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Die Zukunft, 27. April, Jahrg. XXVI, Bd. 101, Nr 22.

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XXVI.Jahrg. Pettin, den27.thik1918. Fle.22.

Herausgehen

Maximilian Kardew

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Berlin, den 27.April 1918.

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Cantate.

NVider Lichnowsky.

InderZeitungstand, derErste Staatsanwalt beim berliner Landgericht Ihabe an dasPreußische Herrenhaus den Antrag gerichtet, „diestrafrechtliche Verfolgung des Mit- gliedesFürsten Lichnowskyrzu genehmigen“;und aus der Thatsache dieses AntragesseimitBestimmtheit zu schließen,

daß gegen den Fürsten Anklage erhoben werde. Das ist

einer der Irrthümer, indieunsere Presse, wenn sieStraf- rechtsfragen erörtert, immer noch allzu oft verfallt. Den Antrag, diedenMitgliedern gesetzgebender Körper gewährte 'Unverletzlichkeit ineinem Fallaufzuheben unddie strafrecht—

liche Verfolgung zu gestatten, mußderStaatsanwalt stellen,

"wenn er eine Voruntersuchung einleiten will(derenErgebniß

ihm dann erst die Beantwortung derFrage ermöglicht,ob

er Anklageerheben solle);diesen Antragwirderwohl stets schon stellen, ehe er inder Sache irgendeine richterliche Handlung, etwa ‚eine Zeugenvernehmung, anregt. Mit der

‚Frage,obAnklage erhoben und dieEröfl’nungeines Haupt- verfahrens gefordert wird, hat der dem Herrenhausvorge- legte Antrag also zunächst nichts zu thun. DemReichstag hat derUnterstaatssekretär desAuswärtigenAmtes angezeigt:

„DiezuständigeStaatsanwaltschaft ist mit derPrüfungder s

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86 DieZukunft.

Frage befaßt,ob gegen den Fürsten Lichnowskyeinstraf—

rechtliChes Einschreiten aufGrund desParagraphen 353ades Reichsstrafgesetzbuches geboten ist.“ Zuvor hatte derVer—

treter desKanzlersdem Reichstag gesagt, dasReichsjustiz-

amt habe dieFragenach derBerechtigung solchen Vorgehens.

geprüftundverneint. Diese Antwort konnte den Kenner des Gesetzes, des Rechtsstandes nicht überraschen„Paragraph35 3"l lautet: „EinBeamter imDienst desAuswärtigen Amtes des Deutschen Reiches,welcher dieAmtsverschwiegenheit dadurch verletzt, daßer ihm amtlich anvertraute oder zugängliche Schriftstücke oder eine ihmvon seinem Vorgesetztenertheilte- Anweisung oder deren Inhalt Anderen widerrechtlich mit- theilt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist,mit Gefängnißoder mitGeld- strafe biszu fünftausend Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft.

einen mit einer auswärtigenMission betrauten oder beieiner solchen beschäftigten Beamten, welcher den ihmdurch seinen Vorgesetzten amtlich ertheilten Anweisungen vorsätzlich zu- widerhandelt oder welcher in der Absicht, seinen Vorgesetzten in dessen amtlichen Handlungen irr zuleiten, Demselben er- dichtete oder entstellte Thatsachen berichtet.“ Das ist der

„Arnim

„Arnim Nicht,wieUnkundige glauben, der,auf dessen Grund der Botschafter Harry Arnim angeklagt und verurtheilt wurde; GrafArnim (ichhabe dieProzeßgeschichte

am sechsten Aprilhier skizzirt)wurde vom berliner Stadt- gerichtwegen „Vergehens wider die öffentliche Ordnung“

zu drei,vom Kammergericht wegen „vorsätzlicher Beiseite- schafi’ungvon ihm amtlich anvertrauten Urkunden“ zuneun

MonatenGefängnißverurtheilt. Danach erst ist 5353aent- worfen, berathen, ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden.

Nicht so, wie ihnBismarck gewollthatte. Der heischte ein Mittel, das sprödeoder ihm feindliche Reichsvertreter im Außendienst abschrecken konnte, durch bewußtes Handeln wider dieAnweisungoder durch unwahrhaftigen Bericht das.

Wollen des Vorgesetzten zu vereiteln; die fern von Berlin.

thätigen Diplomaten sollten, auchdieTypenArnim und Robert.

Goltz, auf den Befehl der Centrale „einschwenkenwiedie- Unteroffiziere“. Was dem Kanzler und dem Staatssekretär

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Canl’ule. 87

Bernhard Bülow dasVVichtigSLewar, dieBestrafung „dolosen Ungehorsams imAmt“, stand inderNovelle von 1875auch, als erster Satz desgefordertenParagraphen, vornan (diePflicht

zur Amtsverschwiegenheit wurde erst inNummer Drei er-

wähnt);kam aber, nach zähem Widerstande dervon Lasker kluggeführten Liberalen, in den zweiten Absatz. Die Fälle, dieBismarck hindern wollte, hat erin derRede vom dritten Dezember 1875deutlich bezeichnet. „NehmenSie,zum Bei—

spiel,an, daßJemand, derden Auftrag hat,Jedermann, mit dem er darüber zu sprechen Gelegenheit hat, zu erklären, daßwir den Frieden für vollständig gesichert halten und entschlossen sind,ihn aufrecht zu erhalten, nehmen Siean, daßdiese amtliche Persönlichkeit, darüber wirklich inter—

pellirt,und von kompetentester Seite, darauf mitschweigen- dem Achselzucken antworten würde,Vielleicht mit demHin- weis auf dieUnberechenbarkeit der Entschlüsse desKanzlers:

dann ist, vielleicht, in demAchselzuck’en derLandesverrath noch nicht zufinden,sondern nur Ungehorsam gegen dieIn.

struktion. Nehmen Siean, daß Jemand eineInstruktion be- kommt, von dereinigermaßenwichtigeVerhältnisse abhängen und dieer,wenn sievon dem telegraphischen Befehl ‚Invier- undzwanzig Stunden auszuführen‘ begleitet ist, sofort und vollständigausführen muß,einfach in derTasche behält,unter allerhand Vorwänden unausgeführt läßt: dann bleibt die Wiederkehr desVertrauens, der Friedenssicherung inder Tascheund dieGerüchte, daß derFriede nicht gesichert sei, und das Mißtrauen steigen. Das sind Verhältnisse, WOich auch nichts Anderesnachweisen kann alsUngehorsam, gegen dieich aber unbedingt gesichert sein muß. iWenn Jemand unternimmt, unwahre AngabenseinenVorgesetzten zumachen, unterMißbrauch seiner amtlichen StellungAndere zutäuschen, da, wo er beruhigen sollte, beunruhigt oder, wenn Aller- höchster Befehl ihn auff’ordert,über bestimmte Thatsachen

zu berichten, eine einfach von ihm erfundene Unwahrheit meldet: mit solchen Unwahrheiten undUnfolgsamkeiten und mitDenen, diedieAmtsverschwiegenheit, dasDienstgeheimniß verletzen, kann ich nicht auskommen. Wenn ich für die Erfolge unseres AuswärtigenAmtes verantwortlich bleiben

8.

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83 DieZukunft.

soll,wie iches bisher gewesen ’bin,kann ichmich mit der bloßen Disziplinarbefugnißnicht begnügen;ichbedarf darin einer Stärkung.Für mich kommt es nur darauf an, daß ich außer derDisziplinargewalt dieBerufungaufdasrichterliche StrafVerfahren habe. Ich verlangenur, daß demTrägerder allerwichtigsten Interessen desReiches,der auswärtigenBe- ziehungen, das Recht gewährt werde, da,wo seineberechtigte Autorität in einer Weise, diefür das Ganze Gefahr hat,ver- letzt oder inFrage gestellt wird, sich an den Richter zu

wenden und dessen 'unparteiische Hilfe in Anspruch zu

nehmen. Die Möglichkeit, daß Dies geschehen kann,

wird meines Erachtens genügen, um den Zweck zu er-

reichen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Artikel

des Strafrechtes niemals zur Anwendung kommt; das

Vorhandensein wird genügen,um denunbedingten Gehorsam

zu erzeugen, dessen ichbedarf.“ Aus dieser Vermuthung wurde Wahrheit: in dreiundvierzig Jahren ist nicht einein- zigesMal einStrafverfahren aus ä3535Lanhängig geworden.

Dessen BegründungundparlamentarischeVorgeschichte be—

weist im Verein mitBismarcks Rede lückenlos,daßnur der Mißbrauch derAmtsmacht und desamtlichen Ansehens ge- straft, nur demHang vorgebeugt werden sollte,durch ent- stellenden Bericht an dieCentrale oder durch Entschleierung der Aufträge(„MeineSchuld istsjanicht,wenn man in Berlin soblind,taub,dumm undgewissenlosist“)demVorgesetzten und zugleichdem Reichsinteresse zuschaden. Deshalb steht

imGesetz: „EinBeamter imDienst des AuswärtigenAm-

tes“,nicht: Ein Beamter des Auswärtigen Amtes. Im

Dienst muß der Beamte gewesen sein, im Dienst gehan-

delt oder Etwas unterlassen haben. Fürst Lichnowsky

war, als seine Selbstvertheidigung geschrieben und, wider seinen klar ausgedrückten Willen, verbreitet wurde, Kaiser- licher Botschafter z.D. War ein „zurDispositiongestellter“

oder, wieman jetztzusagen pflegt,„indenzeitweiligenRuhe- stand versetzter“ Beamter. Wer, bis zu neuer Verfügung (Disposition),imRuhestand steht, istnicht imDienst: kann alsonicht eines Vergehens schuldigwerden, dasnur imDienst,- in den Grenzen bestimmter Rechte und Pflichten, denkbar ist. AlleKommentare zum Strafgesetz stimmen, außer01s—

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Cantate. 89

hausens, inderAnerkennung dieses Rechtsstandes überein.

Ihnen hat dasReichsjustizamt sich angeschlossen. Daßman auch den Ersten Staatsanwalt beim Landgericht Berlin I, dernicht vom Reichsjustizamt (Krause),sondern vom preußi- schen Justizministerium (Spahn) Anweisungeinzuholen hat,

vor die in derVoßstraße verneinte Frage stellte,ist wohldurch ein Deckungbedürfniß, durch das schrille Aufgeheul aus dunklen Winkeln zu erklären; und,weildie berliner Staatsan- waltschaft zuständigist,nicht zutadeln. Auch sie aber wird, wieichzuversichtlich glaube,aus ernster PrüfungdieGewiß- heit erwerben, daßder seit; 1914 indenzeitweiligenRuhe- stand versetzte Fürst Lichnowskynicht wegenVerstoßeswider dieVorschrift desParagraphen 353“angeklagt werden darf.

So ist dieRechtslage. Wäre sieanders: könnte dann dieAnklage in„Erfolg“,alsoVerurtheilungführen?Dazuwäre derBeweisnöthig,daßderAngeschuldigte dasBewußtsein widerrechtlicher Mittheilunghatte, alsoNeues, zuvor Unbe- kanntes und des Geheimnißschleiers Bedürftiges „Anderen mittheilte“. Dieses Bewußtsein konnte Fürst Lichnowsky nicht haben, als er 1916fürsein Archiv und fürein Halb- dutzend ihmWichtigerdie„Geschichte seinerlondoner Mission“

schrieb. War, Wider Erwarten, darin Einem was neu, so

doch sicher nichts mehr des Schleiers bedürftig. Wer die Schutzschrift mit der Deliktlupedurchforscht und bedenkt, daßdiewenigen,vorsichtig ausgesuchten Sätze aus Jagows

„Privatbriefen“ (sohat sie,gewißnicht ohne Ueberlegung, der Schreiber, der Staatssekretär selbst öffentlich genannt) nicht inden Bereich „amtlichanvertrauter oderzugänglicher Schriftstücke“ fallen,Der muß in dieUeberzeugung gelangen,

daß dieses Aide-Memoire keine Anweisung oder deren In—

halt und kein amtliches Schriftstück ans Licht bringt; daß

es dem Brandstoff’ des Strafgesetzes nicht einmal so'nah kommt wie,alltäglich,jederDiplomat, selbst dergewissen—

hafteste, der,zu Haus, imKasino oderKlub, aufder'Reit- bahn oder Jagd,Etwa saus demInneren desAmtsgeschäftes erzählt, besondere Schlauheit oder unwahrscheinliche Eselei desVorgesetzten ausplaudert. (Undauch auf solchen„ver;

gehens“ Sühnunghatten die Väter desä353a es nicht eine Stunde langabgesehen.) DerBagdad-Vertrag? Alles irgenda

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9 O DieZukunft,

wieWesentliche daraus kannten wir;hatte auch Greydem Parlament mitgetheilt.Daß die Bahnstrecke bis nachBasraver-

längert werden, ein internationaler Ausschuß die Schiffahrt auf demSchatt—el-Arab ordnen sollte, war zehnmal langund breit beredet worden; war der Hauptinhalt desVertrages, das britische Zugeständniß,ohne das er nie werden konnte.

DerKolonialvertrag über dieportugiesischen Kolonien? Auch darüber war in derguten alten Zeit, die noch nicht unter derVormundschaft grauer Censoren stand, alles Erdenkliche undsogar manches Wahre veröfi’entlicht worden. Undwenn es unter

'

den diesem Interessengebiet fernen Deutschen, meinet—

wegen, Leute gab,dienicht wußten,daßwir dieInselchen Principe und San Thome erhalten, bis an welchen Längen- grad die deutschen Angolagrenzen sich dehnen sollten: ists ein Unglück, ein dem Reich gestifteter Schade, daßsiees

jetzt erfahren haben? Herr Paul Cambon,der Botschafter der durch diese NeuordnungeinBischen geschädigtenFran- zösischen Republik,kannte denVertragsentwurf, hatte dar- über nach Paris berichtet: wären von dort aus, wenn sie uns schaden könnten, die Thatsachen seitdem nicht an die größteMatin-Glocke gehängtworden? Der Schade,heißts, liegtin derReizung portugiesischer Empfindlichkeit. Por- tugal ist eine Filiale desBritenreiches und führt seitJahren gegen uns Krieg. Und glaubtdenn irgendein desGeschäftes und Personales Kundiger, das zuerst amtlich, dann unamt—

lich von dem Marquis Soveral,Eduards Günstling,den die Klubs ehrfurchtlos denblauen Affen nannten, in London ver- tretene Portugalhabenicht, von Nicolson oderTyrrell,Cam- bon oder Bertie, erfahren, was in dem Vertrag stehe? Nur hier aber, indiekargende Andeutung desin denzwei Ver- trägenGeplanten, könnte die Anklage überhauptsich ein- zuhaken versuchen. Die Verträgesind nicht unterzeichnet worden; dieVerhandlung istlängstHistorie und dasAntlitz derErde, das Verhältniß Deutschlands zu Britanien, Bel- gienund seinem Kongostaat,Portugal, derTürkei durch den Kriegsgraus gewandelt. Und Einen,deraus abgeschlossener Geschichte Etwas niederschrieb, solldie Strafdrohung des Q353ß St G B treffen? Schon derVersuch dünkt mich un-

möglich. Auch wenn Fürst Lichnowsky nicht „imzeitwei-

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Cantatc. 9l

EigenRuhestand“ seine Schutzschrift geschrieben'hätte, also angeklagt werden dürfte: nach demWortlaut, demSinn, der Genesis undBegründungdieses Strafparagraphen könntekein .unbefangenes Gericht den Angeschuldigten verurtheilen.

Ob, freilich, einauch unter derBewußtseinsschwelle un- befangenes noch zu finden ist? Wenn ein durch Unter—

ernährungaus derGemüthsruhe verwilderter Schutzmann oder (lasset den Blick beide Grenzen derMenschheit umfassen) der in WVeisheit einem ErnährungamtVorsitzende imPar- lament angegriffenwird, erschallt aus demMund irgendeiner Excellenz Haltefest, eines hrlinisterialdirektors Habebald oder

‚feinesanderen Gewaltigen pünktlichder alteRuf: „Weildiese Sache den zuständigenRichter beschäftigen wird, lehnen wir jedeErörterung ab.“ Dazu räth Vernunft und Anstand in freundlichem Duett. Der Richter soll nicht von künstlich erzeugter, inHitze geschürter „Stimmung“ befangen sein, sondern desAmtes walten, alshabe ervor demAnfang der Hauptverhandlung von Thäter und\Tha‚tbestandnieeinSter- benswörtchen gehört.Als derDeutsche Reichstag (denman mit triftigerem Grund alsSchlachterfolge, die immer, von

Mantinea bis Sedan, von dem Hordenkhan Dschenghis bis

auf den Wladika derTschernagorzen, anderen _vergleichbar sind,wohl„unvergleichlich“nennen darf)sichmitderSchimpf- orgie wider Lichnowsky befleckte,schwebte noch nicht ein -Verfahren gegen denFürsten;verkündete derselbeHerrPayer, der 1886, noch ohne Adel und Titel, der internationalen Politik Bismarcks dastiefe Mißtrauen des deutschen Volkes ausgesprochen hat,dieFragenach derStrafbarkeit desHerrn aufKuchelna seivom Reichsjustizamt verneint worden. Seit- dem haben, inParlament und Presse, fünfhundert Zufalls- richter gescholten,gezetert, gebrüllt, gekreischt; und trotz-

dem darunter auch nicht einer war, dessen Kennth der

inneren Geschichte und desStaaten- undWirthschafibaues, dessen Geisteskultur, Einzel- und Völkerpsychologiean die .des schlesischen Fürsten heranreicht: in Banausien ist eine demverschrienen Diplomaten ungünstige Stimmung geschaffen

‚worden. Kann sienicht, den Zuständigen unbewußt,bis ins Berathungzimmer der Richter nachwirken? Metzelfest oder Strafverfahren; dasGemisch wird in „keinerTunke schmack-

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92 DieZukunft.

halt. Sittliche, rechtliche, politischeGründe widerrathen, in festem Verein, den Prozeß. Selbst wenn eine berliner Straf- kammer sich in den wunderlichen Beschluß steifte, wider Wortlaut und Geschichte, Begründungund Sinn des Para- graphen auch den inRuhestand lebenden Beamten haftbar zu machen, und aus derfürs Geheimfach bestimmten Schrift ein paar Krümelchen aufzupickenwären, deren Verstreuung strafbar seinkönnte: dieBeweisaufnahme würde,in und erst recht ohneOeff'entlichkeit, ein böseresAergernißals derleidige Fall Geffcken (Tagebuch des Kronprinzen Friedrich): und die Sache wäre,natürlich,mit dem Urtheil Erster Instanz nicht abgethan.Staatsministerium undAuswärtigesAmt lüderh in derStunde,wo sieeinem (mirnoch unwahrscheinlichen) Staatsanwaltsantrag aufEröffnung desHauptverfahrens zu-

stimmten,gewichtige Verantwortung auf ihreHäupter.Videant consules, ne quidres publicadetrimenti capiat! „Darf ein mündiges Volk, von dessen LeistungdasWeltall widerhallt, nicht Wissen,was war undaus welchem Strebensspalt, welcher Wollenspaarung es geboren wurde? Gehts inFeld und Heimath lässiger, lahmer, seit Allegehört haben, daßLich- nowsky andere Wege empfahlals Bethmann und J agow,

und Niemand mehr mühsam aus dem Mosaik der Weiß-,

Blau-, Gelb-,Roth—‚Grau— und OrangeebüchersicheinBild desGeschehens zu ersehenbraucht? Nur demFeind würde derProzeß zu Lust.“ Das habe ich am'sechsten Aprilhier gesagt; und stehe noch heute auf diesem Glauben.

Ermittelung, Voruntersuchung: dagegen ist nicht ein Wort zu sagen. Diemüssen, weil siedenThatbestand auf- hellen, geradedem Fürsten'Lichnowskywillkommen sein, der deshalb, wie ichvermuthe, dasStaatsanwaltsgesuch an dasHerrenhausunterstützen wird. Indiesem Hohen Haus istder Antraggestelltworden, ihm,weil er dessen Würde durch seine Schrift verletzt habe,die Mitgliedsrechte abzu- sprechen. (Dasdarf,wenn. der König zustimmt, das Her- renhaus. Auch eine Bestimmung, die am Morgender Land- tagsreform inden Urbrei zurücksinken muß.)DieMärvon

diesem Antrag klang zunächstwie einevon Bosheit erson—

nene Fabel. Wodurch sollLichnowsky derSünde Widerdie WürdedesHauses schuldig geworden sein? Er schreibt, zu

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Cantate. 9'5

Selbstvertheidigung und Gedächtniß, seine Gedanken und Erinnerungen nieder, ohne die optischen und akustischen Gesetze der Oefi'entlichkeit, die er nicht Will,zu beachten;

und läßt, später,ein Häuflein ihm zuverlässigScheinender dieSchrift lesen. Einer leiht sie,fürein paar Stunden und mit derVerpflichtung,von demInhalt nichts weiter sickern zu lassen, aufdrängendesBitten einem Edelmann und Ritter desEisernen Kreuzes Erster Klasse, derimGroßen General- stabHauptmannsdienst thut. Derbricht,weiler sichhöherer Pflicht verlobt IWähIlt,das Versprechen: schafl't sich Ab- schriften und schickt sie an Prinzen, Heerführer, Würden- träger; auchan zwei Staatssekretäre. Keiner derEmpfänger zieht dieLärmglocke, meldet demVerfasser oder dessen Vor- gesetzten dieThatsache derVersendung; hätte es auch nur einer gethan: imHuiWäre demSkandal vorgebeugt worden.

-Keiner; und der Hauptmann hat erzählt, daßEinzelne in aller Ruhe, mündlich und schriftlich, mit ihm den Gegen- stand besprochenhaben. IrgendWomuß eine Abschrift sich verirrt haben; ihr Inhalt wird gedruckt; mit falschem, fäl- schenden Titel undlangathmigdenSinn entstellendem „Nach- wort: derHerausgeber.“Sommer 1917. Daerst erfährt Lich- nowsky,daßauch nur von einem Unberufenen dieSchrift, die er, vielleicht, selbst fast schon vergessen hat, gelesen, vielspäter,daß siegedruckt undverbreitet worden sei.Wo nistet seine Schuld? Womit hat er dieWürde des Herren- hauses gefährdet,garbesudelt? Da,ichwill drauf schwören, sitzen, zu Dutzenden, Männer,diein dunklen Kriegsstunden, auch über Ursprung und Vermeidbarkeit des Gräuels, ganz Aehnliches‚in noch schrofi’eren,noch bittereren Worten, ge- sagt und geschrieben haben; wären sie derMitgliedschaft unwürdig,wenn einsodüsterer Privatbrief, einaus schwarzer Sorgegeborenes Tagebuchblattihrem Schrank entwendet und in Deutschlands Schaufenster gelegtwürde? Soist,nicht um Haaresbreite anders, LichnowskysFall. Fahrlässigkeitkönnte derUeberstrenge auch dem Bestohlenen vorwerfen: denn da Erfahrung lehrt, daßim „sittlichenStahlbad des Krieges“

die Zahl derEinbrüche unaufhaltsam (an jedem Berlinertag allein aufungefähr Vierhundert) steigt, dürfte dervölkischer Pflicht Bewußte solchen Schw’efelstofi”noch unter Verschluß

Cytaty

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Diesen Glauben stützt er auf die Thatsache, daß die russischeRegirung einen Agenten nach Berlin geschickt hat, der hier über Finanzfragen verhandeln soll.« (Herrn Davidow, der

Und wie Hamlet, im Konflikt des Willens mit dem Gewissen, sehnsüchtig nach einer That, der brutalsten, lechzt, schien auch demManne, dem der alte, vermeintliche Dua-- lismus

Auch die Sprache vereinheitlicht durchaus nicht immer. Sie hat noch nie einen Neger zum Yankee gemacht. Und wenn das Esperanto Weltmutter- sprache würde, so würde sich, wie man

thum sich noch dazu auf dem undank·biarsten, weil uns ichtbarsten Schau- platz abspielt, auf dem der Seele, waren gewisse Karikaturen der Ent- wickelung von heute einmal anzunageln·

baren Verbrechens in M oskau, einer völkerrechtwidrigen That, wie sie ärger nicht zum Himmel schreien kann, deuten darauf hin, daß diese fluchwürdige That

Aberglauben an die Allgewalt der Waffen gewarnt, die bis in den ersten Verhandlungtag der Politiker, nach Thorenmeinung, nicht durch Rede- geräusch stören dürfe. Die

und Deutschland versäumt die Gelegenheit, als Retter aus tiefster Noth das Enttäuschungweh von 1878 aus Rußlands Gedächtniß zu baden. Nirgends also, nicht in Asien noch in Europa,

Daß Beben fein-er fammtlichen mitbürger mehr werth ift alß fein einselneß Beben unD Daf; eß unter Diefen Mitbürgern manchen gibt, Der fchon allein für fich, alä (Sins‘elner,