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Jahrgang 25
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Maximilian Hart-m
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Berlin, den 12.Mai 19i7.
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« Der zwölfte Feind. .
itStimmenein-heit,standamfünftenMaimorgeninderZei-
« tung, hatdasKabinet (PräsidentenundDirektoren,Cen- irals undProvinziairegirung)desGroßen Volksreiches China (TaChangiHuasMinsKuO beschlossen,demDeutschenReich- denKriegzuerklären. DerzwölfteFeind. Dessen Beschlußhebt dieKopszahlder unsseindlichenVolksmassenüberdieHälfteder zweitenMenschenmilliardehinaus. DasAugedesGedächtnisses fliegtüber vierJahrtausende,dunkle undhelle,hin:und findet- aus so ungeheurerStreckenirgendseineSpur,diezuschließener-.
laubt,daß ChinaausfreiemWillen einenennenswerthe Macht- angegrissen habe.Als derWestweltderName des Landes(in:- derArmeniersptacheZuniaoderZenastan)zumerstenMal ins Ohr klingt, hört es.,dort,inderErdmitte, wohneeinreichesVolk- dasSeide spinneund denFrieden inbrünstigeraisirgendeinan- deresGut liebe.Jn Chinas Frieden sehntausdemWassenlärnr desHunnenlagersdieFürstentochtersichheim,derenKlagelied JosephdeGuignesunsbewahrthat ,’sRohesFleischzurStillung desHungers,saureMilchnur, denDurstzulöschen,undeines ZeltesvomWind bewegteWändestattderschützendenMauern unseresPalastesi Solebeich,seitdieElternmicheinemBarbaren zuWärmungundGekoshinwarsen. Würhsemir eine-sVogels
U
Hd DieZukunft.
Fittich:·wie gernflögeich,infreudiger Eile,indenDuftdersrieds lichblühenden Heimath zurückl«Die im drittenJahrhundert vor demChristus geschichteteGroßeMauer,vonder dieVordrangss wuthnördlicherHordenabgeprallt,westwärts gewendetundin die vonderGeschichtealsVölkerwanderungverzeichnete Bewe- gunggetriebenworden war,die aus dreiStückengefügteWeiße Wand hemmtedenHunnenstromnicht.Erwälztsichüber die Reis- selder,diesonnigenStätten derSeidenzucht,ertränktChinasun- terdemHelm,imPanzereingeschlafene Wehrmannschaftund zwingtdenKaiserindemüthigeUnterwerfung.Und derMongole begnügtsichalsSiegernichtmitGeld-sundWaarentribut: weil seinemVolk im Strudel wüsterNaubzügedas Weib zuraschab- genütztemWerkzeugundgeschundenem Hausthierwird,gesund reisender Nachwuchseben sowielechzendem Geschlechtssinndie Weide fehlt,fordertundempfängteraus demüberwundenen LandganzeHeerdenderschönstenMädchen.DiemüssendemKitzel des häßlichen,schmutzigenTataren sichhinspreitenund inihrem SchoßeseinenSamen bisindenErntetag tragen. Selbst diese Schmachweckt indenVätern,Brüdern,Verlobten nichtdenWil- lenzuNacheundKrieg. Zweimalwurden dieHunnen ChinasHer- ren. Zwarbequemten mancheTheile derHorde mählichsichindie Sitten derneuen Heimathzdoch ihrFührerwar erstnachdemun- ter derRegirungdesWut-Si erstrittenenEhinesensiegbereit,knie- enddenTreueid zuschwörenundausderHanddesKaisersdas Siegel,dasSinnbild derLehnspflicht,anzunehmen. Wennvon denBergen herFeuerzeichen rufen,mußderzuvorAusgemusterte nach derWafsegreifen.Die aberist ihmstets Last,niemals Ehre.
Höretihn singen! »Soweitmuß ich wandern,über hohesGebirg- durch breite Thäler,undsäße,stattStreitzusuchen,viellieberdoch imfriedlichenVaterland undlabtemichan demWohlgeruchun- sererTschunghwa,der aus stillerErdmitte erwachsenenBlumel Nothsehenwirringsum,Aöthemüssenwir,widerwillig,schaffen;
wann welkt,wiejedePflanzeunter demHimmel,derTag, deruns inruheloseQualkettet? Wie demKraut dieSonne,sofehlthier demManne dasWeib. DürfenwirGewafsneteuns nochder Menschheit zuzählen?AichtTiger blnich, uichtRhinozeros:durch
·Wüste muszich dennoch immerzuzwarum gebt Jhrdemarmen Kriegertroszvom MorgenbiszumAbendkeineNuh?« Jsteiner
Der zwölfte Feind-. 147 Schlacht nichtauszuweichen,fie auch nichtdurch Einzelkämvfe Auserwählter zuersetzen,dannschaarendieStreitwagen sichin die Mitte derWalstatt,dieSchleudererundVogenschützenbil- den dieFlügeldesWehrkörpersund alleWillenskraftwird zu srascherVeendungdesRingens eingesetzt.DerGefallenegilt,noch
wenn ihn unwiderstehlicherZwanginsGefecht trieb,alsHeldund wird feierlichbestattet.EinStehendes Heerwurde erstunter der iSIhang-Dynastie,imsiebenten nachchristlichenJahrhundert, ge- schaffen. Ungewandeltaberblieb auch dadurchdieWeitanschaus sung,derjeder Krieg, selbstder inSiegführende,einUebelscheint.
WeilerdieRuhe,dieHarmonie,dasvomHimmelgewollte Gleichmaßdes Lebens stört undUnvernunft aufdenHerrschersitz hebt.China istdasReich arbeitsamerBürgerlichkeitzistvomHim- met zumStaat geformt,wird vonHimmelsmacht beherrschtund lebtnicht»voneinesPersönlichenGottes nochgar voneinesMen- schen Gnade, sondernvoneines aus dem Allwalten abstrahirten Gedankens, derdie Mittel zugewaltsamerEroberungweder braucht noch wünscht.Der HimmelwillOrdnung, Ruhe,Ver- nunft;willnicht,daßsein Sohn,derKaiservonChina,nachfreiem Belieben dieReichsgrenzevorrücke undfremdesVolkinlästiges Joch schirre.Wie könnteerKriegwollen? Der schmiedetalle Gewalt indieHandirgendeines Kräftigen, dessenWillkürfortan
«igebi-etet.Ohne Schranke; geradeinhöchsterLandesgefahr ohne sHemmung Jn solcherZeitreckt derSoldat, derzuKampfge- sdungene Waffenknecht,sichüber denBürger aus,derihnnährt; kund der LeibdesStaates wirdzerrüttet, selbstwenn demHeer dieUeberwindung desFeindes gelingt.DerVerletzungheiligster Pfiichtaberistschuldig,werMachterhöhung,Eroberungmehrliebt
»als dieRuhe,denWohlstandderLandsmannschaft.DieGroße Mauer istChinas Symbol: soweitsoll,nichtum einesZolles Breite weiter willesreichen.NureinenEroberer ehrt es:den Gedanken, vondemFremdein SehnsuchtnachdemVlüthensegen derTschunghwaentbrennen. NurKaiser,dieihm denFrieden er-
.:hielten,hatesgepriesenundniemals demEntschlußzuKrieg,nie derKundevonSiegzugejauchzt.Vonfrommem DrangnachFrie- Dmgwahrungchon feinsterWenschlichkeitzeugendieuralten,heute rnochgiitigenKriegsartikeldesFeldherrnSema. »VordemEnt- HchlußzuKriegmußdasVolkgewißsein, daßesredlichfür das
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148 DieZukunft-
Rechtkämpfenundsichniemals vondenGrundsätzenderMensch- lichkeit lösenwerde. Menschenlebendarfnur opfern,wer nicht- zweifeln kann,daß,wenn ersnicht thäte,noch mehrMenschen- umsLeben kämen ; nur, wo dasWohlderGesamrntheitesbe- fiehlt,darfEinzelnen Wehbereitet werden. Deshalbdarfnur harteAvthwehrpflichtunsdieWaffenindieHand drücken;und- nochimKampf müssenwirdenFeind lieben,der Stimme mensch- licherTugendlauschen,dieKraftimZügelhaltenundweniger anunsetwaerlangbarenVortheilals andiePflichtdenken,dew wideruns streitendenVölkern dieRuhe,dasköstlichsteMen- schengut,zurückzugebenJnSonnenbrand undgrimmigemFrost, indenJahreszeiten derAussaatund derErnte,inTagender Hun gersnoth, Seuche, Landestrauer führengesittete Völker nicht- Krieg.Auchnicht, ehe sie jedenWegzuFriedenswahrung be- schritten,jede VermittlerkunstgenütztundehrlichAlles versucht haben,was demVolk denKriegersparenkönnte.Unsittlichister,.
wenn Ehrgeiz, Selbstsucht, Rachgierihnerwirkt hatzund noch der nothwendige,nichtvermeidlichedemLeibdesVolkes niegelinder als demEinzelkörperschwereKrankheit. DermenschlichEmpfin- dendebequemt sichinjeden Vergleich,der dieEhreundLebens- sähigkeitder Nation ungefährdet ließe. MußaberKrieg sein,so ist jeder KämpfereinWerkzeugdesHimmels.DerwirdJedem strafen,dessenMissethatzuihmaufschreit.Vergießetnicht mehr Blut,als dasGemeinwohlbefiehlt; schonetdieMenschenund sinketniemals inGrausamkeit. Jnfremdem Land habt Jhrdie- dortwebenden Geisterzuachten unddürftnichtsihnenLeidigess thun:weder durchReisfelder unddurch andereVflanzungmar- schirennochFruchtbäumefällenundWälder ausholzenzweder-»
HausrathundAckergeräthnehmen nochHausthierepeinigen,tö- tenodergarEuch aneignen.FeldfruchtoderHäuserdurch Feuer zuoernichten,ist selbstunter demDruckfeindlichenWüthensnichts erlaubt. Ebensowenig,dieMauern eroberter Städte,dieHäuser- undHabeder-darinwohnenden Bürgerzuzerstören.AllesKunst-»- werk seibesonderer Sorgeempfohlen. Niedürft Jhr Wehrlosek angreifen,nie einemGreis oder KindHilfeweigernnochjezau-- dern,nachderSchlachtdieVerwundeten zubetreuenzdenenaus«
demFeindesheersoll stetsdieselbePflegewerden wieunseren.
Jsteinoerwundeter Feindwiederrüstig,so sendetihn,mitreich-
Der zwölfte Feind, NO AichemReisegeld,indieHeimath zurück,ausdaßerdieBangnißT Ger- Verwandten ende und unter seinenVolksgenossenals ein«
ZeugeEurer Menschlichkeitwandle. Das HandelndesHeeres undseiner Glieder darfnie einenZweifelanderUeberzeugung nagen lassen,daßesnur zumZweckderVolksvertheidigungdie WassenträgtzbeflecktessichmitdemMakelunmenschlicherGrau- samkeit,so schändetes dieEhredesVolkes,desFürsten,des gan- zenReiches,demes zuDienstundwürdigem Ruhm sein sollte.
««Aichtan Frau undKind,anSippschaftundVortheildarf der Kriegerdenken;jeder seinerGedanken ist demStaat verpflichtet, der ihm sein Schwert gabunddenerinEhre erhaltenmuß.Weh
«·ihm,wennervergäße,—daßunterdemHimmelnichtsAnderes dem Werth desMenschen gleicht,wenn erMenschenblutunnöthig, unnützlich verspritzteund eines MenschenLeidverlängerte,wo seteskürzenkonntet Undnichtmilder darfdasUrtheilüber Den lauten, der einen Kriegin dieLängezieht,weilseineVesitzgier mochgrößere Eroberung,noch höheren Machtzuwachs erstrebt.
Der vernünftige,desHimmelssegens würdigeMenschwirdden Kriegenden,desFriedens RückkehrsogarmitGeldopserner- saufen, auchwenn derErtraghinterderHossnungbleibt.«
Wiekamdas VolksolcherWeltanschauungindenEntschluß, sdemDeutschen ReichdenKriegzu erklären? Was vernahmes avondiesem Reich,von denDeutschen?AlsLisHungsTshang,der«
VicekönigvonPesTschili,inEuropawar, ließ ichinetdichteten Brieer an einenBruder ihnihiervonseinem Erlebnißberichten.
»AlsdieguteMutter gestorbenwar,sahenwireinander zum erstenMal wiederundtaiuschten,wieGeschwisterzuthunpflegen, dienachvieljähtiger TrennunganderLeicheder Mutter einan- derbegegnen,Kindheiterinnerungenaus.Wirsprachenviel von 4unserem Vater-, demarmen, scheuen Gelehrten,dersich plagen mußte,um uns durchzubringen,von denstiedlichenAbendenanf Sang-tse-kjang,derunsereseimath befruchtet,undvondenschönen Jahren, die wiraufderHaucht-HochschuleinPekingdurchlebten.
»Du,lieber Li, hattestimmer mit einem leisen Neid,denaberviel Liebeversüßteundder niegehässigwar,ausdenjüngeren Bruder gesehen,weilich leicht lernte,meinenMeng-Tse gründlichkannte, dieWorte desHöherenMenschenauswendigwußteunddieviers gigtausend Verse,·derenBesitzerstdiewahreVollkommenheitver-
150 Die Zukunft.
bürgt,beinaheohneStockenhersagenkonnte.Jchwarjaimmer schon:
einBischenDichter undPhilosoph, durfte michstolzzu denGebil- detenrechnen,die von denrothborstigenBarbaren desWestens verächtlichLiteraten genanntwerden,und konntedeshalbbeiuns, woder Literatus hochgeschätztwird,raschvorwärts kommen.Wir- haben,Beide,keineAniage zuEitelkeit;aberesüberrieselteuns,.
mitten intiefsterTrauer, damals doch wonnig,wenn wiraufuns- serenLebensweg zurücksahensöherhinaufkonnteermich wenig- stens nicht mehr führen:darüber waren wireinig,alswirnach-.
alter Sitte beimTodeder Mutter aus allenEhrenund Aenrterw schiedenunduns in dasErbbegräbnißunsererFamiliezurück- zogen, um dortinSackundAschenur derTrauer zuleben. Sch- hieltmeine Laufbahnfür beendetundlächelteimStillen manch- malüber die lärmendeFreudederOpposition,die denBerhaßtenp denihreWahnvorstellung allmächtigglaubte,nun beseitigtfah.
Undals dannblitzvlötzlichderErlaß erschien,indem derKaiser- mitdemScharlachstift verfügte,ich solle schon nachdrei Monaten dieTrauer ablegenundin meineAemterzurückkehren,alsichvon DirAbschied nehmen mußteundwieder inTientsin,in meinem-«- Gouvernement PesTschili,war, damußteich erstrechtsicheran- nehmen,denGipfelpunkttderEhren erreichtzuhaben.Nochnie- mals,seitFuhiundYaodas schwarzhaarigeVolkbeherrschten,.
war einemUnterthanen solcheAuszeichnungwiderfahren; noch—
nie waren auf kaiserlichenBefehl Tranergebräucheunterbrochen- worden. WieeinsiegreicherFeldherrzogichin meine treuePros- vinzeinund dieFeinde mußtenknirschend erkennen,daßdieMacht Lis,desSchrecklichen,noch nichtgebrochensei.Jchbinauchseit- demoftvonderHuldunseresAllerhöchstenHerrn begnadet,bin nachPeking berufenund- zumKanzlerernannt worden,abereine nochhöhereAuszeichnung,alsich sie nachdem Tode derMutter empfangen hatte,schienmirnicht mehr erreichbar. Deshalb er- innere ich mich setzt so oftderfernenZeit,die wirgemeinsamver- lebten. Denn seit ichmeine große Reise angetretenhabe, sehe ich Dinge,dieich zuvor nicht fürmöglichgehaltenhätte.Kaisergnade isteinköstlichesGeschenkdesHimmels; dochman lernt,jehöher-
man ausder Mandarinenleiter klimmt,wiesolcheGnade erwor- ben, verdient und bewahrtwerden will.Was aber soll ichnun sa-»
gen,da indem,k"ultivslrten«"WestenderMenschenwitzdersonst so»
DerzwölfteFeind-— 151 verächtlichaufunsherabsieht, große,vonRuhmgekrönteVölker mir,vondemsienichtszu erwarten habenund derihneneingleich- giltigfremderMann seinsollte, jauchzendzuFüßen liegen?
SchoninRußlandwar ichvondenEhren,dieman mirer- wies,überrascht.Jchwar nichtallzugernhingegangen. Wenn man bedenkt, daßunsere Stämme vorsechshundertJahrendie- sesweiteReich unterjochtenunddaßnochderPeter,denunkluge Leute denGroßennennen, froh sein mußte,alsderSohndesHim- melsihmgnädigerlaubte,injedem Jahrmit einerKarawane den Tribut nachPekingzuschicken,dannwirdman alsVertreter Chi- nas nicht heiteren Auges aufdenmoskowitischenGlanzschauen können. Mir war zu Sinnwie etwaeinem König,derabgedankt hat,nur nochdenScheinderHerrschaft bewahrtundnun trauernd inpomphastem Zuge ausbrechen muß,umdemThronsolgerzu huldigen, der längstschon,ohne sichumdenKönigsnamenzu küm- mern, festimeroberten Vesitzrechtwohnt.Jchwaraufhochmüthige Herablassung gefaßt gewesenund hatte füralleFälledasBild desHeiligenNikolaus mitgenommen,denunsere Vutjatenneben demBärenund demBlauen Löwen verehren. Esistmirnun wirk- lichschwer,Dirzuschildern,mitwelcher ausgesuchten Artigkeit ichempfangenundbehandeltwurde. Derjunge Kaiser,blaßund schmächtig,immer einVischen verschüchtert,als fühlteersichbei denPrunksestennicht wohlundsäßeviel lieberimstillenZimmer-;
Fürst Lobanow, ungemeinschlauundgerissen, demicherst zuzwim kernmußte,um ihnzuerinnern, daß ich auchvon derZuan sei.;
einHerrWitte,derfrühereinkleinerEisenbahnbeamterwar und jetzt FinanzministerundHauptmacherist,mitgutmüthigen,Ver-s trauen erweckenden Augen,hinter denen derKenneraber eine kühle,klare undrücksichtloseEnergiespürt-Alleerwiesenmir eine soungesuchte,erwärmendeAchtungundHöflichkeit,daßich mich baldwirklichwohlfühlte.Und danndiesesLandl Man mußes lieben,wenn man esnicht haßt;und man kenntesnicht,wenn man esnichtgesehen, empfunden hat.Neulich ließichmiteine Studie übersetzen,die eingroßerweißerForscher,Aeclus,über Mongoien, ChinesenundAussen veröffentlichthat.DerMann istAnarchistundhat fürdasselbstherrischregirteZarenreichalso gewißkeine Vorliebe ; abererhat Recht,wenn ersagt, Nußland seialsWeitmachtunüberwindlich,weil derRussezugleich Asiat
I52 DieZukunft-
undEuropäerist.Dierussische Fähigkeit,dieverschiedenstenStäm-
me infeste Einheitzuschweißen,fehltuns Ostasiaten völlig; und DieWesteuroväerwerden niedasfeineVerstandnißerreichen,das SdieAussendenVölkern desOrients entgegenbringen. So,mit TzzweiSeelenin einerBrust,kannesRuszlandzumVermittler zwischen ZweiWeltenwerden,dieheute nochvoneinander geschiedensind.
skDieBussenverstehenuns,denn sie sinduns nachAbstammung, JnstinktenundAnschauung nahverwandt undtrachtennichtnur, iwie diegierigen Briten, danach,uns mitOpium langsamzu ver- giften.Undwirverstehen auchsie.DuwirstvondemUnglück,das
»sichinMoskau beiderKrönung ereignete,im ShonsPao gelesen haben;aberkeinBerichtkannDireinenBegriffvon derStim- '«munggeben,dieüberden»Massenlag.AlsdieHunderttausende,
"MenschenausallenKasten,zwischenBlutlachenundFleischfe tzen aufdie Kniesankenunddiefeierlich getragene WeisederZarens sthymneanstimmten,alsder-ersteundletzteGedankeder vomUeber- maßeigenen Jammers Entsetztenwar,nun könntedemjungen,
·vergöttertenKaiserdiefestlicheFreudeverdorben sein,da ergriff es mich selbst, ich fühlte michinderHeimathundhätteam Lieb- stenmeinen KlagerufindasirreGeheulderfrommenMengege-
«mischt.Ach,liebsterBruder,wassollen wir,mit unserermönchisch
«-ischwächl-ichenMannschaft,inder keineSpurdesmandschurischen TEroberergeiftesmehr lebt,beginnen,wenn dieseszumTodesopfer begeisterteVolkeinstgegen diechinesischeMauer marschirt?Un- TsereLamas werden denRassen segnen,wiesiedenMandschus Tkaisergesegnet haben,unddiekleineSchaarder tapferenScha- manen wirdvergebensdieErinnerunganden«-RuhmderAhnen cheraufbeschwöremEsgehtzuEnde mitunsererMacht,lieberLi, Tundwenn erstderDampswagenbisnachWladiwostok,derKö- srrigindesOstens, rollt,wenn das große ThoramAltai geöffnet EistsunddieMenschheitstraße,die dasGesichtder Erdeverwan- sdeln wird,von VetersburgraschWandererund Waaren nach TVekingführt,dannwirdkeinFeldherrund keinKaiser die Mon- lgoleiunddieMandschureivorderrussischen Umklammerungret- seienkönnen undwir werden seufzenddie Sünden büßen,deren sstchengis-Khan einstschuldigward.Das wurdemir währendmei- snesAufenthaltesin Nußland schmerzhaftklarzundje deutlicheres srnir zumBewußtseinkam, destogrößerwurdemeinStaunen über
Der zwölfteFeind, l 53 dieausgeklügelteArtigkeitdesEmpfanges.O, dieseAussensind schlauiSieverstehendieKunst,denUeberwundenen mir-Rosen- kettensoeng undsofestzuumwickeln,daßerdieSchmachder Ernie- drigunggarnichtfühltundseligdensüßenBlüthenduft schlürft.
Hier,inBerlin,werden unglaublichoftTruppenbesichtigt.
Ichhabedoch,von denTagendesTaipingsAufstandes, dermich fünfundzwanzigjährigenHanlin-Studenten p!ötzlichzumVefehls- habereiner SchaarderAchtFahnenaufhobundmichsoinVe- -rührungmitunserem gutenGeneral Gordon brachte,bis ins die letzte, traurige Zeit,wodiewinzigenjapanischen Wasserratten unsübersielen, auchmitmilitärischenPflichten vielzuthunge- habtundimmerneugierigaufdie Kundevondemberühmteneuros
päischenHeerwesen gelauscht ; aber wasmirhieranWaffenfpielen gebotenwird, ist beinahe schonzu viel.Dasganze Landund be- sondersdieHauptstadt gleichteinem Kriegslager. Früh,wenn Dunochinfeftem Schlummerliegst,schreckenTrommeln mideri- senDich aufund Duhöxft,daßdieRegimenter derGarde zur Uebungziehen; mittags,wenn Du unerkannt durchdieStraßen fahren möchtest,findestDu ganzeStadtoiertelabgesperrt und Dein WagenmußkleineEwigkeitenimGedrängwarten, bisdie be- staubtrückkehrendenRegimentervorbeimarschirtsindJederdritte Mann trägteineUniformmitgoldenenLitzenundKnöpfen zund denKaiser,einen ftattlichen, unendlich liebenswürdigenHerrn, habe ichin ein paarTagenschoninfünf verschiedenen Uniformen gesehen.Dabei scheintdas ganzeVolkfürdasHeerundAlles, was mitihmzusammenhängt,zuschwärmen.Hier, freilich, sind aberauchprachtvolleTruppenzdieschönsten,dteichjegesehenhabe.
Und dieRuheund Geduld derBürgerschaft mußman eben so bewundern;die Leutewarten ganzeStunden lang,wenn die Straßen gesperrt sind-Undsindimmer zumJubel bereit,wenn endlichdieHofkutschekommt,derenNahendieAbsperrungnöthig machte.DieDisziplinund der Sinn für höfischeundmilitärische Schauspiele ist sostarkwienirgendwo sonst;ichfragemichmanch- mal, woher diesesnach unseren Begriffen zwerghaftkleineLand (nachkurzer Fahrt erreichtman auf allen Seiten dieGrenze)noch ZeitundKraftzuLeistungenauf anderen Gebieten findet. Und man sagt doch, daßDichter und Denker drin wohnen. Du ahnst nicht, welcherKultus hiermit mirgetriebenwird.Jchkannesnicht
1 5 4 DieZukunft.
anders nennen. Wenn ichvor sechzehnJahrenGordons Rath gefolgtundnach Peking marschirt wäre,wenn ichdieDynastiege- stürztundmichselbstzumKaiser gemachthätte,wie mirsderkühne Vriterieth(der Erfolgwarsogutwiesicher):ichkönnteauchdann in Berlin nichtanders aufgenommenwerden alsjetzt,woichdochnur s alseinfacher Votschafterunsereserhabenen Herrn anwesendbin.
Man behandeltmichwieeinen souverainenFürsten,liefertmir Galawagen,führtmirTruppenvor,giebtmir einmilitärisches Gefolgeundveranstaltetnur fürmich großartigeMarineschaus spiele.Das überraschtmichumsomehr,alsichfrühergehörthatte, derDeutsche Kaiser seieinFeinddergelbenRasseundwolle sie, anderSpitzedervereinigteneuropäischenHeere,fürimmer von derErdoberfläche wegfegen.Abernichtnur derHofunddie Mi- nisterbemühensichummich,nein-das ganzeVolischeintfürmich begeistertzuseinund kannsichinHuldigungenundAuszeichnun- gen garnichtgenugthun.Ueberall hängtmeinBildund wird von derMenge umdrängt;TechnikerundKaufleute, Menschen,für dieichniedasGeringste gethanhabe,niedasGeringste-thunkann undthun will,gebenmirglänzendeFestezdieZeitungenverherr- lichenmeine Thatemberichten weitschweifigüber jedenmeiner- Schrittezundneulich,alsichinStettin dieAnlagenbesuchte,wo- diegroßenPanzerschiffe gebautwerden,gabmireineZeitung, dieso verbreitet istwieunserShoniPtm einen besonderenBe- richterstattermit,dergleichAlles telegraphiren mußte,wasvor-—- ging.Ichhätteden kleinenschwarzborstigen Barbaren,der flink· wie einTeufelchen umherschwirrte,gernkennengelernt;aberes- scheinthiernicht Sitte zusein,daß vornehmeLeute sichmit den- Literatj einlassen;undsokonnteichdenflinkenJrrwischnur ausder Ferne beobachtenund mich nachheran seinenmunteren Erfin- dungen freuen,dieunser Hannekenmirübersetztr.Doch ich muß«
Diroffensagen,daßdieses Uebermaßdersuldigungen mirnach-·
geradeunheimlich wird.Sollte irgendetwas dahinter stecken?Man-.
darfinsolchanarbarenländern demScheinniemals trauen.Da.
hatte ich,zumBeispiel,auchimmergehört,dasDeutscheReichhabe- eineVerfassung,diezwischendemKaiser,denübrigenFürsten,..
demVundesrath undderVolksvertretung RechteundPflichten genau regle,und mein lieberFreund undAltersgenosseGrant hatte miroftwiederholt,einDeutscher Kaiserhabe nichtmehr-