• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 16. März, Bd. 34.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 16. März, Bd. 34."

Copied!
38
0
0

Pełen tekst

(1)

- -'

.s«c«-« UT

.·. . .

.«'...-· As

-" .-

-x««--« »

s v »-

· ..

i « H

, .

.- -4-

» «-«)

c

.

«

Berlin,»den 16.März t«901.

fd as r s

Anden Kanzler.

urer Excellenz -

MhabendesMärzmonatsNonenkeinenErfolg gebracht.Es-war nicht wiesonst,wenn SieimReichstag sprachen.Zwarwurde auchdiesmal baldvonrechts,baldvonlinks»Sehr richtig!«geruer ——meistvonrechts undderamtlicheSitzungberichtverzeichnetanmanchenStellen Beifall;der Schluß aber,derdochrechteffektvollgedachtwar,trugnur einschüchternes Bravoein unddraußen,imFriihstiicksraum,Akam dieEnttäuschungzunicht gerade ehrerbietigemAusdruck. Auchin derPresse. SelbstdenJnspirirte- stenschienesPflicht, sänstiglichzu reden undsichvorallemJubelgeheulzu hüten; selbstsiesagtennur, derKanzler habe maßvoll,geschickt,taktvollge- sprochenundnichtsNeues verkündet,weil Neuesnichtzu verkündenwar, Sonstwaresanders;und an andereEchowirkunghatEuerExcellenzdas kurzeKanzlerlebengewöhnt.Jegliches Ohr hing lauschendsonstanIhrem Munde,frohes Lachenund VeifallsstürmedurchtostendieKuppelhalleund amnächstenMorgenlas derbeglückteBürger,dasReich seiwieder einmal gerettetworden. Dies-mal...-Gelachtwurdeauch; dochunfreundlich klang das GelächterzumBundesrathstischehinauf.DasagteHerrBassermann, essei»immerhinangenehm,alteWahrheiten,auchwenn siebis zu einem gewissenGradevielleichtselbstverständlichsind,wiederum zuhören.«Und dasHoheHauslachte.DasprachHerrLiebermannvonSonnenberg: »Die

»Wurfgeschosse,dieHerrGrafBiilowheute geschleuderthat, schienenmir an Härtedochhinter ThorsHammeretwas zurückzustehen;ichmöchtebeinahe

31

(2)

450 DieZukunft.

denVergleichwagen, zusagen:es waren Würfemit derWurst nachver- schiedenenSpeckseiten.«Und lauternoch lachtedasHoheHaus.Niesollte wider desRednersWilleneinesKanzlersWortkomischwirken.Ein Staats- mann, über den dreimalgelacht ward, ist halb schonum seinenNimbus.

ZweimalistsIhnen nunpassirt;und es wärebegreiflich,wennSiestaunend vorsounerwarteter Wirkung stünden.DennimReichstag ist Ihnen nicht gesagt worden,warum dieStimmung so plötzlichumschlug.Damit soll nicht e«twabestritten sein, daß verständigeRedengehaltenwurden. Herr ProfessorHasse,GrafKanitzundderFreiherrHeylzuHerrnsheimsprachen recht gutundmancherAnderehing muthigderKatzedieSchellean. Kaum je vorher sindineinemdeutschenAbgeordnetenhauseHandlungendeshöchsten Reichsrepräsentantensorückhaltloskritisirtwordenwie indieserMärzsitzung.

Aber inallen Frageninternationaler Politik findunsereParlamentein langer Gewöhnungzuso scheuerZagheiterzogenworden, daßauchdiesmal dasrechteWortnicht gesprochenward. DesselbenReichstages Mehrheit hatIhr ThunundLassen bisher jaimmergebilligt, hat Sie,als Staats- sekretärund alsKanzler,wie einesneuen HeilsBringer gepriesen.Was wollendieLeute nun? Warum lachen sierespektlosüber eineRede,diesich vonfrüherbejubelten dochnichtimGeringstenunterschied?

NichtimGeringsten.Daslehrt der Vergleich. »Wirkönnennur wünschen,daßesDeutschlandundEngland beschiedenseinmöge,inFrieden undfürdenFrieden zusammenzu wirken. Selbstverständlichistvolle und dauernde Gleichberechtigungzwischendemdeutschenund demenglischenVolk die conditio sinequa«non jedes Zusammengehensundjedes Zusammen- wirkenszwischenbeidenLändern...Ichbin davondurchdrungen,daßdie deutschenund dierussischenInteressenindenmeisten PunktenSeiteanSeite gehenund daßeskeinenPunkt giebt,wobeigegenseitigemgutenWillendie deutschenunddierussischenInteressen sichzudurchkreuzenbrauchen... WennjevonirgendeinerSeite, seiesausdemSüden, seies aus demNorden, seies vonWesten,seiesvonOsten,unszugemuthetwerdensollte, irgendeiner fremdenMacht,wersieauch sei,unterallenUmständen,inallenLagen,ohne UnterschiednochKritik zufolgen, sowürdeDas nicht mehr Freundschaftfein.

DaswäreVasallenthum...UnsereauswärtigePolitikwirdheutewiefrüher wederdurchLiebenochdurchHaß,wederdurchdynastischeRücksichtennochdurch verwandtschaftlicheBeziehungenbestimmt, sondern lediglichdurchdasruhig undnüchternerwogeneStaatsinteresse...IeschärferdieInteressengegensätze inDeutschland gewordensind,um somehr hat dieRegirungdiePflicht,sichüber

(3)

AndenKanzler. 461

denParteienzuhalten,dasGanzeinsAugezufassenundaufdasGanzezu gehen...Unsereneue zollpolitischeGesetzgebungwirdnur vonnationalen unddeutschenGesichtspunkteninspirirt sein;siewirddenberechtigtenForde- rungen alleramdeutschenWirthschastlebeninteressirtenFaktoren Rechnung tragenundnurdasWohlderGesammtheitwirdfürunsmaßgebendsein.«

SolcheSätzehabenSiedochrechtoftschongesprochenund niehatihnender Beifall gefehlt. Jetzt erstwirdgefragt,obeswirklichdennnöthigsei,vom höchstenReichstagssitzausimmerdieWeisheitdesHerrndeLaPalissezu künden. ObeindeutscherKanzlerdennstetswiederholenmüsse,erwolle gerecht,nüchtern,verständigsein,sichnichtknechten,vonkeinemgemeinenMotiv leitenlassen.Obnach dreißigjährigerReichsgeschichtederDeutschesichnicht endlichderParvenusitte entwöhnenkönne,seineStärke,seinenPatriotismus, seineSelbständigkeitimmerimMundezuführen.JnkeinemanderenLande derWeltklopftmansooftaufdieBrust,wirdsooftdieLiebezumLand,die unab- lässigeSorgefürdesLandesInteresse betheuert.Nachgerademerktmanauch bei uns,welchersonderbareGeschmackaussolcherBetheuerung spricht.Der Direktor einerAktiengesellschaftbetheuert doch nicht, daßernicht stiehlt, nicht falscheBuchungen machen läßt,nicht,umFreundenoderVerwandten gefälligzusein, daanteressederAktionäreverräth.Thäteers, dannhätteer

vordemAufsichtrathoderderGeneralversammlungeinenschlimmenStand.

Die wollennichtüberGemeinplätzegeführtundmit demZeugnißabgespeist werden,daß ihr ersterBeamterehrlich,treuundsauberwieeinDienst- mädchenist,dassichzumQuartalswechselder Miethfrauempfiehlt. Die forderndenNachweis,daßdervonihnenhochBezahlteguteGeschäftegemacht unddenVortheilderGesellschaftwahrgenommen hat.NurnachdemEr-.

folg fragen sie, nicht nach dem Vorsatz;undesgilt ihnen gleich,obmit dolus praemeditatusoderrepentinus gehandeltwurde.EurerExcellenz scheintderRuhmreinenWollens werthvolleralsdererfolgreichenVoll- bringens.Siesagen:JchwerdestetsmeinePflicht thununddeutscheAn- gelegenheitenals einDeutscher behandeln.Das istschön;abervielistes nicht.UnddieVierhundert,dierecht häufigschon dieses Treugelübdege- hört haben, fangenan,unangenehm heiterzu werden.WeilBismarck unter ganzanderen Umständen,in Stunden ernstesterGefahr,gesagthat, Deutsch- landbrauche nichtumLiebe zuwerben,keinemnoch so mächtigenNachbarn nachzulaufen,dieFreiheit seinerEntschlussenichtzuopferm mußdeshalb diesesLied immerwiederangestimmt werden, auchwenn ringsumAlles ruhig ist?WoistdennheutedrGortschakow,derDeutschlandinsVa-

th

(4)

452 DieZukunft

sallenjochzwingenwill? EtwainPetersburgPDasitzt auf Gortschakows StuhlGraf Lambsdorff,einfleißigerArbeiter,derdie Weltnicht kennt,des russischenReichesGrenzekaumje überschrittenhatundfroh ist,wenn man ihninFrieden läßt.DasaßenvorihmLobanowundMurawiew, zweiLebe- männer,diemehrvomvieux mareheur alsvomOger hatten,wackere Zecherundgute Tänzerwaren und,wiedie Routinegebot,dieGeschäfte führten.Und überihnen thronteundthronteinstiller, friedlicherSchwär- mer, dersichnicht überhebtundnie dieAbsichtgezeigt hat,denarbiter mundi zuspielen. WoherkommenalsodiefrechenZumuthungen,gegen dieIhreRedensichrichten? Daß Deutschland stark istundnacheigenem Willensein Schicksalgestalten kann, weißheute JederundKeinemkommt derGedanke,demmächtigstenMilitärstaateineVasallenpolitikzuzumuthen.

Ein Mannaber,der garnicht bedrohtwird unddochvonfrühbisspätden Nachbarn zuruft,erwerdesichkeineBedrohung gefallen lassen,ersicher nicht,—- einsolcherMann wirktaufdieLängeeinBischen komisch.

Manmußgerecht seinundzugeben, daßdieFragen,dieIhnenim Reichstag gestelltwurden, nichtallzu klugersonnenwaren. SiesolltenAus- kunftdarübergeben,ob desKaisers langesWeilenauf britischemBoden

»politischeBedeutung«hatteund»wiezurZeitunsere BeziehungenzuRuß- landbeschaffensind.«DasfragtendieselbenHerren,dieJhre afrikanische undJhre asiatischePolitik gebilligt habenund dieinsbesondere nochimmer glauben,DeutschlandsHaltungimBurenkrieg sei»vomkühlenVerstand gebotengewesen.«JhnenkonntenSieantworten: WederzuEngland noch zuRußland haben sich,seitichzumletztenMalquhnen sprach,unsereBe- ziehungenverändert;und daran konnten SiedasschöneBekenntnißewiger Wahrheitenknüpfen.Nur läßteinPolitikervonEurerExcellenzvielge- rühmterGewandtheitsichvoanterpellanten jawederüberraschennochseinem WortdenWeg vorschreiben.Siewußten,was dieHerrenSchaedlerund GrafStolberg fragen würden, wollten, daßsie soundnichtanders fragten.

Auch dieseJnszenirung,derUnernst,womit dieSache behandelt wurde, mußteverstimmen;draußenimLand noch mehralsimReichstag.

Jeder fühlt,daßwir ineineübleLagegerathensind, daß,wieHerrSchaedler

esaufseineArtausdrückt,»der politischeHorizontnichtimGewandeder Morgenrötheerscheint«,undJeder wundert sich,daßderKanzler,wenn er überhauptspricht,insolcherLagenichtmehrzusagenhat.JnBismarcks gan- zemMinisterlebenfindenSiekeinesoleere Rede. An VismarcksZeit darfman aberwohlgarnicht mehrdenken.»Von Allem«, hatHerrProfessorHasse

(5)

AndenKanzler-· 453

gesagt,»was damals geschaffenwurde, ist durchdieEreignissederletzten zehnJahren abgebröckeltworden,undzwar in einerWeise,von dereiner unsererKollegen aufderrechtenSeitedesHausesmirjüngstprivatimsagte, daßeigentlichnichts mehrzuverderben,nichts mehr niederzureißensei.Wie esscheint, hieltman inmaßgebendenKreiseneinederartigeAuffassungfür dievon,Nörglern«,die den Staub derdeutschenHeimathsobaldwiemög- lichvondenSchuhen schüttelnsollten,weilman bei denzahllosenFestreisen durchdasLandnichtdieWerktagsgesichtersiehtnochdieverdrosseneStimmung hört.BeiDenkmalenthüllungen,Paraden, Jubiläen, sogarbeiJagden pflegendieMenscheninFesttagsstimmungzuerscheinenundfreundlicheGe- sichterzuzeigen.Aber wirtagenhiernichtinByzanz, sonderninder-Haupt- stadtdesDeutschen Reiches;undunserePflichtundSchuldigkeit ist,der Stimmung unseresVolkeseinenunversälschtenundrückhaltlosenAusdruck zugeben,wennwirunsnichtanDemmitschuldigmachenwollen,wasjeden- fallskommenwird.Noch istesZeitzurUmkehr;aberesistdieallerhöchste Zeitl« SolcheWortehateinnationalliberaler AbgeordneterimReichstag nochniegesprochen.UnddiesemAbgeordnetenhabenSienicht geantwortet.

Nicht Rhetorentriumphe bestimmenin derGeschichteeines Staats- mannes Werth.Siewurden gesternals einGenieangestaunt,werdenheute belächeltundkönnen morgen vielleichtschonwiederpapierne Kränzeauf Ihren Scheitelhäufen.Daswechselt,wieRegenundSonnenschein.Wollen Sieaberwirken, nichtnur gefallen,treibtSienichtdasApplausbedürfniß, sondernderSchaffensdrang,dannmüssenSie dererstenEnttäuschunthres jungenKanzlerlebensnachdenken und dieUrsachesuchen,diesie schuf.Das Dasein istIhnen lange leichtgemachtworden. SielösteneinenHerrnab, überdessenPolitikSiein RomostdieHänderangen,und setztenandie Stelle einessahrlässigenDilettantismus dieaus gebahnten Wegenerwor- beneDiplomatengewandtheit.DaswurdeIhnen gedankt, umsoleb- hafter,alsSiefür JedeneinverbindlichesWort hatten,nebenmanchem KollegeneinmodernerMenschschienenundbismärckischeRedenanmuthig paraphrasirten.Das gingeineWeile,wärenoch längergegangen, wenn inAfrikaund inAsiennicht geradediegroßenAuseinandersetzungenbegon- nenhätten.Nungenügtendie kleinenKünsteeinerEpigonenpolitikplötzlich nichtmehr. Leisererstund dannlauterwurdenachderWeltanschauungdes Geschäftsführersgefragt.Derlächelte artig, seilteeinhübschesWort und dasjeden MächtigenumwinselndeGesinderief: Falletnieder und betet den neuenBismarckan!Dochmantreibtnicht bismärckischePolitik,wenn

(6)

454 DieZukunft.

man wiederholt,wasBismarck unterganz anderenVerhältnisseneinstge- sagt hat.EsgiebtimLeben derBölkerStunden,wodasnächsteZielwenig- stens entschleiert,derWille der Nationundihrer FührerzugeeintemHandeln zusammengefaßtwerden muß.EinesolcheStunde istfür Deutschlandge- kommen.Wirhaben aufJhrenWeckruf gewartetundhabennur raschver- hallendeWortegehört.Vielleichtliegtesanuns. Vielleichtist unser Auge zublöde,um Jhres Weges Zielzu erkennen. Dann abertrifftSiederVor- wurf, daßSie mitunserer Kurzsichtnicht gerechnethaben.Herr Hasserieth Ihnen,alseinHarunalRaschidvonHauszuHauszugehenundder Rededes einfachenBürgerszulauschen;wennSie demRath folgen,werden Siemerken,daßNiemanthrePolitik versteht.UndwennSieüberdesReiches Grenzegingen:Siebrächtendieselbe unerfreulicheWahrnehmung heim.

JneinemLandenurglaubtman,Sie zuverstehen.Siesind ,,davon durchdrungen, daßeseine dervornehmstenAufgaben unserer Politik ist,zu RußlanddiefreundnachbarlichstenBeziehungenzupflegen«.Leideristdie Bewältigungdieser Aufgabe Ihnen nicht gelungen. DieBeziehungen zwischenDeutschlandundRußland sind heute schlechteralsin denThoren- tagendesCaprivismus unddierussischePresse schlägt,unter amtlicher Billigung,gegen Sieeinen Tonan,-derseitderZeitdesBerlinerKon- gressesnicht mehrvernommen ward. EinWort-natürlichein bismärcki- sches hilft Ihnen für kurzeAugenblickedarüberhinweg. »Ich rechnees mir zurEhre,wenn ichvomAuslandangegriffenwerde,weilmirdiedeutsche Landwirthschaftnichteinequantitcåncågligeableist.«Können Sieim Ernstabermeinen,diepetersburgerVerstimmung stammeerstvondemTage, daSie derLandwirthschaftbesserenSchutzgegenausländischeKonkurrenz verhießen?Es wird denRussenunangenehm sein,wenn sieanderdeutschen Grenze für ihren Roggen höherenZollzahlenmiissenzsiewerdensichrächen und dasEndevomLied wirdsein, daßdeutscheFabrikanten,denen dieEin- fuhr nach Rußland verwehrt wird,imZarenreich selbst Produktionstätten errichten, wenn esnichtandersgeht,unterbelgischeroderschweizerifcher Firma.Nie aberhättedieseTariffragedenGrollerregt,demder inkeiner DiplomatenschulegesänftigteHerrWittejetztdenderbenAusdruckgab.Die- serGrollwarschonfühlbar,eheüber denkünftigenZolltaris geredetwurde.

DieRufsenfürchten,Deutschlandplaneeineihnen feindlichePolitiLZuerst hatdieJntimitätmit demSultan siemißtrauischgemacht.«DasDeutsche Reich,dachtensie,würdesichmitAbd ulHamidnichteinlassen,wennesihn nichtgegen unswaffnenwollte. Siesahendieemsige,ofsiziellundosftziäs

(7)

AndenKanzler-. 455

von Berlinaus begünstigteArbeitdesdeutschenKapitalsam Goldenen HornundinKleinasicn,daspersönlicheBemühendesDeutschen Kaisers, dieislamitischeWeltdemChristenthumdesWestenszugewinnen, hörten

«voneinerneuen Eisenbahn,derenTraeebisandenPersischenGolf füh- ren,von einerneuen Riesenbrücke,die denBosporus sperren foll.Und dieseUnternehmungen sollen sämmtlichmitdeutschemGeldebezahltwerden.

DerSlave,derselbsteintrefflicherMinirer ist,wittert überall leichtJn- triguen. Schnell entstanddennauch,imMinisterpalastwiein derHütte desMushik,dasGerücht:Manwill unswiedervomMeerabdrängen,wie- derindenKäfigpserchen,dieFruchtlangerArbeit unsrauben;undDeutsch- landstehtanunsererFeinde Spitze.DiefolgendenEreignisseschienendiesem GeraunRechtzugeben.DerBurenkriegbotdievommoskowitischenHaß längst ersehnte Gelegenheit, Englands Raubgierzuzügeln. Ohnedas Schwertzuziehen,konnteDeutschland,wenn esderTradition treublieb, denBriten,wiebei SanStefano einstdenRuser, sagen:Bishierherund nichtweiter!JauchzendwäreEuropademRuf gefolgt;undkeinZar understrechtkeineZarin wäremächtiggenuggewesen,damals den russischenJslam für GroßbritannieninsFeldzuführen.Deutschlandaber änderteseinePolitikundhalfdenEngländernaus derKlemme.Unterdem Feuer seiner Kriegsschiffeerwarb esinShantung einKolonialgebietund zwangdurchsein VorgehendenWeißenZarenzu einerfeindsäligenAktion gegenden SohndesHimmels.Daswar dasSchlimmste.SeitJahrhun- dertenlautetdasersteGebot derrufsischenPolitik:KeineoffeneFeindschaft mitChina!Danach hat schonSophiaAlexejewna,PetersHalbschwefter, gehandelt. Rußland istdemReichderMitte-zu nah benachbart,alsdaß eswünschenkönnte,mitihminKonfliktezugerathen;nuraneinelangsam vorschreitendewirthschaftlicheEroberung Chinaskonnteesimmer,kann es nochheutedenken. UmdiesemZiel näherzukommen,hatesdietranskaspi- scheund dietranssibirifcheBahn gebaut.Nunwar es zu eineraggressiven PolitikgegenChina genöthigt·UndwährendesbishernurEnglandin Asien auf seinem Wege gefunden hatte,tratin demdeutschenJmperialis- mus ihm jetztein neuer, an Kriegsmacht stärkererKonkurrent entgegen.

Wasseitdemgeschah,istinallerDeutschenGedächtniß.ZweiVerträgezwischen DeutschlandundEnsland DieungewöhnlicheAuszeichnungderHerren Rhodes undRobei s««.Die enthusiastischenTelegramme, in denen WilhelmderZweitemitstolzer Freude seine Ernennungzumbritischen FeldmarschalldenLordsSalisburyundRobertsmeldete.DerRing schien

(8)

456 DieZukunft.

geschlossen.WenndiedeutschePolitikso sichtbarvomalten,erprobtenPsade abbiegt,vorAllerAugen so sichdenBritenverbündet,dieihrinAfrikaund aufallen Weltmärktendochlästigsind,dannmußsieUebles gegen dasZaren- reichplanen.Eine Türken undEngländernverbündeteGroßmacht,die Klein- asienerobernwill und inChina denOberbefehlansichreißt,kannRußlands Freund nimmermehr.sein. Diese Großmachtmußman ärgern,woirgend esmöglichist.Und willsieunseremBrotkorn nungarnochdieSchlagbäume schließen,dannsoll sieimRussendenTatarenerkennen lernen...So wird inPetersburgEurerExcellenzPolitikbeurtheiltzso istdieMeinungim ganzenReichderReußen.Undeinstweilen hatderGeneral vonWerder diesenGlauben nochnichtzu bannenvermocht.Erhaterklärt,Deutschland wünsche,inChinamitRußlandzusammenzugehen; undihmwurdeerwidert, solchesgemeinsameHandelnwerdejetzt nichtganzleichtzu bewirkensein.

Erhatvorgeschlagen,demDeutschenKaiserdenTitel einesrussischenFeld- marschallszuverleihenundsodenEindruck derenglischenErnennungzu verwischen; unddie Antwort lautete,sehr höflich,sehr kühl:Das entspreche leidernichtdenacnZarenhof geltenden Bräuchen.

Die dem General vonWerder ertheilten Aufträgezeigenschon, daß Siemit derWirkung JhresHandelnsnichtzufriedensind. Sonst ließesich jadarüber reden.EineentschlossengegenRußland rüstendePolitik:warum nicht? ZwarwirdMancher zweifelndfragen, welcherGewinn uns daraus erwachsenkönne« Am Ende kannihmderinhöfischeunddiplomatischeGe- heimnisseEingeweihtedenmöglichenGewinnabernachrechnen.Der Drei- bundhat gelebt.WirmüssenandieEroberung derdeutschenLänderOester- reichsdenken.Aus diesem Wegewäre dieslavischeVormachtkeinallzuzu- verlässigerGefährte.Auch zuKleinasienund zu einemgroßenostasiatischen Kolonialreichwürdesieuns schwerlichverhelfen.Was bleibtunsals einTrutzbündnißmit denBriten? England hatGeld,wirhabenMen- schen; England hat die Flotte,wirhabendie Armee. Vereint können wirdenSlaven,diestets unkriegerischundeigentlichnurin derDefensioe starkwaren,denAnspruchaufdieWeltherrschaftentreißen.Jn Asienbrechen wir einenZwistvomZaun, setzenunszunächsteinmalfestundzeigen,ohne Pardonzugeben,denChinesenunseremilitärischeUebermacht.Afrika lassen wirdenEngländern,dieja dochschondiebestenBissengeschluckthaben. In Europawarten wir,bis unter einemjungen RegentendieVerwirrungin denDonauländernunerträglichgeworden ist.Undinzwischenhatdasdeutsch- britischeKapitaluns diefruchtbarsten TheiledesOsmanenreicheserobert.

(9)

AndenKanzler. 457

DasisteinProgramm;unsittlichundabenteuerlichwirdmanes nurnennen, bisessiegreichdurchgeführtist;dannheißtesgenialunddieEnkelfegnen denErsinner.SoungefährpflegenWeltreichezuentstehen.Nursind siebis heutenochnievoninnerlich demokratisirtenHändlerstaatengegründetworden, die einenBundesrath,einenReichstagundeinDutzendkleinererParla- mentemitzuschleppenhatten.Und...Dochwozu weitere Worte?Sie denken nichtansolchesProgramm,ob mans Ihnen auchinPragundinPeters- burg zutraut.SonstwärenSie inChina nichtSchrittvorSchritt zurück- gewichen..Sonstwürden SiedemJmperialismus auf seinensteilen Weg nichtdaslastendeGewichteinesagrarischenSchutzzollesmitgeben. Sonst hättenSie derRussenmissiondes altenHerrnvonWerdernicht zugestimint, nicht geduldet, daßerdieweißeFahneandie Newatrug.

Wasaberwollen Siedann?

Wartetnur,wispernEinzelne,diesichfür inspirirtausgeben; wasIhr jetztseht, isteinschlauerdachtes Spiel.Wartet nur,bisunsereFlotte fertig ist.Dann gehtsgegenEngland,daseinstweilennureingelulltwerdensoll, weil wir zur Seenochnicht starkgenugsind. SolcherUnsinnkann inDienst- botenstubenausgehecktwerden, nichtaber denernsten Politiker ernsthaftbe- schäftigen.Je mehrwirGroßbritanniens StellunginAfrikaundAsien stärken,umso mehr stärkenwirauch seinemaritimeMacht,inumsoweitere Ferne schwindetdieMöglichkeit,denWalfischaus denWelttneeren zujagen.

Woalso leuchtetuns JhresStrebens Ziel?Wirlauschenauf jedesdeutende Wort;und washörenwir?»Manwürdemichsehrfalschtaxiren,wennman glaubte, daßichfüreineanderePolitik zuhabenwäre alsfüreinenationale, deutscheRealpolitik,dieichdahinresumire:guteundfreundschaftlicheBezieh- ungen zu allenMächten,die inFriedenundFreundschaft mitunsleben wollen;abervolleAufrechterhaltung unserer politischenundwirthschaft- lichenSelbständigkeitundUnabhängigkeit,aufdie dasdeutscheVolkdurch seine-Kämpfe,seineArbeitundseineKulturhöheeinunveräußerlichesAn- recht hat.«Und darum denDreizackinunsere Faust?DarumWeltpolitik undWeltmarschallsherrlichkeit?Um zuerhalten,was keinStaat unsbe- streitet,keiner unszubestreitendieKraft hätte,selbstwenn unsereMarine nie über den Status desJahres1890 hinausgelangtwäre?Dürfenwir unsdawundern,wennsolchenWorten derGlaubeversagtwird?

Nein. Woman diedeutschePolitik ernst nimmt, sie nichtvonLau- nenundunllaren Wallungen bestimmt glaubt, mußman ihrer gesteigerten BetriebsamkeiteinZiel suchen. JedesKindweißheute, daßes überkurz

(10)

458 DieZukunft.

oderlanginAsienzu einerAuseinandersetzungzwischenEnglandundNuß- landkommenmuß.Jeder ErwachsenewarbisvoreinpaarJahren überzeugt, dasDeutscheReichwerde,umsichnichtohneNothzu altennochneueFähr- lichkeitenzuschaffen,dieserAuseinandersetzungso fernwiemöglichbleiben.

Sie,HerrGrafvonBülow, habenesnicht gewollt. Diese kritischeStunde habenSiesichgewählt«um inChinadieFührungzuübernehmenund zu- gleichEngland Dienstezuleisten,wieseltenein Staat siedem anderenzu leistenimStande war. SindSieganzsicher,daßSiedamitdem Gebot einer,,nationalen, deutschenRealpolitik«gehorchen?Und könnenSie,mit einer überJahrzehntezurückreichendenDiplomatenersahrung,nunstaunen, wenn ringsumeinSchüttelndesKopfes entsteht,daman Siefeierlicher- klärenhört, nichtsAnderesseiJhrer WünscheZielalsdieErhaltungder deutschenSelbständigkeit?Die konntenSiewirklichdoch billiger haben.

KeinZornundkeinSchelten bringtBerlorenes zurück.DerDeutsche vertraut seinen Führerngern,sehnt sich lange schon,wieder vertrauen zu dürfen. Docheinenfesten,unbeirrbaren Willenmußerfühlen.Seitzehn Jahren siehtereinbeftändigesSchwankenundZaudern,eineunstete,von derVernunft nichtzufassendePolitik..HeutetftdieHerabsetzungdesGe- treidezollseine rettendeThat,morgendieZollerhöhungdiedringendstePflicht derRegirung.ErlassenSiemir, umständlichaufzuzählen,wasSieschauk derndselbsterlebthaben. DieseExperimentewaren nicht unbedenklich,so langeessichum innereReichsangelegenheitenhandelte;indenWelthändeln müssensieverhängnißvollwerden. Schon iftdieersteWirkung jedemBlick sichtbar.DieEngländersagendenRassen:Seht Jhr: Deutschlandkönnen wirhaben;wolltJhr Euchnun nichtmit unsverständigen, gut:dann machtEuch darauf gefaßt,dasftarkeDeutscheReichüberallanunsererSeite zufinden.Und dieRufsen Wittesagt, Uchtomsiij schreibtestäglich—- scheinensehr geneigt,in diedargeboteneHandeinzuschlagen.Daskann, da eshiervoneinemaufseinezweiAugenangewiesenenPubliziften seitzwei Jahren vorausgesagt wurde,dem überVorgängeundStimmungenganz andersinformirtenLeiter derReichsgeschäftekeineUeberraschungbereitet haben.Obman dieRassenliebtoderhaßt:nie kann derDeutschewünschen, fie sichfür unabsehbareZeitverfeindet,nie, siedenBritenverbündetzusehen.

WofändeerHilfegegensolcheKoalition?Jn Oefterreich,wodieSlavenjeder MehrungderzarischenMacht zujubelnunddieRegirendenin desBusens TiefedieHoffnungbergen,dasDeutscheReich, dessenGlanzihnendie Donaudeutschenaus der bröckelndenStaatsgemeinschaft lockt,mögebald

(11)

AndenKanzler. 459

seinenMeister finden? In Italien,dasdieGroßmannssuchteitlerSchelme derGefahrdeswirthschaftlichenRuins ausgesetzthat?DerTagkann kom- men,wojedes ReicheinInteressedaranhat,Deutschlands junge Kraftzu brechen;erwirdkommen,wenn Deutschland fortfährt,als einElementder Unruheallen anderen Staaten lästigzu werden. Davon wirdheute schon in allenHauptstädtengeredet.Wollen Siewarten,bisman zurThatüber- geht?Dann müssenSieJhrer Sache sehrsichersein, mußnie Sie diebange Frage bedrängthaben,wie es imDeutschen Reich wohl aussehen würde, wenn dasHeer,wie es demtapfersten schonbegegnet ist,auseinemver- lorenenKrieg heimkäme.EinVolk,dessenKulturhöheJhrberedterMund rühmt,kannso lange nichtwarten. Es wird derVerheißungen,dergroßen Wortemählichmüde. Es willendlichwissen,wofüressichrüsten,wohines geführtwerdensoll.DieZeitderkleinenDiplomatenkünsteundoffiziösen Bertuschungen istvorbei ;dieZeit ernsterEntschlüsfebrichtan. Deutschland willseinenWillenundfordert,alsLohn seiner KämpfeundseinerArbeit, nichtPhrafen mehr, sonderndie llärendeThat.

Sie könnenlächelnddieLipperümpfenundsagen: »Laiengeschwätzl«

Oderauch: ,,Bierbankpoli-tik!DieRussen werden,wenn wirrechtnettsind, mitsichredenlassen.Unddaichmirfüreine WeilejetztdieKonservativen und das Centrum sichere,werdeichimReichundinPreußenRuhe haben.«

AuchderGrafvonEapriviundderFürstzuHohenlohehaben gelächeltz auch siewaren stets froh,wennsie fürdesnächstenTagesNothdurft leidlich gesorgthatten.Wo abersind sienun undwoist ihrerThaten einst so hell strahlender Ruhm,demnurboshafte Wichte sichnicht beugenwollten?

...EurerExcellenzhabendesMärzmonatsNonenkeinenErfolgge- bracht.Jhre Freundenennen SieehrgeizigimgrößtenStil.Sind Sies,dann werdenSiedieersteEnttäuschungnicht leichtverschmerzen,werdenSie der Frage nachdenken:Warum habendieLeute über eine Redegelacht,diesich vonfrüherbejubeltendochnichtimGeringstenunterschied?Undgewißwird Ihre Klugheit, Ihr Patriotismus die Antwort finden.Wie würden wir dann unsderheilsamen NiederlagedesKanzlersfreuen,wie gernJhnen folgen, nicht durchDick und Dünnzwar, aberdurch guteundböseTaget VonHerzengern. Alle; ohne UnterschiedderPartei.Sogar

EurergraziösenExcellenz allergetreuester Opponent

M.-H.

F

Cytaty

Powiązane dokumenty

gen wir täglichausgesetztsind. Nochneulich hat der AbgeordneteRichter.. Und ichfinde es betrübend,daß man ihm immer die dankbare Rolle läßt. Auch ichvermisse bei Ihrer Aktion das

Jeder, auch der Hochgebildete, zumal wenn er ein Freund der Muse Richard Wagners ist, wird beim Besuch der ,,Meistersinger von Nürnberg« mit Bedauern bemerkt haben, daß ihm

Doch damit wären die Vortheile der Wirthschaftgemeinschaft noch nicht erschöpft. Sie ließe sich nach den verschiedensten Richtungen ausbauen und könnte tiefgreifendeReformen aller

Welchererwünschte Zustand träte also ein! Wie Viele werden freudig zustimmen — namentlich auch aus wirthschaftlichen Gründen, wozu die chinesi- schen Wirren jetzt

und nicht angenommen wird, so ist noch viel weniger Hoffnung vorhanden, daß es in monarchischenStaaten, wie Deutschland, Oesterreich und Rußland, durch- dringen könnte. Bei uns

ansprucht, wenn das Rad 1 über dem dem Stabe gegenüberliegenden Knoten steht. Die wirkliche Stabkraft berechnet sich somit aus der Multiplikation des zugleich

s erhaltendes Bitv men flüssiger, im ¿erklütteten Gestein sich aasbreitender... Allgem ein es —

F ür weiter abzuteufende, in Betrieb befindliche Schächte ergibt sich insbesondere noch der wichtige Vorteil, daß der Schacht so am sichersten für die