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Neue Bücher. Ein Bücherblatt für Volksbibliothekare, Jg. 5, 1928, H. 5.

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Dieses Heft

wurde zusammengestellt

unter Leitung von

HerrnDr.Schumm, Leiter derKrupp’fchen Bücherhalle,Essen

e Inhalts-)Zerzeichnis0

O

Seite

Va- geifiige Leben Sowjetraßiandz . . 1

l.Unsdemfchöngeifiigen Schrifttmsu

l.Heimatromane . . . , . , 4

2Gefellichafiskomane . . . . . . . . 4

Z.Entwicklungs- undpfychologifcheRomane . . - 8

Q.GefchichtlicheRomane . . . . . . - . 12

S.Romane mit obentenerlichein Einfchlaq . . . 15

6.BiographifcheRomane . . ,.

,7 . - . 17

7.phaniaftifche Romane . . . . . . . . . 18

s.Tiergefchichten . , . . . . . . so«

9.Uoveilen : : . . . ». . . . . 21

10.Gesichte : : . . . . . . . 22

ll.VomwissenundErkennen.

I.Leben-bildet undcebenierinnetungen . . . . . 22

2.VonfremdenLändern nndVölkern . . . . . . 23

Z.Zurciteraturgefchichie . . . . . . . . 24

si.pfychologie,philosophie, weltanichanung, Erziehung . . . 26

ö.Kunst undWissenschaft . . . . . . . . . 28

ti.Ant-verfchiedenen Gebieten . . . . . . . . 29

Von»NewViehe-«erfcheinentmJahre6HefteimUmfangvon 1—2 Bogenzum preifevon Mk.l.80beipoktofteier Zufendung.

ab ZStiickjeMk. I.50einfchL pokto ai-10StiickjeMk. 1.20einschi.potto

(3)

Neue Bücher

Besprechungen

von

Neuerscheinungen

herausgegeben von der

Freien Arbeits-gemeinschaft deutscher Volksbibliothekare

Jahrgang 5 Heft S

Das geistige Leben Sowjetrußlandø.

Die heutevorliegenden Berichte überWirtschaft, Staatsverfassung und Kultur Sowjetrußlandssind wenigzuverlässig,daihre Verfasservon vornherein mitfreundlichemoderfeindlichemVorurteil andieDingeherangehen. Dasgilt vorallem fürdiegroße Anzahlvon Reiseberichten,dielediglicheinen begrenzten Ausschnittaus demrussischenLeben schildernund beidemschnellenWandel der rusmchen Verhältnissebaldüberholt sind. Bessererkennbar sind schon jetztdie geistigeHaltungund diesozialenund politischen AnschauungenderBolschewisten, diedenAntrieb unddenKernderäußeren politischen, sozialenundwirtschaftlichen Entwicklungbilden.

AnLiteraturquellen stehenanersterStelle dieSchriftenderbolschewistischen FührerzurVerfügung. FernerfinddieinSowjetrußlandspielendenRomane und Erzählungen sehr aufschlußreich,dasie meistdieSchilderungdessozialenMilieus unddersozialenund politischen Entwicklung zumThemanehmen. Endlich haben wireinigedarstellendeWerke überdasgeistigeLeben Sowjetrußlands,deren Wert allerdings durch Parteinahme undmangelhaften Ueberblick derVerfasser gemindert ist.

DieSchriften der bolschewistischen Führer sindzumgroßen Teil inder,,MarxistischenBibliothek«des,,Verlages fürLiteratur und politik«

erschienenoderwerden innächster Zeitdortneu ausgelegt. Von diesen Schriften könnenhiernur diebedeutendstenerwähntwerden. Derunbestrittene Führerder russischen Revolution, derdiegeistigeund organisatorischeGrundlage fürden AufbaudesSowjetstaates legte,istWladimir IllitschLeni n.DasLenin-Jnstitut inMoskau hatimvorigenJahr begonnen, dieersteGesamtausgabe derWerke diesesMannes zuveröffentlichen. Diese russische Ausgabeundihre Uebersetzung insDeutsche istinPapier, Druckund Anlageausgezeichnet. Derzuerst heraus- gegebene 13.Band enthältdasphilosophische Hauptwerk Lenins ,,Materialismus undEmpiriokritizismus. Kritische Bemerkungenübereinereaktionäre philosophie«.

DiesesWerk kannnur von demmitderMarxistischenLiteratur völligVertrauten vollverstanden werden. EsbrauchtalsoinVolksbüchereiennur auf besonderen Wunsch eingestelltzuwerden. Anders istes mitdem 20.und 21.Bande der Gesamtausgabe, diedieAufsätze,Redenundpolitisch bedeutsamen SchriftenLenins vomBeginnderbürgerlichen russischenRevolution imMärz1917biszurbolsche- wistischenOktoberrevolution enthalten. Diese Bände,von denen der20.bereits erschienen ist,werden alsgeschichtlicheDokumente derrevolutionären bolschewisti- schenTaktik weitere Kreiseinteressieren. Trotzdem ist fürkleinere undmittlere VolksbüchereiendieEinstellung derGesamtausgabe imAllgemeinen nicht zu empfehlen,dasiemitwissenschaftlicherAkribie dieganze Fülledermündlichenund schriftlichen AeußerungenLenins bringt,ohnedasCharakteristische und Wichtige herauszuheben.Der,,VerlagfürLiteratur undPolitik« hat daherinder,,Marxisti-

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schen Bibliothek« ,,Einzelausgaben der LeninsWerke« herausgegeben, die die wichtigsten Schriften Lenins bringen, oder seinezerstreuten Aeußerungenüber einzelne wichtige FrageninSammelbänden vereinigen. Diese Einzelausgaben sind allen bishererschienenenAusgaben derWerke Lenins vorzuziehen, da siedie wissenschaftliche Ausgabe zur Grundlage haben. Eserschienen bisher4Bände:

»DerJmperialismus als jüngste Etappe des Kapitalismus«, ,,Agitation und Propaganda«, ,,Ueber Gewerkschaften«, Lenin-Plechanow, L. N.TolstoiimSpiegel desMarxismus«. DaseigentlicheProgramm desBolschewismus, Lenins Schrift ,,Staat und Revolution« ist bishernur erstinder,,PolitischenAktionsbibliothek«

herausgekommen.

DieBedeutung Lenins zeigt sichindergroßen AnzahlderBiographen,die erbereits gefundenhat. Siesollen hiernur kurzerwähntwerden: DieNachrufe seiner Freundeund Mitarbeiter Sinowjew undTrotzki,dieAuseinandersetzungen

Adlers (Jn: Max Adler, Heldenrevolution) und Georg Lukåcs mit Lenins

System,dieStizzeüberLenin inOskar Blums Sammelbiographie: ,,Russische Köpfe«,dievom bolschewistischen Standpunkt dieFührerderFebruarrevolution und dieFührerderOktoberrevolution kurzcharakterisieren,die umfassenderen Biographien Lenins von Guilbeaux und Marcu Valeriu, diebeideeinen bolsche- wistenfreundlichen Standpunkt einnehmen, und endlichdasBuchdesNational-

oekonomen und ehemaligen deutschenGesandten inMoskau Kurt Wiedenfeld

,,Leninundsein Werk«,daseinesehr objektivefachmännische Darstellung, weniger derPersönlichkeit Lenins,alsvielmehr seines staatsmännischenLebenswerkes gibt.

Die Bedeutung Lenins kommt fernerhin darin zum Ausdruck, daßdie Bolschewisteninseiner Lehredieprogrammatische Grundlage ihrerPartei sehen.

DerNachfolgerLenins und jetzigeausschlaggebende politische Führer Sowjetruß- lands J.Stalin hatdiesen,,Leninismus«sYstematisch darzustellen versuchtin seiner Schrift »ProblemedesLeninismus« (MarxistischeBibliothek Bd.5).Stalin gibtdarin zugleich seine eigenenpolitischenAnschauungen.

Das »ProgrammderKommunisten (Bolschewiki)«wurde ineiner sehr klaren, leichtverständlichenund übersichtlichenFormulierung von U.Bucharin verfaßt. (Verlag für Gesellschaftund Erziehung, Berlin, Revolutionsbibliothek Nr.5). Bucharin und PrebroschenskY habendazueine »populäre Erläuterung«

geschrieben: »DasABC desKommunismus. 2.Bd. 1926.«UmTheorie und PraxisderBolschewikivollständigzuerfassen, istesnotwendig, dieGeschichteder kommunistischenPartei Rußlandszukennen. Siewurde von Sinowjew sehrklar dargestellt. Als Ergänzung zuSinowjews Buch mußRadeks Broschüre »Ent- wicklungdesSozialismus von derWissenschaftzurTat. DieLehrenderrussischen Revolution« genannt werden. Ein Kulturprogramm der Bolschewikihat der Volkskommissarfür Volks-, Bildungs-, Erziehungs- undKunstfragen Lunatscharski inseinerSchrift »Die Kulturaufgaben derArbeiterklassen. Allgemeinmenschliche Kultur undKlassenkultur«zuentwickeln versucht.Einesehr interessante Schrift ist Trotzkis,,Fragen desAlltagslebens«. Es istderVersuch,fürdas persönliche alltäglicheLeben (Eheund Familie, Vergnügungen und zeremonielleFeste) auf rationalem Wegeneue Formenzufinden,diediealten bürgerlichen ersetzenkönnen undderkommunistischenAnschauungundGesellschaft entsprechen.

Wie weit dieseneuen Lebensformen sich schonentwickelt haben,lernt man am bestendurch diereicheRomanliteratur kennen, inder diesowjet- russischen Verhältnisse geschildertwerden. DieseRomane gebendurch ihreunmittel- bare Schilderung desLebens und derMenschenoftmehrEinblick inSeele und Geisteshaltung derbolschewistischen Gesellschaft,alsesdarstellende wissenschaftliche Werkevermögen. Eskannhiernurauf einige Beispiele hingewiesenwerden,durch diedieVerschiedenartigkeit und derUmfangdieserRomanliteratur erkannt wer- denkann. DieRomane sind meistim,,VerlagfürLiteratur undPolitik«oderim Malik-Verlag erschienen. Das nach Form und Gehaltvollendetste Epos der Geschichte Sowjetrußlands von der Oktoberrevolution bis zur Nep-Politik ist Gladkows ,,Zement«.DerHeld diesesRomans istdiekommunistischeArbeiterschaft.

Denvorrevolutionären Kleinbürgern, dieneue SowjetbourgeoisieunddieSowjet- büroktatie schildert Ehrenburgs »Michael LYkow«,dieBauern LydiaSejsuillina in ,,Wirinea«, dieSoldaten Fadejews »Die Neunzehn«und Babels ,,Budjonn7s Reiterarmee«. Dieneue Erotik, Familie und Stellung derFrau behandelt die russische Volkskommissarin AlexandraKollontayindemNovellenband »Wegedek Liebe«. Das Verhaltenderalten Gesellschaftzum Sowjetstaatnimmt Marietta 2

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Schaginian im,,Abenteuer einer Dame«zumThema. EinBildderneuen Jugend und derkommunistischen Erziehung inderSchuleschildert Sejfullina »DerAus- reißer«undvorallem Onjewa»TagebuchdesSchülers Kostja Rjabzew«,dasaus- gezeichnet deutlichmacht,wiesehrdieSowjetschuleeinevöllige Umkehrung aller

»westlichen« pädagogischen Grundsätzeund Bildundzsziele erstrebt. Das zuletzt genannte Buch istim,,Verlag derJugendinternationale, Berlin« erschienen. In diesem Verlagsind fastalleBücherüberdierussische Jugend, dierussische Schule sowie die kommunistische proletarischeJugendliteratur (Erzählungen, Gedichte, Lieder,ja sogarschon Märchenund Bilderbücher) herausgekommen.

Diebishergenannten Romane sind sämtlichvon Schriftstellern verfaßt,die positivzumBolschewismus stehen,esist jedoch für fastallecharakteristisch- daß sie dieSchädenund Mängel desSowjetsystems, denunfruchtbaren Bürokratismus, dieungeheure Korruption, dierelativ schlechte wirtschaftlicheTagederArbeiter sehr offenschildern. Man kann daherkaum von sogenannter,,Tendenzliteratur«

sprechen,daderGrundantrieb derKünstlereindurchausethisch-politischer istund dieWirklichkeitderTendenzzuliebe nicht gefälschtwird. Der künstlerischeWert dergenannten Romane ist sehr verschieden. SiesindzumTeil,soz. B.dasTage- buchdesSchülers Kostja Rjabzew, weniger KunstwerkalsvielmehrDokument der Wirklichkeit.

DenTerror derrussischen Revolution, dasElend derBevölkerungunddie Auflösungalleralten sittlichen Bindungen, kurzdasChaosdesUebergangs istdas Themaeiniger neutral oder sowjetfeindlicheingestellter Dichter. (Z.B.Josef Kessel:»Dierote Steppe«,Kallinikow: ,,Frauen undMönche«, Schmeljow:»Die Sonne derToten«.)

Dasbeste darstellendeWerkdesgeistigen Vorkriegsrußland sindKarlNötzels

»GrundlagendesgeistigenRußlands«. Versucheeiner Psychologiedesrussischen Geisteslebens«.DasBuch ist schonvordemKriegegeschrieben. Fürdenineinem Anhang behandeltenBolschewismus hat Nötzehder-von derdeutschen idealistischen Philosophieund Cebensauffassungherkommt,keinVerständnis. Das Gleiche gilt fürdenVerfasserder»GeschichtederrussischenLiteratur« Artur Luther, derin einem 1918gehaltenen Vortrag »Die geistigeund politischeVorstellungswelt der BolschewikiimZusammenhange derStrömungeninderrussischen Gesellschaft für

,

Literatur« behandelt.

DieeigentlichenWerke,diebisherdenGeistdesBolschewismuszuenthüllen versuchen,sinddie Werke Paquets, FülöpsMillers, Jungs undMautners. An Paquets ,,Geistderrussischen Revolution«,dasschon 19s9erschien, istdiepersön- liche geistvolleStellungnahme desAutors wertvoll, dieindasproblemeinführt.

Fülöp-Millerhatalserster versucht,einumfassendesBild derWeltanschauungund der kulturellen Leistungder Belschewisten zu geben (Geistund Gesichtdes Bolschervismus, 1926). Erbemüht sichum eineobjektiveSchilderung, seinindivi- dualistischerStandpunkt (F.M. isteinAnhänger Dostojewkis) ist jedochunver- kennbar. Wilh.Mautner hatinseinem Buch:»Der Bolschewismus. Voraus- setzungen,Geschichte, Theorie. Zugleicheine Untersuchung seinesVerhältnisses zumMarxismus« lediglichdieTheoriedesBolschervismusaufGrund derSchriften ihrerFührersystematischdarzustellen versucht. Für Volksbüchereien eignet sich Mautners Buchmitseiner polemischen, minutiösen Untersuchungnicht.Einkurzes übersichtlichesBild desneuen Rußland gibt Fr. Jung inseineminderSammlung ,,WegezumWissen« (Ullstein) erschienenen Büchlein« »Das geistige Rußlandvon Heute«.Er siehtdas geistigeFundament Sowjetrußlands, aufdem alleseine Institutionen fußen,allein imhistorischenMaterialismus.

DieBeamten, Gelehrten und Politiker Sowjetrußlands,dieanleitender StelleandemAufbaudeskulturellen Lebens mitwirkten, habenindemSammel- band»Das heutige Rußland, 1917——1922,WirtschaftundKultur inderDarstellung russischer Forscher«überihreArbeit berichtet. SowirddierussischeLiteratur von cunatscharski behandelt,andere Aufsätze befassen sichmitdemBüchereiwesen,der Kunst,demTheaterunddemSchulwesen Sowjetrußlands. Endlichsei aufeinen Bericht FrauKollontays »DieArbeiterin undBäuerin inSowjetrußlandtt (Kleine Bibliothek derrussischenKorrespondenz) hingewiesen.

Dr. Brand t, Opladen.

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I. Aus dem schöngeisligen Schrifttum.

I.

Heimatromane:

Cauff,Josef von, perdje publ. Roman vom Niederrhein.

Berlin: Grote 1927. 450S. Seinen M 7.50

DenInhalt diesesRomans wiederzugeben, erübrigt sich.Eshandeltsich umeinunerquicklichesMachwerk, dasfüreineEinstellunganeinerBücherei nicht infrage kommt,auchnichtinniederrheinischer Gegendals»Heiniatliteratur«.Eine unerfreuliche Mischung von gewollter ,,Derbheit« gespreiztem,,rheinischem Froh- sinn«,von unechterReligiositätundhäßlicher,ans Cüsterne streifender Erotik

widert denLeseran. Langfeldt.St.-B. Mülheim-Ruhr.

Rotermund, Elfriede,God be rGod be rse n. Hamburg:Ernte-

Verlag 1928. Seinen »t-6.20

DieserHalligroman verrät einebestimmtereligiöseundPädagogischeTen- denz. DieHalligen sindeineWelt für sich,inderen GesetzeundErscheinungs- formeneinzudringen für jedenFreund urwüchsigenVolkstums und unberührter Natur unendlich reizvoll ist.wenn aberwieindieser Erzählungdievolkstümliche Schilderung von außen hineingetragen wird, anstattsichaus den Geschehnissen unmittelbar zuergeben,dann wirkt sie unlebendig, lehrhaft.Weltanschaulich müßte dieses Buch,wenn es künstlerisch wäre, ungeheurereligiöseAntriebe vermitteln;

aberwirdürfendieKämpfeundSiegedieser Glaubenshelden,dieinallemWechsel ihresGeschicksdieunwandelbare Gnade Gottes preisen,nichtmiterleben, sind keinmal ZeugeihresRingens, dassiezuUeberwindern ihresSchicksals macht.So fällteineeigentliche Entwicklungund psychologische Vertiefung fort,undnur am äußeren VerlaufseinesLebens formtsichuns dasBild Godber Godbersens, des Halligpastors und seinerSippe. Einzelne dichterische Ansätze fehlennichtsM Naturschilderungen, Stimmungen und Situationen, diemanchmalmit impkessk0- nistischer Deutlichkeiterstehen,oderinderkleinen Episode,dieGodbers Verhältnis zuseinemSohn enthüllt.Dieser 220rk ist überhauptdieeinzige Gestalt,dieLeben gewinnt.

Sobleibt,wenn man das Ganze,besteht, »ein Gärtchen hinter Mauern«, trotzderMeer- undSchicksalsstürme,von denensovieldieRede ist.SolcheUnter- haltungsromane imStil derMaltzahnoderRüdigersindnur füreinen gleichge- stimmtenengen Kreis verdaulich. Wir habenBücher,deren religiöse Wirkung

tieferund überzeugender ist. BeYreiß, Bielefeld.

2.

Gesellschaftsromane:

(

DosPassos,John,DreiSol date n. Roman. B.-Malik-Verl.

1922. 341 S. Seinen J-5.50

Nach Barbusses ,,Feuer«war diesesWerk langeZeitinDeutschlandals Weltkriegsroman berühmtundverdient diesen Ruhmdurchaus.EsistdasErgebnis desMilitarismus, sonderbarerweisevon einem Amerikaner indemamerikanischen Heer erlebt. DerMenschwirdzurMaschine herabgewürdigt,die allesJndividuelle ausschaltet; dashinwiederum rächt sich dafür,indemes sichdemMechanismus alsGanzemwidersetztund ihndadurch zerlöchert.DerNormalmenschvermag sich eineWeile einzuordnen, wieFusellies versucht, anpassungswilliginseiner auf- suggerierten Begeisterung und inderHoffnung auf schnelle Beförderung. Die Beförderungbleibt aus, dieGeduld versagt,erreißtaus ohne Urlaub, undwas ihm bleibt,ist:eineSthilis. Chrisfield,dergesundeBauernbursche verfolgt eigeneRachepläne, nachherinteressiert ihnderStreit der Nationen nichtmehr 4

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besonders, erleidet darunter-. Schlimm stehtesumAndrews, dengeistigenMen- schen,dereineWeilegegen bessere EinsichtdenKriegsmann spielt,aberespassiert ihmetwas Schreckliches:ervergißteinmal inderErregungeinen Vorgesetztenzu grüßen.Erwird deshalb»geschliffen«wieeinVieh,kommt insArbeitsbataillon, wo menschenunwürdige Verhältnisse herrschen, bricht mit seinenNerven völlig zusammen,desertiert, undman weiß,was ihnereilen wird.

DasBuch istgarnicht tendenziös geschrieben;man spürtdieabsoluteSach- lichkeitundWirklichkeitstreue auf jeder Seite,undichkannmirMenschen denken, diesichdabeiberuhigen,»das istderKrieg«,andere aber werden von dieserkalten MaschinerieeinegrauenhafteVision haben. Für jedeV.-B.

Sulz,St.-B. Essen.

Dreiser,Theodore, Eine amerikanische Tragödie. Roman.

B.,W.: p. Zsolnay1927. ZBde. Lwd. Jst 15.—

DerVerfasser giltinseinerHeimatAmerika alseiner derbesten Stilisten englischer Sprache.JndervorliegendendeutschenUebersetzungwirkt diesesWerk inseinerBreite und Stoffbehandlung eher deutschalsamerikanisch. Esistein Entwicklungsroman eines jungenMannes aus den unteren Kreisen, derseinen Wegmachen sollwie vielejungeAmerikaner: geringwertige Schulbildung, aber möglichst raschvielGeld verdienen. Erwird Hotelboyunderreichtschnelldas Ideal der meistenjungen Leute in Amerika wie in Deutschland, flott

leben und denKavalier spielen; an den partnerinnen mit den gleichen

flachen Jdealenfehltesauch nicht. Einmal jedoch, schonetwas reifergeworden, triffter aufeinMädchenanderer Art,und hierwird dasSpiel ernst,"eshat Folgen,derjungeMann verliert denKopfund läßt seineGeliebte beieiner Bootsfahrt ertrinken. Derganze dritte Band istderAufdeckungdesVerbrechens undderinneren LäuterungdesTäters gewidmet.

Jch haltedasBuch fürganzbesonders geeignet,esjungenMenschenbeider- leiGeschlechtsvom Is.LebensjahrabindieHandzugeben. Mages auchin Amerika spielen,dieganze peinlicheSachlichkeitinderSchilderungdesGesell- schaftlichenwiedesSeelischenwird unbedingt dieWirkung ausüben: dasbistdu unddeinesgleichen. UndeindrohendesMeneTekel steigt auf. Für jedeV.-B.

Sulz,St.-B. Essen.

Dreyer, Max, Das Himmelbett von Hilgenhöh. Ein

leichtherzigerRoman. Leipzig:Staackmann 1928. 258 S.

preis: br.MZ.—,Lwd. W5.—

MehrSatire alsHumor,aber wenigstens lustigeSatire. Ein Autounfall hateinem bejahrten, aber noch jung fühlenden Gutsbesitzer nichtbloß einige Knochenbrüche, sonderneine AnzahlerblustigerVerwandten eingebracht. Deren unverhüllteGier bringt ihn aufdenGedanken, ihnen nachseiner Genesung wenigstens ein hübsches Sommerhaus mit Garten, idyllischam Meeresstrand gelegen,zuschenken aber zugleichenTeilen undunverkäuflich.Wenn sievon diesemBesitzeinen Nutzen haben wollen,müssen sieimSommer allezugleichdort wohnen,sich selbstzur gegenseitigen Strafe und Erziehung. Das Verhängnis nimmt denn auch seinen Lauf.Und währenddortderallgemeineKrach ausbricht, auch2Ehensich lösen, gewinnt der Erbonkel sich nocheine jungeFrau,sdiei Krankenschwester,dieihninseiner Krankheit gepflegt. DerGedanke ist nichtübel durchgeführt.Etwas wenigerKraßheitinderCharakterschilderung einzelnerPer- sonen hättendasGanze noch gehoben.Aber Leser,dieEntspannung suchen,werden dasBuchmitVergnügen durchfliegen. Dr.Schumm, Krupp-B.

Heych Hans,Die Halbgöttin Und die Andere. Roman.

Leipzig:L.Staackmann 1926. 347S. Leinen « 7.—

Ein frischer, lebendiaer, gewandt geschriebenerWandervogelroman. Rein- hardtMylius, diesympathischeHauptaestalt desBucheswird inseinerEntwick- lungvon denKnabenjahrenbiszum Mannesalter begleitet: Gymnasium,Krieg, Gefangenschaft,Studium, Werkarbeit imBergwerkundFührungeiner Jugend- gruppe. Ersteht zwischen zwei Mädchengestalten,dieeineeinwarmes, lebensvolles, schönes Geschöpf ist Eveline, die»Halbgöttin«;die,,Andere«.einstilles.insich gekehrtes tief innerlich veranlagtes Mädchen, heißt natürlich Martha, daneben eine

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Reiheanderer Gestalten aus derJugendbewegung. Das BuchistimGanzen fesselndgeschrieben,wenn esauch nicht tiefindasProblemderJugendbewegung hinunterleuchtet. Seine bestenWerte liegeneigentlichinCandschaftsschilderungen und Stimmungsbildern, interessant sind auchdieSchilderungen aus dem Leben undRingen derBergarbeiter aus demrheinisch-westfälischenIndustriebezirk. Das Buch istwiegeschaffen fürdieheranwachsendemännlicheundweibliche Jugend, weilesFühlungmitdemLeben hatunddabeijugendlichbeschwingt ist.

Sulz,St.-B. Essen.

Kastein, Iosef,Me lchior. Ein hanseatischer Kaufmannsroman.

Bremen: Friesen-Verl. 1927. 422S. Leinen W6.—-—-

Julius Katzenstein, derVerfasser,hatmitdiesem Bucheinen brauchbaren Kaufmannsroman geschrieben. Eberhard Melchior,derjungeBremer Patriziersohn, versucht vergeblich,sichdenBanden derehrwürdigenTradition zuentziehen. Nach einigen tollen Jugendstreichen, inedler Begeisterung fürdas Gute und iEdle begangen, zwingtihndervom Vater diktierte dreijährige Aufenthalt inGuyana insAlltagsjochderArbeit. Erwirdeinnoch verbissenererKaufmann als seine Vorfahreneswaren. Selbst seine freiere,weiter angelegteGattin vermag ihnvor dereintretenden seelischen Verarmung nichtzubewahren. Seine große Stiftung für Kunstund WissenschaftinderVaterstadtbleibt dahereineleereGeste.

Dembedeutenden Vorwurf desRomans hatderVerfasser nichtvollgerecht zuwerden vermocht. DieHauptcharakterewerden nicht entwickelt,sondernstehen auf verschiedenenEntwicklungsstufen unvermittelt vor einem. ManchesanSitua- tionen ist unwahrscheinlich,dieGesprächez. B.überdiesoziale Frage sind flüchtig, überKunststreifen siedasBanale. DieSprache ist ohne rechte Farbe,mitunter kitschig, besonderswenn ,,Dämonisches« geschildertwird.

DaaberderVorwurf und dieGesinnung, inder erbehandeltwird,so anständig sind,dieFabel eine gesundeSpannung hat,istdas Buchschonin

kleineren Büchereien gutzugebrauchen. TangfeldhMülheim-Ruhr. St.-B.

Kutzleb, Hjalmar, D ieHochwächter.Ein Zeitromam Hamburg, Berlin: Hanseatische Verlagsanstalt 294 S. Seinen J-!5.80 DasBuch schildert jungeStudenten aus KreisenderFreideutschenJugend.

Wer selbstderIugendbewegung nahegestandenhat,wird es bedauern, daßder Verfasseranallen Werten jenerBewegung vorbeisiehtund denechtensittlichen Ernstvöllig verkennnt, von demdiebestenunddiemeisten dieser jungenMenschen durchdrungen waren. DerindemBuchgeschilderte Führer isteinZerrbildznatür- lichmag esdaund dortsolche Gestalten gegeben haben, aber siewaren Aus- nahmen. Ueberhaupt machtessichderVerfasseretwas leicht-mit seiner humo- ristisch-ironischen Darstellungsmethode; es istsicher notwendig, die sentimentalen Gefühlsentgleisungdesnüchternen Durchschnittsmenschenals billigeund unsechte Romantik zuverhöhnen,aber es ist bedauerlich,wenn das Wenige inunserem Zeitalter, was vor einemkünftigen RichterstuhlalspositiverWert vertreten werden könnte, seiner AuswüchseundUnvollkommenheiten wegen zurGewissensberuhigung desbraven Pfahlbürgers,der»GottseiDank« zwar Schweinereien aber keine geistigenRevolutionen mitzumachenbereit ist, auch noch durch billigen Spott ver- ächtlicht giemachtwird»ImmerhinstecktechterHumorindemgewandtgeschriebenen Buch,und um einiger liebevoll gezeichneterGestaltenwillen mag man es auch

fürdieV.-B. empfehlen. Sulz,St.-B. Essen.

Cawrence, D. H»T iebe ndeFrauen. Ein Roman. Uebertr.

von T. Mutzenbecher. Leipzig: Jnselverlag 1927 638 S.

Seinen J-8.50 Essollgegen denKult Galsworthys, deraugenblicklichin Deutschland herrscht,nichts eingewandt werden, seineForsytesSaga istunbestreitbar ein hervorragendes Werk. Man sollte jedochdarüber dengrößerenund tiefereneng- lischenRomandichtercawrence nicht vergessen.Von seinen Romanen, die alle indenN.B.besprochen sind, ist wohl ,,SöhneundLiebhaber« (vgl. NIB.Jg.Z, S.56)derklarsteundam leichtesten zugängliche.Dervorliegende erfordertetwas Mühe,umhinterseinen letztenSinn zukommen. Dann aber werden seineMen- 6

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schenfiguren so unheimlichlebendig, daß sie nicht mehr leichtaus demGedächtnis schwinden. Es drehtsichum dieLiebe zweier Paare. Die Männer erscheinen etwas dekadent,weil siezur letzten KonsequenzihresTyps entwickelt sind.Der einealles zersetzender Jntellektualist, dennoch absoluterEhemann, weil er der schöpferischen,treibenden Phantasiekräftederkultivierten Ehefrau bedarf;,der’

andere dergeboreneLiebhaber,demdieFrauenzulaufen,und derdochdentreuen weiblichenKameraden brauchteund vielleicht auch nochdenmännlichen,um nicht haltlos zuwerden. Sodann dieFrauen, zweiSchwestern,beideberufstätigund grundsätzlichderEhe abgeneigt, dennochdieeineinnerlichso sehr Ehefrau,daß sie später nichteinmal mehr Freundschaftsgefühle ihresMannes zuandern Män- nern dulden und begreifenkann. Endlich dieandere Schwester,Gudrun, die Künstlerin, auchLebens- undCiebeskünstlerimdieinnerlich unglücklich wird,wenn Gefühleund ihrAusdruck zuGewohnheitenerstarrensollen-

Wer sich zuerstanderBreite und SprödigkeitdiesesRomans stößt,der überlegesich einmal, wie langees her ist, daßernicht mehrineinem Roman problematifchzerrisseneund dennoch tiefeund wertvolle, lebenswahre und nicht konstruiertePersonen angetroffen hat,und dann leseerhoffnungsvoll weiter.

Sulz,St.-B. Essen.

Morand, Paul, Tewis U ndJre ne. Roman. T»W.: Herz- Verlag1924. 227 S. Geh.all 2.50,Halbl.allZ.5o

»DieLiebe ist nichtmehrjenegepflegteBeschäftigung,diewir gekannt haben. Wie beiallen Dingen,man hatkeineZeitmehr«,dasistdasThemades Buches. cewis undJrene sindnüchterne Börsen- und Geschäftsmenschen,das Habenbedeutet alles,dasSeinnicht viel; auchdieLiebe jederKöter hat jadas Recht,dasWort zumißbrauchen wird inihrenHändeneine Geschäftsspeku- lation, aus deralten ciebewird eineneue A.-G. Eine witzigeund amüsantzu lesendeSpötterei-derStil ist knappund zeichnet Typund Situation treffsicher.

TrotzihrerNüchternheit sinddiebeiden Hauptgestaltennicht unsympathisch, und man bleibt inHeiterkeitmenschlich interessiert an der auf- und absteigenden Wellenlinie ihrer Gefühlsbeziehungen,diesich so schönzurGeschäftsfreundschaft zurückfinden, woher sie gekommen sind.

Für jeden,derSinn für Humorund Ironie hat, daes immer in den GrenzendesgutenGeschmacksbleibt. Sulz,St.-B. Essen.

Schworm, Karl, Es liegt eine Krone im tiefen Rhein.

Roman aus deutscher Vergangenheit und Zukunft. München- Grünwald, Haus Thotzky Verlag1928. 355 S.

Geh.J« 4.—,de. Jst6.—

Der Untertitel desBuchesläßt mehrerwarten als derRoman tatsächlich bietet. Dieganze Handlung spieltinnaherZukunft —- unmittelbar nach lkider BefreiungDeutschlandsaus derKnechtschaft,indieesdurchdenVersailler Ver- trag gestürztwurde. Wir sehenhochstehende Menschenan derArbeit fürden Wiederaufbau und dieFestigung desneu erstandenen ReichesdeutscherNation.

DieVerbindung mitderVergangenheit istinetwas mYstisch-phantastifcher Weise durchdiealteSagevom Nibelungenhort undderAsenkrone hergestellt,dieHagen einstindenRheinversenkte. DasBuch istvon warmem vaterländischen Geiste beseeltundtritt fürdievölkische Rassentheorie ein. Durcheinetechnische Erfin-- dung dasMiraculum magnum wird dieHandlungaußerordentlich spannend gestaltet,sodaßdasBuch auchalsguteAbenteuer-cektüre verwendet werden kann.

DieDiktion erinnert manchmalanKarl May,diehumoristische Gestaltdesalten Kellermeisterswirkt beidemhohen Ernstderübrigen Helden nichtimmer glücklich;

fürkleineBüchereien entbehrlich. Dr.Boshart, Duisburg-Meiderich.

Sinclair, Upton, Jimmy Higgins. Roman. Berl.: Malik-

Verlag. 338 S. T.all 4.80

IndiesemJahrfeiertderberühmte Amerikaner seinen50.Geburtstag. Aus einer alten verarmten Offiziersfamilie der V-,St.stammend,hatsichdasalte tapfereSoldatenblut füreinenKampfvon ungeheueremAusmaß eingesetzt,den Kampf fürSauberkeit undGerechtigkeit.AlsimJahr1906sein ,,Sumpf«erschien, 7

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erregteerungeheueresAufsehen,undderVerfasserwurde hinfortals,,Schmutzauf- wirbler« geächtet.Aber mögen Menschenmitwenigerfeinfühligem Gewissen aus BequemlichkeitimgesellschaftlichenDreckersticken, so istesimmerhinkeineSchande, durch seininneres Sauberkeitsgefühlgezwungen zusein,denSchmutz aufzuwirbeln, um nicht wehrlos darin zuverfaulen. Diebeiden Werke: ,,König Kohle« (1917) und»Jimmy Higgins« (1919)bedeuten denAufstiegdesKämpferszum großen Erzähler,dermitdem,,petroleum« (1927) vorläufig seinen Gipfelpunkt erreicht hat. DervorliegendeRoman isteinWeltkriegsroman, vom amerikanischenStand- punktaus gesehen;füruns Deutschedadurchbesondersinteressant, daßerden zähen KampfderamerikanischenDeutschen, (in ersterLiniederArbeiter) fürdie amerikanischeNeutralität schildertunddenvölligen ZusammenbruchdesGlaubens an diedeutsche Sache nach BrestLitowsk. Das Schicksal Jimmy Higgins im Kriegselbst ist typisches SoldatenschicksalundwächstzurGrößedesMärtyrertums, alsderkleine Amerikaner zumKampfgegen seine Klassen-undpolitischenGlau- bensgenosseninRußlandgeführtwerden soll.Wer diegrauenhaften Dinge,die sichinSinclairs Romanen gelegentlichabspielen,für unmögliche Ausgeburten dichterischerphantasiehält, sei darauf hingewiesen, daßkeinErzähler sowieer aufdokumentarische WirklichkeitWertlegt, schon deshalb,weilkeiner wieerdiesen BlickfürdieRealitäten desLebens unddiese ungeheuere Stoffkenntnisbesitzt.Aus derTiefedesGemüts herauskannman natürlichkeineZeitromane schreiben.

Dasvorliegende Werk mußinjederV.-B. zufindensein. Für Männer, diemitoffenen AugenimLebenstehen,wirdeseinstarkesErlebnis sein.

Sulz,St.-B. Essen.

3.

Entwicklungs-

und

phychologische

Romane:

Erskine, John, A damund Eva. München:Kurt Wolfs.554S.

Geh.Jst 4.50, Lwd. Jst7.50 DemerstenBand diesesamerikanischen Verfassers (vgl. diesen Jg. S.105) istbald ein zweitergefolgt,eines derköstlichstenund liebenswürdigstenBücher unter denErscheinungen derletzten Zeit. EsistdieGeschichte vonAdam und EvaimParadies, erweitert durchdieLilithderLegende. Aber man denkeum Gottes willen nichtaneine Romanvariante KellerscherLegendenoder an einen derkulturhistorischenRomane vom ersten Menschen. Nein,dieseEvaistschonim paradies einerichtige Dame,dernur »die guteGesellschaft«fehlt-UndAdam der richtige Mannestölpelundideale Ehemann,(dieandere Sorte istinderParadieses- legendenoch nichtvorgesehen). Und nun Lilith, dienaturnahe Fraumit den tiefwurzelnden Jnstinkten, diesiedemMann unendlich überlegenmachen,und entsprechendwenigVeranlagung für Fortschritt undZivilisation. Die Legende spricht ihrdieSeele ab. DerVerfasser meint,essei mehrdasTemperament,das Evavor Lilithvoraushabe, und wirbedauern mit demVerfasser aufrichtig,daß dieGenesis durch NichterwähnungderLilithschondieZukunft vorausgesehen habe,weilnämlicheinsolches natürliches Wesen garnichtmehr existiere.

FürGebildete undUngebildetegleichempfehlenswert. Sulz,St.-B. Essen.

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Ginzkey,.Franz Karl, Der Gott und die

Schauspielerin

Leipzigq Staackmann 1928. 195S. Lemen Mk5.—

DieFabeldieser mYstischen Erzählung: einejungeSchauspielerin, diesich aus Gutmütigkeit undvermeintlicher Verpflichtung zurDankbarkeit zurGeliebten eines bejahrten Geldmännes hergegebenhat,wird sichunter demEinflusseeines Dr.Soma desUnwürdigen ihres Verhältnisses bewußtund willsichdaraus lösen.

Durch Zufallwirdsiebeiderletzten Auseinandersetzung, zuderihr erpresserischer Bruder hinzukommt,von dessen Kugel(die ihrem bisherigen Mäcengilt) getroffen.

Alssie aufderTotenbahre liegt, wirftihr Seidenäffchenbeiseinem verzweiflungs- vollen Umherrennen diebrennenden Kerzenum und verursachteinen Brand, in demdasHaus mitsamtderToten inFlammenaufgeht. Diese Geschichte istnun aber verwoben mit dem Gedanken dergoethischenBallade »DerGott und die Bajadere«. Dr.Soma istniemand anders als dieJnkarnation desaltindischen Gottes (daher sein Name). Was Zufall erscheint, ist seinWerk. —- Soisteine

8

(11)

Erzählungvon eigentümlichen Zwittercharakter entstanden (halb realistisch-psYcho- logische Darstellung,halb Ulärchen),dienicht recht befriedigt. Zudemwird gerade daswalten metaphysischer Kräfte nicht innerlich aufgezeigt,sondernebenbehauptet.

Esdarfaberbetont werden,daß auchindiesemWerke diefeine, zarte stimmungs- volle ErzählungskunstdesVerfasserszur Geltung kommt, so daßes trotzder genannten Bedenken manche Leser befriedigenwird. Dr.Schumm,Krupp-B.

Gunnarsson, Gunnar, Die Leute auf Borg. Roman. A. d.

Dänischenvon J. Sandmeier. München: Langen 1927.

466 S. Leinen Jl-! 10.—

Gunnarsson, Gunnar, Sie ben Tage Finsternis. A. d.

Dänrschenvon E.von Hollander. Berlin: Universitas 1927.

315 S. Teinen « 7.—

Die Werke desJsländers Gunnarsson zeichnen sichaus durcheine tiefe Menschlichkeit. Siegeht zusammenmitderEinsichtdesDichtersindieUnzuläng- lichkeitaller Vernünftigkeit,miteinem wegsicheren Zurückfinden aufdenirratio- nalen Kern allesmenschlichenTuns und läßtdietiefe Verankerung desIndivi- duums inunergründbarenGegebenheiten ahnen. WoderMenschinfrevelhafter Vernünftigkeit seine Verstrickunginüberpersönliche Zusammenhänge zweifelndzu entwirren odersichaus ihnenzulösen trachtet,darächt sich solches Beginnen bitter.

Jnbeiden Büchern gibtderSchauplatz,Island, demErzählteneinen eigen- artigen Reiz.Im ersten begleitetGunnarsson eineangesehene Familie,dieKönige desKirchspiels durch 45 Jahre hindurch,von Oerlygur aBorg,dem»Reichen«, über Ormarr, dem ältesten Sohn,und Ketill, dessen Bruder, bis zumzweiten Oerlyguy Ketills unehelichem Sohn,dem »jungenAdler«. Jn diesenKindern eines alten Geschlechts,dasimmer vor allemauchimGuten demganzen Talein Vorbild war, isteinzwingender Trieb,aus diesenalten GrenzenderruhigenHerr- schaftüberdieGemeinde herauszutreten: SogehtOrmarr fort,um imAusland einberühmter Geigerzuwerden. AlserdasZiel geradeerreicht hat, gibterden Beruf auf.Erwird nun Schiffsreeder. Nachderersten selbsterworbenenMillion gibterabermals auf. Sein Ehrgeizist befriedigt. Er kehrt geraderechtzeitigin dieHeimatzurück,um dieStützedesalternden Vaters zuwerden und ihmzu helfen,alsBruder Ketill verzweifeltund leichtsinnig-verbrecherischdieFesselnder uralten stolzen Familienüberlieferung sprengtundSchandeüberdasHaus bringt.

SeraKetillwirdnach20jähriger Buße, unruhiginJsland alsPilger umherwan- dernd und zu derlegendenumwobenen Gestalt Gastsdes Einäugigen werdend, sterbendwieder indieausgesöhnte Familieaufgenommen. Seinem Sohnwirdder Kampfmit demschrankenlosen Jndividualismus durchOrmarrs Hilfe,derjetzt inedlerBescheidenheitdasHauptderFamilieist,erleichtert. Innerhalb weniger Tagefällt hierdieEntscheidung.

SoschöndasWerkinEinzelszenenist,dieallerdings inderDarstellungdes Adelsdieser großen Führernaturenetwas weiter gehenalswas gesundundglaub- haft ist, so istesdoch nicht eigentlicheinRoman. Dievier Bücher,daserste für Ormarr, diebeiden mittleren für Ketill, dasletzte für Oerlyguy haben eigentlich nur imAnfangdeserstendenruhigenAtemeines großen epischenWerkes. Nach- herscheintderDichterzuermüden. DieErzählungwirdetwas kahl;sie ist ohne rechtenZusammenhang; fastnur Einzelszenensindaneinandergereiht; Nebenper- sonentreten nach Bedarfunvermittelt aufundab. DerDichter hat sichbeidiesem monumentalen Vorwurfetwas übernommen. TrotzdemwirddasBuchvieleLeser findenundist seiner schönen Menschlichkeit halbereinewertvolle Bereicherung der nordischenLiteratur indeutscher Sprache.

Demgewaltigen Zeitraum von 45Jahren dieses Buches gegenüber bescheidet sich ,,SiebenTageFinsternis« aufeineWoche. (Derneue Titel desWerkes dürfte gegenüberdemalten: DervHaßdesPall Einarsson«keineVerbesserungbedeuten.) Eshandeltsich hierumeinsorgfältig, jaminutiös ausgearbeitetes Novellenthemm EinangesehenerArztwird innerhalb der7Tage,dieeineGrippeepidemie und der Ausbrucheines Vulkanes andauert, wahnsinnig, und zwar dadurch,daß ihmder unversöhnliche Haßeines früheren Nebenbuhlers inderGunst seinerjetzigen Gattin, derfein-und hochsinnigen FrauVigdis, langsamaber inraffiniertester

9

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WeisedasVertrauen zuallem,zuFreunden,eigenerBerufstätigkeit, Festigkeitder eigenenWeltanschauung, schließlichzuseiner Frauerschüttert.DaseinzigZweifel- hafteanderDurchführung istdiesatanische BosheitdesPall Einarsson,dieähnlich derSchlechtigieitdesKetill unddessen plötzlichen Besserungkonstruiertwirkt. Der Eintritt desWahnsinnsbeidemgesunden Menschen hingegen istmithervorragender Sorgfalt motiviert. DasBuch dürfteunter denbishervon Gunnarssonübersetzten denersten Rangeinnehmen, eswird denLeser tief erschüttern.

Langfeldt,St.-B. Mülheim-Ruhr.

Hamsun, Knut, Landstreicher. Roman. Uebers.von J.Sand- meier und S.Angermanm München: Langen1927.

Leinen W 10.—

DieserRoman bedarfkeiner Empfehlung,langsamaberunwiderstehlich wird ersichalseinsderschönsten Bücher Hamsuns durchsetzen.

Erspieltandernördlichen Westküste Norwegens, von Drontheimbiszuden Lofotinselnhinaufinden70er Jahren desvorigen Jahrhunderts. August,der ,,Weltumsegler,deraus derTiefeundDunkelheitauftaucht«,dergenialeAbenteu- rer,leichtsinnig, strupellos inderWahlseiner Mittel, phantastischlügenhaft, gut- mütig,von selten erlahmender Schwungkraft, istes,derEdevart aus derruhigen Entwicklung inihremkleinen, armseligenHeimatdorfinderBuchtherausreißt undindasLandstreicherlebeneinführt. Sievagabundieren dieKüste aufund ab, bald imBoot, bald im Schiff,bald zu Fuß,dann als Fischverkäufer,als Hausierer, auch wohlals Spielleute,Jahre hindurch,trennen sichund findensich, helfeneinander inderNotinfast beispielloser kameradschaftlicherTreue; baldsind sie reichmit wohlgefüllten Brieftaschen,einer UhrinderWestentasche- goldnen RingenandenHänden,bald arm wieeineKirchenmaus. Aber Edevart istnicht eine solcheAbenteuernatur wie August,ersinktund wird seelischärmer durch dieseWurzellosigkeit.DasHeimatgefühlverwischt sichinihm,dieArbeitverliert ihren Reiz,dasLeben seine Aufgabe,dieLiebeihrenSchimmer. Eine große Müdigkeit erfüllt ihn. ErkehrtindieHeimatzurück,lebthaltlosgutmütigdahin,kannsich aberdoch nichtvon HeimatundFamilie losreißen, nichtganz dieFreudeander Arbeit,anderSchönheitderNatur verlieren, kann nichtderlustvollen Wehmut derErinnerung andieGeliebte entsagen. Mit welch schwermütiger Schönheit ist dieGeschichte dieserLiebe beladen! Eines TagesverläßterdieHeimat,um die Geliebte zusuchen.Wann wirderzurückkehren?—DiesenbeidenechtHamsunschen Gestaltenstehendann dieso sympathischen,tüchtigen EzraundJoakimgegenüber- dieinderHeimat wurzelnundimRoden desalten Heimatbodensden,,Segender Erde«ansichundihrer jungenFamilieerfahren. DenHintergrunddesRomans bildet dieRaumnot desVolkes, solcheNaturen wie AugustsindderAnstoßzur Auswanderung: »DasLebenund Treiben derBuchtindenletzten zwölfJahren war von August befruchtetgewesen,Gutes undBöses,derAufschwung-dieAus- schweifungund dieUnsicherheit...alles konnte aufihn zurückgeführtwerden.«

Dochman liestHamsunverkehrt,wenn man diesBuchalseinen Beitrag zurFragedes,,VolksohneRaum« lesenwürde. Hamsunisteinwunderbarer LYriker, diesBuchistvon einer Musikalität ohne gleichen. Wer wird wohl müde·werden, dieser schwermütigen Weisezulauschen,dieerindiesemRoman ganz·in sich versunkenunddarum mit,,göttlichen Längen«und Wiederholungen leisevorsichhinsingtl Langfeldt,St.-B. Mülheim-Ruhr.

Hamsun, Marie, Die Lange rudkin der. Erz.aus demNor- weg. München:A.Langen1928. 225 S. Leinen W7.—

FürEltern undKinderfreunde einaußerordentlich hübsches Buch. Ganz schlichtwirddasLeben undTreiben von 4Kindern (2Knaben und2Mädchen) und ihrenkleinen Freunden erzählt, zuerst aufdemheimatlichen Bauernhofe und dann einenSommer lang aufderAlm. Esereignetsich nichts Besonderes: alltäg- liche Kinderfreuden und-schmerzen,bekannte Spiele,kleine Abenteuer derBuben, vertrauter Umgangmit Kühen,Ziegenund sonstigen Haustieren. Und trotzdem bleibt derLeserbiszumSchlussegefesselt.Dasmachtderwarme Humor,derüber demGanzenliegt. DieseMutter nimmt dieganze WeltderKinder sehrernst, sie nimmt auchdieTiere ernst,aberohne jegliche Sentimentalität, bloßaus einem

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feinen Ver-stehen heraus. Zugleichabersteht siealsreiferMensch hochüberdieser kindlichenWelt. DiesesJneinanderschwingen zweierStandpunkte ergibtdenTon leiser Schalkhaftigkeit,derdasFeinsteandemBüchlein ist. Marie H. darf sich neben ihremManne sehen lassenund ihreErzählung, diedurchdiefremdartige Umgebung, indersie spielt, füruns Deutsche nocheinen besonderen Reiz erhält, wird injeder Bücherei ihreLeser finden. Dr.Schumm,Kkupp-B·

O’Flaherty, Liam, Die Nacht nach dem Verrat. B.: Th.

Knaur. 518S. (Romane derWelt.) Leinen Jl-!2.85

EineNachtderVerwandlung inderSeeleeines Jnstinktmenschen,derseinen Freund andiepolizei verraten hat«DieTat geschahaus Not,undum sicheine feine Nachtzumachen,dieAngsttreibtihnaber indieArmeeinesanderen Man- nes unddamit inseinen Untergang. Dieser,derkommunistische FührerinDublin, ist aucheinVerbrecher,aber einer,derandere insFeuer schickt,dernicht aus dumpfemTriebleben herausTaten begeht,dieihn nachherreuen, sonderndermit kalter Vernunft seine egoistischen Zieleverfolgt. Die Gegenüberstellung dieser beiden MenschentypenistdertiefereSinn desRomans, dieMilieuschilderung aus den Elendsvierteln derGroßstadt, echtund scharf gezeichnet,verleihtihmnoch einen besonderen Wert. Das Sensationelle ist nichtSelbstzweck,dieHandlung jedoch spannend, lebendigundfarbig. Auch fürkleinereV.-B.vorallem für Leser

aus demArbeiterstand. Sulz,St·-B« Essen.

Strobl, Karl Hans, ZweiSaltzenbrod. Roman. Leipzig:

L. Staackmann 1928. 355 S. Geh.M5.—, Lwd. M7.—

DemRoman liegteinnicht alltäglicher VorgangzuGrunde: daslangeZeit erfolgreicheAuftreten eines Doppelgängers,dasaber doch schließlichmitseiner Entlarvung undderRückkehrdesechten Saltzenbrodendet. WiederVerfasserin einem Nachworterläutert,sinddieEreignissenicht frei erfunden,sondernhaben einen tatsächlichenKriminalfall ähnlicherArtzumVorbild; mitdichterischer Frei- heit sindnurZeitund Ortgewechseltworden. DieHandlungspieltinderHeimat desDichters,imdeutschen Böhmerwald,und schildertinergreifender Weisedie seelischen KämpfederHeldendesRomans. DerKampfumdasHerzeiner Frau, dieVerstrickungdieser Frauinseelische Wirrnisse, indiesieschuldlos gerätund denen sie nichtzuentrinnen vermag, sind meisterlich dargestellt. Wenn dasBuch auch reichanspann-endenMomenten ist, so liegt sein Hauptwertdochinderps7ch0-, logisch vertieftenSchilderung menschlicher Leidenschaften, wodurches weit über denRang einesgewöhnlichenKriminal-Romanes erhoben wird. Die Spracheist außerordentlichflüssigund lebendigundhältdenLeserdauernd inAtem. Seine Einstellungkann jederVolksbücherei enmpfohlenwerden.

Dr.Boshart, Duisburg-Meiderich.

Undset, Sigrid, O laVAudunSsohn. (1. Teil.) Frankfurt:

Rütten 85Loening1928. 470 S. Leinen M9.—

Diesesneue Werkdernorwegischen Erzählerin stellt sich würdigder,,Kristin Lavranstochter«andieSeite. EshatauchvielVerwandtes mitjenem;dieepische Breite, mitderdieSchicksaleeines ganzen Geschlechtsgeschildert werden, die historische Grundlage, esspieltimIz.Jahrhundert. Auch hieristwie inder Lavranstochter derNachdruck nicht aufdieSchilderungeinerbestimmten Vergangen- heit,von Menschenanderer Art,gelegt,eswirdindieTiefe menschlichen Wesens hinabgeleuchtet, wo esallgemeingültigist,wo einpaarJahrhunderte inderWer- tungkeineVeränderungergeben. ZartundinnigistderAuftakt,dieSchilderung derbeiden HauptgestaltendesBuchesOlav undJngune, derlangsame Uebergang vonderKindheit zumErwachsensein,dasErwachenderersten Liebesgefühle.Man erkennt dieMeisterinsderEpikineinerSzenewiederBootfahrtderbeidenKinder, beiderOlav zumJünglingerwacht. WährendOlav draußeninderWelt kämpft, dämmert Jngune inEinsamkeitundinnerer Notdahin, nichtaus Liebe,nichtein- malaus erotischer Lust, sondernaus VerzweiflungundStumpfheit herausgibtsie sicheinem Mann, derihrinnerlichfremd istundseinemganzen Wesen nach sein muß,undeinfürchterliches Erwachenrüttelt sie auf,wiesiedasKind des,,Frem- 11

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den«insich spürt. DerHöhepunktderErzählungistjedoch,wie Olav kurzvor ihrer Niederkunft heimkehrt und nun denKampfinseinerSeele auszufechten genötigt ist,dessenEntscheidung vielleichtals stärkste Feuerprobe echterLiebe gelten mag,das: ,,darüberkannkeinMann hinweg«.Aber essind auchNeben- figurenda,indenen sichdieMeisterhand derErzähleringeradeindenpaar kurzen Strichenzeigt,mitdenen sie sie plastisch heraushebt, soetwa Arnvid, derunermüd- lichtreue Freund, eineGestaltwieaus deralten Heldensage.

Wenn es auch meist angebrachterscheint,den Volksbibliothekar vor den ModebüchernderZeitzuwarnen, indiesem Fallkann nur der eineRat gelten, diese tiefeund große nordische Erzählerinzu rechtvielen deutschenMenschen

sprechenzulassen. Sulz,St.-B. Essen.

Werfel, Franz, De rA b i turiente ntag. Die Geschichteeiner Jugendschuld. Berl» W., H.: p. Zsolnay 1928. 324 S.

Geh.« Z.80, Teinen « 6.80 Tandgerichtsrat SebastianführtdieUoruntersuchung gegen einenMann, der desMords an einer Prostituierten verdächtig ist. Jn dieseZeit fällt sein 251ährigesAbiturientenjubiläum, zudem sichviele alte Klassengenossentreffen.

Durch diese Auffrischungalter Freundschaftszeiten erinnert ersich angesichtsdes Angeklagten eines alten Schulfreundes, der durchseine(Sebastians) Schuld auf denWegzum Abgrund gedrängtworden ist.Er selbstwar einmittelmäßiger Schüler gewesen,litt darunter und mißgönntedembegabteren Kameraden seinen höherenWert. »Gegen große Vorzüge gibteskeinRettungsmittel alsdieLiebes- Dieser Spruchaus den,,Wahlverwandtschaften« istdasMotto desBuchs;aber da erzur Liebe nichtdieinnere Größe besitzt, haternur Haß.Mit einem ersten Hohnlächelnbeieiner UngeschicklichkeitdesKameraden beim Turnen fingesan und steigerte sichin lauter Kleinigkeiten zur raffiniertesten Grausamkeit, zur schweren Schuld,inihrerTragweite erst heutevom reifenMann erkannt. Nicht derGerichtete,sondernderRichterist schuldig, so möchteman inVariation eines anderen Werfelschen Buchsdieses Buch überschreiben.psychologischwietechnisch istesein Meisterwerk und für Erziehereineernste Mahnung. Für jedeV.-B.

Sulz,St.-B. Essen.

4.

Geschichtliche Komme-:

Burg, paul, Die Brühlsche Terrasse. Roman von drei Königen und einem Grafenaufdem Balkon von Europa.

München:Curt pechstein1928. 3425. Lwd. W5.50

DieHauptfigur dieseshistorischenRomans istderheuchlerische sächsische Minister Heinrichvon Brühl. Wir sehen diesenskrupellosenAbenteurer, wie er

von wahnsinnigemEhrgeiznachMachtund Reichtumbesessen vor keinem Mittel,auchnichtvorBetrugu.Verrat,zurückschreckt,um seine persönlichen Ziele zufördern.DasSpielgehtum alles,um Ehre,Familie, Reichtum, Dresden und Schlessen.DieDurchführung seines ehrgeizigen plans, derBau derweltberühmten Brühlschen TerrasseanderElbe,wirdmitdemRuin eines ganzen Landes bezahlt.

Seine GegenspielersindFriedrichderGroßevon Preußen, AugustderStarke und dessenSohnFriedrichAugustvon Sachsen-Polen. Wenn es Brühlauch durch seineRänkegelingt,diebeiden Sachsen-Könige nach seiner pfeifetanzenzulassen, so scheiterterdoch schließlichimKanmpfegegen denpreußenkönig. Diesemmänn- lichen energischen CharakteristderHöfling Brühl,derimGrunde nur einfeiger Weichling ist, nicht gewachsen. DieEreignisse und Nötederschlesischen Kriege werfen ihreSchatten auch aufdenkünstlichen GlanzdesBrühlschenLebens und führen schließlichzuseiner Vernichtung. Anmutig belebt wirdderRoman durch diereizendenFrauengestalten, dieinihnalsGeliebte oder Jntrigantinnen ver- woben sind: GräfinAnnekathrin Orszelska alsheimliche Jugendgeliebte Fritzens, diestolze sächsischeKurfürstin Maria Josefa,dieGräfin Brühlund ihreNeben- bühlerindieGräfin Moszinska usw.

DasBuchbietet inanregender Formeinenkulturpolitisch hochinteressanten Ausschnittderdamaligen ZeitundschildertinlebendigerWeisedasJntriguenspiel 12

(15)

um SchlesienundPolenund dieRänke derDiplomaten und Staatsmänner. Die Spracheist für einfacheLeser wohletwas zuschwerund erinnert manchmalan einen gewissen Telegrammstil; um sichinderetwas sprunghaften undprägnanten Ausdrucksweise Burng leicht zurecht zufinden, sind einigehistorischeundkultur- historische Kenntnisse notwendig. DasBuch ist für anspruchsvollere Leser sehr zu empfehlen,inkleinen Büchereienmit einfachen-c Leserkreis dürftees entbehrlich

sein. Dr.Boshart, Duisburg-Meiderich.

Dörfler, Peter, Die Schmach des Kreuzes. Roman. I.Bd.

München: Kösel-Pustet.327 S. Geh.J« 6.—,gbd.J-!8.—

Dörfler schenktuns hierwieder einenhistorischen Roman, indemwirwieder dieWuchtderSpracheunddieBeherrschungdesStoffesbewundern müssen.Zu Anfangdes7.Jahrhunderts istKonstantinopel, dasBollwerk desChristentums, inarger Not, von allen Seiten von Feinden, besonders denpersern,bedrängt.

Dazu sitzt aufdemKaiserthronPhokas,einroher, blutdürstiger,aberfeiger, unfähi- gerEmporkömmling. Ihn beseitigtderjungeheldenhafteHeraklius,unter dessen Herrschaft anfangs einUnglück nachdemandern überdasReichkommt. Sogar das größte Heiligtum, das hl,Kreuz, wird von denpersern geraubt. Aber- HerakliusistderMann, derseinVolk retten unddieSchmachdesKreuzesrächen wird. Einanschauliches,lebendigesBild aus einer fernen Zeit erstehtvoruns, alsob wirGegenwarterlebten. Sitte und Kultur,KriegundSoldatenleben, ernste Staatsarbeit undFrauenliebe, Treue und Verrat, dasalles zeigtdesDichters KunstdesEinfühlensindieVergangenheit. Einiges hätte freilich knapper gefaßt werden können.

Für gebildete Leser städtischer Büchereien sehrzuempfehlen.

Dr.Leuken,Bonn.

Dörfler, Peter,Die Schmach des Kreuzes. Roman. 2.Bd.

München:Kösel-pustet.461 S. Geh.J« 6.—,gbd.M8.—

Mit diesem2.Bande findetdergroß angelegtehistorischeDoman Dörflers, dervor kurzemseinen50.Geburtstag feiernkonnte, seinen Abschluß.Heraklius ziehtmitseinem Heereaus, dasvon denPerserngeraubte hl. Kreuzwiederzuge- winnen. Ein Feldherrvon seltenerGröße, Klugheitundpersönlichem Mute, ver- stehteres,aller Schwierigkeiten,dieNatur undfeindlicheHeere ihm bereiten, Herr zuwerden und dasgeraubte Kreuznach unsäglichen Mühenzugewinnen. Doch das Triumphkreuz wird zum HolzederSchmach. DieChristen streiten unter einander, dieAraber fallen siegendinseineLänder ein,ohnedaßderKaiseres hindern kann. Seine Kraftist gebrochen,undnur seinetreue Gemahlin Martina bewahrt ihnamEnde seiner TagevorVerzweiflung, ihnbelehrend,daßdaswahre Kreuznichtdasgoldene,sonderndasharte,blutige ist,dasjederMensch tragen muß.

Ein Buch,dasdesDichtersganze HöheundReife künstlerischen Schaffens beweist.Wundervolle Naturschilderungen derorientalischen Landschaften, lebendige Darstellung derKämpfemitdenNaturgewalten unddenfeinlichen Heeren, tiefes VerständnisderKultur- und Länderkunde. DiezuAnfangjeden Abschnittesein- gestreuten GesichteundReflektionen steheniminneren Zusammenhang mitdem Verlauf derkommenden Handlung und beleben dieDarstellung ineigenartiger Weise.

Empfehlenswert füralle Büchereien, besondersauchfür anspruchsvollere

Leser. Dr.LenkernBonn.

Fleck, Wilhelmine, Fe ue r am SU nd. Roman. Stgt.: Stein-

kopf1928. 220 S. de. a-!5.—

Der Roman schildertaus derGeschichteStralsunds zuBeginn des

Is.Jahrhunderts einewilde Episode,dasgewalttätigeRegiment desKirchberrn Kord von Bonow. Dieser Mann, derseine Raubritterinstinkte unter demkirchlichen Gewande verbirgtund inseinem Verlangen nachHerrschaft rücksichtslosdieMacht derKirche,wieseine Beziehungen zudemwilden pommerischenAdel inseinen Dienst stellt, isteineZeitlangdergefürchteteGebiete-r derStadt Danzigwiedes Herzogtumspommern,biservon derRacheeines treuen Vasallendesverstorbenen 13

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Pomrnernherzogesgetroffenwird. DieVerfasserin erzähltetwas kraßundverteilt LichtundSchattensehreinseitig;man frägt sich manchmal,obzurBlütezeitder HansadieZuständedortnoch so wild,unddieMenschen so ungezügeltwaren. Die Erzählung befriedigt vorwiegend heimatgeschichtliche Interessen, weshalbihreEin- stellungz.B.inwestliche Büchereien nicht notwendig ist.

Dr.Schumm,Krupp.-B.

Mayer,TheodorHeinr»D ieBahnü be rdenBe rg. Roman.

Leipzig:Staackmann 1928. 543S. Br.Jst 5.—,Ew.M7.—

Jn anschaulicherund spannender Form wird eine Großtat derTechnik geschildert,derBau derSemmeringbahn, dervor 75Jahren, als Oesterreichzum erstenmaleauseinanderzufallen drohte,durchgeführtwurde. Im Mittelpunkt steht dergenialeErbauer selbst, Ghega,deralleseine reichenGaben alsMensch, Tech- niker,Organisator undnicht zuletztalskluger politiker imDienste feines Zieles mitungeheurerEnergieeinsetzt. Dabei wirddemLeser deutlich,wiedietechnische Gesamtidee, so großartig sie seinmag, und auchdieganze planung imeinzelnen gar nichtdasSchwierigstesind, sonderndieDurchführunggegen allediekleinen und großen Mächte,diesich feindlichgegen dasentstehendeWerkzusammenballen.

Deren sindeine Unzahl: allerlei persönliche Gegneraus demLagerder Technik selbst,dieteils aus Bedenklichkeit,teils aus Geschäftsinteresse dagegen sind; Miß- günstigeaus Wiener Hof-undUdelskreisenundindenMinisterien; dieRevolution desJahres 48undderdrohendeUntergang desStaates; fortwährende Geldnot;

dauernde Schwierigkeiten mitdembunt zusammengesetztenArbeiterheere, indem alleAugenblickenationale, sozialeundreligiöse Gegensätze aufflammen; dazudie Choleraepidemie und derWiderstandderNatur, derdieschönstenBerechnungen überdenHaufen wirft. Dieser jahrelangeKampfbiszum Siegewird teilweise mitdramatischerWucht geschildert,undesistbemerkenswert, wiederVerfasserdas bunte Zeitbildindenverhältnismäßigengen Rahmenzuspannenvermag. Nurin einzelnen Szenen vergreiftersichimToneundwirdsentimentaL Jmganzen wird dasBuchalleLeserschichten fesselnundkann empfohlenwerden.

Dr.Schumm,Krupp-B.

Reed, John, Zehn Tage, die die Welt erfchütterten.

Mit einem Vorwort von EgonErwin Kifch Wien,Berlin:

Verlag fürLiteratur und politik. Leinen « 4.50 JohnReedisteinamerikanischerReporter, derdiezehn Tagederbolsche- wistischenOktoberrevolution inPetersburg und Moskau unmittelbar miterlebte.

DasvorliegendeBuch enthältdieGeschichtederRevolution, wie sieReed als Augenzeugesah,wieersie äußerlicherlebte durch seine unermüdlicheund uner- schrockene Allgegenwart beiden Sitzungenderverschiedensten Körperschaftenund denKämpfeninden Straßen Petersburgs und wie ersie innerlich erlebte als überzeugter Sozialist undBewunderer derbolschewistischen Tatkraft undKon- sequenz.Reedistesgegeben,zugleicher Zeit ParteigängerundobjektiverBericht- erstatterzusein,sodaßderWahrheitswert seines Berichtes nichtdurch seine persönliche Stellungnahme leidet,sonderndieGeschichtederRevolution dadurcheine merkwürdige Lebendigkeiterhält.FernerverstehtesReed invollkommener Weise, aus dem bunten Mosaik journalistischer Einzelschilderungen das Ganze des geschichtlichen Ablaufs derRevolution erstehenzulassen. Ergreiftmitvoraus- schauendem Scharfblickdievom geschichtlichen Aspekt wichtigenEreignisse, dieden übrigen Miterlebenden sicherlich meistalsunwichtig erschienen,heraus. Diese Gestaltung desStoffesmachtdas geschichtliche Ereignis zueiner Person. Die Revolution wird zumHelden,derüberHindernisseund Schwierigkeiten zumSiege eilt.

DieseGestaltungdesStoffes bewirkt eszugleich,daßdasBuch fükVolks- büchereieninganz besonderem Maße geeignetist« Dr.Brandt, Opladen.

Stockhausen, Juliana v., Greif. Die Geschichteeines deutschen Geschlechte5. Roman. München: Kösel-pustet. 310 S.

Geh.W 6.—,Leinen J-!8.——

Der junge, ritterliche Alexander v. Greif hatmit einem bürgerlichen Mädchen, Camilla, einegeheime, bloß kirchliche Ehe geschlossen,unbekümmert um 14

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