Xxvm. Jahrg. Berlin, den 25. Oktober 1919 N r. i
Herausgeber
Maximilian Harden
INHALT
M o r itz . sc h re ib t w eiter O berschlesien . . .
Nachdruck verboten
E r s c h e in t .j e d e n S o n n a b e n d
Preis vierteljährlich 10,— Mk., das einzelne Heft 1,— Mk.
BERLIN
V erla g d e r Z u k u n f t
Großbeerenstraße 67 1919
Seite 93 107
(4
CO
CM ,
M s. WV
B j; - 2 c«T
« 1 E355■ 3 CO g ^ S i s
•? ® t «2 5 S ^ l s
<c i s : ii ) £ z T O * . u■; ■ 0> ^ a
B) co % fl n c ^ ^
— - ©
.E fr
• § 5* oatt
^ .2
’r . * I 2 o con . m » rt
E » g* J:3 a «
, < “ c h c üj
-C . .. O) *-
CB 0 0 )
“* CD C ® 0 evi 52 ea
1 ^ 5 £. Ä c£ <n C9
■ •- Cd ■>
1 « I 5 s o £ *
* w 3 *•
£ O « Z
.£ •“ •*
OEin-mEK-HUTH
B E R L I N W
48 hoehkünstlerlsehe Frei
lichtaufnahmen. Brom' sllberorlginalfolos, seltene Wahl weiblicher Schönheit einschließl. ges. gesch. Stereo-A pparat, her
vorragend. Optik u. Plastik, n u r 15,— Mk.
franko Nachnahme. Illustr. Prospekt frei!
Fotohaos K. Nolle, ibt. Z, Berlin S 14
Bank-Geschäfte
in se rieren erfolgreich iu der W ochenschrift Die Zukunft.
BERNHARD KONZEL
Bankgeschäft
BERLIN W 8
An- und Verkauf von Wertpapieren
K o s t e n l o s e A u s k u n f t s e r t e i l u n g
Geheimschränke
zum Einmauern ab. Lager sofort lieferbar
H . Arnheim
Geldschrank» u. Tresorbau
= B erlin S W 11 =
Bestes \
zur PFlege derZähne.
® .s 1s ® .£.2 E o H i 5 5 t
0 O .2
e T® 5
E2 V se o
c -
O E
„ » A cn
N
« X c 3
| N
13
13ä o
CO III® B V S
CO >
W i r t s c k a f t l i c h . e s B ü r o
L e i t e r D r . H e r m a n n Z i c K e r t »
Objektive und sorgfältige Beratung über W ertpapiere jeder Art, Börsengeschäfte, V ermögensverwaltung, Kapitalanlagen, Steuern.
Sprechstunden: D ienstag und Freitag von 10— 12 Uhr. ::
Berlin W 8 Friedrichstr. 161.
Detektive
a n e r k a n n tallerersten Ranges
Behördl. Inanspruchnahme. 1a Refer.
U e b e r w a c h u n g e n an allen O rten
■ ■ E r m i t t e l u n g e n jeder Art ■ ■ S p e z la la u s k fin f t e , Ruf, Vorleben, Vertu ö g en s-u . F am ilienV erhältn isse
• streng vertraulich un d zuverlässig 0
Auskunfts * Schütz
B erlin W , T a u en tzle n str. 3 a.W ittenbergplatz Fernruf: Steinpl.9468
B erlin, den 25. O k to b e r
Moritz schreibt weiter
Berlin, Lukastag 1919.
Rina Regina
w ird beim A nblick dieser Lukasepistel an das Rindviehchen denken, das noch Aeitere neben den A rzt, M arienm aler und Evangelisten zu pinseln pflegten. Erinnerst Dich, wie wir in Bologna, später in Freising (noch nicht w ieder A usland) die dem Reisegefährten Pauli zugeschriebenen Jungfrauen du rch den Fingerkranz beguckten u n d uns in das U rtheil einlogirten, der m inder heilige M antegna sei uns lieber, das derbe H end rikje des w ilden M enschensohnes Rem brandt ein echterer, drum edlerer A usdruck des Ewig* W eiblichen? Kalb o d er O chs: m u ß t es eben leiden. Ich bestätige mein Ge*
schätztes vom V ierzehnten und gestatte ich m ir (Koofmich*
stil des holländischen Schloßherrn, der uns diesen herrlichen Tagen entgegengeführt hat), dessen S chlußdrohung auszu*
führen. U ngew iß, ob im D ezem ber noch was für den O fen haben werden. A us schmalem V orrath aber m uß ich auf D e in H a u p t feurige K ohlen häufen, dam it es in Reue er*
kenne, wie ein treues H erz die ihm von lieblichem Schweigen bereitete Q ual vergilt. Fürchte, Reinette, nicht, daß von Lukas*
Lukanus u n d Salomonis Sprüchen n u n weiter durch die Pro*
vinzen zweier Testam ente taum ele; gegen kressiner Bibel*
feste anzugehen, wäre thörichter Frevel. D och schlimmer A ntw ortverzögerung. H e r kom m t Ih r fürs Erste nicht. D as
94 D ie Zukunft
Vehikel, das sich heute „E ilzug“ nennt, lockt Keinen; und?
ich sehe die in der Fuchsenkutsche V erw öhnte nicht in un?
seren elektrifizirten Sardinenbüchsen. In H otels kein Billard*
bett, in feinen Schänken kein Stühlchen frei. Preise noch in höchsten A kazien. W as m it N u tzen zu besprechen wäre, m uß zunächst also beschrieben werden. V ornan Personalia.
Im Fall Bismarck scheint m ir die W ahrheit zwischen Adolfens C redo un d dem seiner Ueber* Stauffacherin zu liegen. D er D ritte Band der „G edanken und Erinnerungen“ ,, über den G u id o H enckel in der N ach t tiefer U ngnade si ch das V erfügüngrecht gesichert hatte, soll nun ja erscheinen, u nd w ird den großen G egenstand für ein W eilchen (nicht lange unter unserem W in d ) wieder m itten ins Blickfeld pflan*
zen. Kann mich nicht recht drau f freuen. Erstens hat Lothar Bücher dieF eder geführt unddasU rbism ärckische, das imGe*
sprach entzückte, kom m t selten nur m it K norr und Knubben, heraus. Zw eitens erw artet H err Om nes nach langem Harren, gew iß U nerhörtes über den einst A llerhöchsten; wird aber keine funkelnagelneuenThatsachen erfahren und d en T o n der K aiserkritik heute allzu glim pflich finden. W eiter, pflegte der Fürst zu sagen, „glaubte ich, m it Rücksicht auf m eine Vergangenheit, nicht gehen zu d ürfen .“ W as damals, aus.
diesem M und, schroff klang, schallt an abgehärteten O hren jetzt m att vorüber. D rittens, fürchte ich, wird in diesem Band sich der ganzeG roll gegen die Sozialdem okratie austoben u n d über Staatswesen u n d G esellschaftevolution (kannst mir das.
W o rt abermals ankreiden) V orurtheil enthüllen, dessen Aus*
spräche M odernen Schauder ü ber den Leib jagt. Mach D ich aut W u th gebell gegen den Junker, der Staatsstreich plante, ge*
faßt. Er überdauerts. Seit sein Buch fertig w urde, das Buch eines A chtzigers, ist ein V ierteljahrhundert gegangen, das imi äußeren u n d besonders im inneren Status des Europäers mehr verändert hat als die zwischen R oßbach und Sedan liegende Zeitstrecke. G oethe war, obw ohl er Byron, sogar das blanke Spießertalent G rillparzers hoch über Kleist stellte,, kein alter Esel geworden. U n d daß der majestätische Men*
schenverstand, den man. dem Schönhäuser, wie im Grenzen*
losen seinem Lehrer Shakespeare, nachrühm en.darf, nur in il.mi
M o r itz s c h r e i b t w eite r 95 vertrautem Bezirk m it Schöpferskraft waltete, braucht mir Nie*
m and erst zu beweisen. W as er nicht gesehen, betastet, ge' schmeckt, berochen hatte, blieb ihm fern, fremd, deshalb Irr*
thum sland. „B ildung d u rch L ectu re“ , der breiteT roßw eg, war nichts für ihn. Seit er im A m t saß, hat er höchstens noch mal H istorisches gelesen. W eil nichts drü ber geschichtet w urde, blieb das in der Ju g e n d A ufgenom m ene frisch und immer präsent. In F riedrichsruh war keine Bibliothek. Brachte der Z ufall N eues an ih n , so war er dan k b ar u n d machte auf seine gewaltige A rt Etwas draus. Siehe Kathedersozialismus»
W enn sichs aber in der Praxis, für den staatlichen Zw eck, den er gerade wollte, dann nicht rasch bewährte, stieß ers ungeduldig weg. N ie hat er W issenschaft als des M enschen allerhöchste Kraft geschätzt u n d in A bstrahirtem sich heimisch gefühlt. Vielleicht sein gefährlichster M angel. A nders aber durfte der M ann nicht sein, der dem von Louis N apoleon spielerisch getätschelten G edanken des N ationalstaates die deutsche M achtform geben sollte. N ich t m it breiterem W ipfel ins U niversum gew ölbt. M it einem seit dem D reißigjährigen Krieg, unserem Peloponnesischen, verdum pften, in Knecht*»
schaft eingew urzelten Stämmegewirr, m it dem engen alten K önig und dem ganzen Preußenspuk dahinter die Leistung der acht Jahre von 1863 bis 70: zeiget mir, Tadler, Einen, ders vorgem acht hat. D eutsches Fatum, daß er weder Britanien.
noch Industrialism us als K ulturform je kennen lernte. Eng*
lands Luft hat er n u r geschnuppert, als er zu kurzem Besuch bei A lbrecht Bernstorff einkehrte. C obden, G ladstone und deren K ontinentalanhang behender Schutzzollfeinde taugten ihm nicht in seinen Kram, Buchers parteiisch geistreiche Dar*
S t e l l u n g verekelte ihm den Parlam entarism us, dessen An»«
steckungsgefahr den A lternden auch im H inblick auf Fried*
rieh und Vicky schreckte, H erberts N eigung in englische Lebenshaltung behagte dem Vater, die A nglophilie des Krön*
prinzenhofes dem Kanzler n ic h t; und in seiner Rechnung stand England als die den Russen feindlichste M acht, die uns, wie in Fritzens Tagen, auf dem Festland als ihren Degen miethen u n d schwingen w o l l t e . Starre Formel: D er einzelne Eng
länder ist ein angenehm sauberer G entlem an, die Politik des
96 Die Zukunft,
Inselreiches aber m eist die fröm m elnder Krämer. Ist D ir nicht aufgefallen, daß er, der doch so gern durch H istorienschlucht kletterte, fast nie in englische Geschichte a b b o g ? D avon w ußte er nicht viel. Keine V orstellung von der W ucht, den Schöpfer** und V ernichterkräften des British Empire. D er Ge*
danke, gegen England Krieg führen zu m üssen, streifte ihn nicht. D aß wir, m it Kohle als einzigem reichlich m ünzbaren Erdschatz, auf das W ohlw ollen des britischen Seewächters angewiesen seien, w ußte er; un d hätte den Plan, m it dem Schwert sich den W eg in H errschaft über die Rohstoffe zu bahnen, „dum m es Z eu g “ genannt. W eil er m onologisch lebte, ganz in seine Vision eingesponnen, entging dem aus T raum glotzenden A uge oft W and el der D inge, den der Blick der D utzendeinfalt sah. Polen blieb ihm, als es längst eine ungem ein regsame G entry hatte, Slachta* und Bauer*
land ohne M ittelstand. Britanien, wie es unter Peel, spätestens u n te rD ’Israeli gewesen war. Dessen A usflüge in rom antischen Sozialismus hielt er für Schrullen. D a ß die D om inions immer fester m it dem M utterland verwuchsen und daraus W esen u nd W eltgew icht w urde, h at er eben so wenig gemerkt wie die E inw irkung der südafrikanischen G oldgräberei in die S tru ktur des G esellschaftkörpers. G ar Sozialismus war ihm, der P roudhon, Fourier, M arx, O w en, Bakunin, Blanqui und deren N achfahren nicht kennen wollte un d Lassalle als stoß*
kräftigen W id d e r gegen die lästig quengelnde Bourgeoisie b en u tzt hatte, nu r der begreifliche, den Staat aber m it Lebens*
gefahr bedrohende D rang nach dem G eldschrankschlüssel.
Sagst richtig: Er war 1815 auf einer m ärkischen Klitsche ge*
boren w orden; könntest hinzusetzen: U n d ist, wie Goethe, m it B ew ußtsein auf einer bestim m ten Lebensstufe stehen ge*
blieben. A n Allem schuld? Blech. Das erste U nglück war, daß Friedrich nicht zu Regirung kam. Seine Frau, in der ein Zw ergdäm on hockte, hätte die deutsche Politik in Gewöh*
r u n g a n westliche Lebensart gezwungen, entrußt, entborußt.
D ann saß oben Einer, der sich zwanzigmal täglich die H and küssen ließ u n d nichts „U nangenehm es“ (er schnarrte das W o rt in zwei Silben) hören wollte. In jedem Sinn Zog*
ling W aldersees, von dem die Kaiserin Friedrich zu Hohen*
M o r i t z s c h r e i b t weiter 97 lohe gesagt hat, er sei ein gewissenloser Kerl, der, um seinen Ehrgeiz zu füttern, das V aterland dem Verderben aussetzen w ürde. Seit dem zweiten Friedrich W ilhelm war die Sorte nicht m ehr bis in die Sonne gestiegen. W eil der ewige W echsel von V orstoß und Rückzug, G eprahl u ndG eschluchz den A llerhöchsten in den R uf eines H asenfußes gebracht hatte, konnten wir, nach Flottenbau, Bagdadbahn, Buren»»
depesche, T ürkenverhätschelung, M arokko, den Frieden nur noch dadurch erhalten, daß wir über die G renzen riefen, man möge sich vor dem W ah n hüten, D eutschland werde unter allen U m ständen vor K riegsdrohung einknicken. A uch dar*
aus flimmerte G efahr. A ber B lindheit galt als Ehrensache.
D a ß ein M ann von Bismarcks T radition nu r noch im T on von Verachtung und A bscheu über den Rex Im perator sprach, war doch wohl W arnung. D aily Telegraph, Fall Phili*Tütü, Lippe, Tanger, A gadir, C adinen: Alles w urde, Höfisches, Staatliches, im A ufschw ungsjubel verziehen. U n d ich gebe n u r Pröbchen aus einer ellenlangen Liste. Als sein Kredit und der seiner Leute bis in K leingeld erschöpft war, strampelte ihr H erz nach einem H äppchen Prestige. A us Bel* und Petro*
grad wollten sie die neue, verm ehrte und verbesserte Auf*
läge desbosnischen Lorbers holen. D am it die hem m unglose Laune Serenissimi das Spiel nicht störe, wird er auf die Reise geschickt. Als ihn Furcht zurücktreibt und er das in der Schwarzen Küche glim mende Feuer löschen möchte, dämp*
fen auch die Ruhm süchtigen in den A kten die G lu th ihrer M ahnrede; lassen zugleich aber Szögyenyi un d Tschirschky emsig die Blasbälge brauchen. (D er alte M agyar und der vom G roßfürsten W ladim ir im Festsaal des Zars gekränkte Sachse sind einig im R ussenhaß.) Sucht die Gescheiteste noch immer den Q uell unseres U nheils?
H aiti D ies soll, kann, darf nur N achtrag zu der Epistel vom V ierzehnten werden, also nicht ins Breite überschw ippen.
E ntbinde, Schwester, den greisen Pflegling der Pflicht, über die Schutzschriften un d Erinnerungen unserer H eroen a. D . ein kräftig W örtlein zu sagen. Ein häßliches Spectaculum.
Einer schiebt dem A nderen die Schuld zu. Keiner erkennt, bekennt eigenen Fehl. A lle schelten das Volk, das, als Ge«
98 D ie Zukunft,
sammtheit, doch tausendm al m ehr als die löbliche Befehls
haberei geleistet h at, un d jeder Feldhäuptling wischt sich die Stiefel an der H ose der D iplom aten ab, deren Sünden#
last neben der von K riegsführern gehäuften doch leicht wie ein Flöckchen wiegt. (D en n Brest un d Bukarest, bedenk’
es wohl, w ar das W erk der O berslen H eeresleitung und die von po or Zim m erm ann gezeichnete Carranza#Depesche, wie die grüne Felduniform der dem A A Z ugehörigen, Erfind#
ung Seiner A rrogantischen M ajestät ) Geschichte, deren Bau#
stoff aus diesen Büchern käme, m üßte dem Scheusal Sykorax ähneln. E inverstanden, d aß T irpitzens W u rf weitaus der beste ist. D ie Briefe aus dem G roß en H au p tq u artier wer#
den als M onum ent von unserer Zeiten Schande nicht ver#
wittern. A uch vorn manches richtig Gesehene. „A dm iral Sey#
m our hat zu einem deutschen W affengefährten gesagt: ,Ih r D eutsche seid sehr vorangekom m en; wenn Ihr es uns nur nicht immer unter die N ase reiben wolltet!* W ir bliesen Fanfaren, die unserer Lage nicht entsprachen. D ie schlechte G ew ohnheit effektvoller Eingriffe, von Shim onoseki, der Krügerdepesche, M anila, über die C hina#E xpedition und T anger bis A gadir, führte zu dem stüm perhaften Schluß#
giied der M ethode in dem U ltim atum an Serbien vom Ju li 1914.“ A llerlei eben so scharf Gepfeffertes. Ein dickes Ta#
lent m it prächtiger Sprenkelung. A n seine H eilm ittel, See#
schiacht und frühen Tauchbootkrieg, glaube ich nicht, ein Schock seiner A ngaben ist leicht zu widerlegen und das allgemein Politische fast so tief unter der Schwelle ern#
ster Erörterung wie in dem W älzer, der dem R u f des Land#
Strategen so arg geschadet hat. D er A dm iral ist vom Q ualm seines Britenhasses stockblind; Piraten, G auner, Schur#
ken: da staunt der Fachmann und der Laie w un dert sich.
Eher begreiflich ist dieser H a ß in dem H errn Shaw, den D u als T ank in m eine Stellung vorkurbelst. Ire, Herz#
liebchen; dem Engländer drum so zärtlich wie ein Urczeche nordböhm ischen Trutzgerm anen. O bendrein Sozialist, Iro#
niker, V erehrer deutscher T o n k u n st (aus M usikkritik wuchs ihm der erste R uhm ), seit H eine Europas witzigster Kopf, doch unserem Lichtenberg ähnlicher als dem serr.drehen
/
M o ritz s c h r e i b t weiter Q9 d\ristophaniker, auf D eutschlands Bühne froher als in seiner H eim ath b eg rüß t; und in dem Odem , den er K andida und
^Cleopatra einblies, ist ein H auch aus Dic^tersseele. Ver*
stehst, daß ihn immer gern lese, doch sein Politikum nur m it etlichen Salzkörnern verdaue? M anchm al ein verblüff fend klares N egativ von M enschlichkeit; manchmal der Totengräber, der prinzliche H o h eit m it Silben zerstichelt.
Sein Fabrikm erkm al, poncif ist H eldenentlarvung. (N u r vom H elden, niemals vom Kam merdiener, w ird der H eld aner«
k annt: abermals G oethe) Caesar, Bonaparte und m inder stattliche Knirpse m ußten ans M esser. D a ß der Britenlöwe auch nur von einer Katze geworfen wurde, verrieth der Spitzig*W itzige uns m it Behagen, das sich gern in W ieder»
holung räkelt. In den G lossen, die m ir vorhieltest, ist G rey ein betriebsam er Fant, A squith ein tüchtiger H otelportier und das aus freiem W illen in beliebigem Z eitraum neutrale G riechenland dem neutralisirten Belgien im Rechtsstatus gleich. W ir wollens nicht allzu ernst nehmen. D ein Zeuge nennt den Krieg ein Verbrechen gegen die M enschheit; sagt, daß ohne einen Bund, der die V ereinigten Staaten, Groß*
britanien, Frankreich und D eutschland umschlingt, nicht Friede werden kann; und m ahnt die H errschenden, nicht zu vergessen, daß überall jetzt Leute w ohnen, die in Nah*
kam pf mit Bayonnette und H andgranate geschult sind. In dem England, das Lügner oder Belogene uns von dem grau*
samsten D ik tato r geknebelt zeigten, durfte der Ire laut das Härteste, Bitterste aussprechen. W ir m ußten schweigen oder uns in leise A nd eu tu n g beschränken. U n d aus dem M unde der besiegten M ilitaristen h ö rt das deutsche Volk nun Straf, predigt: weil es zu früh erschlafft sei. M einst, daß Briten, auch nur Franzosen so dreisten T o rt einstecken, für die Rüge gar noch ein großes Stück G eld zahlen w ürden?
W äre das Ziel dieser Bücher n u r die E ntlastung der ange*
schuldigten Verfasser, dann kön nte man höchstens bedauern, daß D eutsche die W iederaufnahm e des Verfahrens nicht so geduldig, so gründlich b etrieben wie Frankreichs Ollivier mit dem leichten Herzen. A ber sie wollen m ehr: reuige (Rückkehr in M iiitärm onarchie; Eingang für H errschaften
JOO Die Zukunft
durch die G arnisoiikirche „unseres alten deutschen Hen>
gottes“ , comme dit l’autre. U n d Das, Trautste, pelzt m ir die Zunge. W eil nur in O rient, auch in R ußlands kaltem, N atu r ohne V erstauchung Sprünge macht, war ich noch im vorigen O k lo ber für den Versuch mit parlam entarischer Re*
girung unter kaiserlicher Firma. Sagte, ju st am Lukastag,, dem in alle Sättel gerechten Clem ens D elbrück (trotzdem schon Feldgraue den aus dem Z u chthau s entlassenen Lieb*
knecht über d ieT reppe des A nhalter Bahnhofes auf dieStraße*
den Leiterwagen d e sT riu m p h ato rsg etrag en h atten ),d er Kaiser könne das W esentliche noch retten, wenn er, statt in Belle*
vue höchst unköniglich zu latiren, die Theatersonne an seinem Fortuny^H im m el ausdrehe, den Pappnim bus wegwerfe und m it w ürdiger H an d lu n g sich der N atio n zu Unglücksge*
meinschaft verlobe. N u sc h t für A llerhöchstdenselben. In dem m it M aschinengew ehren gespickten Sonderzug rückte er aus. Von M oabit nach Spaa, von Belgien nach H olland.
W a ru m ? N iem and hätte ihm das ond u lirte Scheitelhaar ge*
krüm m t. „H o ch auf dem Bock m it der Trauerpeitsche der weinende K utscher: so w ird der deutsche M onarch einst zum Richtplatz g e fü h .t un d unterthänig guillotinirt.“ N u r in Heines frechstemVisiönchen. Ist nicht des AdlerlandesBrauch.
N ich t Einen aus dem V iertelhundert G ekrönter hat G ew alt vertrieben. P urpu r, Stirnreif, Szepter und Apfel waren plötz*
lieh, wie eine ausgeschälte, betröpfelte^ A uster, von Chro<*
nos verschlungen. Schriebst sehr fein, da in solchem Krieg nirgends ein F ürst von Eigenw erth, müsse man M onarchie alten Stils wohl einurnen. (N irgen d s auch über meistere licher Technik ein Feldherr großen Form ates: mach D einen Vers drauf.) Jetzt zurück? D as gäbe ein Unglück, neben dem das von gestern K urzschluß oder anderes Alltägliche schiene. W enn einmal gelacht w orden ist, kann selbst Atri*
dentragoedie nicht m ehr w irken. Bist etwa sicher, daß nicht versucht wird, sobald W in terstu rm in neurasthenischer In*
d ustriestadt als V orw and eine Staubwolke aufw irbelt? D er H o h e Rath von Paris, an Unrechter Stelle rauh, hat die Klau*
sei verschwiegen, die für die D auer derG ebietsbesetzung den Friedenszustand unlösbar an R epublik knüpft. Bauer und
M o r itz s c h r e i b t weite r
B ürger sind enttäuscht, verängstet, angew idert; und haben W affen und M unition in M enge. N eu n Z ehntel der Jugend werden, auf H öheren und H oh en Schulen, in Kirche, K ontor u nd Tanzsaal, wacker in N ationalism us gedrillt. N ich t nur Potsdam knickst wieder, wenn irgendein Joachim , A ribert, Jasom irgott vorbeizurasseln geruht. A u f jeder Straßenbahn kannst Pour le M erite, M onocle, K ronenknöpfe sehen. D ie Ehehälfte, die aus dem Karm esintuch ihres G eneralstäblers eine Bluse schneidern ließ, ist schon nicht m ehr zeitgemäß.
In Sanssouci prallst D u auf angeklebte Erlasse des Kaisers»
liehen Hofm arschallam tes. U eber T hürklingeln findest, nicht nur an Havel und Spree, inSchw arzw eißroth dieM ahn un g zu Bereitschaft für den Tag, der einst kom men wird. U n d kein amtliches W örtchen w iderspricht all dem Papier, das die Herr*
lichkeit verschütteter Z eit bezeugt un d das Leid von heute als die über A btrünnige, über Rebellen verhängte Strafe malt.
D ieN ationalversam m lung hilft aus d e rN o th ? U rsprung und Führung des Krieges, Friedensm öglichkeit und Rechts*
bruch soll erm ittelt werden. Sechs Ausschüsse. U eber acht*
h u n dert U rk u n d en (A bschreckungversuch?); Zeugen; Sach«
verständige; Ö ffen tlic h k e it, die n u r von der „Rücksicht auf N eu trale“ beschränkt ist; bis in die geheimste Falte („u n so“). Vor neun M onaten schrie jeder Kenner der Welt#
Stimmung nach solchem G ericht. H ätte es anderem Frieden die Einzugsglocke geläutet. W äre auch das G edächtniß frischer gewesen. Seitdem sind n u r Schleier geklöppelt wor*
den. Zw ei Stunden nach V erdachtsoffenbarung ist die Mord#
kom m ission am O rt des Leichenfundes. D reihundertachtzig Tage nach dem Entschluß zu W affenstreckung beginnt das E rm ittelungverfahren; und noch fehlen die A kten derM ilitär*
u nd M arinebehörden. D och besser spät als niem als; un d mit Fug darf man sagen, daß nicht in A bsicht auf Vortheils*
erlistung gebuddelt wird. D er gute W ille aller, der Scharfsinn m ancher Richter steht nicht in Zwielicht. Ist ihnen auch A ufgabe und Vermögen klar b e w u ß t? U eber Loewen und Lille, M ädchenverschleppung und M ännerverfronung, Serbien und Rumänien, D iebstahl und Schiebung, Stickgas und L uftbom bardem ent wird alles N othw endige ja noch
festzustellen sein; in öffentliche V erhandlung können die W estregirungen jeden T ag ihren Beweisstoff einbringen;
und nu r dadurch w ürde der Ertrag des Verfahrens haltbar.
U m das W ichtigste, die Genesis, ist der dichteste N ebel gedünstelt w orden; dichterer noch als um unsere Schiffe vor dem Skagerrak. H ier, N ationalversam m lung, D eutscher Konvent, m u ß t D u selbst D ir „R ichtlinien“ vorzeichnen.
O b Berlin oder W ien, Paris oder London zuvor sich bedroht glaubte, d ort H erausforderung, hier E inkreisung schreckte, ist nicht Ziel D einer Erm ittelung. D as Licht D einer W eisheit leuchtet w eder bis in die Finsterniß des Trojanerkrieges noch bis zu Skobelew und Boulanger, MarschalI*Krüger,Delcasse*
Prinetti zurück. H astauch nicht zu p rü fe n ,o b e in M inisteroder Staatssekretär in dieser, in jener Stunde klug oder dumm war, auf Gew issen oder A pplaussucht horchte, die Kriegsgefahr m inderte oder m ehrte (T o n und Blick, die der fremde Bot*
schafterhörte und sah, leben nicht in den A k te n ); eben so wenig, o b der russische G eneralstabschef in der dritten Juliw oche 1914 wissen konnte, daß seit dem A b lauf der ersten seine Berufsgenossen in Berlin und W ien m it der V orbereitung -des den Kriegsherren möglich scheinenden Feldzuges gegen R ußland beschäftigt waren, und sich deshalb zu Beginn der M obilisirung verpflichtet wähnte. D aß schon ein im M etier H eim ischer nicht, mit den D epeschen G reys und N ikolais, zwei H aupttreffern, in der H a n d , zwei K riegserklärungen an G roßm ächte abgefeuert hätte, ist außer Frage. W as ge*
schah, um vor Einsetzung deutscher V olkskraft Serbiens H o f und R egirung als M itschuldige der M örder von Sarajewo, z weier Oeste^reicher, zu erw eisen? W ann wurde der anstößige Inhalt, wann der W o rtlau t des U ltim atum s in Berlin be»
kannt und war danach Frist, das eine, freundlich bestim m te W ort, das O esterreich*U ngarns Rachedrang sofort gebrem st hätte, durchs Telephon zu ru fen ? H a t im Juli und A ugust 1914 R ußland, Frankreich, England Krieg gew ollt oder haben ihre M inister alles zu Friedensw ahrung irgend Erdenkliche gethan? W ar also der Krieg, der dennoch ausbrach, von Ver*
schwörertücke uns aufgezw ungen? Präventivkrieg oder U eberfall, in dessen N o th jedes G e b o t des Rechtes un d der
'102 D ie Zukunft
M o ritz s c h r e ib t weiter 103 Sittlichkeit verblaßte? Sollte die Anzeige von U eberfall und
N o th sta n d n u r, fürs Erste, von dem Einbruch in Belgien entschuldigen, dessen N eutralität von Preußen vorgeschlagen»
von D eutschland verbürgt war (un d dessen Festung Lüttich doch O berst Ludendorff, wie der G eneral in seinem Buch ruhig erzählt, „schon im Frieden** auf G eneralstabspapier sturm reif zu m achen hatte)? D iesen G rundfragen hat, vor dem O h r und dem A kten h ort der W elt, unser erster Paria*
nientsgerichtshof d ieA n tw o rt zu finden, n ich tH irn , Herz und N ieren deutscher, befreundeter, verfeindeter Staatsmänner und Generale zu prüfen. (Franz Joseph und N ikolai, Szögyenyi u n d Tschirschky sind aus Him m el oder H ölle unabkömm*
lieh.) A ller Schwatz von „auch Schuldigen“ m uß vor dieses G erichtes Schranke verstumm en. H eim lich etwa für später geplantem Krieg war mit den W ehrm itteln wachsamer Poli»
tik vorzubeugen und im Fall des M ißüngens in stärkerer So*
zietät zu begegnen. Schmählicher U eberfall oder nicht: that is the question. Nach der V erneinung hätte der erlauchte Aus*
schuß die Pflicht, auszusprechen, daß niemals und nirgends ein aus eigener Kraft reif gewordenes Volk so niederträchtig belo*
gen,in so schwer d urch d rin g lich em T ru g d u n stau f dieMassen*
schiachtbank gezerrt, in Elend und Schmach gerissen w urde.
D as wäre entsetzliche W ahrh eit; imm erhin: W’ahrheit.
Ists vier Fünfteln der M enschheit lange schon. D ie aber sind, weil w ir nichts zugaben u n d in trübem W asser m it Einkreisung u ndS uchom linow krebsten, überzeugt, daß Alles abgekartet, gew ollt und die Sprecher der N ation im Hehler*
geheim niß waren. N ein. Zwei m attgesetzte Kaiser fürchteten, als feig verrufen zu werden. (D er Jüngere hatte oft bram sig gekräht: ,,In zwei Jahren schlage ich los.“ W ie N estroys Knieriem: „ W an n i amal anfang’l I fang’ aber net an.“ W ie das Barbierschild im Fabelsevilla: „M orgen wird gratis rasirt.“ ) Excellente Flachköpfe ersehnten ein K ränzlein und schworen drauf, daß große Politik nur, jenseits vom T üm pel ihres Ethos, mit R oßtäuscherkniffen zu leisten sei. A ls den Schwächlingen unter H erm elin und Kammgarn die Höschen feucht wurden, war die nationale, die militärische Ehre (oder welche Falstaff sonst auf der Pfanne hat) schon engagirt.
104 D ie Zukunft-
Los also die Schwerter! N icht mal Beth* un d Zim m erm ann haben die Aermel aufgestülpt und sich zu M etzelei bereitet.
N ie. Ihr lächelnder M u n d schrie, ihr grünbleicher stotterte:
„B lutf!“ W as Bülown, nach der D äm pfung W ilhelm s, gelun*
gen war, m ußte, wenn sie das D in g hinter dem breiten Rücken desK aisersdrehten,auchD enengelingen,dieindem FIottbecker den Kreator ihrer berlinischen und römischen G lorie haßten.
„M eine Stellung war vor dem Krieg eben zu m iserabel,“
wim merte T h eobald; und bekennt in seinem Buch weiner#
lieh bieder, daß ers anders gemacht hätte, wenn R ußlands und Britaniens Eingriff zu ahnen gewesen wäre. D er Vei>
dacht m oralischer Schuld schw indet erst, wenn die politische Schuld nicht m ehr geleugnet wird. A us Taperei, H oh er Rath, ist, in derT rop enzo n e des M ilitarism us, T ragoedie gew orden.
U nsere Staatsgenossenschaft, die für allerlei Brim borium G eld hat, soll neben dem Wissenschaft#, Arbeit?, Aufbau«, Schatz?
m inisterium eins für V olksaufklärung einrichten. Schleunig.
D as beschreibe volksthüm lich dem Volk, wie das letzte Ge»
sicht unserer M onarchie war, aber, bitte, m it allen Pickeln u n d W arzen. D as erzähle, was war und was ist; wie der Krieg begonnen un d warum er verloren wurde. Das wider#
lege die W älzer und Traktätchen, die der Einfalt verschüttete, doch n u r scheintote Seligkeit vorgaukeln, und zerbreche die Spiegel, deren G las die W eide gottähnlichen D ünkels ist.
D as schlage aus dem Fels der W ahrhaftigkeit Feuer und sende die Flamme der H offnung weit ins Reich hinaus. Sonst (A d o lf solls hören) geht die R epublik in die Binsen.
M it ganz anderer W u ch t könnten wir auf festem G run de dann zu den Siegern sprechen. D ie N ote, die uns um Ab*»
Sperrung des B olschew ikenrußlands ersuchte und aus der ein K ünstler (nicht ein W o rtjo n g leu r) viel machen konnte,ist von A m tes wegen noch nicht, von U nabhängigen, K om m unisten, Syndikalisten m it begreiflichem W uthschrei beantw ortet w orden. W ird wohl den N eutralen zugeschoben. Schade.
H ier war was zu sagen. V erpaßter A nschluß. D er M inister fürs A usw ärtige ließ gewiß oft die „internationale, revolu*
tionäre, Völker befreiende Sozialdem okratie“ leben. Treibt er jetzt nicht m ehr internationale P o litik ? W er, M agister
Moritz schreibt weiter 105 o der Personalien*Schüler, ihm andere empföhle, m üßte recta nach Caracas oder G erolstein. N u r keine „ O rien tiru n g “ noch Pfiffigkeit aus ähnlich dufter Kiste! O ccidentirung oder ein*
sam in Frost. Ein R ußland, m it dem irgendw ie zu rechnen wäre, ist noch nicht in Sicht. Y udenitsch in Petrograd w ürde den Bolschewiken keine L ebensgefahr; er un d seine Konsorten m üßten ihnen die Sorge für drei V iertelm illionen Hungern#
der abnehm en. A erger fü hlbar w ürde D enikin als G ebieter des ukrainischen Korn# u n d Viehlarides. A berU ljanow #Lenin ist, wie andere Zaren, in Kasan stärker als in M oskau, ge#
w altig in Smolensk, unüberw indlich am U ral. Laß Dich, Re#
publikanerin, nicht etwa in Leichenjubel über den H ingang der Sowjets verführen. Sie sterben schon bald zwei Jahre lang; u nd werden in N ähe und Ferne noch höllisch unsanfte . Lebenszeichen geben. D as M anifest der D ritte n Internatio#
nale war eins. „V ereinigt Euch, A rbeiter u n d A rbeiterinnen aller Länder, zum Kam pf gegen Ständevorrecht, den bürger#
liehen Staat u n d das bürgerliche Eigenthum , gegen alle For#
men nationaler u n d sozialer K nechtung unter dem Banner der kom m unistischen Internationale der T h at.“ Sogar die Kolonialsklaven Asiens und Afrikas werden aufgerufen. Eng*
land w ird von Basra bis Bom bay den W id erh all spüren. D er Bolschewismus hat die zähsten W ü h ler un d seine K erntruppe stürzt sich in M artyrien wie ins D am pfbad. D a Deutsch#
lands H eeresleitung un d Regirung das Pflänzchen im portirt hat, dürften wir auf die E ntw ickelung seit 1917 stolz sein.
N u r dankt uns die W e lt auch dieses Gewächs nicht gerade innig. Erneutes B ündn iß m it einem russischen „R eich“ , Brücke nach Japan: N arrenchor aus der H exenküche; und unser Rum m el in den O stseeprovinzen der gröbste U nfug.
W e n n m ir U nter den Linden Offiziere m it Russenkokarde begegnen, w ird m ir übel, als hätte ahnunglos M argarine ge#
löffelt; die ewig von Z o rn über E ntehrung Schäumenden scheint es nicht zu verdrießen. G esegnete M ahlzeit. Ver#
nu n ft blickt heute nach W est. V ernunft w ürde U nsinn, wenn nicht morgen, endlich, G espräch m it W est begönne. Ist genau so lange versäum t w orden wie Parlam entsgericht u n d Volks#
aufk läru n g ; und aus diesem Z au d ern w ucherte die ärgste Ge#
106 Die Z u k u n f t
fahr. Ist kein G eneral oder Civilvertreter des H ohen R athen erreichbar, dann m üßte von allen T hürm en geschrien, ge«»
läutet, gefunkt werden, daß es auf dem W eg, dessen Lehm u n d Pfützen wir seit Frühjahr durchw aten, nicht weiter geht, Ce eher Clemenceau vermag noch M anches; von W irthschaft, Finanz, Gesellschaftbau, V olksbedürfniß in Physis und Meta*- physis hatte er nie einen Schimmer. All die w ürdigen H erren m üßten sich, wie selbst M ahadöh that, von goldenen Tischen zu A bstieg ins N iederland armer M enschen bequem en. Danrv
; erst w ürden sie merken, daß in ihrem N am en D rachensaat ausgestreut w ird. Oesterreich hat nichts zu essen, zu feuern, zu zahlen. Seine Krone gilt kaum noch fün f Schweizerrappen und ihm wächst weder Kohle noch so viel Korn, wie Noth*
■ d ü rft fordert. In G raudenz u n d anderen deutschen Städten fließen die T hränen breitstäm m iger M änner, heult A lter und Jugend in Schauder vor dem Einzug der Polen auf, die, fürch*
ten Alle, M ißh andlung nicht nazarenisch vergelten werden.
D er A nblick des Leides m üßte R obusteren den Schlaf mor*
den.U ns b rum m tm an fürsO kkupantenheerK osten auf,diedas D eutschland der fetten Pharaonenjahre nicht tragen könnte, un d zwingt die Regirung (die sich an Schloß, M arineam t, H errenhaus, N eues Palais nicht wagt), immer w ieder für Frem dm issionen die üppigsten H otels zu miethen. W ars so gem eint? D an n erntet ein Lenin von den Feldern, die h a s tig e r.
Eifer der Allies et Associes bestellt hat. So wars nicht ge
meint. O hne freundliche Internationale, die Keinen entrech*
tet, Keinen der Rachsucht ausliefert, w ürde der Friede Po*
panz, der V ertrag ein Zw inger m it halb schon durchfeilten G itterstäben. Diese Internationale D erer, die M enschen sein wollen, w ird; oder die D ritte. Redet, Ihr in der Wilhelm*
straße, statt aus der Preßluke zu schimpfen. Saget, was ist.
Ich glaube an neue W elt. A ber nicht, daß sie uns, w ährend wir saufen, Bac spielen, Fox trotten, SeidenmädeL oder W ollgeschäfte schieben, zu W eihnacht gebacken wird.
U n d D u ? Bietest, ganz im G eist eines Satansadventes, f ü r G lauben M ehl un d malst neben Sankt Lukas
Moritr.,
O b e r s c h le s i e n 10?
Oberschlesien
| eographisch ist O berschlesien das im C entrum M itteleuropas gelegene A^orgelände der G ebirgszüge der S udeten und Beskiden.
Seine natürliche L ebensader ist die W asserstraße der Oder, die es durch die deutsche T iefebene an die O stsee anschließt. V on dem?
W assergebiet der W eichsel im O sten trennt es das w eite und w asser- arm e H ochland des polnischer. Juras. Vom W assergebiet der D onau und' ihrer N ebenflüsse im Südw esten und S üden w ird O berschlesien durch den erheblichen, aber w asserreichen G ebirgszug der B eskiden getrennt,
G eologisch ist O berschlesien ein sudetisches L and. Es b irg t io seinem Innern das größte S teinkohlenvorkom m en C entraleuropas und:
bildet m it dem m ährisch-schlesisch-w eslgalizischen S tein k o h len rev ier eine geologische Einheit. A u f den oberschlesischen A ntheil dieses- S teinkohlenvorkom m ens entfallen ru n d 114 M illiarden T onnen ab b a u w ürdige Kohle, davon 60 bis 80 M illiarden in der ersten Teufen
stufe "bis 1000 m. D er m ährisch-czechische A ntheil um faßt insge- sam m t ungefähr 10 M illiarden T onnen, der w estgalizisch-polnische 20 M illiarden T onnen V orrath in den ersten Teufenstufen Neuere.
A ufschließungen haben jedoch eine viel größere M ächtigkeit des galizischen R eviers ergeben. D em F läch en in h alte nach beträgt der galizische A ntheil des S teinkohlenbeckens 45, der polnische 6 und- d er oberschlesische 49 Prozent.
E thnographisch istO berschlesien d asL a n d , in dem die völkischen- A usläufer den G erm anen, Polen, Czechen, M ähren und Slowaken, aufeinanderstoßen. D ie w achsende Industrie h at außerdem V olks
splitter der verschiedenartigsten N ationen ins L and gezogen. H eirath, gem einsam e w irthschaftliche, kulturelle und religiöse Interessen haben
•ein festes Band um die B evölkerung (2,2 Millionen) geschlungen und ih r kein deutlich nationales, sondern ein m ehr in ternationales Gepräge:
gegeben. Im K ulturniveau hebt sich diese B evölkerung am Schärfsten von der K ongeßpolens und G aliziens ab. Die S prache ist deutsch (900 000), polnisch (1,1 Million) und in T heilgebieten m ährisch. Die S prache der Intelligenz ist fast durchw eg deutsch, die des Volkes zu etw a 54 P rozent polnisch, doch m it starken deutchen S prach- kenntnissen. F ü r den deutsch und polnisch sprechenden O ber- 3chlesier bedeutet der S prach u n tersch ied kein T rennungm om ent inj dem Zusam m engehörigkeitgefühl. D er U nterschied zw ischen einem W estdeutschen und einem deutschen O berschlesier ist fast eben se>
groß wie der zw ischen einem p olnischen.O berschlesier und einem G alizier o der K ongreßpolen. D ie K ultur ist d u rchw eg deutsch. Irg en d w elche aennensw erthe fam iliäre o der historische und kulturelle Bande:
108 Die Zukunft
m it Polen bestehzn nicht; nur auf religiösem G ebiet m acht sich ein p oln isch -m y stisch er E m pfindensgleichklang bem erkbar. Die O b er
schi csier sind überw iegend katholisch, nur der K reis K reüzburg ist zum großen Theil evangelisch.
D er historische und der w ir ts c h a f tlic h e W erd eg an g sind eng Terknüpft, weil sie einander bedingen. Um das J a h r 1000 w ar O b er
schlesien ein polnisches L and ohne jegliche w ir ts c h a f tlic h e B edeu
tung. Seine allm ähliche E ntw ickelung als D urchgangsland für den deutsch-böhm ischen und d eutsch-polnischen H andel, der sich seinen W eg dem O derlhal nach bahnte, w eckte früh den D rang n ach S elb ständigkeit in schlesischen und oberschlesischen P iasten. Im vier
zehnten Ja h rh u n d e rt findet O berschiesien den A nschluß an die d a m als w ichtige W irthschaftstraße D eutschland-B öhm en dadurch, daß seine Piasten sich der K rone Böhm ens unterstellen, m it der sie dann zur habsburgischen H ausm acht kom m en. So fällt dann auch in das sechzehnte Ja h rh u n d e rt die erste Biüthezeit des tarnow itzer Bleierz
bergbaues. D er V ersuch der H absb u rg er, die schlesische W irthschaft n ach der A dria abzulenken, führt zu latentem T rennungstreben der schlesischen F ürsten, das die schlesischen K riege des achtzehnten Jah rh u n d erts vorbereitet. Sie bringen O berschlesien an Preußen. D a m it eröffnet sich ihm sein natürlicher Zugang ins Meer. D ie S chranken, die seinen A ufschw ung hem m ten, sind gefallen. Seine W irthschaft entw ickelt sich in im m er erh eb lich eren S prüngen. Schon 1804 giebt
■es 49 H ochöfen, 158 F risch- uod 1 Löschfeuer, 1 C em entstahlw erk, 2 Raffinirhäm m er, 13 S ch lackenpochw erke in O berschlesien. Schon w erden 400 000 C entner R oheisen und 240 000 C entner Stabeisen produzirt. 1 8 2 5 s in d 2 7 Zinkhütten in B etrieb. D en eigentlichen A uf
schw ung O berschlesiens b ringt das B ündniß D eutschlands m it O ester
reic h -U n g a rn , das O berschlesien auch die W irthschaftw ege n ach den D onauländern öffnet. Um die W ende des neunzehnten Jah rh u n d erts ist O berschiesien das w ichtigste Industrierevier M itteleuropas, das allein 45 M illionen Tonnen K ohle und 4V2 M illionen F aß Cemenl jäh rlich produzirt. Im Jah r 1913 sind 63 K ohlenbergw erke, 10 Eisen- -erzgruben, 22 Zink- und Bleierzgruben, 17 Koks- und C inderanstalten,
•4 B riquettefabriken, 9 H ochofenbetriebe, 24 Eisen- und S tahlgieße- ■ reien und allerlei V erfeinerungw erke, 16 Z inkhütten, 8 Zinkblech-
■valzwerke, 2 Blei- und S ilberhütten, 10 P ortlandcem ent- und 30 K alk-
■werke, 12 P apierfabriken, 2 E lektrizitätw erke und eine A nzahl che
m ischer W erke, Ziegeleien, C ham otte-, Textil-, P orzellan- und G las
fabriken in rastlosem Gang.
Die nach D eutschland h inneigende w irts c h a ftlic h e Entw icke- ilung O berschlesiens hat auch der K ultur ein deutsche G epräge £?-
O b e r s c h le s ie n 109
geben. In S itte n und L ebensg ew o h n h eiten ist der O berschlesier deutsch m it geringen slavischen E inschlägen. S chon 1827 gab es 720 rein deutsche und n u r 70 o b ersc h lesisch -p o ln isch e S chulen. D ie e rste polnische Z eitschrift w ar die 1842 in P leß erschienene „T ygod- n ik polski pow iecony w loscianom “ ohne p olitischen C harakter. 1847 er
klärte der oberschlesische A bgeo rd n ete W odiczka im V ereinigten L and tag e: „ W ir O berschlesier w ollen n u r als deutsche B rüder, als P reußen angesehen und beh an d elt w erd en .“ Im Ja h re 1901 erklärte der A bgeordnete V on Jasdzew ski noch als S p rech er der p ol
n ischen F rak tio n im P reußischen L an d tag , daß die A gitation in
■Oberschlesien w ir ts c h a f tlic h e n C h arak ter trage, an der die Polen in k einer W eise betheiligt seien. A ll D ies bew eist nur, daß der O ber
sc h lesier bis etw a in die vierziger Ja h re des neunzehnten J a h r hunderts im W esentlichen oberschlesisch dachte und fühlte. I n d e n Ja h re n des bism ärckischen K ulturkam pfes w ird auch O berschlesien zur W alstatt der p rotestantischen und katholisbhen W e lta n sch a u ungen. Die k atholische Intelligenz, insbesondere die G eistlichkeit, geräth in O pposition zu der p rotestantischen R egirung. Seitdem gilt sie als verdächtig. K ard in a l K opp ü b erk le b t m ühsam den Riß. D ie R egirung hat jed o ch kein V ertrauen m ehr. D er W iederholung solcher unziem lichen O pposition muß vorgebeugt w erden. N un erscheinen -auch die ersten großpolnischen P ioniere auf dem P lan. Je d er w ich
tige P osten w ird m it evangelischen B eam ten aus deutschen, m eist n ic h t einm al schlesischen G egenden besetzt. Das gilt bis zu den S tellen der G endarm en und A m tsd ien er: „ L o y a litä t“ und gew isse
•^.völkische G aran tien “ rechtfertigen die Zurücksetzung d er P arität und des eingeborenen O berschlesiers. D ie P rivatindustrie m uß an
•dem selben S tra n g ziehen. D ie L eute, die sich in einer S tellung in O berschlesien aufopfern, w erden für ih re oberschlesischen K rieg s
ja h re in der C arriere entschädigt. K atholischer G laube und pol- nischerN am e n ehm en dem eing eb o ren en O berschlesier dieB efähigung zu höheren B eam tenstellen, w enn er sich nicht etw a d oppelt u r- deutsch geberdet. So en tste h t, besonders in den S täd te n , eine
■deutsche O berschicht. D ie H erstellung p olnischer D ru ck sach en w ird verboten o der nach M öglichkeit erschw ert. D er polnisch sprechende O b ersch lesier m uß seine politischen G eb etb ü ch er und E rb a u u n g schriften aus K rakau beziehen. D o rt findet er die H inw eise auf den W eiß en A d le r, auf die Jungfrau M aria, die S chutzkönigin Polens,
«und A ehnliches. In K anülen sickert der polnische N ationalism us in d e n oberschlesischen V olkskörper. D ie polnische S prache w ird aus den S chulen verbannt. D ie deutsch orien tirte oberschlesische In
telligenz verliert allm ählich die K enntniß der polnischen S prache
110 Die Zukunft
u n d m it der S p ra ch b rü ck e zugleich die F ü h re rsc h aft über den pol
nisch sp rech en d en T heil des oberschlesischen V olkes. D ieser Theil b ildet nun die soziale U nterschicht. Im Ja h r 1918 kom m en in O ber
schlesien aus E inkom m ensteuern von D eutschen 21, von P olen 2 Mil
lionen Mark, aus G rund- und G ebäudesteuern 3,4 und 0,9 M illionen M ark; 17 000 g ew erbliche B etriebe sind deutsch, nur 1000 polnisch.
D ieser U n terschicht zeigt der hakatistische Beam te, der vorw ärts will, sich als Zucht- und S chulm eister. D er P lebs m uß K ultur einge
trichtert w erden. D ie K ultur spendenden K reisschulinspektoren und L an d rätb e überhasten^ das Tem po. D rak o n isch sind die U rtheile der B esserungjustiz. U q v erh ü llt w ird je d e evangelische K irch en - und Siedlungpolitik gefördert. B itterniß dringt ins H erz des O berschlesiers.
D er polnisch sp rech en d e kom m t sich frem d in seiner H eim ath vo r;
der deutsch sp rec h en d e , der sich sein er an n im m t, w ird als sta at
gefährlich verdächtigt. Beide sind S taatsb ü rg er zw eiter K lasse, nicht nach geschriebenem , aber n ach ungeschriebenem R echt. D er g e heim e M inisterialerlaß von 1886, den der U n tersta atssek retär Von G erlach ans T ageslicht g eb ra c h t hat, erw eist die Zurücksetzung der O berschlesier bei der B eam tenausw ahl.
N un ist der Boden für die großpolnischc A gitation vorbereitet.
In den neunziger Ja h re n erschienen landfrem de G roßpolen in größeren M engen: A erzte, R echtsanw älte, A potheker, G eistliche und R ed ak teure. D er polnisch sp rech en d e O berschlesier b etra ch te t sie noch als F rem de. Ih r H ochpolnisch ist ihm kaum verstän d lich . Die sprachliche B rücke wissen sie je d o ch bald zu schlagen. In richtiger E rkenntniß der L ag e geben sie ih rer A gitation einen katholischen und stark dem okratisch-sozialen E inschlag. Ih r erster R eichstags
abgeordneter K orfanty ist m ehr ein V erk ü n d er sozialer als n ationaler U nzufriedenheit. D ie B ew egung greift rasch um sich. R ad ik al
polnische Zeitungen entstehen. Polnische C entrum szeitungen radi- kälisiren sich. D er p o lnisch sp rech en d e O berschlesier g erät un ter großpolnischen Einfluß und w ird seiner eigenen Intelligenz, die die sprachliche B rücke zu ihm verloren hat, entfrem det. D er K rieg voll
endet das "Werk. D er lange B elagerungzustand, das laute alldeutsche
•Lärm en, die S chützengrabenpolitik g egenüber den „unsicheren E le
m e n ten “, die S pionenpsychose und die grundlose V erhaftung d er großpolnischen F ü h re r: Zündstoff in F ülle. A ls d er K rieg verloren ist, v erdichtet die allgem eine U nzufriedenheit m it dem preußischen System sich zu der P aro le: „Los von P re u ß e n !“
W irts c h a ftlic h bildet O berschlesien eine E in h eit, deren Z er
reißung dem L an d furchtbar schaden m üßte. D ie K reise Leobschütz, N eiße, G ro ttk au , N eustadt und R atibor h aben den besten A c k e r
boden M itteleuropas und sind die K o rnkam m ern O berschlesiens. Die
Oberschlesien 111 d u rchschnittliche E rnte O berschlesiens b eträgt: W eizen 110 500, R o g gen 314 200, H afer 268 335, G erste 126 900, K artoffeln 1 753 000 T onnen. Aus an d eren B ezirken w erden nur kleine M engen einge
fü h rt; auch die A usfuhr ist n ic h t erheblich. O b ersch lesien \liefert einen T heil seiner P rodukte nach D eutschland ab und bezieht einen T heil aus dem jetzigen G ebiet P olens; in der H auptsache aber ist es S elbstversorger. D er durchschnittliche V iehbestand um faßt 500 000 S tück R indvieh und 470 000 S chw eine. Im Bezug von S ch w ein e
fleisch, das m it K ra u t un d K artoffeln und im „Z u r“ die L eibspeise d er O berschlesier liefert, ist O berschlesien also zum Theil a u f die polnischen G ebiete angew iesen.
In den K reisen Cosel, Gleiwitz, G roß-S trehlitz, L ublinitz, R o sen b erg und Pleß besitzt Obeschlesier} gew altige W ä ld e r, deren H olz für seinen B ergbau und seine P apierindustrie w ichtig ist. O b er
schlesien brau ch t jä h rlic h 1 Million cbm G rubenholz, von denen es
• zwei D rittel aus seinen eigenen W a ld k reisen deckt.. D as R ückgrat d er oberschlesischen W irth sch aft aber bildet sein K ohlenbergbau und die auf ihm fußenden Industrien. D ie K ohlenförderung beträgt 45 Mil
lio n e n T onnen. B eschäftigt w erden im B ergbau 125 000 A rbeiter davon 85 000 un ter Tage. Die Ja h re sle istu n g b eträg t 350 Tonnen pro Kopf. D ie Zink- und B leierzgruben beschäftigen 11 000 A rbeiter bei einer Ja h re sp ro d u k tio n von 100000 T onnen Galm ei, 4 0 0 0 0 0 T o n n en Zinkblende und 50 000 T onnen Bleierze. A n K oks w erden 2 Mil
lionen T onnen p roduzirt (4600 A rbeiter). D ie E isenhütten liefern mit 5500 A rbeitern 1 Million T o n n en R oheisen und v erhütten dazu 180000 * T onnen oberschlesische, 300 000 T onnen deutsche, 80 000 T onnen p osensche, 60 000 T onnen russische, 400 000 T onnen schw edische und 110 000 T onnen andere ausländische Erze. Die E isen- und S ta h l
gießereien beschäftigen 4000 A rb e ite r und produziren 110 000 Tonnen G ußw aaren, die F lu ß -, S chw eißeisen- und W alzw erke m it 2 0 0 0 0 A rbeitern 4,5 M illionen T onnen, die V erfeinerungw erke m it 17 0 '0 A rbeitern 325 000 Tonnen. In der Z inkindustrie w erden 13 000 A r
beiter beschäftigt und 400 000 T onnen Z inkblende, 250 000 T onnen S chw efelsäure, 1,7 M illionen T onnen R ohzink, 40 000 T onnen K ad m ium und 50 000 T onnen Z inkbleche erzeugt. S chließlich w erden 4 V2 M illionen F aß Cem ent, 2 M illionen T onnen K alk und 100 000 T onnen P ap ie r- und Zellstoffe erzeugt. D er H auptsitz des B ergbaues und der industriellen W e;rke ist das „ C en tra lre v ie r“ : die K reise Beuthen, K attowitz, H indenburg, Gleiwitz un d T arnow itz. Zw ischen allen In
dustrien O berschlesiens bestehen die innigsten W echselbeziehungen.
A uch w egen der W asserv erso rg u n g sind die K reise auf ein
ander angew iesen. D as Ind u strierev ier ist w asserarm , Q uell- und B runnenw asser ist nur in ganz unzureichenden M engen vorhanden,
<)*