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Die Zukunft, 5. August, Jahrg. XIX, Bd. 76, Nr 45.

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Xlx.«3ayrg. Ettlin,den 5.gugust1911. Ye.45.

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Herausgehen

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Inhalt:

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Ema-Rgadir. vom Grafen von preyfiug ..·.........·..185

Kleine Valladesr. VonTheodor Suse .................191

AmKampfum dirIgtcdikake. Voncadon ...............201

Uachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

preis vierteljährcich5Mark, die einzeerNummer 50Pf.

Berlin.

Verlag der Zukunft WilhelmftraßeZa.

1911.

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Berlin, den 5.August 1911.

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Appell.

Wilhelm der Friedliche.

meinundzwanzigstenApril1904schriebderBotschafter der FranzösischenRepublik aus Berlinan denMinister der AuswärtigenAngelegenheiten:»Ich neigezu demGlauben, daß derKaiser, nach seiner Rückkehr,derdeutschen Politikdensicht- baten Stempel stärkererAktivität undKühnheit ausdrückenwird.

DazuwirdihnseinCharaktertreiben; aberauchderWunsch,zu zeigen, daßDeutschlandweder isolirt noch wehrlos ist.DieRede, diederKanzlerimReichstag gehalten hat,war,wieEurer Ex- cellenz nicht entgangen sein kann, höchstkorrekt.GrasBülow hat erklärt,das franko-britischeAbkommenbedrohewederdas Deut- sche Reich nochdessen Handelsinteressen DerKaiser, glaube ich, wirdversuchen,sichindieOrdnungdermarokkanischenAngelegen- heiteinzumischen: vielleicht indirekt, durchAusnützungdes deut- schenEinflussesinSpanien; vielleichtaberauchdirekt,mitder Forderung, dasdeutscheGewerbe sollegenausowiedasenglische behandeltwerden« Rochhaftetan demjungenHauptdesKai- sers derRus,der denPrinzenWilhelm vonPreußen,den zweiten Kronprinzen desDeutschen Reichesfüreinenvon unbändigem Erobererdrang vorwärts gepeitschtenRaubebald ausgab. Noch traut man ihm draußendenEntschlußzu, einesdeutschechchts- anspruch bestrittenen Strohhalmes wegenmuthig sichinKriegs- gefahrzustürzen.Erkehrt zurück. Berstimmt.Sein Wunsch,in Italien mitdem PräsidentenderFranzösischenRepublikzusam- men zusein, ist nicht erfülltworden. Victor Emanuel wollte die

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LastderEinladung nicht auf sich nehmen; fürchtete,diepariser Regirungkönneabwinken oderKingEdwardsolchenVermittler- dienstalsGeschäftsstörungauffassen. HerrLoubetwar (er hats selbst gesagt)bereit,denKaiser,woerihn traf,höflichzubegrüßen; undvon diesem Stelldichein hätte keinWeg nachTangergeführt.

DochVictor Emanuel wollte nicht;und initalischenund fran- zösischenBlättern heißts, derVräsident seivielherzlicheralsder Kaiser empfangenworden. Amachtund zwanzigsten Apriltag,drei Wochen nachderfranko-britifchenDåclarationconcernant PEgypte etleMaroc,erinnertWilhelm inKarlsruhe anDeutschlands große Werdezeit;nenntdieNamenWörth,Weißenburg,Sedan;mahnt, imAngesichtderneusten Vorgänge,dieDeutschlandzumEingriff indieWeltpolitik zwingen könnten,dem inneren Hader Schwei- gen zugebietenunddemAusland dashehreBildnationaler Ein- heitzuzeigen.JnMainz sagter, dieneueRheinbrücke,diefried- lichem Verkehrdienen solle,könne bald auchzuernsterem Zweck gebrauchtwerden. JnSaarbrücken sprichtervon Metzalsdem Bollwerk desReiches, das zwarkeinen Streit suche,aberzur Vertheidiguug seinerNechte gerüstet sei. Europa horcht auf;und- Frankreichwirdnervös. DiesenTon hateslange nicht gehört..

DeniKaiserwaren dieFranzosen stetsdie»ritterlicheAation,die sovielfürdieEivilisationgethan hatundderen Söhne1870mit demMuthderVerzweiflungfür ihrenLorber,ihreVergangen- heit,ihrenKaisergefochtenhaben«.NachdemTodedesMarschalls Mac Mahon unddesPräsidentenEarnot sprichterdenWitwen herzlichesVeileid aus. Begnadigt französischeMarineoffiziere, die derSpionagebeschuldigtsind.TodEanroberts, Simons und Faures,Brand des Bazarde laCharitå,UntergangdcrBourgogne, AusbruchderMontagne Pelåe:immer ist, nach jedem Verlust Frankreichs,Wilhelm derersteVeileidspender.Erüberhäuftden General Vonnal, seinenManövergast,mitZeichen allerhöchster Huld,schmücktdiepariserWeltausstellung mitdenKunstschätzen seiner Schlösserundgratulirt,alserin einemFjorddasSchul- schiff Iphigeniebesichtigthat,HerrnLoubet »alsSeemann und Kamerad«. Er magnachLorber lüstern sein; Frankreich,das er, um hohenPreis sogar,versöhnen will, hatvonihm nichtszufürch- ten.—DieserGlaube ist Gewißheit geworden. Diewirddurchdie- Reden inBaden,imReichsland nun entwurzelt. Was will da werden? Nichts, sagtOnkelEduard; »mein Neffe führtkeinen

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Appell. 173

Krieg«.Sagts noch,als derKaiserinTangergewesen ist.Er wollte jagarnicht landen; fragteden Kommandanten des Du chay1a,ob dieLandung nicht schwierig sein werde,dann denGe- schäftsträgerGrafen Chårisey,obernichtsaus Paris erhalten habe,keinhöflichesWörtchen,das dieMöglichkeitschiife,stumm von derScherifenkiistezuscheiden.DerMund eines zärtlichen Verwandten sprichtdas frecheWort: »Unvaleureux poltronlss Herr Delcasså,derverärgert ist, seit Deutschland sich ihmin den FaschodatagennichtgegenEngland gesellen wollte, glaubt sol- chenWorten und erzähltdenGetreusten,derKinghabeüber Hündchengespöttelt,die zwarhellen,aber nicht beißenundvon denen einMenschmitgesundenNervensichdeshalbnichtschrecken lasse.DerVotschasterbleibtmißtrauisch Nocham achtundzwau- zigstenApril1905schreibternach Paris, erkönneaufseineFrage, obzwischen Deutschlandund FrankreicheinMißverständnisz schwebe,von derberliner Regirung, trotzallem Drängen,keine Antwort erhalten.,,JnderUmgebungdesKaisers fehltessicher nichtankriegslustigenNathgebern, diebetonen,daßder3weibund inderMandschurei schwerverwundet worden und deshalbdie Stunde zumKrieggegen Frankreichgekommen sei.«

Diesem Glauben hat derKaiserselbst widersprochen.3uerst, nach Delcasses Sturz, aufdemdöberitzerFeldzu demGeneral DeLacroix gesagt,erwerdedieRepublik nicht mehr genirenz dann, imDezember 1905,zuFrankreichsMilitärbevollmächtigtem:,,Jn meiner Nähe giebtskeineKriegspartei. Undwenns eine gäbe, wäre-sie ohnmächtigxdennichallein entscheide undichwill keinen Krieg. JchbindemHerrgottundmeinem Volk verpflichtetund würdemeinen,diese Pflichtenzuverletzen,wenn icheinen Krieg führte.Pon mirwerden keineSchwierigkeitenkommen.Jchhabe auchdemGrafenTattenbach (DeutschlandsZweitemDelegirten zu derKonferenzvonAlgesiras)dieversöhnlichsteHaltungem- pfohlen.«DerOffizier berichtetsdemGeneral Grafen Gallisfet.

Der ruft Herrn Tardieu, VotschastsekretärundRedakteur des Temps,zusich,giebtihmdenBerichtundbittet, ihnzuveröffent- lichen, ,,damitderKaiserfestgelegtsei.«JmTemps, späterinTar- dieus BuchLaconfårence d’AlgåsjraswirdderWortlaut veröffent- licht. Jn diesemBuchwirdauch erwähnt,wieoftderKaiserge- stöhnt habe, daßerder ganzen marokkanischenSache überdrüssig sei.Erzwingt deuRadowitz undTattenbachdiePflichtzurNachs

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giebigkeitauf.Er«hilftdenFranzosen aus zweiEngpässenbei Easablanca. ErläßtdieHerrenEtienne undMenier, läßt Herrn Albert Honorius, FürstenvonMonaco undAgentenderRepu- blik,nur Worte friedlicherFreundschaft hörenund betheuertin jeder Rede, daß seiner Regentenarbeit höchstesZieldieWahr- ungdesFriedens sei.AlsimMärz 1907,imKasinodessechs- undzwanzigstenJnfanterieregimentes (Nancy), Oberst Goepp und General Bailloud (derinTientsindie internationale Schutz- truppegeführt,also auch Deutschen befohlenhat)«dieHoffnung aufeinennahen KrieggegenDeutschland geschürtund dieMinister Elemenceau undPicquart denGeneral zwarnach Montpellier versetzt,inderKammer aberals echtenPatriotengepriesen haben, bleibtDeutschland stumm.EinfranzösischerGeneral hatineiner durchEorpsbefehlverbreitetenRede diesuversichtausgesprochen, daßFrankreichdieverlorenen Provinzenbaldzurückerobernwer- de ; derMinisterpräsidenthatinder Kammer erklärt:,,MeinHerz empfindetebensowiedasdes Generals Bailloud undich habees ihm offengesagt; nur dasParlament aberistzu derAnkündungbe- fugt, daßJrankreichzu einembestimmtenZweckgegen einbestimm- tesLandKriegführenwerde.«Und dasReichWilhelmsdesZwei- tennimmt diesenStreich ruhig hin.Als derHerzogvonGramont dieDrohrede gegen diespanische Thronkandidatur desPrinzen LeopoldvonHohenzollern hielt, fandernochnöthig,derWeis- heitdesdeutschenBolkes einKomplimentzudrechseln. Trotzdem ließVismarck damals ausBarin anSolms nach Paris undan Vernstorff nachLondondepeschiren,bis zuröffentlichenZurück- nahmederöffentlichenJnsulteseieineVerhandlungmitGra- mont unmöglich.»Eswar eineinternationale Unverschämtheit,- eineamtlicheinternationaleVedrohung mitderHandamDegen- griff«,haterspätergeschrieben.AlserinBerlin dann erfuhr, daßderKöniginEms dennochmitVenedetti verhandle, »ohne ihninkühlerZurückhaltunganseine Ministerzuverweisen«,und daßderHohenzollernprinz der spanischenKandidatur entsagt

habe, empfanderdieVerletzungdesnationalen Ehrgefühles so tief, daßerschon entschlossenwar,demKönig einfachseinenRück- tritt aus demDienstzu melden. »Ich hieltdieDemüthigungvor Frankreichundseinen renommistischen Kundgebungen für schlim- mer alsdievonOlmütz,zu derenEntschuldigungdiegemeinsame Borgeschichteundunser damaliger Mangelan Kriegsbereits chaft

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immer dienen werden. WirhattendiefranzösischeOhrfeigeweg-

undwaren durchdieRachgiebigkeitindieLage gebracht,als

Händelsucherzuerscheinen,wenn wirzumKrieg schritten, durch denallein wirdenFleckenabwaschenkonnten.« DieEmserDe- peschegabdemMinisterpräsidentendieMöglichkeit,imDienst Wilhelmszu bleiben. SiebenunddreißigJahredanach läßtdas Deutsche Reich sichvondenGoeppundVailloud,Picquart und- Clemenceau geduldigohrfeigen.Mit einerRegirung, dieihre Sehnsucht nachderGelegenheitzumKrieg so deutlich, ohne jede Schonung desRachbars, ausgesprochen hat, verkehrt dieserNachs bar,wenn Selbstachtung ihm Vedürfniß ist, nicht länger freund- lich.Wirthuns.FordemwederErklärung nochgarDeprekation.

Denn wirsind friedlicheLeute understreben(ander Riviera di chante sagts derKanzler einemrömischenZeitungschreiber),wir wünschenund wollen nichtsAnderes alsdenFrieden. Rützt diese.Devotion demReich? Staunend siehtEuropa, was das LandBismarcks heute einsteckt; daßes indemAugenblick,woöf- fentliche Vedrohung mit einem Rachekrieg gewagt wird,imHaag seinenVertreter neben demFrankreichs sitzen läßt.Andiesem LandkannJeder sein Unmüthchen kühlen;selbstJtalienbraucht ihm Drohung nichtzuersparen.DemReich,dasso oftzurückge- wichenist,so ;lautdieNächstenundFernstenseines friedsamen

«Sinnes versicherthat,wirdvon allenSeiten her fromme Nach-—

giebigkeitzugemuthet. JnallenZungenabersein Kaiser gepriesen.

Dertrachte nicht nach Eroberungz sei weiseundsanftenSinnes.

Eduard: »Wilhelm befiehltniemals dieMobilmachungdes Hee- res.«Clemenceau: ,,Gui11aumeestunpacifiste.« HerrJules Huret erzähltim Fjgaro,erhabeinPotsdamgehört,das wahreWesendes Kaisers sei ängstlicheSchüchternheitunderwünsche,alsWilhelm derFriedlicheinderGeschichtezuleben;werihn füreinen gierig nachLorber ausspähendenSoldaten halte,habe ihnnieerkannt-

Wir spürendieWirkung solcherRedeamLeib desReiches..

Vorsieben Jahrenwurde dieRückkehrdesKaisers vonDeutsch-- kands Feindengefürchtet;jetztward sievonihnenersehnt.Wil- helm, hießes in dengrößten pariser Blättern, ,,ist unserFreund- Willkeinen Konflikt,keinenHadermitFrankreich. Hat, auchvor-

Franzosen, gesagt,daßerdiemarokkanische Sache satt habe,und denReisegefährten verboten,vor seinemOhrdas Themazu be- rühren.Warum verlegen siedrüben ihrepaar kümmerlichenAk-

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tionen dennimmer indieZeitseiner Seereisen? Weilsiewissen, daßerHändel nicht will, unangenehme Dingegern abwehrt und, wieseineLeute zuflüsternpflegen,Sonne braucht. Deshalb mußte diebosnische,mußjetztdiemarokkanischeGeschichteimHochsommer erledigtwerden. Wenn erdenBluffdesHerrnvonKiderlenunter- stützenwollte,wäreerzuHausgeblieben; hätte sich nichtder Ge- fahr ausgesetzt,einen franko-britischen AngriffinNorwegens Fjordenzuerfahren.Erist gereist,um derWelt zuzeigen, daß ihnderganze Handelnichtwichtigdünke. Und wirdnachder Rück- kehrbaldRuhe stiften. DaßmitseinerZustimmunguns schroff begegnet, dreiste Forderung zugemuthet werde, istundenkbar.«

Jm Temps beklagt Tardieu, daszderalsfriedlich erwieseneWille desKaiserssichgegendieZanksuchtderWilhelmstraßenichtimmer durchsetzenkönneund,nachdreiundzwanzigjährigerRegirnng, deshalbkeinrechtesBehagen aufkomme. JmMatinwirderzählt, WilhelmsehediePanther-Politik aus unfrohem Auge.Jnder 0pjnion,einersonsternsthaften,klug geleitetenWochenzeitung,wird WilhelmalsRaubthierbändigervorgesührt,deraufdenBrettern dermusic-halt zuerst zwardiePeitschelaut knallen,raschaber den Vorhangfallen läßt,als diefranko-britische TruppedieBühne betritt. JnderOper, ruft er,habe ich mehrErfolg;undHerrLeon- cavallo fragtihn,obman nichtwieder denBajazzoaufs Rever- toire setzen solle.So weitsindwir. Wenn Herr JulesCambon seinen Minister, denaus derSeinepräfektur wegen völligerUn- zulänglichkeitins AuswärtigeAmt versetztenFreycinetneffen De Selves (dereinemFeindFrankreichshöchstensdie Seine zei- genkönnte) ausführlicher Berichte gewürdigt hat,wirdermehr alseinmal dieHoffnungaufdenKaiser angedeutet haben.

Derbliebstumm;wieers im November 1908 versprochen hatte.Dachtevielleicht: »DieZurückhaltung,dieJhrvonmirer- batet,wirdEuch noch unangenehmwerden. Als ichdemguten Bethmannendlich erlaubte,sichdensauberenGastaus derFa- milieder-pedjculidaeindenPelzzusetzen,konnteich nichtvoraus- sehen, daßüberNacht daraus, ohneLeistung,einHeldenruhm entstehenwerde. Schön.Da derdeutschePhilister demkaltschnäus zigenKiderlen mehrvertraut alsmir,magerdieProbe erleben.

Jch mische mich nicht ein;warte ab,wieweitsiekommen,undlasse mich,wenns schief geht,dreimal bitten,ehe ichdieKarte aus dem Dreckziehe.«AusdenFjordstädtenkamnur dieMeldung, daß

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derKaiserSpazirgängegemacht,gepredigt,Damen undHerren eingeladen habeundanVord Alleswohlsei.KeinWortüber Poli- tik; nicht eins,das ahnen ließ,wiedieAgadirias mitihrenFolgen aufWilhelms Gemüthwirke.Keins? Alsbekanntgewordenwar, daßdieFirmaBethmann-KiderlenvonderForderungmarokkani- schenGebietes gewichen seiundsichmitirgendwelchcnpapiernen .,,Kompensationen«begnügenwolle,lasenwireineDePesche,dieder Kaiseraus BergenandenGeneraldirektorVallin geschickthatte.

»DampserCincinnati derHamburg-Amerika-Linie, Kapitän Schilke, verließsoebenHafenvonBergen,indem erum dievor AnkerliegendeYachtHohenzollernherum dampfte. Zwischenbei- denSchisfenwarnureinAbstandVonhundertfünfzigMeternzeben sovielzwischenCincinnati undLand. Das Schiff drehtetadellos ; fastan derStelle.Jch habedemKaPitändurchSignal,Vravo!Vor- züglichesManöver!«meineBewunderungundAnerkennungaus- gesprochen.Durch dieses hervorragendeManöver hat Kapitän SchilkebeiallenZuschauern,bei uns anVord und vorAllem bei den Norwegern anLand, dasAnsehenderHamburg-Amerika-Liniein das hellste Licht gesetzt. Es gereichtmirzurbesonderenFreude, IhnenDies mitzutheilen. Wilhelm.l.R.«HunderttausendKöpfe wurden geschüttelt.WährenddasDeutsche Reichin einenEhren- handelverwickeltistz dessenAusgangüberseine nächsteZukunftent- scheiden muß,währendesvonenglischen Ministern undfranzösi- schenSchrcibernbeschimpftundderSchlafmancherdeutschenMuts terdurchdieVangniß gestörtwird,ihren Jungen aufs Schlachtfeld schickenzumüssen, hatderImperator undNex,derKriegsherr ZeitundLustzusolchemHtjmnusüber eingelungenesSchiffs- manöver?DerTeufel soll denKapitän holen,demsnichtgelänge!

Seine Aufgabe ist nicht, Kunststückezumachen,sondern,Schiff, PassagiereundMannschaftvor Gefahrzuschützen.Daß dieSchiffe derHamburg-Amerika-Linie ,,tadellos« drehen können,darfman doch wohlverlangen.An allenViergartentischen kamsolcherAus- druckärgerlichenStaunens vonschwitzendenLippen. HatderKai- ser sich wirklichwegen eines so winzigenGegenstandesgeregt?

Wir müssenzweifeln; müssenindemtrefflichenKapitän Schilke einSymbolverkörpertsehen,wieindemfremden Steuermann, derWildente, derRattenmamsell, denSchimmelnundSchlitten- pferdendesgrößtenNorwegers DieDepeschehatdieLokalfarbe derJbsenwelt.HabtJhrBernicks faulendenSchiffskadaver,die

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WasserleitungdesDoktors Stockmann, denKletterversuchdes BaumeistersSolneß schonvergessen?Sonst müßtet Jhr merken, was mitdemBilde derDrehung gemeint ist. »Sie, lieberBallin, könnenlachen:Jhre Kapitäne verstehen sich auf Navigationund Steuerkunst.Wennmeine Leuteummichherum dampfenundzwi- schenHindernissenmanövriren wollen, stoßensie rechtsundlinks an,daß eskracht,undsetzendasAnsehen deutscher Steuerführung nichtinshellsteLicht. Jhrem SchilkehörbareVewunderung.Mei-s nen Kapitänen?JchhabeZurückhaltung«versprochen.«

Vierundzwanzig Stunden nachderVeröffentlichungder Depeschelandet derKaiserinSwinemünde. Seit diePanther- Note denMächten überreicht ward, haterseinenKanzlernicht gesehen;vierWochen lang. Sieht ihn auch nachderHeimkehr auf deutschenBoden nochnicht. Erstam nächstenMittag daererr vonVethmann hinfahren;undden Leiter desAuswärtigenAm- tesmitbringen. AufdemBahnhof heißts,wieeinstimHausdes Oberstkämmerers Polonius: AnVord! AnBord! S. M.hat sich beiFrauStaudt,der Witwe desHandelskönigsvonArgentinien, inHeringsdorfzumThee angesagtund Jhrdürft ihn begleiten.

Ankunft aufderHohenzollerm445.AbfahrtnachHeringsdorf: 55.

Fahrtdauer: achtzehnMinuten. Rückkehr:7 50. Dann Diner mit GästenundGefolge.ObmorgensdieExcellenzenvor odernach derSonntagspredigt zugemeinsamem Vortrag empfangenwur- den,erfuhrenwirnicht;nur, »daß sichinallen Punkten volle Uebereinstimmungergab.«Diefestzustellen,wars immer noch frühgenug. Und andieambulatorischeBehandlungderReichs- geschäftesindwirlängst ja gewöhnt.EinKriegsminister,dersol- chenReisevortrag,weils seinemAllerhöchstenHerrnjust anMuße fehle,unterbrechensollte, hatan dieThatsachezu erinnern ge- wagt,daßdieHohenzollernfürdieAngelegenheitenihres Heeres stetsZeit gefunden haben;erdurftedenVortragbeenden;bald aber, procul negotiis, sich auf seinemGut ausruhen. ,,Watsall Einer dorbidaun?« Wer den Wandel desKanzleramtes noch nicht erkannt hat, stellesichvor,Bismarck sei,in einer Zeitinter-«

nationaler Hochspannung,an dieOstseegerufen,vom Bahnhof

recta in dieTheegesellschafteiner reichenKaufmannssrau, von

dortan dieHoftafel spedirtund erst zwanzigStunden nachder AnkunftzumVortragzugelassenworden. Johannens Ottochen wäreexplodirt;oderhättenochinderKabine sein Abschiedsges

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Appell. 179 suchgeschrieben.Die frommenFridoline vonheutebitten den lie- benGott, sie recht langedemAmt zuerhalten,demsie sichunent- behrlich dünken,und sind selig,wenn ihr AugedieSonne an- blinzeln darf.DenFranzosenundBriten aberscheintderGestus

vonSwinemünde weislich vorbedacht.Wird dieTheewirthinzur AllegoriemilderFriedensliebe. DerKaiser,denken(und sprechen) sie,willderWelt zeigen,daßAgadirdemBrennpunktseinesWil- lensso fern istwiedem Fallreepseiner Yachtz daßerdieSache unbeträchtlich,ihre Erörterung nichteiligfindet; daßernichtdaran denkt,daraus eineHaupt-und Staatsaktion zumachen,diein kriegerische Abrechnungmit denWestmächtendrängenkönnte.

Wollte Wilhelmso verstandensein?Dann wärs besserge- wesen,seinesWillensMeinung früherzuoffenbaren.Vielbesser, schoninderPanther-Note zusagen:Das Kriegsschiffsoll gefähr- detedeutsche MenschenundGüter schützen,nichtetwa unserem Wunsch,einfrankosdeutf chesKolonialabkommen zuermöglichen, schnelle Erfüllung sichern.Dann wäre demReichneuer Schimpf, demKaiser einLob,dasihnanekeln muß,erspart geblieben.Jetzt istszuspät.DerFeldherr,der dieFahnedesVaterlandes über die Mauer einerfeindlichenFestungwerfen hieß,hat nicht mehr dieFreiheitzurWahl.ErmußdieFahnevorSpottundSchän- .dung bewahren;muß siezurückholen.Thuters nicht, so löster,im Heerund imVolk,selbstsichausdes Vertrauens Wurzeln.Wenn WilhelmdiefeGefahr,die ernstesteseinesRegentenlebens,erkannt hat,wirderhandeln,wieerhandelnmuß.Jhnsieerkennenzuleh- ren,wäre diePflichteinesKanzlersvonrechtemWesensmaß.Der müßtesprechen: »DaßEureMajestätsichstill halten,ist löblichund dankenswerth.Nur darfdiesurückhaltungnichtschädlichesMiß- verständnißerwirken. Meine Absicht,Versäumtes nachzuholen, dieunvermeidliche Auseinandersetzung mitdenFranzosenohne längeresZaudernzubeginnenund unserer wachsendenVolks- zathaum auf bewohnbarerErde zuschaffen, istvonEurerMa- jestätgebilligtworden. DerInhaber allerhöchsterKommando-- gewalthat befohlen,einKriegsschiffnach Agadirzuschicken.Das sollte(undkonntenur)heißen:Deutschlandistfestentschlossen,den Rechtsanspruch,derihmmitderZungebestritten wird,mitdem Schwertzu.erfechten. So ists ringsum verstanden worden; nirgendwoanders. Geben wirdemSchritt, dessen möglicheFol- gen unsdochleichterkennbar waren, jeßteineharmlose Deutung,

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180 ,- Die Zukunft.

so schwindetderletzte Schimmeralten Respektesundwirdürfen über diedreistesteZumuthungfortannichtmehrstaunen. Die Ber- antwortung eines demReich nützlichenThuns oderUnterlassens werde ich,mag blinde Volkswuthnoch solautheulen,niemals scheuen. Jeder Rückzug aber,derjetztbeschlossenwürde, brächte demReichungeheuren Schaden;undkeinTreugefühlkönntemich ,3wingen,ihnmit meiner Verantwortlichkeit zudecken.Wollen Sie

nichtlieber als Heißspornund Eisenfresserverschrienals den schüchternenMännlein zugezählt werden,diebei dem Gedanken an blutiges Würfelspielunter demStahlpanzer schlottern?Wie Kränkung klingt schondieFrage. Jch durfte sie stellen,weilich derAntwort gewißbin.Weilichweiß, daßmeinKönigund Kaiser ineiner vor deminternationalen Ehrengerichtshofanhängigen Sache nicht schwachgemuthwerden kann.Wenn einKaiser soun- kriegerisch wäre, daß ihm auch derBersucheinerDemüthigungnicht dieHandansSchwert zwänge,würdedasdeutsche Volk, nochin Ungewitte1«n,selbst sichseinSchicksal schmieden.Und derhitzigste Monarchist müßtesichsolchenEntschlussesfreuen.«

SchallsignaL

DerKanzlerdesDeutschenReicheswird kaumnoch erwähnt.

Seit erdemunzufriedenen Reichsland das allgemeine, füralle mündigen Bürger gleiche Wahlrecht gegeben und,unterBeifalls- gedröhn,dafür gesorgt hat, daßinkünftigenfranko-deutschenKon- fliktenaus demstraßburgerLandtag,,Sympathiekundgebungen«

überdie Vogesen flattern können,hatman nicht oft mehr vonihm gehört. HerrvonKiderlen beherrschtdie Stunde. Dem, heißts, müssenwir, dürfenwirgläubigvertrauen. DessenGeschäftsfüh- rung sichertuns ewigenGlanz. WoistdieLeistung,an deren Spalier solcher Glaube wachsenkonnte? Jchsehenochkeine.Herr Alfredvon Kiderlen-Waechterwar nieBismarcks Schüler;hat nur,als Zwanziger,ungefähr anderthalbJahreindem von Bis- marcks GeistbeherrschtenAuswärtigenAmtgearbeitet. Alser, aus Petersburg, Paris, Konstantinopel,indieWilhelmstraße zurückkam,warderersteKanzler schoneinvonscharfsichtigenDias gnostikern aufgegebenerMann. Der würde seinem Ohr nicht trauen,wenn erhörte,Kiderlen seijetztAlldeutschlandsHoffnung.

Vater undSohn, dieihmdieübelstenPrädikate gaben,mögen ungerechtgegendenSchwaben gewesen sein«DieGunst sämmt-

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Appell· 181 licher Protektoren haterverscherzt(imbuchstäblichenSinn des Wortes).HerbertsSekretärundTischgenosse,dannHerbertsTot- feind;der dieEinladung zumAbschiedsessendesStaatssekretärs ablehnteund ihn,wieeinKriminalkommissardemGrafen er- ,zählte,als verdächtigbeobachtenließ.DerVeratherundAmuseur Philis, derihndann aus deanade desKaisers klatschte.Mar- schallsgetreusterHelferzdannihm sove»rfeindet,daßderbukarester Gesandte behauptete, derBotschafter habe,umihm inKonstanti- nopeleinewirksame Stellvertretung unmöglichzumachen,die

"Dragomanen, ohnediekeinChefauskommen kann, aufUrlaub geschickt.Nur Holstsin ist ihm geblieben;gemeinsamerGroll ver- band sie:gegen Vismarcks,Eulenburgund manchenAnderen.

Personalja. Jchhörte ihnvon dendreiBismarkis undvonVucher schroff tadeln,vonHolsteinundeinzelnen jüngeren Diplomaten inbrünstigloben;undkannnicht ermessen, welches Urtheil fester begriindetwar. DieLeistung? HerrvonKiderlen hat fürden Ver- zicht aufdenrussischenAfsekuranzvertraggestimmtundanallen insJnternationale strebendenEntschlüssenderEaprivizeitmit- gewirkt.ErhatdenKaiser Jahrelang auf Reisenbegleitetund durch Gewandtheit, flinkenWortwitzundAnekdotenkunde sich -Gunsterworben. Jn Hamburgwar wenig,inKopenhagennicht viel mehrzuthun.Erst aufdemBalkan entpupptesichdas derbe DiplomatentalentdesStuttgarters. Eiskalt,ohne irgendwelchen Gefühlsballastzfurchtlosundenergisch;einverschlagenerSchwabe mit denunempfindlichenNerven und demselbstsicheren Gleich- muthdesVorussenjunkers Jn stetigeArbeitschicktersichschwer;

giebtsichaber einerSache,von dererEtwas hofft,ganzhinund schreibt,miteinem Eorpsquantum edlerTropfenimLeib,um vier Uhr morgens aufderNachttischkantedann einen Bericht,

denzulesen lohnt.Ein Mann vonspezifischer Schwere, der,mit Mutterwitz,unbeirrbarerRuhe undpfiffigem Mens chenverstand, auf jeden Orientposten paßte. Auch aufdenhöchstenSitzin der Eentrale? DertüchtigsteAgent,demeineAktiengesellschaftihre einträglichstenGeschäftezu dankenhat,kannalsDirektor völlig versagen ;derfähigsteDiplomataufdemStuhldesStaatsmannes -enttäuschen. Nochwird HerrvonKiderlen nicht aufdieProbe

gestellt. FürstBülow holt ihnzwarausdemBalkanexil, läßt ihn diebosnische unddie marokkanische Sache bearbeiten,kann im letztenAugenblickabernicht durchsehen, daßihmdasStaatssekre-

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Dann macht man den Kartellen, nicht mit Unrecht, zum Vor- wurf, daß sie bei der Gewährung von Ausführvergütungen stets dem Grundsatz huldigen: »Ausfuhrvergütungen werden nur

runzelte Dame Europa, ehe es zu spät wird, vor dieFrage gestellt werden muß, ob sie den Kindern und Enkeln deutscher Volkheit das Lebensrecht gönnen oder sichs vom Schwert

kSo ist den Franzosen der unverfänglichste Grund gegeben, die Schaffung der schwarzen Wehrmacht (nur zum Zweck der Verwendung in Marokko, versteht sich) zu beschleunigen. Jn

Die Prall auf Rette-L an sich erfahren, daß sie den Strapazen einer Reise sich weniger gewachsen fühlt als der Manns Jst schon eine Eisenbahnfahrt von längerer Dauer für die

Jn der Selbstreflexion erwächst mir nur eine Forde- rung an das Beg-reifen: ich soll mein Erkennen unter dem Gesichts- punkt des Unendlichen als eine Endlichkeit begreifen; ich soll

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