x7. Jahrg. Berlin,den27. Oktober IM. Ur.4.
Herausgegeben
Maximilian Kardew
Inhalt:
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Enklxüllungeir.lb ........·..................127
Mit undneue Waise-macle vonOttoFreiherrn von Dunste-u ....141
Geh-räche mit Busens-used VonFeier states-get ...........148
Kup-einem Rhstugariem VonHund Leopold .............154
Ketzengit Vongusastexiaufoyuer nndzart Seit-. ..........156
Arbeitermangeh Von»Schon...·..·......«..........160
Brief- ..... .................164
Unchdruck verboten.
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Erscheint jedenSonnabend.
Preisviertetjahkud5 mark,dieeiuzetue Nummer 50Pf.
Berlin.
Verlag der Zukunft.
WilhelmstraßeZa- IM.
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DieHypotheken-Abteilung des
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ifE E VlctL Deutsche-s Verlagshaus, Berlin NTL52. E gä- VordreiWochenerschien das1., jetztdas11.—--15. Tausend von-
i kr.Hä.300Beyerlein,S.Aufbestem Federleicht—Dickdruck-papier.Sin Wintertagen
lnkünstlerischem Umschlag broschiert Nk.3.50,eleg.gebundenNk.4.75.
· »Wem Beverleins neuestes Buch,EinWintertageHindieHändefiele,ohnedasser r rwüsste,dassderVerfasser ,IenaoderGedan«oder,Zapfenstreich«geschriebenhat,der
1würdeunterdenbesten unter unsern Romandichtern suchen müssen,umsiein
inVergleichzustellenmitderkunst zuerzählen, dieuns aus diesem Roman
entgegentritt.« (l-lamb.Fremden-Blatt.)
»Esseigerade herausgesUtg ,EinWintertagen1Beverleinsneuestes Werk,istauch
sein bestes. Esistdiefein-innige, stimmungsvolle Arbeit eines Poeten«
(l.-eipz.Neueste Nachr.)—-
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Berlin, den 27.Dkkobor 1906.
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Enthüllungen.
11.-s-)
VorvierzehnTagen sprachichhierdieHoffnungaus,nachlangerWan- derung durchsGestrüppwerdederWegunsaufwärts,indieKlarheit, führen;nachgenauerPrüfungdesvonChlodwigHohenlohe,dem aus treuem OnkelaugezärtlichdurchdieMaske blinkendenFeindedeserstenKanzlers, ausPrunksälenundBureauwinkeanahre lang zusammengeschlepptenAn- llageknaterialskönneunsmöglichwerden,zuerkennen,warum Bismarckgehen mußte,wasseineSchuld, wasAndererFehlwar.(Hier möchteichgleicheinen Jrrthumberichtigen,derdurchdievonmirnichtbemerktefalscheEinsetzung dreier Wörterentstandenist.Chlodwig verzeichnetmitBehagendieThatsache, daßdieStoschundKonsortensichwie dieSchneekönigeüberBismarcksSturz freuen,undholtausderTiefeseinesfrommenSchranzengemüthesdanndie Sentenz:»Es ist auchhier wieder wahr, daßnur dieSanftmüthigendasErd- reichbesitzen«.BibelfesteLeserhabenmeinerGlossirungdiesesSatzesvor- geworfen,siegebedemErstenEvangelistennicht,wasihm gebührt; mitRecht vorgeworfen.Doch ichweiß,daßMatthaeiBerichtüber dieBergpredigtden SanftmüthigenTisvTHI-,nachLuthersUebersetzung:dasErdreich,verheißt;
kennewirklichauchdiedazugehörigenStellenausJesaiaund denPsalmen.
UndmeinSatzsolltelauten: »Nichtnur dasHimmelreichalso; auch,wieim.
Evangelium,dasirdische,wodochderStreit herrschtundnurdieStärkesiegt«.) Damals waren die,,Denkwürdigkeiten«,zu derenBewältigungselbstderFlei- ßigsteWochenbraucht,nochnichterschienen,vondentausendSeitenkaumhun- dertbekannt:undichunterschätztedieLängedesWeges;konntedieHäufung derAnklagepunktenichtahnen.WasBosheitim Dunkeljegegen Bismarck
HT)S.»Zukunst«vom13.(,«,ChlodwigsTagebuch«)undvom20. Oktober1906.
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128 DieZukunft.
ersann, wasUnverstand ausseinemHandelnundUnterlassendeuteln zudürfen wähnte,hatChlodwigfür seineNachweltnotirt.EinBeispielausseinerMi- nisterpräsidentenzeit.,,Usedomerzähltemir, daßesBismarck war, der Man- teuffelnachOlmütztrieb.Bismarckhieltdamals dieösterreichischeAlliance fürdaseinzigeHeilmittelundbliebdieserAnsicht,bisersichalsBundestags- gesandterüberzeugte,daßDiesnichtmöglichsei.«Bismarckwar 1850fünf- unddreißigJahrealt,AbgeordneterundLandwehrlieutenant;erkonnte weder Manteuffel ,,treiben«nochbeiFriedrichWilhelmdemViertengegen Rudo- witz,»dengeschicktenGarderobier dermittelalterlichenPhantasiedesKönigs«, aufkommen·DerKriegsministervonStockhausensagteihm: »Wir müssen fürdenAugenblickdenBruch nachMöglichkeitvermeiden. Wirhabenkeine Macht, welchehinreichte,dieOesterreicher,auchwennsieohnesächsischeUnler- stützungbei unseinbrechen,aufzuhalten«.Diesen»Erwägungeneinessach- kundigenundehrliebendenGenerals«paßteBismarckseinVerhaltenim Land- tagan.Erhatspätergesagt:,,MirfehltedamalsjedeUnterlagezueinerKritik, dieichalskonservativerAbgeordnetereinemMinister aufmilitärischemGe- biet,alsLandwehrlieutenantdemGeneralgegenüberhätteausübenkönnen...
DerGrundirrthumderdamaligenpreußischenPolitikwarder,daßman glaub- te,Erfolge,dienur durchKampfoderdurchBereitschaftdazugewonnenwer- denkonnten,würdensichdurchpubliziftische,parlamentarischeunddiploma- tischeHeucheleienin derGestalt erreichenlassen, daßsiealsunserer tugend- haftenBescheidenheitzumLohnoratorischerBethätigungunserer,deutschenGe- sinnung«aufgezwungenerschienen.Man nannteDasspäter,moralischeErobe- rungen«;eswardieHoffnung,daßAnderefür unsthun würden,waswirselbst nichtwagten.«ChlodwigkonntedieseAuffassung,mußtemindestensdieThat- fachenundDaten kennen;undhatnachderPublikationder ,,GedankenundEr- innerungen«nochfastdreiJahregelebt.AlseinVermächtnißaberhinterläßt erAlldeutschlanddieNotiz:BismarckhatManteufselnachOlmützgetrieben.
Aliqujclhaeret. Kann manerweisen,daßauchderGroßeeinst,wieeinrechter Tölpel,infalscheRichtungstrebte,dannstehtman selbstnichtals ein garso jämmerlichGeäffterda.Chlodwighatsnöthig.Jm Juni1866,vierzehn TagevorKöniggraetz,schrieberinseinTagebuch:,,Jchfürchte,daßderKrieg sehr langundsehrblutigwerdenwird.PreußenwirdsichinNorddeutschland arrondiren alsgroßerpreußischerStaat, wirinSüddeutschlandwerdenunter französischeroderösterreichischerProtektionfortvegetiren,bisauch unsere Stunde geschlagenhabenundeinTheilanFrankreich,einTheilanOester- reichfallenwird.«EinProphetundeinStaatsmann. DersechsJahre lang
Entl)üllungen.II· 129
KanzlerdesDeutschenReiches seinkonnte. DasMännlein,dem,als es aus
»demAmt,als es aus demLebenschied,ringsum Lobgesängeertönten,mußte svonallenSeitenbetrachtet,derFragenachdemeeckseines skandalösenBuches mußtedieAntwortgesuchtwerden.DasgeschahvorachtTagen.Können wir heutenun auf grader Straßeweiterwandern? Nochnicht.DieChronisten- pflichtdrängtanSeitenpfade;erzwingtzunächstneuen Ereignissen,neuen SymptomenBeachtung. DochvielleichtistskeinallzuweiterUmweg;viel- leichtmerken wirbald, daßauchaus diesenSeitenpfadendieLichtungzuer- reichenist,die dasdeutscheLand und desdeutschenLandes Leid demAuge entschleiertundalleMühederWanderung durchshollocherDickichtbelohnt.
HerrvonTschirschkyundBögendorff.
Umdie Mitte desWeinmonats lasen wir, HerrvonTschirschkyUnd BögendorffjderStaatssekretårimAuswärtigenAmt,werdenachWienreisen und dort mit denBotschaftern GrafenWedel undMonts, vielleichtauchmit demGrafenGoluchowskikonferiren. Natürlichüber den Dreibund und über JtaliensVerhältnißzu denmitteleuropäischenKaisermächten.Dieungewöhn- ilicheFassungderNotizfielsofort auf.DenDiplomaten;leidernichtden Schreibern.Bald danachkamdieMeldung:DieReisedesHerrnvonTschirschky shatmitPolitik nichtszuthun;derStaatssekretärwilljagenundVerwandte wiedersehen.Dann die dritteNotiz:EristinWien eingetroffen,hatmitdem GrafenWedelkonserirt (ob auchmitGoluchowski,erfuhrenwirnicht)und reistvondortnachRom.DieitalienischePressepräludirtseinerAnkunft,als handle sichsum einpolitischesEreigniß.Ich, sprichtdersolautBegrüßte, binnurStaatssekretär,nurGehilsedesKanzlers,dessenWille allein der deut- schenPolitikdieRichtung weist.Die Römerlächeln.DerKanzler!Derfährt nächstensvielleicht,wie einitalienischesWitzblattihmprophezeithat,als PrivatmannvonseinemKanalpalastanderDoganavorbeinachdemLido.
DiedeutschePolitikleitetderKaiser.Wirwissens;wennTschirschkynachRom kommt,istervonGuglielmogeschickt.AuchdieseCisterneempiängtihrWasser
vonoben; thunwirfür diesmalaber,alsseisieein aus demErdinnerenspru- delnderQuell.Derunbekannte,nochnirgendserprobteStaatssekretär wird be- handelt,alsliegeinseinerHand jetztDeutschlandsGeschick.Dieitalienische PresseveröffentlichtProgrammeundstelltBedingungen.ImosfiziösenCor- rieredellasera, dessenHauptredakteurAlbertiniimGroßbetriebderijos dasverbündeteDeutscheReichzärtlichliebengelerntundaufseineWeiseseitdem fürdieanglo-italienischeVerständigunggesorgthat,wirdgesagt,welcheMm,
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130 DieZukunft.
difikationendenDreibund erhaltenkönnten. UndHerrvonTschirschky,,tauscht mit demMinisterTittoniGedankenaus.«DiesenTauschdürfenwirdemIta- lienergönnen;aberauchfragen,washinterall dem Gelärmeigentlichstecke.
Wollenwir etwa wiederKonzessionenmachen?Zum zweitenMalimselben- Jahr(vondemerstenMalwillichheuteliebernichtreden;werhinterdenSam- metvorhanggeguckthat,weiß,wasichmeine)vonderitalienischenDiplomatie unszuVereinbarungendrängenlassen,in denendasAusland, auchdas uns nicht feindliche,nureinenRückzugDeutschlandserkennen kann?Daß.Herrooni Tschirschky,bevorderReichstag,derseinjammervollesDebutsah,wiedereröfF netwird,eineThatthun möchte,istbegreiflich;docherkonnte dieGelegenheit-, seinenNamenin die RindederWeltescheeinzuschneiden,vorsichtigerwählen.
DaßderDreibundfürunswerthlosgewordenist,brauchtkeinemWachen mehrbewiesenzu werden.Das nationaleEhrgefühlmußterathen,denItalie- nern höflich,sehrhöflichmitzutheilen,daßwirnichtbeabsichtigen,denVertrag zu erneuern,dernurihnen nochnützt,nurihreBündnißsähigkeitsteigertundden WestmächtenimLagerdesGegnerseinenVertrauensmann sichert.Konnteman sichzudiesemSchritt, der,als einZeichenkräftigenundgetrostenSelbstbewußt- seins,gutgewirkthätte,inBerlinnichtentschließen,dannmußteman wenigstens denScheingleichgiltigerRuhewahren. Selbstwenn DeutschlandanderVer- längerungdesDreibundes mehr interessirtwärealsOesterreichunthalien, brauchteman diese(auchheute durchaus nochnichtunbestreitbare)Thatsache denHerreninWien und Romnicht aufdieNasezu binden. Konntenwirnicht geduldigwarten,bis deredle Tittonizu unskam,undihndannmit eiskalter Artigkeitempfangen?»DasBündnißliegtJhnenamHerzen,Excellenz?Ver- steht sich.Siehabens bewiesen;inAlgesiras,inLondon undzuletztinLeip- zig.DerKaufmann,derimEhrenamtdafürSie dieKonsulatsgeschäftebe- sorgt,ließseitJahrenamSedantagüberseinerPrivatwohnungdiedeutsche Fahnehissen.DarinsahNiemand einAergerniß;auch unser FreundDel- cassesnicht.Diesmal winkteHerrB,ourgeois:undSiebehandeltendenKon- sulwie einenVerbrecherundIhr BotschaftermußteamQuai d’Orsaydem—
Bedauern über dastraurigeEreignißAusdruckgeben.Dasistnur einerVon hundert Fällen,die unszeigten,wiehochSie die entenle mitEnglandund- Frankreich,wiehochdieFreundschaftdesDeutschenReichesschätzen.Und nun möchtenSiedenBündnißoertragverlängern?Wirsind ungemeinneu- gierig,zuhören,wasSieunszubietenhaben.DasBündnißmiteinemStaat, denwirjetztimmer,inMarokko,inAbessinien,sogarbei denVerhandlungen überdrahtloseTelegraphie,unserenFeindenassoziirtfinden, hätteminde-
Enthüllungen.11. 131
stensdenReiz derNeuheitfürfich.«Unmöglich.Wir könnennichtstillsitzen.
Die Anderenrührensichnicht.DerHerrunseresAuswärtigenAmtes aber setztsichinBewegung. JnRomhatteerdengescheitenundmuthigenGrafen
«Monts nebensich,derdieitalienischeStimmunggenaukenntundnichterstbei derEröffnungder mailänderAusstellungerfahrenhat,wasunsimOrangen-
·-landblüht.Daßwirnachall demSchimpf,allderFeindsäligkeit,diewiritha- liengeerntethaben,messages of loveüber dieAlpenschickten,warschonein unverzeihlicherFehlerDieWelt hatunsanno 1906schwachgenuggesehen;
hatnachderFanfarevonTangerdieChamadevonAlgefirasgehört.Fügen wir unsnocheinmaläußeremDruck,konzedirenundretirirennocheineinziges Mal,dannwird dasPrestigedesReicheszumKinderspott
InderWilhelmstraßegehtdasGerücht,derStaatssekretårwerdeleicht ärgerlich,wenn man seineRuhestöre.Erhat sichfürdenBauderEisenbahn- linieKubub-Keetmanshoopnichtinteresfirt, hatdemPlan,dieHälfteoder sgar zweiDrittel derSchutztruppeausSüdwestafrikazurückzuziehen,nichtwider- sprochen.Undmußte,als deminternationalenReichsdienstVorgesetzter,doch sehen,wiewichtigdieseaneinerempfindlichenStelle Britaniens gesammelte TruppenmachtinkritischerZeitwerdenkonnte;daßdieKriegsnothhiereine Waffegefchmiedethatte,dieerst,wennjedeihr möglicheWirkungerreichtwar, ausderHandgelegtwerdendurfte.Erschwieg.Und lasimReichstagdann das netteSätzchenvor: »Oesterreich-UngarnsowohlwieItalienstehenin freundschaftlichenBeziehungenzuEngland;wirbegrüßendieseBeziehungen ohne Hintergedanken.«Jsterjetztplötzlichaktivgeworden?Haterdemeigenen Triebgehorcht,alseraufdieReiseging?Unwahrscheinlich.DieMensurdepesche desKaisers hatteinWienverstimmt,inRoquth erregt.DerKanzlermuß sichfürdenReichstagschonen;kannsicheiferndzwardafüreinsetzen,daßein ihminBewunderungergebener,auf seinenRath dekorirterZeitungschreiber nichtvorsStrafgerichtgestelltwird,eineanstrengendeReisesichabernochnicht zumuthen.AlsowardfürdasWerk derSchwichtigungHerrvonTschirschky erwählt.Dersich,trotzdemRuhebedürfniß,dannwohlderGelegenheitfreute, deserefaire une vjrginite". EinenMann,derdraußensoernstgenommen wird,kann derReichstagnicht auslachen. WährendderStaatssekretärmit TittoniimAutomobildurchdieCampagnesauste,hieltinRomHerrLockroy, seinPossenfabrikant,derinFrankreichMarineministerwar,eineRede,inder ichdieSätzefand: »Die franko-italischeFreundschaftbedarf nicht erstum- ständlicherProtokolirung;fielebt imHerzen,im Blut beiderNationen. Jahr- hunderte langwarunserWille inLiebeeinig; und keinguterFranzosekann
132 DieZukunft.
denwerthvollenSekundantendienstvergessen,den dasKönigreichunsinAlge- sirasgeleistethat«.UnddiesemRednerjauchztedas uns oerbündeteItalienzu.
GrafGoluchowski.
JchhabedieMensurdepeschevom zwölftenAprill906 erwähnt.Als- sievonBerlinausveröffentlichtwar,sagteich,siewerdedenSturzdes Grafen AgenorvonGoluchowskibeschleunigen:,,Fällterjetztbald,dannwirkt die Entlassungwie eine insberlinerSchloßadressirteUnfreundlichkeit.Wollte- Wilhelmihnhalten?Kein Mittelkonnteuntauglicherseinalsdasgewählte.
Einfürdie internationale PolitikeinesReiches verantwortlicher Minister, demeinfremderSouverain öffentlichfür ihm geleisteteDienste dankt, muß seinemKaiser-undseinenLandsleutenverdächtigwerden« Jetzt istdereher Golu(sosollWilhelm ihninWien genannt haben)nichtmehrMinister für AuswärtigeAngelegenheitenOesterreichsundUngarns.ErwarschonimLenz genöthigt,offiziellundoffiziössichgegen dieAnklagezuVertheidigen,daßer berlinerWinken allzuwillfähriggehorchthabe;undistdennochnun ausdem Bügel geglitten.Dasbrauchteuns,da derpolnischeGraf,derEidamMurats, nie einzuverlässigerFreundDeutschlandswar,nichtzubekümmern.Aberder DeutscheKaiser hat ihnals»treuenBundesgenossen-«und»brillantenSe- kundanten aufderMensur«gefeiertundhinzugefügt:»Siekönnengleichen Dienstes im·gleichenFallauchvonmirgewißsein«.Jm gleichenFall?Den- kanninnaherZeitnureinaufalbanischemGebietzwischenOestetreichuntha- lienentstehenderKonfliktbringen.JnWien und in Romverstehtmansso.
DerbrillanteSekundant wirdrauhweggeschickt.HerrvonTschirschkymuß-an derDonauundamTiberKomplimentedrechseln.UnddieOeffentlicheMeinung ItaliensheischtfürdieneuenVerträgeals conditio sine quanon dieVerstän- digungüberAlbanien;will den Dreibund nur,wennerallihreWünscheerfüllt..
DerFall Fischer.
ArnzwanzigstenJuli1906istderMajorFischerverhaftetworden.
Erwar verdächtigt,unterVerletzungderDienstpflichtvonLieferanten,mit denenerimAustragdesOberkommandos derSchutztruppeVerträgeabzu- schließenhatte, Vortheileverlangtoder angenommen zuhaben.NachEr- mittelungen,die dreiMonate dauerten, mußtedasVerfahreneingestelltwer- den.DerVerdacht,derimJuli hinreichendschien,um dieVerhaftungeines Stabsoffizierszurechtfertigen,erwiessichimOktober alssoschwach,daßernicht einmaldieEröffnungdesHauptverfahrensmotivirenkonnte. DerMajorhat
Enthüllungcn.II· 133
amPrangergestanden,kannnichtOffizierbleibenundmußdaraufverzichten, einenSohnimKadettencorpserziehenzulassen.EinVierteljahr langhat EuropaVoneinemdeutschenPanama,einerVerseuchungunseresHeereszu sprechengewagt.DieUntersuchunghatergeben,daßdieAnschuldigung(die vondergeschiedenenFrauvonTippelskirchkam)unhaltbarwar. Undwarum istderMann,denmanjetztgarnichterstvordenRichter stellt, verhaftet,der schädlicheSkandalnichtvermieden worden?Warum nahmman demOffizier, derdieAnschuldigungin dieWilhelmstraßebrachte,unddemAngeschuldigten nichtdasEhrenwort ab,erforschteim Stillen denThatbestand undließ nichts verlauten,bisentschiedenwar, ob dasbelastendeMaterialstarkgenugsei,um eineAnklagetragenzu können? Weil derGerichtsherrderzuständigenGarde- kavallerie-Division sichsagenmußte:Wennichhier nichtsofort festzupacke,
wenn ichauchnurTagelangzaudereund dasGewichtderVerdächtigungprüfe, findetderAllerhöchsteKriegsherrmichwohlschlaffundlässigimDienst,
Köpenick.
Einer,demsanGeld und anBethätigungmöglichkeitfehltundderdie- senMangel tieferals Andereempfindet,weilNaturihnmitreichererPhan- tasieundkühneremWillenbegabthatalsHundertausend,diesichbehaglich nährenund paaren,langteinesTagesdreist nachFortunensMütze.Erzieht denRock einesHauptmannesansdemErstenGarderegimentan,sistirtein voneinemGefreitenausderSchwimmanstalt heimwärtsgeführtesSolda- tentriippchenundsagt,eineKabinetsordre desKaisersbefehleihm,inKöpe- nick,woinderKommunalverwaltungEtwas faul sei,denBürgermeisterund denKassenrendantenzuverhaften.DieLeuteglaubenundfolgenihminskö- penickerRathhaus.Die Gendarmen nehmenvordemHerrnHauptmanndie Hackenzusammen,sorgenaufderStraße für OrdnungundRuhe,haltendie GafferschaaringehörigerEntfernung.DerBiirgermeisterDr.Langerhans,ein freisinnigerDemokrat undNeffedesschondurchseinepariserTanteberühmten berlinerStadtverordnetenvorstehers,verliertbeimAnblick derplötzlich,mitauf- gepflanzterBayonnette,eindringendenSoldaten denKopfzdenktnichteinmal derPflicht,die A mtsgeschäfteseinemVertreterzuübergeben;läßtsich,trotzdem ihmkeinschriftlicherHaftbefehlgezeigtwordenist,wieeinLämmleinabfüh- ren.Ungefährebenso,nureinBischenschlauerundwürdiger,machtsder(wohl nichtganzsoliberale)Rendant.Beide werdenin bewachtenWagennachBerlin spedirt.DerHauptmannnimmtdieviertausendMark,dieinderStadtkassesind, stellteineQuittungaus undmarschirtmitseinerMannschaftab.Ichwill die
134 DieZukunft.
Einzelheitennichtwiederholen.Jeder hat siegelesen,Jederbelacht.DreiTage lang gabskeinen anderenGespråchsstofsalsdieseGeschichte.Siehatsverdient.
Neben ihrwirktGoethesBürgergeneralwie eineverstaubteWitzblattfigur, wirktGogols meisterlicheRevisorkomoediewie einschalerSchwank.Nochnie Vielleichthatdievox popu1j,populorumso einstimmigeinenMenschenge- krönt,denderStaatvonRechteswegenvehmt,alsBetrügerund Räuberver-
folgt. DerHauptmannvonKöpenickhat seinenPlan soscharfsinnig,mitso sichererPsychologenkunsterdacht,bei derAusführungsichsoruhig, soganz alsHerrnderraschwechselndenSituation gezeigt,daßnur Tröpseihmden BüttelandenHalswünschen.Washatergethan?Einer voll und ganz, einer unentwegtfreisinnigenMannesseeleAngsteingejagt.Einerwohlhabenden Kommune ein paarTausendmarkscheineentwendet. (DerzehnfacheBetrag würdeaneinemkurzenVormittagaufgebracht,wennsolcheNationalspendeden VersolgtenvorStrafebewahren könnte.)GegeneinhalbesoderganzesDutzend Paragraphenverstoßen.Dem Land aberunschätzbarenDienst erwiesen.Wie Fieskozu demrömischenMaler,könnte derMüggelheldzu denstärkstenSa- tirikernsprechen:»Ichhabe gethan,wasIhrnur maltet !« Und die diesmal winzigePhilisterschaar,dieempörtfuchteltundlüsternnachdemRacherecht ruft,könntenunsereRötheftennicht besserabfettigenals mit den Wortendes Edelmannes,derinGoethesLustspieldieSache Schnapsens,desPfiffikus, führt:»Wieviel will Dasschonheißen,daßwir überdieseKokarde, diese Mütze,diesenRock,diesovieerbel in derWeltgestiftethaben,einenAugen- blicklachenkonnten!« DamalswarsdieKokarde,dieMütze,derRock desbösen Nachbars(Schnaps giebtsichfürseinenWerberdesJakobinerklubs aus),jetzt dieUniformdesPrinzenregimentesderpreußischenGarde.Hatauchdieinun- sererWeltsoviel Uebelgestiftet?Ja,pfauchtvonbebenderLippederUnentweg- te; undflenntüber den,,Militarismus«,denMoloch,deralltäglichMenschen verschlingt.Weil eingenialerSchwindler schlaumit derPsychedesBezirks- vereinszöglingsgerechnethat,wird wider dieBevorzugungdesbunten Rockes gezetert;weil eine umketteteMemme beim AnblickvonachtBayonnettes sich denHosenbodenbesprenzthat, mußdasOffiziercorpsin denKäfigder An- geklagten.WolltJhrSoldaten? Dann müßtJhr auchwollen, daß siege- horchen.BrauchtJhtzumSchutzEurerGeldschränketüchtigeTruppensührer?
Dann müßtJhr sie,diesichumjämmerlichenSoldschinden,wenigstensmit gesellschaftlichenPrivilegien bezahlen.ErspartunsalsodasGeplärrundhört aufdenRath,denGoethe seinenGörgeund Märtengebenläßt: »Beisich fangeeinJederan: und er wird viel zuthun finden«.BeiEuch fangtan.
Enthüllungen.II. 135
Fragt,wiesolcheStadthäupteramTageinesStaatsstreicheshandeln·würden.
Undsehtzu, obauchsonstimHausEurerBürgerfreiheitAllesinOrdnungift Ob dieKöniglicheStaatsregirungdenNeffendesOnkelsnunim Kom- munaltyrannenamtlassen, demWiedergewähltendieBestätigungversagen oderihn,alseinen»Gehorcher«nachdem SinnFriedrichWilhelmsdes Vier- ten, füreinenMinistersitzvorschlagenwird?Wirmüssensabwarten. Nach- demwirunsüber denSchelmenromanhumorderGeschichtefattgelachthaben, aberauchihreernsteSeitebetrachten.DasAuslandschicktihr bitterböseGlossen nach-BritischeOffiziere,dieunserenHerbstmanövernzusehendurften,habendie LosungausgegebenxDasdeutscheHeeristeinevorzüglicheMaschine,dereinzelne deutscheSoldataber,weilihm Intelligenz,Entschlußfähigkeit,Jnstinktfehlen unddiePersönlichkeitihmausgedrilltist,ein im modernenGefechtnichtsehrge- fährlicherGegnerDaswirdjetztiiberallverbreitetund,besondersgerninFrank- reich,geglaubt.DasköpenickerHaftkommandopaßtin den Kram.Mußtendie achtoder(zehnMann)demHäuptling,derobendreinnochvorschriftwidrigge- kleidet war,nicht anmerken,anriechen,daßernichtvon derpotsdamerGarde kam?Durftenfieihmstumpfsinnigfolgen,unterseinemWinksichzumGebrauch derWaffebereiten?WasiftvonsolchenKlötzenfürdenkomplizirtenKriegsbe- triebunsererTagezuhofsen?Wenn manssohört,möchtsleidlichscheinen;steht aberdochimmerschiefdarumErstenswarderUeberwinderLangerhansenskein GaunergewöhnlicherSorte,sondern(jedesWort,dasersprach,jederSchritt,den
erthat, beweists)einTrügertalenthöchstenRanges.Undzweitenswaren die Leutedurchdreiunfehlbarwirkende Wörterhypnotisirt:»KabinetsordreSeiner Majestät!«Siewaren vielleichtnichtdümmer alsderDurchschnittskommiß;am EndesogaraufderGipfelhöheihrerZeit.»WilhelmhatWindbekommen,daßes anderDahmenachfaulenFischenstinkt,undschicktderSippschaftnundenersten Schloßgardekrüppel,derihmin denWegläuft,aufdenHals· Siehtihmganz ähnlich.Eristimmersoplötzlichundliebtdaslange Gefackelnicht«.Warnurin hohlenSchädelnfürsolchenGlaubenRaustAlledachtenso,dievonderSache hörten.DerKommandant vonBerlin,derHohenzollernprinz,derdenDienst dujourversah(zweiAefthetenvonfehrverschiedenerSinnenrichtung), köpe- nickerStadträtheundberlinerGroßindustrielle:AlleglaubtenandenHaupt- mann undseineOrdre.Keinerzweifelte,daßderImperaloretRexwiedermal dieZuchtrutheschwang.Und,HandaufsHerz,hättenwirunsgewundert,wenns so gewesenwäre?WirhabendieVerhaftungdesCeremonienmeistersLebrecht vonKotzenochnichtvergessen; understindiesenTagengelesen,daßderKaiser, deneinObertertianertelephonischdarumgebetenhatte,dasstädtischeRealgym-