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Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Jg. 4, 1903, Nr 6.

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i HISTORISCHE MONHTSBLnTTER

^ — =- für die Provinz Posen

Jahrgang IV P osen , Juni 1903 Nr. 6 W a r s c h a u e r , A., Historische Beiträge zur Wiederherstellungsfrage des Posener Rathauses S. 81. — L a n d s b e r g e r , J., Dr. phil. , Förderung der Emancipation der siidpreussischen Juden durch die Regierung S. 87. — Literarische Mitteilungen S. 93. — Nachrichten S. 95.

Historische Beiträge

zur Wiederherstellungsfrage des Posener Rathauses.

Von

A. W arschauer.

I.

D ie b i s h e r i g e n f ünf g r o s s e n W i e d e r h e r s t e l l u n g e n d e s R a t ­ ha us e s . — Di e t e c h n i s c h e n V o r a r b e i t e n d e r j e t z i g e n W i e d e r ­ h e r s t e l l u n g . — H i s t o r i s c h e Q u e l l e n : S t a d t r e c h n u n g e n . — B a u k o n t r a k t e . Vi s i o n e n . — Bi l de r . Ma t e r i a l a us

p r e u s s i s c h e r Zei t .

as sechste Mal nim m t, so w eit w ir nach unserer Ü ber­

lieferung beurteilen können, die B ürgerschaft der S tadt P o sen eine E rn eu eru n g ihres alten R athauses in Angriff.

Seine G rundvesten stam m en aus den ersten Jahren des 14. Ja h rh u n d e rts, so dass wir zugleich m it dem A bschluss der R enovierung das 60 0 jäh rig e Jubiläum des ehrw ürdigen H auses feiern könnten. D er e r s t e U m b a u , von w elchem wir w issen, erfolgte im Ja h re 1508 und m achte aus dem frühgotischen Kern des G ebäudes einen spätgotischen Bau, d essen charakteristische E igentüm lichkeiten w ir noch heu te an den B lenden des T urm es und an einigen T ürum rahm ungen erkennen können. D iesen kleinen Bau, dessen U m fang etwa nur die H älfte unseres h eutigen R athauses b etru g , traf am 2. Mai 1536 bei einer gew altigen F eu ersb ru n st, w elche die halbe S tadt in A sche legte, das U nglück,

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dass sein Turm , von d er F lam m e ergriffen, R isse bekam und sich nach W esten hin ü b er neigte. Um den Turm zu retten und w iederh erzu stellen , hat man in dem J a h rz e h n t darauf m ancherlei R eparaturen vorgenom m ön, bis man sich endlich im Ja h re 1550 zu einem gro ssartig en E rw eiterungs- und E rn e u eru n g sb a u en t­

schloss. D ieser —■ u n serer Ü berlieferu n g nach — d er z w e i t e g r o s s e U m b a u des R athauses, w elcher in das Ja h rz eh n t 1 5 5 0 — 6 0 fällt und b eso n d ers von italienischen B aum eistern unter F ü h ru n g des G iovanni B attista di Q u ad ro aus L u g an o au sg efü h rt w urde, fügte dem alten Bau einen g ro ssen A nbau nach W esten (also in d er R ichtung des je tzig en S tad th au ses) zu und legte ihm nach O sten die L o g g ie n fro n t vor. Er v erw andelte m it je n er fast verblüffenden, keck zu g reifen d en K ühnheit, w elche d er K unst des 16. Ja h rh u n d e rts eigen ist, den S tilcharakter d es G eb äu d es voll­

ständig. O h n e dass die R este d er G otik völlig b eseitig t w urden, erh ie lt das R athaus nunm ehr den C harakter d er R enaissance, den es bis h eu te b eibehalten hat. Etw a ein halbes Ja h rh u n d e rt nach d er F e rtig ste llu n g d ieses U m baus erw ies sich eine W iederher­

ste llu n g als notw endig. A uch d i e s e d r i t t e R e n o v a t i o n , w elche in den Ja h re n 1 6 1 2 — 18 stattfand, b e g n ü g te sich nicht dam it, das G ebäude von innen und aussen zu erneuern und auf­

zufrischen, sondern griff in die S u b stan z des B aues ein, indem d er T urm m it einem steinernen G ang, an statt des vorhandenen h ölzernen, versehen w urde. N achdem dann im Jah re 1642 w ieder eine A uffrischung des Ä usseren erfolgt und die Spitze d es alten T urm es hierbei m it vier g esch n itzten F ig u re n , w elche w ahrscheinlich die vier sagenhaften F ü rsten , Lech, C zech, Russ und P ru ss, vorstellten, g eschm ückt w orden w ar, traf d iesen Turm am 9. A u g u st 1675 der B litz, w orauf im Ja h re 1690 d er v i e r t e g r o s s e R e n o v i e r u n g s b a u , w elcher das R athaus m it einem neuen, w egen seiner Schönheit w eit und breit b erühm ten Turm versah, erfolgte. A ber auch diesem Turm w ar kein lan g es D a­

sein beschieden, da ein furchtbarer Sturm am 18. Ju n i 1725 den g an z en oberen Teil bis zu dem steinernen G an g um w arf und auf das zw eite H aus d er W ronkerstrasse, rechter H and, wenn m an vom M arkte kom m t, sch leu d erte. D ie kläglichen finanziellen V erhältnisse der S tadt Hessen eine W ied e rh e rstellu n g in den nächsten Ja h rz eh n te n nicht zu. D er Bau, dem die T urm spitze fehlte, nahm im m er g rö ssere Z eichen d er V ernachlässigung an und b egann einer Ruine zu gleichen. E inige R eparaturen, w elche im Ja h re 1750 stattfanden, w aren nicht durchgreifend genug.

D a w urde es d er S tad t im Ja h re 1782 durch U n terstü tzu n g der K rone erm öglicht, einen E rn eu eru n g sb au g rossen S tiles, diesm al a l s o d e n f ü n f t e n , zu u nternehm en. U nter d er ausdrücklichen B e g rü n d u n g , dass die W ied erh ersiellu n g dieses herrlichen G e­

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b äu d e s eine öffentliche Sache sei und auch des politischen In­

te re sse s n icht entbehre, zahlte die S taatskasse in den Jahren 1 7 8 2 — 84 erst 15 0 0 0 p. G ulden, dann 20 0 0 0 G ulden und überw ies dann noch aus S taatseinnahm en 10 30 0 G ulden für den B au, w elcher das G ebäude m it einem neuen, noch je tzt stehenden Turm versah und es im Innern und Ä ussern farbenprächtig w ied erh erstellte. W enige Ja h re nach V ollendung d ieser E r­

n e u e ru n g g in g die S tadt P osen 1793 in den B esitz des p reu ssi­

schen S taates über. S eitdem ist keine w e s e n t l i c h e Ä nderung an dem G ebäude vorgenom m en w orden. Im allgem einen b e ­ g n ü g te man sich dam it, der praktischen V erw endbarkeit halber g rö ssere Räum e durch Z ieh u n g von Z w ischenw änden in kleinere zu zerlegen.

A us dem E rw ähnten ergiebt sich, dass eine je d e der früheren W iederherstellungen unseres R athauses zugleich m it einer E rw eiterung o d er E rg ä n zu n g desselb en durch H in zu fü g u n g neuer B auteile verknüpft war. Z um ersten M ale steh t je tz t die B ürger­

schaft vor einem E rn eu eru n g sb au , bei w elchem die künstlerisch- historischen Interessen fast allein bew eg en d und m assg eb en d sind.

W as b eab sich tig t w ird, ist bekanntlich nicht ein erneuernder A usbau in m odernem Sinne, sondern eine W iederherstellung des G eb ä u d e s w enigstens annähernd so, w ie es um die M itte des 16. Ja h rh u n d e rts aus d er H and der italienischen B aukünstler h e r­

v o rg eg an g en ist, w obei w ir uns freilich in m anchen S tücken, wie b eso n d ers in B e zu g auf den T urm , m it der U nm öglichkeit der D urchführung trösten m üssen.

G erade deshalb aber ist ein Z urückgehen auf die B au­

geschichte des R athauses unter B erücksichtigung aller E inzelheiten d erse lb en unerlässlich. N un ist ja gew iss die H au ptquelle hierfür das G ebäude selbst. So w eit es sich ohne A ufstellung eines G erüstes tu n liess, haben im Ja h re 1899 sow ohl H err S tad t­

baurat G rü d er w ie H err R eg ieru n g sb au m eister K ohte, d er dam als das A m t eines K onservators der K unstdenkm äler in unserer P ro ­ vinz versah, baugeschichtliche U ntersuchungen vorgenom m en und ihre E rg eb n isse in w ertvollen Program m entw ürfen für die W ieder­

herstellu n g nied erg eleg t. D er L etztg en an n te veröffentlichte seine V orschläge 1900 in einem A ufsatz ü ber die W iederherstellung d e s R athauses zu P osen in Ja h rg a n g I Seite 49 ff. d ieser H i­

storischen M onatsblätter. N achdem kurz darauf die S tadtver­

w altu n g 75 0 0 0 und die S taatsverw altung 60 0 0 0 M ark als K ostenbeiträge für die W iederherstellung bew illigt hatten, v er­

vollstän d ig te K ohte auf R üstungen, m it denen ein Teil der F ronten versehen w orden war, seine U ntersuchungen und gew ann aus den F arbenresten d er O stfront die gew ünschten A ufschlüsse über ihre farbige B ehandlung. Die figürlichen S tuckbilder dieser

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F ro n t zeig ten sich so v erw ittert, dass ihre sofortige E rg ä n z u n g durch sa ch k u n d ig e A rbeiter aus d er F orm erei d er K gl. M useen zu Berlin sich als notw en d ig h erausteilte. D iese A rbeit w urde im S om m er 1901 vollendet. D en ihm erteilten A uftrag, auf G ru n d ^ d e r von ihm gew onnenen E rg e b n isse einen e n d g ü ltig e n E ntw urf und K o stenanschlag auszuarbeiten, führte K ohte zw ar aus und fertigte auch einige S kizzen für die polychrom e B eh an d lu n g der F ronten an, zu einer A u sfü h ru n g ist es aber bish er noch nicht gekom m en, da die städtischen B ehörden über ein ig e d er g ru n d leg e n d en F ra g en , b e so n d ers ü ber die b u ntfarbige B e­

h an d lu n g der O stfront, zu festen E n tsc h lü sse n noch nicht g e ­ lan g t sind.

E s gib t nun aber auch eine reiche s c h r i f t l i c h e Ü b er­

lieferung ü ber das R athaus, w elche g ee ig n e t ist, die bautechnische U n tersu c h u n g zu fördern, für ihre E rg e b n isse als K ontrolle dienen kann und vielleicht die eine o der an d ere L ücke d erselben au s­

zufüllen im S tande ist.

D ie A ufgabe d ieser M itteilungen soll es sein, d iese h an d ­ schriftlichen Q uellen im allgem einen zu charakterisieren und in einigen P u n k ten , die für die bevo rsteh en d en W ied e rh e rstellu n g s­

arbeiten b esondere B e d eu tu n g haben, die sich aus ihnen e rg e ­ ben d en T atsachen zusam m en zu stellen . W enn die S tadtgem einde in Z ukunft einm al in einer um fassenden P ublikation über das R athaus — in ähnlicher W eise, w ie dies für B reslau b ereits g e ­ schehen ist — die G eschichte und künstlerische B e d eu tu n g d ieses ehrw ürdigen K unstdenkm als d er w issenschaftlichen W elt vorlegen sollte, so w erden diese handschriftlichen Q uellen in voller A usführlichkeit h era n g ezo g e n w erden m üssen.

D ie w ichtigste d ieser Q uellen für die B augeschichte des R athauses sind die S t a d t r e c h n u n g e n . W as auch im m er im A ufträge der S tadt geschah, verursachte naturgem äss A usgaben und m usste seinen schriftlichen N iederschlag in den A u sg ab e­

posten d er städtischen K äm m erer finden. Je d e , auch die kleinste R eparatur und A nschaffung, die für das R athaus unternom m en w urde, findet sich d em entsprechend in diesen R echnungen no­

tiert, vielfach allerdings nur kurz und sum m arisch, hin und w ieder aber doch so specialisiert, dass sich die einzelnen Steine, N ägel und L atten nachzählen lassen. D ie R eihe d er P o sen e r S tad t­

rechnungen b eg in n t m it dem Ja h re 1493 und reicht bis auf den h eu tig en T a g ; es sind im G anzen viele H un d ert H efte und B än d e; zu Z eiten, b esonders im 16. Ja h rh u n d e rt, w urden die R echnungen do p p elt geführt, näm lich in einem chronologisch und einem sachlich nach den v erschiedenen K apiteln der A us­

gaben g eordnetem E xem plar. A llerdings ist die R eihe der R echnungen nicht ganz lückenlos auf uns gekom m en, und es hat

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in sofern ein U nstern ü ber der E rh altu n g d er R echnungen g e ­ w altet, als g era d e für die ältere Z eit die für unseren Zw eck w ichtigen S tadtrechnungen, w ie es scheint, unw iederbringlich v er­

loren sind. W ährend näm lich die S tadtrechnungen aus den Ja h re n 1493 bis 1502 lückenlos vorhanden sind, fehlen sie für den Z eitraum von 1503 bis 1520, also grad e aus der Z eit des ersten U m baus von 1508. Noch b edauerlicher ist die L ücke in den S tadtrechnungen von 1 5 5 0 — 59 . M i t d i e s e n R e c h ­ n u n g e n i s t w a h r s c h e i n l i c h d i e e r g i e b i g s t e a r c h i v a - l i s c h e Q u e l l e d e s g r o s s e n R a t h a u s u m b a u s d e s G i o v a n n i B a t t i s t a u n t e r g e g a n g e n . Endlich fehlt auch noch m it der S tad tre ch n u n g von 1 6 1 7 /1 8 w en ig sten s ein Teil d er finanziellen N achrichten über den dritten g rossen U m bau des R athauses.

Von besonderem W erte w erden diese R echnungen, w enn nicht n ur g eleg en tlich e P o sten , sondern g an z e B a u r e c h n u n g e n auf­

g enom m en sind, so 1 6 1 5 /1 6 ein g anzes K apitel über die E r­

b au u n g des steinernen G anges am R athausturm und dessen A us­

schm ückung, 1 6 1 6 /1 7 über die A u sb esseru n g und den A bputz d es R athauses, 1690 über den Bau des T urm es. A us dem Ja h re 1750 ist eine B aurechnung ü ber die in diesem Jah re vor­

genom m enen R eparaturen vorhanden. B esonders ein g eh en d und aufschlussreich sind die fast vo llstän d ig erhaltenen B aurechnungen von 1 7 8 2 — 84, also aus der Z eit der letzten R eparatur.

Von grö sser W ichtigkeit ist auch eine zw eite A bteilung der in B etracht kom m enden Q uellen, näm lich die B a u k o n t r a k t e , die zw ischen dem M agistrat und den beauftragten K ünstlern und H andw erkern abgeschlossen w urden. Ihre Zahl ist allerdings nicht sehr g ross. D er w ichtigste, ein k u n sthistorischer Schatz ersten R anges, ist d er V ertrag, den der M agistrat am 3. M ärz 1550 m it dem Italiener G iovanni B attista ab sch lo ss; er ist im K onzept und in A bschrift erhalten und leistet durch die G enauigkeit seiner A ngaben einigerm assen E rsatz für den V erlust der S tadtrechnungen aus jen er Zeit. F reilich enthält d ieser V ertrag nur diejenigen P u n k te der A bm achungen, die speciell den A rchitekten angehen, b esonders über die Zahl und A u sd eh n u n g der zu b ildenden Innenräum e, w ährend die zu u nternehm enden B ildhauer- und M alerarbeiten keine E rw ähnung gefunden haben. Von hohem Interesse sind auch die K ontrakte, die der M agistrat 1781 m it dem B aum eister Anton H eine und dem A rchitekten Johann N erger abschloss.

E ine dritte R eihe von Q uellen verd an k t ihre E n tste h u n g einer b esonderen E inrichtung des altpolnischen R echts, die am t­

liche B esichtigungen und deren P roto k o llieru n g in allen d en ­ je n ig en Fällen vorschrieb, wo dies zum Zw ecke späterer R echts­

verh an d lu n g en oder M assregeln d er V erw altung notw endig er­

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schien. Solchen sog. V i s i o n e n , die reg elm ässig von einem R eichsfrohnboten und zw ei E d elleu ten vorgenom m en w urden, w urde auch das R athaus vielfach unterw orfen, beso n d ers nach zerstö ren d en N aturereignissen, K riegen, vor der Inangriffnahm e grö sserer R eparaturen u. s. w. B esonders aus dem 18. Ja h r­

h u n d ert sind sie zahlreich vertreten und g eb en durch ihre bis in die g en au esten E inzelheiten g eh e n d en A usführungen m ancherlei A ufschlüsse.

Zu den bish er charakterisierten Q uellen treten noch ein ze ln e Schriftstücke d er versch ied en sten Art, w ie K orrespondenzen d es Rats über zu beschaffendes B aum aterial o der aus d er F rem d e zu holende K ünstler, P ap ie re in R echtstreitigkeiten über nicht recht­

ze itig au sg efü h rte A rbeiten u. a. Von eigenartigem In teresse sind schliesslich noch die A kten eines P ro z esse s aus dem A nfänge des 17. Ja h rh u n d e rts, den die P o sen e r Ju d e n g eg e n den M agistrat führten, w eil sie sich ü ber M alereien, die am R athause h e r­

g e ste llt w urden, b eleid ig t fühlten.

Von diesen historischen Q uellen zu r G eschichte des Rat­

hau ses ist b ish e r w enig veröffentlicht und b e n u tz t w orden. B e­

so n d ers g ilt dies von der erg ieb ig sten d ieser Q uellen, den S tad t­

rec h n u n g en , von denen bish er nur die fünf ältesten aus d er Z eit von 1 4 9 3 — 97 , also aus Ja h re n , die für die G eschichte des R at­

h au ses b e d e u tu n g slo s sind, publiciert sind, tu k a s z e w ic z hat in seinem H istorisch-statistischen Bild d er S tadt P o sen (polnisch 1838, deutsch 1878 erschienen) einige U rkunden, b eso n d ers B esich­

tig u n g sp ro to k o lle und die A kten d es erw ähnten Ju d e n p ro z e sse s veröffentlicht. D er V ertrag m it G iovanni B attista ist m ehrfach sow ohl im polnischen O riginal als in deu tsch er Ü b ersetzu n g g e ­ druckt w orden, zu le tz t polnisch und deutsch bei H. E h re n b erg , G eschichte der K unst im G ebiete d er P rovinz P o sen , wo auch so n st einige U rkunden über das P o sen e r R athaus veröffentlicht sind, S. 182 f.

S ehr bedauerlich ist es, dass eine A rt von Q uellen, d ie sonst bei der W ied erh erstellu n g alter berühm ter B aulichkeiten von dem g rössten W erte sind, bei uns sehr spärlich fliesst, näm lich die B i l d e r . O bw ohl das G ebäude w egen seiner S chön­

heit viel gep riesen w urde, und es direkt überliefert ist, dass viele F rem de sich A brisse, beso n d ers von dem schönen alten Turm m achten, so ist doch kein E inzelbild unseres R athauses erhalten, das älter ist als der le tzte grosse U m bau von 1 7 8 2 — 8 4 , also irg en d w elchen w esentlichen A ufschluss geben könnte, den uns der je tzig e B estand des G ebäudes nicht auch gew ährt. D ie alten G esam tansichten d er S tadt, b eso n d ers d er P lan bei Braun und H o genberg, Contrafactur und B eschreibung von den vornem bsten Stetten der W elt, aus dem A nfänge des 17. Ja h rh u n d e rts g eben

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zw ar kleine A nsichten des R athauses, tun dies aber in so schem a­

tischer W eise, dass sich für die A u sg estaltu n g ein zeln er B au­

g lie d er kaum irgend w elche E rkenntnis gew innen lassen dürfte.

D as älteste E inzelbild des R athauses ist vor einigen Ja h re n in einer P riv atsam m lu n g zu Köln aufgefunden und von dem B esitzer d er S tadt P o sen zum G eschenk gem acht w orden. Es stellt m erk­

w ü rd ig erw eise das R athaus als venetianischen P ala zz o und den alten M arkt als See dar, gib t aber so n st die E inzelheiten ziem lich genau w ieder. K ohte (H ist. M onatsblätter I S. 3 f) schreibt es einem S chüler des B ernardo Beiotto (C analetto) zu und se tzt seine E n tste h u n g sz eit kurz nach der letzten R enovation (1 7 8 3 ).

N icht übersehen darf man auch das M aterial aus preussischer Zeit. W enn es auch von keinen grö sseren E rneu eru n g sb au ten K unde gibt, so w irft doch m anche Notiz auch ein L icht auf ältere Z eiten, ganz ab g eseh en davon, dass es eben auch von W ert ist zu w issen, w as in den letzten 100 Ja h re n m it dem G ebäude vorgenom m en w orden ist. A us sü d p reu ssisch er Z eit sind w ichtige A kten aus der ehem aligen P o sen er K am m er „Ü ber den A usbau des hiesigen R athauses aus den Ja h re n 1 7 9 3 — 1 8 0 5 “ vorhanden und w erden in dem Staatsarchiv zu P osen aufbew ahrt.

Auch das G eheim e Staatsarchiv zu Berlin b esitz t ein A ktenstück über „d ieB au ten und R eparaturen am R athaus zu P o se n 1 7 9 3 — 1 8 0 2 “ aus der ehem aligen R egistratur des G eneraldirektorium s. Endlich kom m en noch aus neuerer Z eit A kten d er K gl. R eg ieru n g zu P osen betr. die R eparaturen des R athauses in P o sen aus den Jahren 1 8 1 7 — 31 , je tzt im P o sen er S taatsarchiv, in B etracht.

(Fortsetzung folgt.) 8 7 ____

Förderung der Emancipation

der südpreussischen Juden durch die Regierung.

Von

J. Landsberger, Dr. phil.

ie nach d er E rw erbung eines T eils d er polnischen L ande durch die K rone P re u ssen — nunm ehr Süd- p reussen g en a n n t — den höchsten R eg ieru n g sk reisen sich bald die Ü b erze u g u n g von d er N otw endigkeit einer durchgreifenden Reform auf allen G ebieten des öffentlichen L ebens aufdrängte, so g elangten die m assg eb en d en S taatsm änner auch zu der E rkenntnis, dass der Reform des Ju d e n w e sen s in der neuen P rovinz die grö sste B eachtung gesch en k t w erden m üsse. E s dürfte nun nicht ohne Interesse sein, die A n­

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sc h au u n g e n derselb en in d ieser F ra g e sow ie die hiernach tat­

sächlich erfolgten M assnahm en etw as g en a u er kennen zu lernen.

B ereits in dem R e skript vom 2 1 . Ja n u ar 1 7 9 4 1) sprach sich d er M inister v. V oss dahin aus, dass d iese Reform von der g rö ssten W ichtigkeit sei, w as un ter anderem m it dem H inw eise auf die T atsache, „d ass im ganzen genom m en d er sü d p reu ssisch e Ju d e ein kultivierterer M ensch als der B ürger in kleinen S tädten un d d er B auer auf dem platten L ande i s t“ , b eg rü n d e t wird.

Ein gleiches U rteil fällte d er S yndikus K oels sow ie d er K rieg s­

u n d D om änen-R at G ö ck in g k 2), w elchem die A ufgabe zugefallen w ar, den Z ustan d d er S tad t P o sen zu u n te rsu c h e n ;i).

F ü r eine durch g reifen d e Reform des Ju d e n w e sen s in Süd- preu ssen erklärte sich auch in einem an die K riegs- und Do- m änen-K am m er zu P o sen unterm 4. N ovem ber 1794 g erichteten S c h re ib e n 4) v. B uchholz, der neuern an n te O b erp rä sid e n t der erw ähnten P ro v in z 5).

D ass aber die g ep lan te Reform w esentlich in dem Sinne einer V e r b e s s e r u n g der b isherigen L ag e der sü d p reu ssisch en Ju d e n g ed a ch t w ar und zur A usfü h ru n g kom m en sollte, dafür b ü rg te sow ohl d er d er religiösen Intoleranz und so n stig en Vor­

urteilen ab g e n eig te Z eitg eist im allgem einen als auch die durchaus hum ane und w ohlw ollende D enkw eise des dam aligen K önigs von P re u ssen und seiner Räte. D iese T en d e n z lä sst sich denn auch in dem b ereits an g e zo g e n en R eskript des M inisters v. Voss deutlich erkennen, indem er der In dustrie der Ju d e n der neuen Provinz einen grö sseren S pielraum angew iesen w issen will und der E rw ä g u n g d es O b erp rä sid e n ten von S ü d p re u ssen em pfiehlt, ob ihnen nicht die A n leg u n g von A ckerw irtschaften verstattet w erden könne, w ährend er sie an d ererseits vom K leinhandel so viel als m öglich ab zieh en m öchte.

G anz un zw eid eu tig und klar sprach sich h ierüber der schlesische M inister Graf H oym , zugleich N achfolger des F re i­

herrn v. V oss für S ü d p re u ssen , in einer vom 23. M ärz 1795 datierten D en k sch rift6) aus. D ie von D o h m 7) zu G unsten der Ju d e n gem achten V orschläge könnten, so führte er aus, von

>0 Ph. Bloch: Judenwesen, in: Das Jahr 1793, hrsg. v. R. Prümers, Posen 1895. S. 627.

'*) Zeitschrift der Posener Historischen Gesellschaft I S. 156 und Bloch a. a. O. S. 593, N. 4.

3) 1. Meisner, in: Das Jahr 1793, S. 398, und A. Warschauer eben­

daselbst S. 474/75.

4) Posener Staatsarchiv: SPZ. Gen. A VIII, Bl. 89.

5) Das Jahr 1793, S. 774.

6) Posener Staatsarchiv: PSZ. Gen. A VIII la , Bl. 158.

7) Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. Berlin und Stettin 1781.

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ein ig en E inschränkungen ab g e se h en , se h r wohl verw irklicht w erden, und die Israeliten m ü ssten , um sie zu glücklichen M it­

g lied ern der b ü rgerlichen G esellschaft zu m achen, vollkom m en g leich e R echte m it allen übrigen U ntertanen erhalten.

Einen etw as en g h e rzig e re n S tan d p u n k t vertrat die P o sen e r K riegs- und D om änen-K am m er, w elche über die erw ähnte D en k ­ schrift sich gutachtlich äussern sollte. In ihrem vom 8. Mai 1795 datierten B e ric h te 1) erklärte sie sich nam entlich g eg e n die a l l g e m e i n e F estsetz u n g , dass allen Ju d e n gleich e R echte m it d en C hristen gew äh rt w erden sollten. D ieser V orschlag sollte ihrer M ein u n g nach dahin eine Ä nd eru n g erfahren, dass die Israeliten allenfalls rücksichtlich derjenigen P u n k te, die nicht g e ­ n au er festg e se tz t seien, in d er R egel nach dem Rechte der christlichen B ew ohner der P rovinz zu beurteilen w ären.

Im m erhin stand die K am m er auf einem freisinnigeren S tan d ­ p u n k te als der P o sen er S tadtm agistrat, w elchem g eg e n ü b er sie ihre A nsicht von der N otw endigkeit der E rw eiterung d er Ju d e n ­ stad t au frech th ielt2). In diesem Sinne sprach sie sich auch in dem oben erw ähnten G utachten a u s ; an d ererseits freilich m einte sie nach wie vor das F o rtb esteh en eines b esonderen Juden-V ier- tels em pfehlen zu m üssen.

D urch diese D arleg u n g w urde ü brigens die Ü b erze u g u n g v. H oym s von d er N otw endigkeit einer m öglichsten G leichstellung der südp reu ssisch en jüdischen B evölkerung m it der christlichen durchaus nicht erschüttert, w ie aus einem von ihm an dieselbe K am m er gerichteten R eskript vom 16. A u g u st 1 7 9 5 3) zu ersehen ist. In diesem v erlangt er eine gew isse N achw eisung unter an­

derem zu dem Zw ecke, um darüber B eschluss zu fassen, in w ie w eit den sü dpreussischen Ju d e n ein au sg ed e h n terer H andel, B etrieb der H andw erke, sow ie der A nkauf städtischer H äuser und G rundstücke zu g e sta n d en w erden kö n n te; ferner sollte für ihre B efreiung von w illkürlichen A bgaben an die S tädte und Zünfte S orge getragen w erden. D enn der K önig sei, so heisst es w eiter,

„geso n n en , die jüdische V olksklasse in S üd p reu ssen den W ohl­

taten und G erechtsam en der dortigen christlichen B ürger und U ntertanen m öglichst nahe zu führen, um in dieser P rovinz, wo d er Z unftzw ang w enig H indernisse in den W eg legen w ird, ein B eispiel aufzustellen, dass d er jüdische S taatsbürger, sobald er seinerseits seinen V erbindlichkeiten nachkom m t und selbige ebenso w ie die christlichen E inw ohner erfüllt, auch in seinen N ations­

und R eligions - V erhältnissen dem Staate durch g eh ö rig e Ein-

*) Posener Staatsarchiv: SPZ. Gen. A VIII la , Bi. 182 ff.

2) Das. Bl. 184.

y) Das. A. VIII 14, Bl. 1—2.

(10)

S chränkungen nicht schädlich w erden kann, k ein esw e g s w egen seiner R eligion in D ruck geh alten , sondern in g u te und m öglichst gleiche N ahrungs-V erhältnisse m it allen E inw ohnern im S taat, nach M assgabe seines S tandes und G ew erbes g e se tz t w erden m uss. “

D ie vielfältig gepflogenen V erhandlungen und provisorischen V ersuche führten endlich im Ja h re 1797 zu d er N eu o rd n u n g d es Ju d e n w e sen s in S ü d p re u ssen , w ie sie in dem G eneral-Juden- R eglem ent vom 17. April des g enannten Ja h re s n ie d erg ele g t ist.

Trotz der in diesem R eglem ent unverkennbar hervo rtreten d en w ohlw ollenden G esin n u n g d er israelitischen B evölkerung g e g e n ­ ü ber und der tatsächlich w esentlichen V erb esseru n g der L age derselben konnte es indessen aus v erschiedenen G ründen nicht fehlen, dass die A usführung einzelner B estim m ungen den lebhaften W iderspruch der jüdischen E inw ohner hervorrief. A ber auch diesen B eschw erden1) liess die R eg ie ru n g die sorgfältigste P rü fu n g an g ed eih en , und es w ard, sow eit sie irg en d w ie b eg rü n d e t er­

schienen, für ihre A b ste llu n g S orge g e tra g e n ; auch b erücksichtigte man eine R eihe von W ünschen, denen das G eneral - Ju d e n - R eg lem en t nicht ausdrücklich e n tg eg e n stan d . U nter anderem w u rd e bestim m t, dass keinem Ju d e n , w elcher den B efähigungsnachw eis für das von ihm g ew ünschte G ew erbe führe, die E rlaubnis zu r B etreib u n g d esselb en v e rsa g t w erden dürfe. F ern er sollten bei der B eu rteilu n g des durch einen Ju d e n an gefertigten M eister­

stückes jüdische M eister nicht au sg esch lo ssen sein. A uch w ard den städtischen G ew erbe treib en d en Ju d e n d er B esitz von H äusern allgem ein v ersta tte t2).

Schon vorher h a tte sich unterm 23. Ja n u ar 1 7 9 7 3) aus A nlass eines b esonderen F alles v. H oym dahin au sg esp ro ch en , dass zw ar d iejenigen S tädte, die m it einem g ü tig e n P rivilegium de non tolerandis Ju d a e is versehen seien, bei ihren w ohlhergebrachten Rechten g esch ü tz t w erden m üssten. F alls es sich aber zeigen sollte, dass ein derartiges P riv ileg der B ürgerschaft nicht zum Vorteil gereiche, sondern in früheren Z eiten nur aus R eligionshass erteilt w orden sei, so b ehalte sich die R eg ieru n g die A u fhebung o d er die A b än d eru n g solcher F estsetz u n g en vor.

M it w elcher F o lg erich tig k eit die leitenden B erliner R eg ie ru n g s­

kreise an dem G edanken der m öglichsten G leichstellung der süd- p reussischen Ju d e n m it den übrigen B ürgern der Provinz festhielten und nam entlich alles zu verm eiden suchten, w as dazu beitrag en konnte, sie von der christlichen B evölkerung zu sehr a bzusondern, ersehen w ir aus einem b em erkensw erten, an die

!) Posener Staatsarchiv: S.P.Z. Gen. A. VIII 1 b, Bl. f. 116— 17.

-) Das. Bl. 118—21.

•;) Das. Bl. 3.

(11)

91

W arschauer K am m er unterm 6. D ezem ber 1 7 9 7 1) g erichteten S chreiben. In dem selben h eisst e s : „U nsere . . . V orschläge zu r H eb u n g v erschiedener bem erkten B edenklichkeiten m üssen auf V eranlassung eines H o f - R e s k r i p t s vom 13. v. M. je tz t anderw eitig m odificiert w erden, da durch das R eskript die E in­

richtung von besonderen Ju d en äm tern durchaus un tersag t ist.

D er Hof befürchtet näm lich, dass durch eine solche E inrichtung die Ju d e n in H insicht ihrer bürgerlichen V erhältnisse ganz g egen die dem G eneral-Juden-R eglem ent zu G runde lieg en d en Ideen zu sehr von den übrigen U ntertanen isoliert w erden m öchten, und d er b eabsichtigte Zw eck, die politische E inheit dieses V olkes zu vernichten, v ereitelt w erden k ö n n te .“

H ieraus g eh t hervor, dass die W arschauer Kam m er, an ihrer S pitze Graf H oym , sich m it der A bsicht getragen hatte, b e­

sondere Ju d e n äm ter einzurichten. Im übrigen ist bei der G e­

sam th altu n g des L etzteren den m osaischen G laubensgenossen g e g e n ü b er g ar nicht zu zw eifeln, dass auch d ieser V orschlag nur das B este derselben im A u g e h a tte 2).

Freilich hielt v. H oym eine völlige G leichstellung der jüdischen B evölkerung m it der christlichen für unm öglich, so lange nicht die erstere zu gleichen L eistungen w ie die letztere dem Staate g eg e n ü b er verpflichtet s e i 3). Zu den H au p th in d er­

nissen in dieser B ezieh u n g zählte er die B efreiung d er Ju d e n vom K rie g sd ie n ste 4).

E rw ägt man die starke A bneigung, w elche g eg en denselben auch in christlichen K reisen h e rrsc h te 5) und im H inblick auf die dam als übliche harte, ja grausam e B ehandlung des gem einen M annes sehr berech tig t war, so w ird den Israeliten hieraus um so w en ig er ein Vorwurf zu m achen sein, als zu den sonstigen B edenken im m erhin noch solche religiöser A rt treten konnten.

D azu kam noch der ausg esp ro ch en e W ille des K önigs F riedrich

!) Das. Bl. 94— 95.

-) Dem Grafen v. Hoym war eine derartige Einrichtung von Breslau her bekannt, wo das Judenamt, schon unter der österreichischen Regierung ins Leben gerufen, im ganzen genommen, wenn man den Verhältnissen, wie sie nun einmal bestanden, Rechnung trägt, mehr zum Nutzen als zum Schaden der Juden wirkte. Diese Überzeugung hat Vf. auf Grund seiner in Breslauer Archiven gemachten jahrelangen Studien gewonnen.

ü) S. die vorletzte Note.

4) Ebendaselbst und F. Schwartz in: Das Jahr 1793, S. 735. Aus den hier gemachten Mitteilungen geht übrigens hervor, dass auch zahl­

reiche christliche Bevölkerungsklassen von der Kantonpflicht frei waren.

r>) Ad. Warschauer in: DaS Jahr 1793, S. 531/32 und 573e. Unter anderem trat die christliche Kaufmannschaft zu Posen in mehreren Ge­

suchen an die höchsten Behörden und den König selbst dafür ein, dass der Stadt die Enrollementfreiheit gewährt werde.

(12)

W ilhelm III., w elcher sich en tsch ied en g eg e n die A ufnahm e von Ju d e n in das H eer e r k lä rte x).

D ie in dem gedachten H of-R eskript scharf au sg esp ro ch e n e T en d en z keh rt auch in einem an die P o sen e r K am m er gerichteten R eskript vom 4. F eb ru ar 1 7 9 9 2) w ieder. L etztere hatte aus gew issen Z w eck m ässig k eitsg rü n d en die E in führung v ersc h ied e n er B e schränkungen der sü d p reu ssisch en Ju d en sch aft, insbesondere d ie solidarische V erbindlichkeit d erselben in V orschlag gebracht.

Am w enigsten, fü h rte M inister v. Voss aus, könne er sich von d er N ützlichkeit des zu le tz t erw ähnten V orschlages ü b erz eu g en ,

„w eil g era d e dadurch der G em eingeist bei d er Nation genähret, die A n n äh e ru n g zu anderen G lau b e n sg e n o ssen g e h in d ert . . . . w ird, dah er auch das alte diesfällige G esetz se lb st in den übrigen P rovinzen nur äu sserst selten in A n w en d u n g k o m m t.“

In d iesen Z usam m en h an g geh ö ren die B em ühungen der R e g ie ru n g , die israelitischen E inw ohner dahin zu b ringen, die sie von d er christlichen B evölkerung u n tersch eid en d e K leidung und Ä usserlichkeiten ähnlicher A rt ab zu leg en . Auf eine ent­

sp rec h en d e A nfrage hatten die Ä ltesten der jüdischen G em einde zu P o sen bereits unterm 27. Ja n u ar 1 7 9 5 3) die E rklärung ab­

g e g e b e n , dass einer Ä n d eru n g d e r israelitischen K leidertracht relig io n sg esetzlich e V orschriften nicht en tg eg e n stän d e n . Z ur E r­

reich u n g dieses Z ieles sollte jedoch nur das M ittel d er B elehrung, kein Z w ang ang ew an d t w erden, w ie v. H oym in einem Schreiben vom 25. S eptem ber 1 7 9 7 4) an d ie P o sen e r K am m er ausführt.

N icht unw ichtig w ar die V erordnung vom 29. D ezem b er 1801 5), d ass die B ehörden in ihren am tlichen B ezieh u n g en zu den israelitischen U ntertanen die B ezeichnung derselb en als Ju d en v erm eiden, und falls die H in zu fü g u n g der R eligion zum Namen sich als n otw endig herau sstellen sollte, dafür den A usdruck „alt­

testam entarische R e lig io n sv erw an d te“ zu g e b ra u c h e n 0).

D a s folgende Ja h r (6. F ebruar) brachte die A usführung der b ere its 1797 erw ogenen M assregel, das einigen S tädten und G ew erben z u steh e n d e R echt der A u ssc h liessu n g jü d isch er P ersonen au fz u h e b e n 7).

In dem selben Ja h re (2 6 . Ju li) nahm v. Voss V eranlassung, dem K önige die A b leh n u n g d es G esuches der B ürgerschaft zu

а) Vgl. diese Monatsblätter I 132.

2) Staatsarchiv Posen SPZ. Gen. A VIII 1 c, Bl. 18.

3) Das. A VIII 1 a, Bl. 148 b.

4) Das. A VIII I b, Bl. 67.

5) Das. A VIII 1 c, Bl. 28—29.

б) Bereits im Jahre 1790 war ein derartiger Vorschlag von jüdischer Seite gemacht worden. Vgl. D. Friedländer: Aktenstücke, die Reform der jüdischen Kolonien in den preussischen Staaten betreffend (1793). S. 171.

Posener Staatsarchiv SPZ. Gen. A VIII 1 c, Bl. 68—69.

(13)

93

K alisch zu em pfehlen, w elches dahin ging, die dortigen jüdischen E inw ohner auf ein Q uartier e in zu sc h rä n k en 1).

Im folgenden Ja h re (7. F eb ru ar 1 803) trat derselbe dafür ein, dass das D orf S cherm eisel zu r S tadt erhoben w erde, dam it die Ju d e n dort auch ferner ihren W ohnsitz haben k ö n n te n 2).

D ie B em ühungen d er leitenden R egierungskreise, einen Teil der sü d p reu ssisch en Ju d e n für den A ckerbau zu gew innen, sind bereits an einer anderen Stelle g eschildert w o rd e n 3) ; die D arle g u n g d er M assnahm en d erselben, die israelitische B evölke­

ru n g m öglichst allen Z w eigen des H andw erks zuzuführen, b e ­ halte ich m ir für eine besondere A b h andlung vor.

Litterarische Mitteilungen.

D a l t o n H., D a n i e l E r n s t J a b i o n s k i , ei ne p r e u s s i s c h e H o f p r e d i g e r g e s t a l t in Be r l i n v o r z w e i h u n d e r t J a h r e n . Be r l i n , W. Wa r n e c k . 1903.

Jabionski ist eine für unsere P rovinz b edeutsam e P e r­

sönlichkeit, zu der er eine dreifache B ezieh u n g hat. Im Jah re 1660 zu N assenhuben bei D anzig als Sohn eines reform ierten P re d ig ers geboren, der sp äter S enior der B öhm ischen B rüder in G rosspolen w urde und noch den Nam en F ig u lu s führte, m ü tter­

licherseits ein E nkel von Am os C om enius, kam er im Ja h re 1667 nach M em el. Sein erster E intritt in die P rovinz beg in n t m it dem Ja h re 1670, in w elchem der K nabe nach des Vaters T ode der L ateinschule zu L issa überg eb en w urde, die dam als unter dem R ektorate des Sam uel H artm ann stand, in dessen H ause er auch A ufnahm e fand, bis er im Ja h re 1677 die U niversität Frankfurt b ez o g , um einem zw eijährigem Studium der T heologie o b zu ­ liegen. N achdem er v o rü b erg eh en d in B riesen im L ehram t g e ­ standen, besuchte er zu seiner W eiterbildung die U niversität O xford, die seinen Blick vertiefte. D arauf folgte eine dreijährige T ätigkeit als k u rb randenburgischer F eld p red ig er in M agdeburg.

M it dem Ja h re 1686 sie d elt Jabionski zum zw eiten M ale nach G rosspolen über, und zw ar als P re d ig er und R ektor in L issa. 1691 aber berief ihn K urfürst F riedrich III. von B randen­

b u rg als H ofprediger nach K ön ig sb erg und 1693 nach Berlin.

J) Notiz in dem Repertorium über südpreussische Akten in fremden Archiven (Abschnitt XXIII), welches sich im Königlichen Staatsarchiv zu Posen befindet.

2) Ebendaselbst.

3) Vgl. meine Arbeit: „Jüdische Ackerwirte zu südpreussischer Zeit.“

Historische Monatsblätter I, S. 177 ff.

(14)

H ier w irkte Jab io n sk i bis zu seinem T ode im Jah re 1741, also durch eine R eihe von 48 Jah ren . A ls solchen schildert ihn D alton nach den v ersch ied en sten Seiten seines vielverzw eigten A m tes. E r g en o ss das V ertrauen K önig F riedrich W ilhelm s I. in se lte n em M asse.

In d iese Z eit fällt die d ritte B e rü h ru n g Ja b io n sk is mit G ro ssp o len , einm al durch seine E rw äh lu n g zum Senior d er B öh­

m ischen B rüderunität im Ja h re 169 9 , sodann durch sein E in ­ greifen in die politischen V erhandlungen d er p rotestantischen V orm ächte m it P o len zu r B efreiung d er D issid en te n von dem auf ihnen lasten d en R eligionsdrucke zur Z eit d es nordischen K rieges und sp ä ter unter K önig A u g u st. So ist es seinem E in ­ flüsse zu v erdanken g ew e sen , d ass L issa zw eim al von der in A ussicht g enom m enen Z erstö ru n g v erschont blieb, bis es dann doch in A sche sank. S eine D o p p elstellu n g als p reussischer H o fp red ig er und als U nitätssenior b efäh ig te ihn zu diesem E in ­ greifen, w ie er auch an vielen S ynoden im polnischen Reiche teilnahm . D as T horner B lutbad (1 7 2 4 ) fällt in seine L ebenszeit, w o rü b e r er uns in der w ertvollen Schrift „D as b etrübte T h o rn “ ausfü h rlich e N achricht giebt.

In diesen U nterabschnitt „E intritt für evangelische G lau b en s­

gen o ssen im A uslande a) für die E v angelischen in P o le n ,“ der u n s am m eisten interessiert, erfahren w ir aber nicht w esentlich an d eres, als w as w ir K vacala verdanken, „dem unerm üdlichen un d sorgfältigen A rchivforscher, auf d essen ausführliche A ufsätze ü b er Jab io n sk i und G rosspolen in d er Z eitschrift d er H istorischen G esellschaft für die P rovinz P o sen Ja h rg a n g XV und XVI — so sp rech en w ir D alton nach — w ir um so lieb er verw eisen, als sie uns dem entheben, S chritt für S chritt auf die w ichtige T ätigkeit Jab io n sk is für seine polnischen B rüder und G lau b en s­

g en o ssen e in z u g e h e n .“ S. 323.

D alton brin g t uns diesm al nicht blos klares W asser stre n g ­ w issenschaftlicher G eschichtsforschung. Seine Schrift ist zugleich eine T endenzschrift im Interesse der p rotestantischen K irchen­

v ere in ig u n g . D es V erfassers g lü h e n d e V orliebe für seine reform ierte K onfession m acht ihn etw as blind g eg e n ü b er den geg en teilig en B estrebungen. D ie U nionsversuche w aren dam als nicht so harm los, w ie es scheint. N am entlich ist von den B edrückungen und G ew issen sb ed rän g n issen , w elchen die L utheraner durch die stren g e n E d ik te des K önigs g eg e n die K irchenzerem onien au s­

g e s e tz t w aren, nichts erw ähnt. D och b eg rü sse n wir diese neue G abe des unerm üdlichen V erfassers, b esonders auch um d e s­

w illen, w eil sie den Blick F e rn steh e n d er auf unsere etw as a b g e­

le g en e P rovinzialgeschichte lenkt und Interesse für sie erw eckt.

H. Kleinwächter.

(15)

95

Nachrichten.

1. K a c h e l ä h n l i c h e s T o n g e f ä s s v o n G o c a n o w o b e i K r u s c h w i t z , K u j a w i e n . Im Ja h re 1894 w urden in Gocanowo bei K ruschw itz, K ujaw ien, beim P app elau sro d en in einer Tiefe von 2 m T ongefässe entdeckt und m ir sp äterhin übergeben. D ie betreffende P ap p el stand am F u sse eines schon in den 60 er Ja h re n ab g e trag e n en B urgw alles, von dem in d er L itteratur eine N otiz sich bisher nicht findet. E s m uss aber dahingestellt b leiben, ob und in w elchen B ezieh u n g en die G efässe zu diesem B urgw alle stehen. D as H auptstück ist ein kachelartiges Gefäss, 18,2 cm hoch, m it rundem , 8 cm im D urchm esser haltendem B oden, das dann nach oben zu viereckig w ird, sodass die M ün­

d u n g ein V iereck von 12 — 13 cm S eitenlange darstellt. Innen die vier Ecken sind rinnenartig eingedrückt, und diese Rinnen laufen innen bis fast an den B oden herab. Auch von aussen her lassen sie sich erkennen, so d ass das G efäss wie em ailliert erscheint. D ie F arbe des T ons ist u n regelm ässig, gelblich-grau bis hochrot, die D icke der W an d u n g g eg e n 3/ 4 cm.

D as G efäss hatte jedenfalls einen D eckel, d er wohl wie ein F alz au fg esetzt w urde und in der M itte einen K nopf hatte.

Von einem zw eiten ganz ähnlichen kachelartigen G efäss ist nur d er untere Teil e r h a lte n ; ausserdem erhielt ich den B oden eines m ittelalterlichen G efässes (11 cm im D urchm esser), aus schw arzem Ton.

U nser H auptstück ist d esw egen interessant, w eil es zum Teil m it einer ascheähnlichen S ubstanz angefüllt w ar. A usserdem ab e r la g darin nach ausdrücklicher V ersicherung des Inspektors, der beim Fällen des B aum es z u g e g e n w ar, eine M asse von der F orm eines B riketts, deren N atur m ir u n bekannt ist. Sie sieht aus w ie ein sp ä ter zu sam m engetrockneter A u sg u ss des G efässes I.

W en ig sten s ist die S pitze rundlich, dann aber ist d er D urch­

m esser des fraglichen G egenstandes v ie re ck ig o der vielm ehr rechteckig, w as vielleicht durch un reg elm ässig es Z usam m entrocknea zu Stande gekom m en ist. D as der S pitze en tg e g e n g e se tz te E nde ist m öglicherw eise abgebrochen, denn die O berfläche ist sehr u n ­ reg e lm ässig und sie h t bruchartig aus.

D ie N atur d ieser eigentüm lichen M asse, w elche bei o ber­

flächlicher B esich tig u n g grosse Stücke von H olzkohle enthält, ist m ir durchaus rätse lh a ft; ob wir es m it einer anorganischen S ub­

stan z zu tun haben, vielleicht einfacher zusam m engetrockneter E rde, w ird die chem ische U n tersuchung ergeben.

A naloge G efässe w ie Nr. I habe ich b ish er in den Sam m ­ lu n g en nicht finden k ö n n en ; ihre zeitliche S tellung (früh m ittel­

(16)

alterlich) ist ja zw eifellos. D ie offenbare S eltenheit des T y p u s rechtfertigt die B eschreibung.

R. L e h m a n n - N i t s c h e , Dr. phil. et med.

(La Plata, Argentinien).

2. H err D r. C elichow ski, der H erau sg e b er d er A c t a T ö ­ rn i c i a n a , deren 11. B and in unserem v orletzten H efte besprochen w urde, teilt uns freundlichst m it, dass die U rkunde Nr. 13 des genannten B andes sich nicht (wie in unserer B esp rech u n g an ­ genom m en w urde) auf die S tadt B entschen in der P rovinz P o se n , sondern auf das S tädtchen B ^dzin in K leinpolen beziehe.

3. J a h rg a n g V Nr. 5 d e r Z eitschrift „D ie D enkm al­

p fle g e “ b rin g t zw ei g rö ssere A ufsätze ü ber die K u n st­

denkm äler u n serer P rovinz. Sie w ird eröffnet m it einem A ufsatz von dem G eh. B aurat und K onservator d er preussischen K unstdenkm äler, H a n s L u t s c h , ü b er die N e u b e m a l u n g d e s R a t h a u s e s z u P o s e n . D er V erfasser tritt energ isch für die polychrom e W ied e rh e rstellu n g der O stfront ein. W ir kom m en auf diesen A ufsatz noch bei d er F o rtse tz u n g unserer in d ieser N um m er b eg o n n en en H istorischen B eiträge zur W ied e rh e rstellu n g s­

frage des P o sen e r R athauses zurück. D er zw eite A ufsatz rührt von J u l i u s K o h t e h er und b eh a n d elt den W i e d e r a u f b a u d e r S. M a r i e n k i r c h e i n I n o w r a z l a w (vgl. M onatsblätter III S. 1 6 1 — 4). B eide A ufsätze sind m it interessan ten Illustrationen geschm ückt.

4. Ü ber den U rkundenfälscher C h r i s t o p h S t a n i s l a u s J a n i k o w s k i , der w ahrscheinlich auch die G rü n dungsprivilegien der S tädte M eseritz u n d Schw erin a. W. gefälscht hat, veröffent­

licht B ä r einen interessanten A ufsatz in den „M itteilungen d e s W estpreussischen G eschichtsvereins“ Ja h rg . II. Nr. 1 S. 3 ff.

A. Warschauer.

Historische Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft

Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.

Sonntag, den 21. Juni 1903

A u s flu g nach P a ra d ie s z u r B e sic h tig un g d es d o rtig e n e he m a lig e n a lte n C is te rc ie n s e rk lo s te rs -

(Vgl. Genaueres auf Seite 4 des Umschlages.)

R e d a k tio n : D r. A. W arsch au er, P o sen — V erlag d e r H isto risch en G esellschaft für die P ro ­ vinz P o sen zu P o sen u n d d e r H istorischen G esellschaft ftlr den N etze-D istrikt zu B ro m b erg .

D ruck d er H ofbuchdruckerei W . D ecker & Co., P o sen .

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