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Innen-Dekoration : die Gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort, Jg. 29, März

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Academic year: 2022

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r.ttWWW

AKCrt. LU C IA N BERN H A RD -BERLIN . .SC H L A FZ IM M E R . SE ID E N E R B E T T V O R H A N G , AU SSEN G O L D G E L B , IN N EN D U N K EL G R A U

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XXIX. JAHRGANG. DARMSTADT. MÄRZ 1918.

DER FENSTER-, TÜR- UND BETT-VORHANG

VON JO S E P H A U G . LU X .

E

in Zim m er ohne V orhänge gleicht einer Frau ohne Toilette. S ie gehören gleicherw eise dem P alast wie dem Bauernhause a n , wo ihr Ursprung und ihre E n t­

wicklung zu finden ist. In der K athedrale und im goti­

schen Haus würde man sie vergebens suchen. D ort sind sie ersetzt durch das B u ntglas, »wo selbst das liebe H im m elslicht trüb durch gem alte Scheib en b richt«. In den gotischen Zim m ern hatten nicht die Fenster, sondern die W än d e V o rh än g e, figurenreiche, streng stilisierte W andteppiche, die die S te lle des Freskenbildes vertraten.

A llm ählich griffen diese Behänge von der W and auf das gotische B e tt ü b e r, wo sie zunächst in schüchterner Form als Bordüren an dem baldachinartigen Überbau auftauchten. Im wesentlichen kannte die G otik eine andere Form von Stoffbehängen nicht.

D er Humanismus brachte eine ganze Umwälzung von Süden her. E r stieß die F enster auf, er wollte L uft, L icht, die ganze sichtbare W e lt in seine weitgeschwungenen B ogen und A rkaden einfangen, das Palastfenster und die P alasttü r gaben die Richtlinien für die neue A rchitektur, das B ürger- und Patrizierhaus atm ete den G eist der R e ­ naissance. In den Bildern Tizians und P aolo V eroneses wallen goldgelbe D am astvorhänge in offenen Loggien und Hallen, in venezianischen Palästen zaubert außerdem die Kunst der Filetspitze einen Schleierfall von Blumen, Früchten und A llegorien vor das verwöhnte A u ge. D ie V erbindung von Spitzenvorhang mit dem schwereren

W u rf von Sam t und D am ast ist eine Schöpfung der italienischen R enaissance. A nfangs fallen die Form en in strengen Linien nach dem G esetz der gemessenen A rch itek tu r; sie sind ein Bestandteil der Kostüm freude jener Z eit, die auch den W ohnräum en ihre Kostümierung gibt, edel an G ehalt, aber noch verhältnismäßig streng in der Form mit seitlicher R affung, um den B lick in die L andschaft in einem sorgfältig bestim m ten A u sschnitt freizugeben. S o w irkt der V orhang mit als Rahmen. Die kühne Phantasie eines B ram ante, eines M ichel A ngelo und Palladio bringen einen hohen Schw ung in die G e ­ staltung, Kuppeln schwellen empor, W olk en türmen sich zum G ötterhim m el, die M öbel wölben s ic h , die S to ff­

architektur bläht sich zu üppigeren Form en. A lles er­

scheint gebauscht in dem schw elgerischen B arock, die Tür- und Fensterbekleidung, die reiche Stoffgarnitur der Baldachinbetten, die sich zu wahren Thronhimmeln des G o ttes der Träum e entwickeln, ja selbst die Feldherren auf courbettierenden R ossen in den Schlachtenbildern sind nicht zu schauen, ohne daß sich eine faltige D raperie teilw eise über die offene L andschaft und das Feldlager breitet. D ie T apezierer wandeln auf den Künstlerspuren eines Poussin und Claude Lorrain. F reilich wandelt die schw elgerische Sinnenfreude des 1 8 . Jahrhunderts w ieder ab zur zarten, spieligen G razie des R okoko und der Z opfzeit, die ihre Trium phe in der gesuchtesten A nm ut findet und zarte G ew ebe mit raffinierter Sparsam keit und

1918. I I I. 1.

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80 INNEN-DEKORATION

PÖ SSEN BACH ER W ERK STÄTTEN —MÜNCHEN

dem feinsten V erständnis für die W irkung zu drapieren weiß. W atteau und Boucher geben auch in dieser Hin­

sicht A ufschlüsse über den galanten G eist und G eschm ack ihrer Z eit, der in dem S til der Madame R ecam ier den Höhepunkt gewählter Schlichtheit erreicht. Man denke sich nur ihre persönliche Erscheinung mit dem griechisch angehauchten D irectoirekostüm , ergänzt durch die T o i­

lette des Zim m ers, die immerhin noch von den klassizis­

tischen G eboten der olympisch angehauchten G öttin der V ernunft diktiert war. Im übrigen aber war das Em pire in seiner späteren Entw icklung von dem m ilitaristischen G eist Napoleons beherrscht. Ein starrer hierarchischer Zug tritt in die Erscheinung, der m it dem Traum Napo­

leons von Ä gypten zusammenhängt. D ie Fenstervor­

hänge, Türdraperien und Stoffbaldachine der B etten aus weißen, duftigen G ew eben spannen sich zu den strammen Linien und Flöten kannelierter Säulen nach Vorbildern ägyptischer Kunst, das Urbild der Palm e wird greifbar, auch in den dekorativen Beigaben von vergoldeten stili­

sierten Palm enblättern, die sich mit kriegerischen E m ­

M U LLV O R H A N O AN BRE IT EM BLU M EN FEN STER

blemen — Z eichen der Z e i t ! — zackigen Blitzen, S p eer­

bündeln, P feilen, A iglons, aufgehenden Strahlensonnen usw. usw. verbinden. A lle R equisiten des Em pires kommen sehr deutlich in diesen D ekorationsarbeiten zum A usdruck und bestimmen die absteigende Entw icklung der Biederm eierzeit, die sich schließlich mit der abstrakten Form begnügt und dem dekorativen B eiw erk entsagt. E s ist der A b stieg ins K leinbürgerliche, H ausbackene, spar­

sam Ä rm liche, darin aber immer noch der A d e l klassi­

zistischer H erkunft fortw irkt.

D am it ist die R eih e der schöpferischen E pochen ab ­ geschlossen. W a s später kommt ist unfruchtbarer H is­

torizism us, der von der m ehr oder w eniger geistlosen Nachahmung lebt. Um die Sieb ziger Jah re bricht die M akartepoche an, zu den falschen Butzenscheiben treten V orhänge und D raperien im R enaissancestil, die halb­

dunkle Rembrandtstimm ung schm eckt vor. D arüber ist kein W o rt zu verlieren. D och ist für alle Tapeziererge­

schm acklosigkeiten dieser Z e it keinesw egs M akart ver­

antwortlich zu machen, der ein großer d ekorativer Künstler

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t'NNEN-DEKORATlOíí

ARCHITEKT LU C IA N BERNHARD. »D A M EN -SCH LA FZIM M ER MIT SEID EN EM BA LD A C H IN .

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82 INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ED U A RD P F E IF F E R -B E R L IN »W O H N ZIM M ER. B U N T E Q B E R W U R F-V O R H A N O E

war und dessen Bilder auch nach der S e ite h in , die uns b eschäftigt, viel interessantes und w ertbares enthalten.

A n dem Niedergang des G eschm acks in diesen Dingen ist nicht der Künstler schuld , der ein persönliches B e i­

spiel gibt, sondern der Unverstand der M öbelzeichner, der Parvenugeist des neuen Bürgertums und schließlich der industrielle Schund, der die letzte Stu fe der Entartung bildete. In dieser W e ise wurden alle S tile wiedergekäut, bis die moderne Bew egung der Neunzigerjahre dem T ap e ­ ziererunrat die Fehde erklärte. E s war eine gesunde Reaktion, in der sich die neuen Grundsätze der H ygiene, des L ich t- und Lufthungers durchsetzten. D er alte Kram , die geistlosen wurstrot und sauerkrautfarbenen D raperien wurden hinausgefegt, alle überflüssigen, zw ecklosen S to ff­

behänge und Staubfänger entfernt und der Tapezierer und Fensterdekorateur einem scharfen Exam en nach Z w eck und Sachlichkeit unterzogen. Einfache, helle G ar­

dinen in faltenloser, dürftiger Form nahmen ihren P latz in den ernüchterten Zimmern ein. M it den doktrinären Grundsätzen der bloßen Zw eckm äßigkeit und Sachlich­

keit wurde allerdings der sinnlos gewordene alte Plunder zerstört, aber auch zugleich die schöpferische Phantasie in die Flucht gejagt. M an kann sich heute der Tatsache nicht mehr verschließen, daß die im letzten Jahrzehnt so hoch gepriesenen M usterbeispiele von sogenannter Z w eck­

mäßigkeit und Sachlichkeit wahre Ausbünde puritanischer Ä rm lichkeit und Ideenlosigkeit darstellen, dagegen sich bereits eine leise R eaktion zugunsten phantasievoller, künstlerischer Gestaltung bem erklich macht, davon auch

dieses H e ft einige B eispiele b ietet. A llerdings wird man nicht behaupten können, daß alles, was die dekorative Phantasie des Künstlers, Tapezierers und M öbelzeichners heute aussinnt, darum schon durchwegs gut und auf gleicher H öhe sein müsse. D as ist gewiß nicht der Fall.

A b e r als erfreuliches Z eichen b leib t zu konstatieren, daß die Tendenz immer stärker hervortritt, an S te lle von ideenarmen Puritanismus w ieder die künstlerische Erfin­

dung walten zu lassen und unfruchtbarem Doktrinarismus zu entsagen. O hne die großen B eispiele der Stilg e ­ schichte sklavisch zu kopieren, suchen die Künstler den­

noch den A nschluß an eine reiche und bedeutende T ra ­ dition, die man nicht ungestraft gänzlich b eiseite setzen kann. D er schöpferische Künstler, der starke und per­

sönliche Ideen verw irklichen will, darf und soll aus der Schatzkam m er der Ü berlieferung A nregung suchen, die ihm gerade auf diesem G eb iete in reichem M aß blüht.

W ir sind sehr w eit davon entfernt, zur Stilnachahmung aufzufordern, aber w ir glauben, daß unsere K ünstler ge­

rade auf diesem dekorativen G e b iet sich noch nicht genug oder nicht in der rechten W e is e den Inhalt zu eigen ge­

m acht haben, den frühere Kulturen darreichen und der uns nicht verloren gehen darf. Ich kann daher den Um ­ blick auf die geschichtlichen W andlungen der in R ed e stehenden dekorativen Kunst nicht schließen, ohne den b e­

deutsamen W in k zu geben, daß sich die Künstler m ehr als bisher die alten M eisterw erke der M alerei ansehen mögen.

M an wird staunen, was für eine Fülle von Ideen in der Stoffbehandlung und D ekoration aus einer solchen B ilder-

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ARCHITEKTEDUARDPFEIFFER. «DAMEN-SCHLAFZIMMER«MITREICHGEMUSTERTEMBETTVORHANG

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INNEN-DEKORATION

ED U A RD P F E IF FE R . Ȇ BERW U R F-V O RH A N G AM FEN STER E IN E S KLEIN EN W OH N ZIM M ERS.

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86 INNEN-DEKORATIÖN

schau erwächst. S ie hat den W e rt, die gestaltende Phan­

tasie des dekorativen Künstlers auf die rechten Bahnen zu weisen und sein Schöpferisches anzuregen, gerade weil die B ild er der alten M eister nicht fertige V orbilder geben, die immer nur zur geistlosen Nachahmung verlei­

ten, sondern vielmehr die Suggestionsw erte von H inweisen und Andeutungen enthalten, die den eigenen Genius b e­

leben und zum Selbstschaffen oder W eiterbild en anregen.

W a s wir a b e r, abgesehen von allen künstlerischen M öglichkeiten der Stoffbehandlung im H inblick auf Farbe, Q ualität und D ekoration, Verw endung namentlich in praktischer und ästhetischer H insicht verlangen müssen, ist gleichsam als der Katechism us oder die zehn G eb o te des D ekorateurs in folgende Sätze zu fa sse n :

1. W äh le nur gute und vor allem lichtechte Sto ffe, weil schlechtes Zeug die K osten und die A rb e it nicht lohnt und

A R C H IT E K U G U ST A V O O E R K E —BERLIN Z U G V O R H A N G V O R E IN E R B E TT N ISC H E

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INNEN-DEKORATION 87

ARCH ITEKT PA U L T H IERSC H —BERLIN O ERA FPTER SEID EN ER TQRVORH AN O

»schießende« Sto ffe alsbald unansehnlich und häßlich w erden und die beabsichtigte farbige W irkung verderben.

2. Bed enke, daß die Stofffarben in allen Abstufungen von gelb und gelbrot b e l e b e n , daß dagegen die blauen und blauroten Farb en beruhigen oder wie die Purpur­

farbe, feierlich stimmen. D ie farbigen V orhänge sollen zum T on der W andbekleidung des Zim m ers oder der M öbel passen oder in angenehmen Kontrast dazu stehen.

3. V erm eide daher aufregendeFarben im Sch laf zimmer.

4. V erm eid e alle grellen Musterungen, besonders aber häßliche, fratzenhafte Stilisierungen.

5. D enke daran, daß Türvorhänge, sogenannte P o r­

tieren, die Bestimmung h a b e n , nicht nur zu schmücken, sondern auch den Schall zu dämpfen und der Zugluft den E intritt zu wehren, daß sich also fü r diesen Z w eck nur schw ere Sto ffe, Sam te und Plüsche eignen,

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88 INNEN-DEKORATION

6 . W isse, daß sich solche Sto ffe keinesw egs für B e tt­

vorhänge eignen, sondern nur leichte, duftige G ew ebe, die nicht die L uft abschließen oder das G efühl der B e ­ engung und Bedrückung und schlechte Träum e erzeugen.

7. D enke daran, daß Fenstervorhänge den doppelten Z w eck haben: L ich t einzulassen und L ich t auszuschließen, daß sie demnach ganz zurückzuschieben und reich genug sein müssen, um sich in der M itte ganz zuziehen,zu lassen.

8 . D ie Fenstervorhänge sollen immer doppelt sein, nie sollen w eiße V orhänge aus Spitze, Mull oder Seid e fehlen. W enn die M ittel es erlauben, sollen schw erere

farbige V orhänge aus D am ast oder Sto ff hinzutreten. D ie weißen V orhänge sind gleichsam das Hem d, die farbigen Seid en oder Sto ffe sind der R ock . A b e r das Hemd steht uns näher als der R ock.

9. D ie obere D raperie soll nie so schw er oder tief herabhängen, daß sie den Lichteinfall beeinträchtigt und das Innere verdunkelt.

1 0 . K ein starres System von V orhängen, die unbe­

weglich und unverschiebbar sind. S ie sollen in leichten R ollen laufen und bequem zu handhaben sein und reich im Faltenw urf, der zu ihrer Schönheit gehört. — L.

ARCHITEKT PA U L TH IERSC H —BERLIN SEID EN ER BEH A N G EIN ER BE TT N ISC H E

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c in

toi

P R O F . EM A N U EL V O N SE ID L —M ÜN CHEN . »D AM EN SALO N« FEN STER M IT TÜ LLV O RH Ä N G EN SO W IE D U N KEL O RÜ N SE1D EN EN Ü B ERV O RH A N C EN M IT W EISSEN RÜSCHEN

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90 INNENDEKORATION

ARCHITEKT KARL JO H . M O S S N E R -B E R L IN »H IM M E LBET T . V O RH A N O E M IT HELLEN RÜSCHEN

M

EIN T E P P IC H . Ich habe heute in orientalischen M ärchenbüchern gelesen. D as Land der Teppiche tauchte vor mir auf. W a s ist u n s der Teppich und was ist er dem O rientalen! Ihm ist er soviel wie unsern V orfahren der H erd, das W appen. M ehr, auf dem Teppich verrichtet der M oslem seine G e b e te , wie auf einem verehrungs­

würdigen H ausaltar, den er sich in die W ü ste und auf R eisen mitnimmt, der die Generationen als heiliges E rb ­ stück verbindet. — Nein, ich will mir keinen Teppich kaufen, der nur einen bestim m ten A b sch n itt W ollgew ebe mit etwas Flächenkunst darstellt, auf dem die Füße der D ienstboten und der G äste gedankenlos hinschreiten. Ich

w erde mir einen knüpfen lassen, da unten irgendwo in der Tü rkei, von schwarzäugigen Mädchen, die die Sehn­

sucht ihrer Finger hineinflechten und die Farbenglut ihrer Träum e. A u f meinen Teppich zu treten muß den Füßen ein F e s t sein. D ie Zeichnungen der M uster müssen ihr M aß nehmen von den Füßen einer geliebten Frau. D ie Linien müssen ein G egenspiel sein für den Rhythm us ihrer Tänzelschritte. O h, ich hasse die nichtssagenden Form en, mögen sie noch so kunstgerecht aufgeteilt sein.

L ieb er einige Schnitzer und V erstö ß e in der K om position!

Ich sehe in meinem T eppich so etw as w ie ein Fam ilien­

mitglied, und dazu wird er nicht durch irgend ein tadel-

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INNEN-DEKORATION

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INNEN-DEKORATION

FRITZ A U O . B R E U H A U S—D Q SSEL D O R F. »SITZN ISCH E IN N EBEN STEH EN D . M U SIKZIM M ER.

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A RC H . FR IT Z A U G . B R E U H A U S -D Q S S E L D O R F . .M U SIK R A U M « FEN STER M IT N IED RIO EN SCH EIBEN -V O R H A N G EN . H E U S E ID E N E N W O L K EN -R A FFU N G E N U . D UN KLEN ÜBERHÄNGEN

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E N T W U R F: A RC H ITEKT MAX R U C H T V -H A M B U R G »BETTH IM M EL U N D FEN STER M IT B U N T E N , BFST EEN TP N V O RH Ä N G EN « E L T E R N -SC H L A F Z IM M E R . A U S D E M W E R K : .D A S LA N D H A U S S T . A N TO N IU S«

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INNEN-DEKORATIÖN

ARCHITEKT P R O F E SSO R EM A N U EL V O N S E ID L —M Ü N CHEN . »REIC H O E R A FFTER BETTV O RH A N O IN EIN EM DAM EN-SCHLAFZ1M MER«

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INNEN-DEKORATION

E M A N U E L v . SE ID L . W E ISSE V O RH A N O E H IT RÖSCHEN AN D EN FEN STERN , D EM FR ISIERTISC H U . D ER H EIZ U N G EIN ES T U R M Z IM H E R J

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98 INNEN-DEKORATION

LU CIA N BERN H A RD —BERLIN

loses aber auch beziehungsloses A telierm uster. W arum soll ich mir nicht auch Namenszüge hineinweben lassen, wie die Türken, und eine W e lt frommer oder heidnischer Sym bole, warum soll ich nicht ein Blum enbeet daraus machen, das sich huldigend ihr und mir zu Füßen leg t?

R ätselhafte Z eichen sehen wir fast in jedem alten orien­

talischen T e p p ich , deren geheimen Sinn vielleicht nur dem B esteller bekannt war oder dem H andw erker, der den Teppich erzeugte. Und besonderer Z auber liegt gerade in diesem w ie in jedem Geheimnis. M ein Teppich

FEN STER M IT SEID EN EN V O RH Ä N G EN

wird w ie ein G ed icht in einer G eheim sprache sein, man soll sich einst um seine Deutung mühen wie um eine alte H and schrift! G anz n ebenbei: Davon wird einst das H andw erk w ieder aufleben, daß w ir persönliche D inge um uns haben wollen, keine M arktw are und M illionenartikel.

D ie H auptstücke unseres H aushalts werden gew eiht sein durch eingew ebte Erinnerungen und Beziehungen, durch die Geheim sprache der Fam ilie. H ierfür ist die Maschine untauglich, nur eine fühlende Hand wird die A rb e it schaffen, die das fühlende A u g e sucht. . . . A . ja u m a n n .

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INNEN-DEKORATION 101

DAS BILD DES DEUTSCHEN

I

ch habe ein Bilderw erk durchgeblättert, deutsche Raum ­ kunst aus jüngster Z eit. M ehr sei nicht verraten.

Nun, diese D inge sind reif, dagegen ist nichts zu sagen.

G ekon n t! Zeichnung und Ausführung gleich tadellos.

Nein, dieses L o b ist zu gering. D ie A rbeiten haben hohen künstlerischen W e rt, w ir können uns damit unbedenklich vor dem A usland sehen lassen. W ie uns dort die Kritik auch gesinnt sein mag, die künstlerische H öhe der A u s­

stellung wird niemand anzweifeln dürfen.

A b e r, eine F rag e drängt sich doch so ganz nebenbei auf. W enn wir chinesisches K unstgew erbe sehen, oder gar chinesische M öbel mit ihren mühselig verschnörkelten Schnitzereien, modeln wir nicht das Bild, wie w ir uns den Chinesen selbst vorstellen, unwillkürlich nach diesen A r­

b eiten? Ja auch chinesisches L eb en und Staatsw esen, müssen w ir es uns nicht ähnlich denken? In russischen H olzschnitzereien sehen wir die dumpfe Phantastik des R ussen; den Italiener beurteilen wir — mit R ech t oder mit U nrecht — nach seinen Gipsfiguren und Marmorspitzen.

W ie nun müssen w ir nach solchen Ausstellungen dem A usländer, der sich ein Bild des D eutschen machen will, erscheinen? M anches wird er sich ohne w eiteres erklären können, so das Sch w ere, Solid e und die mühselige er- tüftelte A rb e it. D a w irkt manches recht konstruiert, aber

auch das stimmt zum Bild. A b e r woher kommt da plötz­

lich diese dünne, gebrechliche Schlankheit, diese über­

spitzen Kurven, die mondänen gepuderten Farben, all dies feminin G ezierte? Muß man sich darnach nicht den D eu t­

schen als einen G ecken vorstellen, als einen A ngekrän­

k elten , den nur mehr das A bnorm e reizt? Und wie soll sich das m it dem sonstigen Bild des D eutschen vereinen?

Ein naiver Ausstellungsbesucher könnte, wenn er die M odebilder sieht, zur A n sicht kommen, die deutsche Frau von ehedem, die gute deutsche Hausfrau ist nicht mehr.

D ie D eutsche muß je tz t am liebsten ein Püppchen sein wie die berüchtigte G ab y, mit spitzen Fingern und einem malaischen Porzellangesicht. W ie reim t sich das mit den Erzählungen von der tapferen Dulderin, der M unitions­

arbeiterin, der pflügenden Bäuerin zusammen?

Und geht der B esucher dann w eiter zu den Bildern, was findet er? W ied e r das gerade G egen teil von der er­

w arteten gesunden, schw eren, geistig durchgearbeiteten E n e rg ie : D as Feuer ist krankhaftes F ieb er, die A nm ut gespreizte blasse Unnatur geworden. D abei überall frag­

los höchstes artistisches Können, verbunden mit einem G eschm ack, der um H aaresbreiten wägt.

W a s ist die Folg e? Entw eder der Frem de bekom mt von dem D eutschen ein total zerrissenes oder ein voll­

F R IT Z V O G G E N B E R O E R -F R A N K F U R T B E T T N ISC H E IN EIN EM T O C H TER-ZIM M ER

1918. 111. 3.

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102 INNEN-DEKORATION

PR O FESSO R JO S E F H O F F M A N N -W IE N

kommen falsches Bild. E r hält ihn für einen parfümierten G eschm äckling, was er doch wahrhaftig nicht ist.

W ir ändern, die wir mitten in diesen Dingen stehen, uns kommt die M öglichkeit solcher Fernwirkung gar nicht zum Bew ußtsein. W ir sind immer hinterher sehr erstaunt über die »falschen V orstellungen«, die die W e lt von den D eutschen hat. Und doch ist das alles echt deutsch, wenn man eben weiß, wie es gekommen ist. W ir sind durch­

aus nicht auf einmal schmalbrüstig und geziert, nicht ästhe­

tisch und nicht dekadent. Und die deutschen Frauen haben noch immer ihre gesunden, kräftigen Hände. A b e r es ist,

D AM EN -SCH LAFZ1M M ER H IT BETTH IM M EL

w eiß G o tt wie, eben das Problem , an dem wir im A u gen­

blick mit unserer deutschen Z ähigkeit und Gründlichkeit herum bohren: D ie allerfeinste und gebrechlichste, zuck­

rigste Z ierlichkeit in den Kunstw erken, in der M ode, in den Zeichnungen herauszubringen. W ir sind nicht krank—

wenigstens in der Mehrzahl — aber es ist halt das Problem des T ag es, das Fieberhafte, E xaltierte zu malen, und wir sehen nur die eineFrage, können w i r’s besser, oder könnens die ändern besser? D ie Leistung, die A rb eit, das W e rk selbst, das Problem steht, wie in der Technik, wie in der W issen sch aft,ü ber allem. »D ie Chem ie« arbeitet, forscht,

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INNEN-DEKORATION 103

ARCHITEKT LUC1AN B E R N H A R D -B E R L IN

findet — der einzelne, der im Laboratorium silzt, ist nicht

»er«, er ist ein Stü ck , ein R ädchen der »C hem ie«. D er G elehrte geht auf in der »W issen sch aft«, der Techniker, der A rb eiterim »B etrie b «. D ie A ufgaben und dieProblem e wandeln sich und wachsen ganz für sich, vielleicht nach innerenG esetzen, vielleicht auch ohne Grund. D er D eutsche stürzt sich darauf, er m acht mit Hingabe alles, aber du darfst ihn nicht mit seinem W e rk identifizieren. Und wenn es ein­

mal ein »Problem « geworden sein wird, Ausstellungen zu m achen, die ein günstiges »Bild des D eutschen« geben, wird er auch das lernen...a n t o n j a u m a n n - b e r l i n .

FEN STER-V O RH A N O E E IN E S ANKLE1DERAUMS

D

ie A rchitektu r als Kunst geht auf den schönen Sch ein aus, und dieser kann nur entstehen, wenn das Bauw erk und seine einzelnen Räum e nicht als eine tote M asse wirken, sondern die in ihnen waltenden gewissermaßen gebundenen und zu harmonischem Zusammenwirken vereinigten K räfte für das A u ge sichtbar werden lassen. Je d er Bau ist eine Überwindung der allbeherrschenden K raft der S ch w ere;

er w ächst mit Überwindung der Sch w ere gewissermaßen aus dem Boden hervor und er kann zum geschlossenen Raum nur werden, in dem die niederziehende K raft der Sch w ere durch die Starrheit geform ter M aterie und die

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104 INNEN-DEKORATION

PÖ SSEN BACH ER WERKSTÄTTEN . VORH AN O AN R U N D B O O IO E M FEN STER + + + +

in ihr sich entwickelnden K räfte des Stützens, Tragens, Spannens, des mannigfach geform ten W iderstand es, über­

wunden werden. Nützlich kann ein Bauw erk schon sein, wenn es nur einfach diese N aturkräfte in solcher W e ise verw endet, daß ein bestim m ten Z w ecken dienender Raum entsteht. A b e r die Kunst ist ja überall ein U berschuß über das N ützliche; sie bedarf der A nregung unserer Einbil­

dungskraft. M it dem schlicht Notwendigen ist sie nicht zu­

frieden. W ir wollen das lebendige K räftespiel, w elches einen Raum aufbaut und zusammenhält, sinnlich wahrnehmen, und wir können das nur, wenn diese K räfte aus den M assen heraustreten, Form gewinnen, den G egensatz ihrer Leistung durch die V erschiedenheit der Form en sichtbar machen.

* FR IE D R IC H JO D L .

D

er W e g zur Vollkom m enheit und zu jed em F o rt­

schritt ist fortwährende S e lb stk ritik b ö c k l i n .

Cytaty

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gewerbler, Dekorateur, Architekt Lebrun hat niemals etwas Geniales im Sinne des rein schöpferischen eines Michelangelo, Goya oder Rembrandt und er beherrschte doch mit

D er Künstler ist nicht P roletarier, auch wenn er kein G eld h at; er kann nicht schöpferisch werden durch Organisation, die immer nur ein Ä ußerliches,

Es muß ihre Erscheinung aufs vorteilhafteste zur G eltung bringen; aber über diese Äußerlichkeiten hinausgehend, muß die Bewohnerin in ihrem Schlafzimmer, besonders,

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tigsten Punkte für die innere Gestaltung überhaupt, zur Heizungsfrage. Grundsätzlich sollte kein Erker angelegt werden, in dem nicht selbst, oder zum mindesten in seiner

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