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Theologisches Literaturblatt, 23. Februar 1900, Nr 8.

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Academic year: 2022

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Theologisches Literaturblatt

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben

TOD

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rsch ein t jeden F re ita g . Expedition: K önigsstrasse 13.

Abonnementspreis vierteljährlich 2 Ji 50 Insertionsgebühr pr. gesp. P etitzeile 30

M einhold, Lic. J . , Die Jesaiacrzähl ungen Jos.

36— 39.

Aall, Anathon, Geschichte der Logosidee in der christlichen Litteratur.

M ichael, Em il, S. J., Geschichte des deutschen

Volkes vom dreizehnten Jahrhundert bis zum Ausgang des Mittclalters.

B ergm ann, Mag. theol. W ilh., Studien zu einer kritischen Sichtung der südgallischen Prcdigt- litcratur.

G igalski, Bernhard, B runo, Bischof von Segni, A b t von Monte-Cassino (1049— 1123).

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften. — Antiquarische Kataloge.

Personalien.

Eingesandte Literatur.

M e in h o ld , Lic. J . (a. o. Professor der Theologie in Bonn), D ie J e s a ja e r z ä h lu n g e n Jes. 3 6 — 39. Eine historisch- kritische U ntersuchung. G öttingen 1 8 9 8 , Vandenhoeck

& R uprecht (104 S. g r. 8). 3 Mk.

E s is t der A usgangspunkt fü r eine grössere Jesaja-A rbeit, w elcher durch die vorliegende Studie gesichert w erden soll.

Meinhold behandelt deshalb die K apitel ab ovo, obwohl er in den Ergebnissen zum grössten Theil nur die A ufstellungen anderer K ritik e r wiederholen kann. D er u n te r eingehender B egründung neu dargebotene T ex t beru h t auf zurückhaltender, so rg fä ltig abw ägender K ritik. Die angenommene T heilung is t die auch an d erw ärts bekannte in die zwei Gruppen:

36, 2 — 37, 9 a m it 37, 37. 38 und andererseits 37, 9 b — 36 m it K ap. 38 und 39. In der D atiru n g der A bschnitte, deren direktes O riginal er in den P arallele n der K önigsbücher sieht, g eht der Verf. nicht so tie f herab, wie dies andere N euere wollen.

E r se tz t sie in die Zeit des Exils. Diese D atiru n g is t in dem F a ll von positivem W e rth , wenn das Bestreben des Verfs.

zum Ziel führt, aus den A nklängen an andere Stellen des je- sajanischen W eissagungsbuches den Beweis zu entnehmen, dass diese letzteren schon w ährend des Exils vorhanden w aren und als jesajanisch galten. So w ürde z. B. für Kap. 9, 1— 6 ein sehr hohes A lte r als gesichert erscheinen, was gegenüber sonstigen neuesten U rtheilen höchst w ichtig w äre. N ur muss m an sich leider fra g en , ob nicht diese Schlüsse durch Um­

k eh ru n g des A bhängigkeitsverhältnisses n u r zu bald e rsc h ü tte rt w erden können. — E c h t j e s a j a n i s c h e s G u t e r k e n n t M e i n h o l d n i r g e n d s a n , auch nicht in Kap. 3 7 , 2 2 — 32.

A u c h s e i n U r t h e i l ü b e r d ie g e s c h i c h t l i c h e G l a u b ­ w ü r d i g k e i t i s t im W e s e n t l i c h e n e in g a n z u n ­ g ü n s t i g e s . Die deuteronomisch g efärbte P a rtie 37, 9 b ff.

nebst 38 und 39 soll durch ih r ganzes G epräge sich als tendenziöse Legende c h a ra k te risire n , welche m it der Zeit J e sa ja ’s nichts zu thun habe. Demnach entb eh rt der B ericht ü ber die P e stk a ta stro p h e im H eer Sanherib’s in dem Mass des geschichtlichen W erth s, dass auch die Möglichkeit, Ps. 46 aus diesem A nlass entstanden zu denken, „vollkommen h in fä llt“.

W undern m ag man sich dabei, dass gleichwohl „immer w ieder die V erm uthung sich a u fd rä n g t, als sei die K rankheit des H iskia als eine p e startig e zu v erstehen“ und m it eben je n er P e st im A ssyrerheer „in Zusam menhang zu b rin g en “. Ganz ungeschichtlich soll die V orhersagung des babylonischen Exils sein, wenn auch irgend eine G esandtschaft M erodach-Baladans zu anderer Z eit und aus anderem Anlass w ahrscheinlich s ta tt­

gefunden h at. — D er anderen E rzäh lu n g K ap. 36, 2 ff. w ird zugestanden, dass sie, wie sie nicht nachw eisbar durch das Deuteronomium beeinflusst sei, so eine Reihe treu e r E rinnerungen bew ahre. D a aber in Kap. 37, 37. 38 Sanherib’s Tod un­

m ittelb ar an den E infall des Ja h re s 701 angereiht werde, könne auch dieser B ericht nicht wohl vor dem E xil geschrieben sein. Es ist hierzu zu bem erken, dass die beanstandete un­

m ittelb are A ufeinanderfolge ih rerse its erst das Ergebniss der kritischen K onjektur ist!

D er bei der skizzirten K ritik vorauszusetzende Sach­

v erh a lt verdient im Ganzen überblickt zu w erden. 120 Ja h re nach den E reignissen entstanden ziemlich gleichzeitig zwei E rzählungen, die eine deuteronomisch, legendenhaft, imm er­

hin aber auf dem Boden der w eit zurückliegenden Zeit ohne gröberen äusseren Verstoss in naher B erührung m it den E reignissen sich bewegend; die andere nicht von deutero- nomischem C harakter und in fast allen Zügen sehr tre u big hinein in Einzelzüge und persönliche V erhältnisse: durch mündliche U eberlieferung, so s a g t Meinhold ausdrücklich, h a t das alles sich erhalten, und, setzen w ir hinzu, auffallend wenig Falsches, wenn überhaupt solches, h a t sich d aran angehängt.

D er R edaktor der K önigsbücher h a t sic h , obwohl ihm auch vortreffliche Quellen aus der Zeit der E reignisse selbst zu­

gänglich w aren (vgl. 2 Kor. 18, 13 — 16!), fast ausschliesslich jener späten E lab o rate seiner eigenen Zeit bedient; ihm ist der R edaktor des Jesajabuchs sklavisch gefolgt, da er von den guten alten Quellen, die in anderen Theilen seiner Reden-

j Sammlung erkennbar sind und die nicht jed er V erw andtschaft

I m it den jüngeren Geschichten entbehren, ganz verlassen w ar.

| Die Zeitfolge des in Kap. 3 8 — 39 und 3 6 — 37 E rz äh lten ist zw ar thatsächlich die um gekehrte, aber die E rk läru n g für die Um stellung, welche D elitzsch der A nlage des Jesajabuches entnim m t, verdient keine B eachtung; es ist vielmehr lediglich ein Irrth u m des E rzäh lers anzunehmen. D urch E infachheit scheint uns diese ganze Hypothese sich nicht zu empfehlen.

Sie h a t ihre W urzel so g u t wie ausschliesslich in der Ueber­

zeugung, dass deuteronomische W o rte und Gedanken vor den Zeiten Jo sia ’s nicht Vorkommen konnten. Man sollte aber von keinem S tandpunkt aus die W ahrscheinlichkeit bestreiten, dass je n er T ypus doch w enigstens seine V orbereitungsstadien g ehabt haben w ird , welche naturgem äss w eiter zurückreichen Die Mischung zwischen jesajanischer und jerem ianischer Denk- und Redeweise könnte im Zusam m enhalt m it dem reichen E rin n eru n g s­

m aterial doch wohl durch die Annahme eines U ebergangstypus die einfachste E rk lä ru n g finden. W as aber die angeblichen sachlichen W idersprüche a n la n g t, so v errin g ert sich deren Gew icht se h r, wenn m an n u r in der A rgum entation die bei L age der Sache w irklich rec h t angezeigte Z urückhaltung üben will. W enn ein und derselbe B ericht von verschiedenen F achtheologen un ter diam etral

entgegengesetzter,

sich gegen­

seitig aufhebender B egründung

beanstandet

w ird — wie das bei Kap. 37, 2 1 — 29 der F a ll ist — , so z e ig t die A rgu­

m entation überhaupt Zeichen der Verwilderung. — Ueber die vielleicht im letzten Grund ausschlaggebende religiöse W ü rdigung sei noch erw äh n t, dass Meinhold die M öglichkeit prophetischer V oraussicht prinzipiell zugesteht, aber die

Ge­

s ta lt der W under und W eissagungen in unseren A bschnitten als unglaubhaft auf das E ntschiedenste ablehnt. W er neu- testam entliche Stellen wie M ark. 7, 33, Joh. 9, 6, Ap.-Gesch.

5, 3, 2 Kor. 12, 12 n icht bei Seite schieben w ill, w ird sich diesem U rtheil nicht anschliessen.

V o h en strau ss.

Sperl.

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A a ll, Anathon, G e s c h ic h te d e r L o g o s id e e in d e r c h r i s t ­ l ic h e n L i t t e r a t u r . Mit U n terstü tzu n g der S tiftung F ritjo f N ansen’s zu r F ö rd eru n g d er W issenschaft ver­

öffentlicht. L eipzig 1899, 0 . R. Reisland (X V II, 493 S.

gr. 8 ). 10 Mk. (Auch u n te r dem T ite l: D er Logos. G e­

schichte seiner E ntw ickelung in der griechischen Philosophie und der christlichen L itte ra tu r. I I : Geschichte der Logos­

idee in der christlichen L itte ra tu r.)

D ie erste, vom Logosbegriff in der griechischen Philosophie handelnde A btheilung dieses W erkes (erschienen 1896) w urde im J a h rg a n g 1898 d. Bl. (S. 3 4 9 — 350) zur Anzeige gebracht.

Manches von dem dort anerkennend H ervorgehobenen w ird in unserem U rtheil über den hier vorliegenden Schlusstheil w ieder­

kehren dürfen. A ber gerade betreffs dessen, w as fü r die christliche Entw ickelungsphase des behandelten G egenstands von g r u n d l e g e n d e r Bedeutung is t, müssen w ir der A uffassung des Verfs. w idersprechen. Und auch von seinen sonstigen Aus­

führungen können manche nicht unseren Beifall finden. N am ent­

lich halten w ir die A rt, wie er im letzten A bschnitt (Kap. VII) sein Problem zum Abschluss zu bringen sucht, n icht nur für anfechtbar wegen überm ässiger K ürze, sondern fü r methodisch verfehlt und im W iderspruch stehend m it dem, w as der T ite l ankündigt.

N ach der im W esentlichen befriedigenden Beleuchtung der Unterschiede zwischen der Logoslehre P hilo’s und der johan­

neischen, welche Bd. I (S. 204 ff.) — allerdings n u r in provi­

sorischer und kurz angedeuteter W eise — b r a c h te , liess sich erw a rte n , dass die nentestam entlichen G rundlagen des christlich-kirchlichen Dogma vom weltschöpferischen H eilsw ort Gottes eine gesunde und objektive D arstellung erfahren w ürden.

Diese E rw a rtu n g w ird durch das in den beiden E in g a n g s­

k apiteln Gebotene n u r sehr theilw eise erfüllt. Schon K ap. I :

„Die erste christliche Logosophie“ g ib t ein Befangensein des V erf.s in m odern-liberalen Theorien über E n tste h u n g und Ge­

schichtsw erth der nentestam entlichen U rkunden zu erkennen.

W ir wollen es n icht ohne W eiteres fü r unzulässig erklären, dass in einer V oruntersuchung dieser A rt ein U nterschied g e ­ m acht w ird zwischen dem „Jesus der G eschichte“ und dem

„theologischen C hristusbegriff“. A ber die A r t, wie hier die Stellung des geschichtlichen Jesus zu den frühesten Anfängen der kirchlich - christologischen L ehrbildung aufgefasst wird, erscheint doch beeinflusst von hyperk ritisch er Geschichtsansicht.

E s soll zw eifelhaft sein, ob Jesus jem als sich selbst als „Sohn G o tte s“ benannt habe; keinenfalls habe er diesen Namen im m etaphysischen Sinne des vierten E vangelisten sich beigelegt (S. 6). G egenüber m ehreren H auptpunkten der evangelien- geschichtlichen U eberlieferung fallen s ta rk skeptisch klingende A eusserungen; so gegenüber den Abendmahlseinsetzungsbe*

richten (S. 7, N. 3 : „. . . w as noch immer geschichtlich bleibt in der A bendm ahlstiftung“), ja auch gegenüber dem Auf- erstehungsglanben der Urgemeinde, dessen B eruhen auf einer geschichtlichen T hatsache in Zweifel gezogen w ird (S. 42, N. 5: „W ie kommt man hier überhaupt dazu, von ((T hat- sache” zu reden? T hatsache ist, dass Jesus g ek reuzigt w urde;

auch seine A uferstehung w urde als T hatsache hingenommen, dafern sich Zeugen dafür e rg a b e n [!]. D ass ihm aber hinfort P la tz an der Seite Gottes zukam, is t schlechthinige G laubens­

annahm e“, etc.). D am it h ä n g t die skeptische A rt, wie der V erf. m it den apostolischen U rkunden um geht, eng zusammen.

B ei seiner B ehandlung der Christuslehre P a u li, der er m it R echt eine grundlegende und zen trale B edeutung innerhalb der „ersten christlichen Logosophie“ zu erk en n t, stö sst man auf m ehrfache Spuren eines N achw irkens der neutübinger T endenzkritik. Zu den echten Q uellschriften des Paulinism us z ä h lt er ausser den vier H auptbriefen auch noch den P hilipper­

b rief (über dessen christologische H auptstelle 2, 6 — 11 freilich auffallend flüchtig w eggeeilt w ird , S. 14, N. 1), aber nicht den Epheserbrief, der erst bei der nachapostolischen L ite ra tu r z u r B esprechung g elan g t (S. 171 f.), und auch nicht den Ko­

losserbrief, als dessen w ahrscheinlicher U rheber ein gegen E nde des 1. Ja h rh u n d e rts schreibender, von Philo h er sta rk beeinflusster Panlusschüler angenommen w ird (S. 1 9 — 35).

A uch der B rie f an die H ebräer (dessen H errü h ren von B arnabas S. 36, N. 3 „nicht unw ahrscheinlich“ gefunden w ird) und die

Johannes-A pokalypse w erden den vom Paulinism us zum Lehr- begriffe des 4. Evangelium s, die B rücke hinüberschlagenden E rzeugnissen der urchristlichen Logosophie zugezählt — beide als d ire k t von phiionischer L ehrüberlieferung beeinflusst, die A pokalypse insbesondere als k urz vor dem Ende des ersten Ja h rh u n d e rts „zu Stande gekommen in K leinasien, in unm ittel­

barem Anschluss an hallucinatorische Erlebnisse (sic!), die der P re sb y te r Johannes nach eigener A ngabe auf der Insel Patm os durchgem acht“ (S. 48).

In dem aufs Johannesevangelium bezüglichen A bschnitt (Kap. II, S. 5 5 — 154) erscheint der Verf., was die isagogisch- kritischen V orfragen b etrifft, ganz u n te r dem Banne von H arnack’s „C h ronologie“ stehend, deren M achtsprüche über­

h au p t in m ehrfacher H insicht fü r ihn massgebend sind. E r is t zw ar g ü tig g enug, zuzugestehen: „Noch g ib t es manche Theologen, welche die apostolische A bfassung aufrecht erhalten w ollen“ etc. (S. 55); aber eine gew issenhafte B erücksichtigung der G ründe dieser Theologen unterbleibt. Auch erscheint die ihm zur V erfügung stehende K enntniss von deren A rbeiten eine n u r sporadische zu sein. Godet, L u th a rd t, P au l E w ald, B eyschlag, A. H. F rancke, S anday etc. fehlen u n te r den von ihm hier benutzten H ilfsm itteln. Von Th. Zahn kennt er zw ar die K anongeschichte, aber n icht die neutestam entliche E in­

leitung. Demgemäss m acht nam entlich sein Raisonnem ent zu G unsten der Presbyter-Johannes-H ypothese fast den E indruck des V eralteten. Auch seine m ehrm aligen Berufungen auf A.

Thom a (D. Genesis des Jo h .-E v ., 1882) dienen n u r zu r V er­

s tä rk u n g dieses E indrucks. In der F ra g e nach den W urzeln des johanneischen Logoszeugnisses t r i t t er allerdings, als eifriger V erfechter der Annahme einer direkten E inw irkung P hilo’s auf Johannes (s. bes. die A nalyse vom P rolog des E v . : S. 1 0 8 — 126), in einen theilweisen G egensatz zu H arnack, vor dessen A u to ritä t er sich sonst überall beugt. Allein was er gegenüber der bekannten H arn ack ’schen V erw erfung der Philo- Hypothese in Bezug auf den Prolog (Zeitschr. f. Theol. u. K irche 1892) v o rb rin g t, k lin g t doch g a r subjektiv und w ird durch das öftere R e kurriren auf Je an Reville’s Philo-Studien aus den Ja h re n 1877 und 1880 /8 1 keineswegs genügend g estü tz t. E r bekennt sich geradezu als dankbaren Schüler dieses fra n ­ zösischen Religionsforschers (S. X III.; vgl. S. 74, 76 u. ö .); aber gelegentlich sieht er selbst sich zur A blehnung von allzu w eit­

gehenden Annahmen desselben genöthigt (z. B. S. 105, betreffs der cpcuvTj £x xou oupavou Joh. 12, 28, wo er der von Reville behaupteten direkten E inw irkung Philo’s auf die betreffende E rzäh lu n g eine n u r indirekte sub stitu irt). Und auch wo er sich voll und ganz m it dieser älteren gelehrten A u to ritä t deckt, dringen seine A rgum entationen nicht m it überzeugender W irk u n g durch. Man kommt überall auch schon m it der A n­

nahme eines blossen P arallelism us zwischen phiionischer und johanneischer Logosspekulation zum Ziele. Die Hypothese einer A bhängigkeit des jü n g e re n S chriftstellers vom älteren lä sst sich n u r m ittels m ehr oder w eniger eintrag en d er Exegese der in B e trac h t kommenden Aussprüche des letzteren durch­

führen. A uf einigen H auptpunkten (namentlich was die Un­

persönlichkeit von Philo’s Logos und das M angeln jeglicher B eziehung desselben zu r Messiasidee betrifft) ist die zwischen der philosophisch ab stra k te n System bildung des A lexandriners und der p rak tisch frommen G edankenbildung des Apostels befestigte w eite K lu ft vom Verf. selbst anerkannt und — wie schon in T heil I (s. unsere Anzeige im Theol. L itbl. 1898, I.e.)

— als eine eigentlich unüberbrückbare gekennzeichnet worden, s. bes. S. 219 u. S. 146 ff.

Beim B etreten des Gebiets der nachbiblischen E ntw ickelung

der christlichen Logoslehre mehren sich die P u n k te , betreffs

deren w ir unsere Zustim mung zu A all’s Auffassung bekennen

und dieselbe als eine lehrreiche empfehlen können. Vom In ­

h a lt des III. K apitels: „Die Logoslehre der

ausserkanonischen

christlichen L ite r a tu r “ (S. 1 5 5 — 235) g ilt dies w enigstens

theilw eise, m ag imm erhin das bunte A llerlei von gnostisch-

häretischen und katholisch-orthodoxen

Erscheinungen,

das er

hier vorführt, zu Bedenken A nlass geben, die sich bald auf die

chronologische A nsetzung der behandelten Schriften (z. B. auch

m ehrerer P aulinen, wie 2. T hess., E p h ., T it. u. Tim .), bald

auf das ihnen jew eilig gewidm ete Mass von A ufm erksam keit

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beziehen. In der letzteren H insicht können w ir nicht unbe­

m erk t lassen, dass in der Gruppe der apostolischen V äter die Ignatiusbriefe (deren E chtheit übrigens vom Verf. an erk an n t wird) uns hinsichtlich der hohen B edeutung ihres logologischen und christologischen L eh rg eh alts nicht ausreichend gew ürdigt erschienen sind; s ta tt der ihren Aussagen gewidm eten drei Seiten (191— 194) w äre, in A nbetracht des fü r manche viel minder w ichtige Erscheinungen aufgewendeten B aum es, eine eingehendere, das m ystisch Tiefe und O riginale ih re r K onzep­

tionen stä rk e r hervorhebende B eleuchtung wohl am O rt ge­

wesen. — Die H au p tstärk e des A all’schen W erkes lie g t in dem die Logosspekulation der Apologeten des zw eiten Ja h rh u n d e rts behandelnden A bschnitt (K: IV, S. 2 3 6 — 350). Die durch um­

fassende L ite ra tu rk en n tn iss g eförderte S orgfalt und Umsicht, welche er beim Ausschöpfen der hier in B e trac h t kommenden Quellen b eth ä tig t, verdient alles Lob. D er L öw enantheil seiner A rbeitsfrüchte ist hier selbstverständlich auf Ju stin entfallen.

Innerhalb der demselben zugewiesenen A bhandlung (S. 24 2 — 283) zeichnen die den koyoq aTrepjxaxixo? betreffenden Ausführungen sich besonders aus; sie lassen des Verf.s U rtheil die emi­

nente sittengeschichtliche B edeutung dieser geistvollen „Kom­

bination christlicher Ueberzeugung und philosophischer B ildung“

(S. 260) als w ohlberechtigt erscheinen. K ü rzer als Justin, und zw ar m it R echt als ein V orgänger desselben (S. 240 f.), ist A ristides behandelt worden. A usführlicher dann w ieder T atian , A th en a g o ras, Theophilus sowie der L atein er Minucius Felix, dessen P rio ritä t vor T ertu llian A all m it R echt annimmt, w ährend er dam it, dass er ihn in c. 29 seines Octavius eine doketische Auffassung von Christi Person vortragen lä sst (S. 332), jeden­

falls U nhaltbares behauptet.

Manches T üchtige umschliessen auch die nächstfolgenden beiden K a p ite l, betreffend die Logoslehre der A ntignostiker (Melito, Irenäus, T ertullian, Hippolyt), sowie die der A lexan­

driner Clemens und Origenes. Die G ründlichkeit, womit die hier zuletzt genannten Dioskuren — und zw ar von ihnen nicht n ur O rigenes, sondern auch schon sein m it dem Ideengang J u stin ’s m ehrfach sich berührender V orgänger (S. 39 6 — 427)

— behandelt w erden, entspricht der ih re r Logosspekulation als dem eigentlichen „H öhepunkt“ der altchristlichen E n t­

w ickelung dieser L ehre (S, 393) zukommenden besonderen W ich tig k eit. — Gegen verschiedenes Einzelne freilich lassen auch in diesen beiden A bschnitten sich Bedenken erheben; so nam entlich gegen die E inreihung des A uctor ad Diognetum in die G ruppe der „ketzerbekäm pfenden Schrifttheologen“, und zw ar zwischen Irenäus und T ertu llian (S. 369 f.). R ichtiger w äre dieser S chriftsteller (zumal da die U nechtheit seiner beiden Schlusskapitel auch nach A all’s Zugeständniss keinem Zweifel u n terliegt) un ter die Apologeten des zw eiten J a h r ­ hunderts zu setzen gewesen. Auch betreffs Melito’s (S. 352 f.) lä sst sich zweifeln, ob seine Aussonderung aus dieser letzteren Schriftstellergruppe zw eckm ässig w ar.

Ganz unbefriedigend erscheint nun aber der In h a lt des S chlusskapitels: „Die christliche Logoslehre nach O rigenes“ . D avon, dass der E ingang dieses A bschnitts noch ein Stück vor-origenistischer Geschichte (nämlich das frü h e re , bis 230 sich erstreckende Stadium der monarchianischen K ontroversen) n ac h träg lich zur D arstellung b ringt, m ag der R ezensent wohl absehen können. A ber die Zusam m endrängung alles Uebrigen, d. h. der gesamm ten logo- und christologischen Lehrentw icke- lung von ca. 2 5 0 an , auf den knappen Raum der letzten 25 Seiten e rg ib t ein so grelles M issverhältniss zu dem für die ersten zw eihundert J a h re der christlichen Geschichte in Anwendung gebrachten M assstab, dass es schwer fällt zu glauben, es solle hierm it w irklich der Abschluss des W erkes geboten werden. Und doch muss man dies annehmen, nicht blos w egen der F assung des T itels, die s ta tt eines Theiles das Ganze der christlichen Logosgescbichte an k ü n d ig t, sondern auch wegen der A rt, wie die beiden Schlussseiten — nach gedrängtem Ueberblick über die altkirchlichen T rin itä ts- und C hristusstreitigkeiten (S. 4 5 6 — 477) und nach H eraushebung einiger w eniger Phänomene aus der m ittleren Dogmenge­

schichte (Maximus Confessor, E rig e n a , A b älard , Thomas A quinas, E c k h a rt — S. 4 7 8 — 480) — über alles seit der Reformationsepoche Geschehene zur T agesordnung übergehen.

Von L u th e r w erden ein p a a r A eusserungen über das behandelte Theologumenon angeführt, aber n u r solche aus seiner frühesten, noch vorreform atorischen Zeit. Die Logoslehre des sp ä teren L u th e r sowie die seiner evangelischen Nachfolger w ird dann m it dem K raftspruche todtgeschlagen: „D er Reformator h a t aber diese Logostheologie nicht wiederholt, und dem Schweigen späterer, auf L u th er folgender Theologen in Bezug auf diesen P u n k t entnim m t man das U rth eil, dass der protestantische G eist die Logostheorie als dasjenige erk an n t hat, was sie ist:

ein religiöser T ra u m , der einmal den Nachsinnenden die Lösung des Gottes- und W eltproblem s v ersprach“ (S. 481).

D as also w äre das Endergebniss all der g ew altigen, vom Verf. selbst anerkannten und vielfach bew underten G eistes­

a rb e it, welche ein Johannes, Ignaz und Ju stin , ein Irenäus, Origenes, A thanasius etc. an das Logosdogma gew endet: als ein trü g erisc h er T raum w äre dasselbe schliesslich erk an n t und demgemäss seit 1517 verdienter V ergessenheit überliefert worden! Man sta u n t ob der E ntschlossenheit, womit der V erf. von dem w eiten, auch gerade fü r sein Them a einen reichen E rn te e rtra g verheissenden Felde der Christologie der vier letzten Jah rh u n d erte die A ugen abgew endet h at. Oder w ar diese neuere christologische Spekulation etw a deshalb von seiner D arstellung auszuschliessen, weil der L o g o sn a m e ver- hältnissm ässig seltener in ihr zur Verwendung g elan g t? Sind n ich t in der Reihe der früheren Christologen auch ein Paulus, A ristid es, Minucius F elix , T e rtu llia n , A ugustin u. a. m ., bei welchen jen er Name entw eder ganz fehlte oder eine nur neben­

sächliche Rolle spielte, von ihm m it berücksichtigt w orden?

Oder h a t er seinen Studienkreis absichtlich nach der hier in Rede stehenden Seite hin so schroff abgegrenzt? F a s t möchte man dies annehmen, also seine souveräne N ichtbeachtung der vom späteren L u th e r (und beziehungsweise von Melanchthon, B renz, Chemnitz etc.) bis zu Zinzendorf, B aad er, S artorius, M artensen, Rocholl, L u th a rd t, F ra n k etc. sich erstreckenden Reihe neuerer K ontribuenten zur L ehrbildung von Gottes Schöpferwort auf ein tief eingew urzeltes V orurtheil zurückzu­

führen — auf die E inw irkung jen er modernen Geschichtsansicht näm lich, die sich in prinzipieller V erdächtigung und w eg­

w erfender B eurtheilung des „griechischen D ogm a“ gefällt.

L äg e etw as derartiges zu Grunde, so könnte allerdings von einer späteren W iederaufnahm e seiner logosgeschichtlichen Studien, wie er sie in den letzten Sätzen seines T extes (S. 481) als möglich anzudeuten scheint, nichts Sonderliches zur Aus­

füllung der hier berührten Lücke e rw a rte t werden. Uebrigens bezeichnet er hier ausdrücklich die fü r eine eventuelle spätere G eschichtsarbeit vorbehaltene Logosvorstellung als nicht dem religions-philosophischen, sondern dem allgemein-philosophischen Gebiete angehörig.

W ir können la u t dem D argelegten n u r den m ittleren P a rtie n des vorliegenden B andes, welche die Logoslehre der vornicänischen V äter behandeln, einen reellen w issenschaft­

lichen W e rth zuerkennen. In Bezug auf geschickte H and­

habung der deutschen Sprache h a t der Verf. seit Veröffent­

lichung seines ersten Theiles F o rtsc h ritte gem acht. A uf Spuren von ungelenkem Ausdruck oder von frem dartigen W endungen (Theol. L itbl. 1 8 9 8 , S. 350) stösst der L eser je tz t schon kaum m ehr; vgl. etw a noch Stellen wie S. 70, Z. 7 („erreicht seinen H öhepunkt“, s t a t t : ihren Höhepunkt), S. 229, Z. 23 („n ä h er“ s ta tt: mehr), S. 394 („w eltreligiösere“, s ta tt: m ehr weltreligiöse), S. 452, Z. 23 („Einblick d a rin “, s ta tt: E. darein).

Ein sinnstörender D ruckfehler is t auf S. 448 zurückgeblieben, wo Z. 2 s ta tt „ausnahm sweise“ zu lesen sein w ird: ausnahm s­

lo s e . Bei A nführung geschichtlicher Jahreszahlen sind einige mal kleine Versehen p a ssirt, z. B. S. 47 0 (wo die erste sir- mische Synode um 100 Ja h re zu sp ät an g esetzt ist), S. 47 4 (wo s ta tt 543 z. 1. ist: 553), S. 476 (wo das Todesjahr des H ilarius v. P oitiers m it 368 um zwei J a h re zu sp ä t ange­

geben ist).

Aehnliches

einige mal bei P ersonen, bes. S. 179, Nr. 3, wo Apulejus den irrig en Z usatz „von T y ru s “ erhalten hat; S. 240, N r. 2, wo s ta tt Seeberg „S eiberg“ ste h t; S. 467 bis 469, wo s t a t t A tzberger n ich t w eniger als vierm al „Alz-

b erg e r“ gedruckt ist. Zöckler.

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88

M ic h a e l, Em il, S. J . (Doktor der Theologie und Philosophie, ordentlicher Professor der K irchengeschichte an der Uni­

v e rsitä t Innsbruck), G e s c h ic h te d e s d e u t s c h e n V o lk e s v o m d r e iz e h n te n J a h r h u n d e r t b is z u m A u s g a n g d e s M it te l a lte r s . Z w eiter Band. R eligiös-sittliche Zustände, Erziehung und U n terrich t w ährend des dreizehnten J a h r ­ hunderts. E rs te bis d ritte Auflage. F re ib u rg i. B r. 1899, H erder (X X X I, 4 5 0 S. g r. 8).

D ieser B and des Geschiehts Werkes, das der Je su it und Schüler Jan ssen ’s Em il Michael sich zu r Aufgabe gem acht h at, handelt von den religiös-sittlichen Zuständen, der E rziehung und dem U n terrich t des dreizehnten Ja h rh u n d e rts. E r beschäftigt sich zunächst m it dem W eltklerus, dessen Tugenden er rühm t. Die P ä p ste hielten jederzeit darauf, dass der K lerus seinem Berufe entspreche, aber das G rundübel unbefugter Einm ischung in die B esetzung geistlicher Stellen durch die L aien w ar nicht so schnell zu beseitigen und fü h rte dahin, dass die Könige aus politischen Gründen unw ürdige Menschen zu Bischöfen m achten (S. 5). Viele Bisthüm er w aren a rg verschuldet, die G rundrente kam zum w eitaus grössten Theile den H örigen und P ä c h te rn zu g u te , sodass der geistliche und weltliche Adel vom gew altigen A ufschwung der L a n d w ir ts c h a f t fast g a r keinen V ortheil h a tte (S. 18). W enn die P äp ste einem Bischof m ehrere P fründen v ersta tte te n , so konnte dies seinen guten G rund im W unsche haben, der finanziellen N othlage des Bisthum s abzuhelfen (S. 19). D er Verf. ta d e lt m ässig und rü h m t reichlich. E ngelbert dem H eiligen von Köln rü h m t er (S. 31) viel Verdienst nach, m acht ihm aber doch sein E in ­ tre te n für Philipp v. Schwaben zum V orwurf. D er Mord des grossen Erzbischofs, der auf die G em üther der Zeitgenossen einen so gew altigen E indruck gem acht, w ird ausführlich e r­

zäh lt. Die Aufhebung der L aieninvestitur durch G regor VII.

w a r ein grösser Segen, aber das P a tro n a tsre c h t dauerte un­

glücklicherw eise fo rt (S. 39), und so füllte sich der niedere K lerus m it schlechten Elem enten (S. 40). Doch gib t der Verf.

es zu, dass auch die Bischöfe es zuweilen in diesem P unkte versäum ten. G ern v erw eilt er bei den T ugenden des K lerus, ohne seine F eh ler ganz zu verschweigen. Ohne T adel und F eh l bleibt d er P ap st. L aienfürsten und P a tro n atsh erre n werden als V erderber der K irche hingestellt. Die papistische Tendenz Michael’s w ird verhüllt, aber m acht sich doch überall fühlbar.

Neben dem W eltklerus machen sich die Orden geltend.

D er Verf. g ib t einen kurzen Ueberblick über die V erbreitung der B enediktinerregel und die Reform bestrebungen von Cluny und H irsau. Die religiöse E rhebung brachte Reichthum, dieser aber ze rstö rte die religiöse Zucht und m it der Zucht schwand bald auch der Reichthum dahin (S. 59). An diesem Schaden, der m it dem Mönchthum gegeben w ar, was Michael nicht weiss, kran k ten alle K löster und m achten Schulden. Michael rühm t w ieder die P äp ste als die B eförderer der K losterreform , welche durch ihre D ekrete den Unordnungen zu steuern suchten (S. 63).

Lob und P re is finden die P räm onstratenser, die weissen B rüder (S. 64) und die Cisterzienser, die aus dem Benediktinerorden h er­

vorgegangen w aren (S. 64). Diese Rede Michael’s ist erstau n ­ lich ungenau. W o existirte denn je n er Benediktinerorden, von dem sich die Cisterzienser abgezw eigt haben sollen? Die CiBterzienser sind ja aus dem E rem itenthum hervorgegangen, und wenn ihre Regel wie üblich die B enediktinerregel zur G rundlage h atte, so g ib t dieser Umstand dem Verf. noch kein R echt zu seiner B ehauptung. Den K artäu sern rühm t er die K ra ft des sühnenden Gebetes und die W eihe eines m öglichst voll­

kommenen w eltvergessenen Opferlebens (S. 67) nach. R espekt­

voll w ird an die Inklusen oder K lausner gedacht (S. 75). R eyner der Friese w ollte leiden fü r C hristus, wie Christus fü r ihn gelitten, und brachte es in der A btödtung in Bezug auf N ahrung und Kleidung unglaublich w eit (S. 76). Ebenso köstlich w ar das Leben der K lausnerin W ilbirgis, d er P erle aller w eltent- sagenden Jungfrauen in den österreichischen H erzogthüm ern (S. 77). Die F ranziskaner fanden das V ertrau en des deutschen Volkes und die Zuneigung der P äp ste (S. 87). D as M isstrauen des P ap stes Innozenz w ird ig norirt. Die E n tsteh u n g des Domi­

nikanerordens w ird ohne E rw ähnung der katholischen Armen kurz berichtet. D er Verf. lobt sie als feurige V e rtre te r der päpstlichen Sache (S. 93). Den unfähigen W eltklerus erfüllte

ohnm ächtige E ifersucht auf die M endikanten (S. 94). F rie d rich II.

sah in ihnen seine T odtengräber (S. 97). Die vielen Ordens­

gründungen sieht der Verf. als ein Zeichen des tiefreligiösen Sinnes und der sittlichen K ra ft des deutschen Volkes an (S. 98).

D er Verf. verw endet viel A ufm erksam keit auf die Geschichte der P re d ig t und en tw irft ein strahlendes L ichtbild von der W o rtverkündigung des dreizehnten Ja h rh u n d e rts (S. 99 ff.).

Das L aterankonzil des Ja h re s 1215 und die P rovinzial­

synoden schärften die Pflicht der P re d ig t ein (S. 99). R egel­

mässig w urde an Sonn- und F esttag e n in den P fa rrk irch e n gepredigt (S. 101), welche fü r die P re d ig t gebaut w aren. Ziemlich ausführlich w erden die zwei B ücher des H um bert von Romans über die Bildung der P re d ig er besprochen (S. 103). Die deutsche P re d ig t befindet sich in A bhängigkeit von den Homilien der V äter und der M eister des IX . Ja h rh u n d e rts, sp ä ter von der französischen B eredtsam keit. Aber dieses V erhältniss h ö rt m it den M endikanten auf, welche die originelle them atische Volks­

p red ig t schufen (S. 112). Ihrem Beispiel eiferten die älteren Orden nach (S. 113). Man w endete dabei n atü rlich die L andes­

sprache an. Die fü r P rie ste r bestimm ten M aterialiensam m lungen und P redigtm agazine w aren lateinisch abgefasst (S. 114), dagegen w ar gegen Ende des 12. Ja h rh u n d e rts das P re d ig t­

w erk des P rie ste rs K onrad in deutscher Sprache geschrieben, da der Verf. es für L andgeistliche bestim m t h a tte , welchen die M uttersprache geläufiger w ar als das schw ierigere L atein (S. 115). Michael g ib t einige Proben der dam aligen P re d ig t­

weise (S. 1 1 6 — 144) und verw eilt ausführlich bei B erthold v.

R egensburg, dem süssen B ruder (S. 148). D er Verf. belegt die Fröm m igkeit und k orrekte K irchlichkeit des grossen Mönches und w eist auf seine Schroffheit den K etzern gegenüber hin (S. 173). Michael u rth e ilt über B erthold m it grösser V er­

ehrung (S. 179) Dass er belesen ist, ist deutlich, aber ebenso deutlich seine U nfähigkeit, das C harakteristische je n e r M änner zu erkennen.

D er Verf. w eist auf die blühende Armenpflege der K irche je n e r Z eit hin. Dass der B ettel überhand nahm , ist nicht die Schuld der K irche, sondern dem M angel an einer organisirten Landespolizei zuzuschreiben (S. 184). D ieser B ehauptung w ird tro tz der Bekäm pfung des V agantenthum s durch die K irche und tro tz der U nfertigkeit des m ittelalterlichen S taates kein einsichtiger P ro te sta n t glauben (S. 184). W enn die A rm en­

pflege verfiel, so w ar es hauptsächlich Schuld der w eltlichen M achthaber, welche untaugliche M änner ins Bischofsam t be­

förderten (S. 184). Diese L ücke füllten die Orden aus (8. 185).

D er H eiliggeistorden w ird zunächst gen an n t und seine Organi*

sation geschildert. Die L azaru sb rü d er nahm en sich der Aus­

sätzigen an (S. 194). D urch Seelbäder w urde den Arm en die W o h lth at des Bades erm öglicht (S. 196). Die Zünfte sorgten fü r k ranke und nothleidende Genossen (S. 197). Die K alands- bruderschaften th a ten dasselbe (S. 198).

Ziemlich ausführlich w ird die Heldin katholischer Liebes- w erke E lisabeth v. T hüringen geschildert (S. 205). Dass ih r B eichtvater K onrad v. M arburg g u t wegkommt, ist nicht zu verw undern (S. 209). Neben E lisabeth t r i t t die heilige Hedwig (S. 225), welche viel zur G erm anisirung Schlesiens beitrug, weil sie eine kluge F ra u und vollendete H eilige w ar (S. 226). D er Verf. rühm t ihren S tarkm uth im Leiden (S. 229) und ihren H eisshunger nach dem, was die N atu r k reu zig t (S. 231). Mit frommer G läubigkeit berichtet Michael alle W u n d e r, welche sta ttfa n d e n , als ih re Gebeine erhoben w urden (S. 232). An besonders erbaulichen Exempeln aus der Geschichte der H enne­

berger, Badener etc. lä sst es Michael nicht fehlen. Als M ärty rer p reist er die beiden Knaben, W erner, w elcher 1287 zu Ober­

w esel, und Simon, der zu T rie n t von den Juden g em artert worden ist (S. 238).

An S chatten fehlte es nicht. Michael g ib t ein

Register

der S chandthaten verschiedener M agnaten und

Klostervögte

(S. 240). A ber die Sünder verstanden auch Busse zu thun und zeigten dam it die M acht des Glaubens offenkundig (S. 243).

Sehr genau w ird gebucht, w as die M örder

Konrad’s von

W ü rz­

b urg fü r Streiche von P riesterhänden erhielten (S. 244). In

den K inderkreuzzügen sieht der Verf. eine Ueberspannung des

religiösen Gefühles (S. 249) und

betont,

dass die einsichtigen

Zeitgenossen diese U nternehm ungen als aberw itzig m issbilligten

(5)

90

(S. 254). Die G eisslerfahrten w aren anfangs ein Ausdruck des G laubens und der Liebe, bekamen aber bald einen k rankhaften A nstrich, weil sich die Bew egung der L eitu n g der K irche entzog und durch den Eigenw illen der B etheiligten k orrum pirt (S. 265) wurde.

E s is t n atü rlich , dass Michael sich eingehend m it den ausserkirchlichen B estrebungen und ih re r Bekäm pfung be­

sch äftig t (S. 2 6 6 ff.). Die L ehre der K a th a re r g ib t er nach D öllinger (S. 267 ff.). P e te r von Bruys und Heinrich v. Toulouse sind nicht S ektenstifter, sondern V e rtre te r des K atharism us (S. 271). W as Valdes a n la n g t, so lä sst ihm Michael den Vornamen P etru s und g ib t ihm in Tanchelm einen V orläufer.

Die W7aldenser w erden ziemlich unfreundlich b eu rth eilt und ihnen ih r verstecktes heimliches W esen zum V orw urf gem acht (S. 283), ohne dass auf die verzweifelte L age der V erfolgten R ück­

sicht genommen w ird. K ürzer w erden die R unkeller (S. 285), die L uziferianer (S. 290), die B rüder und Schw estern vom freien Geiste abgethan (S. 290).

D er w eiten V erbreitung dieser H äresien le g t Michael die F ra g e vor, was die U rsache gewesen sei (S. 293). E r beruhigt sich m it dem H errenw ort, dass ja A ergernisse kommen m üssten (S. 293), und m it der E rw ägung, dass ja immer todte Christen vor­

handen seien, die durch den Geist der K irche sich n icht be­

leben lassen, und solche unw ürdige oder unwissende K atholiken seien geneigt, aus Sinnlichkeit oder Stolz m it der K irche zu brechen (S. 294). Mit diesen vulgärkatholischen Reden g laubt der Verf., das Problem gelöst zu haben, doch s te llt er V ersäum ­ nisse und M issbräuche der K irche nicht ganz in Abrede (S. 295.

296). V erfolgt mussten die K etzer werden, denn sie w aren die A narchisten ih rer Z eit, auch die scheinbar so harmlosen W aldenser tra te n in offenen Konflikt m it der staatlichen G ew alt (S. 300). So bahnt sich Michael den W eg zur R echtfertigung der Inquisition (S. 301). Als A nfänger derselben erscheinen in gewissem Sinne Constantin I. und Theodosius I. m it ihren ketzerfeindlichen V erfügungen, welche von A ugustin (S. 303) und Leo I. gebilligt wurden. Die H inrichtung der K etzer fand auch den Beifall des heiligen B ernhard (S. 305). W ie billig hebt M. die B edeutung des Konventes von Verona 1184 sta rk hervor (S. 306), denn dam als w urde die bischöfliche Inquisition eingeführt (S. 307). Es folgt Innocenz III. und das L a te ra n ­ konzil vom J a h re 1 2 1 5 , es folgen F ried rich II. (S. 311) und G regor IX . Verhängnissvoll fü r die Inquisition w urde die W irksam keit K onrad’s v. M arburg (S. 318). Ziemlich ausführ­

lich w ird der F a ll des P räm onstratenserpropstes Minnike be­

h an d e lt, der in Hildesheim den F euertod e r litt (S. 323) und an dessen Prozess sich K onrad betheiligt hat. Die kirchliche O brigkeit h a t in dieser Sache eine massvolle G erechtigkeit geübt (S. 323). D agegen h a t K onrad von den unerhörten Vollmachten, die ihm G regor IX . e rth e ilte , einen rechtsw idrigen G ebrauch gem acht und viele U nschuldige auf falsches Zeugniss hin dem V er­

derben überliefert. Im P rinzip billigten die Zeitgenossen die K etzer­

v erbrennung, aber K onrad’s summarisches V erfahren erreg te allgem ein die grösste E n trü stu n g (S. 331). V ergeblich e r­

m ahnten den F a n a tik e r die Erzbischöfe von K öln, T rie r und Mainz, von seiner unheilvollen P rax is abzustehen (S. 332). So w ar sein gew altsam es Ende beim ungeheueren H ass, den er e rre g t h atte, nicht verw underlich. Im Schlusskapitel behandelt Michael auf seine W eise die E rziehung und den U nterricht.

E r g ib t zunächst eine B lüthenlese pädagogischer Aussprüche B erthold’s von R egensburg (S. 342 ff.), Vincenz’ von Beauvais (S. 348 ff.), E ngelbert’s von Admont (S. 350). Die B rennpunkte der K u ltu r w aren die K löster, aber man w ar so gläubig, dass man die W issenschaft nicht um ih rer selbst willen betrieb, sondern z u r E hre Gottes und zu r V erherrlichung der K irche (S. 356). ln der K losterschule le rn te man zunächst die la te i­

nischen P sa lte r auswendig, was ungemein das G edächtniss stä rk te (S. 357). Die Bedeutung des alten G ram m atikers A lexander von Villedieu, dessen D oktrinale die Hum anisten so schmählich heruntergem acht haben, w ird k rä ftig hervorgehoben (S. 359). Die Klosterschulen sind das Vorbild für die U nter­

rich tsan stalte n an den K athedralen und den K ollegiatstiften (S. 370).

K a rl’s des Grossen G esetzgebung w ird nach K räften ignorirt.

D ie K irche, vor allem das P apstthum drängen au f die A nstellung

tü c h tig e r L eh rer und die E rric h tu n g von Schulen (S. 370).

Michael rühm t die damals übliche Zucht der Ruthe, der auch die jungen K anoniker u n te rstellt w aren (S. 377). M usterknaben kam en aber auch dam als ohne Schläge davon. Das Bestreben K a rl’s, überall P farrschulen ins Leben zu rufen (S. 388), w ird so e r­

z ä h lt, als seien sie w irklich so ziemlich überall in W irksam ­ keit getreten. Die Schulen, welche die neu aufblühenden S tädte ins Leben riefen, w aren den geistlichen Schulen nachgebildet (S, 391). Die S täd te suchten ihre A nstalten vom kirchlichen Scholastikus unabhängig zu machen und fanden bei den P äpsten U nterstützung, welche ste ts für eine vernünftige F re ih eit des U nterrichtes w aren (S. 392).

Auch an sehr unbedeutenden O rten, selbst in M ärkten, Flecken und Dörfern, h a t es nicht an Schulen gefehlt (S. 419).

D er Dorfschulen w ird ja nur gelegentlich, wenn der Zufall es nahelegte, gedacht, aber in den D örfern Lohne, Sassendorf, Oberndorf, Thalm assing und anderen sind sie nachw eisbar (S.422), selbst in ganz unbedeutenden Dörfern Tirols. Michael eignet sich den Ausspruch an, dass im vierzehnten Ja h rh u n d e rt kein Dorf ohne Schule w ar (S. 430). Die P äp ste sind die F ö rd e re r der Schulen im allgem einen und der U niversitäten im besonderen.

Michael rühm t ihnen das w ärm ste Interesse, ja w ahren E n th u ­ siasmus nach (S. 432). Das dreizehnte Ja h rh u n d e rt is t für D eutschland m it R ücksicht auf E rziehung und U nterrich t keine Zeit der Finsterniss, sondern des L ichtes und der A ufklärung im edelsten Sinne gewesen (S. 436).

Michael is t sich in diesem Buche tre u geblieben. Seine Sprache ist massvoll, er u rth e ilt selten und m it Z urückhaltung.

E r gib t M aterial, das er für seine Zwecke geordnet hat, und le g t dem L eser es nahe, ein U rtheil in seinem Sinn zu fassen.

Das P apstthum als höchste und edelste K ulturm acht darzuthun, ist sein Bestreben. Als K atholik h a t er kein V erständniss für die Problem e und kann n u r eine tendenziöse N otizen­

sam m lung, aber kein zutreffendes geschichtliches Gemälde geben.

G r e ifs w a ld .

F r. Lezius.

B e rg m a n n , Mag. theol. W ilh. (Oberlehrer an der Realschule zu D orpat), S tu d ie n z u e in e r k r i t i s c h e n S ic h tu n g d e r s ü d g a llis c h e n P r e d i g t l i t e r a t u r des fünften und sechsten Jah rh u n d erts. I. Teil. D er handschriftlich bezeugte N ach­

lass des F austus von Reji. (Studien zur Geschichte der Theologie und der K irche hrsg. v. N. Bonwetsch und R. Seeberg. 1. Band. 4. Heft.) Leipzig 1898, D ietrich (Theod. W eicher) (VIII, 331 S. gr. 8). 7 Mk.

F au stu s von Reji ist nach m ehreren Seiten hin im Dunkel g e la g e rt, das zum Forschen einlädt. In seiner H eim at als H eiliger verehrt, von der orthodoxen K irche als Sem ipelagianer v erd äch tig t — das kennzeichnet seine ganze Stellung. Selbst seine dogm atischen H auptschriften gehören ihm nicht ganz sicher an, und is t er der V erfasser, so werden Interpolationen verm uthet.

die im Interesse des orthodoxen Augustinismus vorsichtige W ä ch ter der L ehre eingefügt haben. M. B ergm ann h a t sich nun die Aufgabe gestellt, die A utorschaft des F austus bezüg­

lich der grossen Zahl von P redigten, welche hier und da unter seinem Namen gehen, kritisch festzustellen. E s kam ihm dabei zu sta tte n , dass er sich bereits eingehend m it Cäsarius

beschäftigt,

der nicht selten m it F austus bezüglich der

Verfasserschaft

k o n kurrirt. Zu sta tte n kam ihm fern er, dass die W iener Akademie der W issenschaften in der

Herausgabe

des Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum im 21. Bande zu F austus g elan g t w ar in der H erausgabe seiner W erke durch A. E n g el­

brecht (1891). Darum w ird Bergm ann’s A rbeit zu einer fort­

laufenden A useinandersetzung m it diesem G elehrten, der sich als Faustusforscher schon durch zwei Veröffentlichungen einen Namen gem acht. Bergm ann’s A rbeit ist eine sehr eingehende und um fangreiche. Von diesem ersten T heil liegen auf 332 Seiten zwei Theile vor, 1. die dogm atischen Schriften und die B riefe des F austus von Reji, und 2. die

handschriftlich

be­

zeugten P redigten desselben. A uf einen zu erw artenden d ritte n Theil w ird öfters verwiesen. — E s handelt sich für Bergm ann hauptsächlich darum , die grosse Zahl von Predigten, welche E ngelbrecht dem F austus zuschreibt, erheblich herabzusetzen.

Sehr zu loben ist die scharfsinnige K ritik an der Methode dea

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W iener F orschers, w elcher seine eigenen methodischen G rundsätze n icht inne h ä lt und darum viel zu vorschnell u rtheilt. B erg ­ m ann is t sehr zurückhaltend im U rtheil und unterscheidet genau zw ischen dem Erw iesenen und dem W ahrscheinlichen. D ass er trotzdem öfters zum ersteren zählt, was meines E rachtens u n te r das letztere gehört, z e ig t die Schw ierigkeit der Aufgabe. R ichtig is t der G rundsatz, dass dogmatische A usdrücke gerade in der P re d ig tlite ra tu r am w enigsten leitend sein können, da die A b­

schreiber hierbei häufig durch p raktische G esichtspunkte ge­

le ite t wurden. Aehnlich sind z. B. die A bänderungen in geist­

lichen L iedern aus dem praktischen Interesse der B rau ch b ar­

k eit fü r die Gemeinde zu e rk lä re n , w ährend das historisch­

literarisch e gänzlich in den H in terg ru n d tr itt. W ich tig er ist d er Sprachgebrauch im Allgem einen; der Verf. geh t in k a te ­ gorischen U rtheilen in dieser R ichtung zuweilen etw as w eiter als berech tig t scheint. Manchmal m acht er sich wohl auch unnütze Schw ierigkeiten. Bei der O rdnung der drei Pfingst- predigten (S. 217 ff.) — die er im berechtigten G egensätze zu E ngelbrecht dem F au stu s abspricht, der hierbei jedenfalls nich t von ihm selbst, sondern von anderen ausgeschrieben worden is t — m acht ihm das qui descendisse hodie in apostolos le g itu r Schw ierigkeit, da dies W o rt aus der d r i t t e n P re d ig t nur auf den e r s t e n P fin g sttag zu passen scheine. Vom S tandpunkt des Hom ileten aus ist diese V erlegenheit leicht zu beseitigen;

abgesehen davon, dass n icht feststeh t, was in Südgallien am d ritte n P fingsttage gelesen ist, b raucht der P re d ig er z.B. das Lied

„ h e u t schleusst er wieder auf die T h ü r“ keinesweges n u r am ersten W eih n ach tstag singen zu lassen. Und bei jedem F este geh t nach allgem ein angenommenem S prachgebrauch das H e u t e durch die ganze F estfeier hindurch.

Doch d era rtig e Einzelheiten haben auf die R esultate Berg- m ann’s keinen Einfluss. Da dieselben im Ganzen neg ativ er A rt sind, so müssen w ir uns auf den d ritte n A bschnitt ge­

trosten. N ur noch zum Schluss eine B em erkung: F ü r die Ge­

schichte der P re d ig t tra g e n die fleissigen Untersuchungen, deren T heil w ir h ie r vor uns haben, w eniger aus als für die allg e­

meine kirchliche L iteraturgeschichte. Denn fü r jene h a t die einzelne P ersönlichkeit n u r dann eine b e s o n d e r e Bedeutung, wenn sie sich charak teristisch aus dem ganzen Z eitabschnitt heraushebt. D ass dies aber bei F austus der F a ll sei, w ird schw erlich auch durch noch so scharfe k ritische S ichtung nach­

gewiesen werden können. Trotzdem kann auch der H istoriker der Hom iletik grossen Gewinn aus derartig en U ntersuchungen ziehen, w eil sie ihm zur E rfassung d er E igenthüm lichkeit der P re d ig tlite ra tu r im U nterschied von an d e rsa rtig e r nicht geringe A nregung geben.

G r e ifs w a ld . D.

M. v. Nathusius.

Gigalski,

Bernhard,

Bruno, Bischof von Segni, Abt von Monte-Cassino (1049—1123).

Sein Leben und seine Schriften. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des Investiturstreites und zur theologischen Lite­

raturgeschichte des Mittelalters. (Kirchengeschichtl. Studien hrsg.

von Dr. Knöpfler etc. 3. Bd. 4. Heft.) Münster 1898, Heinr.

Schöningh (XI, 295 S. gr. 8). 7 Mk.

Bruno, Bischof von Segni, zeitweilig Abt von Monte-Cassino (geb. 1049 zu Solero bei Asti in Ligurien), wirkte in dem Investiturstreite seit 1079 bis an seinen Tod als eifriger Gregorianer; er hat, nachdem er 1079 auf der Synode zu Rom gegen Berengar von Tours zum ersten Male öffent­

lich aufgetreten war, mit den Päpsten Gregor YII., Victor III., Urban II.

und Paschalis II. Freud und Leid getheilt und sie auf ihren Reisen be­

gleitet, hat schliesslich aber durch seine extrem gregorianische Stellung die Gunst des letztgenannten Papstes verloren. Er starb 1123 in der Stadt Segni, seinem bischöflichen Sitze in der Campagna, nahe bei Rom.

— Während einer Krankheit 1102 hatte er den Entschluss gefasst, das unruhige Weltleben, das er im Kampfe mit Heinrich IV. an der Seite der Päpste führen musste, zu verlassen und Mönch zu werden. Er trat in den Benediktinerorden auf Monte-Cassino. Hier wurde er 1107 Abt;

aber infolge seiner hartnäckigen Bekämpfung der Kirchenpolitik des Papstes Paschalis II. l l l l musste er erleben, dass er vertrieben wurde.

Da er auch als Abt von Monte-Cassino doch Bischof von Segni geblieben war, konnte er jetzt bequem in sein Bisthum zurückkehren; hier lebte er bis an seinen Tod. — Den weitaus grösseren Theil des vorliegenden Werkes macht die Berichterstattung über B ru n o ’s W e rk e aus; Gigalski unterscheidet sie als historische, alttestamentliche, neutestamentliche und homiletische Werke und kleinere Abhandlungen. Als Exeget hat Bruno von Segni keine Originalität; denn er schreibt die Erklärungen zahlreicher Vorgänger zusammen und allegorisirt nach subjektiven Ein­

fällen ; aber er hat doch fleissig exegesirt und ist so in der Uebergangs- zeit von der alten Kirche zur scholastischen Wissenschaft, zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert, der einzige namhafte Exeget Italiens gewesen.

Gigalski stellt ihn in seiner Schätzung unmittelbar hinter Eupert von Deutz.

Dagegen verdienen seine historischen Schriften Beachtung, unter diesen besonders seine Streitschrift gegen die Giltigkeit der simonistischen Weihen („De simoniacis“, Migne 165, p. 1121 sqq. und in „Libelli de lite imperatorum etc.“ II [Mon. Germ ] Hann. 1892; von G. besprochen S 184 bis 205). Ueber die Grundgedanken dieser Schrift hatte schon M ir b t , Die Publizistik im Zeitalter Gregor’s V II. (Leipz. 1894), S. 384 f., be­

richtet; Gigalski gibt eine ausführliche Analyse derselben.

Die Schrift Gigalski’s ist ein fleissig gearbeiteter Beitrag zur theo­

logischen Literaturgeschichte der abendländischen Kirche zur Zeit des In­

vestiturstreites; der Standpunkt ihres Verf.s ist der streng römisch-katho­

lische, was sich speziell an den eingestreuten dogmatischen Urtheilen zeigt.

Göttingen. Faul Tschackert.

Neueste theologische Literatur.

Bibliographie. Catalogue

des dissertations et Berits acad^miques provenant des Behanges avec les universit^s £trang£res et re

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us par la Biblioth&que nationale en 1898. Paris, Klincksieck (172 p. 8 k 2 col.).

Jahres-Verzeichniss

der an den deutschen Universitäten erschienenen Schriften. X IV . 15. V III. 1898 bis 14. V III. 1899. Berlin, A. Asher

& Co. (I I I , 337 S. gr. 8). 10 Jk —

Dasselbe,

der schweizerischen Universitätsschriften 1898—1899. — Catalogue des Berits academiques suisses 1898— 1899. Basel, (B. Schwabe) (59 S. gr. 8). 1. 40.

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Edited by W. B. W . Stephens. With portraits and illusts. J. Murray (395 p. 8). 16 s. —

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Ephraim, Desiderius Erasmus of Rot­

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le Fr. L6on, Ecrivains, artistes et savants de l’ordre de Prömontre. Dictionnaire bio-bibliographique. Deuxi&me livraison.

Bruxelles, Soci6t6 beige de librairie (p. 97 ä 192 8). 4 fr. —

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Edmund, Life and letters of Dr. John Donne, Dean of St. Paul’s, 1573— 1631. New York, Dodd, Mead & Co. (2 vol. il. pors. 8). cl.,

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Thoma,

D. Albr., Katharina v. Bora. Geschicht­

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H. B. (Bp.), Lights and shadows of a long episco- pate: being reminiscences and recollections of H. B. Whipple, D.D.

New York, Macmillan (6—(-576 p. por. il. 8). cl., $5. —

Wotschke,

Past. L ic . Dr. Th., Brenz als Katechet. Ein Beitrag zur Feier des 400jähr. Geburtstages des schwäb. Reformators. Wittenberg, W . Wunsch­

mann (III, 86 S. gr. 8). 1. 40.

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Pred. Dr. Otto, Das Buch des Propheten Habakuck. Erklärt v. H. Würzburg, A. Göbel’s Verl. (V II, 71 S. gr. 8). 2 Jk —

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18). 6 d.

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