• Nie Znaleziono Wyników

Technik und Kultur : Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, Jg.16, H. 12

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Technik und Kultur : Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, Jg.16, H. 12"

Copied!
22
0
0

Pełen tekst

(1)

Technik und Kultur

Z E I T S C H R I F T D E S V E R B A N D E S D E U T S C H E R D I P L O M - I N G E N I E U R E

HEFT 12

S c h riftle ite r S t p L ^ t t g . C a r l W e i h e , P a te n ta n w a lt, F r a n k fu r t a. M.

ESSEN, 15. DEZEMBER 1925 16. JAHRGANG

Spengler und der Sinn der Zahlen.

Von T)ip l.=^n g. R. H e ß l e r , Berlin-W ilmersdorf.

In seinem bekannten Buch: „ D e r U n terg an g des A bendland es“ w id m et Sp e n g ler den ersten Abschnitt dem Sinn der Zahlen und dokumentiert damit zugleich die W ich­

tigkeit der Zahl für die W eltgeschichte und für die E n t­

wicklung der einzelnen Kulturen. Sein W e r k soll die Ent­

stehung und Entwicklung dieser Kulturen und ihr g e g e n ­ seitiges Verhältnis historisch klären.

W a s ist nun die Zahl und wie kommt sie zu dieser wichtigen Bedeutung im Au fbau unserer K ultur? Schon P y t h a g o r a s hat den W ert der Zahlen richtig erkannt, wie er in seiner Leh re s a g t : „Die Zahl ist d a s W e se n aller D in ge“ , sie ist demnach, ohne Z usam m enh ang mit der Wirklichkeit nicht denkbar. D esh alb bringt er die Zahl sym bolisch in Zusam m enhang mit dem Menschenleben, faßt aber doch, der ganzen Einseitigkeit der griechischen Kultur entsprechend, die ste ts nur eine Flachkultur g e ­ w esen ist, die Zahl a ls e tw a s scharf B e g r e n z t e s auf. In Z usam m enhang mit dieser engen A u ffassung der Zahl steht auch die Geom etrie und. Arithmetik der alten Griechen.

Auch diese beschränkt sich nur auf Flächen und Körper.

U nsere Kulturperiode hat längst erkannt, daß diese B e ­ grenztheit der tatsächlichen Wirklichkeit nicht entspricht und daß die Zahl nur ein Grenzerlebnis ist, deren absolute genauen W e r te niemals festzustellen sind. |So kommt S p en g ler zu der Entscheidung, daß unser g a n z e s abend­

ländisches Zahlendenken darauf hinstrebt, diese G ren z w erte in allen Dingen aufzusuchen. Wenn dies auch für den An­

fang unserer Kulturentwicklung der Fall sein mag, so gehen doch heute zw eifellos die B e streb u n gen darübet hinaus, wie sp ä te r noch gez eig t w erden soll.

Man s a g t allgemein, daß dieses Zeitalter ein Zeitalter der Technik ist, und d ieses G renzproblem ist eigentlich ein rein technisches Problem . Die Arbeit des T echnik ers und Ingenieurs ist es g erad e, überall die G r en z w er te seiner Konstruktionen, die G r en z w er te der B ela stu n g der v e r w e n ­ deten Materialien au fzusuchen und täglich in seiner Arbeit zu v e rw e rt e n und zu berücksichtigen. Auch der Ingenieur ist sich bei seiner praktischen und konstruktiven T ä t i g ­ keit durchaus darüber im klaren, daß die Zahlen nur g e ­ w isse Annäherungs- oder G ren z -W erte darstellen können.

Absolute Zahlen gibt es für ihn ebenso wenig, w ie es diese überhaupt nicht geben kann. D er b este B e w e is hier­

für ist sein Rechenmittel, der Rechenschieber, mit dem er auch stets nur A nnäherungsw erte errechnet. S o wird auch der Ingenieur im G e g e n sa t z zum V erw altungsjuristen und vielleicht auch zum Kaufm ann bei seinen Rechnungen stets nur mit drei- oder nur in besond eren Fällen, v ie r­

stelligen Zahlen arbeiten.

E r weiß au s der E rfah rung heraus genau, daß es außerordentlich schw ierig ist, ein Längenm aß, eine T e m ­ peratur oder zum Beispiel den W e r t eines elektrischen W id erstan d es je derzeit genau auf drei Stellen festzulegen oder nachzum essen. Alle diese Maße und Eig enschaften der K örper sind von ihrer U m geb u n g dauernd abhängig,

sie sind ab h än g ig v o n der T e m p e ra t u r v o m Fe u c h tig k e its­

gehalt und dem Luftdruck der U m gebun g, von ihrer B e ­ ständigkeit und so vielen an deren F aktoren, daß es ganz unmöglich ist, über vier Stellen hinaus, einen W e r t dauernd einwandfrei festzustellen. Der b e st e B e w e is dafür ist d a s in P a r i s au fb ew a h rte Normalmaß für den Meter, das nur unter Beob ach tu n g ga n z b eso nd erer U m stä nd e dauernd als Normalmaß gelten kann.

S o ist der Ingenieur beizeiten, durch seine P r a x is, darau f gekom m en, w elchen W e r t man auf die Bezie hungen der einzelnen W e r te zu einander legen muß. D ieser g e g e n ­ seitigen Beziehungen ist er sich durchaus bewußt, w enn er zum Beispiel für die B estim m ung der Eig enschaften eines K ö r p e rs nähere Angaben über die w eiteren U m ständ e verlangt, bei denen diese Angaben zutreffen sollen, also zum Beispiel über die Tem p eratu r, die D ruck verhältnisse und dergleichen mehr. P r ak tisch ist dies wohl dasselbe, w a s die E insteinsche Relativitätstheorie an Hand math e­

m atischer Grundlagen zum A usdruck bringt. Die Z u sam ­ menarbeit zwischen dem Ingenieur, dem P h y sik er oder C hem ik er und M athem atiker ist die eigentliche G rundlage der beso nd eren technischen Entwicklung unserer Kultur­

periode.

E s kann aut eine Anzahl Erscheinungen hingewiesen w erden, die ga n z ähnlich wie in der Astronom ie erst m a th e­

matisch gefunden und n achgew iesen sind, und dann erst, an g eregt durch diese m ath ematischen E rg e b n isse , brachten die P h y sik er den N ach w eis der Richtigkeit dieser Theorien, und die Ingenieure nutzten dann diese F o r s c h u n g se r g e b ­ nisse für die praktische Wirklichkeit au s. S o ist es z. B.

mit der Wellen-Theorie, die heute die G rundlage für die g e sa m te Radiotechnik gew orden ist. D iese W ellen-Theorie w urde zu er st v o n M a x w e l l rein m athem atisch errechnet, d aran anschließend von dem deutschen P h y sik e r H e r t z durch ph ysikalische V ersuch e n achgew iesen. E r s t dann haben, auf Grund dieser d a m a ls überraschenden E r g e b ­ nisse, der D eu tsche S l a b y und1 der Italiener M a r c o n i diese W ellen-Theorie für die T e le g r ap h ie ohne Draht p r a k ­ tisch ausgenutzt, deren w eitere Entwicklung zü der m o d e r­

nen Radiotechnik führte. Auch auf dem G ebiete der Chemie hat z. B. die Theorie des Benzo lringes die G rundlage g eg e be n für eine außerordentliche Entwicklung der chemi­

schen Teerin dustrie, und so könnten noch a u s dem p r a k ­ tischen L eben viele Beispiele angeführt w erden, die uns zeigen, wie tatsächlich unsere abendländische Kultur, die mit der E ntwicklung der Technik auf d a s innigste v e r b u n ­ den ist, ihre G rundlage findet in der Entwicklung unserer höheren M ath ematik, so w ie es S p e n g l e r zum A u sd ruck bringt.

D a s W ich tigste ab er in unserer höheren M athem atik ist nicht die Zahl, die, wie es schon äußerlich zum A u s­

druck kommt, hierbei meist durch Bu ch sta ben ersetzt wird.

Der Bu ch sta be, mit dem die M ath ematik rechnet, soll eben diesen ensen o v t h a e o rä isc h e n Sinn der Zahlen v erm eiden

(2)

202 T e c h n ik u n d K u ltu r, Z e i t s c h ri f t d e s VDDI. 1925

und an deren Ste lle e t w a s U n bestim m tes setzen, d a s a b e r doch für den M a th e m atik e r einen bestim m ten B e g riff hat, mit dem er rechnen kann, und d a s er in seine F orm eln ein- se tz en kann. Die G r u n d lag e u n serer m odernen höheren M athem atik ist die Funktion, die d a s Verhältnis v e r s c h ie ­ dener Größen zu einander in einem g e w is se n B ereich bindet. B ei den Funktionen sind -es nicht die G r en z w erte, die m an in der W irklichkeit braucht und aufsuchen will, sondern es sind m eist bestim m te, g e g e b e n e V erhältnisse, innerhalb deren man die W irkung o d er die A u sd ru ck sfo r m der Funktion kennen will. Um auf d a s p rak tisch e Gebiet zu kom m en, so w ird man z. B . für T e m p e ra t u r en nur die T e m p e ra t u r v e rh ä ltn isse , so w e it sie für d a s p rak tisch e L e b e n in B e t r a c h t kommen, w isse n wollen, also e t w a da s Verhalten eines M a te r ia ls bei den T e m p e r a t u r en zw ischen minus 10 G r a d und plus 100 G rad. K om m t es auf die a tm o sp h är isch en V erh ältnisse und den L u ftd r u ck an, so w ird m an sich nur dafür in teressieren, w ie sich d a s M a te ­ rial bei den L u ftdrucken v on ungefähr A tm o sp h är e bis e t w a 20 oder 50 A tm o sp h ären verhält.

F ü r die o beren und unteren G r en z w e r te hat man w en ig er In teresse, w eil sie zu nächst für unsere W irklich­

keit nicht in B e t r a c h t kom m en und au ßerdem diese G ren z e meist sc h w e r, w enn nicht unmöglich zu bestim m en ist. Um d ieses V erhalten einer Funktion auch anschaulich zu m A u s ­ druck zu bringen, zeichnet man diese in eine K u r v e ein und man braucht dann von dieser K u r v e eben nur einen bestim m ten Ausschnitt. Außer d ie sen Funktionen für ganz b estim m te W e r t e hat der M a th em atik er sow oh l w ie der P h y s ik e r und Ingenieur b e so n d e r e s In te r esse für die H ö ch stw e rt e einer Funktion, die man p hy sik alisch mit R eson an z e r sc h e in u n g e n bezeichnen kann. Handelt es sich um p erio disch e Funktionen, so hat man m eist In te r e s s e an der F e stst e llu n g und U ntersuchung d e r L ä n g e und den H ö ch stw e rte n der einzelnen Perioden, weil man h ieraus dann g e w i s s e S c h lü s se für die Wirklichkeit ziehen kann.

Neben diesen bestim m ten F unk tionsw erten, diesen R e ­ sonan z erschein un gen od er periodischen W erten, ko m m t für die Wirklichkeit noch der B e g riff der M a s s e in Betra ch t.

Die M a s s e ist das, w a s jenseits der Zahl liegt, also unzähl­

bar, d a s Maßlose, die U nform oder, w ie schon in der ä g y p ­ tischen Religion zu m A u sd ru ck kommt, der U rsc h la m m ; au ch diese M a s s e ist für unsere heutige Zeit k e in e s w e g s ohne B e d e u t u n g und viel wichtiger, als d a s S uchen nach G r en z w e r te n , die für die Wirklichkeit w enig oder nichts bedeuten.

U n se r e S t a a t s f o r m ist auf die M a s s e au fgebaut. Von einem Volk v on über 63 Millionen hat gut zw ei Drittel da s W ahlrecht und d a s B e st im m u n g sre c h t für die w ichtigsten politischen G eschä fte. Auch die Größe dieser M a s s e ist niem als ab so lu t feststellbar, weil sie dauern d in B e w e g u n g ist und w echselt. E s ste r be n dauern d L e u te und es w e r ­ den stä n d ig Kinder geboren, die Ein- und A u sw a n d er u n g ist d a u ern d in Fluß. K u r z es gibt keine genau abschließende G r en z e für ein 60 Millionen-Volk, es ist eben eine M a sse, die als M a s s e behandelt w e r d e n muß. W enn sie auch

k e in e s w e g s unendlich groß ist, s o ist ihre G r en z e doch nicht ab so lu t b e st im m b a r . D ie se M a s s e unterliegt als S a c h e a b e r gen a u d erselb en 'Beeinflussung, w ie e t w a der einzelne M en sc h ; denn auch der einzelne M en sch ist ja eine M a s s e von unendlich vielen Zellen, deren Zahl eb en so w enig absolut f e st ste llb a r ist. D ie se M e n s c h e n m a s se ist der L e id en sch aft unterw o rfen, die durch einen guten V o l k s ­ redner od er in m o d ern er W e i s e durch au fh etz en d e Zei­

tungsartikel a n g e r e g t w e r d e n kann. M an sprich t hier von M a s s e n s u g g e s tio n und M a s s e n h y p n o s e . Die M a s s e ist also durch a us e t w a s P o sit iv e s, G r e if b a r e s, mit der m an rechnen muß, obgleich sie in Zahlen nicht ab so lu t fe st le g b a r ist.

Auch die M a s s e als solche ist dem F u n k t io n s g e s e t z unter­

w orfen, sie hält sich Unter b estim m ten V erh ältnissen z u ­ sam m en , hat ihren Höhepunkt der E ntw ick lung, kann sich entfalten und fällt w ie d e r ab o d e r g a n z au sein an d er. Ihr Entstehen und V ergeh en ist d em n ach g a n z ähnlich w ie d a s an d erer L e b e w e s e n , w ie d e s M enschen, d es T i e r e s oder der Pflanzen.

Als solche sich au s den V erh ältnissen en tw ickeln de F u n k tio n sw ese n will nun S p e n g le r auch die Kulturen v e r ­ sta n d en sehen. S ie entstehen a u s b e so n d e r e n la n d ­ schaftlichen und politischen V erh ältnissen od er a u s b e s o n ­ deren Ideen, sie w a c h se n an, entfalten sich unter b e st im m ­ ten V ora u ssetz u n g e n , die von der U m g e b u n g und der L a n d ­ schaft mehr od er w en ig er ab h än g ig sind. S i e haben ihren Höhepunkt w ie a n d er e L e b e w e s e n , so z. B. die Pfla nz en in ihrer Blütezeit, und sie fallen z u sa m m e n und enden mit dem Verfall.

Die U n tersuch un g d e r a r t ig e r F u n k tion sp h än om en e w ä r e also im G runde gen om m en eine m a th e m a tisc h e A uf­

g a b e, nur reicht hier zu deren L ö su n g , ähnlich w ie auch in der Astronom ie, nicht mehr die hellenische M ath em atik aus, mit ihren 3 Dim ensionen, so n d ern w ir m ü s s e n hier, den vielseitigen B ezieh ungen entsprechend, zu den n-dimen- sionalen B erech n u n gen übergehen.

W ä hr en d man in der griech isch en Kulturzeit einen Punkt nur nach der L ä n g e , B reite und Höhe, a lso k ö r p e r ­ haft behandeln konnte, kom m en für uns heute noch un zählige B ezieh ungen d ie ses P u n k te s zu seiner U m w e lt in F r a g e . J e d e dieser B ez ieh u n gen kann nun g e w i s s e r ­ maßen als G ru n d lag e einer Dim ension a n g e se h e n w er d e n , die mathem atisch mehr oder w en ig er b e st im m b a r ist, und so können w ir heute sag e n , daß für unsere ab e n d län d isch e Kultur die Funktion d a s W e s e n aller D in ge ist. W ä h r e n d bei P y t h a g o r a s als G r u n d lag e aller Zahlen die eins als e t w a s U n teilba res galt, ist für uns an deren S t e lle d a s u n seh b a re kleine A tom getreten. W ir w is s e n heute noch nicht, w ie weit au ch d ie ses Atom mit der fortsch reitend en Erkenntnis der Natur noch w eite r ze r g lie d e rt w ir d. Die neuen A tom -T heorien zeigen hier die R ichtung der E n t ­ wicklung. E s ist wohl anzunehmen, daß einige ä lt e re Kul­

turen als die griechische, s o die a lt - ä g y p tisc h e P r ie st e r - Kultur, auch von diesen Dingen, ähnlich w ie in der A s t r o ­ nomie, eine g e w i s s e Ahnung g eh ab t haben.

Zur Frage der Reform der Ingenieurausbildung.

Von Geh. R e g ieru n g srat Prof. F r a n z , C harlottenburg.

D em G ru n d g ed an k en in den Ausführungen des H e rrn ®r.=Sna- W e r n e r Riede-Halle (Heft 10, „Zur F r a g e der Reform der Ingenieurausbildung“) stimmte ich zu. Auch nach m einer Ansicht ist es geboten, den B e stre b u n g e n nach E rb reiteru n g d e r fachtechnischen Studien Maß und Ziel zu geben. Es bed eu tet eine V erkennung der w ichtigsten Aufgabe des Ingenieur­

studiums, w en n d e r Studienplan mit b e sonderen w i r t ­ schaftsw issenschaftlichen Disziplinen, Philosophie, Soziologie, R ech tsw isse n sc h a ft u. a. belastet wird.

Dasselbe gilt für -die Schulung d e r A rchitekten, C h e ­ miker und a n d e re r Fach tech n ik er. H e rr Dr. Riede fordert „in a lle re rste r Linie ein gutes technisches R ü stz e u g “ . Die F o rd e ru n g ist für die ü brigen F a c h ­ gebiete — im Sinne wohl auch des H e r r n V e rfa sse rs

— zu modifizieren. F ü r den H o ch b a u te c h n ik er z. B.

ist die baukünstlerische Ausbildung ebenso wichtig,

wie die technische. F ü r jede fachliche Schulung (die

die v o rn e h m ste Aufgabe der T ech n isch en H ochschule

ist und bleiben muß) ist der beste L e itg e d a n k e ; mul-

(3)

1925 T ech nik und Kultur, Z eitsch rift d es VDD1. 203

tum, non multa. Sicherheit in den wissenschaftlichen G rundlagen und Vertiefung in einigen w enigen F a c h ­ disziplinen! L e tztere m üssen von den M eistern des F ach es so v o rg e tra g e n w erden, daß aus dem U n te r ­ richt auch A nregungen geistesw issenschaftlicher Art g ew o n n en werden. W a s die „w irtschaftliche“ S c h u ­ lung im Fachstudium der Technik betrifft, so geben sich viele R eform er verm utlich trügerischen Hoffnun­

gen hin, w enn sie e rw a rte n , daß der angehende F a c h ­ techniker durch den Besuch w irtschafts - w i s s e n ­ s c h a f t l i c h e r Vorlesungen und U ebungen zu einem erfolgreichen W irtsc h a fte r in seinem Fachgebiet wird.

Der G ebrauch des M o d ew o rtes W irtschaft und die h ä u ­ fige V erwechslung von Volksw irtschaftslehre mit der U nterw eisung zum G edanken der W irtschaftlichkeit hat eine arge V erw irrung der Meinungen erzeugt, der m an nur mit dem Hinweis begegnen kann, daß die wirtschaftswissenschaftliche Lehre n i c h t die Lehre ist, mit der der Ingenieur zum wirtschaftlichen Kon­

struieren und Fertigen, der A rchitekt zum w irtsc h a ft­

lichen Bauen, usw. erzogen wird. Die „ w irtsch aft­

liche“ Schulung des Ingenieurs, des Architekten und des Chem ikers ist Aufgabe des Fachunterrichts.

Ob die Studierenden der Ingenieurwissenschaften, der Architektur, der Chemie usw. sich w äh ren d ihrer Studienzeit an Technischen Hochschulen auch mit anderem , als ihrer Fachw issenschaft beschäftigen, w ird nicht so sehr durch den Inhalt der Studienpro­

gram m e, als vielm ehr durch die geistige Einstellung des einzelnen Studierenden bestimmt. W eiter zu b e ­ denken ist auch, daß die Hochschule bei allen ihren Studierenden und in allen Fachabteilungen den Zw eck verfolgt, zu lehren, wie m an n a c h dem Studium, ohne Hochschule, ohne Vorlesungen und ohne Pro fesso ren selbständig studiert und sich für seinen Beruf weiter bildet. H err Dr. Riede sagt deshalb zutreffend, daß der von einer Technischen Hochschule kommende Akademiker in der Lage sein wird, „sich selbst in ein Gebiet tiefer einarbeiten zu können“.

Nicht folgen kann ich dem H errn Verfasser, wenn er die Schaffung einer neuen Studieneinrichtung an Technischen Hochschulen eine Belastung des L e h r ­ plans und des Etats nennt. Meint er mit dem „ L e h r­

plan“ den Studienplan der Ingenieure oder den der Architekten oder den einer anderen der bestehenden Fachabteilungen, so ist entgegenzuhalten, daß durch die geplante Neuerung das Studium keiner F a c h a b ­ teilung berührt wird, also deshalb auch keine B e ­ lastung eintreten kann. Ist aber unter „L ehrplan“

die Gesamtheit bzw . die Zusammenstellung aller an einer Technischen Hochschule v e rtre te n e n Disziplinen zu verstehen, so ist darauf hinzuweisen, daß die für die Durchführung der Neuerung notw endigen und wichtigen sogenannten U niversitätsfächer (National­

ökonomie, Rechtsw issenschaft, Geschichte, Philoso­

phie u. a.) z. T. schon zeit Jah rzeh n ten an den T e c h ­ nischen Hochschulen gelehrt w erden. Diese Fächer sind von d e r g esam ten Technikerschaft zum Zwecke einer V erbesserung des fachtechnischen Studiums verlangt worden. Es bedeutet daher auch keine B e ­ lastung des Etats, w enn ich vorschlage, die T e c h ­ nischen Hochschulen Studierenden zu öffnen, die nach ihren Berufszielen g erade diesen F äch ern ein erhöhtes Interesse widmen wollen; m an könnte eher v on einer besseren Nutzung der v o rh an d en en Einrichtungen sprechen, die auch ohne die Neuerung unterhalten w erd en müssen.

H e rr Dr. Riede polemisiert zunächst gegen die B estrebungen, die akadem ische Erziehung v o n Inge­

nieuren, Architekten, Chem ikern usw. d ad u rch zu v e r ­ bessern, daß die jungen S tudierenden gezw u n g en werden, „auf Kosten der rein technischen Ausbildung“

ihre Studienzeit auch g ew issen g eistesw issen sch aft­

lichen Disziplinen zu widmen. Er v e rw irft solche B estrebungen. Dann w e n d e t er sich meinen v o r a u s ­ gegangenen Ausführungen zu, mit denen ich einen Ausgleich der innerhalb der T echnikerschaft b e ste h e n ­ den M einungsverschiedenheiten bezw eckte. Auch diese w e h rt er ab, indem er den nicht technischen U nterricht an Technischen Hochschulen als m in d er­

wertig hinstellt. „Denn die Lehrstühle für W irts c h a fts ­ w issenschaften an den Technischen Hochschulen“, so sagt er, „ w e rd e n im m er Stiefkinder bleiben, sowohl in Bezug auf die Geldmittel als auch im A nsehen bei den S tudierenden“ . M an könnte d arau s schließen, daß die V e rtre te r der W irtschaftsw issenschaften, die bisher nach einer L ehrtätigkeit a n U niversitäten zu den Technischen Hochschulen gekom m en sind, durch diesen U eb ertritt so viel a n B edeutung und W e r t eingebüßt haben, daß ihr Ansehen bei den S tu d ie re n ­ den sinken mußte. Bei w elchen S tu d ie re n d e n ? Doch nur bei denjenigen, die die Spitzenleistung a k a d e m i­

scher Bildung ausschließlich im F achtechniker e r ­ kennen können und von der Technischen Hochschule allen Nachw uchs fernhalten möchten, der hier a n d e ­ res, als Fachbildung erstrebt. Auch H err Dr. Riede sieht die D uldsamkeit nur bei der U niversität und w eist deshalb die jungen Leute, die mit n a tu rw is s e n ­ schaftlich-technischer auch geisteswissenschaftliche Bildung wollen, an die andere Hochschule. Besonders, w enn eine Verbindung von Technik und W irtsc h a fts­

wissenschaft das Ziel des akadem ischen Studiums ist, sei es besser, „daß der junge Techniker sich noch einige S em ester an einer U niversität u m h ö rt“ . „Das kann g eschehen“, sagt Dr. Riede, „ e n tw e d e r nach Abschluß des technischen Studiums oder schon früher, je nach der Neigung und den Zielen sogar als Wechsel des Studium s“ . In der Zulassung dieser letzteren E ventualität liegt ein W idersp ru ch gegen seine ganzen sonstigen Ausführungen. H err Dr. Riede will doch dafür Stimmung machen, daß kein Studierender zu einem geordneten mit einer akadem ischen Prüfung abzuschließendem Studium an Technischen Hoch-*

schulen zugelassen wird, der nicht ein ganzer, ein

„reiner“ (wie es früher a usgedrückt w urde) F a c h ­ techniker w e rd e n will und zu diesem Z w eck sich e n t­

w e d e r der Prüfung für Maschinenbau und E lektro­

technik oder der für Hochbau oder der für B a u ­ ingenieurwesen, oder für Chemie usw. unterzieht. Er verw irft jede „Halbheit“, wie andere es nennen, will keine „ Z w itte rw e se n “ wie er selbst alle Akademiker nennt, die eine naturwissenschaftliche und g eistes­

wissenschaftliche Schulung genossen haben. Und trotzdem tritt er dafür ein, daß der Studierende zeit­

weise an der Technischen Hochschule N a tu rw isse n ­ schaft, M athem atik und Technik studiert, dann an der U niversität W irtschaftsw issenschaften (die meist mit Philosophie, Geschichte und Jurisprudenz durchsetzt sind) hört — oder um gekehrt.

W a ru m dieses H erum drehen um eine Verbindung, die doch Alle wollen und die kom m en wird, weil sie zeitgemäß ist?

Kürzlich hat H err C hefredakteur Oberingenieur

H artm ann das Mischstudium für die Universität v er-

(4)

204 T ech nik und Kultur, Z eitsch rift d es VD D I. 1925

langt. Auch an der U niversität w ird die Einbeziehung urteilung der Z w eckm äßigkeit eines M ischstudium s technischer Bildungselem ente bei den juristischen ist das Bedürfnis des Berufs, das Bedürfnis des p ra oder den philosophischen F ak u ltä te n kommen. tischen Lebens. Aus diesem Bedürfnis ist v on zustan

„ H albheiten“ a n g e w e n d e t auf die Z usam m en- diger Seite das

Stellung v on U nterrich tsg eg en stän d en , und „Z w itter- den I echm schen V(Llllps volksw irtschaftliches w e s e n “ als P r o d u k te der Erziehung sind S chlagw orte, schaffen, die hier ’ tech n isch er ß ild u n g s- die beliebig g e d e u te t w e rd e n können und deshalb Berufsstudium u n te r En

üs

c h : ^ ^ “r u n d G e S S - m ißverständlich sind. Halbheiten in verächtlichem ele m ente ermöglich . iker w ä r e berechtigt Sinne sollte m an denen nicht vorw erfen , die ern ste Schaft v o n Seiten d N ichttechnikern Arbeit im Dienste des Volksganzen leisten. U n ser S t u d i u m irg en d w ie behindern ga n z e s U n te rric h ts w e s e n ist ja v on Halbheiten durch- das facntecüm scne s t u a i u n g

setzt, w en n m an das N ebeneinander v on Lehrdiszi- konnte. Von einer Be^ ^ ^ un| p^ \ ^ f enaUEin ^ ee^

plinen v ersc h ie d e n er A rt als solche bezeichnet. Alle Dr. Riede nichts zu sage . g w „ unsere h öheren Schulen und alle Hochschulen pflegen düngen sind eigenthch g e g e n s m ^

Halbheiten. Es ist eine Halbheit, daß w ir

u n s e r e

sa g t er selbst, d e r S t r e i t i g

Ju gend auf G ym nasien und Realschulen verteilen so handieit es sich!letz:t®n u m fassen d ere und beide Teile w ie d e r zugleich in hum anistischen daß m a n dem Diplom-lngerne das B e s tre und in R e a l-F ä c h e rn unterrichten. Das R e alg y m n a- Ausbildung geben wül, s o n d e rn m an h a t das B e s tre

sium v e r d a n k t seine Entstehung einer beso n d ers s ta r k b en - »^ i r tschaftler iaut

g P o l e m i k ’ au sg esp ro ch en en Halbheit. In allen F achabteilungen nissen zu erziehen W eshalb^ also die P le n u k ^ der T echnischen Hochschulen sehen w ir Halbheiten. Man sollte meinen, rp rh n e ti die S o r s e um Die Bauingenieure w e rd e n unter Mischung v on m a- (zu denen S1C^

H ®r r d e n

W irtsch aftlern schinentechnischen und bautechnischen u. a. L ehren den N achw uchs der W irtsc h a ftle r den W irtsch aftlern erzogen. D er U nterrich t der M aschineningenieure überlassen konnten. , ist ohne Mischung mit Chemie, P hysik, Elektrotechnik Daß ein Teil d e r W irtsch aftler an Technischen nicht durchführbar. S tudierende der Chemie w e rd e n Hochschulen (statt an U n iv ersitäten und H andelshoch- nicht nur in der chemischen Technik, sondern auch schulen) studieren will und daß die preußische U n t e r ­ in der m echanischen Technik unterw iesen. Seit Ja h r- rich tsv e rw a ltu n g mit der Schaffung v on g eeigneten zehnten ist die R ech tsw issen sch aft ein wichtiges Lehr- U nterrichtseinrichtungen diesem V erlan g en ebenso fach für angehende Bergingenieure, die in sehr v e r- R echnung tra g e n wird, wie es die sächsische in schiedenen L eh rfäch ern u n te rric h te t w erden. W ie D resd en und die bayrische in M ünchen schon g etan weit liegen doch Paläontologie und P e tro g ra p h ie von haben, b e rü h rt die F a ch tech n ik er (die T ech n ik er- M arkscheidekunde und Geodäsie und diese w ieder In te n s iv s te n ) nicht m eh r und nicht w eniger, als daß vom M asch in en w esen und der Elektrotechnik. Und irgend ein a n d e re r am akadem ischen Prinzip festhal- doch sind alle diese F ä c h e r im Studium der B erg- tender B e rufsstand seinen N ach w u ch s an die T ech - ingenieure vereint. Ist dieses Mischstudium e tw a nischen Hochschulen schickt.

eine H albheit? Ist es v e rk eh rt, die S tudierenden durch Im V erband D eutscher D iplom-Ingenieure und in s y s te m a tis c h e und wohl überlegte Studienpläne zu seiner Zeitschrift ist im m er der G ed an k e v e r t r e t e n v eran lassen , die Studienzeit auf diese und m anche w orden, daß die Technische Hochschule keine F a c h ­ a n d e re Disziplinen zu v e rte ile n ? Sind die A kadem iker schule ist und der U n iv e rsitä t als L an deshochschule des B e rgingenieurw esens, w en n sie die Hochschule gleich steht — daß sie also auch wie diese a 11 g e m e i- v erlassen, „ Z w itte rw e s e n “ , weil sie w e d e r M inera- n e r e Aufgaben der H ochschullehre zu erfüllen hat.

logen noch Geodäten, noch Elektrotechniker, weil sie Ich glaube nicht, daß diese Ansicht bei A u ß e n ste h e n ­ alles halb und nichts g anz sind? Alle die genannten den g e s tä rk t und die Idee der T echnik g efö rd ert wird, Disziplinen, die als Teile v on großen W irtsch aftsg e- w enn die T echniker selbst ihre Hochschule als min- bieten absolut b e tra c h te t nur wenig m iteinander ge- d e rw e rtig hinstellen, sie dem technische Bildung mein haben, sind im Laufe d e r Entw icklung zu einer suchenden N ach w u ch s a n d e re r B erufe verschließen Einheit zu sa m m e n g e w a ch se n , weil der Beruf die und im m er w ieder die fachtechnische Bildung als Mischung verlangt. D as Entscheidende für die Be- ihren alleinigen und einzigen Z w eck hinstellen.

Technik und Wirtschaft.

Eine Erwiderung

von Heinrich H a r d e n s e t t , Konstanz,

ln den „V. D. I.-N achrichten“ v om 1. 7.1925 („Vom Kaufmann, uns Ingenieure v e r s k la v e n d e n A nsichten W e s e n der” T ech n ik “) und in „Technik und Kultur“ prinzipiell zu rückzuw eisen.

v o m 15. 7. 1925 („Ist Philosophie der Technik mög- Oekonomie des H andelns b e d e u te t doch nichts lie h ? “) schlägt Kurt W . Geisler für die an d e re s als ein Handeln, w elches n ach d em soge- T echnik den Begriff „Oekonomie des H andelns“ vor. nan n ten ökonom ischen Prin zip v e rfä h rt, ein H andeln

Zudem hält er es für notwendig, im Anschluß an Gottl- also, w elches mit dem kleinsten A rb e its a u fw a n d den

Ottlilienfelds A usspruch „Die Technik ist die M agd größten E r tr a g b e w u ß t e rs tre b t. Dieses Ziel w ird

d e r W ir ts c h a f t“ v o n der T echnik als d e r Dienerin der erreicht durch kritische U n tersu ch u n g d e r Mittel,

V olksw irtschaft zu sprechen. Seine sonstigen sehr M ethoden und Z w eck e im G eg e n sa tz zum traditio-

fra g w ü rd ig e n Ausführungen über Philosophie der nalen Handeln, w elches — e t w a im H a n d w e r k —

T echnik seien hier zu n äch st nicht zerlegt, um v o r e r s t Mittel und V erfah ren v o m M eister unkritisch ü ber-

seine, für d as p ra k tisc h e Verhältnis von Ingenieur und nim m t und dabei s elb stv erstän d lich auch n ach d em

(5)

1925 T echnik und Kultur, Z eitsch rift d es VD DI. 205

ökonomischen Prinzip v e rfä h rt — denn alles andere ist auch schon dort V ersch w en d u n g oder Unfähigkeit

— a b e r w elches eben u n b e w u ß t das ökonomische Prinzip ausführt. Somit ist für den Begriff „Oeko- nom ie“ im m odernen Sinne lediglich die nationale Kritik und A rb eitsart charakteristisch, das b e w u ß t ökonomische Prinzip ist w eiter nichts als ein allge­

meines Kennzeichen einer rationalen Epoche. (Einige Volk sw irtschaftler haben deshalb auch schon das ökonomische Prinzip aufgegeben.) Folglich ist es auch nicht erstaunlich, in der W issenschaft und Kunst einer rationalen Epoche eine bew ußte Oekonomie vorzufinden. Nur ist es durchaus falsch und un g e­

rechtfertigt, dieses allgemeine Kennzeichen eines g e ­ w issen historischen Zeitabschnittes zur begrifflichen Scheidung versch ied en er Kulturgebiete zu benutzen.

W e n n E rnst Mach die W issenschaft als Denkökonomie definiert, oder wenn die Aesthetiker des Im pressio­

nismus Kunst als Oekonomie der Malmittel und der optischen S ch au v o rg än g e deuten, so treffen sie ledig­

lich ein n e b e n s ä c h l i c h e s zeitlich bedingtes Merkmal. Infolgedessen scheitern derartige Irr-B e- griffe notw endig vo r Erscheinungen a n d e re r histo­

rischer Gebundenheit.

W ü rd e m an Technik als „Oekonomie des H a n ­ delns“ bezeichnen, w o sind dann noch unterzubringen die vorkapitalistische traditionale Technik, wo die äußere magische Technik der Zauberer und wo die innere m agische Technik Asiens, wo die zukünftige Technik, die wahrscheinlich w eniger ökonomisch und m ehr gestalterisch — w enn das W o r t g e sta tte t ist — und m ehr organisch sein w ird ? Und schließlich ist

„ W irtsch aft“ doch nichts anderes als eine Oekonomie des Handelns, eine „National Ö k o n o m i e “ ! Und doch soll w iederum die Technik, die nach Geisler die

„Oekonomie des H andelns“ ist, die Dienerin der N a ­ tionalökonomie sein, soll also d as a l l g e m e i n e ökonomische Handeln (Technik) dem s p e z i e l l e n nationalökonomischen Handeln (Wirtschaft) u n te rg e ­ ord n et w e r d e n ? ?

Der Begriff „O ekonom ie“ und der von ihm g e ­ deckte F u n k tionsvorgang sind w e d e r der Technik noch der W issenschaft noch der Kunst eigentümlich.

Er ist ein nationales Prinzip; er wird zum obersten Prinzip in einer rationalen Epoche. Alle Kulturgebiete unterliegen ihm. Als allgemeine L ehre vom ökono­

mischen Handeln entw ickelt sich in solch einer Epoche die Volkswirtschaftslehre (und nicht die Technik) und als zentrales Sam m elbecken aller mit kleinstmög- lichem A rbeitsaufw and erzeugten Güter die W i r t ­ schaft. So wird W irtschaft die allgemeine Oekonomie des Handelns und aus diesem ihrem grundlegenden C h a ra k te r entw ickelt sich konsequent der Wille nach n ie-endendem G ew inn; denn w enn m an b e w u ß t und unter Aufgebot aller K räfte mit möglichst wenig Einsatz von Mitteln, Arbeit, Geld usf. möglichst viel E rtra g erlangen will, so will man eben schon m ö g ­ lichst hohen Profit, so gilt eben schon der sichtbare E rtra g als der höchste W e r t des Lebens. Der klassi­

sche Akt solcher funktionell-ökonomischen Tendenz ist der Handel (der nicht, wie es so oft geschieht, mit la u s c h indentifiziert w e rd e n sollte) und im besonderen d e r Geldhandcl: er ist völlig m aterialungebunden und ein reinfunktioneller V organg mit reinökonomischem Gewinnziel.

Rationalismus, Oekonomie, G ew in n streb en sind nur v e rsch ied en e Seiten der gleichen G rundein­

stellung. Grundeinstellung, das ist mit a n d e re n W o r ­ ten W eltanschauung, Ethik und Religion (Irreligion).

So kom m t denn auch in der T a t dem L ebensgebiet

„ W irtsc h a ft“ in einer rationalistischen Zeit eine, wenn in ihrem W e r t e auch noch so frag w ü rd ig e religiöse B edeutung zu, die sich z w a r verhüllt, indem sie ihren w a h re n C h a ra k te r durch W issenschaftlichkeit v e r ­ birgt und ihr Wollen als außerm enschliche u num ­ stößliche G esetze formuliert. Dieses doppelte Gesicht der W irtsch aft als S y s te m allgemeinen rationalen Handelns einerseits und als G ew inn-Ethik und U eb erschuß-W eltanschauung a n d ererseits d o k u ­ m entiert sich außerordentlich treffend im s o ­ genannten „ökonomischen Prin zip “, in welchem sich das Grundprinzip allen rationalen H andelns all­

mählich zu einem N aturgesetz umbiegt und gleich­

zeitig durch diese scheinbar gesetzliche Legitimierung das U eb ersch u ß -S treb en als höchsten W e r t u num ­ stößlich und unbestritten fordert und fordern darf.

H at m an diesen Z u sam m enhang einmal durchschaut, so sind dam it alle V orrech tan sp rü ch e d e r W irtschaft auf das gehörige Maß zurückgeführt, und es wird Raunt für eine Diskussion über das Verhältnis von Technik und W irtschaft, welche d e r Eigenbedeutung der Technik gerecht zu w e rd e n verm ag.

Von solcher Darstellung sind w ir noch weit e n t­

fernt. Ansätze zum S tu rz e des W irtsc h a fts-P rim a ts von wissenschaftlicher Seite finden sich, sow eit mir bekannt ist, nur bei den Volkswirtschaftlern O ttm a r S pann-W ien und E d g ar Salin-Heidelberg. Spann zeigt in seiner Schrift „Vom Geiste der V olksw irt­

schaftslehre“ die soziologische Abhängigkeit der W i r t ­ s c h aftssy stem e auf, Salin schreibt in seiner „G e­

schichte der V olksw irtschaftslehre“ (Enzyklopädie der R echts- und Staatswi'ssenschaften, Springer, Bd. 34):

„Ihre (der V olkswirtschaftslehre) Geschichte beginnt mit dem E rw a c h e n des individualistischen Geistes, mit der Entstehung nationaler T erritorien und Reiche und mit dem Sieg des Kapitalismus über das traditionale W irtschaftshandeln des sog. Mittelalters. Ihre B e ­ deutung w ird enden an dem Tage, da diese schon e rm atten d en Kräfte den Kampf aufgeben gegenüber neu-aufkom m enden oder alt-e rsta rk en d e n Bindungen religiös-universaler H erkunft“. P ra k tisc h äußert sich der W id e rstre it v on reinökonomischem und te c h ­ nischem P ro d u zieren in den G egensätzen von rentabi- listischer und produktivistischer W irtschaftsform , wie in Einzelheiten zu belegen w äre. Die technische G ru n d ­ einstellung s ta tt der ökonomisch-kaufmännischen ist auch das/ Entscheidende im S y ste m e Fords, w a s bis­

lang kaum gesehen w urde. Nicht die Arbeit am Band ist das wesentlich Neue des F o r d ’schen W e r k e s (das ist durchaus ökonomisch-rational im alten Sinne), so n ­ dern seine Produk tio n sten d en z auf den B innenm arkt

— die ökonomische Fabrik will durch H a n d e l mit ihren F a b rik a te n G ew inne machen, a b e r alle H andels­

tendenz geht auf den F re m d e n (mit dem F reunde handelt m an nicht!), folglich auf den A uslandsm arkt;

die ingenieurm äßig betriebene Fabrik will v e r ­ s o r g e n , die V ersorgungstendenz zielt auf den Näch­

sten, also auf den B innenm arkt — und sein Bestreben,

die F ab rik finanziell unabhängig und den Techniker

zu ihrem H e rrn zu machen. E r hat kein Verständnis

für den Kredit, noch für die skrupellose Anhäufung

(6)

206 T e c h n i k u n d K u ltu r, Z e its c h rif t d e s VD DI. 1925

von G ew innen. Er ist ein Feind der B örse und des Diese Ausführungen m üßten n otw endig zunächst

„ruinösen Z in sw e se n s“ . „ K o n s t r u k t i v e s Denken kritisch - negativ sein. Ein au fbauend - positiv er tut uns in öffentlichen Diensten not“ . „Denn die ein- Teil über das W e s e n der i echnik w ü rd e über den zig solide A rt einer, Geschäftes ist die D i e n s t - R alnnen einer E rw id e ru n g hinausgehen, er k an n a b e r 1 e i s t u n g gegen ü b er dem P ublikum “ usf. jeder Zeit im Grundriß entw ickelt w erd en .

Vereinigung zw eckentsprechender und künstlerischer Raumgestaltung im m odernen Theater.

Von D r.^ttQ . K a 11 e n t i d t , Gelsenkirchen.

J C H N U t i l ^ f i D E R

Bei dem vorliegenden V ersuch einer Lösung des m odernen T h e a te rp ro b lem s sind der Ausgestaltung des T h e a te r r a u m e s optische und akustische G esetze zu G runde gelegt. D er F o rderung, möglichst von jedem P la tz des Z u sch au errau m es gut sehen und h ö ren zu können, soll folgende R aum anlage e n t­

sprechen:

Die seitlichen B e g re n z u n g s ­ flächen des Pro szen iu m s, das durch die Vorbühne und den O r ­ ch e ste rra u m gebildet wird, und die obere halbkreisförmige Ab­

deckung hinter dem U nterzug C dienen mit ihren reflektierenden Flächen der V erstärk u n g des Tones an seinem Entstehungsort.

Durch die Anordnung der V o r­

bühne in diesem nach akustischen G esetzen ausgebildeten Raum w ird es ermöglicht, bei Innen­

szenen auch die R ü c k w a n d der Szenerie als Schallreflektor m i t . heranzuziehen. Bei Freiszenen w e rd e n die reflektierenden Teile de r B ü h n e n rü c k w a n d bzw. der Rundhorizont sow eit von dem T o n e r r e g e r entfernt sein, daß zur Verm eidung von Nachhall- und E chow irkungen die R ü c k w a n d durch A n w endung reflexunfähigen M aterials reflexlos g em ach t w e r ­ den muß. Die Reflexw irkungen von S etzstü ck en auf d e r Bühne und die R eso n an z des B ü h n e n ­ holzfußbodens zur V erstärk u n g des T o n es ist nach Möglichkeit auszunutzen.

ähnliche Grundrißform keine klare R a u m fo rm h e r a u s ­ gebildet w e rd e n kann, sind durch scharfe Isolierung d e r einzelnen Z uschauerringe und des P ro sz e n iu m s (Ausgestaltung der In n en w än d e und Decke) räumlich k lare Verhältnisse in einer F orm geschaffen w orden, daß der Z u sch au errau m als L a n g ra u m mit d e r R ich­

tung zur H auptbühne gekennzeichnet ist.

f C H N I T T O - E

6u h n e n - c ä r d e Ftoöersj

Sr v n d r r z /i.v 2. atfvJO

T R E P P E FVQ 3. V.4. . rartsjc,

Die Fußbodenfläche des Z u ­ sc h a u e rra u m es w ird nach M uster der antiken T h e a te r als a b g e ­ stumpfte Hohlkegelfläche d e ra rt ausgebildet, daß eine u n u n te r­

b rochen sta rk ansteigende Reihung der Sitzplätze entsteht, durch das Fehlen von s tö ren d en S tützen usw. d e r Ton in seinem W e g zum Publikum nicht behindert wird, d e r Schallstrahl un ter einem m ö g ­ lichst großen Winkel (bis zu 30°) auf die schallem pfangende Fläche auftrifft und stö ren d e Reflexe a u s ­ g esch altet sind.

Da bei dem Z u sch au errau m durch die am phitheatralische Anordnung d e r Sitzreihen und die tra p e z -

AU/'GAfJ.;

P L U l i

SfMJlNORu'!/’/ J V . 4 R 1 N Ö

(7)

1925 T ech nik und Kulftir, Z eitsch rift d es VDDI. 207

Die Lösung der praktischen Z w eckforderungen in akustischer und optischer Hinsicht führt dann zu einer stereonietrisch klaren Raumform, so daß p r a k ­ tische E rfordernisse und künstlerische Ziele zu einer Einheit v e rb u n d e n w erden.

Um den M ittelpunkt der Reihung der Sitzplätze (P unkt A) bildet ein mit einem Radius v on 6 m g e ­ schlagener Halbkreis die v e rs e n k b a re Vorbühne, die hauptsächlich für die Darstellung von Innenszenen in geschlossener Kastenform bestim m t ist. D er Abschluß und die seitliche B egrenzung dieser Vorbühne erfolgt durch einen dreiteiligen halbkreisförmigen Vorhang (a). Die im Keller aufgebaute Innenszene steigt von unten bis zur Spielhöhe auf, und bei Beginn des Spieles hebt sich der mittlere Teil des V orhanges bis zu der betreffenden Höhe des dargestellten Raumes. D er Anschluß an den Z u schauerraum wird durch von oben-herabgelassene W än d e (b) hergestellt, die in der Verlängerung der S eiten w än d e des I. Zu­

schauerringes liegen. Dadurch w erden zwei seitliche Räum e (d) gebildet, durch die der seitliche Zu- und Abgang der Schauspieler erfolgt. Frontal tritt der Darsteller von der H auptbühne aus auf und ebendort- hin ab. Die Eigenart d erartig er Innenszenen besteht darin, daß sie in dem Aufbau reliefartig flach gehalten w erd en müssen. W ird der v o rd ere Teil der H au p t­

bühne zum Spiel mit herangezogen, so besteht die Möglichkeit der Gestaltung von Durchblicken und halboffenen Szenerien sowie die A nw endung einer auflegbaren Kreisscheibe als Drehbühne. Soll die Illusion einer Freiszene (Wald, offene Landschaft usw.) erzielt w erden, dann v ersc h w in d e t die Innen­

szene in die Tiefe — die Decke des v e rse n k te n Innen­

raum es bildet dann den Fußboden der halbkreisför­

migen neutralen Vorbühne — der dreiteilige Vorhang (a) und die seitlichen Anschlußwände (b) an den Zu­

sch au errau m gleiten in die Höhe, und der Zuschauer sitzt v o r dem Vorhang der nach den Bestim m ungen

ü ber die bauliche Anlage von T h e a te rn ausgestalteten Hauptbühne. Dieser V orhang hebt sich bei Beginn der betreffenden Szene und gibt die an die Illusion höhere A nforderungen stellenden Bilder frei.

Konzentrisch um die halbkreisförmige Vorbühne w e rd e n anschließend an den für das O rch ester frei­

bleibenden Kreisring, der beim Schauspiel ü berdeckt wird und dann als neutrale E rw e ite ru n g der V o r­

bühne benutzt w e rd e n kann, die im S te ig u n g sv e rh ä lt­

nis 1 : 2 ansteigenden Z uschauerringe angeordnet.

Die Zahl der Z uschauerringe und damit das F a s s u n g s ­ v erm ö g en des T h e a te rs ist begrenzt durch die größte Sehw eite, die v om Auge des entfern testen Zuschauers bis zur Vorhangslinie auf der Bühne gem esen nicht m ehr als 40 m b etrag en darf und durch den Sehwinkel d er obersten Zuschauerreihe in der Mittelachse, der den mustergültigen antiken Beispielen entsprechend sich in den G renzen von 15—22° b e w e g e n soll. Je zwei Ringe w e rd e n zusam m engefaßt und nach Art der Anordnung des Z uschauerraum es in Zirkusanlagen von einem konzentrisch laufenden U m gang aus von rü c k w ä rts auf T reppen und Stufengängen zugänglich gemacht. Durch der Kreislinie folgende W a n d a b ­ schlüsse (e) kann von oben der Z u schauerraum d e ra rt abgeteilt werden, daß der Abschluß des R a u m e s nach 2 bzw. 4 Ringen erfolgt. Dadurch w ird es ermöglicht, das F assu n g sv e rm ö g e n des T h e a te rs zu verkleinern und unter hauptsächlicher Benutzung der halbkreis­

förmigen Vorbühne intimere R aum w irk u n g en zu e r ­ zielen. Die Decke des Z uschauerraum es legt sich in der F o rm von konzentrisch ansteigenden Ringstücken, in denen die Deckenlüftung unterg eb rach t wird, über die darunterliegenden Zuschauerringe um die Kreis­

linie der Vorbühne. Die Seitenw ände der Ringstücke laufen in ihrer Verlängerung zu dem Mittelpunkt A der Reihung. Ihr Abstand von der Mittelachse des R aum es w ird durch eine Linie begrenzt, die von einem P u n k t B in einem A bstand von 6 m hinter dem Hauptpunkt A gezogen wird.

Die industrielle Vorherrschaft Amerikas.

Von Ad. W e s e

" '’Es ist also nun doch T a tsa c h e gew orden, daß m an von einer industriellen Vorherrschaft Amerikas, w enigstens auf dem Gebiete der Eisen- und M a ­ schinenindustrie sprechen kann. Vor 10 Ja h re n hätte man sicher nicht d a ra n gedacht. Amerikanische Au­

tomobile w a re n vor dem Kriege unbekannt in Deutschland, und wenn, wie es doch zu dieser Zeit schon T atsach e w ar, gesprächsw eise die große P ro - duktionsmöglichkeit von den F o rd w erk en , die in jeder Minute durchschnittlich ein Auto fertigstellten, e r ­ wähnt wurde, so w urde dieses in b ekannter W eise als am erikanischer Bluff abgetan. Heute reisen unsere Ingenieure, Betriebsleiter und sonstige leitende P e r ­ sönlichkeiten nach den Vereinigten S taaten, um n eu ­ zeitliche Arbeitsmethoden kennen zu lernen und zu studieren, und w enn es auch Ausnahm en gibt, sehr viele derjenigen, die studienhalber herüb erg ereist sind, und nach W ochen oder M onaten in ihre Heimat zurückkehrten, haben begriffen, daß es mit der V o r­

herrschaft Amerikas auf industriellem Gebiete ernst ist, dank der Energie, die das junge L and und Volk entw ickelt, dank dem Optimismus, den jeder Ameri-

n e r, Duisburg.

kaner sozusagen sein eigen nennt, dank auch der un­

g eheuren Energiequellen und N aturschätze des L a n ­ des. W e r hat nicht schon gelesen, wie stolz der Am erikaner auf seine Leistungen ist, wie er fast nur vom größten, vom bedeutendsten usw. der W elt spricht. Es mag für uns e tw a s albern klingen und nach P ra h le re i aussehen, dem A m erikaner dient es als Ansporn in seiner Betätigung. Er legt W e r t darauf, der W elt zu verkünden, daß in seinem L ande 64 vH der g esam ten Stahlproduktion erzeugt w e rd e n und daß es hiervon selbst w ieder 57 vH v e r ­ brau ch t; daß es mit der Flußeisenerzeugung ähnlich ist, w o es gleichfalls 54 vH der W eltproduktion p ro ­ duziert und diese bis auf 1 vH im eigenen Lande v e r ­ braucht.

Mit seinen N aturschätzen ist Amerika zweifellos der erste Industriestaat der W elt. Man sollte nun meinen, daß ihm dieses doch genügen müßte, nein, keinesfalls. Er handelt nach dem Sprichw ort:

„W a s du e rerb t von Deinen Vätern hast,

erw irb es, um es zu besitzen!“

(8)

208 T e c h n i k u n d K u ltu r, Z e i t s c h ri f t d e s VDDI. 1925

Und so sehen w ir ihn tagein tag a u s am W e rk , um die w ä h re n d der Kriegszeit e rru n g en e V o rh errsch aft zu festigen. Die Mittel, d e re n er sich d azu bedient, sind dabei nicht einmal so weltfrem d, um nicht auch in a n d e re n L ä n d e rn v e r s ta n d e n zu w erden. Sie sind k u rz zusam m engefaßt, hohe Löhne, um die A rbeiter anzufeuern, k am erad sch aftlich er V erk eh r zw ischen V o rg e se tz te n und U ntergebenen, T ypisierung und M echanisierung und eingehendes N achforschen alles dessen, w a s unter dem technischen Begriff „Abfälle“

und in v olksw irtschaftlichem Sinne u n te r dem A us­

d ruck „L eerlauf“ fällt. A m erika h a t hohe Löhne, das ist bekannt. D er letzte G edanke w ä re aber, die Löhne h e ra b z u d rü ck e n ; in den Veröffentlichungen w ird im ­ m e r betont, daß der L e b e n s s ta n d a rd des Volkes nicht h e ra b g e s e tz t w e rd e n darf. M an legt großes G ew icht darauf, die A rbeiter zufriedenzustellen, sich um ihre kleinen S o rg en zu k ü m m e rn und mit ihnen in und außerhalb der A rb eitsstätte freu n d lich -k am erad sch aft­

lich zu v e rk e h re n . Begrüßungen, wie sie dort auf der S tra ß e zw ischen einem V o rg esetzten und einem W e rk s a n g e h ö rig e n gang und gäbe sind, w ird m an in D eutschland selten oder g a r nicht finden. T ro tz der hohen Löhne ist A m erika in der Lage, seine Industrie­

p rodukte in d e r g anzen W e lt unterzubringen.

B e k an n t ist w e ite r seine Vorliebe zur T ypisierung und Mechanisierung, w orauf das L a n d in ganz n a t ü r ­ licher W e is e bei der weiten Ausdehnung desselben a n g e w ie se n ist. W e n ig e r betont ist bisher sein Sinn zur Einordnung in gegebene Verhältnisse. Es w ü rd e keinem M enschen bei uns einfallen, sich sow eit einzu­

fügen, daß er sich mit einigen E inheitstypen einer b e ­ stim m ten W a r e , gleichgültig welcher, zufriedengibt und seine Bedürfnisse darau f einstellt. Bei uns v e r ­ langt noch jeder eine für seine Verhältnisse eigens z u ­ geschnittene W a r e — von S tapelartikeln abgesehen — und er k an n sicher sein, daß er einen oder auch m e h ­ r e r e F a b rik a n te n findet, die sich seinen W u n sch zu eigen m achen, ja die so g a r darin wetteifern, ihm zu W u n sc h zu sein, um den Auftrag zu erlangen. Ganz a n d e rs in Amerika. Da setzen sich die F abrikanten, die Groß- und Kleinhändler und selbst die V e r b r a u ­ c her zusam m en, prüfen und beraten, wie m an die Fabrikation, den Handel und den V erbrauch v e r e in ­ fachen kann, wie m an die unzählig vielen, m anchm al nur mit kleinen A bw eichungen v oneinander b e ste h e n ­ den Modelle und M uster auf ein Minimum h e rab setzen kann. D e r Z w eck dieser Vereinheitlichung, wie ich es nennen möchte, ist ja nicht der, den V erbrauch zu b e ­ s chränken, s o n d e rn ihn zu heben, und in e rs te r Linie der, allen Kreisen zu dienen, durch die einheitliche M assenfabrikation die S elbstkosten zu v e rrin g e rn und d ad u rch den Herstellungspreis herab zu setzen . H ie r­

v on h a t letzten E n d es auch der eigentliche V e r ­ b ra u c h e r den Nutzen.

Es ist d as W e r k von Mr. H o o v e r , dem das Handelsm inisterium untersteht, der hier sehr Großes geleistet h a t und im Begriff steht, noch G rößeres zu vollbringen. Er ist die eigentliche Triebfeder, von dem die G e d an k en ausgehen und der sie in gem ein­

s a m e r B e ra tu n g mit allen Kreisen der Erzeugung, des Handels und des V erb rau ch es in die T a t umsetzt.

S ehen w ir uns die Tabelle an, die d e r Iron Age v o m 1. J a n u a r 1925 en tn o m m en ist, so sehen wir. inw ie­

weit diese Vereinheitlichung auf einzelnen Gebieten f o rtg esch ritten ist.

A nzahl

der

früher g e ­

Ermäßigte

W a re n b e z e ich n u n g : bräuchlichen Anzahl

Artikel

Bleche 1819 263

D rahtgeflecht 552 69

D re h b ä n k e für M etallbe­

arbeitung 125 24

Feilen und R aspeln 1351 496

Schmiede Werkzeuge 665 331

B ettstellen und F e d e rn 78 4

S ch rau b en und M u ttern für la n d ­

wirtschaftliche M aschinen 1500 840

H e iß w a sse rta n k s 120 14

Eiserne S ch rän k e 65 17

Eisenfässer und T ro m m eln 66 14

Diese Liste ist nur eine kleine Auslese. Sie ließe sich beliebig v e rlä n g e rn und au sd eh n en auf alle m ö g ­ lichen Gebiete. In einer s p ä te re n N um m er des g e ­ nannten F a c h b lattes findet man, daß die Zahl der B ürgersteigplatten, die früher 66 v e rsc h ie d e n e M o ­ delle umfaßte, auf 5 M u ste r v e r r in g e r t w urde. W ä h ­ rend es früher in Am erika 78 v e rsc h ie d e n e Ziegel­

steine in G rößen und F o rm a te n gab, soll es jetzt nur noch 2 geben. Von Hotelgeschirr w a r e n frü h er 700 M uster im Handel. Diese Zahl ist auf 160 h e r a b ­ g esetzt. Ebenso v e rrin g e rte m a n die Zahl d e r M uster von Milchflaschen, die jetzt 9 b eträg t, w ä h re n d es früher d a v o n 49 v e rsch ied en e S o rte n gab. Auch die Vereinheitlichung in d e r K leineisenw aren- u nd in der K lem p n erw aren in d u strie w u rd e durchgeführt. — F e rn e r hat m an sich d e r T ypisierung auf a n d e re n Gebieten zugew andt. M an h a t eine S ta n d a r d - T y p e von Aufzügen konstru iert und h e ra u s g e b r a c h t; m an hat ferner eine einheitliche Sicherheitsöffnung für G astanks k o n stru iert und zur allgemeinen A n w en d u n g gebracht. K onstruktionseisen ist nicht v e rs c h o n t geblieben. — So sehen wir in A m erika einen ganz g roßen Zug zur Vereinheitlichung, der fast alle G e ­ biete umfaßt und alle Kreise in seinen B a n n k re is zieht.

Und w a s soll d as Ergebnis all dieser N a c h ­ forschungen, U n tersu ch u n g en und A n w e n d u n g e n sein?

Nun, Am erika v ersp ric h t sich seh r viel dav o n . Es erscheint fast keine Num m er der e r s te n F a c h - Z e it­

schriften, worin dieses T h e m a nicht beh an d elt wird, ein Beweis, welch große B ed eu tu n g m a n d e r S ache beimißt. Es v e rsp ric h t sich d a v o n in e r s te r Linie eine für unsere Begriffe m ärch en h afte E rsparnis, die es a n d e r w ä r t s nutzbringend v e r w e n d e n kann. Man e rre c h n et sie rund auf nicht w eniger als 1 Milliarde Dollar jährlich. A m erikanischer Bluff, w ird m an ch er sagen, — Man v ersp ric h t sich fern er B ed e u te n d e s davon in w irtschaftlicher Hinsicht.

W e n n m an die Anzahl der W a r e n g a ttu n g e n in den G roßhandelslagern v on 140 000 auf 78 000, also um rund 44 v. H. h e rab setzt, w e n n m a n in logischer Folge die L ä g e r für E ise n b a h n a u srü stu n g e n s ta tt für einen S e c h sm o n a ts- auf einen D re im o n a ts b e s ta n d ermäßigt, so bed eu tet d as nach am erik a n isc h en B e ­ griffen eine Einsparung an G e ld e s w e rt v o n 180 Mil­

lionen Dollar jährlich.

Es ist einleuchtend, daß m an nun m eh r nicht die

B estän d e in V o rrat halten b raucht, wie dies früher

der Fall w a r. Die F a b rik e n können auch bei sin k en ­

der Konjunktur W eiterarbeiten, ohne b e fü rc h te n zu

m üssen, daß ihre auf V o rra t v e rfe rtig te n F a b r ik a te

so schnell v e ra lte n und d ad u rch u n a b s e tz b a r w erd en .

(9)

1925 T ech n ik und Kultur, Z eitsch rift d es VD DI. 209

Zuletzt geht m an darauf aus, den Auf- und Niedergang des W irtsch aftsleb en s nach Möglichkeit auszugleichen, also anstelle von Hoch- und Tiefkonjunkturen ein regelm äßiges gleichlaufendes Geschäft zu entwickeln.

D adurch soll der Spekulation in großem Maße Einhalt g etan w e rd e n ; es w ird a b e r fe rn e r erreicht, daß die A rbeiter in regelm äßiger Beschäftigung viel seßhafter und ruhiger sind, w a s letzten Ende dem ganzen Lande zugute kom m t. Am erika h a t seine Industrie durch M assenfabrikation entw ickelt und groß gem acht. Es geht diesen W e g u n en tw e g t w eiter und w en d et unter v e rä n d e rte n Verhältnissen nur v e r ä n d e r te Mittel an, um seine V orm achtstellung zu behaupten.

Es ist nicht der Z w eck v orliegender Abhandlung, d er M assenfabrikation in D eutschland d as W o r t zu reden. U nsere S tä rk e liegt ganz wo anders, und w enn w ir u n seren W e g u n v e rd ro sse n gehen, dann braucht uns auch um die W ie d e re rs ta rk u n g u n serer Industrie trotz am erikanischer Vorm achtstellung nicht bange zu sein. W ohl keinem, der die am erikanischen W e rk e au fm erksam besichtigt hat, w ird es entgangen sein, daß deutscher Geist aus ihnen spricht, wie ja auch vielfach D eutsch-A m erikaner die leitenden P e r ­ sönlichkeiten sind.

Buchbesprechungen.

T ech n ik und Id ealism u s.

V o r t r a g gehalten v o r den Studenten der Tech nisch en H o ch ­ schule München von E b e r h a r d Z s c h i m m e r . J e n a 1920.

V e r la g der J e n a e r Volksbuchhandlung.

Die G e d a n k e n g ä n g e der „Ph ilosophie der T e ch n ik “ von E b e r h a r d Z schim m er haben sich r a s c h bei allen ein gebü r­

gert, die sich mit den allgem einen F r a g e n der T ech nik b e ­ fassen . W a r doch Z sch im m er tatsächlich der erste, der eine auf eigene la n g jä h rige technische T ä tig k eit sich stü tzen d e philosophische B e t ra ch t u n g der T echnik v e r ­ sucht hat. D em Nam en nach h atte d a s Buch wohl einen Vorläufer (Kapp), der a b e r w e d e r Philosoph noch T e c h ­ niker w a r und sich nur einige technische Kenntnisse aus Bü ch ern z u sa m m e n g e le sen hatte, mit denen er, der G e o ­ graph, dann v o r der Oeffentlichkeit prangte.

Zschirnmers Philosophie der Tech nik behandelt als G run dgeda n ken d a s Freih eitsprinzip . Die Technik bringt dem M enschen die Freiheit, sie ist die Erfüllung der Idee der Freiheit, sie ist der S i e g d e s Menschen über die M a ­ terie. D ieser G e d a n k e spiegelt sich in dem vorliegend en V o r t r a g w ieder, durchsetz t mit der edlen B e g e is t e r u n g für Tech nik und technisches Schaffen, die w ir schon au s dem H auptw erk kennen und schätzen. Wahrlich e s ist eine ebenso große w ie dringliche Aufgabe, den S tudenten der technischen W isse n sc h a ft en d a s G ebiet ihres Studium s und künftigen B e r u fe s als im D ienste d e s Idealism us stehend zu schildern, die L ie b e und F r e u d e an der Tech nik in ihnen zu entfachen und ihnen einzuhäm mern, daß die Technik als Kulturfaktor zu w er ten und anderen A rb eitsgeb ieten der Menschheit gleichzustellen ist, w a s au ch die V e r t r e te r der so g. „ G e ist e sk u ltu r“ immer sa g e n mögen. E s ist eine Freude, zu lesen, wie Z sch im m er am Schluß sein es V o r ­ tr a g e s den W unsch au ssp richt, daß in die W ir tsc h a ftsw elt eine B e g e is t e r u n g der arbeitend en Menschen für ihre tech­

nische Arbeit einziehen m ö g e : „ D a s h öchste Glück des Menschen bleibt seine Arbeit, Arbeit als schö p ferisch e B e ­ tätigung seiner Freih eit.“

U m som eh r muß es uns wundern, daß Z sch im m er sich in seinen im gleichen J a h r e und im gleichen V e r la g e e r ­ schienenen „P h ilosop h isch e B riefe an einen A rbeiter“ (2 B ä n d e ) gelegentlich als S o z ia ld e m o k r a t hinzustellen v e r ­ sucht, w en ig sten s mit der soz ia ld e m o k r a tisc h e n W e lt a n ­ schauung recht bedenklich liebäugelt. Ist es wirklich sein B e st re b en , den Arbeiter zum philosophischen D enken a n z u ­ regen, so sollte er ihm auch die A b w e g e , die die P a r t e i ­ leitung dem A rbeiter w eist, klar erkennen la s s e n und ihm zeigen, daß die heutige W is s e n sc h a f t den M a r x is m u s län g st überw unden hat. Mit der heutigen gew e rk sch aftlich e n Auf­

fassu n g der Arbeit als einer verkäuflichen, nach Stu n d en ­ leistung zu liefernden W a r e v e r t r ä g t sich schlecht die hohe id'eale Auffassung, die Z schimmer uns in dem Stu d en ten v o r- t r a g e von der Arbeit gibt. Auch dem A rbeiter, namentlich der arbeitend en Ju g e n d dürfte die ser V o r t r a g recht nützlich sein. W a s sich heute soz ia ld e m o k r a tisc h e W eltan scha u u n g nennt, ist eine Mischung von w eltfrem den, im G e iste eines

verbitterten M enschen entstandenen Theorien mit dem rein wirtsch aftlichen K am p fe um T a rif und A rbeitsbedingungen, in w elch er M ischung d ie M enge nur den letzteren sieht und aus der w irtschaftlichen F r a g e eine politische macht. D ie­

se r K am pf kann ab e r n aturnotw end ig nie zu m F r ied en füh­

ren, so la n g e der Lohn und nicht die Arbeit se lbst als B e ­ ru fsbetätigung in den Blickpunkt g estellt wird. S a g t doch Z schim m er se lbst in dem V o r t r a g : „Denn eine ernste und harte S a c h e w ir d die Arbeit der zukünftigen Menschheit an der E rh altung d es L e b e n s und der G rundlag en der G e is t e s ­ kultur immer bleib en; ein P a r a d i e s auf E rd e n gibt es nicht und wollen w ir nicht e rträ u m en .“

Von dieser E instellung ab g ese h e n enthalten die beiden B ä n d e B r iefe eine Fülle von w ertv ollen B etra ch tu n gen auch n a t u rw issen sch aftlich er Art in einer D a rst e llu n g s­

w eise, die an Klarheit und A llgem ein verständlichkeit, oft durchsetzt mit köstlichem Hum or, kaum übertroffen w erden kann.

D t y L ^ n g . C arl W e i h e . Frithjof, d argestellt von Wilhelm Platz. G eleitw ort von Dr. Heinrich Lh o tzk y , Zeichnungen von Jo hann D äh m cke 1925. H a us L h o tzk y -V e r la g , L u d w ig sh a fe n /B o d e n se e . 197 S.

W ir haben schon früher einmal (s. Z . V . D . D . I . 1921, S. 56) auf den an der sag enu m w o ben en B e r g s tr a ß e w o h ­ nenden Dichter Wilh. P la tz hingewiesen, d essen anmutige E rzählu ng en: M eister W e g m a n ; H ans W a ld n e rs G lü c k s­

jah re; Valtin, H a n sjö r g und die G r et ; Aus H errn S e lb e r ts altem, neuem und jüngstem Notizbuch, k o st b a r e Perlen der neueren L ite ra tu r darstellen. D er „neueren L ite r a tu r “ — und doch haben sie mit dem modernen G eschreibsel, das als S p iegel unserer zerfahrenen Zeit sich heute mit phan­

tastischen, vielfach zw eideutigen und politisch eingestellten P roblem en breit macht, nicht d a s G erin g ste zu tun. Wie ein lauter Quell fließen die behaglichen Geschichten dahin, in ihrer einfachen D arste llu n g sa r t die h arm onisch-abgeklärte Natur ihres V e r f a s s e r s getreulich kundgebend, ein K lang aus guter, alter Zeit, dem unser Ohr fast schon entwöhnt w ar.

Wilhelm P la tz legt uns nun ein neues Buch vor, die alte, au s dem 14. Ja hrh undert sta m m en d e F r it h jo f-S a g e in neuer Gestaltung. D a s Buch ist in P r o s a geschrieben, und doch klingen seine S ä t z e w ie V erse, die man oft viele Zeilen hindurch v erfolg en kann. D iese eigenartige V e r­

schm elzung von V e r s und P r o s a in einer gehaltvollen urkräftigen S p r a c h e paßt so recht zu dem Stoff. Die nord ischen Recken, stark, tapfer, treu und lauter sprechen w ieder einmal zu uns und mahnen den, der es hören will und auch noch hören kann, zur Besinnung auf sein w a h r e s M enschentum. Vollwertig kann sich die neue D arstellung an die S e ite der T e g n e r ’schen B e a rb e itu n g des alten H eldenliedes stellen, ja w ir möchten ihr s o g a r vor dieser den V o rz u g geben, denn sie enthält sich aller W e it ­ schw eifigkeit und stellt ein Buch dar, d a s einmal in die Hand genom m en nicht v o r U m blättern der letzten S eite w ied er fo rtg eleg t wird.

Cytaty

Powiązane dokumenty

„Sozialisierung“ im Vordergrund aller Betrachtungen in Deutschland stand, es kann aber so, wie auch Filene einschränkend zugeben muß, die industrielle Demokratie

ment die Idee der Technik genannt. Das trifft aber den Grundgedanken der Technik nur teilweise. Aber darum ist das Spiel noch lange keine Technik. Außerdem ist

Es wäre aber doch möglich, und wenn die Intuitionisten recht hätten, sogar wahrscheinlich, daß die von diesen als nicht z,wingend bezeichneten Beweisverfahren

Die Diplom-Ingenieure müssen sich klar sein, was mit dieser Regelung geschaffen wird. Nicht mehr und nicht weniger als die völlige Gleichstellung der Akademiker

Welche Mittel bei den Technischen Hochschulen den einzelnen Instituten und Lehrstühlen regelmäßig zur Verfügung stehen, ist — wie schon oben gesagt — (im

Dies ist nur dadurch zu verstehen, daß gerade durch die Inflation die wirtschaftlichen Machtfaktoren in Deutschland noch mehr zu politischen wurden als sie es

uns den eisernen Pfad entlang mit seinen Schienen, W eichen, Signalen, Bahnhöfen, Brücken, Tunnel und Fähren, alles in wunderbaren großen Aufnahmen, die

Hierzu hat der V ertreter der reinen W issenschaft, der durch nichts gedrängt wird, die nötige Zeit und Ruhe. Seine Tätigkeit ist deshalb w esentlich