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Innen-Dekoration : die Gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort, Jg. 29, Januar-Februar

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Academic year: 2022

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PÖSSENBACHER W E R K S T Ä T T E N -M Ü N C H E N . »E N T W U R F EINES D A M ENZIM M ERS«

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XXIX. JAHRGANG. DARMSTADT. JAN.-FEBR. 1918.

PRO FESSO R DR. OSKAR STRNAD—WIEN

V O N A R TH U R R O E S S L E R -W IE N

D

e r unbedingte o d e r fragliche W e r t eines T a ­ lentes für die m enschliche G esellsch aft w ird d u rch die H in g ab e d es T alen tes an die V erg an g en ­ heit o d e r Zukunft bestim m t. W e r als K ü n stler die Ü b erlieferu ng m ehr liebt als d as L e b e n , d e r ist o d e r wird u n sch ö p ferisch , und sein Tun bleibt fru chtlos für die M enschheit. E s ist des K ünstlers erste Pflicht, sorgsam auf die U nab h än gigk eit seiner G efühle und G edan k en und ihres form al gefaßten A u sd ru ck e s zu ach ten . D as U nverstan d ensein b rau ch t e r nicht zu fü rch ten , denn es h at keine D au er. D as V olk ist ü b erreich an K räften und F äh ig k eiten und erh eb t sich frühe,r o d e r sp ä te r zum Standpunkt eines je d e n M eisters d er Kunst.

D e r K ü n stler m ag noch so w eit v orau seilen o der h och steigen , das V o lk kom m t ihm n ach , holt ihn ein. K ein K ünstler h at es d ah er n ötig, nur mit h alb er K ra ft zu schaffen und gehem m t von b e d a ch t­

sam er Berück sich tigu n g frem d er W illensregungen, sich selb st auszuw eichen, sich selbst zu verringern, zu verleugnen, um volkstüm lich zu w erd en . A lle eigen h eitsstark e und h och w ertige K unst w ird sch ließ lich volkstüm lich und trä g t dazu b e i, das Em pfindungsverm ögen des V olk es zu form en, zu verfein ern . D ie V eran tw o rtu n g des Künstlers ist

darum groß . Sind seine W e r k e nicht B e h ä lte r leben d iger K rä fte , die v orw ärtsd rän g en d w irken, bleiben sie ästh etisch e K u riositäten ohne eigen t­

lichen erzieh erisch en , v ered eln d en G enuß sp en ­ denden Einfluß.

O sk a r S trn ad b esitzt den erw äh nten zw eifellosen T alen tw ertu n d das stre n g e V eran t w ortungsbew ußt- se in .v o n dem ich sp rach , e r w ird d ah er als K ünstler, mit sein er seh r eigenw illigen, ja rech th ab erisch en N atu r, gegen ü b er allen einstw eiligen W id e rsa c h e rn R e ch t b eh alten , w enn er, w as in W ie n allerdings n ötigist, (sie h e R u d . A lt, O .W a g n e r b eisp ielsw eise) das G lück h at, alt genug zu w erd en . Vorläufig reg en sich die W ie n e r ü b er seine »tim buktuanischen W o hn h au sw ü rfel« noch auf, die ihnen äußerlich allzu ask etisch ersch einen . V o n d e r S ch ild k rö te bis zum W a lro ß v e rträ g t kein leben d iges G esch ö p f S tö ru n g; es ist d ah er nicht v e rw u n d erlich , daß sich die an m an ch erlei baulichen F irlefan z g e ­ w öhnten W ie n e r durch die g e m au erte Selbstkritik S trn ad s in ihrem G ew ohnheitsem pfinden g e stö rt fühlen. D ie m eisten M en sch en befinden sich in einem intellektuellen G efängnis, in das sie en tw e d e r h in ein geb oren , h in ein gew ach sen , freiw illig o d e r gezw ungen hineingeraten sind, und das sie für den

1918. L/II. 1.

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INN EN-DEKORATION

ARCH ITEKT P R O FESSO R D R . OSKAR ST R N A D —W IE N . »C R O SSE S LA NDH AU S B E I W IEN »

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INNEN-DEKORATION

A RC H ITEKT PR O F E SSO R D R. OSKAR STRN A D —W IEN . »AN SICHT D ER W E ST SE IT E D E S O R O SSE N LA N D H AU SES B E I W IEN«

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1NNEN-DEK0RATI0N

P R O F . D R. OSKAR STRN A D —W IEN

auß erh alb steh en d en M en sch en anziehend zu m achen w ähnen, w enn sie es als g ro ß , beq u em und völlig sich er schildern. W e ig e r t sich einer, ihnen darin G e se llsch a ft zu leisten , erb o sen sie sich ü b er des A b leh n en d en verm ein tlich e A b e n ­ teuerlu st und H och m ü tigk eit und — lästern . B ei S trn ad , d e r sich b eh arrlich w eig ert, lästern sie über die von ihm e rrich te te n B au ten , d eren A u ß e re s nichts als stre n g ste , an kühl h errisch e A b w eisu n g gem ah nen d e Zurü ck haltun g v e rrä t.

D en m eisten M enschen d e r G e g e n w a rt ist eben leid er das Bauen nicht m ehr so natürlich w ie irgend eine d e r vielen an d eren natürlichen T ätigk eiten , die sich in ih rer ursprünglichen E in fach h eit e r­

halten haben. Sie haben den Instinkt für das B au en v e rlo re n o d e r ihn w enigstens d och so seh r v e rd o rb e n , daß e r als v e rlo re n b ezeich n et w erd en kann, w ährend es ihnen natürlichsein sollte, so selb st­

v erstän d lich zu bauen, w ie die B iene es tut, die durchaus nichts ü b er d as g e o m e trisch e V erhältnis d es W in k els lern te und den n och m it u n b eirrb arer S ich erh eit in u n ab änderlichen R aum verhältnissen ihre zw eck m äß ig e Z e lle baut. B esä sse n die M en­

sch en n och d iesen w ertv o llen Instinkt, w ürden sie au ch das V erstän d n is für S trn ad s H au sb au ten haben. Sie w ürden dann au ch b eg reifen , daß

RÜ C K SEIT E D E S G EW Ä C H SH A U SES r .

S trn ad b ish er für M en sch en b au te, die nicht »auf d er S tra ß e « w ohnen w ollen , und daß dies d er G rund für die an seinen H au sb au ten b eson d ers auffälligen, sp ärlich en E in b lick sm öglich k eiten ist.

S trn ad b egnügt sich oft und gern, sta tt m it F e n ­ stern, m it k ajü ttartigen R u ndlucken im G em äu er, durch die w ohl L ic h t und L u ft, a b e r kein e neu­

gierigen B lick e ins Innere d es B au es dringen können.

W ie G o tt ohne Z w e ife l stets g e re ch t ist, nur daß d er M en sch dies nicht im m er einsieht, so ist S trn ad s S ch affen ste ts m oralisch — aus E h rfu rch t v o r dem G esetzm äß ig en und L ie b e zur Pflicht — ohne als m oralisch erkannt zu w erd en . S o ist b eisp ielsw eise sein F assad en p u ritan ism u s in d er H a u p tsa ch e g ew issen hafte Pflichterfüllung. B ei allen seinen bisherigen B a u te n , an d enen d ieser Puritanism us in E rsch ein u n g tritt, w a r ihm unter an d erem die A u fg a b e g estellt gew esen , m it m äßigen bürgerlich en Bausum m en zu rech n en , und dessen eingedenk zu b leib en , die H ä u se r im Innern so w ohnlich als m öglich auszuführen. S ich erlich kann S trn ad au ch eine re ic h e , ja prunkende A u ß e n ­ arch itek tu r schaffen, es ist nur e rfo rd erlich , daß m an ihm den A n laß und die m ateriellen M ittel dazu b ie te . S o lange das n ich t g e sch ie h t, hat w ohl e r d as R e c h t so zu b auen w ie e r baut,

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P R O FESSO R D R . STRN A D —W IEN . .K L E IN E R SALON IN V O RST EH EN D EM LA N D H A U S-

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fe >

AUS DEMKLEINENSALONDES VORSTEHENDENLANDHAUSFSBEI WIEN

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A RCH ITEKT P R O F . D R . OSKAR STRN A D —W IEN •KLEINER S A L O N . H A N D A U FG ET RA O E N E ST Ü C K A R BEIT. A U SF: R O B . O B S 1 E O E R -W IE N

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P R O F E SSO R DR. OSKAR ST R N A D —W IEN . »SITZM O BEL IN EIN EM M U SIKZIM M ER«

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INNEN-DEKORATION 11

PR O F E SSO R OSKAR ST R N A D - W I E N

a n d e re a b e r nicht das R e ch t, es ihm zu v erarg en .

— D em m öglichen E inw and, daß S trnad ja doch n icht so durchaus natürlich g estalte w ie die vorhin erw äh n te B ien e es tut, m ö ch te ich, ohne die V o r­

bringung d es E in w an d s ab zu w arten , mit dem E in ­ geständnis b e g e g n e n , daß in ihm G eist w altet, und z w a r je n e r G eist, d er d er N atu r G e se tz e gibt, d as heißt die F o rm für die in ihr liegenden G e ­ se tz e , und daß in ihm d er freieste W ille lebendig ist, näm lich je n e r, d er will w as er soll.

D e r geistige H au p tgru n d satz von O sk ar Strnads S chaffen h at W esen säh n lich k eit mit dem H a u p t­

grundsatz des C hristentum s, dem die N atur nicht als unser aller M u tter gilt, sondern als unsere S ch w ester. In geistigen Dingen erkennt er ihr keine A u to ritä t zu. E r ist b e re it sie zu lieben, zu bew undern, a b e r durchaus ab gen eigt sie n ach ­ zuahm en. D iese eigentüm liche H altung v e rstä rk t seine Ü b erlegen h eit und erm öglicht ihm eine F re i­

zügigkeit im G estalten , die von aller S ch w e re und F e ie rlich k e it entbunden, dem H e ite re n und F e s t­

lichen an gen äh ert erscheint. S trn ad s eigentliches

B U C K IN EIN W O H N - U N D ARBEITSZIM M ER

D asein sp ielt sich ganz innerlich, ganz n erv en ­ m äßig und hirnlich ab, und d och w e b t unstillbar die S eh n su ch t nach d e r W irk lich k eit in ihm. A b e r just w eil e r so intellektuell v erfein ert ist, erfüllt von logischen K onstruktionen einer konstitutionell überaus k räftigen V ernunft und den treib en d en K räften bild en d er P h an tasie, ist e r ein grim m iger V e ra b sch e u e r aller müßig sp ielerisch en R e is b re tt­

ästhetik. B ei alledem ist S trnad kein R au nzer.

W ie von so m anchen an d eren ö sterreich isch en E rb la ste rn ist e r au ch von diesem , in sein er H eim at v ielleich t v e rb re ite ste m L a s te r ledig. E r hat keine Z e it zum P o lem isieren ; die F äh ig k eit dazu b esitzt e r allerdings in nicht zu u n tersch ätzen d em M aße, w ie durch seine L e h rv o rträ g e in d e r K u n stg e w e rb e ­ schule b ew iesen w ird, zu denen sich W ie n s junge K u n stg ew erb ler und A rch ite k tu rsch ü le r in S ch aren d rängen. L e tz te re s ist eine b ed eu tu n gsvolle T a t ­ sa ch e , denn die zur Jünglingschaft h eran gew ach sen e Jugend ist m eh r w iß- als lern b eg ierig und g eg en ­ ü b er allzu philan trop isch -sen tim ental, so w ie tr a ­ ditionsgläubig erg eb en v o rg e tra g e n e r L eh rh aftig ­

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12 1NNEN-DEKORATION

PR O FESSO R D R . OSKAR STRN A D —W IEN »W OH N ZIM M ER« M Ö BEL: M A H A G O N I U . PA LISAN DER

k eit seh r re iz b a r. S ie ist ra sch d ab ei, schonungslos K ritik zu üben an anspruchsvoll g e äu ß erten M ei­

nungen, die keine intellektuelle Z eu gu ngsk raft b e ­ sitzen. D ie E n g e eines G eistes w ie die K arg h eit eines G em ü tes, von ihr intuitiv ste ts bald erkannt, w ird von ihr m it erbarm ungslosem S p o tt ab getan . V o r so lch e r G efah r ist S trn ad g e fe it; denn das, w as S trn ad seinen H ö re rn ü b erm ittelt, ist nicht to te s W issen , son d ern leben d ige Erkenntnis. E r sp rich t in g eh äm m erten S ä tz e n logisch e P a ra d o x e , m it d e r Inbrunst eines von sein er Sendung ü b e r­

zeu gten V erk ü n d ers, und er tut dies ohne T h e a - tralik. W a s er sp rich t, das stim m t z w a r m eistens w e d e r mit den noch g elten d en trad ition ellen und den sch on g elten d en revo lu tio n ären K u n stb egriffen ü b er- ein, a b e r es hilft die V orstellu n g von einem »G lück auf E rd e n « zu b e re ite n , die m it dem sonst für G lück geh alten en Z u stan d tie risch e r Z u fried en h eit n icht d as m indeste gem ein h at. F ü r O sk a r S trn ad ist d as L e b e n voller A b e n te u e r im G eiste, voller u n ü b erseh b arer M öglich keiten g efäh rlich er und b eseligen d er A r t , und e r ist d es G laubens, daß

das L e b e n für je d e n an d eren , d er klug und kühn genug ist, die E rleb n isse als A b e n te u e r zu em p ­ finden, d en selb en , w enn auch nicht gleichen R eich tu m d arb ietet.

W e r O sk ar S trn ad für einen w underlich launen­

haften, irgendein skurriles Id een steck en p ferd re i­

tend en Ä s th e te n h ä lt, irrt sehr, denn S trn ad ist es um ungleich m eh r und b ed eu ten d eres, als um die H ervo rb rin g u n g eines »neuen Stils« zu tun, d er seine endliche Begren zu n g ja schließlich doch n atu rn otw en d ig durch d as p ersö n lich e M aß seines U rh e b e rs unausw eichlich erh ält. D e r g e re ch te n S ch ätzu n g , die S trn ad für sein W e s e n und sein Schaffen mit F u g fo rd e rt, n äh ert m an sich dann, w enn m an b eid e als sinnfällige M anifestationen d es m enschlichen W a h rh eitsv erlan g en s w e rte t. U m W a h rh a ftig k e it im D enken und Tun müht sich d ieser ungew öhnliche M ann und K ünstler. W a h r zu sein, ist en tw ed er k in d erleich t o d e r ganz und g ar unm öglich. D an ach also bilde man sich eine M einung — kein U rteil — ü b er den W ie n e r B au ­ künstler, d er ein b e h a rrlich e r A n h ä n g e r künstlerisch

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INNEN-DEKORATION 13

H

P R O F E SSO R D R . OSKAR ST R N A D -W 1E N ■KINDERZIMMER« B E T T ST E L L E W EISS LA CK IERT

und k u n stgew erb lich a n g ew an d ter Erkenntniskritik ist, und d e r in W ie n fast überall, w ohin er kom m t, beunruhigt. M an ch e L e u te finden ihn w ohl in teres­

sant, tra ch te n ihm a b e r den n och sch ie r ängstlich au szu w eich en , und die m eisten, die e r mit seinen B au ten e rs ch re c k t und aus ihrem dum pfen H in- trau p ern ’ au fg e stö b e rt h at, sehen ihn am liebsten aus d e r F e rn e , w ie m an eine g efäh rlich e S eltsam ­ k eit zu seh en pflegt. E in w ah res U n k rau td ick ich t von V o ru rteilen hindert die W ie n e r, die leich tfertig genug nach dem änß eren A n sch eiri’aburteilen, dem w ah ren W e s e n und d e r eigentlichen Schöpfung S trn ad s n ahe zu kom m en. M an kennt nur die zu w ei­

len h a rte und vielleich t au ch b itte re S ch a le seines bisherigen W e rk e s , a b e r nicht d essen reifen und k östlich en K e rn . M öge d iese V eröffentlichung, die ü b e rra sch e n d e E in b lick e in das sch ön e Innere sein er von A u ß en ask etisch anm utenden H a u s­

b au ten g e w äh rt, d azu b eitrag en , einen je n e r sel­

ten en M änner kennen und w ürdigen zu lernen, d urch d eren T ä tig k e it die Z ukunft aufgeschlossen, und, so w e it sie b e re its ersch lossen ersch ein t, in k ü n stlerisch er F o rm b ew ältig t w ird, a r t h.r o e s s l e r.

B

E G E G N U N G E N . Ein silberner L eu chter mit roter K erze über grüner Sam td eck e: E rlesener Zusam m en­

klang der Farben, der Sto ffe, der Bedeutungen. A nders w irkt diese D reiheit im Schau fenster, anders im W ohn- raum , wo die Beziehungen zum R aum , zum M enschen, zu dem A b lau f des häuslichen G eschehens wie ein Kranz von vollen Blüten diese drei glücklich V ereinigten um­

schw ebt. Im Schaufenster dagegen tritt eigentlich nur das formale Zusamm engehen hervor, dies freilich allzu deutlich und darum leertönend.

Ich liebe die G ruppen, die mehr sind, als bloß räum­

liche K om positionen: Zusammenklänge von stoff- und artfrem den W esen , Begegnungen in einer anderen Sphäre als denen der bekannten und benannten Künste. R otes W a c h s , S ilb e r, grüner Sam t — geschm eidige D ecken, b reitesSteh n , aufsteigendesL eu chten: D ie seA k k o rd esin d nicht flächiger, nicht körperlicher, nicht struktiver A rt. — S ie gehören w eder der M alerei, der P lastik noch der A rch itek tu r an. — S ag e mir einer, was für eine Kunst solche Begegnungen schafft? N och hat sie keinen Namen, obwohl sie allüberall wirksam ist. D as G rab im Sch atten uralter Bäum e — Jahrhunderte rauschen im Laub,_ vor ihren Stürm en verbogen und verkrümmten sich die A ste , fremd und düster mahnend steht der verw itterte S tein im Grünen — Böcklin, fällt uns ein, hat solche Szenen gemalt,

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14 INNEN-DEKORATION

PR O F. D R . OSKAR S T R N A D -W IE N »K A C H E L-O FEN M IT BIBLISC H EN D A R ST E L L U N G E N -

auch wohl eine trauernde G estalt als Deutung dazu ge­

geben, und er wurde deshalb getadelt, weil er mehr als das R ein -m alerisch e darstellen w ollte. — B öcklin war vielleicht in noch höherem G rad e R egisseur oder D ich ter als M aler, aber warum soll ein D ich ter nur in W o rten erzählen und schildern dürfen? Und verdient dann nicht

auch H ildebrand T ad el, wenn er seinen bronzenen H u­

bertushirsch in ein abgeschlossenes Tem pelchen stellt.

W irk en hier nicht auch die überirdische Ruhe, der selt­

same Einklang von M etall und S tein , die Einsam keit, die Bedeutung des D argestellten mit? Stärk er vielleicht als die P lastik des T ieres, um die er als Bildhauer doch allein

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PR O FESSO R D R. OSKAR S T R N A D -W IE N . »O FEN M IT REICH EM KACHELSCH M UCK«

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INNEN-DEKORATION 17

PR O FESSO R D R. OSKAR S T R N A D -W IE N . »O FEN IN EIN ER W IEN ER W O H N U N G .

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18 INNEN-DEKORATION

sich hätte kümmern dürfen? — W ie klug, nein, w ie kurz­

sichtig sind die Kunstgelehrten, die sich in die modrigen Kunstkategorien einschw ören ließen, von denen die W irk ­ lichkeit so gar nichts wissen will, die das M eer von Sch ön ­ heit nicht sehen, das außerhalb ihrer Käfige blüht und w o g t!

D ie N atur, das L eb en , sie umfassen säm tliche K a te ­ gorien von K ü nsten, aber neben- und ineinander, und gerade aus diesen Verm ählungen der Künste sind neue andersartige Schönheiten entsprossen, deren G attung noch keinen Namen hat. G laubt der M aler, den G en u ß , den wir an einer G ebirgslandschaft haben, zu erhöhen oder zu vered eln, wenn er uns nur ein Nebeneinander von

Farbflecken sehen läßt? W en n wir auf die N ebentöne, die V orstellungen der ungeheuren zertrüm m erten M assen, und der Ä onen, die sich hier ausgetobt, verzichten, wenn die ändern Sinne ausgeschaltet w erden, durch die die eisige R einheit der L u ft, das Ziehen der nieschlafenden W ind e, der W e ch sel der wandernden Szenerien auf uns wirken? Niemals ist ein Sinn allein tätig. Im W esen der R o se sind für uns vollentfaltete Form und schw ere G erüche unlösbar verschmolzen. Je d e benannte und darum isolie­

rende Kunst ist zugleich eine V erarm ung gegen die W irk ­ lichkeit. A b e r es muß auch Künste geben, die die Fülle und F reih eit des L eb en s w iederherstellen. A . j a u m a n n - b e r l i n .

A RC H ITEKT P R O FESSO R D R . OSKAR STRN A D —W IEN . »T R EPP EN -A N LA O E IN N EBEN STEH EN D EM EIN FA M ILIEN H A U S«

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1NNEN-DEKORATION 19

AUSSICHTEN DER DEUTSCHEN QUALITÄTS-INDUSTRIE

D

ie A rb e it der letzten zwanzig Jahre hat auf dem G ebiet der A rchitektu r und des K unstgew erbes tiefgehende Spuren hinterlassen, dienachm einer A uffassungauchdurch den langen K rieg nicht ausgelöscht werden. U nser Bau­

wesen wird immer mehr in gutem Sinne von städtebaulichen Erwägungen, von der R ü cksicht auf das gesam te Stad tbild beeinflußt; ebenso ist alles, was Haus und W ohnung ent­

hält, wenn auch noch langsam, so doch unbestreitbar besser geworden. W en n man sich das einmal deutlich machen w ill, muß man sich vorstellen, was vor 1 5 bis 2 0 Jahren in unseren L äden an sogenannten kunstgew erblichen G egen­

ständen zu kaufen w ar, und damit vergleichen, was doch heute immerhin schon an M öbeln, Porzellan, G las und dergleichen Dingen für gute Sachen zu finden sind. A n diesem E rfolg ist neben der praktischen A rb e it sicherlich 4'uch die gute Fach p resse beteiligt. Man mag zu Kunst­

zeitschriften steh en , w ie man w ill, es ist nicht zu ver­

kennen, daß das W irk en des Kunstw art und guter K unst­

zeitschriften nicht ohne Einfluß auf G eschm ack und G e ­ sinnung geblieben ist.j

N ach dem K riege w erden w ir viel w eniger M ittel als bisher für Bauten, Inneneinrichtungen, Luxus aufwenden

können. D as braucht aber nach meiner Meinung nicht notw endigerw eise ein Schad en für die gute A rb e it zu sein.

Ich glaube vielmehr, daß uns das zwingen wird, einfacher, sachlicher zu sein, und darin sehe ich nur eine Steigerung.

W ir werden im allgemeinen (auch in der Schätzung des A uslandes) nur gewinnen, wenn unsere Bierpaläste nicht mehr in M armor, Palisander und Bronze starren, sondern in einem M aterial ausgestattet sind, das zu dem G lase B ier für 25 P fg . im richtigen V erhältnis steht. D urch die N ot­

wendigkeit, die Rohstoffzufuhr zu beschränken, wird hof­

fentlich auch die Schätzung des M aterials w ieder eine Steigerung erfahren, wir werden anfangen, uns das M aterial w iedergenauer anzusehen, vorsichtiger und sorgsam er damit umzugehen. H eute verwenden wir teure M ahagoni- und Palisanderhölzer, als wäre es gar n ich ts; w ir müssen w ieder verstehen lernen, daß es etw as Besonderes ist. Ich bin sehr dafür, daß zugunsten unserer H andelsbilanz die Einfuhr überseeischerH ölzerau f das A llernotw endigste beschränkt w ird , damit endlich einmal unsere einheimischen H ölzer gewürdigt werden und zu Ehren kommen. W e n n wir nicht genügend Mahagoni und Nußbaum hereinbekom m en, wird sich unsere M öbelindustrie den einheimischen Harthölzern,

PR O FESSO R D R . OSKAR STRN A D —W IEN »EIN FA M ILIEN H AU S W . IN G R IN ZIN G BEI W IE N -

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P R O F E SSO R D R. OSKAR S T R N A D -W 1E N »W O H N RA U M IN V O R ST EH EN D EM EIN FA M ILIEN H A U S«

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PR O FESSO R D R. OSKAR S T R N A D -W IE N BIBLIO TH EKSRA U M D E S SC H RIFTSTELLER S JAKOB W ASSERM ANN «

Vi rfT Jr

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INNEN-DEKORATION

A RCHITEKT PR O F E SSO R DR. OSKAR S T R N A D -W IE N . »BLICK IN EIN DIEN ERZIM M ER D E S O R O SSE N LA N D H A U SES B E I W IEN « S . 4 - 5

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INNEN-DEKORATION 23

P R O F E SSO R D R. OSKAR STRN A D —W1EN

w ie K irsche, B irke, R ü ster mehr zuwenden m üssen, und das können wir nur in je d er Beziehung begrüßen. Infolge d erstärkerenN achfrage w erdenhoff entlieh die P reise dieser H ölzer, die vor dem K riege im Verhältnis zu den übersee­

ischen viel zu niedrig w aren, w ieder anziehen, und die deutschen Forstverw altungen, die heute fast nur noch Schleifholz anbauen, weil es die höchsten G elderträge bringt, werden dann in geeigneten L agen statt der ewigen Fichtenpflanzungen, die wie Sp arg elbeete wirken, w ieder deutscheLaubw älder erstehen lassenkönnenund wirkönnen w ieder mit Eichendorff singen: » W e r hat dich du schöner W ald , auf gebaut so hoch da droben«. G erad e hier könnten sich erfreuliche Folgen des K rieges zeigen.

D aß der M angel an edlen ausländischen Rohstoffen uns w ieder den schlechten Nachahmungen unglücklichen A ngedenkens ausliefert, halte ich nicht für wahrscheinlich.

D a die Anschaffung von Luxusw aren, von künstlerischen und kunstgew erblichen Erzeugnissen vielfach für die beste Kapitalsanlage gilt, weil solche D inge internationalen W e rt besitzen und ihn sicherer behalten als Staatsp ap iere, so ist wohl fast alles, was auf diesem G e b iet noch W ertvolles am M arkt zu haben war, aufgekauft. E s weiß jed er, daß er in Zukunft nur noch geringe Nachahmungen bekommen kann und daß die wenigen noch vorhandenen guten Sachen ganz unverhältnismäßig hoch im P reise stehen. S o wird

»D IEN ERZIM M ER D E S G RO SSEN LA N D H A U SES*

die A ntiquitätenseuche wohl von selbst aussterben oder sich wenigstens mindern.

A u ch die Einfuhr von Luxusw aren, kostbaren M öbeln und dergleichen wird nach dem K riege erschw ert sein, und auch das können w ir nur begrüßen. E s ist wirklich nicht n ötig, daß reichgew ordene K riegslieferanten oder andere L e u te , die mehr G eld als G eschm ack und T ak t besitzen, französische und englische Luxuserzeugnisse ein­

führen. U nser K unstgew erbe kann es recht gut gebrauchen, daß gerade die zahlungsfähigen K reise ihre A u fträge den einheimischen Lieferanten zuwenden müssen. —

In dem selben Sinne wird es wirken, daß auch in D eutsch­

land alle M öbellager, überhaupt alle L ager guter W aren geräumt sind. E s wird noch Jah re brauchen, bis die frü­

heren Lagerbestände w ieder erreicht sind, und bis dahin wird auch die Q ualitätsindustrie gut zu tun haben. H ohe Löhne, teure R ohstoffe werden uns zwingen, um preisw ert zu sein, große A uflagen in typischen Form en herzustellen und damit werden w ir einer deutschen Form , einem deut­

schen S til immer näher kommen. —

Schließlich hat der K rieg auch in vielen D eutschen das Nationalbewußtsein gestärkt, und daraus w erden die A n ­ sätze zur A usbildung einer deutschen Form , eines deutschen G eschm acks, die schon vor dem K rieg deutlich zu spüren waren, neue K raft erhalten. Und nicht nur die deutschen

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24 INNEN-DEKORATION

Käufer, sondern auch die skandinavischen Länder, ferner Rußland, der Balkan, die Schw eiz, Holland und Belgien werden sich nach m einer festen Überzeugung immer mehr dem deutschen G eschm ack anpassen, w ie das schon vor dem K riege auf der ganzen L inie zu beobachten war. — A u s allen diesen Gründen glaube ich, daß die deutsche Q ualitätsindustrie für die Z e it nach dem K riege gute A u s­

sichten hat. F reilich werden wir nicht versäumen dürfen, in immer w eiteren K reisen das Verständnis für gute, ge­

diegene A rb e it zu w ecken und so der Schundarbeit das W asser abzugraben. — k a r l s c h m i d t - h e l l e r a u .

W

as seit langen Jahren die eigentliche U rsach e der viel­

fachen Bew egungen und Regungen des Kunstlebens war, das ist nur erklärlich aus der Sehnsucht nach einer inner- lichen V ereinheitlichung aller künstlerischen Äußerungen unserer ganzen Lebensbetätigung. W a s uns b ei der B e ­ trachtung von einzelnen K unstw erken vergangener Epochen besonders ergreift, das ist nicht dieH öheihrer Einzelqualität, auch nicht die P hantasie der künstlerischen Konzeption: es ist der geschlossene Eindruck von dem besonderen G eiste und W e se n eines ganzen Zeitraum s, die sich in allen ihren Kunstäußerungen gleichmäßig offenbarten, p e t e r b e h r e n s . R U D O LF ALEXAN D ER SC H R O D E R -B R E M E N »KAM IN AN LA GE IN EIN EM V O RRA U M «

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M Ö B E LFA B R IK R A T H & B A L B A C H - C Ö L N A . RH E IN. »V O R P L A T Z M IT T R E P P E N A U F G A N G .»

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INNEN-DEKORATION 27

WIE WOHNT MAN IN AMERIKA?

V

on den vielen Problem en, w elche unserer Z eit zu lösen aufgegeben sind, ist das W ohnproblem eines, mit dem sich je d er einmal auseinandersetzen muß. D ie M enschen von heute gewöhnen sich immer mehr daran, sich in der M ietswohnung heim isch zu fühlen. O hne daß man aufgehört hätte sich nach B esserem zu sehnen, ohne daß man m it dem M ietshaus von heute wirklich zufrieden w äre, wohnt man darin, weil man erkannt hat, daß es d ie Lösung ist, w elche der Befriedigung der W ohnansprüche der M assen am nächsten kommt. D ie mannigfachen G ründe, w elche sich gegen ein derartiges W ohnen Vor­

bringen lassen, verlieren mehr und m ehr an G ew icht, wenn man seine V o rteile eingehender betrachtet.

W e lch e s sind nun die M öglichkeiten des W ohnens, die dem S täd ter im allgemeinen geboten sind? D a ist zunächst neben der M ietswohnung, die Stadtvilla, ferner das in erreichbarer Nähe der S ta d t gelegene Landhaus.

Betrachten w ir diese drei W ohnungstypen etw as näher.

— D as Landhaus im eigentlichen Sinne ist b ei uns, im

G egensatz zu England und A m erika, noch wenig verbreitet.

D ie V orteile, die es bietet, sind augenfällig. W en n den­

noch alle V ersu ch e, das Landhaus breiteren Schichten der Bevölkerung als W ohnung zugänglich zu machen, bei uns scheiterten, so ist dies w esentlich auf unsere T ag es­

einteilung zurückzuführen, die zu dieser W ohnw eise in grundsätzlichem W iderspruch steht. D ie englische T isch ­ zeit mit der am frühen A b en d gelegenen Hauptmahlzeit gibt der Fam ilie G elegenheit zu behaglichem Zusamm en­

sein nach dem E sse n , während unser spätes Nachtmahl den A bschlu ß des T ag es bildet. Dazu kommt noch die oft recht schlechte Zugverbindung besonders in den späten A bendstunden, die die Teilnahm e am geselligen L eb en der Stad t sehr erschw ert, wenn nicht ganz unmöglich macht. W ie viele glückliche Landhausbesitzer können sich beispielsw eise wohl rühm en, eine M eistersinger- Aufführung bis zu E nde gehört zu haben?

E ine angenehme Verquickung des Landhauses m it der Stadtw ohnung stellt die V illa dar. Ihre Bedeutung in der

E N T W U R F: ARCHITEKT PA U L T H E O D O R FRANKL »SCH RAN K-W A N D IM SCH LA FZIM M ER EIN ES JU N G E N MÄDCHENS«

A U SF: G R A U E R SC H LEIFLA C K . M O B E L B E Z Q G E : B U N T . D R U C K ST O F F

1918.1-/II. 3.

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28 INNEN-DEKORATION

R eihe der W ohnungsm öglichkeiten ist aber gering, weil sie nur für W ohlhabende in F rag e kommt. D ie V orteile sind auch hier die räumliche Ausdehnungsm öglichkeit, die eine logische, den individuellen Bedürfnissen des B e ­ wohners entsprechende Anordnung der Räum e erm öglicht.

D ie N achteile bestehen in der durch diese W ohnart b e­

dingten w esentlich verteuerten Lebenshaltung.

D ie dritte, die heute m eist verbreitete W ohnungsform ist die M ietswohnung. — In den letzten Jahrzehnten hat bei uns eine w esentliche Ä nderung im M ietshausbau platz­

gegriffen. D as B estreb en , die gestellten A nsprüche auf einem m öglichst kleinen Raum zu befried igen, hat zu gew issenhafter Überlegung bei der Grundrißplanung geführt. M an hat gelernt auf Überflüssiges zu verzichten, und bemüht sich bei der Raum verteilung logisch vorzu­

gehen und dem W ich tig en das N ebensächliche unter­

zuordnen. V o r allem aber sind durch die Rücksichtnahm e auf sanitäre und m oderne w irtschaftliche Errungenschaften vollkommen neue G esichtspunkte hervorgetreten. A lle diese Neuerungen sind hauptsächlich technischer Natur.

Begründet sind sie in dem B estreb en , das neu erbaute H aus mit allen E in­

richtungen auszustat­

ten, um einem öglichst gute Verzinsung des A nlagekapitals zu g e­

w ährleisten. W a s uns heute aber noch fehlt, ist die selbständige Entw icklung der M ietsw ohnung, ihre Em anzipation vom altgewohnten Bürger­

haus. D iese ist in A m erika bereits zur T a t geworden. — Im am erikanischen

M ietshaus »A p part- menthouse«sind sämt­

liche Ü bergangsstu­

fen von der einfach­

sten A rb e ite r-W o h - nungdem »Tenem ent- house« bis zum luxu­

riösesten H otel ver­

treten. D er A m eri­

kaner hat mit seinem auf das P raktisch e gerichteten V erstand eines richtig erfaßt.

Nämlich sein Heim auf dem Lande aufzu­

bauen und sein Land­

haus als sein eigent­

liches zu H ause zu b etrach ten , während die S ta d t-W o h n u n g zwar m öglichst be­

quem und zw eckm ä­

ßig gelegen mit allem K om fort ausgestattet sein soll, im übrigen aber seinem H erzen nicht w eiter nahe

steht. W en n hier von der Entw icklung der M ietsw oh­

nung zur Hotelwohnung die R e d e ist, so soll damit keines­

w egs empfohlen w erden, im H otel sein H eim zu suchen.

E s soll vielm ehr lediglich darauf hingew iesen werden, daß das moderne H otel den Inbegriff alles dessen darstellt, was technische und w irtschaftliche Erfahrungen aller L änd er uns gelehrt haben. D asselbe müssen w ir auch vom M ietshaus verlangen. A u ch bei der M ietswohnung muß eine bis ins K leinste getriebene Sachlichkeit in der Einteilung der Räum e durchgeführt werden.

G erad e in w irtschaftlicher Beziehung b ietet das m oderne H otel eine R eih e von E rru ngenschaften, die, wenn man sie auf das Privatleben übertrüge, zur Lösung vieler Fragen führen würde, deren Bedeutung heute auch in Europa m ehr und mehr hervortritt. Z w ischen dem H otel und dem Privat-M ietshaus gibt es in A m erika eine ganze R eih e von A bstufungen, so daß eine strenge G renze zwischen beiden kaum noch festzustellen ist. D a das am erikanische H otel nach der S tra ß e zu je d e Namens­

aufschrift und je d es A nzeichen, das an Passantenverkehr erinnert, verm eidet, wodurch es eine vornehme, private

N ote erhält, ist es für den uneingeweihten oft schw er zu sagen, ob er ein H otel oder ein Privathaus vor sich hat. A u ch in ih­

rem Ä u ßeren unter­

scheiden sie sich nicht w esentlich. B eid e ha­

ben m eist G las über­

d eckte E ingänge, ge­

räumige, elegant aus­

g estattete H allen, ei­

ne R eih e von A u f­

zügen, auch solche für D ienerschaft und L ie ­ feranten. D ie vor- nehmstenM ietshäuser haben kleine W a rte ­ zimmer für B esucher, m ehrerePortiers, W a ­ genrufer und L ift­

boys. G rößere H äu­

ser haben eine eigene Telephonzentrale mit T elephonistin, w elche auch die Anmeldung von Besuchern in die W ohnungen b eso rg t;

unangem eldet wird niemand hinaufgefah­

ren. D a ein am eri­

kanisches M ietshaus m eist 10 bis 12 S to c k ­ w erke zählt und drei­

ßig oder mehr P a r­

teien beherbergt, b e­

deutet ein derartiger Luxus auf so viele P arteien verteilt, nur einegeringeBelastung des Einzelnen. D ie Trep p e spielt im ame-

PA U L T H E O D . FRANKL. »KLEIN ER W ASCHESCHRANK A U S EIN EM SCH LAFZIM M ER«

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INNEN-DEKORATION

EC K E AUS D EM SCH LA FZIM M ER EINER 1U N G EN D AM E. DAS G E Z E IO T E »D A Y -B ED « (T A G B E T T ) IST EIN V O LL STÄ N D IG ES B E T T M IT SPR U N O FED ER -R A H M EN . D IE M IT BU N T EM S T O F F O B ER ­ Z O G E N E M ATRATZE D IEN T T A O SQ BER ALS SIT Z PO LST ER . A U SFÜ H R U N G : O E LBE R SCH LEIFLA CK

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INNEN-DEKORATION

ARCH ITEKT PA U L T H E O D O R FRANKL. »KAMIN« A U SFÜ H R G : RÖ M ISCH ER TRA V ERTIN . T A PE TE: D U N K EL G R Ü N

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EN T W U R F: ARCHITEKT PA U L T H E O D O R FRANKL. »KAM INPLATZ IN EIN EM BIBLIO TH EK S-ZIM M ER«

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A RCH ITEKT PA U L T H EO D O R FRANKL »EC K -T O IL E T T E T ISC H « AU SF: LILA SC H L E IF ­ LACK. IN N ERES D ER KN O PFE: TÜRKISBLA U

A RCH ITEKT PA U L TH . FRANKL »T O IL ETT EN T ISC H FÜ R EIN JU N G E S MÄD­

CH EN « A U S F Ü H R U N G : G R A U E R SC H L E IF ­ LACK. EIN FA SSU N G D ER KN Ö PFE: O R A N G E

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INN EN-DEKORATION

A R C H IT EK T P A U L T H E O D O R FR A N K L. »KAM IN IN E IN E M M USIK ZIM M ER«

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INNEN-DEKORATION 35

EN T W U R F : ARCH ITEKT PA U L T H E O D O R FRANKL

rikanischen Hause eine vollständig untergeordnete R olle.

S ie ist m eist steil und schmal in entlegenen G ebäude­

teilen untergebracht und wird kaum benützt. D en feuer­

polizeilichen Anforderungen entsprechen die Feu ertrep ­ p en, w elche m eist an der H inter- oder Seitenfront der H äuser außen hinabführen.

A ls erste Zw ischenstufe zwischen H otel und Mietshaus sei das Einküchenhaus genannt, ein M ietshaus mit Z entral­

küche, die das ganze Haus versorgt. In den W ohnungen befindet sich m eist nur eine kleine Frühstücksküche ohne H erd oder Speisekam m er. D ie M ahlzeiten werden durch das Personal der Hausleitung in den W ohnungen serviert.

E benso ist das Reinhalten und Aufräum en der Zim m er Sach e der H ausverw altung. — Hierin dürfte manche H ausfrau, die ihre Z eit gerne anderen und ansprechen­

d em D ingen als Haushaltungssorgen und D ienstboten­

fragen widm et, ihr Ideal gefunden haben.

A n d ere H äuser wiederum verm ieten ihre W ohnungen nur m öbliert ohne Beistellung von Hauspersonal oder

»SO FA PLA TZ EIN ES M U SIKZIM M ERS« M O B E L B E Z O O E : O RA U U . LILA O ESTRE1FTER SEID EN SA M T. SCH W A RZES EBEN H O LZ

Zentralküche. D erartige W ohnungen sind bis ins Kleinste mit allem Notwendigen versehen, nur W äsch e und S ilb er hat der M ieter zu stellen. Ein G egenstück zur möblierten Mietswohnung bildet die nur unmöbliert verm ietete H otel­

wohnung, die nicht ohne jährlichen K ontrakt abgegeben wird und sich oft im Nebenbau eines großen Hot eis befindet.

S ie b ietet jeglich e Annehm lichkeit des H otels, kom plette Bedienung, Speisesaalbetrieb oder Z im m erservice usw.

H ier w äre auch das sogenannte »A ppartm ent-H otel« zu erw ähnen, ein H otel bestehend aus lauter m öblierten 3 bis 4 Zim m er-W ohnungen mit Badezim m ern usw., aber ohne eigene Küche. A u ch diese W ohnungen werden nur auf längere Z eitdauer v erm ietet; durchreisende G äste werden nicht angenommen.

A u ch von der gewöhnlichen amerikanischen M iets­

wohnung, die in ihrem W e se n unseren W ohnungen ent­

sp rich t, können wir A nregungen empfangen. W a s die A nzahl und G röße der Räum e b e tr ifft, beschränkt sich der A m erikaner auf das N otw endigste, S ein er V orliebe

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36 INNEN-DEKORATION

für das Einfamilienhaus mit dem in sich geschlossenen Raum organismus, sucht aber auch das Riesenm ietshaus gerecht zu werden. D ie Doppelwohnung »D uplex-A ppar­

tem ent« mit ihren in zwei übereinander gelagerten S to c k ­ werken befindlichen W ohn - und Schlafräum en, die durch eine D ielentreppe miteinander verbunden sin d , findet immer mehr Anhänger. A b e r auch die auf einem G eschoß gelegenen W ohnungen mit ihren eingebauten K leid er­

und W äscheschränken, m ehreren Badezim m ern, W a sch ­ tischen — und was dessen mehr ist — befriedigen alle, auch die höchsten A nsprüche.

D er A m erikaner verm eidet der englischen Tradition entsprechend den hohen mobilen Schrank. A n Ste lle des hohen B üfetts tritt das flache, langgestreckte »Sid e board«. Zum A ufbew ahren des E ßgeschirres, des Silb ers, der G läser usw. dient die A n rich te mit den für diesen Z w eck eingebauten Schränken. Im W ohnzim m er domi­

niert getreu der englischen S itte , der Kamin als offener Feuerplatz. D ie herum gruppierten Sitzm öbel sind meist sehr bequem , das heißt englischen, oder unbequem , das heißt französischen Ursprungs. D er M auerrücksprung zu beiden S eiten des Kamins nimmt die häufig eingebauten Bücherregale auf. E in V ictro la (Gram m ophon), ein B rid ge­

tisch, eine oder m ehrere Stehlam pen und ein paar Teppiche vervollständigen das »A m eublem ent« des W ohnraum es.

A u ch die Einrichtung des amerikanischen Schlafzim m ers w eicht w esentlich von dem ab, was w ir zu sehen gewohnt sind. E in B e tt oder D o p p elb e tt, ein kleines Tischchen fürs Telephon, ein niedriger Schubladenschrank für W ä ­ sche, 3 Stühle, von denen einer ein Schaukelstuhl ist, im Damenzimmer eventuell noch ein Toilettentisch, ist alles.

D er A m erikaner hat vom Engländer mit der Sprach e auch seine form ale A u sd ru cksw eise, seine A rch itektu r und Innenraumkunst übernommen. Kopien und Nachahmungen

ARCHITEKT PA U L T H EO D O R FRANKL »EIN M O D ERN ES BIED ERM EIERZIM M ER IN AMERIKA« SC H W A R Z O R U N D 1G E B L U M E N T A P ET E. B1RKENMOBEL O E L B G EFLA M M T M IT SCH W A RZEN LEISTEN

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INNEN-DEKORATION 37

alt-englischer Interieurs und alter Königsschlös­

ser begegnen wir sehr oft in der amerikanischen W ohnung. — A u s dem G esagten müßte man nun folgern, daß A m e ­ rika, w elches sich allem Kunstwollen gegenüber stets unempfänglich ge­

zeigt hat, auch für un­

sere Bestrebungen auf dem G e b iet moderner W ohnungskunst wenig aufnahmefähig sein wür­

de. W ährend dreier K riegsjahre waren die V ereinigten Staaten nun die einzige G roßm acht, w elche sich der S e g ­ nungen des Friedens und eines durch W affenscha­

cher gesegnetenFriedens erfreute. D ie Unmög­

lichkeit, die Luxus- und scheinbaren K unstbe­

dürfnisse, w ie sonst in Europa zu befriedigen, sow ie die A nw esenheit einer A nzahl erster m it­

teleuropäischer Künst­

ler, die m eist unfreiwillig von ihrer H eim at fernge­

halten w u rd en , ferner der überhandnehmende W ohlstand, der aus dem K riege gezogene G e ­ winn, führte dazu, selbst auf diesem Boden Kunst gedeihen zu lassen. D as russische B a lle tt, w el­

ches A m erika für die K riegszeit zum Stand ­ quartier erwählte, trug m it seinen in grellen Farbensinfonien schw el­

genden B a k st’schen D e ­ korationen w esentlich

dazu bei, das Empfinden für etw as anderes als französische und englische Königsstyle im A m erikaner oder richtiger b ei der A m erikanerin aufdämmern zu lassen. W enngleich man den G eist, der diese T änze und Bühnenausstattungen entstehen ließ, nicht erfaßte, so w ar doch ein Erfolg zu verzeichnen: » A r t nouveau« wurde M ode. Kunst ist jen seits des O zeans nicht eine A ngelegenheit des G em üts, denn Gem üt ist typisch deutsch, K unst ist dem A m erikaner Luxus, M ode, G esch äft.

M oderne W ohnkultur aber, in das in anderer Richtung hin auf so hohem Niveau stehende am erikanische Heim verpflanzt, wird Blüten zeitig en , die auch w ir werden bewundern müssen. W enn die amerikanische W ohnung nun in künstlerischer und kultureller H insicht, dadurch, daß sie sich unseren Bestrebungen ö ffn et, eine w eitere Vollendung erfährt, so könnten auch w ir viel vom A m e­

rikaner lernen, indem wir uns die technischen und w irtschaftlichen Errun­

genschaften der am eri- kanischenM ietswohnung zu eigen machen. Denn die Entw icklung der so­

zialen P roblem e und Z u ­ stände, die in A m erika b ereits zum E xtrem ge­

diehen ist, wird auch bei uns stets m ehr fühlbar.

P A U L T H E O D O R FRANKL.

* * *

D ie beigefügten A b ­ bildungen stellen eine Ausw ahl der in den V e r ­ einigten Staaten wäh­

rend des K rieges ausge­

führten A rb eiten des W ien er A rch itek t. P a u l T h e o d o r F r a n k l dar.

Nach den vorstehenden Darlegungen dürfte es sich von selbst verstehen, daß diese M öbel und Räum e nicht für den D urchschnittsyankee ge­

plant und ausgeführt w urden, vielmehr für so lch e , die sich ihre e u r o p ä i s c h e H eim at mindestens zwischen ih­

ren W änden zu erhalten trachten, oder für jene, denen Freud e an B e ­ quem lichkeit und R affi­

nement den Mut gibt, ihre eigenen W e g e zu gehen. — Bem erkens­

w ert ist das im zw ölften S to ck eines N ew -Y orker M ietshauses angelegte Blumenzimmer. (A b b . S . 4 0 — 4 1 ). Ein B lu ­ menzimmer — nicht ein W intergarten, kein zum Bew ohnen verw endetes Glashaus mit Palm en und K akteen. E in Raum , in dem sichs wohnen läßt für Blumen und M enschen. D ie durch P ilaster geglied erten, perlfarbenen W ände sind mit schwarzen profilierten L eisten eingefaßt. D ie leicht ge­

rafften V orhänge sind ein Hauch von kirschrotem und violettem V oile — dieselbe Farbengebung zeigen auch die Sitzkissen der M öbel. D iese sind in perlfarbenem S ch leif­

lack ausgeführt und mit schwarz und gold abgesetzt.

Fußboden und Brunnensockel sind aus grünem griechi­

schen M arm or, die Brunnennische ist m it goldenem Fayencem osaik ausgelegt. B eleu chtet w ird der Raum bei T ag durch S e ite n - und einfallendes O b e rlic h t, abends durch indirekte V outenbeleuchtung. Im Bibliothekraum derselben W ohnung w ird nach englischer S itte der Kamin (A b b . S . 3 0 — 3 1 ) zur Dom inante des Raum es. A u s römi­

schem Travertin gemauert steigt er in voller B re ite bis

ARC H ITEKT PA U L T H EO D O R FRANKL. »E IN G E B A U T E R WANDSCHRANK IN V O RSTEH . BIED ERM EIER-ZIM M E R« FRO H ERE T Ü R Ö F F N U N G A U SO E N U T Z T

1518. J./II. 4.

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38 INN EN-DEKORATION

ARCHITEKT PA U L TH E O D O R FRANKL .S P E IS E Z IM M E R . D ER KLEIN E V O R R A U M W IRKT D U R C H D A S FA RBEN REIC H E LA U BW ERK DER W AN D BEKLE1D U N O U . D U R C H D EN S P IE G E L G E R Ä U M IG E R

zur D eck e empor. U nter V erm eidung jeg liches, dem M ate­

rial nicht entsprechenden Z ie ra ts , beschränkt auf die R uhe edler Proportionen und edlen M aterials, erw eckt dieser Kam in das G efühl vornehmen Behagens.

D ie W andschränke (A b b . S . 2 7 ), die im Zim m er eines jungen M ädchens eine ganze W an d einnehm en, werden durch einen fensterartig drapierten Sp iegel m it darunter liegendem G lasschrank gefällig b eleb t. In dem K ontrast

buntfarbener K retonnes, die sich gegen eintönige W än d e abheben, sucht der Künstler die W irkung dieses Raum es.

D as Zim m er der jungen D am e soll gleichzeitig als S ch laf­

zimmer und Empfangszimmer dienen. D as M obiliar, w el­

ches bei uns dem Schlafzim m er seinen unzweideutigen C harakter gibt, wie Schränke, W asch tisch , N achtkästchen, kennt der A m erikaner nicht. D as T a g b ett »D ay-bed « ist einrichtigesB ettm itSp ru ngfed errahm enu n d M atraze, D . r ,

(35)

T i m .

ARCHITEKT PA U L TH EO D O R FRANKL. »BLU M EN ZIM M ER IM Z W Ö L FT EN STO C K W ER K E IN E S N E W - YO R KER M IETSH A U SES« B O D E N : H ELLG RÜ N ER M A RM O R-BELA G M IT D U N K EL G R Ü N E M » V E R D E - ANT1CO«. W ÄN DE PE R LO R A U M IT SCH W A RZEN L E IST E N . M O B E L B E Z Ü G E V IO L E T T U N D KIRSCH RO T

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ARCH . PA U L TH . FRANKL. »SO FA P LA TZ IN V O RSTEH EN D EM BLUM EN ZIM M ER« M Ö BEL : G R A U E R SC H LE IFLA C K , W EISS U . G O L D

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EN T W U R F: ARCHITEKT PA U L TH E O D . FRANKL. .KA M IN PLA TZ IN EIN EM BIBLIO TH EK ZIM M ER. M Ö BEL: N U SSBA U M H O LZ. ST O F F B E Z Q O E : W EIN K O TER SAM T. A U SFÜ H R U N G : FRIEDM AN N A W E B E R -B E R L 1H

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44 INNEN-DEKORATION

DAS SPEISEZIMMER

EIN B E IT R A G ZU R Ä STH ETIK D E S H A U SES.

I

n W e b e rs D em okritos steht eine R ed e in die zweiund­

dreißig W ind e über »die Kunst zu Hause zu bleiben«.

A n dieser Kunst besonders viel G efallen zu finden, wird wohl all jenen zu T eil, die mehr als ihnen lieb sich draußen herum treiben mußten. Um sie auszuüben, bedarf es’ vor allem zw eier D inge, die heißen G eschm ack und praktischer V erstand. W e r damit ausgerüstet den ästhetischen F o r­

derungen seiner W ohnung gerecht wird, kann in großen w ie in bescheidenen V erhältnissen seinem D asein den richtigen Rahm en geben und V orbildliches leisten.

D abei kommt es zunächst darauf an , daß auch die geringste Kleinigkeit richtig durchdacht wird und nirgends ein praktisches G eb o t einer sogenannt künstlerischen A nforderung zum O p fer fällt.

E iner der w ichtigsten Räum e, bei dem es mancherlei zu bedenken gibt, ist das S p e is e z im m e r . W e r ein Haus baut, sei es ein Palais mit großem Speisesaal, sei es ein zierliches Eigenheim , ein M iethaus oder ein H o tel, hat bereits bei der A nlage des Plans die Forderungen, die der Raum stellt, genau zu beachten. Zunächst bedarf er zw eier Eingänge, durch den ersten , b reit und stattlich

angelegten,hängt dasZim m er mit der W ohnungzusam men, den Empfangsräumen oder der D ie le , wenn sich die Fam ilie vor T isch dort versamm elt. D er andere, kleinere, verlangt keine Betonung durch die A rch itektu r, er steht m it der Küche in V erbindung und ist dem V erk eh r der D ienerschaft zum H ereinbringen von Speisen und Gfcschirr, sow ie zum A bräum en bestim m t. O bw ohl unauffällig, muß er doch w eit genug sein, große P latten ohne G efahr des A nstoßens durchzulassen. W en n es irgend angeht, soll ein A nrichteraum den V erk eh r verm itteln. Dadurch wird d er Küchengeruch leichter fern gehalten, der dem Em p­

findlichen auch das b este E ssen verdirbt. Täu sche ich mich nicht, so war es schon X enophon, der über diesen Fall kluge Bem erkungen gemacht.

D ie G rö ß e des Raum s richtet sich natürlich nach den gegebenen V erhältnissen. D och er soll nicht zu klein bem essen w erden; nichts ist unangenehmer, als bei T isch zu nah aneinander zu sitzen oder das Gefühl zu haben, daß die auf wartende D ienerschaft sich hinter den Stühlen mühsam durchzwängen muß. M ein Buch » S ieg der Freude«

enthält in dem A b sch n itt Behaglichkeit und Proportion

ARCH. FRITZ A U G . B R E U H A U S—D Ü SSELD O RF »SPEISEZ IM M ER« M Ö BEL PA LISAN DER

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P '.M m n ig

A RC H ITEKT ED U A RD P F E IF F E R —BE RLIN -ZEH LEN D O RF.

•SKIZZE Z U EIN EM V O RN EH M EN SPEISEZIM M ER.

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INNEN-DEKORATION 47

den S a tz : eine W ohnung wird nie wirklich behaglich sein, solange sie nicht in richtigem V erhältnis zur Lebensstellung des B esitzers steht. — D am it ist auch für das Eßzim mer alles nach dieser Richtung hin gesagt. D er A rch itek t wird sich die L eu te ansehen, für die er b au t, um ihnen das Haus behaglich, die Zim m er zw eckentsprechend zu machen. Ist es möglich, soll das Eßzim m er die M orgen­

sonne haben. S ie läßt den T ag für diejenigen, die das erste Frühstück nicht im Schlafzim m er einnehm en, mit goldener Freundlichkeit beginnen und stört nicht auf ein­

zelnen Plätzen bei anderen M ahlzeiten. H ell aber nicht blendend sei der Raum, an einem richtig gestellten Eßtisch darf niemand auf seinem P latz durch die natürliche oder künstliche Beleuchtung belästigt sein. L etztere soll von der D ecke kommen und b ei festlicher G elegenheit durch abgeblendete Kerzen auf dem T isch verstärkt werden.

Ihre A r t richtet sich nach dem S til des Zim m ers.

H ier beginnt das G eb iet des Innenarchitekten — das R eich des ganz persönlichen G eschm acks. O b ein histo­

rischer S til in Frage kommt, ob einem Künstler der G egen­

w art der A u ftrag erteilt w ird , oder ob sich das H eute m it dem Einst zu glücklicher Mischung vereinen soll, hängt ebenso wie die W ah l der G rundfarbe von persön­

lichen Gründen und Stimmungen des B esitzers ab. E s ist einem jed em vergönnt, seinen eigenen G eschm ack zu haben. W e il man ihn aber, nach einem W o rt des alternden G oethe, nicht am M ittelgut, sondern nur am A llervorzüg­

lichsten bilden kann, sind auch hier Forderungen am P latz, die gewissermaßen das Ideal eines Speisezim m ers umreißen. E s hat sich im Lauf der Z e it aus den L eb en s­

bedingungen des vornehmen Hauses entw ickelt, begann in Schlössern und P atrizierhäu sern, um nach und nach, ebenso wie der B egriff des bew ohnbaren und bew ohnten Salons, für das einfachere Heim in B etrach t zu kommen.

W ir lesen von Festsälen der Renaissance, in denen üppige T afeln prangten, von den arkadischen G elagen des 1 7 .Jahrhunderts in Gartenpavillons und ländlichen Räumen, von den »petits soupers« des R okoko in hellgetäfelten, behaglichen Zimmern, die eine intime A ussprache ermög­

lichten, wir sehen auf holländischen Bildern gemütliche Stu ben m it einem w eißgedeckten Eßtisch, das eigentliche Speisezim m er, das nur für diesen Z w eck gedacht und geschaffen ist, stammt aber erst aus dem 1 9 . Jahrhundert, wenn auch die A n tik e unter ganz anderen V erhältnissen bereits diese Kulturhöhe der W ohnung einst gekannt hatte.

E in Lebenskünstler des 1 8 . Jahrhunderts verlangt in einem reizvollen B rief an einen Freund von dem Raum,

in dem er speist, daß er keinen Sp iegel enthalte, in dem man die Essenden sieht, wie die T ie re bei einer Fütterung, keine Uhr, weil man b ei T isch nicht gern an das V orrü cken der Z e it erinnert w erde und keine Bücher, weil das P a ­ pier den G eruch der Sp eisen annehme. E r verlangt B ilder an den W änden, die das A u g e angenehm berühren und vom Hintergrund eine F a r b e , auf der die schönen Frauen sich so abheben, daß sie noch schöner erscheinen.- D er Lebenskünstler will den T isch so b reit und groß, daß keiner den anderen störe und den Stu hl auf dem er sitzt, ebenso geräumig w ie solid, ohne Z utaten, an denen man hängen bleibt, und mit einer L ehne v e rse h en , die dem S erv ice nicht hinderlich sei, aber doch ein bequem es Zurückbiegen gestatte.

Ich glaube, daß sich je d er m it diesen Forderungen einverstanden erklären kann. Nur eines sei noch angefügt, was dem H errn des 1 8 . Jahrhunderts nicht in den Sinn kommen konn te, da die Zim m er damals eher zu leer als zu voll waren. D as Eßzim m er soll nur den notwendigsten Schm uck enthalten, ob es für gastliche T afel oder nur für den Fam ilientisch bestim m t sein mag. N icht zuviel Bilder, nicht zuviel herum stehende G egenstände und vor allem keine Erinnerungen, die nur m ißverstandener P ietät ihr Vorhandensein verdanken! G erad e beim E ssen ruht das A u g e gern für kurze W e ile auf einem s c h ö n e n , für sich wirkenden G egenstand, und der G eschm ack wird leicht verletzt durch D in ge, die sich im Raum e stoßen.

D as N otwendige sei gut und reichlich vorhanden, der A n richtetisch, die Kredenz geräumig und in edlem M aterial gehalten, der Teppich still in der F arb e und leicht zu reinigen, die V orhänge m öglichst einfach im Faltenw urf.

D ie Heizung des Raum s werde danach orientiert, daß kein Süden und Norden im Zim m er entstehen kann und je d er Sitzplatz sei unter allen Umständen vor Zugluft bew ahrt.

Ein schönes Eßzim m er muß den G ästen den Eindruck erw ecken, daß je d er G egenstand notwendig hineingehöre und gew ählt se i, weil man gerade für den P la tz , wo er sich befindet, keinen b esser geeigneten hätte auftreiben können. Dann geht von solchem Raum das G efühl ewig gleichbleibender B ehaglichkeit aus und man fühlt sich wohl darin als G ast oder als Zugehöriger des Hauses.

* A L E X . v. G LEICH EN -RU SSW U RM .

D

ie K unst des A rch itek ten im G egensatz zum bloßen Bauhandw erker, das Kunstgew erbe im G egensatz zum unkünstlerischen Handw erk, beginnt an d e m Punkte, an welchem neben dem praktischen Z w eck die F ord e­

rungen des A u ges zur G eltung kom m en... f.j.

P R O F . JO S E F H OFFM AN N —W IEN . »SIL BER N E FRU C H T SC H A LE * A U SFQ H R U N O : W IEN ER W E R K S T A T T E -W IE N

(41)

48 INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT M ARIUS A M O N N -B O Z E N »FREM D EN ZIM M ER EIN ES LANDHAUSES«

SUGGESTIVE FORM

D

er W eg zieht den B lick in die Ferne, und mit dem B lick den G eist, m it dem G eist die wandernden Sch ritte.

W ohlig fällt der Körper in den K lubsessel, dessen rund­

liche Schw ellungen W eich h eit atmen. D as G latte lockt zu streicheln, der eckige Stein fordert zum A n stoß heraus. — Je d e Form suggeriert uns eine Bew egung, ein V erhalten, eine Stimmung. — W en n in einem B ild e die beherr­

schende Linie eckig, dornig, in sich widerspruchsvoll ist, wird das Bild niemals Ruhe, Stille, Resignation ausdrücken können, auch wenn im übrigen alle F arb e grau, trübe, herbstlich ist. A ndrerseits unterstützt die suggestive Form die Auffassung von G ehalt, A b sich t, Stimmung eines jed en Kunstw erks im höchsten Grade.

Für den Künstler,der jad o ch betören, bezaubern, packen will, ist die Form der Z auberstab. D och blieb dies G eheim ­ nis nicht den Künstlern Vorbehalten. W e r immer im L eben Eindruck machen, andere beeinflussen oder lenken will, wird sich keinesw egs auf den berühmten faszinierenden B lick verlassen dürfen. G e ste, Bew egung, Tonfall, ja auch der form ale Bau der R e d e tragen das m eiste zur V e r­

ständigung, zur »Stim m ungm ache«, zur Lenkung der Z u­

hörer bei. Namentlich im U nterricht läßt sich die B e ­ obachtung m achen, nicht der w issenschaftlichste oder gescheiteste oder eifrigste L eh rer verm ag am raschesten und lichtvollsten zu erklären, zu unterrichten. N icht das W o r t oder der Inhalt des V ortrags schafft V erständnis, sondern in viel höherem G rad e die Suggestion. D urch die formale Führung der Gedanken und Vorstellungen ordnen

sich im G e ist des Schülers die B eg riffe, wachsen und ver­

binden sich in der vom L eh rer gewünschten W e is e , eine bezeichnende G e ste leistet da oft mehr als ein viertel­

stündiger V o rtrag — alle Erkenntnis ist ja doch nur ein V organg im Unbew ußten, und in der Sphäre des U nbew uß­

ten w irkt die Form unvergleichlich stärker als das W o rt.

A u ch in der Kunst keim en Eindruck, Stim m ung, E r­

schütterung und Erhebung nur im fruchtbaren Dunkel des U nterbew ußtseins...a n t o n j a u m a n n .

*

D

er Künstler kann nur verstanden w erden, wenn die A usdrucksm ittel, deren er sich bedient, dasjenige, was durch sie ausgedrückt werden soll, auf eine m öglichst schlagende, sinnlich einleuchtende, unm ittelbar über­

zeugende W e ise sym bolisieren. A u s dem regsten und unablässigsten V erk eh r m it der N atur, aus der eifrigsten und treuesten Beobachtung des L eb en s schöpft der Künst­

ler seine W eish eit. W ir würden ihn nicht verstehen, wenn nicht je d er, der sein W e rk beschaut, auch die seinige h ä tte; wenn w ir nicht alle bis zu einem gew issen G rad e gelernt hätten, inneres L eb en aus äußeren Z eichen zu deu­

ten ; aber der Künstler weiß für das, was er sagen will, den einfachsten, treffendsten, schlagendsten, den allgemein­

m enschlichsten A usdruck zu finden. S o w erden Phan­

tasiegestalten der Künstler zu neuen W irk lich keiten ; je d er findet in ihnen die w esentlichsten Z üge des V o r- stellungs- und Erinnerungsbildes w ieder, das er sich selbst gem acht h at...F r i e d r i c h j o d l .

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ARCHITEKT HANS H EC K N ER—A SCH ERSLEBEN . »TRIN KSTU BE IM H A U SE D ES G EN ERA LD IREK TO R S Z1RKLER

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50 INNEN-DEKORATION

A U SSTEL LU N G G E R E T T E T E R K U N STW ERKE A U S ST. Q U EN TIN UN D U M G E B U N G

DAS MUSEUM »AU PA U V R E DIABLE« ZU M AUBEUGE

U

nsere H eeresverw altung läßt es sich angelegen sein, den Kunstbesitz aus dem durch das Feuer des Feindes gefährdeten G eb iet der W estfron t unter A u fsich t deut­

scher Kunstforscher nach sicheren Stellen w eiter rück­

w ärts zu überführen. Zu einem besonders umfassenden Unternehmen der Erhaltung französischer Kulturw erte kam es bei der A ufgabe des V orlandes von S t. Q uentin vor Einnahme der Siegfriedstellung. D ie rücksichtslose Beschießung S t. Q uentins durch Engländer und Franzosen wurde vorausgesehen. D ie Bergung der Kunstw erke unter dem an dieser S te lle hierm it beauftragten Leutnant F r e i ­ h e r r n v o n H a d e ln bezog sich daher nicht nur auf die schon zur Z e it der Som m e-O ffensive nach S t. Quentin gebrachten Sch ätze aus Peronne und den benachbarten Schlössern, sondern auch auf die Q uentiner Sammlungen selbst, sow ie auf Privatbesitz vor, aus und hinter Quentin.

W ie berechtigt die vorsorgende Maßnahme der H eeres­

verwaltung gewesen war, bew ies die sich im Anfang A pril steigernde Beschießung. A m 3 . A p ril erhielt der Ju stiz­

palast die ersten Treffer. In seinem rechten Seitenflügel hatte er die städtische Bibliothek und das städtische G e ­ mälde- und Kunstgewerbemuseum enthalten. A m 4. A p ril wurde das Lecuyer-M useum zum Z iel der Beschießung, das Gebäude, in dem vorher die unschätzbare Sammlung der L a Tou r-P astelle untergebracht war. S e lb st die ehr­

würdige Basilika blieb nicht verschont. Ihre wertvollen

Glasgem älde und die dort aufgestellten Bildw erke wurden zum T e il noch während der Beschießung herausgenommen, verpackt und nach M aubeuge überführt.

F ü r einen großen T e il der geborgenen Sachen hätte das einfache A ufspeichern in H olzkisten ohne ständige A u fsich t neue G efahren gebracht. D ie Erfahrung war b ereits in S t. Quentin selbst an einigen L a T ou r-P astellen gem acht worden. Im A ugust 1 9 1 4 hatten die französischen V erw alter die w ertvolle Sammlung in H olzkisten im K eller verstau t. N ach drei M onaten wurden die Sachen auf deutsche Anordnung hin w ieder in ihren alten Räum en aufgehängt. L eid er hatten schon in dieser kurzen Z eit einige der P astelle V erletzungen durch Schim m elbildung erhalten, die wohl nie w ieder ganz verschw inden werden.

Um dieser auch Ö lbildern und G obelins drohenden G efahr zu entgehen, wurden die gefährdeten G egenstände aus ihren K isten und V erschlagen genommen und in lüftbaren, stets beaufsichtigten Räum en untergebracht.

Ein verhältnismäßig nur kleiner S ch ritt w eiter führte dann dazu, diese nun doch einmal nötige A rb e it w eiterhin auszunutzen durch Verw andlung der Lagerräum e im K auf­

haus »au pauvre diable« in ein Museum. E rstlich kann in diesen Räum en unseren in die G egend zur R uhe kommen­

den Truppen eine S tä tte edler Ablenkung, Erfrischung und Belehrung geboten werden. A u f der ändern S e ite wird den von unseren Feinden an das Bergungsunternehm en ge-

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RAU M FQR KIRCHL. BILD W ERKE. »TA U FSTEIN « FROHROM AN ISC H E ARBEIT

A U S D EM M U SEU M »A U P A U V R E D IA B L E «—M A U B E U G E . RAU M FQ R KIRCHL. BILD W ERK E. REC H TS »W A N D TEPPICH « 17. JAHRH,

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