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Die Zukunft, 15. Dezember, Jahrg. XV, Bd. 57, Nr 11.

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x7. Jahrg. Berlin,den15.Dezember1906.- Alt-.11.

Herausgehen

Maximilian IjHikcrdm

Inhalt-:

seite

DerText VonErnstschweninget ...»................401

DerHoheschein. VonJoseph Zuedeter·. ... ...........413

Eeixjerbexchwörungen.’ VonOtto Julius Zier-bannt ..........422

Ida-allgme inder-Kunst.VonGeorg Höpkes ...........,.422

Viktorie-tin VonYoda Yoda ......................429

Häxalianweksungem VonOindem ...................431

Irigkwpkxsqspkungkn . ,......’..............(....434

Uachdruck verboten.

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Erscheint jedeåsonnabendg

Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzelne-Nummer«50-Pf.

Berlinz Verlag" der Zukunft.

Wilhelmstrgße3a.

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Berlin, den 15.Dezember 1906.

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Der Arzt.

TMderJugendallerVölker,in allenMythen,Sagen, Legenden,Ueberå«

J lieferungenfindenwirdieThatsacheverzeichnet,daßnebendenPriestern diealtenFrauenes waren,dieinKrankheitundUnfallHilfezubringenwuß;

ten.Siethunesheutenochundlehrenuns«damit,daßimVerhältnißzu den einfachstenmenschlichenDingenalles Volkewigjungbleibt.Priesterund alteFrauen:Das bedeutet:UeberlegenheitundErfahrung.DenPriestern stand dieUeberlegenheitzurVerfügung,dieihnenausderZugehörigkeitzu einerherrschendenKasteerwuchs-.Erfahrungkamihnenausgewonnenenund innerhalb ihres Standesweitergegebenen,überliefertenKenntnissen,diesie

anlangenReiheneinzelnerErlebnissenachprüfenkonnten;dennihrStand

wurdevonGeschlechtzuGeschlechtimmerwiedervondenKrankenum ärzt«"- licheHilfegebeten.DiePriesterårztelerntennichtnurwirksameärztlicheHilfe bringen;sieschuer auchdieärztlicheWissenschaftAufTempelwändenund Säulen, auf SteintafelnundSchreibflächenlegtensieinSätzenVorstellung- inhalte nieder,dieeinZusammenfassendereinzelnenErlebnissenachGesichts- punktenderGleichartigkeitwaren. SiefingenallgemeingiltigeGesetzmäßig- fetten indarstellendeWorteein. Die altenFrauen sinddieEinfacheren,weil ihrHandelneine reineErfahrungdarstellt;einWissen,dasnichtausdem

-E·-)FragmenteauseinemBuch,daszumWeihnachtfest (als siebenterBandder SammlungsozialpsychologischerMonographien »Die Gesellschaft-HinderLiterarischen AnstaltvonRütten8xLoening erscheinen soll.AusdenBekenntnisseneinesKetzers,der hierkeinFremdling istundüberdessenPersönlichkeitundKunst deshalb nichts gesagt zu werdenbraucht. Nicht heute.DasBuchmit demschlichtenTitel»Der Arzt«mageinst- weilenselbst flir sichsprechen.(Herausgeberder Sammlun gist Heerr. Martin Buber.)

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402 DieZukunft.

ErschauenundUeberlegenstammt, nichtausderwägendenund ordnenden Beobachtung,sondernausdemeigensten,sinnfälligenErlebnißameigenen Leibe.Ihnenstand nichtjeneArtvonUebergewichtzurSeite,die alsunver- dientes,zugeworfenesGeschenkzu der ausAnschauungerworbenen Erfah- runghinzukommt.SiehattendieUeberlegenheitderErkenntniß,diezwin- gendeUebermachtdes auseigenemErlebenWissendenzdieRuheder-Erfah- renheit.Esgenügtnicht,zusagen,die altenFrauenseienbei allenprimitiven Völkern derGegenstandscheuerVerehrungundDasseiderGrund,weshalb man sieum Rathfragte,ihrenSpruchbefolgte.Nein:weilsie,gleichden Priestern,Wissendesind, nahteman ihnenvonje herinVerehrung.

AlteFrauen habennichtnur diegesammelteKenntnistedeslangenund vielfältigenErlebenszsie trageninsichnochdasErlebnißihresGeschlechtes, dieerlebten undertragenenGeschehnisseihresWeibthumes.Dasvomgewohn- tenalltäglichenVollziehenorganischerVerrichtungabweichende,das»andere-«

Besinden,das demMannKrankseinbedeutet,dieMinderungderLeistung- undGenußfähigkeitbeigleichzeitigemEintreten besondersgearteterErschei- nungen:DaserlebtjedegesundeFrauansichinfortwährenderWiederholung- DiemonatlicheReinigungund dasMuttergeschäft.Den altenFrauenhaftet dieWandlungzurJungfrau,zumWeib, zur GreisinausdemErlebnißarn eigenenLeibe in alleneinzelnenEindrückenundEmpsindungenimGedächt- niß. Unruhe,Erschrecken,Erstaunen;undErkennen, daßdasNeue,Andere nichtsFeindliches,nichtsTötendesist, daßesBeginn,Anstieg,Abfallund Endehatwiejedes Ereigniß.AllesDas immerundwiedervonNeuem es-

leben,sichandesErlebnissesWiederkehrgewöhnen,dasErschreckenverlernen und dasStaunenvergessen,darüberzumHandeln,zurThatgelangen,denEr- folgderThatsehen,greifenundbegreifenlönnenUnddanndieinihrem Gleich- gewichtnicht mehrzustörendeRuhedesAlters. Die kalteFurchtlosigkeitder erlebtenErkenntniß.DerausgebrannteVulkan,dessenmitAschebedeckter Gipfelnurimposantist; unfruchtbarunddeshalbruhigzersiehtinalleFernen, hinwegübertragendeWeinbergeundOelhaine,derenBodenermitseinem Aschenregendüngte,derenFruchtermit demHagel seinerSteinezerschlug, alsernochFeuerzumHimmel sandte.

DiealtenFranen warennichtnur stetsdieBeratherinnendervomersten BlutereignißüberraschtenJungfrauen,der inGeburtwehendas immerneue GeschehnißerwartendenjungenMütter;siesindesstets gewesen,die derJu- gendBelehrung ertheiltenüberjenevorderUnerfahrenheitverhülltenRath- sel.Undnochweiterlangten ihreärztlichenHerrscherhände.Ihnenwar das

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DerArzt. 403

Geheimnis;des Mannes nichtnur keinGeheimnißmehr:eswarihnenein DingderAlltäglichkeitgeworden,weilsiekeineBeziehungenmehrdazuhat-

·ten;dennsie ergriffnichtmehrdieWonnedesSchauers,derallein denWerth derSeltsamkeitzuschaffenvermag.Erfahrene alteFrauenkennen dieScham desGeschlechtesnichtmehr,wenn sie auchmanchmalnoch(ausRücksicht)er- röthenddessenGeberdeannehmen.

Sosahendie altenFrauenwohlals dieErstenmitBewußtseinund ohnedieangeboreneFurchtderKreatur in dem ausMenschenleibernstürzen- denBlutstromnichtsBesonderesmehrunddeshalbnichtsErschreckendes.Sie hatten erfahren,daßeineBlutunginsichselbst endet,wenn dieZeit ihrer Dauer erfülltist.Siemußtenerfahren haben, daßman mitHilfeirgend- welcherundurchlässigenStoffeeineBlutungzumStillstandbringenkann.

AlteFrauenkennendenSchmerzsogenau,siesindmitunendlichvielen seinerSpielartenundAbstufungenso vertraut, daßsieselbstausunzureichen- denBeschreibungendieEmpfindungenAndererverstehen,ergänzenkönnen- Jhr stilles KopfnickenüberzeugtunfehlbarvondieserKenntniß.Unddurch dieErzählung,dieBeschreibungeines derSchmerzereignisseihresLebens wissensie,wenn auchnur fürdenAugenblick,denGlaubenzubefestigen,daß jederSchmerzein Endehabe.Wieleichtkönnen und konntensiewohlvonje herausihrereigenen,ansichundauchlschonanAnderenerprobtenErfahrung Rathschlägeertheilen;etwadarüber,welcheKörperhaltung,welcheVorkehrung -(kurz:welchesMittel)einenbestimmtenSchmerz besserertragen läßt,ihn lindert, vielleichtgarihn stillt.

DiePriesterunddieKönigeerfundendasGeschäftdesArztensSie verhandeltenihrWiffenvouderMenschheitgegendenGlaubendes Schwachen anden Stärkeren.Die altenFrauenwaren dieerstenAerzte,weilsieihreEr- fahrenheit,ihrinneresErlebnißhingaben,dessengeweihterBesitzdenSchwäche-

ren zum Glauben ansichselbstzwingt;zum Glauben daran,erkönneauch sowerdenwieDer,dessenLippeihmdieBotschaft des-HeilsbringtDasärzt- licheGeschäftisteinDarleihenerworbenen WissensaufZinsz manchmalgar aufwucherischenDieärztlicheHilfeleistungisteinHinschenkeneigenenLebens- gewinnesandenArmen,der davonnochnichtserwerbenkonnte oder Allesoer- spielt hat. Arzt sein heißt:der StärkerevonZweien sein.

Als denArzteinesMenschendarfman nichtschonDenbezeichnenwollen, der einHelferdesAugenblickesist; Einen,derimFallderNoth, sozusagen imVorübergehen,nachgewissenfeststehendenKunstiegelnHilfe leistet.Etwa eingebrochenesBeineinrichtet,eineBlutungstillt,eineOhnmachtbehebe;

ZU-

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404 DieZukunft.

einenRathertheilt,umSchmerzzu lindern. DassinddieKirchengänger,vo1-k denenderNarr sichberathen ließ,alserseinemFürstendenBeweisdafürer- bringenwollte,daßinseinemReichdiezahlreichsteZunftdiederAerztesei.Da- mit EinereinesMenschenArztheißendürfe,miissen aneinemzweitenMenschen nochandereVorbedingungenersiilltseinals diebloßenWissens,dasberathen kann. DervoneinerstaatlichenEinrichtungentlehnteSprachgebrauchbe- zeichnetwohlDen alsArzt,derfürdenNachweiseinerAnzahlvonerwor- benenKenntnissenUndFertigkeitenauf StempelpapierdasRechtzugesprochen erhielt,unter einemgenauumschriebenenRangundTitel,als Mandarin einerbestimmtenKlasse,indieöffentlichenUrkundeneingetragenzusein.

MitdieserBenennungverhältessichähnlichwiemitdemberüchtigten ,,Dingansich«.Esexistirtwohl,ohnedaßesinBeziehungzu anderenDingen getreten ist. JnderWeltderErscheinungenbeginnteserstmitzuzählen,so- bald esWirksamkeitenentfaltet.Daskann esnur,nachdemesderGegenstand

VonBeziehungengewordenist.

ArztwirdEiner,wieheutederLaufder Weltist,meistausaußerwesent- lichenAntrieben;etwaausWissensdurstoder ausjugendlicherUnkenntniß vonNothwendigkeiten,vielhäufiger,um seinenLebenserwerbim wärmen- denSonnenstrahlbürgerlichgemehrtenAnsehenszufinden; selteneinmal wird esEiner,indemerderMahnungseinerinnerenStimmefolgt,wieman sagt:ausBeruf:alsBerufenen Arztseinkann Einernur ausHumanität.

DieKraft, Arztseinzukönnen,schöpftsichnurausderFähigkeit,Beziehun- genanzubahnenzwischendeninnerstenJnhaltenzweierPersönlichkeiten.

Ob EinermitdieserFähigkeitHandeltreibt,seinenLebensunterhalt erwirbtdurchHingabevonTheilenseinerMenschlichkeitgegenEntgelt:Das ist nichtdasEntscheidendederFrage,wievielfachdieMeinung ist.Vonsol- chemHandel,derzarten GötzenanbeterneinsGräuelscheint,leben vieleehren- werthe Männer;von demVerschleißihres MenschenthumeslebenalleKünst- ler;auchdiePriesterundalleKönigeleben davon.

DieMenschlichkeit,dieHumanitätEines,dereinArzt seinwill, muß größersein als die-eines Anderen ;mindestensdesAnderen,dessenArzt erist; da erja hinschenkensoll,abgebensollvonseinemBesitz.Wasweiterbesagt:daß einguter,ein»großer«Arztnur Einersein wird,der übereinegroßeMensch- lichkeitverfügt.JegrößerdieHumanität,destogrößerderArzt! Viele,sehr VielesindkeineAerzte,trotzdemdieöffentlichenUrkundensiealsobezeichnen.

Weil diegrößereHumanitätetwasimmerhin Seltenes,die ganzgroßeHu- Inanitätaber,ausderVielen undfürvieleLagendesLebensmitgetheiltwer--

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DerArzt. 405

sdenkann,einGeschenkist,dasnurgutgelaunteGötterihrenLieblingenindie Wiege legen.GroßistderArzt,dessenKunstanReifeseinerHumanitätgleicht.

Man-hat fürdieBenennungdesärztlichenGeschäftesdasschauder- hafteWort»Medizin«angenommen undglaubt,damitdieAusübungeiner Wissenschaftzubezeichnen.Die»Mediziner«sprechenvom ,,wifsenschaftlich gebilde«en«Arztundwollen damitsagen, daßdieseSpielartsichdurchden VorzugbesondererTüchtigkeitauszeichnevordenHandwerkern,denen diemin- dereBezeichnungals»gewöhnlicher«oder,,einfacher«PraktischerArztzukom-

me.DerGelehrtenjargonnenntdenPraktischenArzt auchwohleinen»rohen

«Empiriker«.VerächtlichsiehtmanvonderHöhederWissenschastaufihnherab.

Man stellesichvor, dieMenschheitmüssemitderThatsacherechnen, daßdieErhaltungderGesundheit,dieBehandlungderErkrankten andie ErgebnissewissenschaftlicherArbeitgebundenist.Wo könnte esnochAerzte gebenunterdenMenschen,damandochweiß,daßallesSuchen falschundun- richtigunternommen sei,weil morgenunwiderleglicherwiesenseinwird, daß allesJrrthumwar,wasman heutefürWahrheithielt? DieWissenschaft istandieAenderungendesLebens,derZeitverhältnissegeknüpft.DieNoth derMenschen,ihreHilflosigkeit,ihr BedürfnißnachRathundwerkthätiger UnterstützungindenFährnissendesLeibes und derSeele istnichtsZeitliches, ift nichts sichAenderndes.DieVerhältnisse, unterdenendieHilfezubringen ist,könnensichändern und damitneue AufgabenandenHelfer,andenArzther- antreten. Aber dasNeueandiesenAufgabenist stetsetwasAeußerliches;eine geänderteForm für ihreLösung.DerInhaltwirdstetsderselbebleiben.

DieAeußerungenderErkrankungkönnen demvon einerZeitgeschaffe- nen,voneinembestimmtgearteten, zeitlichenErkennenbedingten Vorstell- ungvermögensichin andererGestaltdarbieten als dem Denkenvongestern oder morgen. Es könnendurchäußereundinnereBedingungen sichAende- rungeninderLebenshaltung,gewandelteVerhältnissederMenschenmengen, gesteigerteoderverminderte AnsprücheandieLeistungfähigkeitdeseinzelnen Jndividuums ergeben.Auchkönnenneue(unsmeistunbekannte)Umständebe- wirken,daßVerschiebungenimörtlichenAuftretenvonErkrankungformen sichvollziehen; wirnennen Dasdann,unterdemEindruckbekannter,als An- steckungbezeichneterThatsachen:Einschleppung.DamitwerdenwohlAende- rungenin denVerhältnissengeschaffen,in derenFolgedieLeistungfähigkeit desEinzelnenandersbedingt, gesteigertodervermindert werdenkann.Mit alldiesenErscheinungweisenkann,mag,dars,solldieWissenschaftsichbe-

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fassen,umdemBedürfnißnachEinsichtin denZusammenhangderDinge- Rechnungzutragen.DieBedingungen,unter denenderArztandemein- zelnenMenschenArbeit zuleistenhat,werdenaber immerdieselbenblcibrn, weil diewesentlicheBeschaffenheitdesMenschenimmerdieselbebleibt;ob- ihreStörungensichdemVorstellungvermögenirgendeinesGeschlechtesauch untergewandeltenAusdrucksformenkundgeben,diesogenanntenKrankheit- bildersichändern. SinnundZweckallesArztensist,denimGleichmaßseiner ThätigkeitgestörtenorganischenAblaufmitdenvonderErfahrunggeliefertens Mitteln in denGrenzeneinerbestimmtenWirkensmöglichieitsozuregeln, daßdieunentbehrlichenVerrichtungenwiedererledigtwerdenkönnen.

WesenundBeschaffenheitdesMenschenbleibenewiggleich.Auchan- dieserTatsache vermögengewisseAbweichungennichts Entscheidendeszu ändern,dievonäußerenUmständendesZeitenwandelsbewirktwerden. Arn- derungenvonquantitativer,niemalsvonqualitativerBedeutung.Esgiebt ZeitenundGegenden,wodieMenschenvongrößeremoderkleineremWuchse sind;ihre BedürfnisseanSpeise, Trank, Schlaf,Bedeckunglassensichhier miteinfacherenMitteln befriedigenalsdort;ihreOrgane Vermögenunbe- schädigtmächtigerenEreignissennoch zu’rviderstehen,alssiees zu anderen Zeiten,ananderenOrtenkönnen. «

DieOrganederMenschenliegenzuallenZeitenandenselbenStellen desKörpers,ihr Aufbauändertsichnicht;Hunger, Durst,Schmerz,Trieb- leben wollen zu allenZeitengestilltsein;demBedürfnißnachSchlaf, nach AnpassungdesWärmehaushaltesmußRechnunggetragenwerden.Auchdie AufgabedesArztesbleibtihrem Wesen nachunverändert.

DasArztenisteineKunst,weildieärztlicheBethätigungdarinbesteht, daßausvorgefundenenSachlagenneuegeschaffenwerden.DasUntersuchenund BeurtheilenvonSachlagen,dasvordieUebungdieserKunstalserste,wichtigste Forderunggesetztwird,könnteeineWissenschaftsein,wenndiesesWortnochdie einfache,umfänglicheBedeutungaus älterenZeitenhätte.WennWissenschaft nocheinGedankenspielwäre ; einHin-undHerschiebenvonBezeichnungenfür.

dieganzen,diegroßenErscheinungweisen,wiesiedemMenscheninseinerUm- weltentgegentreten.WenndieErfahrungheute nochsichbegnügendürfte, einebloßegrobeErfahrung,einereineEmpiriezusein,dierespaspazsphdes HippokratesGiebtunsereWissenschaftsichabernichtoftalsGewißheit?

Wir erlebensehroft,daßMenschenwiedergesund,alsogeheiltwerden, vorderenKrankenlagerHeroenderärztlichenWissenschafterklärten,amEnde- ihrerWissenschaftangelangtzusein.Wirvermögenzubeobachten,daßselbst

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DerArzt. 407

unterBedingungen,derenbesondereArtungdas individuelleLeben zum Er- löschenbringen muß,dochimmernochHeilungvorgånge,Reparationen,sich abspielen.JndenbösartigstenGeschwülsten,intuberkulösodersonstwieent- zündlichentarteten,inmechanischweithinzerstörtenGewebenfindenwir immer wieder, daßneuesLeben, daßErsatzsürVerlorenesanhebt; daßthatsächlich

anumschriebenenOertlichkeitenHeilungenvorsichgegangensind,wenn die HilssquellenfürdieNeubeschaffungauchnichtmächtiggenugsind, dieFort- dauerdesMenschenlebensinausreichenderWeisezuunterhalten.DasZiel derärztlichenThatkannnur einBehandeln sein.DasHeilen liegtnichtin- nerhalbihrer Wirksamkeiten.Natura Sanai,medicus curaL

Undwenn derArzt überhauptnichts heilenkann:Krankheitenkanner nichteinmalbehandeln.DennKrankheitengiebt esin derWirklichkeitüber- haupt nicht; fürdenArztgiebtes nurkranke und erkrankteMenschen.

,,Krankheit«isteineAbstraktionzeineSprachvorstellung,dienur in derWelt derGedankeneineBerechtigunghat.

UnsereDenkvorgängeleitensichmeistausdemAuseinanderhaltender Erscheinungsormenher,daswirGegensatznennen. SosprechenwirvonKrank- heitalsZustand,wenn damitgesagtseinsoll, daßdasbestimmte Verhalten einesMenschenAbweichungenaufweistVoneinem anderenbestimmtenZu- stand,den wir alsGesundheitzubezeichnengewohntsind·Esgiebtalsonur indiesemSinnfür unser VorstellungvermögeneineKrankheit;nämlichals GegensatzzurGesundheit.EsgiebtabernichtjeneLegionvonKrankheiten, die zubehandelndieAufgabedesArztes,derauslösendeZweckfürdieärzts licheThat seinkönnte. Wirdürfensagen,daßderalsKrankheit bezeichnete Zustandin einerAnzahlvonEreignissenganzbestimmte,eigengearteteMerk- maleansichträgt; sichdurchbesondere,nur unterbestimmtenVerhältnissen sichwiederholendeAnzeichennach außenhinkundgiebt,durch sieindiesen Fällen auseinebesondereWeise unseremAufnahmevermögensichdarstellt.

Wirmüßten,umDasauszudrücken,sagen, daßdie krankenMenschenver- schiedeneAeußerungendesKrankseinsaufweisen.Genau ebenso,wie diegesun- den,dieliebenden,diesichbewegenden,dieunglücklichenMenschenunsunter demBilde einesverschiedenenVerhaltensbegegnen;jenach ihrer verschiedenen BeschaffenheitundjenachderBesonderheitderauf sieeinwirkendenUmstände.

Nameist SchallundRauch; unserGegenstandistder(stetseinzige)Mensch.

Krankheitenbehandelnwollen:DasisteinUnternehmen,soverrückt undso unmöglichwie etwadieGründungeinerKäsefabrikzurertragreichen AusbeutungderMilchstraße.Behaupten,mankönne oderwolleeinenNamen,

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408 DieZukunft.

einWort,einenhalbenLiterwellenförmigerfchütterterLuftoderfünfMilli- metergeschwärztenPapiersmitHilfevonPulvern,Salben,Mixturen,Messern, Umschlägen»behandeln«,beeinflussen,verändern: diesenJrrthumverstehe-, werswill. DennDas,was stets Krankheitgenannt wird, ist nichtsweiter als daseinenBegriffbezeichnende,ihn beschreibendeWort;einHauptwortge- worden esAdjektiv,das dieBetrachtungankrankenMenschenzu einem Namen füreineGegenständlichkeiterhobenhat;füreineGegenständlichkeit,anderen thatsächlichesundleibhaftigesVorhandenseinman einstglaubte,daman von einemEns morbi,einemKrankheitwesenfabelte. Diese allerältesteVor- stellung,derdieWissenschaftselbstheutenochimmernichtganzsichentziehen will,kommtausdem Glauben andieDämonen,die in einenMenschenhin- einfahren,um ihnkrank zumachen.WeraneinWesenderKrankheitglaubt, stammtingeraderLinievondenFrommen ab,die einen krankenMenschen vomTeufelbesessenwähnten.WerKrankheitenheilenwill,lädtdenVerdacht aufsich,den-Teufelaustreiben zu wollen.WerKrankheitenbehandelnzukönnen glaubt, setztsichdemVerdachtaus,erstellesichdasEntsteheneinerErkran- kungvorwie dasEindringeneinesHolzsplittersin einenunvorsichtigbewegten Finger.DaistdieBehandlungeinfach:man ziehtdenSplitter heraus.

Ein unerklärbarer oder bisheutedochunerklärterEinflußgehtvonder Handflächeaus.MögendieExaktenmit denOkkultiftenumBlutvertheilung, Wärme odermagnetischeEmanation alsErklärungstreiten;derbewußteArzt weiß,wasfüreinen MittlerundHelfereranseinerHand hat.Schmerzen, Krämpfekannereinschläfern;wie ein StromvonZärtlichkeitenfühlterundsein Kranker es unter derruhigliegendenHandflächesichhinbreiten.Handauflegen, nichtalsBeschwören;vielmehrin derAbsicht,BesitzzuergreifenundSicher- heitenzugeben.Beschützemsoetwa magessein.Sowird esvondem Kranken empfunden.WergiebtdieDeutung für solchesunleugbar vorhandeneEm- pfinden,daSuggestionnichts istals einklangreichesWort? WeißEinerzu sagen,weshalbeinerschrecktesKätzchendieausgerecktenKralleneinziehtund schnurrenddenRückenkrümmt,wenn einesreundlicheHanddarüberhingleitet?

ObWärme,obStrahlung:esist nichtabzuleugnen.DieHandge- wisserMenschenbesitzteben GewaltüberbestimmteandereMenschen.Diese Uebermachtist umso wirksamer,je,,ärztlicher«dieangeboreneEigenartdieser Menschenist.DieseHandkanndurchAufliegen,durchStreichen,durch3ufafsen nichtnurSchmerzenlindern,siekannunbestreitbarnachzuweisendeVeränderun- genindenoberflächlichenGewebetheilenhervorrusen;selbstTiefenwirkungen.

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DerArzt. 4I9

VleibedieseBeobachtungaufdas reinärztlicheWirkungsgebietbe- schränkt,mitAusschlußallermetaphysischenPhantastereien;daerweistsich, daßesWirkungderHand ist,nichtErfolgdesVerfahrens. Sehroftwird man sichüberzeugen,daßunterdenMasseuren,mögensiegraduirte Aerzte seinodernicht,die EinentrotzdemgeschicktestenAufwandeinerkomplizirien TechniknichtsvondembeabsichtigtenZweckerreichen.Andereführenschein- barsystemlosdieeinfachstenBewegungenaus; ostharte,gewaltsameGriffe, die dem Kranken dieheftigstenSchmerzenverursachen;wenigeAugenblicke nachhertritt einGefühldesWohlseins aufund imLaufevonWochenund Monaten vermagdieseArbeitnichtnur veralteteSchmerzenzumSchwinden zubringen, sonderngroßeFlüssigkeitansammlungen,umfänglicheGewebe- bildungenzubeseitigen.

AerztemitärztlichenHändenfühleneswieeinenZuganihrem Arm;

einenDrang,anihremKrankenphysischeArbeitzuleisten. Jndenfrucht- losenJahrhunderten,daeinknechtischerFormalismusallesärztlicheHandeln aufdieTelepathiemagistralerRezepteschreibereisestlegte,habenimmerwie- derEinzelnedieHand nachihremKrankenausgereckt,sie für ihn erhoben.

DieseEinzelnenkehrtenzumAusgangspunktzurück.Beschwichtigeude,be- ruhigendeStreichungen, Erleichterung schaffendeReibungen,Ermüdung beseitigendeKnetungen,Klopfungenwurden bei allen wildenVölkern unter deminnerenBefehleinerIntuition geübt;wurden von denKulturen an Marktschreierund Badediener alswerthloserAbfall verschenkt.Miteinem Malistwiedereinevordringliche,erklärungsüchtigeundapragmatischeWissen- schastzurStelle; siebemächtigtsichdesalten,langeverachtetenHansrathesund verkauftihnStückvorStückanamtlichbeglaubigteHandwerkslehrlinge.

Diegute,diezuverlässigeärztlicheHand trifftbeimerstenZufassen schonimmergeradegenaudieStelle,ander esamHeftigstenschmerzt;trotz- demsagenvölligurtheilloseKinder: Duhast so gute Händel

...DerweiseArztwirdzunächstverlangen,mit demKrankenallein zu sein,undselbstdienahVerwandten ans demZimmer weisen. Nicht etwa, weilerHeimlichkeitenmit dem Krankenhat.Er will nur,ohneZuschauer, ohneablenkende Vorgänge,miteinemMenschenalleinbleiben,andessen Menschlichkeiterseine eigenemessensoll. Jn solchenAugenblickenwerden oftdiegleichgiltigstenGesprächegeführt,dieoberflächlichstenUntersuchungen vorgenommen. Aber:zweiMenschenmessensichaneinander. Wiezweiin derEinsamkeitZusammentreffendeeinandermustern;oderwievonzweiin denRingtretendenKämpferndereinenachdenstarkenundnachdenschwa-

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