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Technik und Kultur : Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, Jg.16, H. 9

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Technik und Kultur

□□1 □ □ I Z E I T S C H R I F T DES V E R B A N D E S D E U T S C H E R D 1 P L O M - 1 N G EN 1 EU RE

S ch riftle ite r ®ipl.=^5tt0. C a r l W e i h e , P a ten ta n w a lt, F ran k fu rt a. M.

HEFT 9 15. SEPTEMBER 1925 16. JAHRGANG

Rundfunk-Vortrag von Prof.

Die moderne Zeit unterscheidet sich von anderen geschichtlichen Epochen hauptsächlich durch die unglaublich schnelle Entwicklung der Technik.

Unser Leben ist ein anderes geworden durch den Buchdruck, durch die Eisenbahn, durch den eleklr.

Nachrichtenverkehr, es würde sich wieder umge­

stalten, wenn das Flugzeug zu einem billigen Verkehrs­

mittel würde. Aber große Kreise unseres Volkes stehen der Technik noch fremd oder ablehnend gegen­

über. Sie müssen ihre Bedeutung für unser W irt­

schaftsleben zugeben, aber der geistige, ethische Qehalt der Technik ist ihnen noch nicht Gemeingut geworden.

Was haben wir denn eigentlich unter „Technik“

zu verstehen? Es handelt sich bei diesem W ort um zwei völlig verschiedene Begriffe. Einmal verstehen wir darunter das ganze Gebiet des I n g e n i e u r w e ­ s e n s , das sich mit der Schaffung von Verkehrs­

wegen, mit dem Bau von Maschinen usw. beschäftigt.

Etwas g a n z a n d e r e s ist es, wenn wir z. B. von einer „Technik“ des Fingersatzes beim Klavierspiel und dergl. sprechen. Technik in diesem Sinne als mechanisches Verfahren hat mit dem Ingenieurwesen an sich nicht das Geringste zu tun.

Daß aber diese beiden Begriffe den gleichen Namen haben, führt unendlich oft dazu, daß man sie miteinander verwechselt und den Techniker oder In­

genieur als einen Mann betrachtet, der sich auf Grund gewisser hochentwickelter „Techniken“ als mehr oder weniger mechanischer Arbeiter mit toten Dingen be­

faßt. N i c h t s i s t v e r k e h r t e r a l s d a s . Der Ingenieur, der etwas Neues schaffen will, der seinen Beruf voll ausfüllt, bedarf genau wie der Künstler der schöpferischen Kraft, der schöpferischen I d e e , die aus dem Nichts oder aus dem Uebersinnlichen entstanden ist, des göttlichen Funkens, der oft blitz­

artig die Zusammenhänge enthüllt. W as den echten Ingenieur ausmacht, ist genau das Gegenteil von mechanischer „Technik“.

Betrachten wir einmal die großen Kulturzeitalter:

Welche Rolle hat hier die Technik gespielt? Wie war es mit dem Zeitalter der G o t i k in Deutschland, auf das wir heute mit höchster Bewunderung blicken?

Die Gotik ist hervorgegangen aus der t e c h n i s c h e n Idee, die den Rundbogen überwand und den leichteren Spitzbogen dafür einführte. Dieser t e c h n i s c h e Gedanke bildete dann gewissermaßen den Kristalli-

G. v. H a n f f s t e n g e l , Charlottenburg.

sationskeim für das künstlerische Streben jener Zeit.

Man fand alles Schmale, Schlanke, Himmelaufstrebende schön, und bildete sogar die menschlichen Gestalten mit langen, schlanken Gliedern.

Aehnliches finden wir in der a e g y p t i s c h e n Kunst. Die Pyramiden, diese Wahrzeichen einer ver­

sunkenen, hohen Kultur, sind ausgesprochene Inge­

nieurwerke. Sie waren Zweckbauten, feste Um­

hüllungen für die Grabkammern der Könige. Es sind schmucklose, in den einfachsten Formen gehaltene geometrische Gebilde. Und doch ist es nicht eine verstandesmäßige Bewunderung der technischen Lei­

stung, sondern eine Art von anbetendem Staunen, das der Anblick dieser Denkmäler in uns wachruft.

Diese Beispiele beweisen, daß das exakte, kon­

struktiv-schöpferische Denken, das die Beschäftigung mit der Technik mit sich bringt, nicht kulturwidrig ist, ja daß es den Kern für eine neue Kultur abgeben kann. Gehen wir etwas vorsichtig um mit dem Schlagwort „mechanistische Epoche“. Wenn wir heute den Eindruck haben, daß unserer Zeit etwas Kaltes, Seelenloses anhaftet, so sind das vielleicht nur Begleiterscheinungen einer Vorbereitungszeit, aus der ein Zeitalter hoher Kultur sich entwickeln kann.

G o e t h e hat die ethischen W erte zu würdigen gewußt, die in der schöpferischen technischen Arbeit enthalten sind. Denken wir an Faust: Wo genießt er den höchsten Augenblick? Nicht in der wissen­

schaftlichen Forschung, die ihn unbefriedigt läßt, sondern da, wo es ihm gelingt, durch technische Arbeit Raum zu schaffen für Tausende, die das neu ge­

wonnene Land besiedeln sollen.

Ich habe gerade diese beiden Beispiele: die grund­

legende Bedeutung der Technik für die Baukunst und Faust’s höchste Befriedigung im technischen Schaffen angeführt, um zu zeigen, daß wir in dem L e h r ­ s t o f f u n s e r e r S c h u l e n bereits die besten An­

knüpfungspunkte finden, um den Schülern die kul­

turelle Bedeutung der Technik und den ethischen Gehalt technischer Arbeit verständlich zu machen.

Es ist eine wichtige Aufgabe der Lehrerschaft, die Jugend bei jeder Gelegenheit hierauf hinzuweisen, damit sie die richtige Stellung zu unserer modernen Entwicklung gewinnt. Die Kreise, denen die Erziehung der Jugend anvertraut ist, können unendlich viel dazu beitragen, daß der überschäumende Wildbach der Technik richtig geleitet und seine Kraft in einer für

T e c h n ik u n d S c h u le .

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146 T ech n ik und Kultur, Zeitschriit des VDD1. 1925

die Menschheit im höchsten Sinne wohltätigen Weise die vernunftgemäße, auf das höchste Maß von Zweck­

nutzbar gemacht wird. mäßigkeit getriebene Durchbildung von Arbeitsvor- Ich könnte viele Beispiele nennen, wie in Einzel- gängen, wie sie in der Iechm k in reichstem Maue fällen der Anschluß an den vorhandenen Unterricht- geübt wird. Mit allem Nachdruck ist anzus re en,

Stoff der Schule zu finden ist, möchte mich aber daß man, wie in Amerika, so auch in Europa im hier auf wenige Andeutungen beschränken. Kleinen wie im Größten rationelei v o ig eit. er es

Der unmittelbarste Anschluß ergibt sich bei den genügt nicht, daß der einzelne Kaufmann, Industrielle N a t u r w i s s e n s c h a f t e n , und unter ihnen steht oder Politiker von diesem Gedanken durchdrungen die Chemie obenan. Schon heute werden im chemi- ist. Nein, das g a n z e V o l k muß sich daraut ein- schen Unterricht wohl meistens, wenigstens in den stellen. Heute verschwenden wir m Europa unsere Grundzügen, die Fabrikationsverfahren behandelt, die Kräfte, weil wir immer wieder über kleine und große, in der chemischen Industrie, insbesondere auch bei historisch gewordene Hindernisse stolpern, un so der Gewinnung des Eisens und anderer Metalle, kommen wir nicht dazu, unsere Gütererzeugung zu

üblich sind. heben und uns Lebensbedingungen zu erringen, wie

W eiter die Physik. Hier läßt sich noch sie dem heutigen Stand der Technik angemessen unendlich viel tun, um die Technik mehr hineinzu- wären und wie der Amerikaner sie hat. \ e r ­ ziehen und dadurch den W ert des Unterrichtes zu l ä u f i g haben wir noch einen großen kultui eilen heben. Die Anwendung der Gesetze vom Hebel, von Vorsprung vor Amerika. Aber wir laufen Gelahr, in der Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte auf Armut zu versinken und dann auch unsere kulturelle technische Aufgaben läßt sich an einfachen Trägern, Höhe einzubüßen, wenn wir nicht durch Rationah- Krangerüsten oder Brücken in sinnfälligster Weise sierung in jeder Beziehung uns von den täglicher, und mit sehr einfachen Hilfsmitteln klarmachen. W iderwärtigkeiten freimachen, welche die Entfaltung

Mit allem Nachdruck ist hierbei auf die Be- unserer Kräfte hemmen. Rationalisierung mit teci- deutung des Experimentes hinzuweisen. Wichtig ist rischen Mitteln nicht als Selbstzweck, sondern a s namentlich die allgemeine Einführung von Schüler- Mittel zum Zweck, als Mittel zur Ueberwindung der Übungen, d. h. von Uebungsstunden, in denen die täglichen mechanischen W iderwärtigkeiten, als Mittel Schüler selbst sich aus vorhandenen Teilen Ver- zur F r e i h e i t , als Mittel zur Hebung der Kultur.

Suchseinrichtungen zusammenbauen und bestimmte Nur ein beliebiges einfaches Beispiel, das jeden einfache Untersuchungen selbständig ausführen. Die angeht: die Vereinheitlichung der Papierformate, die Hauptstelle für den naturwissenschaftlichen Unterricht ¡n Deutschland — das dürfen wir nun doch einmal in Berlin hat sich um die Einführung derartiger zu unserem Ruhme sagen — durch den Normenaus- Uebungen besondere Verdienste erworben. Es ist schuß der deutschen Industrie nach den Vorschlägen unschwer möglich, solche Versuche auszuführen, VOn Dr. Porstmann zuerst von allen Ländern der welche die Wirkungsweise technischer Konstruktionen Welt eingeführt ist und inzwischen schon in einer

veranschaulichen. Reihe anderer Länder angenommen wurde. Es ist

Aehnliches gilt für die Lehre vom Licht, von eine ungeheure Erleichterung, wenn man z. B. Briefe der W ärme *) und von der Elektrizität. und Reklamedruckblätter immer in übereinstimmen-

W eiter: G e o g r a p h i e und G e s c h i c h t e dem Format erhält und sie daher bequem zusammen­

haben überall den stärksten Zusammenhang mit der legen und auf bewahren kann. Jeder Lehrer sollte von Technik. Es ist nicht möglich, die Bedeutung der diesen Dingen Bescheid wissen und ihre Bedeutung Oelgebiete der Erde und den Kampf darum richtig den Schülern verständlich machen, auch wenn sich zu verstehen, wenn man nicht die technische Ver- nicht der unmittelbare Anschluß an den Lehrplan Wendung des Oeles kennt. Und die Geschichte, in findet. Es ist das einfach ein uneiläßliches Element ganz großen Linien gesehen, ist maßgebend durch der allgemeinen Bildung.

die Technik beeinflußt worden. Stein, Bronze, Eisen ich habe einige Beispiele dafür angeführt, an sind es, die langen Epochen der kulturellen Entwick- wejchen Stellen des vorhandenen Lehrplanes der lung der Menschheit ihren Stempel aufgedrückt haben. g c}lu]e Beziehungen zur Technik eingeflochten werden Der Fortschritt in der Technik der Bewaffnung und können, will aber besonders betonen, daß es meist vor allem in der Verkehrstechnik ermöglichte es, auf die technische Einzelheit ankommt, sondern riesige Weltreiche im Altertum und in der Neuzeit ciarauf; ¿ a ß ¿ er junge Mensch den Geist technischen zu gründen. W er kann heute saj»en> welche Rolle in f)enhens, das Wesen technischen Schaffens begreifen der politischen Entwicklung der Welt noch der Funk- jern^ ^¡ur so kann clas, was an geistigem Inhalt, an verkehr spielen wird, der die Möglichkeit gibt, von e^hiscTien W erten in der Technik steckt, für das jedem Orte unmittelbar zu jedem Bürger eines zivi- Volksganze, für die Kulturentwicklung nutzbar ge- lisierten Landes zu spiechen. macht werden. Diese W erte will ich noch kurz

Dann weiter der W e r k u n t e r r 1 c h t , der sic ZUsammenfassend besprechen, nachdem ich die in zunehmendem Maße einführt. Hier ist besondere Bedeutung technisch-schöpferischer Arbeit Gelegenheit, die Jugend mit dem Gedanken der R a - Bereits an dem Beispiel ,.Faust“ dargelegt habe, t i o n a l i s i e r u n g vertraut zu machen. Rationah- .. . , .

i j. „ Zunächst die t e c h n i s c h e W a h r h e i t u n d sierung kommt von „ratio , Vernunft, und bedeutet . . . .... . . . ...

,, ,. „ . , „ , « K l a r h e i t ! Wir finden heute Kitsch, Erzeugnisse

T V ergl. E rzieh u n g zur sp arsam en B r e n n sto ffv e r w e n - . ,.. , , , , , ,. , e , . . , dung. K urze Z usa m m en fa ssu n g des L eh rsto ffes n eb st emer fü r d e n GeschmacK verderbhehen bcheinkunst,

A n reg u n g en für se in e V e r w er tu n g im Sch u lu n terrich t. in reichem Maße auf fast allen Gebieten, im Bau-

V e rla g der H a u p tstelle für W ä r m ew ir tsc h a ft, D arm stad t, wesen, in der Wohnungsausstattung usw. usw. Wir

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1925 Teohnik und Kultur, Zeitschrift des VDDI. 147

finden diesen Kitsch heute aber nicht bei der Maschine.

Früher wohl! Aeltere Dampfmaschinen hatten romanische und gotische Maschinengestelle. Das war Kitsch. Heute kennt der Maschinenbau keine „Stile“

mehr. Er schafft für den Zweck und schafft doch bewußtermaßen schön, ja oft mit einer künstlerisch vollendeten Schönheit. Ich stehe nicht auf dem Stand­

punkt, daß aus der technischen Zweckmäßigkeit sich die Schönheit von selbst ergibt. Aber wahrhaft schön kann ein G e b r a u c h s g e g e n s t a n d — und dazu gehört auch das Bauwerk — nur sein, wenn er den höchsten Ansprüchen an Zweckmäßigkeit genügt und den Zweck in seiner Form zum Ausdruck bringt.

Man suche nicht nach neuen „Stilen“ für Geschäfts­

häuser, für Kirchen, sondern man lege die technischen Anforderungen des Gebrauchs fest und beauftrage nun den H a u s k o n s t r u k t e u r — das W ort scheint mir klarer zu sein als das W ort Archi­

tekt —, unter Erfüllung dieser Bedingungen und unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Baumaterials die Form zu finden, die den Zweck des Gebäudes klar zum Ausdruck bringt und auf das Auge wohltuend wirkt.

Dann als neuer ethischer Gesichtspunkt der G e­

danke der L e i s t u n g . Wie vorher der Kampf gegen den Kitsch, so hier der Kampf gegen das Schiebertum.

Das Voranstellen der Produktion, der Deckung des Bedarfs der Menschheit an realen sowohl wie an geistigen Gütern gegenüber dem Bestreben, die W are zu verteuern und sich so zu bereichern. Es liegt eine hohe ethische Bedeutung in den W orten des Automobilkönigs Ford:

„Du sollst die D i e n s t l e i s t u n g e n ü b e r d e n G e w i n n stellen. Ein gut geleitetes Unternehmen muß und wird für gute Dienste einen guten Gewinn abwerfen, aber jeder Gewinn muß nicht die Basis, sondern das Resultat der Dienstleistung sein.“

W eiter: der Gedanke des Arbeitens unter dem Gefühl h ö c h s t e r V e r a n t w o r t u n g . Selten

zeigen sich die Folgen nachlässiger Handlungsweise so unmittelbar und so klar nachweisbar, wie in der technischen Arbeit. Ein einziges auf der Zeichnung falsch eingetragenes Maß kann einen Verlust von Tausenden von Mark zur Folge haben. Durch die Natur der Sache wird also in der Technik eine Er­

ziehung zu sorgfältigster Arbeit ausgeübt.

Damit habe ich in großen Zügen die Haupt­

gesichtspunkte zu dem Thema „Technik und Schule“

dargelegt. Nun wird gefragt werden: „Wie soll der Lehrer sich zunächst einmal selbst über technische Dinge unterrichten, und woher bekommt er dazu die Lehrmittel, die er für den Unterricht braucht?“ Ich empfehle derartige Fragen an den „Deutschen Aus­

schuß für Technisches Schulwesen“, zu richten, der es sich besonders angelegen sein läßt, auch für allgemein bildende Schulen geeignete Lehrmittel zu schaffen.

Zum Schluß noch ein Wort aus dem Büchlein

„Philosophie der Technik" von Zschimmer:

„Die Technik schafft eine ungeheuer breite Basis des Kulturlebens, einen Maßstab der Verhältnisse, der sich ähnlich abhebt von allem bisher Dagewesenen wie die Ereignisse in der großen Welt von den Vor­

gängen in den kleinen Städten und in ihren engen Gäßchen.

Wir stehen vor den goldenen Toren eines Riesen­

baues, an den Stufen einer neuen Kultur, die so riesenhaft ist, daß nur wenige imstande sind, von hier aus das künftige Dasein dieses Lebens sich im Geiste zu vergegenwärtigen.

Allen Pessimisten zum Trotz behaupte ich: „Unser technisches Zeitalter wird in einer genialen Periode gipfeln, herrlicher und großzügiger, kühner und tief­

gründiger, als jemals eine auf der Erde dagewesen ist!“

Es wird wesentlich an der S c h u l e liegen, ob dieses prophetische W ort wahr wird, denn dazu ist es nötig, daß unser ganzes Volk die richtige geistige Einstellung zur Technik gewinnt.

Kritische Bemerkungen zum Ford-Buch.

VI*)

Von 2>ibi.=Snö- N. S t e r n , Fabrikdirektor, Frankfurt a. M.

Nachdem wir in den vorangegangenen Ab­

schnitten verschiedene kritische Bemerkungen über das Buch Fords und seine Aufnahme bei deutschen Lesern gemacht haben, ist es auch von Nutzen, über den gleichen Gegenstand seine Landsleute selbst zu hören. An erster Stelle ist ein so urteilsfähiger Ge­

schäftsmann wie Eduard A. Filene, der amerikanische Warenhauskönig, zu nennen, der auch, wie Ford, seine Gedanken über Geschäftspolitik und Zukunft in einem Buch: „Ein Weg aus dem W irrw arr“ (Frank­

furt a. M., Frankfurter Societätsdruckerei G. m. b. H.

1925) niedergelegt. Er stützt sieh in wesentlichen Punkten auf Ford, bestätigt aber überraschender­

weise das auch schon früher hier Gesagte, wenn er (Seite 154) schreibt: „Ich halte Mr. Ford nicht für

*) V ergl. „T ech nik u. Kultur“, 1924, S. 113 u. 130, 1925, S . 13, 25, 39.

einen Wundermann, dessen Urteil in jedem Fall richtig ist“ . . . und weiter: „Er hat in seinem Urteil unverzeihliche Fehler begangen, wenn er den Kreis seines Geschäftes verließ. Wenn er die Angelegenheit der Welt mit demselben Ingenieurgeist angefaßt hätte, wie die Angelegenheit seines Werkes, dann wäre sein Friedensschiff niemals in See gestochen.“ Und später heißt es, daß es nicht klug von ihm gewesen sei, seine Analyse so eng mit Ford zu verbinden, „angesichts des weitverbreiteten Widerspruches gegen viele seiner Handlungen außerhalb des Geschäftes.“ Er stellt dann schließlich fest, daß es sich bei seinen Untersuchungen

„um Ford den Produzenten und nicht um Ford den Publizisten oder Politiker handelt.“ Hier ist klar her­

ausgeschält, was auch der Ausgangspunkt dieser Untersuchungen war, daß man nicht blind das alles

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148 Technik and Kultur, Zeitschrift des ViDDI. 1925

übernehmen könne, was „Ford der Publizist“, in seinem Buch niedergeschrieben hat.

Da aber Filene diese, auch hier angewendeten Einschränkungen macht, da er mit kritischem Sinn das W erk Fords auf seine Allgemeingültigkeit hin prüft, soll gezeigt werden, wie er sich die Ausbreitung des

„Fordsystem s“ in Amerika und Europa vorstellt, und zu welchen Schlußfolgerungen er kommt.

Hier spricht also der Praktiker über den P rak­

tiker, und beide Bücher haben die Vorzüge und Schwächen der amerikanischen Literatur, ihre oft verblüffende Folgerichtigkeit eines gesunden Men­

schenverstandes, ihre nüchterne Einstellung, ihre Breite, Wiederholung und Weitschweifigkeit. Im ganzen aber wirkt das Quellfrische dieser nichtlite­

rarischen Art umso fesselnder, und man geht auch in den Breiten mit, weil sich dort manches köstliche Wort findet. So geht es in der etwas ausgesponnenen Einleitung über die Beweggründe für das Buch, wo z. B. mit Bekennermut gesagt wird: „Selbstverständ­

lich beruht geschäftlicher Erfolg nicht auf Unfehlbar­

keit im Urteil. Er beruht eher auf dem Mut, Versuche zu wagen und der Geschicklichkeit, aus Fehlern zu lern e n . . . Im Geschäft ist Wagemut immer noch besser als zu große V orsicht. . . Die landesübliche Er­

ziehung im Bund mit Vielleserei vertreibt gar oft die Kühnheit des Geistes (besonders in Deutschland! d.

Verf.) Man kann so spitzfindig werden, daß aller Wagemut verloren geht.“

Die Hauptuntersuchung Filenes gilt der Frage, wie ein fordisiertes Amerika aussieht. Er glaubt und weist es auch in gewissem Grade nach, daß es keinen anderen Ausweg aus dem W irrw arr gäbe als die Steigerung der Massenerzeugung und des Massen­

absatzes, und deshalb ist die Frage unvermeidlich, ob eine solche Zukunft, wie die einen behaupten, die Hölle auf Erden, oder, wie er erw artet, eine bessere, glückliche Erdenwelt hervorbringt.

Dem treten die Theoretiker mit ihrer Anklage gegen die Maschinenzivilisation entgegen, die Filene in 14 Punkten entwickelt. Da sie auch bei uns immer wieder, besonders bei ganz untechnisch eingestellten Literaten auftreten, seien sie hier auszugsweise wie­

dergegeben:

1. Die Maschine sei Herr, nicht Knecht,

2. Die Maschine zerstöre die Naturschönheiten, 3. Die Maschine zerstöre die Hilfsquellen der Natur, 4. Die Maschine zentralisiere und fördere die Klas­

sentrennung,

5. Die Maschine verwandle die Menschen in Auto­

maten,

6. Die Maschine erzeuge Schund,

7. Die Maschine fördere den Klassenkampf,

8. Die Maschine fördere Kartell- und Trustbildung, 9. Die Maschine fördere die Plutokratie,

10. Die Maschine mache die Menschen unglücklich und töte den schöpferischen Sinn des Handwerkers, 11. Die Maschine verderbe den Geschmack,

12. Die Maschine mache den Menschen passiv und töte die Kultur,

13. Die Maschine verflache das Leben,

14. Die Maschine zerstöre die sozialen Anpassungen.

Nun, diese Melodie ist bekannt, auch bei uns wird ins gleiche Horn geblasen, und man hält die Mißtöne für Musik. Filene aber sieht die Wirkungen der Maschinenzivilisation mit anderen Augen an. Ihm kommt es vor allem darauf an, daß die M assenpro­

duktion mit höheren Löhnen und verkürzter Arbeits­

zeit Zusammengehen muß, weil nur durch diese Ge­

meinsamkeit die Lebensfähigkeit des Kreislaufes aus Erzeugung und Absatz gesichert wird. Seine Ansicht ist, (Seite 173) „daß der Geschäftsmann sowohl wohl­

habende Kunden als auch verkäufliche W aren hervor­

bringen müsse.“ Die hohen Löhne bei niedrigen Ver­

kaufspreisen erhöhen naturgemäß die wirtschaftliche Freiheit, und damit ändert sich auch das Denken der Menschen, weil die Beschaffung des Lebensnotwen­

digen dann nicht mehr die erste Rolle spielt. „Ar­

beiter, die mit einer Arbeit von — sagen wir — sechs Stunden die ganze materielle Seite ihres Lebens bewältigen können, werden sich für Sozialismus und Kommunismus gar nicht mehr interessieren.“ Hier ist eine auf dem Boden der Wirklichkeit fußende Lösung der sozialen Frage angeschnitten, die sich von den fantastischen Gedanken der früheren Kritiker dadurch unterscheidet, daß sie die Möglichkeit der Erfüllung in sich schließt. Wenn man die Menschheit von der Knechtschaft von „Brot und B utter“ befreit, werden ihre Wünsche eine andere Richtung bekom­

men, vor allem nach besserer Erziehung streben und damit wieder das Gefühl für wertvollere Dinge ent­

wickeln. Im Anschluß hieran wird auch die Frage nach dem Glück der Menschen aufgeworfen. Hier wird keineswegs übersehen, daß die materiellen Werte nicht allein das Leben ausmachen, dagegen wird aber klar und deutlich gesagt, daß ohne ausreichenden Verdienst kein Aufstieg der Massen möglich ist, da erst n a c h der Befriedigung der dringendsten Lebensnotwendigkeiten der erzielte Ueberschuß die weitere Aufwendung für bessere Erziehung schafft.

Sehr richtig ist der Hinweis, daß es ein Irrtum der Theoretiker ist, als wollten alle Menschen schöpferisch wirken. Im Gegenteil, nur ein verschwindend kleiner Teil hat dazu, wie auch Ford schon sagt, überhaupt die Befähigung, und in der Masse bleibt eine Menge ungelernter und unbelehrbarer Arbeitskräfte. Wenn die kommende Entwicklung auch diesen Menschen Löhne sichert, die bisher nur gelernten Arbeitern gegeben wurden, so schafft sie ihnen eine Verbes­

serung ihrer Lebensverhältnisse und die Grundlage für die bessere Erziehung ihrer Kinder. Demgegen­

über tritt wirklich die Tatsache zurück, daß dies vielleicht nur durch eine „eintönige Arbeit“ erreicht wird. Vielen auch in Deutschland immer wiedei hervortretenden Kritikern unserer Zeitverhältnisse und der fortschreitenden Mechanisierung kann nichts Besseres entgegengehalten werden, ais der aufrichtige und in seiner Ehrlichkeit unumstößliche Satz Filenes (Seite 190): „Niemals dürfen w ir vergessen, daß die Armut eine Eintönigkeit erzeugt, die tausendmal töd­

licher für Körper und Geist ist, als das ewige Einerlei der gewohnheitsmäßigen Arbeit in der Fabrik.“

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1925 Technik und Kultur, Zeitschrift des VDD1. 149

Ich habe schon seit vielen Jahren stets betont, daß diese Dinge von Außenstehenden falsch gesehen werden, daß der jetzt eintönige Arbeit verrichtende Maschinenarbeiter früher noch schwerer drückende Lastträgerarbeit machte, daß d i e s e r Arbeiter kei­

neswegs der Ablöser des alten, schöpferisch denken­

den Handwerkers, sondern der Nachfolger des last- tragenden Tagelöhners ist. Der Aufstieg kann eben auch hier nur schrittweise folgen, er kann aber nie so gestaltet werden, daß der geistige Aufstieg der Massen dem wirtschaftlichen vorangeht. Der Ameri­

kaner hat Recht, wenn er die Reihenfolge unerbittlich festhält: Massenerzeugung und höhere Löhne schaffen Massenabsatz und höheren Wohlstand, erhöhen die wirtschaftliche und politische Freiheit und führen zu besserer Erziehung und anderer Einstellung zu Staat und Leben.

Diese Gedanken enthalten das W ertvollste der Fileneschen Betrachtungen, sie sind wohl auch der Kern seiner Lebenserfahrungen und -Anschauungen, und es ist nicht zu verkennen, daß sie zu dem Problem des Tages, die Fordisierung und ihrem Einfluß auf Geschäft, Industrie, Staat und Leben, Neues und Bemerkenswertes sagen. In den anderen Darlegungen kann man ihm nicht ebenso willig folgen. Besonders seine Ausführungen über die „in­

dustrielle Demokratie“ können uns in Deutschland, wo wir die Erfahrung der Betriebsräte in der Nach­

kriegszeit schon hinter uns haben, nicht überzeugen.

Zudem fehlt hier trotz breitester und weitschweifig­

ster Behandlung der eigentlich greifbare Kern. Er sagt, wir brauchen die industrielle Demokratie, weil die politische Demokratie, die den Massen in Fleisch und Blut übergegangen ist, dies verlangt oder auf Grund ihrer politischen Rechte und Gewohnheiten erzwingen wird. W as er unter „industrieller Demo­

kratie“ meint, ist „die Form industrieller Organisation, bei der die Arbeiter eine angemessene Stimme bei der Festsetzung und Kontrolle der Arbeitsbedingungen besitzen, einen angemessenen Anteil am Arbeits­

ertrag und, wenn menschenmöglich, eine Gewähr dafür, daß die Geschäftsführung erfolgreich sein wird.“

Dieser Satz erinnert uns lebhaft an die Zeit, wo die

„Sozialisierung“ im Vordergrund aller Betrachtungen in Deutschland stand, es kann aber so, wie auch Filene einschränkend zugeben muß, die industrielle Demokratie nicht einfach befohlen werden, weil den Arbeitern Erfahrung nicht im Augenblick durch einen Ausführungsbefehl verliehen werden kann. Diese Dinge müssen organisch wachsen; erst wenn die Erziehung der Massen so weit vorgeschritten ist, daß sie der „Wein der neuen Macht“ nicht trunken macht, können diese Gedanken verwirklicht werden.

Heute ist es so, daß wir noch nicht so weit sind, und es bedeutet ein weiteres Zurückstellen dieser Pläne, wenn Filene doch sagt, daß ein wohlwollend autokratischer Geschäftsbetrieb, der mit Erfolg hohe Löhne bezahlt, gute Arbeitsbedingungen aufrecht erhält und seine Erzeugnisse zu niederen Preisen verkauft, m e h r zur Zukunft der industriellen Demo­

kratie beiträgt, als ein Betrieb, der, weil zu schnell demokratisiert, diese Bedingungen nicht erfüllen kann.

Gewiß, „nur in den Händen besser erzogener und geschulter Beamten kann die industrielle Demokratie jemals Erfolg haben.“ Für heute aber bleibt das Gegebene, die „ w o h l w o l l e n d e A u t o k r a t i e.“

Das ist aber an sich nichts Neues, denn unsere größten Industriebegründer vertraten seit Jahrzehnten diesen Standpunkt. Nichts anderes meinte Friedrich Krupp in seinem bekannten Ausspruch, daß „Der Zweck der Arbeit das Gemeinwohl“ sei.

Aber trotzdem darf das W ort wiederholt und von neuem betont werden. Es wird auch bei uns in Deutschland immer wieder unterschätzt, wie wichtig die Vermeidung von inneren Reibungen im Geschäfts­

betrieb ist. Es liegt ein großer Vorzug in der Ein­

stellung des amerikanischen Arbeiters zum Unter­

nehmers und umgekehrt. Sie beide eint das gemein­

same Ziel der Förderung der Produktion. Man sagt, daß sich jeder amerikanische Arbeiter schon als kom­

mender Unternehmer fühle. Auf jeden Fall ist in Deutschland das nächste Ziel, diesen Widerstand und Widerwillen durch wirklich wohlwollende Führung zu überwinden. Daß dies möglich ist, kann man aus den Erfahrungen der Nachkriegszeit beweisen, in denen in gewissen Betrieben die Arbeiterschaft geradezu leidenschaftlich und feindselig ihren Führern gegenübertrat, während in anderen alles friedlich und reibungslos ablief. Wo war wohl die „wohlwol­

lende Autokratie?“ Es ist eine ernste Mahnung Filenes, wenn er eindringlich sagt, daß die Geschäfts­

leute die Aufgabe zu erfüllen haben, dem Umsturz und der Unzufriedenheit zuvorzukommen, indem sie a n s i c h s e l b e r s t r e n g s t e K r i t i k ü b e n und im Geschäftsleben den sozialen Verpflichtungen ebenso viel Nachdenken widmen wie seinen rein finanziellen Seiten. Auch hierin berührt sich Filene mit Ford. Aber er macht nicht den Fehler Fords, daß er die gänzliche Beseitigung des Bankwesens oder -Unwesens fordert, sondern er greift nur den falschen „Bankiergeist“ an, der zu häufig den guten

„Verwaltungsgeist“ ersetzt und dadurch die Bezie­

hungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer trübt und den sozialen Fortschritt hindert. Filene bekämpft den einseitig finanziellen Standpunkt, der sich nicht allein im Direktorium der Banken, sondern auch in den Leitungen geschäftlicher, industrieller Gesell­

schaften verheerend äußert. Man liest es selten und sollte aufhorchen, wenn hier von einem Nicht-ln- genieur und Außenstehenden gesagt wird: „ We l l d i e K r a f t d e s I n g e n i e u r s b i s h e r n u r a n d e n G r e n z e n u n s e r e s G e s c h ä f t s l e b e n s u n d u n s e r e r F i n a n z g e l e b t h a t , s e h e n w i r u n s h e u t z u t a g e e i n e r a u s g e ­ s p r o c h e n e n E m p ö r u n g g e g e n d a s g a n z e m o d e r n e G e s c h ä f t s s y s t e m g e g e n ü b e r.“

Die schöpferische Kraft des Ingenieurs soll überall zur Vorherrschaft gelangen, weil Filene in ihr die Verbindung von fachlicher, geschäftlicher und sozialer Denkungsart sieht, weil für ihn der Ingenieur ein besserer „Schutzheiliger für das Geschäftsleben ist, als die Art von Bankiers, die nur an Dividende denken können.“

Man muß diese Gedankengänge von Filene herausschälen, wenn man klar sehen will, wie er

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150 Technik und Kultur, Zeitschrift des VDDL 1925

„den Weg aus dem W irrw arr“ sucht. Für ihn ist es geist und staatsmännische, demokratische Geschäfts- M assenproduktion bei hohen Löhnen, Massenabsatz, leitung.“ Das alles ist gemeint, wenn wir seine Losung steigender Wohlstand, verbesserte Erziehung, wach- für die unmittelbare Zukunft hören: Ford oder sende Freiheit, bessere Führung mit mehr Ingenieur- Bankrott!!.

Die internationale Leistungskraft.

Von G. Buetz, D e s s a u . Aus England kommt die Meldung, daß die britische

Industrie, den Wunsch hege, eine W eltwirtschafts­

konferenz zu veranstalten, um eine Abschwächung des wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes der Eiandels­

staaten herbeizuführen. Man sucht eine Verständi­

gung. Es ist selbstverständlich, daß nur ihre schwie­

rige Lage die englischen Industriellen und Politiker veranlaßt, in dieser Weise vorzugehen. Es ist Eng­

land aus einer Reihe von Gründen nicht mehr möglich, diejenige wirtschaftliche Stellung zurückzugewinnen, die es vor dem Weltkriege einnahm. Die deutsche Handelsbilanz, die so erschreckende Einfuhrüber­

schüsse auf weist, ist ja zum guten Teile auf die gleichen Auswirkungen zurückzuführen. Die w irt­

schaftliche Leistungskraft der Völker hat eben im Laufe der letzten Jahre eine Veränderung erfahren, die zu einer Neueinstellung zwingt. Es sind diese Ver­

änderungen ja durchaus nicht nur damit abzutun, daß die W elt in ihrer Aufnahmefähigkeit zurückgegangen ist, während sie in der Leistungskraft der Herstellung eine Vermehrung erfuhr. In England ist die technische wie gesamt-industrielle Leistungskraft der Vorkriegs­

zeit gegenüber gestiegen, es ist auch gelungen, den Abnehmermarkt zu halten, und dennoch ist man im Hinblick auf die internationale Herstellungskraft zu­

rückgedrängt worden. Man konnte im wirtschaft­

lichen Weltkonzern seine Stellung nicht mehr in der alten Weise halten. England hat zwei wirtschaftliche Feinde erhalten, sie nennen sich die neue industrielle Leistungskraft der Vereinigten Staaten und die Herr­

schaft des Oeles. Auf dem international-wirtschaft­

lichen Leistungsmarkte nehmen die Vereinigten Staa­

ten heute eine vollkommen andere Stellung ein wie vor dem Kriege. Um hier nur einige Beispiele zu nennen: London und Paris vermochten den Geld­

markt zu regulieren, weil das große Wirtschaftsgebiet der Staaten geldarm war und zum europäischen Schuldnerstaat wurde. Heute ist Amerika die tonan­

gebende Geldmacht, und wenn es sich um den Erwerb von W irtschaftsgütern für die Zukunft handelt, dann rollt nicht mehr die englische silberne Kugel über den Weltball und heimst die politischen und wirtschaft­

lichen Gewinne der Zukunft ein, nein, die Harriman- Gruppe, die Standard Oil, der Ford-Konzern und die New Yorker Banken erringen den Sieg. Amerikas Leistungskraft, die in so einschneidender Weise auf den W eltmarkt zu drücken begonnen hat, zwingt Eng­

land fortlaufend zu Konzessionen, die es vor dem W eltkriege in dieser Weise niemals zu gewähren ge­

zwungen war. Wenn England seine industrielle Leistungskraft so gut in den Dienst der W elt stellen konnte, dann beruhte dies zum allergrößten Teile auf seiner Politik der Bunkerkohle. England führte als Schiffsballast,Kohle und brachte als Rückfracht billige

Lebensmittel und notwendige Rohstoffe, die im Ver­

edelungsverkehr erneut mit der Bunkerkohle auf den W eltmarkt hinaus gingen. Heute hat man die britische Schiffskohle zum guten Teile nicht mehr nötig, denn in den Hafenplätzen erheben sich die Oeltanks zur Speisung der Schiffsmaschinen, und in den modernen Industrieanlagen, da surren die Oelmotore und er­

zeugen die schaffende Kraft. So sucht England eine Rückendeckung durch die Möglichkeit festzulegender W irtschaftsverträge, es will wie früher politisch, so jetzt wirtschaftlich das Gleichgewicht hersteilen, kurz­

um, es will sich decken. In dem gleichen Sinne ist die Aufgabe der traditionellen britischen Freihandels­

maxime zu verstehen. Das alte Wirtschaftsbild be­

steht eben nicht mehr.

In Frankreich haben sich die neuen Formen, die die internationale Leistungskraft annahm, in der Weise ausgewirkt, daß man seine Stellung als Weltbankier verlor. Man ist militärisch überlastet, hat in Rußland zu viel Geld eingebüßt, macht mit dem Frankensturz die allgemeine Kapitalentwertung mit durch und hat bei einem drückenden Auslands-Schuldendienst eine Unterstützungslast an seine Abhängigkeitsstaaten mit dazu übernommen. Frankreich, vor dem Kriege ein Rentnerstaat mit Kleinstädten einer subventionierten Industrie von kleinem Ausmaße, muß sich heute zu einer industriellen Großentwicklung zwingen, um seine Verpflichtungen erfüllen zu können. Man muß Deutsch­

land gegenüber zu einer E r p r e s s e r p o l i t i k schreiten, weil ohne diese Aussaugung eine Groß­

industrie nicht zu erschaffen und die Militärlast nicht zu bezahlen ist. Es ist unmöglich, daß Frankreich seine industrielle Leistungskraft nicht im höchsten Maßstabe auszudehnen sucht, denn es ist hierzu ge­

zwungen; so muß Frankreich in Zukunft eine wirt­

schaftliche Kampfstellung einnehmen, die es vor dem Kriege auf dem W eltmärkte nicht besaß.

In Asien ist Japan wirtschaftlich eine völlig ver­

änderte Macht geworden, denn es bildet nur eine vor­

übergehende Erscheinung, daß Japans wirtschaftliche Leistungskraft auf dem internationalen Markte zu­

nächst nicht die Wirkung ausüben konnte, die Japan sich zugetraut hatte. Es wird dies Land aber mit aller Macht seine W irtschaftsstellung ausbauen; die poli­

tisch-wirtschaftliche Vereinigung mit Rußland bildet bereits einen Auftakt zu weiteren Angriffen. W enn die Nachrichten von den großen Eisensandvorkommen, die hochwertige Manganerze liefern sollen, sich be­

wahrheitet, dann ist die Leistungseinstellung Japans noch nachhaltiger zu bewerten. Die japanische Kon­

kurrenz ist außerdem heute schon in manchen W aren viel wirksamer, als zugegeben wird. In China und Indien hat Japan sich eine Stellung jetzt schon erw or­

ben, mit der man auf dem W eltmarkt zu rechnen hat.

(7)

1925 T echnik und Kultur, Zeitschrift des VDD1. 151

Mit dem japanisch-russischen Bündnisse wird man zudem einen W arenlieferungsvertrag vereinbart haben, der der japanischen Textil-Militärindustrie und der Waffenindustrie zu Einnahmen verhelfen dürfte, die die japanische Volkswirtschaft in ihrer Gesamtstärke hebt.

Für Deutschland wird alles darauf ankommen, seine Leistungskraft zu erweitern. Man erw artet von uns den Nachweis, daß wir mit dem besten tech­

nischen Gehirn ausgestattet sind. Man verlangt von uns nicht nur wie vor dem Kriege, die billige Qualitäts­

ware, die in Leistungskraft, starker Widerstandskraft bei geringer Abnutzung die größten Ansprüche befrie­

digt, man wünscht das technisch-wissenschaftlich Neue. Wir sind in W arengattungen, die in bester Qualität und zu W eltmarktpreisen auf den Markt kom­

men, ohne Absatz geblieben, und dies bis zur völligen Ausschaltung in früher von uns an erster Stelle auf dem W eltmarkt zum Absatz gelangten Artikeln. In unserer völlig unfreien Lage können wir wirtschafts­

politische Zwangsmaßnahmen nicht vornehmen, finan­

ziell abhängig, vermögen wir nicht uns die Vorteile eines Staates zu verschaffen, der den aufstrebenden, doch noch armen Kunden die W aren auf lange Frist zu bieten vermag. So müssen wir in dem allgemeinen Leistungskampf noch mehr zu leisten suchen, als die Welt um uns vermag. Die Hindernisse, die uns hier begegnen, sind erheblich und bergen in sich neue Hem­

mungen. Zunächst haben wir für unsere Forderung der Mehrleistung eine schwere Konkurrenz in den Vereinigten Staaten. Die Staaten haben so viele Roh­

stoffe, daß sie in allen Versuchen aus dem Vollsten heraus arbeiten können, und sie verfügen nunmehr über so ausreichende Geldmittel, daß sie in allen Ver­

suchsoperationen die besten Hilfsmittel anzusetzen vermögen. Auf Universitäten, auf Hochschulen, in Laboratorien und technisch oder organisatorisch auf­

gebauten Versuchsanstalten sind so viele Mittel wie nur irgend möglich verteilt. Das Land ist groß an Zahl, es stellt an Begabungen die dementsprechende Auswahl, dazu lockt das gebotene Geld von Europa die Kenntnisse her, die in Büchern und lebendigem Menschenwissen festgelegt sind. Es wird nun darauf ankommen, ob der Satz sich beweist, daß der ameri­

kanische Unternehmer, Geldfürst und Techniker, nicht Geduld genug besitzt, um die Früchte der Erkenntnisse ausreifen zu lassen. Er will den schnellen Gelderfolg.

Wenn man den Weg betrachtet, den die amerikanische Produktion in den letzten zehn Jahren zurücklegte und der von der Massenherstellung, der unwissenschaft­

lichen erfahrungsjungen Produktion sich zu den heu­

tigen Leistungen auswuchs, dann ist die Sorge nicht unberechtigt, ob die Entwicklung nicht sehr wissen­

schaftlich europäisch werden kann. Der billige Ford­

wagen ist nicht das Sinnbild amerikanischer Industrie­

leistung.

Zum anderen. Wenn es Deutschland gelingt, als industrieller Schöpfer an der Spitze der Staaten zu wandern, Wenn wir die Bismarck'sche Forderung nach der Mehrleistung über die allgemeine internatio­

nale Leistungskraft hinaus wirklich erreichen, dann schaffen wir uns selbst ein neues Kreuz, denn wenn wir der Welt mit zu einer weiteren Entwicklung ver­

helfen, stellen wir uns eine neue Konkurrenz auf die Beine. Wenn wir dem Ausland zum Beispiele Oel- motore verkaufen, während unsere Kohlen auf den Halden liegen, wenn wir hochwertige Textilmaschinen mit leichter Bedienung an die Balkanstaaten ver­

kaufen, und so dort eine Industrie mitgründen, während unsere Textilindustrie an das Ausland mit Mühe und Not verkauft, dann erhöhen wir mit unserer eigenen Kraftanstrengung den Grad unserer Wirtschaftsleiden, verewigen wir diesen Zustand, statt die Last abzu­

tragen. Es ist also ein großer Fehler, wenn angenom­

men wird, daß wir nur durch die industrielle Mehr­

leistung zu einem Wiederaufbau kommen können, denn die Steigerung der internationalen Leistungskraft ist heute an sich zum Programm der Menschheit ge­

worden. Es ist nun außer allem Zweifel, daß wir die Mehrleistung zur Anwendung bringen müssen, denn ohne dieses Einsetzen der höchsten Kraft sind wir überhaupt nicht mehr in der Lage, uns aufrecht er­

halten zu können. Aber hiermit allein werden wir niemals auskommen, denn einem fortdauernden Renn­

kampf um die beste Leistung ist kein Volk gewachsen.

Darum ist es für uns Grundgebot, wenn wir uns retten wollen, dann bedürfen wir neben der errunge­

nen wirtschaftlichen Mehrleistung einer Erstarkung unserer weltpolitischen Stellung, um das Errungene durch staatliche Zwangsmittel nach außen hin schützen zu können. Diese weltpolitische Wirtschaftsstellung, die wir vor dem Kriege in so reichem Maße besaßen, können wir uns aber nur dann zurückerzwingen, wenn wir innerpolitisch zu einem Halt gelangen. Zu diesem Halt kommen wir aber nur dann, wenn die denkende Mehrheit unserer Bevölkerung diesen inneren Halt an­

strebt. Wir können nicht wirtschaftlich mit Erfolg organisieren, wenn wir politisch zerrissen bleiben, der wirtschaftlichen Leistungskraft muß die politische gleichgestellt werden, im anderen Falle werden wir eine Arbeit ohne ein Ende verrichten, wir werden hier aufbauen, um dort erneut zu zerschlagen.

„Unfallschutz im B auw esen“ auf der Ausstellung

„Gesundheit und A rbeit“, Essen.

Von Regierungsbaumeister $ibi.-$>ng. P h i l i p p , Tiefbau-Berufsgenossenschaft, Essen.

Die Erkenntnis, daß Unfälle zu verhüten weiser ist, tatsächlich oft eine ökonomische Maßnahme, ist als Unfälle zu entschädigen, besser als Heilung und Namentlich die Großbetriebe wissen das, hat doch Rente, ist in erster Linie eine w i r t s c h a f t l i c h e , die Erfahrung ihnen gezeigt, daß ein Betriebsunfall Sachgemäße Unfallverhütung ist, wie längst bewiesen nicht selten teilweise Stillegung des Betriebes und

(8)

152 Technik und Kultur, Zeitschrift des VDD1. 1925

damit p e k u n i ä r f ü h l b a r e S t ö r u n g e n i n d i e g a n z e R e i h e d e r P r o d u k t i o n s v o r ­ g ä n g e b r i n g t . Bei den trotz eines Unfalles weiter arbeitenden Teilen der Produktionsreihe entstehen Häufungen von teilfertigen Stücken, und die auf den vom Unfall unmittelbar betroffenen Betriebsteil fol­

genden Arbeitsvorgänge müssen vorübergehend zur Ruhe kommen, weil die Zuführung teilfertiger Stücke naturgemäß stockt. Der Organismus eines großen Betriebes ist eben heutzutage sehr fein und deshalb sehr empfindlich. Ein Beispiel aus dem Tiefbau­

gewerbe hierfür ist der Entgleisungsunfall auf einer Transportbahnstrecke. Er unterbindet auf gewisse Zeit nicht nur den Transport, sondern er legt, weil eben die Transportmöglichkeit vorübergehend genommen ist, und weil Transportwagen durch den Unfall auf der Strecke festgehalten sind, auch die Beladung an der Massengewinnungsstelle und die Massengewinnung selbst still. Hunderte von Arbeitern stehen dann unter Umständen unbeschäftigt im Schacht, Bagger müssen ihre Tätigkeit einstellen usw. Betriebsunfälle sind aber auch oft mit einem S a c h s c h a d e n v er­

bunden, dessen Behebung sehr kostspielig sein kann.

Es ist deshalb nicht zu viel gesagt, wenn be­

hauptet wird, daß die U n f a l l v e r h ü t u n g sich im Laufe der Zeit zu einem Z w e i g e d e r B e ­ t r i e b s w i s s e n s c h ä f t e 11 herausgebildet hat, zu einem Sonderarbeitsgebiet von einer Bedeutung, die viel größer ist, als der Laie und leider vielfach auch der mitten im Betrieb Stehende gemeinhin glauben.

Letzterer lernt vielfach erst durch die Verwirklichung des Sprichwortes: „ D u r c h S c h a d e n w i r d m a n k 1 u g“. Die Gruppe „Unfallschutz im Bauwesen“

hat u. a. den Zweck, in dieser Hinsicht aufklärend und belehrend auf Laien und Fachleute zu wirken.

Das Wesen der Unfallverhütung im Bauwesen ist in mancher Hinsicht anders als auf anderen Ge­

bieten gewerblichen Arbeitens. Betreffs der letzteren hört und liest man in erster Linie immer von M a - s c h i n e n s c h u t z . Er steht ganz im Vordergrund des Interesses. Im B a u w e s e n h a t d i e M a ­ s c h i n e k e i n e b e h e r r s c h e n d e S t e l l u n g . Im Bauwesen ist die Einführung maschinellen Be­

triebes in vielen Fällen sogar eine unfallverhütende Maßnahme. So ist bspw. ganz klar, daß der Erd­

abtrag von Hand gefährlicher ist und viel mehr Men­

schen gefährdet, als es beim Abtrag mit Baggern der Fall sein kann.

Aus Vorstehendem folgt, daß im Bauwesen die Unfallverhütung durch k o n s t r u k t i v e Maßnahmen an Maschinen, Geräten usw. n i c h t a n e r s t e r S t e l l e stehen kann. In ihm sind die auf B e ­ t r i e b s v e r b e s s e r u n g und auf die P s y c h e des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers hinzielenden Maßnahmen die w i c h t i g s t e n F o r m e n d e r U n f a l l v e r h ü t u n g .

Trotzdem zeigt die Gruppe „Unfallschutz im Bauwesen“ an Hand von Modellen und Bildern mehrere konstruktive Einzelheiten. Im Zusammen­

hang hiermit sei darauf hingewiesen, daß die In­

dustrialisierung des Baugewerbes, d. h. die Einfüh­

rung des maschinellen Betriebes in immer größerem Umfange und die ständig zunehmende Verwendung

der Elektrizität, in absehbarer Zeit dazu führen wird, daß die konstruktive Unfallverhütung im Bauwesen ihre einseitige Bedeutung wieder erlangen wird.

Mit der konstruktiven Unfallverhütung hat die Unfallverhütung im Bauwesen nämlich gerade so wie auf anderen Gebieten gewerblichen Schaffens vor Jahrzehnten begonnen. Sie forderte Schutzbleche an Maschinen, Geländer um solche, um Baugruben und Vertiefungen, Geländer an Rüstungen und Einzel­

heiten in der Beschaffenheit letzterer. Von den die konstruktive Unfallverhütung betreffenden Ausstel­

lungsgegenständen seien die Modelle und Schaukästen des D e u t s c h e n M e t a l l a r b e i t e r - V e r b a n ­ d e s besonders genannt.

Die betriebstechnische Unfallverhütung ist eine Weiterentwicklungsstufe. Ihrer großen Bedeutung im Bauwesen wegen mußte man sich ihre Darstellung durch Bilder und Modelle von Unfallstellen und Arbeitsvorgängen besonders angelegen sein lassen.

Mancher Ausstellungsgegenstand zeigt deshalb keine eigentlichen Unfallschutzmaßnahmen, sondern ver­

anschaulicht den W e r t d e r B e t r i e b s s i c h e r ­ h e i t für die im Betriebe tätigen Arbeiter.

In wenigen Erwerbszweigen bietet sich dem u n g e l e r n t e n Arbeiter so viele Betätigungsmög­

lichkeit wie gerade im Baugewerbe. In ihm, besonders in seinem tiefbautechnischen Teile, ist deshalb auch die Zahl der Ungelernten überaus groß. Weil das T i e f b a u g e w e r b e so viele Ungelernte aufnehmen kann, ist dieses in den letzten Jahren der H a u p t ­ t r ä g e r d e r N o t s t a n d s a r b e i t e n gewesen und ist es auch noch. Bei diesen sind Unfälle nicht selten. Eine Statistik hierüber ist allerdings nicht vorhanden. Man meint aber allgemein und wohl mit Recht, daß viele der Unfälle bei Notstandsarbeiten auf den Mangel an bautechnischen Kenntnissen und Erfahrungen der Notstandsarbeiter und auf deren Nachlässigkeit, kurz gesagt, auf deren P s y c h e , beruhen. Gerade die Notstandsarbeiten sind ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Unfallverhütung im Baugewerbe es sich angelegen sein lassen muß, auf die Psyche der Arbeiter einzuwirken, wenn sie erfolgreich sein will.

Für die Notwendigkeit psychischen Wirkens spricht auch die aushängende und nachstehend teil­

weise wiedergegebene Unfallstatistik, die die Tiefbau- Berufsgenossenschaft für das Jahr 1924 aufgestellt hat. Ihre Betrachtung zeigt, daß, wenn man die durch Zufälligkeiten und nicht zu ermittelnde Ursachen entstandenen 6013 Unfälle nicht in Rechnung setzt, 4305 Unfälle (siehe die Zeilen 1, 4 und 5), das sind rund 46/4% der 9313 für die Rechnung verbleibenden Unfälle, auf Ursachen beruhen, denen im allgemeinen nur durch Aufklärung entgegengewirkt werden kann.

U r s a c h e n d e r i n 1 9 2 4 b e i d e r T i e f b a u - B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t g e m e l d e t e n

U n f ä l l e :

Z ahl in

%

1. S ch u ld v o n M ita rb eitern 865 5.64 2. G efä h rlich k eit d e s B e tr ie b e s an sic h 244 1,59 3. M a n g elh a fte B e tr ieb se in ric h tu n g e n (un­

g en ü g en d e A n w e is u n g ), fe h len d e S c h u tz ­

v o r rich tu n g en 341 2.22

Zu ü b ertra g en 1450 9,45

(9)

1925 Technik und Kultur, Zeitschrift des VDDT. 153

U e b e rtr a g 1450 9,45 4. N ich tb en u tzu n g g e b o te n e r S ch u tzm ittel

s e ite n s d er A rb eiter, H andeln w id e r er­

h a lten e A n w e isu n g en 324 2,11

5. Ungeschicklichkeit und U n a ch tsa m k e it

der A rb eiter, U n k en n tn is der G efahr 5116 33,39 6. Z u sa m m en w irk en d e U rsa ch e n 2423 15,81 7. Z u fälligk eiten und n ich t zu erm itteln d e

U rsa ch en 6013 39,24

15 326 100,00

Die p s y c h i s c h e Unfallverhütung ist die neueste und f ü r d a s B a u w e s e n w i c h t i g s t e Entwicklungsstufe der Unfallverhütung. In der Gruppe mußte sie schon deshalb besonders betont werden.

Eigentlich ist die ganze Ausstellungsgruppe „Unfall­

schutz im Bauwesen“ der sichtbare Ausdruck psy- chisch-unfallverhiitenden Arbeitens. Indem sie auf­

klärt und belehrt, wirkt sie psychisch.

Ihre Bilder und Gegenstände haben bei genauem Hinsehen d e m A r b e i t e r v i e l m e h r z u s a g e n a l s d e m U n t e r n e h m e r . Das hat seinen Grund darin, daß im Baugewerbe die Schuld am Unfall in besonders hohem Maße auf seiten des Arbeiters liegt.

An den Arbeiter wenden sich vor allem die zum Aushang gekommenen 50 U n f a l l v e r h ü t u n g s ­ b i l d e r d e r T i e f b a u - B e r u f s g e n o s s e n ­ s c h a f t .

Die psychische Unfallverhütung, die sich an den Unternehmer und seine Betriebsbeamten wendet, ist selbstverständlich a u c h überaus wichtig und nötig.

Auch sie hat in der Gruppe eine Darstellung gefunden.

Das Durchblättern des ausliegenden Amtsblattes

„Tiefbau“ der Tiefbau-Berufsgenossenschaft zeigt, wie diese es sich angelegen sein läßt, auf ihre Mit­

glieder und deren Beamte durch Abhandlungen unfall­

verhütungstechnischer Art, durch in den einzelnen Nummern des Amtsblattes verteilt gedruckte, die Un­

fallverhütung betreffende Sprüche u. a. m. psychisch einzuwirken zugunsten der Unfallverhütung. Sie hat auch F l u g b l ä t t e r und S c h r i f t e n ausgelegt, von denen der Aufsatz des Herrn Geh.-Rat E i n ­ e c k e r vom Reichsversicherungsamt, „Der Schacht­

meister und die Unfallverhütung“, das Heft „Bemer­

kenswerte und lehrreiche Unfälle bei Tiefbaubetrie­

ben“, „Elektrische Anlagen im Tiefbau“ und „Die Unfallversicherung im Tiefbau“ besonders erwähnt seien.

Die Gruppe enthält ferner Darstellungen, die den Aufbau, den Geschäftsumfang und die Erfolge der Tiefbau-Berufsgenossenschaft betreffen, sie enthält auch berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsvor­

schriften, Statistiken und mustergültige Verbands­

kästen.

Diplom-Optiker.

Von 2>ipi.=3ng. K a e f e s . Als seinerzeit die Thüringische Regierung der

Jenaer Optikerschule das Recht gab, den Titel

„Diplom-Optiker“ zu verleihen, hat der Verband Deutscher Diplom-Ingenieure in Uebereinstimmung mit dem Deutschen Ausschuß für Technisches Schul­

wesen Einspruch erhoben. Die Vorstellungen des Verbandes wie auch die des Deutschen Ausschusses sind in Thüringen ohne Erfolg geblieben. *) Dagegen hat die maßgebende Stelle in Preußen den Vorstel­

lungen Rechnung getragen und bisher der Berliner Optikerschule das gleiche Recht, wie es die Jenaer Schule hat, verweigert.

Die an der Verleihung des Titels Diplom-Optiker unmittelbar interessierten Kreise vertreten durch den

„Hauptverband der Deutschen Optiker-Vereinigungen (H. D. O. V.)“, sind weiter tätig, um diesem Titel allgemeinen Eingang zu verschaffen. So hat sich auch der Bundestag des H. D. O. V. am 22. und 23. Juni 1925 in Leipzig mit dieser Frage in der Einzelmit­

gliederversammlung eingehend beschäftigt. Der Be­

richt über diese Verhandlungen2) ist nach mehr als einer Seite von Interesse.

Auf der Versammlung wurde zunächst eine Niederschrift verlesen über die Sitzung des Schul­

ausschusses der Deutschen Schule für Optik und Phototechnik in Berlin; darin heißt es:

„ . . . Ein Gutachterausschuß, der von allen Bundesstaaten beschickt war, hat sich in Mittweida ganz scharf dagegen ausgesprochen, daß Fach­

schulen Titel verleihen, die akademischen Graden

‘) V gl. Z. d. VD D I. 1922, S e ite 28.

2) D e u ts cn e O ptisch e W o ch en sch rift, 19. Juli 1925.

ähnlich sehen, und eine Resolution angenommen, wonach das Reichsministerium des Innern die Ver­

leihung derartiger Titel verbieten soll. . . “ Der Vertreter des Landes Thüringen habe diese „an Schärfe nichts zu wünschen übrig lassende Reso­

lution“ selbst verfaßt, so daß der Berichterstatter (Prof. Horstmann-Berlin) unter dem Eindruck stand, daß Thüringen selbst den Titel Diplom-Optiker wieder inhibieren werde.“

Bei der Besprechung der Angelegenheit in dem genannten Ausschuß teilte Kommerzienrat Rodenstock (München) mit, daß der S e n a t d e r T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e M ü n c h e n einen Beschluß gefaßt habe, daß er entschiedener Gegner des Titels Diplom-Optiker ist und für Verbot dieses Titels eintritt.s)

Gegen diese Stellungnahme in dem genannten Ausschuß wendete sich scharf der Vorsitzende des H. D. O. V., Herr Wasmuth-Dresden, der dem Aus­

schuß die Berechtigung absprach, über „die Belange und Wünsche der deutschen Optikerschaft zu beraten und zu beschließen.“ Insbesondere wendete er sich gegen Herrn Horstmann (Regierungskommissar der Berliner Schule), der auch im Verlauf der Verhand­

lungen von anderer Seite angegriffen und dessen

„Verabschiedung“ gefordert wurde.

Es wurde festgestellt, daß das Kuratorium der Jenaer Schule beschlossen hat, die Bestrebungen der Berliner Schule, ebenfalls den Titel Diplom-Optiker

3) der VD D I. hatte s. Z. in ein er E in gab e an die TH.

M ünchen die D ip lo m -T itel-F ra g e e in geh en d b eh an d elt und beim S en a t der TH. v o lle Z ustim m ung gefunden.

(10)

154 Technik und Kultur, Zeitschrift des VDDI.- 1925

verleihen zu können, zu unterstützen. Schließlich nimmt die Versammlung einstimmig, um gegen Herrn Horstmann „schärfer vorzugehen“, die Entschließung

an:

„Die Mitgliederversammlung des H. D. O. V. am 23. Juni 1925 in Leipzig protestiert ganz entschieden gegen die Stellungnahme der Schulkuratoriums- sitzung vom 2. April 1925 der Schule für Optik und Phototechnik zu Berlin und des Herrn Prof.

Horstmann, wie sie aus dem versandten amtlichen Protokoll zu ersehen ist.

Indem die anwesenden Herren nicht gegen die Stellungnahme des Herrn Prof. Horstmann auf­

getreten sind, sieht die Mitgliederversammlung einen W iderspruch gegen das uns gegebene Ver­

sprechen, jede Beteiligung an einem Kampfe gegen den Diplom-Optiker zu unterlassen.

Die Mitgliederversammlung erklärt, daß der Teil des Protokolls vom 2. April, der sich mit der Berufsbezeichnung Diplom - Optiker beschäftigt, g e g e n d i e w e r t v o l l s t e n I n t e r e s s e n d e r O p t i k e r s c h a f t v e r s t ö ß t .

Die Mitgliederversammlung des H. D. 0 . V.

spricht Herrn Horstmann hiermit ausdrücklich jedes Recht ab, in seiner Eigenschaft als staatl. Kom­

missar der Schule derartig in die wichtigsten Interessen der deutschen Optikerschaft einzugreifen und spricht ihm deshalb ihr schärftes Mißtrauen aus. Sie erw artet seinen Rücktritt vom Amt als Schulkommissar.“

Ferner stimmt die Versammlung einer Mitteilung an die Thüringische Regierung zu, wonach „die ge­

samte deutsche Optikerschaft in der Berufsbezeich­

nung Diplom-Optiker eine wertvolle Hebung des Standes sieht und gebeten wird, die Berufsbezeichnung in jeder Hinsicht zu verteidigen.“

Danach ist also festgestellt: Der Titel Diplom- Optiker zählt zu den wertvollsten Interessen der Optikerschaft, und der Titel bedeutet eine wertvolle Hebung des Standes.

W ir haben volles Interesse für eine entschiedene Standespolitik, nicht aber dafür, daß diese auf Kosten anderer erfolgt. Denn man muß sich immer wieder vor Augen halten, daß das W örtchen „Diplom“ vor der Berufsbezeichnung erst begehrenswert geworden ist, nachdem die Institution der Diplom-Ingenieure errichtet w ar und — nicht zuletzt durch die Arbeit des Verbandes Deutscher Diplom - Ingenieure —

„Diplom“ mit der Berufsbezeichnung allgemein Kenn­

zeichen für die Berufstreibenden mit abgeschlossener Hochschulbildung geworden war. Wenn nun Kreise ohne entsprechende akademische Ausbildung sich ebenfalls solche Bezeichnung zulegen, so bedeutet

dies einerseits, daß sie von dem Ansehen des Aka­

demikers profitieren wollen; andererseits aber wird der akademische Grad dadurch entw ertet. Das hat der Senat der TH. München rückhaltlos anerkannt, wie auch die zuständige Stelle der Preußischen Regierung.

Es ist endlich an der Zeit, daß dem — hier schon wiederholt gekennzeichneten — „Diplom-Unfug“ ein Ende gemacht wird, und es steht nur zu hoffen, daß in dem Kampfe um den Diplom-Optiker die Preußische Regierung an dem Erlaß des Preußischen Ministers für Handel und Gew'erbe vom 20. Januar 1925 fest­

hält. Dieser Erlaß spricht aus, daß aus sachlichen Erwägungen heraus in Preußen keiner Fachschule das Recht zugestanden w-erden kann, den Titel Diplom-Optiker zu verleihen.

Aus den Verhandlungen des H. D. O. V. ist noch von Interesse, daß die V e r t r e t e r der o p t i s c h e n I n d u s t r i e scharf angegriffen wurden, w'eil sie ent­

gegen ihrer dem H.D.O.V. gegebenen Erklärung, sich an der Bekämpfung des Titels Diplom-Optiker nicht zu be­

teiligen, im Berliner Schulkuratorium doch dagegen Stellung genommen hätten.

Dazu erklärte Herr Richter-Frankfurt a. 0 „ daß er stets für den Diplom-Optiker eingetreten, und daß die Bekämpfung des Titels falsch sei, weil die deutsche Industrie das größte Interesse daran haben muß, daß der Optiker-Stand auf der Höhe steht. Und Herr Schulze (Nitsche und Günther, Rathenow') er­

klärte, daß „die Vertreter der Industrie kein anderes Interesse daran haben, als daß es der Berliner Schule ebenfalls gestattet sei, die Berufsbezeichnung Diplom- Optiker zu verleihen; der Kampf gegen die Diplotn- Optiker gehe von den Hochschulen und der Preußischen Regierung aus.

Daß die optische Industrie an einer Hebung des Optikerberufes weitgehendes Interesse hat. ist ver­

ständlich, daß sie alles gesunde Streben zu diesem Ziele fördert, ist gut. Daß dies aber auf dem Wege der Anleihe und zum Schaden der Akademiker ge­

schieht, ist abwegig und zu bekämpfen. Für die Optiker wäre es viel richtiger, wenn man ihnen die Berufsbezeichnung schützen würde; daran hat auch die Oeffentlichkeit ein erhebliches Interesse. „Diplom- Optiker“ ist keine Berufsbezeichnung, sondern ein Titel, der den akademischen Graden nachgebildet ist und sonach eine Irreführung des Publikums in sich schließt. Die optische Industrie sollte, wrenn sie sich schon mit den Standesinteressen der Optiker be­

schäftigt, dafür eintreten. daß eine g e s u n d e Stan­

despolitik betrieben wird, und nicht Bezeichnungen eingeführt werden, die Kennzeichen einer ganz anders gearteten Ausbildung sind.

Am sterdamer und M oskauer Internationale.

®r.=3ttg. Kurt F. A. H a l l e r , Essen.

Im Laufe des Februars dieses Jahres hat es auf Stoßes waren die E n g l ä n d e r . Einige Ver- der Tagung der II. Internationale in Amsterdam aller- treter der englischen Gewerkschaften forderten hand Meinungsverschiedenheiten gegeben, die merk- ein enges Zusammengehen der II. und III. • Inter­

würdigerweise wenig in der Oeffentlichkeit bekannt nationale, sie verlangten also die Aufnahme der geworden sind. Es kam zu einem starken Vorstoß Moskauer in die Amsterdamer Zentrale. W äre diese der Moskauer Internationale. Die Träger dieses Vor- Forderung in den Jahren 1920 und 1921 von

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