechen ist, läßt sichnicht leug-

.

nen.Der Himmelwillnicht, daßBeatrixgestraftwird.Neben dem KaplanknietdieAebtissin.»Wir habengesündigt.Unerforschlich sinddieWegedesHerrn.SchwesterBeatrix isteineHeilige!«Als waltete überihneneinlaunischerGötzederWilden,der,wenn ihn dieLust kitzelt, sakrilegische Schandthat mitderGlorie belohnt.

Als wärenChristeninHeiden gewandelt. Schwester Beatrix hat dem Räuber diePfortegeöffnet,derJungfrauKleidundZierrath gestohlen.Dasbleibtgewiß.DochderunerforschlicheRathschluß desWeltenrichters reichtderDiebin denStrahlenkranz.

Gott geb’ ihmeinverdorben Jahr, Dermich macht’zueinerNonnen Und mir denschwarzen Mantel-« gab, Den weißenRockdarunter.

Soll ich ein Aönnchen werden Dann wider meinen Willen, So willichs auch einem Knaben jung Seinen Kummer stillen.

Undstilltermirdenmeinen nicht, So sollt’esmichverdrießen.

»Jn selbiger Zeit«,so lesenwirinderLimburger Chronik, ,,sangund pfiffman diesesLied.«Um dieZeit,daHerrWenzelvon Luxemburgüber Brabant herrschte.BeatrixmagdenLästervers mitgesungenhaben.DieentlaufeneNonnehattedenKummerman- ches jungenKnaben gestillt.DerschönePrinzhielt sieunter drei Monden-imArm; dann fingersichein neues Liebchen.Unddie

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178 DieZukunft.

Verlassene wühltesichmiteinerWonne indenSchmutz,als müsse siegeschwindalleSchamverlernen unddürfe auf ihrerHantkein sauberesVlondhärchen dulden-FürJedenist sie,bietetsichseiein anundsinktmitverbrauchtem Leibin dielichtscheueZunftderWin- keldirnen hinab.DieKinder,die der Kunde einerNachtinihrem Schoß zeugte, sterben ihr;dasletzte,dasseinenHungerder Mutter insOhr kreischt,tötetsie selbst.DieMutter mordet ihr-Kind »Und die Sonne scheint,dieSterne kehren ruhigvon ihrerWanderung heim,die GerechtigkeitschläftunddieAllerschlechtestennur wohnen instolzemGlück.«DieAllerschlechtesten?Beatrix,diesichden Rei- nen nichtgesellendarf,lebtimElend;fünfundzwanzigJahrelang.

Dann kriechtsie, todwund,mitgreifendem Haar,denWegzuriick, densieaufhohemRoßeinstdurchjagte.DamalswarSommer.Jetzt wirbeln FlockenimSturm. Wie einkrankerHund scharrt siean derKlosterpforte.Diethut sichohne HilfevonMenschenhand auf undsiehe: Allesist,wies inderScheidestundewar.Die Madonna inhoher Nische.Dahängen SchleierundMantel, Schlüsselbund, GeißelundNosenkranz.DieKraft reicht noch,insalte Gewand zu schlüper;dann sinkt Beatrix zusammenunderwachtnur,um zu sterben.Liebebettetsieundfromme Ehrfurchtbeugt sichüberihr Lager.DieAebtissin,all die welken FrauenglaubenkeinWort vonderhastig,mitfliegendem PulsnochgebeichtetenSchmachJn stinkendenLumpen liegtdieSchwestervorihnen,an denschwie- ligenFüßendenStraßenkoth; sie sehenund hören:undglauben dennoch nicht. Diesewar nie inderWeltderSünder. Tagvor

Tagthat sieimKlosterdenDienst,wirktesie, seit ihrdieJungfrau das heiligeKleidunddenSchmuckderHimmelsköniginließ,vor verzücktstaunendenAugen immer erneute Wunder. Keinegleicht ihr,die derHerr selbst heilig sprach.Undwenn sie jetzt sichder Todsündezeiht, so röcheltaus ihremMunde derVersuchender denletztenSturm aufdiereinsteSeele wagt. »Furchtbar lastet diegöttlicheLiebeausMenschenseelen«,sprichtdieAebtissin;und ladet dieSchwesternzumGebet. Beatrixbegreift nicht,was um siegeschieht. NichteinenTagwarsie fort,nichteineeinzigeStunde vermißt,wurde niedurchdenSchlammdes Lebens geschleift?Sie möchtesichsträubenundschwärzt noch,alswärsihr höchsterStolz, dieeigeneSchmach. ,,JhrhockthierimWarmen,betetundfastetund wähnt,zu büßen.Doch wirnur, ichundmeineruhlosenSchwestern

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Jch weiß wohl, daß sich der letzte Theil seines Lebens nicht an dieser Stelle abgespielt hat, sondern in einem anderen Haus und einem anderen Garten, die leider nicht

»Ja dieser Nacht will ich durch das Land gehen urid von Mensch und Vieh alle Erstgeburt schlagen. Wo ich an Pfosten und Schwelle aber Lammelsblut sehe, will ich vorüberschrciten,

Wir verdienen drüben; bringen aber zu Hause südamerikanische Anleihen unter »und geben große Viorschüfse für in- dustrielle und- geschäftliche Zwecke; wir such-en im Kleinen mit