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Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 3, No. 1

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Academic year: 2022

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III. Jah rgan g. I897. Nr.

1

.

Unterrichtsblätter

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

O r g a n d e s V e r e in s z u r F ö r d e r u n g

d e s U n te r r ic h ts in d e r M a th e m a tik u n d d en N a tu r w is s e n s c h a fte n .

Prof. Dr.

B. Schw albe,

D ire k to r d es D o ro th ee n stä d t. R ea lg y m n a siu m s zu B erlin .

Herausgegeben von

11ml

Prof.

Fr. F ietzker,

O berlehrer am K ö n ig l. G ym n asiu m zu N o rd h a u sen .

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 3 0 .

R ed a k tio n : A l l e fü r d ie R e d a k t io n b e s t im m t e n M it t e ilu n g e n u n d S e n d u n g e n s in d n u r a n d ie A d r e s s e d e s P r o f . P i e t z k e r in N o r d n a u s e n z u r ic h t e n .

F ü r d ie in d e n A r t ik e l n zu m A u s d r u c k g e b r a c h t e n A n ­ s c h a u u n g e n s in d d ie b e tr . H e r r e n V e r f a s s e r s e lb s t v e r a n t ­ w o r t li c h ; d ie s g i l t in s b e s o n d e r e a u c h v o n d e n i n d e n e i n z e ln e n H iie h c r b e s p r e c h u n g e n g e f ä l l t e n U r t e ile n .

V e rla g : D e r B e z u g s p r e i s fü r d e n J a h r g a n g v o n « H u m m e r n i s t :i M ark, f ü r e i n z e ln e N u m m e r n ßo P f . D ie V e r e i n s m i t ­ g li e d e r e r h a lt e n d ie Z e i t s c h r if t u n e n t g e l t l i c h ; fr ü h e r e J a h r ­ g ä n g e s in d d u r c h d e n V e r la g b e z . c i n e i i u e h h d l g . zu b e z ie h e n . A n z e i g e n k o s t e n 2 5 P f . f ü r d ie 3 - g e s p . K o n p a r .- Z e i le ; b e i A u f g a b e h a lb e r od . g a n z e r S e it e n , s o w i e b ei W ie d e r h o lu n g e n . E r m ä s s ig u n g . — B e ila g e g e b ü h r e n n a c h I T c b e r e in k u n ft.

I n h a l t : A ngelegenheiten des V ereins zur F ö rd e ru n g des U n terrich ts in d e r M athem atik u nd den Xattirwiss. (S. 1).

— lie b e r geom etrische W andtafeln. V on M a x X o u m a n n (S. 2). - - F reihand-V ersuche. Von P rof.

H. S c h w a l b e (S. 3). — lie b e r M athem atik und N aturw issenschaft in ih rer Beziehung zu dem Studium des Ingenieurw esens. Von M . M ö l l e r (S. 5). — D em onstrationen m it dem elektrischen M ikroskop.

Von E . S c h ü l e r (S. 7). — U nterrichtsm ittel fü r den S te re o m e trie -U n te rric h t in der U ntersekunda.

Von E . L e n z (S. 8). — K ritisch e B em erkungen üb er die M athem atik d er höheren Schulen. Von B. B u e l i r u c k e r (S. !)). ■ -— V ereine und V ersam m lungen (S. 11 t. — Das gesam te Erziehungs- und U nterrichtsw esen in den L än d e rn deutscher Zunge fS. 11). — Besprechungen (S. 12). — A rtikelscnau aus Fachzeitschriften und P rogram m en (S. 13). — Z u r B esprechung eingetroffene B ücher, (S. 13).,— A nzeigen.

A n ge le g e n h eite n des V erein s zur F örd eru n g des U nterrichts in der M athem atik und den N aturw issenschaften.

Anmeldungen zu Vorträgen für die allgemeinen Sitzungen wie', für die Sitzungen der Fach­

abteilungen der zu Pfingsten d. .1. in D a n z i g abzuhaltenden H a u p t Versammlung des Vereins werden bis zum 1. März erbeten. Dieselben sind an Direktor Dr. H a n id o r f f in Guben zu richten.

Ferner werden die Vereinsmitglieder in Gemässheit des § 4 der Vereinssatzungen ersucht, die Beiträge für das laufende Vereinsjahr 1897, soweit es noch nicht geschehen ist, bis zum 1. April d. J. unter Benutzung des dieser Nummer beiliegenden Postanweisungsformulars an den Vereins-Schatzmeister (Oberlehrer

P r e s l e r

in H a n n o v e r , Brühlstrasse 9?) einzusenden. Die bis dahin nicht eingegangenen Beiträge werden im Laufe des nächsten Vierteljahrs durch Postnach­

nahme eingezogen werden (§ 5 der Satzungen).

Zur Erleichterung für die Kassenführung wie zur Ersparnis für die Mitglieder selbst würde es dienen, wenn die an demselben Orte wohnenden Vereinsmitglieder ihre Beiträge zusammen i n e i n e m Posten einsenden wollten. Die ausserhalb des Deutschen Reiches wohnenden Vereins­

mitglieder werden noch besonders um direkte Einsendung ersucht, um die durch Postnachnahme erwachsenden Weiterungen und Mehrkosten zu vermeiden.

Der vorliegenden Nummer ist ein n a c h - O r t s c h a f t e n und A n s t a l t e n geordnetes Ver­

zeichnis der Mitglieder nach dem Stande vom 1. Januar d. J. beigelegt. Die Vereinsmitglieder werden gebeten, zur Gewinnung der in diesem Verzeichnis noch nicht aufgeführten Fachgenossen für denVerein nach Kräften thätig zu sein. Neuanmeldungen nimmt ebenfalls Oberlehrer P r e s l e r in Hannover entgegen.

D er V erein svorstan d.

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S . 2 . Un t e r r i c h t s b l ä t t e r. 1 8 9 7 . N o . 1.

U eber geom etrische W andtafeln.

Vortr. im Verein z. Föj'd. d. matli. pliys. Unterr. zu Berlin.

Von Max Neu m a n n (Berlin).

Der Gedanke, Abbildungen oder Figuren, welche beim Unterricht wiederholt gebraucht werden und welche man bisher mit Kreide an die Schultafeli gezeichnet hatte, auf besonderen W andtafeln darzustellen und sie dadurch für den Gebrauch bequemer zu m achen, ist zwar keineswegs neu, sondern seit langer Zeit in zahl­

reichen Disziplinen in ausgedehntester Weise angewendet w orden; in der Geometrie indessen ist dies höchstens in sehr eingeschränktem Masse geschehen. Der Grund liegt wohl darin , dass die geometrischen Figuren sich in verhältnis­

mässig leichter Weise mit Kreide, Zirkel und Lineal hersteilen lassen, so dass eine Veran­

lassung , zur W andtafel überzugehen, nicht so nahe liegt. Wie aber auf anderen Gebieten die W andtafeln ausser dem Vorzug des bequemen Gebrauchs noch eine Reihe anderer, sehr wesent­

licher Vorzüge besitzen, so lässt sich auch in bezug auf geometrische W andtafeln eine Anzahl beachtenswerter Gründe anfiihren, welche ihre Verwendung beim Unterricht vorteilhaft er­

scheinen lassen.

Es muss indessen nachdrücklich betont wer­

den, dass geometrische W andtafeln natürlicher­

weise nicht dazu dienen sollen, das Z e i c h n e n d e r S c h ü 1 e r an der Schultafel zu verdrängen, sondern vielmehr, dasselbe zu e r g ä n z e n . Jede Figur muss anfänglich immer ein oder zwei Mal vor den Augen der Schüler entworfen werden, und erst dann darf zum Gebrauch der W andtafel übergegangen werden. In der eigenen Erzeugung der Figur liegt ein so hoher didaktischer W ert, dass darauf keineswegs verzichtet werden kann.

Der Verfasser hat nun beim Unterrichte Ver­

suche mit geometrischen Wandtafeln angestellt und dabei Tafeln verwendet, welche eine Breite von 75 cm und eine Höhe von 1 m haben. Sie sind mit einer Kartonunterlage versehen und zeigen die geometrischen Figuren in schwarzen etwa 1 cm dicken Strichen auf weissem Grunde.

Die Vorzüge, welche der Verfasser ihnen bei­

misst und welche durch seine Erfahrungen beim Unterricht bestätigt worden sind, sind folgende:

Zunächst die P r ä g n a n z d e r Z e i c h n u n g . Da die Klarheit der Anschauung, welche beim Schüler entwickelt wird, von der Energie und Deutlichkeit der Wahrnehmung abhängig ist, welche ihm geboten wird, so werden Zeichnungen, wie sie die geometrischen Wandtafeln zeigen, in dieser Beziehung weit besser wirken müssen als die mit dünnen Strichen ausgeführten Figuren an der Schultafel, welche häufig für die auf den letzten Bänken der Klasse sitzenden Schüler nur m it Mühe deutlich sichtbar sind.

Ein zweites beachtenswertes Moment ist,

dass die Wandtafeln v o l l k o m m e n r i c h t i g e Z e i c l m u n g e n darstellen. Je komplizierter die Figur ist, desto schwieriger ist es dem in der Handhabung der Kreide und des langen Lineals wenig geübten Schüler, eine richtige Zeichnung zu entwerfen, und auch dem Lehrer missglückt die Zeichnung oft genug. So kommt es, dass der Schüler manche Figuren unter Um­

ständen niemals ganz korrekt zu sehen bekommt.

Hier kann die W andtafel eingreifen; sie bietet eine völlig richtige Figur.

Ferner sind die geometrischen W andtafeln in jedem Augenblick zum G e b r a u c h f e r t i g . Der didaktische W ert, welcher in der Herstellung der geometrischen Figur durch den Schüler selbst liegt, fällt nahezu ganz weg, sobald die­

selbe mehrmals gezeichnet worden ist. • Dagegen macht sich ein Verlust an geistiger Spannkraft und an Zeit bemerklich, welcher wohl bei jedem Lehrer den Wunsch und das Bedürfnis rege macht, die erforderliche Figur sofort fertig zur Stelle zu haben. Es ist daher wichtig, beson­

ders solche Figuren auf W andtafeln darzustellen, aus denen sich die Lösung einer ganzen Reihe von Konstruktionsaufgaben herleiten lässt, wie z. B. die Figur mit dem einbeschricbenen und den drei unbeschriebenen Kreisen des Dreiecks, die Figur für den Pythagoreischen Lehrsatz und andere.

Ganz besonders wertvoll endlich ist die Mög­

lichkeit, diese W andtafeln nach dem Gebrauch im Klassenzimmer aufzuhängen und die Figur dadurch dem Auge des Schülers d a u ' e r n d dar­

zubieten. Durch bewusste Betrachtung sowohl wie durch unbewusste Einwirkung der sich be­

ständig dem Sinne darbietenden Zeichnung nimmt der Schüler die Formen derselben in sich auf;

sie geht in den Kreis seiner geläufigsten An­

schauungen über. Gerade Schülern, deren geistige Eigenart eine gewisse Sprödigkeit gegen geometrische Betrachtungen verursacht, wird dadurch eine wesentliche Förderung zu teil, und damit wird dem U nterricht überhaupt ein will­

kommener Dienst geleistet.

Die Gefahr, dass das Interesse der Schüler durch den beständigen Anblick abgestumpft wird, wie es bei den im Klassenzimmer aufge- liängten geographischen W andkarten so leicht geschieht, ist hier weit geringer, weil die relative Einfachheit der Form das Auge nicht verwirrt und ablenkt, sondern fesselt und zur Betrachtung einladet. Ueberdies wird eine von Zeit zu Zeit wiederholte Hinweisung des Lehrers das Interesse der Schüler immer wieder anregen.

W enn Erwägungen vorstehender A rt den einen und anderen Lehrer der Mathematik ver­

anlassen würden, Versuche anzustellen, so dürfte sich wohl die Ueberzeugung ausbreiten, dass eine geeignete Auswahl geometrischer W and­

tafeln, welche dem Lehrer zur Verfügung steht,

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1 S 9 7 . N o . 1. FREIHAND-VERSUCHE. S . 3.

die Lehrarbeit nicht unwesentlich erleichtern und für manche Schüler noch fruchtbringender gestalten könnte.

F reih a n d -V ersu ch e.

Von P ro f. Dr. B. S c h w a l b e (Berlin).

M i t t e i l u n g II.

V e r s u c h e m it k o h le n s a u r e m W a sse r .

In der letzten Nummer der Unterrichtsblätter war eine kurze Darstellung des Vortrags über Freihandexperimente, gehalten in der Sektion für mathematisch-naturwissenschaftlichen Unter­

richt (Naturforscherversammlung zu Frankfurt a. M.) veröffentlicht worden. Die beiden Haupt­

methoden, nach denen solche Versuche geordnet und vorgeführt werden können, die systematische nach einem Lehrgänge geordnet, und die prag­

matische, bei der ein Gegenstand, eine Erschei­

nung, ein Gesetz den M ittelpunkt bildet, von dem aus andere Erscheinungen vorgefiihrt und besondere Gesetze dargelegt w erden, sollten durch Beispiele erläutert werden. Es ist naturgemäss, dass für eine zusammenhängende Darstellung, welche dem Lehrer ermöglichen soll, Schüler einer j e d e n Schule in das Gebiet der Physik und Chemie auf experimenteller -Basis einzuführen, um sie so einerseits mit den wichtigsten Erscheinungen bekannt zu machen, andererseits zum eigenen Nachdenken und Schliessen zu führen, nur der systematische Weg einzuschlagen ist. Eine solche Darstellung muss dann so eingerichtet werden, dass das g a n z e Gebiet der Physik und Chemie, selbstverständlich nur in den grundlegendsten und zugänglichsten Erscheinungen vorgeführt wird. Dass von den betreffenden Versuchen viele v i e l e n bekannt sein werden, dass sie von den Schülern leicht wieder­

holt werden können, dass sie von manchen als Spielerei betrachtet werden, liegt in der Natur der Sache, dass aber diese Versuche auch einem ernsten Unterrichte zu gründe gelegt werden können, dass sie nicht blos zur Unterhaltung dienen, sondern, indem das Interesse erregt wird, gleichzeitig zum naturwissenschaftlichen Denken führen können, soll versuchsweise an einem Bei­

spiel an Experimenten m it Sodawasser gezeigt werden, während z. B. an dem Gesetz der B e ­ h a r r u n g e n den Gesetzen des S c h w e r p u n k t e s gezeigt werden könnte, wie sich die Darstellung im Anschluss an ein bestimmtes Gesetz gestaltet, das E l e k t r o s k o p dagegen ein Beispiel bietet für einen A pparat, der leicht von jedem selbst an­

gefertigt werden kann, und an dem sich mit wenigen Hilfsmitteln die Grundgesetze der g e ­ s a m t e n Elektrizitätslehre darlegen lassen.

Die Darstellungsweise selbst könnte i n d u k - t i v und d e d u k t i v gegeben werden. Ist der Lehrende mit dem Stoffe nicht so weit vertraut, [

dass er jederzeit denselben dem unterrichtlichen Bedürfnis anpassen kann, so wird die induktive Form willkommener sein, während die deduktive kürzer und gedrängter, eigentlich nur Andeutun­

gen zu geben brauchte. Für den Unterricht selbst wird meist der induktive W eg einzuschlagen sein, wobei die gewonnenen Resultate am Schlüsse zusammengefasst und durch Mittheilung ergänzt und erweitert werden müssen.

Für ein grösseres W erk wird man daher beide Wege kombinieren können, wobei dann dem Lehrenden vollständige Freiheit gelassen und gestattet ist, in selbständiger Weise den Stoff pädagogisch-künstlerisch zu gestalten, anderer­

seits ist dann aber auch bei einzelnen Abschnitten dargelegt, wie sich die induktive Verwertung gestalten kann.

Von didaktischem Interesse könnte es sein, an einem späteren Beispiel beide Wege neben einander zu zeigen, es würden sich dazu beson­

ders die Gesetze des S c h w e r p u n k t e s eignen.

F ür den physikalischen und chemischen Unterricht an den höheren Lehranstalten liegt je tz t die grosse Gefahr vor, dass bei den er­

staunlichen Errungenschaften der Wissenschaften und dem g-rossen Einfluss der Technik, man ver­

sucht ist, den Schülern nur das Neue mitzuteilen, dass man den Zweck, eine s i c h e r e G r u n d l a g e der Wissenschaften zu geben, auf welcher ein Verständnis sich aufbauen lässt, verlässt, encv- klopädischen Mitteilungen zu liebe, dass man verkennt, wie naturwissenschaftliches Erkennen nur durch Denken und Arbeit gewonnen werden kann, und nicht bedenkt, wie die Erregung von Neugier und Interesse einer Halbbildung Vor­

schub leistet, und abstumpfend wirkt. Schon einmal ist der naturwissenschaftliche Unterricht in einer ähnlichen Epoche Ende des vorigen Jahrhunderts hieran gescheitert.

Für die e i e m e n t a r e n S c h u l e n fehlen die Vorbedingungen zu einer gedeihlichen E n t­

wicklung naturwissenschaftlicher Unterweisung fast gänzlich, die Vorbildung der Lehrer müsste vervollkommnet werden, wenigstens einige Hiilfs- mittel müssten beschafft werden, und hier einen geeigneten W eg zu zeigen, der ohne eingreifende Umänderungen und grosse Erhöhung der Anfor­

derungen begangen werden kann, ist eigentlich der Hauptzweck des Planes, der in Frankfurt a. M.

skizziert und hier veröffentlicht wurde.

Wenn das Denken an dem Beobachteten ge­

übt, die Erfahrung der Jugend zu Hilfe genom­

men w ird, so weit sie sich auch der Jugend unseres Landes darbietet, sollte da nicht der naturwissenschaftliche Unterricht in den Volks­

schulen unserer kleineren Städte und Ortschaften auch noch in anderer Weise segenbringend wir­

ken können?

Bei den Experimenten wird vorausgesetzt,

dass die gewöhnlichsten Handwerkszeuge, einige

(4)

1 ' N T E R R I C H T S U L Ä T T E H . 1 8 9 7 . N o . 1.

Gläser, Korke und Gegenstände, die in jedem Haushalte gebraucht werden, vorhanden sind.

Was zu beschaffen wäre, ist eine Spirituslampe und einige Glasröhren, eine Glasfeile (Rundfeile und Dreikantfeile), die sich aber auch häufig im Haushalte finden; Siegellack, Wachs oder irgend ein Harz oder F ett und sonstige Materialien sind überall zur Hand. — Die Beobachtung der Schü­

ler ist auf jedes einzelne Thun des Lehrers zu lenken, denn jede Manipulation ist ein E x p e r i ­ m e n t , sie hat den Zweck, Bedingungen herbei­

zuführen, unter denen eine bestimmte Erschei­

nung stattfindet, und aus diesen Bedingungen bestimmte Schlüsse ziehen zu lassen. Die ge­

samten Materialien verursachen so wenig Kosten, dass dieselben von j e d e r Schule aufgewandt werden können, die Vorbereitungen nehmen nur die Z e i t des Lehrenden in Anspruch, werden ihm selbst aber Freude machen, wenn er sieht, wie die Jugend dem gebotenen Stoffe gegenüber­

tritt. Denke ich doch gern an die Stunden zu­

rück, wo ich auf früher Klassenstufe Versuche in dieser Richtung gemacht habe.

V e r s u c h e m it S o d a w a sse r .

(E igenschaften der K ohlensäure. G esetze • d e r L ösung d e r (fase. Spannung d e r Gase. T echnische B eziehungen.

E n tsteh u n g d er K ohlensäure. Rolle derselben in der N atur.} *)

Ve r s u c h e.

Der Verschluss bei verschiedenen Flaschen, sowie das Aussehen des Wassers (man wähle möglichst farblose Glasflaschen) wird beschrie­

ben, die Erscheinungen, welche beim Oeffnen eintreten, werden beobachtet (Explosion, Auf­

brausen und Perlen der Flüssigkeit). Zum Ver­

gleich ist eine ebenso geschlossene Flasche mit gewöhnlichem W asser zur Hand. - Abnahme des Perlens beim Verschliessen der Flasche.

Man giesst in ein gewöhnliches, nicht zu weites Wasserglas (Becherglas) Sodawasser fast bis zur Hälfte:

Ein brennendes Licht an einem gebogenen Draht hineingehalten, so dass die Flamme un­

gefähr 3 cm über der Wasseroberfläche ist, er­

lischt, während es über gewöhnlichem W asser ruhig weiter brennt. Man kann auch die Mün­

dung der geöffneten Flasche, nachdem das stü r­

mische Aufbrausen vorüber ist, einem brennen­

den Licht nähern, dasselbe erlischt; bringt man die Mündung in die Zugöffnungen einer Petro­

leumlampe, so brennt die Flamme dunkler.

Es hat sich ein Gas entwickelt, welches die Verbrennung nicht unterhält. — Kohlensäure. —

*) A n m e r k u n g . Da die zu erö rtern d en T hat- sachen in den K reisen unseres V ereins allgem ein be­

kannt sind, ebenso wie die G egenstände, welche bei der B etrac h tu n g sonst herangezogen w erden können, is t h ie r eine aphoristische D arstellungsweise gew ählt, bei der m eh r die m ethodische Seite h erv o rtreten soll.

Man fülle einen Bierbecher (Glas) zur Hälfte mit Sodawasser, halte vertikal ein hellbrennendes Streichholz,-die Flamme nach oben und neige das Glas der Flamme zu; ehe das W asser den Rand berührt, erlischt die Flamme; das Gas, welches über dem W asser sich befand, ist über den Rand herausgeflossen, es ist schwerer als die Luft, was auch daraus hervorgeht, dass die Kohlensäure über dem W asser längere Zeit an­

gesammelt bleibt; durch die Kerze lässt sich die ungefähre Grenze sichtbar machen. Als Gegen­

probe kann man dieselben Versuche mit gewöhn­

lichem Wasser anstellen. Die Kohlensäure ist H/amal schwerer als die gleiche Raummenge (Volum) Luft.

E n t w e i c h e n d e s G a s e s ; L ö s u n g d e r

K o h l e n s ä u r e . Man setzt einen Kork / —x mit S förmig gebogenem Glasrohr AO auf A ] die eben geöffnete Flasche, die Mündung I o 0 taucht unter Wasser. (Die Flaschen

haben fast sämtlich gleich weite Oeffnungen, so dass die Korke schon vorher bereit gemacht werden können und sich immer wieder verwenden lassen.) Ueber die Oeffnung stülpt man ein mit W asser gefülltes Glas (Bechergläschen, Reagenz­

gläschen, ersteres kann man mit einer gewöhn­

lichen Glasplatte, letzteres mit dem Finger ab- scliliessen und umkehren; (die W irkung des Luft­

druckes auf die Wasseroberfläche, der die W asser­

säule im Glase zurückhält, ist schon früher de­

monstriert), die entweichenden Gasblasen füllen das Glas an, man schliesst, kehrt um und weist wie früher die Kohlensäure nach. Man füllt ein Probierglas nur knapp bis zur H älfte, schliesst dies mit dem Finger und schüttelt, man bemerkt ein Ansaugen, die Kohlensäure hat sich wieder gelöst, ist von dem W asser aufgenommen. Beim schwachen Erwärmen entweicht die Kohlensäure.

Zum Nachweis kann man anstatt der Kerze auch einen glimmenden Holzspahn (beim Glimmen findet noch eine schwache Verbrennung statt) benutzen, der über Wasser, aus dem Kohlensäure entweicht, erlischt.

Um einen andauernden Gasstrom zu erhalten, stellt man die Flasche mit Sodawasser in warmes Wasser. H at man bei einer leeren Flasche den Inhalt bestimmt und fängt in einem Gefässe, das ungefähr den 2—Sfachen Inhalt hat, von Anfang an die entweichende Kohlensäure auf, so sieht man, dass in dem W asser das 1—2fache der Raummenge (des Volums) entweicht. Dabei wird sich schwer vermeiden lassen, dass gleich nach dem Oeffnen etwas Kohlensäure, die nicht aufgefangen wird, entweicht.

Lässt man das Sodawasser in derselben Weise lange Zeit stehen, so bemerkt man, dass die Gasentwicklung sehr lange Zeit andauert.

Prüfung des Geschmacks: schwach.säuerlich,

des Geruchs : geruchlos. Das Prickeln wird

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1 8 9 7 . N o ; .1. Üb e r. Ma t h e m a t i k u n d Na t u r w i s s e n s c h a f t. S . 5-

durch emporgeschleuderte Tröpfchen hervorge- bracht.

Das Sodawasser ist eine Auflösung von Koh­

lensäure in Wasser, es enthält mehr Kohlensäure als das W asser bei gewöhnlichen Verhältnissen aufzunehmen vermag. Daher übt die Kohlen­

säure, welche zu entweichen bestrebt ist, einen Druck aus, sie entweicht am Anfang stürmisch (Aufbrausen). Da beim Erwärmen das Gas schliesslich vollständig entweicht, löst es sieb in höherer Temperatur weniger als bei gewöhn­

licher.

H i n z u t r e t. e n d e B e o b a c h t u n g : die ent­

weichenden Gasblasen sind kugelförmig; häufig findet die Bläschenentwicklung von bestimmten Punkten aus statt.

* *

Z u s a m m e n f a s s u n g . * Eigenschaften der Kohlensäure, die aus den vorigen Versuchen und Beobachtungen folgen.

E r w e i t e r u n g . Das Aufschäumen (Mus- sieren) wird bei vielen Getränken wahrgenommen.

Bier, Weissbier. Die Versuche, welche den Nacli- weiss liefern, dass dies durch entweichende Kohlensäure hervorgebracht ist, können wieder­

holt werden.

S c h l u s s in Beziehung auf das W asser.*) Das W asser löst Gase in ganz bestimmten Mengen auf. Gesetz der Lösung.

* * *

Es können nun nicht alle Versuche 'und Schlüsse, welche auf Grund derselben gezogen werden können, angeführt werden. Es ist z. B.

k lar, dass mit der aus dem Sodawasser herge- stellten Kohlensäure auch die gewöhnlichen und gebräuchlichen Versuche vorgeführt werden können, man hat gerade im Sodawasser das ein­

fachste Mittel zur Darstellung der Kohlensäure.

(F o rtsetzu n g folgt.)

Ueber

M athem atik und N atu rw issen sch aft in ihrer B ezieh u n g zu dem Studium des

In gen ieurw esen s.

Von AI. M ü 1 1 e r , Braunschw eig.

Mit lebhaftem Interesse habe ich in den Unterrichtsblättern für Mathematik und Natur­

wissenschaften (No. 5, II. Jahrg.) die Abhandlung

„Ueber die Beziehungen des mathematischen Unterrichts zur Ingenieur-Erziehung“ gelesen, in der auf Seite 69 aucli eine Aussprache der Vertreter technischer Hochschulen als erwünscht bezeichnet worden ist. Dieser Aufforderung

*) A n m e r k u n g . E s w ird vorausgesetzt, dass die Eigenschaften des W assers fü r s ic h : V erdam pfung, V erdunstung usw. schon d arg eleg t sind. A uch das W asser h ä tte einen sehr geeigneten A usgangspunkt fü r entsprechende V ersuche g e b o te n , der Rahm en dieser B lä tte r g e sta tte t eine solche A usführung nicht.

möchte ich hier gerne nachkomnien und dies

; zwar um so lieber, als den Beschlüssen der Ver- j Sammlung des Vereins zur Förderung des Unter-

| richts in der Mathematik und den Naturwissen- i schaffen nach meiner Ansicht durchaus nur bei-

; zupflichten ist. Zunächst sei voraufgeschickt, dass die Mitteilungen sich nur auf die persönlich

! empfangenen Eindrücke beziehen können und nicht als allgemeine Ansichten der V ertreter technischer Hochschulen aufzufassen sind. Ich spreche hier in erster Linie für die Bedürfnisse : des Bauingenieur-Wesens, also für das Studium des Brücken-, Wege-, Eisenbahn- und Wasser- : bans etc. Von uns wird gefordert, dass wir diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen sollen, welche zu den geistigen Leistungen des Handwerkes und der Mitwirkung des Bauherrn

i

hinzutreten m üssen, um die grossen bautechni-

i

sehen Aufgaben unserer Zeit lösen zu können,

j

Der Bau soll in seinen Einrichtungen dem Ge-

| brauchszweck entsprechen, er soll haltbar und j doch ökonomisch liergestellt sein. Während das Handwerk nur nach Regeln baut, müssen

| wir die Bauweise genau den Sonderbedingungen anpassen, welche aus den örtlich und zeitlich variirenden Verhältnissen abzuleiten sind. Da­

neben müssen wir von dem Handwerk so viel verstehen, dass wir nicht Konstruktionen vor- sehreiben, welche unbequem auszuführen sind.

W ir müssen von dem Baumaterial die Festig­

keits-Eigenschaften kennen und ihr Verhalten gegen die zerstörenden Kräfte chemischer, phy­

sikalischer oder anderer Arr.

Berührungspunkte mit der Mathematik und den Naturwissenschaften bietet unser Beruf in hervorragender Weise. Es hat sich aber gezeigt, dass die Dozenten für Mathematik und Natur­

wissenschaften, welche ihre Ausbildung einzig der Universität verdanken, die Bedürfnisse der Bauingenieur-Wissenschaft nur in sehr beschei­

denem Umfange kennen lernen. An dem Aus­

bau der physikalischen und chemischen Wissen­

schaft in einer Richtung, welche dem Bauinge­

nieur-Wesen von Nutzen wäre, haben dieselben sich nicht beteiligen können. Wo selbst eine Förderung der Naturwissenschaften in einer uns nutzbringenden Richtung erfolgt i s t , geschah dies entweder von Ingenieuren oder von Ver­

tretern der Naturwissenschaft, welche innige Berührung mit der Technik erstrebt h a tte n ; z. B. dadurch, dass sie während ihrer Studien­

zeit auch die technische Hochschule besuchten oder anderweitig Anlehnung an die Technik gewonnen hatten.

Wie die Universität nicht mehr eine Anstalt für Erlangung allgemeiner Bildung ist, sondern mehreren höheren bürgerlichen Berufsrichtungen als Bildungsmittelpunkt dient, so hat auch die technische Hochschule in erster Linie ihre Ein­

richtungen so zu treffen, dass die Ausbildung

(6)

S . 6 . 1 ’ X TER RICHTS BLÄTTER. 1 8 9 7 . N o . 1.

tüchtiger V ertreter des Ingenieur-Berufes erreicht wird. Die Universität hat allerdings der tech­

nischen Hochschule gegenüber den Vorzug, dass sie neben der Berufs-Ausbildung der Studieren­

den auch eine Wechselwirkung der Wissenschaf­

ten unter einander ermöglicht und also Erkennt­

nisse höherer A rt zu zeitigen vermag, wie solches an einer eingliedrigen Anstalt schwerer möglich ist. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, erscheint das Pehlen der technischen Fakultät an den Universitäten in Hinblick auf das Be­

streben, eine leitende Stellung zu behalten, als ein Mangel. In wie weit ein Zusammengehen der einzelnen Fakultäten an der Universität wirklich erreicht wird und die in einer Fakultät infolge der Arbeitsteilung und des daraus sich ergeben­

den wachsenden Wissensstoffs zu gewinnenden Erkenntnisse allgemeiner Bedeutung in einer anderen Fakultät fruchtbar gemacht werden, ist nicht leicht zu erkennen. So weit meine Be­

obachtung reicht, gehen die Bestrebungen unserer Zeit dabin, auch das letzte Zehntel der Arbeits­

zeit der Spezialwissenschaft zu widmen. Die Aerzte haben an ihrer Wissenschaft auch ein Unrecht begangen, als dieselben aus Standes­

interessen den Abiturienten der Real-Gymnasien und der Ober - Realschulen das Studium der Medizin nicht zugestanden. Für das bischen Latein, dessen Kenntnis das medizinische Studium b enötig t, Hesse sich eine besondere Förderung stellen. Ich war zugegen, wie von zehn Aerzten, welche diesen Gegenstand zufällig im Gespräch berührten, ein jeder das Nachteilige dieser aus- schliessenden Tendenz zugestand.

Für den Architekten bildet die Ausbildung des Formensinnes und das Verständnis der höhe­

ren Baukunst in künstlerischer Richtung die Hauptaufgabe seiner Studien, während der kon­

struktive Lehrstoff sich nur auf die Elemente zu beschränken hat. Bezüglich der Konstruktion ist von dem Architekten nur vollendete Fertig­

keit im Einfachen zu fordern. Die höhere Mathe­

matik und die höhere Mechanik treten vollständig in den Hintergrund. Fordern etwaige Prüfungs- Vorschriften hier ein Zuviel, dann können die­

selben dahin wirken, den Künstler im Architekten zu töten. Der Architekt soll nicht durch analy­

sierendes Denken wirken, sondern durch reiche Phantasie, umfassende Anschauung und warmes Gefühl.

In einem direkten Gegensätze zu der Berufs­

ausbildung des Architekten tritt die Studien­

richtung des Ingenieurs. Für den Ingenieur sind die Mathematik und die höhere Mechanik Hauptfächer. Das konstruktive Schaffen tritt ganz in den Vordergrund. Allerdings soll auch der Ingenieur eine lebhafte Phantasie besitzen.

Sein Denken und seine Vorstellungen sollen sich aber auf die zwischen Ursache und W irkung be­

stehenden Beziehungen erstrecken. Der Archi­

tekt soll in Formen und Farben empfinden, der Ingenieur soll die Kraftwirkungen empfinden, so dass ihm die Aufstellung des richtigen Rech­

nungsansatzes ganz leicht wird. Das Konstruie­

ren fordert schön vor Beginn der Zeichnung im Geiste eine Auswahl möglicher Bauformen, deren mechanische W irkung der Ingenieur bei deren Auswahl abzuschätzen h a t , bevor derselbe die gewählte Konstruktion zu berechnen beginnt.

Ob der Ingenieur bei der endgültigen ziffern- mässigen Ausrechnung je eine Integration auf analytischem Wege durchführt oder nicht, ist ganz gleichgültig. Es genügt vollkommen, wenn das zu integrirende Produkt als Fläche zeichne­

risch aufgetragen und dann m ittelst Planimeter bestimmt wird.

Der Ingenieur-Beruf fordert Persönlichkeiten von hinreichend lebhafter Phantasie, welche ge­

nügende Beanlagung in der Mathematik und den verwandten Fächern besitzen, so dass dieselben schnell und sicher einen richtigen Rechnungs­

ansatz zu finden vermögen. Hinsichtlich der Schulung im Rechnen wird von dem Ingenieur auch nur Sicherheit in den Elementen gefordert.

In meiner Berufs-Thätigkeit hat mir keine theo­

retische Aufgabe Vorgelegen, welche ich nicht mit Leichtigkeit hätte lösen hönnen.

Es kann bestimmt ausgesprochen- werden, dass der an den technischen Hochschulen ge­

botene theoretische Lehrstoff für uns vollkommen genügt. Anders stellt die Sache in Bezug auf praktische Studien. Zur Zeit, da ich studierte, wurden uns wohl Mineralien und Gesteine, aber kein Baustein vorgelegt. Auch heute besteht z. B. an der technischen Hochschule zu Braun - I schweig noch keine Sammlung für Baumaterialien

| und im Lehrplan ist kein Vortrag über Bau-

| material vorgesehen. Die durch Theorie ge- - wonuenen Erkenntnisse über die Grösse des Erd-

j

druckes, über Wasserbewegung, über Trag-Kon- struktionen werden an den technischen Hoch-

| schulen nicht durch praktische Versuche veran­

schaulicht. Trotzdem ist man im Baufach mit der theoretischen Vorbildung der Ingenieur-Kan-

| didaten zufrieden. Es wird nur die Forderung

! aufgestellt, dass die Erfahrungswissenschaft im S Baufach etwas mehr zu ihrem Rechte kommen möge und zwar nicht auf Kosten der theoreti- I sehen Lehrfächer, sondern durch Verbesserung

des Lehrmaterials.

Die technische Hochschule hat kein Interesse daran, dass der Unterricht in der Mathematik und den Naturwissenschaften auf dem Real-Gym- nasium oder der Ober-Realschule über dasjenige Mass hinaus gesteigert werde, welches für die allgemeine Bildung gefordert werden muss. Für die technische Hochschule wäre es erwünscht, wenn die Abiturienten des Gymnasiums und der

| beiden anderen genannten Anstalten zu gleichem

Wissen in der Mathematik und den Naturwissen-

(7)

1 8 9 7 . N o . 1. D e m o n s t r a t i o n e n m i t d e m e l e k t r i s c h e n M i k r o s k o p . S . 7.

scliaften heran'zubilden wären. Aber die Be­

fürchtung, dass das Gymnasium, als eine A rt Fachschule für alte Sprachen, den Bedürfnissen der allgemeinen Bildung in den neueren Sprachen und der Mathematik wie den Naturwissenschaften nicht gerecht zu werden verm öge, lassen uns das Bestellen der Realgymnasien und Ober-Real- sehulen als einen Vorteil erscheinen.

W ir fordern, dass nach dem Verlassen der Schule eine Unterweisung in der Mathematik und den Naturwissenschaften zum Zweck allge­

meiner Bildung nicht mehr erforderlich wird.

Dann könnten diese Lehrgegenstände an der technischen Hochschule sofort in Hinblick auf die Berufs-Richtung ausgebildet werden. Unter den bestehenden Verhältnissen hat die Teilnahme an den Vorträgen und Uebungen in der Physik und Chemie für den Studierenden des Bau­

ingenieur-Wesens nur dann W ert, wenn derselbe sich an der Schule die hinreichende Reife nicht erworben hat. Ich habe während meiner Studien­

zeit keine Vorträge über Physik und Chemie gehört, weil dieselben mir nur Wiederholungen gebracht hätten.

Es ist zu beachten, dass die Ingenieur- Mechanik allerdings ein Zweig der theoretischen Physik ist, so dass.die Vorträge und Uebungen in der Physik mit dem Umstande rechnen müss­

ten, dass der Ingenieur während der ersten zwei Jahre seines Studiums auf ein höheres Niveau gehoben wird. Die Lehrgegenstände in der Mathematik, der Physik und Chemie hätten sich hiernach dreifach zu gliedern. Einmal kommt es darauf an, für manche Hörer Lücken im Wissen auszufüllen, um dieselben auf das Niveau der Abiturienten eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschule zu heben. Zweitens kommt es darauf an; den Studierenden der einen oder anderen Abteilung die Gelegenheit zu geben, sich höhere Kenntnisse in der Mathematik oder den Zweigen der allgemeinen Naturwissenschaften zu erwerben und endlich sowohl besondere Zweige der mathematischen Disziplin als auch der Natur­

wissenschaften in den Fachrichtungen der einzel­

nen Abteilungen weiter auszubauen.

(Schluss folgt.)

D e m o n str a tio n e n m it d em e le k tr is c h e n M ik ro sk o p .

V o r g e f ü h l« im V e r e in z. F ö r d . d . TJnt. i . d . M a th . u . d. N a t u r w .* ) V o n E . S c h ü l e r ( E lb e r f e ld ) .

W enn in F olgendem der V ersuch gem acht w ird, die A nw endung des P l ö s s l ’sehen P rojektionsapparates in V e rb in d u n g m it m ikroskopischen Linsensystem en zur D arstellung von L ich tb ild ern zu besprechen, so bleibe ich m ir dabei wohl bew usst, dass es im G runde ge­

nomm en unm öglich is t, durch B eschreibung das zu erse tz e n , was durch A nschauung gewonnen werden sollte.

*) S . U n t . - B l . I I . 3, S . 41.

In dem naturkundlichen U n te rric h t ist heute das M ikroskop zu einem unentbehrlichen H ülfsm ittel ge­

w orden , dessen w ir uns in dem fortgeschritteneren U n terrich t d irek t oder in d ire k t stän d ig bedienen. Die H an d h ab u n g des In strum entes ist nicht, so leich t, als dass m an cs dem S chüler selbst in die H a n d geben k ö n n te , abgesehen von d er S o rg fa lt, welche die E r­

h altung desselben e rfo rd e rt, und d er K osten, welche der Beschaffung ein er grösseren Zahl im W ege stehen.

M an is t deshalb vielfach gezw ungen, s ta tt der W irk ­ lich k eit m eh r oder m inder geschickte A bbildungen zu b ieten , die doch n u r im m er ein E rsatzm ittel bleiben.

G eh t m an doch in den unteren Klassen bei d er B e­

schreibung einzelner O bjekte n u r gezw ungenermassen von dem Bild au s, wenn die Beschaffung des G egen­

standes selbst unm öglich ist. Leider sind die U nzuträg­

lichkeiten einer D em onstration m it Hilfe des gew öhn­

lichen M ikroskops w ährend des U nterrichts so viel­

fältiger A r t , dass n ic h t selten die B enutzung des M ikroskops ganz unterbleibt. W as für einen N utzen können die S chüler auch zieh en , wenn sie eine halbe M inute ins M ikroskop schauen, zumal da das Sehen im M ikroskop auch g elern t sein will. W ie ganz anders gestalten sich die V erhältnisse, wenn alle Schüler gleich­

zeitig das Bild überschauen, während d er L e h re r die Einzelheiten erläu tert. Diesem Zw eck d ien t das P l ö s s l ’ sehe M ikroskop. Die Zusam m ensetzung eines S kioptikons kann füglich als allgem ein bekannt vor­

ausgesetzt. w erden. Als L ichtquelle benutzen w ir an unserer A n stalt einen den städtischen E lek trizitäts­

w erken entnom m enen S tro m , d er d urch g eeig n e t ein­

geschaltete W iderstands Vorrichtungen a u f eine S tärke von etw a 30 A m père reduziert ist. Um die W ärm e­

strah lu n g zu beseitigen, werden die gesam m elten Strahlen durch ein konisches, m it destilliertem W asser gefülltes R o h r geschickt , um dann erst das P rä p a ra t u n d den m ikroskopischen A nsatz zu passieren. E ine besondere S o rg falt e rfo rd ert die zum A uffangen des Bildes die­

nende weisse W and, wenn die B ilder sch arf erscheinen sollen. W ir bedienen uns einer etw a 1,50 im D urch­

m esser grossen, so rg fältig abgeschliffenen G ypsplatte.

D er P l ö s s l ’sehe A p p arat w ird auch vielfach ohne m ikroskopischen A nsatz benutzt. A n Stelle der P rä ­ p arate treten alsdann G lasphotogram m e, w elche heute schon von einer ganzen R eihe von F in n e n in den H andel g eb rach t w erden. N am entlich ist es d er geo­

graphische U n te rric h t, w elcher durch d erartig e P ro ­ je k tio n sb ild e r eine ausserordentliche B elobung erfah rt, j Ebenso wie fü r die G eographie g ieb t er fü r die ver-

; schiedenen Zw eige der naturw issenschaftlichen Diszi­

plinen geschlossene Serien von B ildern. Dass die Aus- j wähl und die A usführung nam entlich der zoologischen

! B ilder stets eine zw eckentsprechende ist, lässt sich n ic h t

; behaupten. F ü r den naturkundlichen U n terrich t w ird i m an in den m eisten F ällen dem P rä p a ra t den V orzug vor den ■ G lasphotogram m en zuerkennen m üssen, wenn man auch d e r B ild er n ich t im m er entbehren kann. Im letzteren F all ist m an au f das im H an d el vorkom m ende M aterial angewiesen, w ährend die P rä p a ra te leich t h er­

zustellen sind. A uch d ü rfte in vielen F ällen d er K o sten p u n k t ausschlaggebend sein.

Die A uswahl d er zur P ro jek tio n gelangenden P r ä ­ parate is t n ich t im m er leicht. N icht jedes P rä p a ra t

| eig n et sich zu diesem Zweck und wenn das B ild im I M ikroskop auch noch so schön scheint. E s is t Sache 1 der E rfa h ru n g , w ie die P rä p a ra te auszuwählen sind.

; Ein P rä p a r a t, welches durch eine etw a 200fache V er-

(8)

8 . s. U n t e r r i c h t s b l ä t t e r . 1 8 9 7 . N o . 1.

grössertuig genügend au fg ek lärt w ird * u n d in welchem die E inzelheiten sich n ich t zu sehr zusam m endrängen, w ird in den m eisten F ällen ein befriedigendes R esu ltat gehen. F ü r die L eistu n g sfäh ig k eit des P l ö s s l ’sehen M ikroskops will ich einige P rä p a ra te in ih rem B ild noch kurz erläutern. Bei den grösseren Spirogyra- Ä rten treten die Zellw ände scharf hervor, die P yrcnoide des O hlörophyllbandes u nd d er Z ellkern zeichnen sieh Idar ah, das K ernkörperehen, das hei geeigneter T inktion im M ikroskop sch arf abgegrenzt is t, w ird n u r schwer erkennbar. I n Pollenscldäuclion t r i t t die körnelige S tru k tu r des Protoplasm as deutlich zu T age. Die Z unge d e r S chnecken, der B au d e r S tig m a ta d er I n ­ sekten, d ie E inzelheiten eines Spinnenfusses, d er G ift­

a p p a ra t d er B iene usw. geben grosse, sch arfbegrenzte und w eit sich tb are B ilder. Die F ö rd eru n g , w elche d er U n te rric h t durch d e ra rtig e D em onstrationen erfäh rt, is t ein nicht, zu u n tersch ätzen d er; m it S pannung folgen die S chüler den V orführungen u nd hei d er R epetition erk en n t m an m it F reude, dass die S chüler einen nach­

haltigen E in d ru ck gew onnen haben.

Ich will m eine A usführungen n ic h t schlicsseu, ohne im Interesse d er Schule und der N aturw issenschaft m einem W unsch A u sd ru ck gegeben zu haben, dass jed e höhere L eh ran stalt bald in den Besitz eines elektrischen M ikroskops gelangen m öge.

U n te r r ic h t s m itte l fü r d en S te r e o m e tr ie -U n te r r ic h t in U n te r se k u n d a .

V o r t r a g im V e r e in z u r F ö r d . d . i n t . i. d . M a th . u . d . N a t u r w .* ) V o n K. L e n z ( E lb e r f e ld ) .

So w ich tig eine S am m lung von M odellen wie die am hiesigen G ym nasium benutzte M o h l e rs e h e fü r den U n te rric h t in d er S tereom etrie au f d er O berstufe h ö h erer L eh ran stalten ist, so w enig erscheint sic geeignet, diesem U n terrich te in d er U ntersekunda zu G runde gelegt, zu w erden. Dass a b er a u f dieser Stufe, zumal hei der verhältnism ässig gerin g en Z eit, die am G ym nasium fü r ih n v erfü g b ar is t, das B edürfnis fü r eine Sam m lung von K örperm odellen noch stä rk e r ist als im P rim akurs, soll h ie r n ic h t nachgew iesen, sondern die am hiesigen Gymnasium geschallene Sam m lung beschrieben werden.**) Sic w u rd e , da g eeig n et scheinende M odelle käuflich n ich t zu haben w aren, nach E ntw ürfen von H e rrn P rof.

Dr. A d o l p h und m ir durch hiesige H an d w erk er 1892

angefertigt. i

Die ganze S am m lung um fasst 4.5 N u m m ern , die ! m eisten sind massiv aus hartem K ernholz (B irnbaum ) ! genau g e arb eitet und säm tlich poliert, 12 aus Z inkblech m it W eglassung einer Begrcnzungsflächc g e lö te t und innen wie aussen m it b rau n er Oelfarbe gestrichen. Zum A bw ägen d er K ö rp e r d ien t eine Dezimalwage, die nebst zugehörigem Gewichtssatz in dem M odellschranke auf- j b ew ah rt w ird ; eine lack ierte P ap p tafel m it allen bezüg- j liehen Z ahlen erm öglicht B erechnung u nd A bw ägung ohne Z eitverlust. Zum F üllen der H o h lk ö rp er w ird ausreichend genau und bequem er s ta tt W asser w ie­

d e rh o lt geschläm m ter staubfreier S and b en u tzt, der in einem m it d ich t schliessendem Deckel versehenen S tandgefäss aus gestrichenem Z inkblech au fb ew ah rt

*) S. U n t . - B l . I I . 3 , S . 42.

**) A u f d ie N o t w e n d ig k e i t , d e r a r tig e M o d e lle z u b e s c h a f f e n , w e i s t z . B. O. P r e s l e r ( H a n n o v e r ) h in i n e in e m i n d e r „ Z e it­

s c h r if t f ü r la t e i n l o s e h ö h e r e S c h u l e n 1- J a h r g a n g 1803, H e f t 10 g e d r u c k t e n V o r t r a g .

w ird. Dazu g e h ö rt endlich noch Füllschaufel, A bstreich­

lineal, K arto n b o g en zu r U nterlage und ein leichtes H o lz ta b le tt von Schranktiefe m it handhohem R ande.

A . H o 1 z m o d e 11 o.

D ie R e i h e n f o l g e e n t s p r ic h t d e m G a n g e d e s U n t e r r ic h t s .

1. D rei kreisförm ige M olzsehciben sind am R ande ringsherum un d querherüber m it einem 1 cm b re i­

te n , in M illim eter g eteilten un d . angeschraubten M essingb lech streifen versehen.

31,4 cm 37,7 cm 50,4 cm ^ io cm 12 cm 13 cm

2. R cehtw inkl. Parallelepipcdou von 15 zu 10 zu 8 cm K an te. A u f drei in einer E ck e zusam m enstossenden Seitenflächen is t ein w eithin sichtbares Netz von G eviertzentim etern aufgetragen. V = 120o ccm 0 == 700 qcm Spec. Gew. 0,7 A bs. Gew. 84o g.

3. K ästchen m it 64 W ürfeln von I Zoll K antenlänge.

4. R echtw inkl. F arallelepipedon, diagonal zerschnitten, lässt zwei gerad e P arallelep ip ed a m it schiefw ink­

liger G rundfläche zusam m enstellcn. 10 . 7 . 18 = 126 o ccm 1260 . 0.7 = 88 u g.

5. E in Satz von 20 kongruenten P la tte n in F o rm eines unregelm ässigen Fünfecks von H au d tellcr- grösse und 1 cm D icke. D urch trep p en fö n n ig en A u fb a u (einfach durch A nlehnung an eine zur G rundfläche geneigte E bene) g elan g t m an zu V = r/li auch fü r das schiefe P rism a.

6. D rei gleich hohe P rism e n , fünf-, vier- und drei­

seitig, 18 cm hoch, eines gerade, die beiden anderen verschieden schief. Dazu gehören zwei H olztafeln, a u f denen die. V erw andlung d er G rundflächen in einander aufgetragen ist; die P rism enecken tra g e n die entsprechenden B uchstaben. G ew icht jo 102o g.

7. E in g erad er und ein schiefer C ylinder r = 5 h — 18 cm 99 o g, im N o rm alsch n itt durchschnitten.

D ie M äntel aus L e d e r m it je v ier M essingösen und B efestigungsstiften sind leicht, abnehm bar.

8. E in schiefes dreiseitiges P ris m a , zerlegt in drei T e tra e d e r; h — 18 cm G ew icht = 3 . 2 9 o = 8 7 o g.

Die drei Z apfen hezw. V ertiefu n g en a u f je d e r S chnittfläche sind so a n g eo rd n et, dass sich ih re V olum ina au fliehen. Die A n fertig u n g b ereitete besondere Schw ierigkeiten, und gelan g e rst im.

W iederholungsfälle d ad u rch , dass nach dem Z er­

sägen Zw ischenlagen eiugeleim t, danach das Prism a zu g erich tet un d die Zwisclienlagon schliesslich durch Sägen und G lätten w ieder en tfern t w urden.

i>. D rei P yram iden m it G rundflächen und H öhe wie Nr. 6 je 34 o g.

10. E in g e ra d e r und schiefer K egel r — 5 h — 18 cm 33o g, im N orm alschnitt durchschnitten, m it L e d e r­

m änteln wie N r. 7.

11. K e g e l, H albkugel u nd C ylinder zum Satz des A rcliim cdos r — 7 cm h — 7 cm 25 o g, 50 o g, 75 o g.

V Kugel = ~ r" ,t. *)

B. B l e c l i m o d d l e.

12. E in L itergefäss und ein offener W ürfel (1 cdm), dessen Seitenflächen im A b stan d eines Z entim eters L än g steilu n g , Q uerteilung u nd L än g s- und Q uer­

teilung zeigen.

*) E in D r a h tm o d e ll f ü r d ie A b le it u n g d e r O b e r flä c h e n ­ f o r m e l d e r K u g e l a u s d e r V o lu m e n f o r m e i V = i s t n o c h n i c h t f e r t i g g e s t e l l t .

(9)

1 S 9 7 . N o . 1. Kr i t i s c h e Be m e r k u n g e n ü b e r d i e Ma t h e m a t i k. S . 9 .

13. wie N r. 6, 9 und 11 u nd deshalb neben den H olz­

k örpern em pfehlensw ert, weil diese w ichtigen Sätze so noch einm al in an d erer u nd darum den Schüler dieser Stufe fesselnder Weise an denselben hcran- treten.

0 . H o 1 z ui o d c 11 c.

D ie s e G r u p p e u m f a s s t n o c h s e c h s K ö r p e r , d ie a u c h V e r w e n d u n g a u f d e r O b e r stu fe fin d en .

14. Zwei 18 cm hohe und 88 o g schw ere K ö rp e r fü r das Cavalieriselio P rin zip . Die untere G rundfläche dos einen ist ein R echteck von 12 : 9*/.2 e in , die obere ein Q u ad rat von 8 cm Seite. D er andere ist ein taillen artig eingesclinürter R otationskörper, dessen G rundflächenhalbm esser annähernd ö bezw.

4Q2 cm sind. D ie genannten L än g en sind an der eingepressten M illim etcrteilung d ire k t ablesbar; die Z erlegung w ird durch L in ien an g ed eu tet, welche im A bstande von 1 cm ringsherum g e fü h rt sind.

15. Zwei 34t) g schw ere und 10 cm hohe Pyram iden- stüm pfe (vier- und dreiseitig) m it Ergiiuzungs- pyram iden von 8 cm H öhe. Dazu g eh ö rt fü r die unteren G rundflächen eine V erw andlüugstafel wie bei N r. 6.

13. E ndlich ein g e ra d e r und schiefer K egelstum pf, r = 6 h = 10 cm 42 0

g,

m it L ed erm än teln wie oben und E rgänzuugskcgehi von 8 cm H öhe.

* sit

D a die H erstellungskosten üb er die E rw a rtu n g er­

*

heblich hinausgingeil, sollen die Bezugsquellen h ie r n ich t a n g efü h rt w erd en ; erst hei A n fertig u n g in grosscr A n ­ zahl pflegen hei dorgl. die Preise sich entsprechend n ied rig zu stellen. D ie G enauigkeit wird, von selbst, keine sehr w eitgehende, doch sollte m an hierin n ich t zu leich t zufriedengestellt sein. G erade m it R ücksicht a u f die n ic h t zu verm eidenden A bw eichungen em pfiehlt sich der G ebrauch einer Dozimalwage am meisten.

Den V orteil solcher Sam m lung leh rt überzeugend die P raxis. E in e Anzahl obiger M odelle kann auch auf früheren Stufen schon g u t V erw endung finden.

K r itis c h e B e m e r k u n g e n ü b er d ie M a th e m a tik der h ö h e r e n S c h u le n .

V o r t r a g im V e r e in z. K ord. d. U n t . i . d . M a th . u. d. N a tu r w .* ) V o n B . B u c h r u c k e r ( E lb e r f e ld ) .

Ich will versuchen zu zeigen, in welchen R ichtungen d e r U n te rric h t in der M ath em atik , wie e r an unseren höheren Schulen je tz t g etrieb en w ird , nach m einer M einung a n g reifb ar ist. D a muss ich nun freilich ehr­

licher W eise gleich zugestehen, dass ich diesen U n te r­

ric h t vielleicht n ich t kenne. Ich seihst hin j a lange genug m it ih m b esch äftig t, allein d adurch hin ich höchstens m it m einem eigenen U n te rric h t b ek an n t ge­

w orden. Sodann habe icli in den vielen .fahren meines A m ts vielleicht einem D utzend U nterrichtsstunden von Fachgenossen beigew oliut, ausserdem einigen P rüfungen in d e r M athem atik. E n d lich habe ich L eh rb ü ch er für die Schule, A ufsätze in Ja h resb erich ten und Z eitschriften, sow ie sonstige S ch riften über den m athem atischen U n ter­

ric h t gelesen. A llein leider kann m an ans gedruckten A eusserungon von L e h re rn n ich t aut ih r J erhalten in d e r K lasse scliliessen; ja , es g e h t die trü b e Sage, dass die au f dem P a p ie re G ew andtesten o ft in der Klasse d ie U ngeschicktesten sind. W enn aber die m eisten von ilm en auch n ic h t m eh r von dem fraglichen U n te rric h t

*) S . U n t . - B l . 11. 3, S . 13.

w üssten, so w äre das kein T ro st fü r m ich und keine R ech tfe rtig u n g meines U nterfangens üb er etwas U n ­ bekanntes zu reden. W ohl ab e r ist d am it ein w under P u n k t b erührt,

U n terrich ten ist eine K u n st, keine W issenschaft, E ine K unst kann n u r dein K ü n stler abgesehen w erden.

W enn ein L e h re r sich vervollkom m nen will — unil dies m üsste er doch wohl wollen, so lange er im A m te ist — , so h ilft ihm dazu am m eisten, j a fast allein, dass er sich t, w ie andere es machen. E s ist nicht n ö tig , dass er n u r G utes sie h t; cs ist beinahe eben so g ut, w enn er sieht, was er fü r n ich t nachahm ensw ert hält. F eh ler an d erer b em erk t je d e r, zumal ein L eh rer, leich ter als eigene F e h le r; eigene F e h le r b em erk t m au am leichtesten, wenn inan sie von anderen gem acht sieht.

A n sehr w enigen A nstalten ist indess die E in-

| riclitu n g getroffen, dass die F ach leh rer ihrem U nter-

! rie h t gegenseitig beiw ohnen, und so lie fe rt die H au p t- j quelle fü r die F o rtb ild u n g des E inzelnen kein W asser.

| In S täd ten m it m ehreren A nstalten liegen die D inge

i g ü n stig e r: w ie viel könnte in E lb erfeld z .B . je d e r von j seinen zahlreichen Fachgenossen le rn e n !

E s w ürde zu w eit fü h ren , w ollte ich die A rt be-

| sp rech en , in der etw a die Sache einzurichten wäre.

| N u r so v ie l: d e r Einzelne kann sich n ich t h e lfe n ; er j kann m eist g a r n ic h t um die E rlau b n is b itte n , m it in

| die K lasse gehen zu d ü rfen , weil er fürchten muss, j dass h in te r dieser B itte anderes gesucht w ird. W ahr- i scheinlich m üsste er irgendw ie dazu verpflichtet w erden.

I U eh crh au p t w ird die A usführung des ¡Gedankens n ich t ganz leicht sein, ab er ich h alte d a fü r, dass man ih r näher treten sollte. W ir w erden mir leich t einseitig j und komm en in G eleise, die nicht a u f dem nächsten W ege zum Ziele fü h r e n , von anderem zu schweigen.

D ie S clm lm athem atik ist noch sehr ju n g ; la st alle anderen L eh rfäch er unserer Schule sind viel älter. E s w äre deshalb n ich t zu verw undern, wenn m an das an ihrem B etriebe m erkte. E in gutes U nterrichtsverfahren u nd alles was d am it zusam m enhängt kann n u r durch die A rb e it ganzer G eschlechter geschaffen w e rd e n ; D ruckerschw ärze th u t’s n ich t, auch n ich t die V erviel­

fältigungstinte d er B ehörden.

U nsere Sclm lm athem atik h a t sieh in A nlehnung an die A lten entw ickelt. Die G riechen w aren gescheute L e u te ; rechnen konnten sie ab er so g u t wie g a r nicht, und d er m athem atische G esichtskreis eines geringen M annes u n ter uns ist viel grösser als seihst d er des grossen A rcliim edes. leb w erde zu zeigen versuchen.

‘ dass w ir uns von der griechischen ü e b e rlie fe ru n g noch n ich t genügend frei gem acht haben.

E in d ritte r U ebelstand ist die R ü ck sich t, welche die Sclm lm athem atik noeli im m er au f die W issenschaft nim m t. Sagen w ir doch frei h e ra u s: W ir haben m it d er höheren M athem atik nichts zu th u n und auch nicht m it der V o rb ereitu n g au f sie. D ie Schule h a t sich nach ihren eigenen Bedürfnissen einzurichten, ih re Ziele fü r sich zu stecken, ih r V erfahren ohne jed en H inblick a u f etw aige W ünsche der höheren M athem atik auszu­

bilden. Denn die grosse M asse d er S chüler le rn t später keine höhere M ath em atik , nach den w enigen anderen d a rf sich d er S chulbetrieb n ich t richten, so w enig wie heim' R elig io n su n terrich t nach den zukünftigen G eist­

lichen und beim U n te rric h t in d er N atu rk u n d e nach den späteren A erzten.

Die ¡Mathematik d er Schule h a t zu sorgen, dass sie ihre A ufgabe e rfü llt, und diese b esteh t zunächst natürlich in der U eb erm itteiu n g von K enntnissen und

(10)

S

10

. U n t e r r i c h t s b l ä t t e r . 1 8 9 7 . N o . 1.

F ertig k eiten . S olcher g ie b t es' ab er n u r wenige von w irklichem W e rte , d. h. n u r w enige, die nach dem A bgange von d er Schule n ic h t ohne Schaden in V er­

gessenheit. g eraten. Ic h b rau ch e das kaum zu beweisen.

V ergegenw ärtigen Sie sich n u r, was ein k lu g er und w ohlgebildeter R ich ter oder A rz t, der a u f d er Schule ein g u te r M athem atiker w ar, sp äter noch als m athe­

m atischen B estand w ird aufweisen können und — auf­

zuweisen braucht.

W ich tig er ist die m ittelb are W irk u n g unseres Lelir- gegenstandes, zunächst Schärfe des Sehliessens. F reilich m ach t m an sieh auch dabei oft n ic h t k la r, dass die grosse M ehrzahl d er falschen Schlüsse, denen m an im L eben begegnet, n ic h t von d er Falsch h eit d er Folgerung, sondern von d er F alsch h eit d e r V ordersätze verschuldet w ird. Es kann jem an d bekanntlich ein scharfer M athe­

m atik er sein und doch a u f anderem G ebiete sich als ein v erw irrter lvopf erweisen.

M ir scheint, dass die A u f g a b e d e r S c h u l e kurz und b ü n d ig die A u s b i l d u n g d e s R a u m s ' i n n e s u n d d e s Z a h l e n s i n n e s is t; dass sie ihre S chüler befähigen soll, in den E rscheinungen un d A ufgaben des L ebens das räum liche G erüst und das Zahlengerüst, zu erkennen u nd zu behandeln. W ie sie zur L ösung der A ufgabe g e la n g t, ist w eniger wesentlich, ic h will ab er n ich t sagen gleichgültig. D enn selbstverständlich w ird m an von verschiedenen W egen nach einem Ziele den einsclilagen, d e r am schnellsten und am leichtesten h in ­ fü h rt, und d er auch wohl sonst noch die m eiste A n ­ nehm lichkeit b ie te t, etw a eine schöne A u ssich t, in unserem F alle den besten U eberblick ü b er den stolzen Bau d er F estu n g ¡Mathematik.

So ist die A uswahl des Lehrstoffes m ein erster V orw urf. Ich lege dabei die preussisehen L ehrpläne von 1892 zu gründe.

Ich kenne keinen dankbareren U n te rric h t als den geom etrischen in Q u arta; obgleich ich ihn wohl schon 20mal gegeben habe, habe ich m ich noch im letzten .fahre au f je d e S tunde gefreut. A u f den höheren Stufen w ird das B ild etw as w eniger glänzend, w eil n ich t m eh r die völlig'e G leichheit des S tan d p u n k ts und d e r K e n n t­

nisse d er S chüler am A nfänge vorhanden is t; aber auch da ist m ir d er geom etrische U n te rric h t äusserst angenehm . T rotzdem m eine ich, dass d er synthetischen G eom etrie in d e r Schule ein zu b re ite r R aum zu­

gemessen ist. M an sollte nach m einer A nsicht n ich t m eh r von ih r behandeln als unum gänglich n ö tig is t um die w ichtigsten Sätze durchztm ehm en — und das ist keine grosse Zahl. A uch im G ym nasium müssen drei J a h r e bequem ausreichen. H arm onische S trahlen usw., Chordalen, A ehnlichkeitspunkte, K onstruktion algebra­

ischer A usdrücke w ürde ich aus der Schule v e rb a n n e n ; und g ar K egelschnitte in synthetischer B ehandlung — m. H ., das kom m t m ir vor, als w ollten w ir w ieder m it dem Spiess sta tt d er F lin te au f die J a g d gehen. Die G riechen h atten keine F lin te, die m ussten sieh m it dem W urfspeer behelfen. W enn sie sich ab er — w ie es nach Dubois-Reym ond die S chuldigkeit der R öm er u n ter den K aisern gewesen w äre — aufs Erfinden v er­

le g t und die H in te rla d e r erfunden h ätten , w ürden sie die S peere schleunigst den B arbaren überlassen haben.

M an w ird nun vielleicht d a ra u f Hinweisen, dass doch m it harm onischen S tra h le n , synthetischen K egel­

schnitten u. dgl. sehr hübsche E ntw ickelungen gem acht w erden können, dass sie m ith in einen rech t geeigneten U nterrichtsstoff liefern. Das w ill ich auch g a r n ich t b e stre ite n , a b er es käm e doch n u r in b e tra c h t, wenn

an geeignetem Stoff M angel w äre, ln W a h rh e it is t ab er ein gew altiger Ueberfluss vorhanden. N ich t was b rau ch b ar, sondern was entbehrlich ist, darum h a n d e lt es sieh. A uch die S ätze, welche die N euern au f dem G ebiete der A lten noch gefunden h ab en , sind j a an sich ganz b ra u c h b a r, ab er dennoch w ird der F e u e r - h a e l i ’sclie K reis usw. in d er Schule kein B ü rg e rre c h t e rh a lte n ; sie sind eben entbehrlich.

M anche K o n stru k tio n en freilich w erden durch sie sehr bequem , oder auch in d er Schule ü b e rh a u p t e rst ausführbar. A llein ich stehe solchen A ufgaben seh r k a lt gegenüber. Sie sind es, die ehemals hauptsächlich das V orurteil erzeu g t h a b en , fü r die M athem atik Sei eine besondere A nlage erforderlich. F ü r die L ö su n g m athem atischer IJebungsaufgaben ist das näm lich vö llig rich tig . le b b estreite die L e h rb a rk e it d er L ösung ent­

schieden; w eder B o r t h , noch H o f f m a n n , noch F i s e h e r - B e n z on haben m ich vom G egenteil überzeugt.

E s h ilft w eder die B etonung d er geom etrischen O erter, noch sonst etw as ~ m an muss v ersu ch en , un d dabei b le ib t’s. W er sich viel m it solchen Lösungen beschäftigt, d er bekom m t einen gewissen S p ü rs in n , d er au f d ie rechte F ä h rte h ilft, und je m a n d , der so g e d rillt ist, w ird einen V orteil ü b e r an d ere haben. W o ab er ist in d er Schule die Z e it d a fü r? U nd zu H ause, wo dem Schüler n ach den an erk an n ten G csundheitsvorschriften fü r die M ath em atik vielleicht eine halbe S tu n d e zu­

g eb illig t w ird ?

Ich will Ihnen eine G eschichte erzählen. Da k o m m t ein T e rtia n e r zu seinem V a te r, d er höhere Analysis an d er U n iv ersität le h r t : V ater, w ir haben eine U ebungs- aufgabe auf, ich sitze schon zwei Stunden d aran und kann sie g a r nicht. — N a , kom m m al h e r ; was ist’s denn? A ha. Sieh, so m acht m an das. — J a , a b er den S atz, den Du da b e n u tz t, haben w ir noch g a r n ic h t g e h a b t! -— So, so. E i, ei. W eisst Du, dann sag dem H e rrn D oktor einen schönen G russ; ich könne cs auch nicht. — D er H e r r D oktor h atte n ic h t etw a aus V er­

sehen eine falsche A ufgabe gestellt, es g in g auch ohne den S atz; ab er d e r H e r r P rofessor h a tte doch R ech t.

Und ic h , m. I I . , m ache m ich anheischig, jed em von Ih n e n , falls e r n ich t besonders eingeschossen ist, A ufgaben aus dem G ebiete d er S chulgeom etrie vorzu­

leg en , die e r n ic h t ohne w eiteres lösen kann. W a s a b e r d e r L e h r e r n i c h t o h n e w e i t e r e s k a n n , i s t u n t e r a l l e n U m s t ä n d e n f ü r d e n S c h ü l e r z u s c h w e r.

Und wenn noch durch solche U ebungen eine be­

sondere Schulung b ew irk t, wenn etw a d er R aninsinn dabei k rä ftig entw ickelt w ürde ! A llein, das ist durchaus n ich t d e r Fall. D ie T h ä tig k e it des G eistes b eim Suchen d e r L ösu n g ist etw a folgende: W a r da n ic h t neulich einm al so etw as A ehnliclies? R ich tig . W as w urde doch da gem ach t? J a , j a ; d e r Satz w ar’s. N a, nun w ollen w ir einm al von ilnn ausgehen. N e in , es g eh t n ich t, w ir kennen j a d i e S trecke nicht. Dann wollen w ir h i e r m it anfangen. D a sitzen w ir w ieder. — So g e h t’s fort, H alten Sie das fü r eine G elegenheit, den R aum sinn zu fö rd e rn ? Ic h nicht. Ic h finde vielm eh r die gTÖsste A eh n lich k eit m it — d er L ösung von Schach­

aufgaben : M a tt in 4 Z ügen. A b e r w ie kann m an einen solchen V ergleich anstellen? W aru m n ic h t, w enn e r passt. D ie S ätze, die dabei bew iesen und die K on­

struktionen, die in d er R egel gesucht w erden, sind an sich u n g efäh r g erade so viel w ert wie eine solche Schach­

lösung — näm lich g a r nichts.

Die w irklich w ichtigen Sätze u. dgl. w erden j a im

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