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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 26, H. 1

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S tätte n d e u ts c h e r A r b e it: S te rn w a rte auf dem Dach des Zeiß werk es, Jena

Technik und Wirtschaft

Mit A r c h i v f ü r W i r t s c h a f t s p r ü

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T*»rhn u Wirtsoh lo Oft H e ft 1 , Seite 1 - 3 2 Berlin, im Januar 1 9 3 3 ifjg' cuas 1, V i e r t e l j a h r 1933 w a r a m 1. J a n u a r f ä l l i g

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T e c h n ik u n d W irts c h a ft J a n u a r / H e f t 1

Verein Beratender Ingenieure (VBI) E.V.

B E R L I N N W 7 D O R O T H E E N S T R A S S E 4 0 • I N G E N I E U R H A U S

F e r n s p r e c h e r A l J ä g e r 0 0 3 5 , A p p a r a t ß

G R U N D U N G S J A H R 1 9 0 3 De r Verein B eratender In gen ieu re ist der korp orative Z u sa m m en sch lu ß der selb stän d igen fre ib e ru flich en und u n ab h än gigen d eu tsch en Ingenieure.

In ih m sin d alle F a ch rich tu n g en der T ech n ik vertreten.

M itglied er d es VBI üben ih re T ätigk eit nach den R egeln des freien Berufes aus. Sie sind h in sic h tlic h der E in h altu n g der B eru fsregeln ein em Ehrenrat und ein em E h ren gerich t unterw orfen.

Ihre T ä tigk eit ist tec h n isch er und tec h n isch -w irtsch a ftlich er Art; ein Teil der M itglied er sin d ö ffe n tlic h b estellte W irtsch aftsp rü fer.

N ähere A uskünfte ü b er M itgliedschaft und Inanspruchnahm e erteilt die G e­

schäftstelle

Alle M itglied er verfügen ü ber ja h relan ge E rfahrung und B erufspraxis, die sie b efä h ig e n , W ir tsc h a ftlic h k eitsb er ec h n u n g en , S elb stk osten erm ittlu n gen , G ew in n - und erlu strech n u n gen , P rojek tieru n gen und ä h n lich e A rbeiten zu ü b ern eh m en und G utachten zu erstatten.

V ereinigung selb stän d ig er Ingenieure für W irtschaftsprüfung

B e r l i n N W 7, I n g e n i e u r h a u s . F e r n s p r e c h e r A l J ä g e r 0 0 3 5

D i e M i t g l i e d e r d e r V e r e i n i g u n g s i n d ö f f e n t l i c h b e s t e l l t e W i r t s c h a f t s p r ü f e r m i t t e c h n i s c h e r V o r b i l d u n g .

D i e V e r e i n i g u n g b e z w e c k t

d ie der T ech n ik zu fa llen d en A ufgaben a u f d em G ebiet der W irtsch a fts­

p rü fu n g zu förd ern ,

für ein e a llg e m ein e A ufkläru ng über d ie W ir tsc h a ftsp r ü fu n g , d en W irt­

sch a ftsp rü ferb eru f und den W irtsch a ftsp rü fer m it te c h n isc h e r V orbildung zu sorgen und

D as M itg lie d e rv e rz e ic h n is stellt die G eschäftstelle auf

A n fo rd eru n g zur V erfügung lic h k e it ZU vertreten.

die B elan ge der W irtsch a ftsp rü fer m it te c h n isch er V o rb ild u n g in der Ö ffent-

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echnik und Wirtschaft

H e ra u s g e b e r: Dr.-Ing. O tto B re d t und Dr. G e o r g F re ita g / VDI-V erlag GmbH, B e rlin N W 7 26. J a h rg a n g

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Jireif

2 5 Jahre „Technik und Wirtschaft“

„Technik und W irtsch a ft“ wurde vor 25 Jahren ins Lehen gerufen, dem Ingenieur die E rkenntnis von den Zusamm en­

hängen der W irtschaft und das Verständnis fü r die Erfordernisse w irtschaftlicher A nw endung der Technik selber näher zu bringen. Gleichzeitig aber wurde damit auch allen übrigen an Technik und W irtschaft beteiligten Kreisen die M ög­

lichkeit geboten, sich m it ingenieurmäßigem Denken und ingenieurmäßiger A rbeit au f dem Gebiete der W irtschaft vertraut zu machen u nd auseinanderzusetzen.

Im A u f und A b eines Vierteljahrhunderts stand „Technik und W irtsch a ft“ m itten im geistigen Ringen und praktischen Schaffen der Zeit. M annigfach wie das Suchen und Streben der vergangenen Jahrzehnte waren die Wege, au f denen die Z eitschrift im D ienste von Technik und W irtschaft Ziele zu stecken und zu erreichen versucht hat. Gab es ein Irren, so war es ein Irren der Zeit. M it dem W andel der Zeiten erwuchs aus der E rfahrung heraus auch hier stets die neue E rkenntnis und m it ihr der feste E ntschluß, aufs neue die Lage zu meistern.

So wuchs schicksalsverbunden m it Technik und W irtsch a ft 25 Jahre die Z eitschrift. Je mehr die uralte Schicksals­

gem einschaft von Technik und W irtschaft zur Schicksalsfrage der Gegenwart wurde, um so größer wurden die A u f ­ gaben, welche „Technik und W irtsch a ft“ gestellt sind. K om m t es doch darauf an, die Voraussetzungen fü r eine Gesundung der W irtschaft und damit die Grundlagen fü r die W irtschaftskultur unseres Volkes in gemeinsamer A rbeit zu schaffen.

Solange in uns noch der W ille nicht nur zur Selbstbehauptung, sondern auch zum W iederaufstiege lebt, steht im M ittelpunkte hier die schöpferische und wagende K r a ft, die sich das Gesetz des H andelns nicht einfach von N o td u rft oder W ohlstand des täglichen Lebens a u f zwingen läßt, sondern ziel- und verantw ortungsbewußt aus den p ra k ­ tischen Grenzen und M öglichkeiten von Technik und W irtschaft heraus im mer wieder aufs neue die Voraussetzungen fü r Dasein und Lebensgeltung der eigenen Gemeinschaft dem Leben abzuringen versucht. H ier Ziele zu stecken und Wege zu weisen, sowie insbesondere die inneren und äußeren Zusammenhänge und Grenzen zu zeigen, wird eine unserer wichtigsten A ufgaben sein. D amit wird gleichzeitig das wirtschaftliche Unternehmen in den B rennpunkt der Betrach­

tung gestellt, in dem sich als Lebensträger der W irtschaft heute alle Probleme von A rbeit und K apital, W are und Geld und damit der W irtschaft als Ganzes in natürlichster W eise verbinden. Dem eigentlichen W irkungskreise der Zeitschrift entsprechend wird hierbei die Pflege und Förderung des industriellen Unternehmens im Vordergrund stehen.

Schicksalsverbunden sind alle Kreise der W irtschaft. A uch das einzelne Unternehmen vermag sich in W ahrheit nur dann zu entwickeln, wenn es im und m it dem Gemeinschaftsverbemde erstarkt. Pflege und Förderung des industriellen Unternehmens wird daher letzten Endes auch stets Pflege und Förderung der Gesamtwirtschaft sein. So wird A rbeit am Einzelnen gleichzeitig zum Dienste am Ganzen.

Dem gemeinsamen W irken von Technik und W irtschaft aber erwächst dam it aufs neue das alte gemeinsame Ziel, nicht allein W erke zu schaffen, sondern das aus dem Leben und fü r das Leben gestaltete W erk auch im Lebenskam pf und Lebenssinn zu erproben.

Die Herausgeber.

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Der Ingenieur als Wirtschaftler

Von Generaldirektor

Dr.-Ing. E. h. CARL KÖ TTG EN , Berlin

Von jeher arbeitet der Ingenieur um des w irtschaft­

lichen Zieles willen. Die wirtschaftlichen Vorteile kom m en dem Abnehm er und dem eigenen Betrieb zugute. A us dem Gleichgerichtetsein der eigenen Interessen m it denen andrer entsteht die Gemein­

schaftsarbeit, die Sorge um die nationale und W e lt­

wirtschaft.

Die derzeitige W irtschaftsnot, insbesondere die große A rbeitslosigkeit, nahm ihren A n fa n g in der P roduk­

tionsmittelindustrie. D er Ingenieur kann nur in beschränktem M aße zu ihrer L inderung beitragen.

E s sind stärkere, politische, vor allem internationale E inw irkungen notwendig.

Dem Ingenieur liegt systematisches Planen nahe, daher auch die Überlegung, wieweit zur Z eit eine P lanw irtschaft möglich ist, die eine Störung des Gleichgewichts zwischen B ed a rf und Erzeugung ausschließen soll. Die private Verantwortlichkeit ist aber das beste M ittel, um dieses Gleichgewicht herbeizuführen. P lanw irtschaft ist auch nur im Böhm en eines Landes möglich. A ber viele Länder der W elt erzeugen das Gleiche.

Vor fünfundzwanzig' Ja h re n hielten es maßgebende H erren des Vereines deutscher Ingenieure fü r angezeigt, der Be­

handlung der Zusammenhänge zwischen Technik und W irt­

schaft eine besondere Z eitschrift zu widmen. W a r bis dahin das w irtschaftliche Denken, P lanen und H andeln dem Ingenieur frem d? Noch heute trifft man ja oft der­

artige Anschauungen.

Ingenieur und w irtsch aftlich es D enken

Als Jam es W a tt das K ondensieren des W asserdam pfes aus dem A rbeitszylinder heraus in einen besondem Raum, den K ondensator, verlegte, dachte er w irtschaftlich: er wollte an D am pf und dam it an Brennstoff sparen. Als A rkw rig h t das H andspinnen durch die Spinnm aschine ersetzte, sah er den starken w irtschaftlichen F o rts c h r itt: die Steigerung der L eistung je A rbeitstunde. Bei jeder technischen E n t­

wicklung w ar der w irtschaftliche E rfo lg die treibende K ra ft. Aus w issenschaftlicher E rkenntnis schuf der I n ­ genieur die praktische Anwendung, um neue Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen. Auch das ist w irtschaft­

liches Streben. So begründete W erner Siem ens die F e rn ­ meldetechnik durch den elektrischen Telegraphen und gab der Menschheit die E nergiefernübertragung durch das dynam o-elektrische P rinzip. Aus den wissenschaftlichen F orschungen von H ertz entstand, zuerst von M arcom be­

gonnen, das heute so weite Gebiet der drahtlosen F ern ü b er­

tragung. H ertz dachte nicht an W irtschaftlichkeit, aber Marconi. Je m ehr G rundlegendes geschaffen wurde, um so m ehr begann die Einzelarbeit m it dem Ziele der w irt­

schaftlichen Verbesserung. Edison gab der W elt das billigere und zugleich reichlichere und bequemere Licht, Parsons die schnellaufende, w ohlfeiler herzustellende D am pfkraftm asehine, die auch in g rößten Einheiten ge­

baut werden konnte, Diesel erstrebte die grö ß te W irtsch a ft­

lichkeit im Brennstoffverbrauch. U nd welche Einzelarbeit, immer im Streben nach w irtschaftlichen E rfolgen wurde in kleineren Schritten von Tausenden und A bertausenden von Ingenieuren geleistet! Unsere Stam m zeitschrift legt fa st in jedem A ufsatz von dem ersten Ja h rg a n g an Zeugnis davon ab.

S o k a n n k e i n Z w e i f e l s e i n , d a ß d e r I n ­ g e n i e u r v o n j e h e r u m d e s w i r t s c h a f t ­ l i c h e n Z i e l e s w i l l e n a r b e i t e t e u n d s t r e b t e . Diese w irtschaftlichen Vorteile kam en dem Abnehmer zu­

gute, f ü r den er schuf. E r m ußte aber auch an sich und seinen Betrieb denken, dam it es auch hier w irtschaftlich zuging. Auch die H erstellung seiner Erzeugnisse mußte w irtschaftlich geschehen, m it einem M inimum an A uf­

wand m ußte ein Maximum an E rzeugung erzielt werden.

So sehen wir, wie in der letzten Zeit — etwa seit 25 Ja h ­ ren — die Steigerung der E rgiebigkeit der Erzeugung immer mehr in den V ordergrund tritt. Dieses Streben g ipfelt in der F o rd e ru n g : erzeuge Gleichartiges, große Mengen und dadurch auch billiger.

E rfahrungsaustausch — G em ein sch a ftsa rb eit H ierbei ergab sich eine weitere w irtschaftliche Erkenntnis;

die eigenen Interessen w aren mit denen der ändern gleich­

gerichtet. So entstand der W unsch nach E rfahrungsaus­

tausch, nach Gemeinschaft im B eraten und im Planen. Es begann die Gem einschaftsarbeit. E rs t zaghaft. Aber bald erkannte man, daß jed er gab und jeder nahm, daß es dem einzelnen besser geht, wenn das allgemeine Niveau gehoben wurde. Das w ar der Z eitpunkt, als die Z eitschrift „Tech­

nik und W irtsc h a ft“ entstand.

A ber noch eins erkannte der Ingenieur. Im w irtschaft­

lichen Leben entscheidet n u r der w irtschaftliche Erfolg.

E r m ußte sich Überblick verschaffen über den Aufwand an M aterial, A rbeit und U nkosten, also über alles, was zur „K alkulation“ gehört, und letzten Endes über den w irtschaftlichen dynamischen A blauf der ganzen Betriebs- führung, die „E rfolgsrechnung“ und, in gewissen mög­

lichst klein bemessenen Zeitabständen, über den statischen Betriebszustand, über die „B ilanzrechnung“ . M an mußte streben, zu sparen, W esentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden. O rdnung, Überblick w ar notwendig, um den w irtschaftlichen E rfo lg zu sichern. Auch hier war das Gemeinsehaftsinteresse groß. „Technik und W irtschaft“

w ar hier erw ünschter Gemeinschaftsboden.

Und w eiter: der Ingenieur erkannte, daß er nicht nur für seinen eigenen B etrieb verantw ortlich w ar, sondern daß er und sein B etrieb n u r ein Teil des Ganzen sind, eine Zelle in einem weitverzweigten O rganism us, letzten Endes der ganzen nationalen W irtsch aft, ja d arüber hinausgehend der W eltw irtschaft. Diese Rücksichtnahm e a u f die Umwelt erstreckt sich nach zwei R ich tu n g e n : au f diejenigen, die das Gleiche wie er selbst erzeugen, seine M itbewerber, aber in gleich starkem M aße au f diejenigen, die seine Erzeug­

nisse abnehmen sollen und können, au f seine Abnehmer, au f den Bedarf. Diese Rücksichtnahm e au f die Umwelt ist heute dringender geworden als je. Das ist begründet in der technisch-organisatorischen Entw icklung, die in den beiden letzten Jahrzehnten so rasche F o rtsch ritte gemacht hat.

Das sei in kurzen Strichen gekennzeichnet. D er Mensch benutzt seit altersher das W erkzeug, um seinen täglichen B edarf zu fertigen. Als es gelang, die M uskelkraft durch mechanische K ra ft zu ersetzen, w urde aus dem W erkzeug die W erkzeugm aschine. Die leicht bewegliche E lektrizität hat diese Entw icklung sta rk gefördert, aber auch die syste­

matische A ufteilung des F abrikationsganges ermöglicht.

Als n un die E rkenntnis kam, daß die H erstellu n g von Gleichartigem, von Mengen, die F ertig u n g ganz wesentlich verbilligt, setzte, u n te rstü tzt durch systematische P lanung,

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die Entw icklung ins Große ein. So steigerte sich der B edarf nach Produktionsgütern.

Ein p a a r W orte über K onsum güter und P roduktions­

güter. An sich hat die Menschheit nur ein unm ittelbares Interesse an der V ersorgung m it Gütern fü r den täglichen Bedarf, fü r den Konsum. E rnährung, K leidung, W oh­

nung sind die drei notwendigsten Bedarfsgebiete fü r die E rfordernisse des K örpers. Die zivilisatorische und kul­

turelle Entw icklung h at jedoch im Laufe der Zeit, ermög­

licht durch wissenschaftliche E rkenntnis und technische Auswertung große, neue Bedürfnisgebiete erschlossen. So wurden immer zahlreichere, immer um fangreichere P ro ­ duktionsmittel-Komplexe geschaffen. Wie um fangreich heute die Erzeugung von Produktionsm itteln ist, erkennt man deutlich, wenn m an an H and der S tatistik der Be­

rufstätigen die Zahl der in den Produktionsm ittelindu­

strien Beschäftigten betrachtet, beginnend bei der Stein- und Eisenindustrie und endend bei dem Baugewerbe und den vielseitigen Maschinen- und A pparate-Industrien.

Produktionsm ittel werden nicht unm ittelbar verbraucht und dam it vernichtet, so daß sofort neuer B edarf ent­

steht, sondern nutzen sich erst im Laufe von Jahren, sogar von Jahrzehnten ab, so daß ih r E rsatz nie dringend ist, sondern sich nach der jeweiligen Notwendigkeit, aber auch nach dem jeweiligen Vermögen richtet. Neubeschaffung von Produktionsm itteln, die eine V ergrößerung des P ro ­ duktionsapparates darstellt, findet n u r in Zeiten aufstei­

gender K o n ju n k tu r statt, wenn ein kommender, zuneh­

mender B edarf erw artet wird.

Das Problem der Arbeitslosigkeit

Jed er von uns Ingenieuren legt sich wohl die F rage vor, welches sind die Gründe des heutigen w irtschaftlichen Tiefstandes, wie ihn die ganze W elt seit einem Jahrhundert nicht mehr erlebt hat, die Ursachen der Arbeitslosigkeit.

D i e A r b e i t s l o s i g k e i t b e g a n n i n d e n P r o - d u k t i o n s m i t t e l - I n d u s t r i e n . Man braucht ja nur den statistischen V erlauf des Beschäftigungsgrades in den einzelnen Industrie- und Gewerbegruppen zu betrach­

ten, um dies bestätigt zu erhalten. D aß die Erzeugung von Produktionsm itteln zuerst nachgelassen hat, ist ja auch n u r zu natürlich. Die P roduktionsstätten w aren vergrößert oder ihre P roduktionsfähigkeit durch Beschaffung mehr ergiebiger Einrichtungen gesteigert worden. E in V or­

gang, der in dem W iederaufbau-Optim ism us nach dem Kriege, gleichzeitig angespornt durch die betriebstech­

nischen Fortschritte der letzten Zeit, seine E rk läru n g fin­

det. Nicht n u r die privatw irtschaftliche Initiative war hier sehr rührig. M an denke auch an die W ohnbaupolitik der öffentlichen H and und deren A usdehnungsdrang auf vielen Gebieten. Das ging gut, bis man erkannte, daß die Produktionsmöglichkeit übergenügend groß war. Das w ar der A nfang des Stillstandes, des Rückganges. Die frei werdenden A rbeitskräfte verloren an K a u fk ra ft f ü r K on­

sum güter — eine sekundäre Erscheinung, die die K risis verschärfte. A ber es kam weiteres dazu. Die öffentlichen Lasten stiegen, die R entabilität w ar verschwunden. Man hielt, wo es n u r ging, mit Ersatzbesehaffung fü r Abgenutz­

tes, Überaltertes — sonst die laufende, stets gleichmäßige G rundbeschäftigung der Produktionsm ittel-Industrien — zurück. So kam es zu dem heutigen Tiefstand, am tiefsten in den P roduktionsm ittel-Industrien, stark aber auch in den Gewerben und W irtschaftsgebieten, die Konsum güter herstellen und vertreiben.

Optimismus bei steigender K onju n k tu r, Z urückhaltung bei fallender sind stets die U rsachen der periodisch wieder­

kehrenden K onjunkturschw ankungen gewesen. A ber bei der heutigen so tiefen Depression kommen noch andere Gründe hinzu. Jede W irtschaft braucht B etriebskapital, flüssige M ittel oder K redit. Wie die P roduktionsstätten den M uskelaufbau des W irtschaftskürpers darstellen, so sind die Betriebsm ittel das K örperblut, dessen K reislauf erst das W irtschaftsleben unterhält.

Wie hier die Vorgänge nach dem K riege waren, ist nur zu oft dargelegt worden: V ernichtung durch den K rieg, Inflation, Nichtbeachtung, daß eigene K apitalbildung nötig ist, Abzug durch die R eparationen, H ereinnahm e von Aus­

landsleihgeldern. Auch hier, international betrachtet, eine A ufeinanderfolge von wirtschaftspsychologisehen Gegen­

sätzen: erst größte Bereitwilligkeit des Auslandes, zu helfen, dann egoistische Verweigerung des internationalen W arenaustausches, der zwingend m it den Verpflichtungen aus dem K apitalverkehr verbunden sein muß.

Die W irtschaftsnot vergrößert die sozialen Gegensätze.

Die W irtsch aft ist n u r der Menschen wegen da. Der Ingenieur bereitet die Produktionsstätten. E r bestimmt den A rbeitsablauf im einzelnen. Aber das W ertvollste im ganzen P rod u k tio n sap p arat sind die A rbeitskräfte. So liegt ihm die Sorge fü r das Wohlergehen jedes einzelnen ob. H ier gilt kluges, warmes Abwägen, wie weit er gehen kann, und vorsorgliches Gesundhalten des Betriebes, der P roduktionsstätte, die allen N ahrung bringt.

K an n der Ingenieur unm ittelbar die Arbeitslosigkeit min­

d e rn 1? Sein E ingreifen ist beschränkt. E s sind stärkere, politische Einw irkungen notwendig, nicht zuletzt in te r­

nationaler A rt. Besonnenheit, Eindämmen des nationalen Egoismus, A nerkennen des G rundsatzes: „leben und leben lassen“ können n u r helfen. V ertrauen in die Stetigkeit der Entwicklung, Überwinden der F urcht vor Neuerungen und Experim enten ist Voraussetzung fü r die Belebung des W irtschaftslebens. I s t erst einmal V ertrauen wieder her­

gestellt, international sowohl wie vor allem national, dann w ird auch der einzelne wieder zu M aßnahmen in seinem Betriebe schreiten, die in ruhigen norm alen Zeiten ge­

wohnte Tagesarbeit waren.

A ber schnell wird die Besserung nicht eintreten. Das hängt ja ganz von dem jeweiligen, w irtschaftlichen V er­

mögen ab. A n V ergrößerung der P roduktionsstätten wird au f lange Zeit nicht gedacht werden können, aber der E r­

satz von V erbrauchtem wird notwendig werden. So wird die Ersatzbeschaffung von Produktionsm itteln die W ieder­

belebung bringen, so wie das U nterlassen dieser Be­

schaffungen die K risis eingeleitet hat. Schon h at es be­

gonnen, und es ist ein Trost, daß dieser Teil der P roduk­

tionsm ittelerzeugung der größere ist gegenüber den reinen Vergrößerungen.

Aber f ü r eins kann der schaffende Ingenieur sorgen. E r wird, gestützt au f neue wissenschaftliche E rkenntnis — F orschung tu t not — die praktischen Anwendungen schaffen müssen, die neue Bedürfnisse der Menschheit er­

wecken und so neue B eschäftigung schaffen. M an denke nur an die Entdeckung der elektrischen Wellen durch H ertz und die sich daran anschließenden technischen E r ­ rungenschaften von der drahtlosen Telegraphie bis zur Radiotechnik und dem Klangfilm. Millionen und Millionen von Menschen finden dadurch heute ih r Brot. Es gibt zwar auch schon heute Schriftsteller, die dieser Entw ick­

lung ein Ende Voraussagen, so wie es zu jeder Zeit, wenn

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eine D epression kam, M aschinenstürm er gegeben hat. A ber prophezeien ist schwer, wollen w ir nicht lieber hoffen, ver­

trau e n a u f die menschliche Geistesbetätigung!

D as b rin g t uns zu der F rage, ob nicht eine allgemeine A r­

beitszeitverkürzung die Lösung der A rbeitslosigkeit er­

möglichen würde. P rak tisch w ird diese ja schon heute in weitem M aße in der K u rzarb eit durchgeführt. Die Ten­

denz in der Entw icklung in den letzten siebzig Ja h re n zeigt zweifellos ein allmähliches Sinken der A rbeitszeit, aber doch n u r sehr langsam, schrittweise. W ürde das Senken au f dreiviertel der jetzigen A rbeitszeit, so wie es gefordert wird, das richtige sein? W as f ü r ein W irt­

schaftsgebiet zutreffen m ag, g ilt nicht ohne weiteres fü r ein anderes. Das internationale Y erknüpftsein schreibt Grenzen vor. W ürden alle a u f dem W eltm arkt kon­

k urrierenden Länder zustimm en? Gilt das, was heute zweckmäßig erscheint, auch f ü r bessere Zeiten? Das U rteil über das M aß der K ürzung kann doch erst gefällt werden, wenn alle Gewerbe und Industrien, vor allem die P roduktionsm ittelindustrien, w ieder m it norm aler, aus­

geglichener B eschäftigung arbeiten. Und das h ängt wieder von der technischen Entw icklung, den F ortsch ritten , die kommen werden, ab. Vielleicht haben sich manche ge­

täuscht, die schon heute eine wesentliche K ürzung der Arbeitszeit vorschlagen.

Ingenieur und W irtschaftsplanung

Und nun ein p a a r W orte zu der „P la n w irtsch a ft“ . Gewiß geht manchem die Störung des Gleichgewichtes zwischen

„B edarf und E rzeugung“ durch den K opf, nicht zum wenigsten manchen Ingenieuren, denen systematisches P lanen so nahe liegt. M an möchte gern die G röße der P roduktionsstätten, die P roduktio n sk ap azität dem vor­

aussichtlichen B edarf anpassen. Alles soll u n ter einer Leitung zusam m engefaßt werden. D ann ergäbe sich ja alles von selbst. Unnötige Ausdehnung werde verhütet.

L iegt das wirklich so einfach? W ird der neue L eiter den voraussichtlichen B ed arf im m er richtig einschätzen? W as m acht er, wenn seine Ingenieure die Erzeugungsm ethoden so verbessern, daß m it dem gleichen P ro d u k tio n sap p a ra t

sprungw eise m ehr der gleichen W are erzeugt w ird? Oder w enn plötzlich eine andere W are bevorzugt w ird?

W enn m an sich schon einen Überblick über B e d arf und P roduktionskapazität verschaffen will, dann g ib t es doch einfachere Wege. Niemand, der privatw irtsch aftlich ver- - antw ortlich ist, w ird seine P rodu k tio n sstätten vergrößern, wenn er das Unnötige, das dam it verbundene Risiko er­

kennt. Diese E instellung gilt zum m indesten f ü r die große M ehrzahl der privatw irtschaftlich V erantw ortlichen.

P lan w irtsch aft ist doch n u r im Rahm en eines Landes mög­

lich. A ber viele L änder der W elt erzeugen das Gleiche.

M an denke n u r an die Ü berproduktion von K upfer, Gummi, Baumwolle, Kaffee. Da soll A u tarkie helfen, bei uns, die w ir in den Rohstoffquellen so sehr eingeschränkt und a u f die Bezahlung nach dem A usland durch W are angewiesen sind?

Noch ein W o rt zu der P la n w irtsc h aft: sie würde wirk­

lich große W irtschaftskom plexe schaffen und die V erant­

w ortung der Leitung w äre sehr schwer. H eute g ilt in der privatw irtschaftliehen O rganisation der G rundsatz der D ezentralisation nach dem E rfa h ru n g ssa tz : in der Be­

schränkung liegt die G ründlichkeit. Jeder, der fü r ein Teilgebiet verantw ortlich ist, soll dieses überschauen und m uß f ü r das Ergebnis geradestehen. Sein Streben wird angespornt durch das K önnen der M itbewerber. Das E r­

gebnis w ird m it seinem Eigeninteresse verbunden. Auch geschieht nach dem Ergebnis die A uswahl der Tüchtigen.

Je höher er steht, je m ehr m uß er die Risiken absehätzen und die V erantw ortung übernehmen. M ißerfolge wären verhängnisvoll. M ehrheitsentscheidungen, die immer ver­

lorene Zeit bringen, geben nicht das Optimum .

Ich habe vom Ing en ieu r als W irtsch a ftler gesprochen.

M an fasse diesen Begriff nicht zu eng. Je d e r Fabrikant, auch wenn er nicht eine Ingenieurausbildung durch­

gem acht hat, sondern in seinem Betriebe g ro ß geworden ist, fä llt hierunter. Auch der K aufm ann, selbst der Jurist, soweit er seinen B etrieb kennt. A u f die Sachkenntnisse kommt es an. W er G üter erzeugt, m uß w irtschaftlich denken und handeln. Selbst V olksw irtschaft le rn t man am

besten in der P raxis. [1543]

Die dringlichsten Gegen­

wartsfragen der Industrie, namentlich der Montan­

industrie

Von KRUPP VON BO HLEN UND H A LB A C H , Essen-Hügel

„Auftragsbeschaffung und M ehrbeschäftigung“ ist ein Zentralproblem von größter politischer, w irtschaft­

licher und sozialer Bedeutung. Die Lösung m uß sowohl in einer Stärku n g des B innenm arktes als auch in einer Förderung des Auslandabsatzes ge­

sucht werden. N icht nur in Deutschland sondern auch im A usland kann m an vielfach eine bedenk­

liche Überalterung technischer Anlagen und eme Zunahm e m angelhafter E inrichtungen feststellen.

D er K a p ita lm a rkt zeigt erfreuliche A nsätze zur B esserung; die B ereitstellung des fü r eine Belebung der N achfrage erforderlichen billigeren K apitals bahnt sich offensichtlich an. E ine weitere wichtige Voraussetzung fü r einen Umschwung ist die poli-

tische Beruhigung der V ölker und die W iederkehr des a u f Rechtssicherheit gegründeten Vertrauens.

A uch die handelspolitischen Beziehungen müssen wieder fr e i werden von allen durch eine kurzsich­

tige W irtsc h a ftsp o litik (z. B . die O ttawa-Verträge) geschaffenen Störungsfaktoren. A u f diesem Ge­

biet liegt die H auptaufgabe der W eltw irtschafts- konferenz.

A u ftrag sb esch affu n g und M eh rb esch äftig u n g Die K rise, die a u f unsere w irtschaftlichen u nd sozialen, politischen und kulturellen V erhältnisse den schwersten D ruck ausübt, h a t uns m it zahlreichen und ä u ß e rst ver­

wickelten Problem en belastet. Die vordringlichste Sorge der deutschen In d u strie bezieht sich zur Zeit zweifellos a u f die A uftragsbeschaffung. U nerm üdlich w erden von der In d u strie immer neue A nstrengungen unternom m en, um des A uftragsm angels H e rr zu werden. W ährend tro tz langdauernder K rise die A bsatzm enge in der L and­

w irtschaft sich im allgem einen n u r wenig v e rä n d ert hat, und w ährend die L andw irtschaft m ehr über unzureichende V erkaufserlöse als über die A bsatzm öglichkeiten selbst beunruhigt ist, haben die meisten Zweige der deutschen

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In dustrie nicht n u r über unzulängliche K risenpreise zu klagen, sondern auch über einen A uftrags- und A bsatz­

schwund, der bei vielen Industrieunternehm ungen bereits einen katastrophalen Grad erreicht hat. Es gibt lebens­

wichtige Industriezweige, wie z. B. die M ontanindustrie, deren Umsatz im Laufe der letzten beiden Ja h re bis au f ein D rittel der Umsätze von 1928 und 1929, ja zum Teil sogar au f ein V iertel gefallen ist, w ährend Steuer- und Zinslasten fa st unverändert hoch geblieben sind.

Trotzdem h at man nicht die hohen K osten gescheut, eine erheblich größere Anzahl von A rbeitskräften in den W erkstätten und K ontoren zu halten, als bei der un­

geheuren A uftragsschrum pfung notwendig wären. Man b ringt die O pfer der Beschäftigung von überzähligen A rbeitskräften in der Erw artung, daß eine baldige Über­

w indung der W irtschaftsdepression das Durchhalten eines größeren Arbeiterstammes sozial und w irtschaftlich recht- fertigen läßt.

Von einer W iederbelebung der N achfrage nach In dustrie­

erzeugnissen, namentlich nach Produktionsm itteln, würden neben den Arbeitnehmern auch die Unternehmungen selbst den V orteil haben, daß sich bei besserer Aus­

nutzung der Leistungsfähigkeit und bei größerer E r- zeugungsmenge die H erstellungskosten günstiger gestalten ließen, daß namentlich die feststehenden Betriebskosten, wie Steuern, Zinslasten und dergleichen sieh au f größere Erzeugungsmengen verteilen, so daß m an zu einer V er­

billigung der W arenherstellung und allmählich auch wieder zur R entabilität kommen könnte. Gleichzeitig würde die Steuerfähigkeit der P rivatw irtschaft wieder zu­

nehmen, und infolge der besseren B eschäftigung der U n­

ternehmungen w ürden auch die öffentlichen Finanzen, die fü r Erwerbslose überm äßig stark in A nspruch genom­

men sind, eine erhebliche E ntlastung erfahren. Von einer stärkeren Beschäftigung der Industrie hängt es ab, ob der A ufzehrung ihrer Substanz ein Ende gemacht wird, ob ihre K apitalgrundlage erhalten bleibt, und ob die Gesundung wieder zu einer ausreichenden R entabilität fü h rt. W ie jeder S p arer danach trachtet, sich durch Rücklagen fü r Zeiten der Not zu sichern, so hätte es auch den Unternehmungen durch eine vernünftige Steuer-, Sozial- und Lohnpolitik in den Jah ren voller Beschäf­

tigung nach dem K riege ermöglicht werden sollen, Re­

serven anzusammeln und dam it fü r ihre und ihrer A r­

beiterschaft Z ukunft zu sorgen.

Die Auftragsbeschaffung und M ehrbeschäftigung ist ein Zentralproblem von grö ß ter politischer, w irtschaftlicher und sozialer Bedeutung.

. . . durch Stärkung des B innenm arktes Die S tärkung des Binnenm arktes ist einer der E rfolg versprechenden Wege. J e mehr man das B innenm arkt­

problem u nter dem Gesichtswinkel der E rneuerung ver­

alteter Anlagen und der W iederinstandsetzung verschlisse­

ner Betriebseinriehtungen sieht, desto mehr fällt in die Augen, welch große Rolle neben der Landw irtschaft die stark entwickelten Zweige der deutschen Industrie, die zahllosen Betriebe der m annigfaltigen Gewerbe, ferner die V erkehrseinrichtungen aller A rt spielen. Die Zurück­

stellung dringenden B edarfs h at vielerorts einen bedenk­

lichen U m fang erreicht. Diese Zurückhaltung der Nach­

frage ist sicherlich nicht n u r au f w irtschaftliche, sondern auch au f politische Gründe zurückzuführen. K eh rt erst einmal in der W irtschaft das sichere Gefühl wieder, daß Reichsregierung, politische K örperschaften und P arteien

f ü r die notwendige Ruhe sorgen, dann w ird diese poli­

tische Beruhigung das V ertrauen in die W iederbelebung der W irtsch aft stärken. Das K abinett von Papen hat mit seinem großzügigen W irtschaftsprogram m der Be­

lebung der P riv atw irtsch aft zweifellos einen großen W u rf getan. Sobald m an den Millionen landw irtschaft­

licher, gewerblicher, industrieller und sonstiger P rivat- unternehm ungen eine größere Existenzberechtigung ver­

schafft, w ird die bisherige Zurückhaltung in der Nach­

frage nach allen möglichen P roduktionsm itteln wie M a­

schinen, A p p araten und W erkzeugen, nach Um- und Neu­

bauten sowie R ep aratu ren mehr und m ehr aufgegeben werden. Denn eine andere, notwendige Voraussetzung f ü r die Belebung der N achfrage nach Produktionsm itteln, nämlich die B ereitstellung billigeren K apitals, bahnt sich offensichtlich an, wie m an z. B. an der erfreulichen Besse­

rung der K urse von P fandbriefen und sonstigen privaten und öffentlichen Schuldverschreibungen, an der Zunahme der Sparkasseneinlagen usw. beobachten kann. Selbst wenn m an nicht eine alsbaldige W iederkehr des normalen B edarfs erw arten darf, ist doch sicher, daß im deutschen B innenm arkt eine große Reserve an A ufträgen ruht. Man soll dabei die Rolle, die die öffentliche H and neben den Millionen von Privatbetrieben fü r die V ergebung von A ufträgen spielt, nicht gering einsehätzen.

A ußer der politischen Ruhe ist die W iederkehr des V er­

trauens, gegründet au f Rechtssicherheit, von der größten Bedeutung. M an sollte nicht immer wieder an künstliche, planw irtschaftliehe und ähnliche M aßnahm en der A rbeits­

beschaffung denken, als vielmehr daran, die natürlichen, psychologischen V oraussetzungen fü r einen lebhafteren W irtschaftsum satz zu schaffen, wie sie in einer klugen und weitsichtigen R egierungspolitik liegen können. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die P olitik so geführt werden würde, daß das mächtige Schwungrad der privaten Unternehm ungslust wieder in schnelleren L au f käme, sta tt daß, wie so o ft in den vergangenen Jahren, die w irtschaft­

liche Selbsthilfe durch bedenklichen politischen K r a f t­

einsatz, d. h. durch eine fehlerhafte staatliche W irtschafts­

und F inanzpolitik abgebremst und gehemmt wird. L äß t man erst einmal die P rivatinitiative von Millionen von U nternehm ern fre i von schädlichen Lasten und Fesseln, dann w ird sie — wie schon frü h e r in der W irtschafts­

geschichte —■ auch jetzt wieder sich als viel fru c h t­

bringender erweisen als eine staatliche W irtschaftspolitik, die in sich widerspruchsvoll bleibt, solange die F örde­

rung der W irtschaft immer wieder durch entgegengesetzte M aßnahm en aufgehoben wird.

Die Beobachtung, daß in Deutschland lange nicht alles geschieht, um die W irtseh a ftsap p a ra tu r voll und ganz auf der H öhe der Leistungsfähigkeit zu halten, trifft auch a u f viele frem de Länder zu. Auch draußen im Auslande kann man vielfach eine bedenkliche Ü beralterung technischer Anlagen und eine Zunahme m angelhafter Einrichtungen erblicken. D er K raftw agen neben der Eisenbahn und S ch iffah rt sind nicht nur inländische Verkehrsproblem e großer Bedeutung, sondern sie beschäftigen fast die ganze W elt. Ebenso ist es hinsichtlich der M otorisierung der Landw irtschaft, ferner der M aschinisierung des Berg­

baues, des Gewerbes und des H aushalts, kurz hinsichtlich der eisernen Rationalisierung aller möglichen W irtschafts­

zweige. Die durch den K rieg hervorgerufene In d u striali­

sierung der Gewerbe wie die Anwendung industrieller E rfah ru n g en und industrieller Methoden in der L and­

w irtschaft ist noch lange nicht am Ende.

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, . . durch Förderung des A uslandabsatzes Der A uslandsm arkt ist ebensowenig als Absatzgebiet fü r H alb- und F ertig fab rik ate der deutschen In dustrie ent­

behrlich, wie als Bezugsgebiet fü r solche Rohstoffe, die in Deutschland leider nicht gewonnen werden können.

Die Außenhandelsbeziehungen Deutschlands sind seit nahezu zwei Jahrzehnten aus den Gleisen norm aler Be­

tätigung und stetigen F o rtschrittes herausgew orfen. Nicht nur der K rieg und die Inflation der deutschen W ährung haben zu einer unnatürlichen Entw icklung w eltw irtschaft­

licher Beziehungen geführt, sondern auch später noch traten ähnlich tiefgreifende E rschütterungen infolge von ausländischen W ährungsum w älzungen und handelspoliti­

schen Experim enten auf. Zeitweilig w ar der hemmende Einfluß, den diese V orgänge au f die deutsche A usfuhr ausübten, unterbunden, nämlich solange Deutschland unter der bedenklichen ausländischen K reditinflation a r ­ beitete. Die verheerenden Folgen der ungeheuren K a p i­

talentziehung durch T ributerfüllung w ährend eines Zeit­

raum es von 13 bis 14 Ja h re n w urden lange Zeit nicht klar erkannt. Die große T at der Endlösung der T rib u t­

frage in Lausanne ist leider so spät erfolgt und noch so jungen Datums, daß sie noch nicht ihre vollen wohltätigen W irkungen zeigen konnte. Es ist deutsches Schicksal, ja W eltschicksal, daß sofort neue schwierige Problem e der A ußenpolitik und des internationalen W arenaustausches auftauchen, nachdem man geglaubt hatte, a u f der K on­

ferenz von Lausanne m it dem T ributproblem als dem hauptsächlichsten S törungsfaktor innerdeutscher und w eltw irtschaftlicher Beziehungen fertig geworden zu sein.

D er Entw icklung des Auslandabsatzes Deutschlands könnte m an wohl hoffnungsfreudiger entgegensehen, wenn nicht nächst der politischen Verschuldung die internationale w irtschaftliche Verschuldung ungeheuer verwickelte P ro ­ bleme hervorgerufen hätte. Die E rfü llu n g dieser teils öffentlich, teils p riv at aufgenommenen Schulden — viel­

fach eine Folge der Tribute — w ird durch w irtschafts­

w idrige und handelshemmende Elem ente kurzsichtiger P olitik erschwert und verzögert. E ine Zusam menballung von Zollerhöhungen und K ontingentierungen, von ein­

gefrorenen K rediten und allerlei M oratorien, von Devisen­

kontrollen und ändern au f den Ausgleich der H andels­

bilanzen hinzielenden M aßnahm en schuf ein w irres K näuel von Problemen, dem au f dem Wege nationaler P olitik allein nicht beizukommen ist.

Neben den bekannten, die Schuldenlast geradezu ver­

doppelnden Folgen des unerm eßlichen Preissturzes und neben den die K a u fk ra ft vernichtenden V orgängen, wie W ährungsum w älzungen in zahlreichen großen W irt­

schaftsländern der W elt, tr a t als ein völlig neuer S tö­

ru n g sfak to r g rößten M aßstabs der handelspolitische Z u­

sammenschluß und Abschluß vor der übrigen W elt, wie es in O ttaw a mit der N euregelung der W irtsch a fts­

beziehungen innerhalb des britischen W eltreichs geschehen ist. Die zwangläufige Folge dieser O ttaw a-Politik wird eine teils gewollte, teils ungewollte U nterbindung k r a f t­

vollster Beziehungen zwischen L ieferanten und Abnehmern in der W elt sein. D adurch aber, daß sich E ngland in gewissen überseeischen Ländern V orteile vor ändern europäischen W irtschaftsm äehten verschafft, w ird sicher-

licli fü r seine überseeischen Gebiete kein Zuwachs an W irtsc h a ftsk ra ft und keine Steigerung ih rer K a u fk ra ft erzeugt. A uf solchen W egen kommen w ir nicht zu einer handelspolitischen Gesundung, sondern n u r zu neuer \ er- w irrung und neuer k risenhafter E rsch ü tteru n g der W elt­

wirtschaftsbeziehungen. H ie rfü r spricht nicht allein das völlig traditionsw idrige A ufgeben des englischen F re i­

handels, sondern auch die Preisgabe der M eistbegünsti­

gung, die eines der natürlichen und v ernünftigen P rin ­ zipien des w eltw irtschaftlichen Ausgleichs und der not­

wendigen A rbeitsteilung zwischen In d u strie- und A g rar­

ländern w ar und noch ist. Die P olitik der handels­

politischen P räferen zen w ird zu einer A rt Blockade und deshalb m ehr zu einer U nterbindung als zu einer Be­

freiung von A usgleichskräften in der W elt führen. Unter U m ständen k ann die handelspolitische G ruppenbildung die politischen Spannungen in unerträglicher W eise steigern.

Es w ird A u f g a b e d e r W e l t w i r t s c h a f t s k o n ­ f e r e n z und eine vordringliche A ufgabe der Politik sein, die E ntstehung neuer schwerer K onflikte, die sich aus solchen handelspolitischen Irrw egen entwickeln kön­

nen, zu verhindern. D enn die E rfü llu n g internationaler Schuldverpflichtungen w ird immer notleidend bleiben, solange der natürliche Ausgleich zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern unterbunden wird. F ü r die Schulden­

abtragung von L and zu Land ist die A ufnahm ebereit­

schaft der G läubigerländer zur Entgegennahm e von W aren aus den Schuldnerländern eine notwendige Vor­

aussetzung. Die O ttaw a-Politik fü h rt jedoch nicht nur die englische, sondern die gesamte britische Handelspolitik gerade in entgegengesetzter Richtung, wie bereits seit langem das nordam erikanische W irtschaftsgebiet und andere G läubigerländer sich gegen die Schuldabtragung durch W arenlieferung versperren. Die zwangläufige Folge solcher unnatürlichen Hemm nisse sind Erschütterungen der W ährungen zahlreicher Länder und neue Preisein­

bußen und V erluste. Die D urch fü h ru n g der Ottawa- Politik w ird wahrscheinlich G egenm aßnahm en anderer Länder hervorrufen, u nd dam it w erden erneute und ver­

stärk te Hemm nisse auftreten , die die natürliche Lösung unmöglich machen und imm er w ieder zu neuen krisen­

h aften E rschütterungen der H andels- und Zahlungsbilanz sowie der W ährungen und der Staatsfinanzen führen. W ir wissen, daß solch schwere K risen der W irtsch a ft zu sozialen E ntladungen und politischen U nruhen zu führen pflegen.

Die in Aussicht genommene W eltw irtschaftskonferenz w ird ungeheure A ufgaben vorfinden, deren beherztes An­

packen nicht mehr länger aufgeschoben werden kann. Die wesentlichen V oraussetzungen f ü r die endgültige Über­

w indung der alle Lebensverhältnisse durchziehenden Krise sind die Lösung der internationalen Verschuldung, die W iederherstellung der internationalen Zahlungsfähigkeit, die Sicherstellung einer v ernünftigen H andels- und W irt­

schaftspolitik, die F estigung des W arenpreisniveaus, der internationale Ausgleich der K a u fk ra ftp a ritä te n a u f der G rundlage sicherer W ährungen. D as alles sind Aufgaben, deren Lösung die S taatsm änner betreiben müssen, um zu einer G esundung der w irtschaftlichen und sozialen V er­

hältnisse und nam entlich zu r Ü berw indung der A rbeits­

losigkeit zu kommen. [1544]

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Die Reichsbahn

im Dienste des technischen Fortschritts

Von Generaldirektor Dr.-Ing. E. h. DORPMÜLLER, Berlin

Im Verkehrswesen gibt es keinen Stillstand. Die Deutsche Beichsbahngesellschaft mußte daher trotz der ihr durch den Verkehrs- und Einnahm erück­

gang a u f erlegten Beschränkungen bemüht bleiben, nicht nur ihren großen Betriebsapparat intakt zu halten, sondern auch laufend neue P rojekte vor­

zubereiten und durchzuführen, um den E rforder­

nissen der Z eit an Schnelligkeit, Sicherheit und Leistungsfähigkeit angepaßt zu sein. Daß ihr die Lösung dieser A ufgabe trotz der ungeheuren, in der W irtschaftskrise liegenden W iderstände gelun­

gen ist, davon legt der folgende Beitrag Zeugnis ab.

Der Reichsbahn sind in der Zeit eines bisher nicht ge­

kannten Verkehrs- und Einnahm erückgangs infolge der W irtschaftskrise Beschränkungen auferlegt, die sich be­

sonders au f dem Gebiete der Sachausgaben auswirken müssen. M uß doch die Reichsbahnverwaltung es als ihre oberste Pflicht ansehen, das Unternehmen finanziell gesund zu erhalten. Bei dem tragischen Gesetz von den festen Kosten, das au f Eisenbahnunternehm en mit ihren erheb­

lichen Investitionen und fast konstanten Personalausgaben besonders drückend lastet, m ußte die Reichsbahn sich oft wider Willen in der D urchführung ihrer technischen Pläne bescheiden. Trotzdem ist es der Reichsbahn gelungen, au f allen Gebieten ihres großen B etriebsapparates ihre Aufgaben im Dienste des technischen F o rtschritts zu er­

füllen.

Auf dem Gebiete des L o k o m o t i v dienstes konnten neue Lokomotiven mit 20 t Aehsdruek f ü r Steilram penbetrieb entwickelt und erprobt werden, die in der Lage sind, z. B.

au f der H öllentalbahn im Schwarzwald den Zahnstangen­

betrieb durch den Reibungsbetrieb zu ersetzen. Eine neue Entw icklung im Sinne einer gesteigerten Energie­

umsetzung verkörpern zwei im Ja h re 1932 zur Abliefe­

rung gelangte 2 C l-V ierzylinder-Heißdam pf'-V erbund- Schnellzuglokomotiven, die mit 25 at Kesseldruck betrieben werden. Die beiden Maschinen sind im äußeren A ufbau den bisherigen Schnellzugtypen folgerichtig angepaßt.

Der K l e i n l o k o m o t i v b a u , ein ganz neues Feld auf dem Gebiete der Motorlokomotivtechnik, ist weiter geför­

dert worden. Kleinlokomotiven sollen die R angierarbeiten der Zuglokomotiven, die den Zuglauf bisher verzögerten, au f den Unterwegsbahnhöfen fü r die Nahgüterzüge über­

nehmen und so eine schnellere D urchführung der G üter­

verkehrsbedienung fü r die kleineren Plätze gewährleisten.

215 neue Kleinlokomotiven sind im Laufe des letzten J a h ­ res in Betrieb genommen worden.

Dem T r i e b w a g e n program m ist besondere A ufm erk­

samkeit geschenkt. Dieselelektrische Triebwagen von 110 PS sind in dem Naheilgüterverkehr in der Umgegend von G roßstädten eingesetzt. Mit dem neuen Sehnelltrieb- wagen von 820 P S , der zwischen Berlin und H am burg verkehren w ird und eine Geschwindigkeit bis zu 150 km /S td entwickeln kann, ist dem Schnellverkehr zwischen Groß- städten eine neue Richtung gegeben.

E l e k t r i s c h e Lokomotiven und Triebwagen wurden weiter entwickelt und fü r die neu elektrisierten Strecken in Süddeutschland und Schlesien in A u ftrag gegeben.

Der P e r s o n e n w a g e n bau wurde durch Neubauten unter Anwendung des Schw eißverfahrens und H erstellung in „leichter Stahlbauweise“ modernisiert, das G üter­

w agenm aterial durch weitere H erstellung von G roßgüter­

wagen ergänzt. M it neuen Luftdruckbrem sen wurden Versuche durchgeführt.

Als S c h i f f s r e e d e r erw eiterte die Reichsbahn ihren Schiffsbestand au f dem Bodensee durch Motorschiffe mit V oith-Schneider-Propellerantrieb.

A nfang Dezember wurde au f der 40 km langen, starke Steigungen aufweisenden eingleisigen Nebenbahn H irsch­

berg (Riesengebirge) — Schmiedeberg — Landeshut der e l e k t r i s c h e Z u g b e t r i e b aufgenommen. Damit erw eiterte sich die gesamte Streckenlänge der elektrisch betriebenen Bahnlinien au f 1638 km. W eitere 200 km der Fernbahn Augsburg— S tu ttg a rt und 27 km der S tu tt­

garte r Nahverkehrsstrecken befinden sich in der Um­

stellung au f elektrischen Zugbetrieb. M it der E lektri­

sierung der Berliner W annseebahn werden auch Bahnhofs­

anlagen der B erliner S-Bahn mit modernsten V erkehrs­

einrichtungen ausgestattet.

Die S i c h e r u n g s t e c h n i k ist vervollkommnet durch die Ausdehnung der induktiven Zugbeeinflussung au f die Strecke Berlin— H am burg und weitere Sehnellzug- linien.

Die E rhöhung der Lokomotivgewichte und der Verkehrs­

lasten durch Einsatz der Großgüterwagen hat die E r­

neuerung und V erstärkung einer Reihe w eiterer stählerner Reichsbahn b r ü c k e n notwendig gemacht. Z ur Hebung der W irtschaftlichkeit des Brückenbaues und der Brücken­

unterhaltung w urden u nter anderm Versuche in der Aero­

dynamischen V ersuchsanstalt in Göttingen angestellt, um U nterlagen fü r die Berechnung des W inddrucks au f die Briickenfaehwerke zu erhalten. Mit der Anwendung der Schweißtechnik im Brückenbau w urden weitere F o rt­

schritte gemacht und die Beobachtung über die dynamische B eanspruchung der Brücken durch die E isenbahnfahr­

zeuge fortgesetzt.

In der E inführung von 60 m-Schienen au f der Berliner W annseebahn ging die O b e r b a u t e c h n i k interessante neue Wege. Durch Indienststellung eines zweiten Ober­

baumeßwagens wurde die Möglichkeit, genaue Unterlagen über die Gleislage und Fahrzeugläufe zu erhalten, ver­

bessert. Auch die Eisenbahnen des Saargebiets und die der Niederlande haben von den Oberbaumeßwagen der Reichsbahn Gebrauch gemacht.

Die finanziellen Beschränkungen m ußten sich zwar be­

sonders au f dem Gebiete der B a u t ä t i g k e i t aus­

wirken. Interessante technische A ufgaben gab es aber auch hier zu lösen, so beim viergleisigen Ausbau der Strecke Köln— D ortmund, bei der E lektrisierung der W annseebahn und verschiedenen anderen neuen B ahn­

höfen.

I n stetiger E ntw urfsarbeit werden neue P ro jek te vor­

bereitet, um den E rfordernissen der Zeit an Schnellig­

keit, Sicherheit und Leistungsfähigkeit der V erkehrs­

bedienung angepaßt zu sein. Im Verkehrswesen gibt es keinen Stillstand. Leichte Besserungszeichen der w irt­

schaftlichen Lage geben uns die Hoffnung, daß die Reichs­

bahn auch in Zukunft in der Lage sein wird, ihre Aufgabe als wichtigstes V erkehrsinstrum ent der deutschen Volks­

w irtschaft technisch und w irtschaftlich zu erfüllen.

[1562]

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Technik und Kredit

Von Reichsbankpräsident Dr. HANS LUTHER, B e rlin 1)

Die R entabilität ist ausschlaggebend dafür, welche wirtschaftliehen A rbeiten durchgeführt icerden können uihd sollen. Auch die Z uteilung von K r e ­ diten muß sich diesem Grundsatz anpassen. W ürde man beginnen, die P rivatw irtschaft m it all ihren selbsttätigen A ntrieben wie Gewinnstreben, Selbst­

verantw ortung abzubauen, so uiirde man dam it für die E ntw icklung der Technik eine sehr große G efahr hervorrufen. Die fü r den K red it Verantwortlichen werden die besten Begleiter der Technik a u f ihrem Siegesmarsch sein, icenn sie dem Allzustürm ischen, das aus der Freude am Erfinden und Gestalten naturnotwendig in der B ru st des Ingenieurs ent­

steht, die gewissenhafteste Besonnenheit und Buhe entgegensetzen.

Zwischen „Technik nnd Kredit“ besteht ein gewisser natur­

gegebener Gegensatz. Jeder wird es schon erlebt haben, daß der Techniker sagt: „Wie gut würden wir vorankom- men, wenn die Finanzleute nicht jeder Einsicht, in die technischen Fortsehrittsmöglichkeiten ermangelten“ , nnd daß die Finanzleute sagen, wenn sie unter sich sind: „Das würde eine schöne Wirtschaft werden, wenn wir alle Er­

findungen finanzieren wollten, die die Techniker machen!“

Aus diesem Gegensatz ergibt sieh schließlich und muß sich ergeben nicht ein Kompromiß — das ist überhaupt ein schlechtes Wort — sondern die Diagonale als K raft­

linie zwischen diesen beiden Komponenten. In der Stunde der Gegenwart sieht es nun allerdings so aus, als wenn eine ganz andere Art der Zusammenfassung von Technik und Wirtschaft auf der einen Seite und Kredit auf der ändern bestünde, nämlich das dringende Verlangen nach Arbeitsbeschaffung, um die soziale und seelische Xot unseres Volkes zu mildem. Aber anch die Arbeitsbeschaf­

fung selbst hat ja die beiden Seiten, nämlich die Arbeit selbst, also die sachliche, technische Seite, und sodann die Finanzierung.

In einer gesunden Volkswirtschaft, gerade in einer ge­

sunden Volkswirtschaft kann man unmöglich die Kredit­

gewährung so aufziehen, daß jeder von produktiv-wirt­

schaftlicher oder insbesondere von technischer Seite kom­

mende Wunsch ohne weiteres erfüllt wird. Der große automatische Richter darüber, welcher technische Fort­

schritt oder welche wirtschaftlichen Leistungen vernünf­

tigerweise vollzogen werden können, ist und bleibt nur die Rentabilität. Irgend jemand hat einmal gesagt, daß in dieser Abstellung auf den zunächst als privatwirtschaftlich empfundenen Gesichtspunkt der Rentabilität eine List der Idee liege, um nämlic-h dadurch die gesamte Volkswirtschaft der vernünftigsten Gebarung zuzuführen. Diese Regel gilt nicht allein für die Privatwirtschaft, auch öffentliche Unternehmungen müssen unter den Gesichtspunkt der Rentabilität gestellt werden. Und die Xot und die Vor­

würfe sind gerade dadurch entstanden, daß in allzuvielen Fällen, auch da, wo es sich um grundsätzlich rentable Dinge handelt — eine Schule kann nicht in privatgesehäft- lichem Sinne rentabel sein — auch da, wo es sieh um wirt­

schaftliche Dinge, die grundsätzlich einer Rentabilität unterworfen sind, handelt, die Rentabilitätsprüfung bei den Gemeinden und ändern öffentlichen Verbänden nicht sorgfältig genug durchgeführt wurde. Meines Erachtens ist klüger und besser als alles menschliche Xachdenken

1) D er A ufsatz stellt einen A uszn g ans einer anläßlich der Jahresfeier der Technischen Hoehschnle München am 3. Dezember 1932 gehaltenen A nsprache dar.

über die Frage, welche Ziele man für die wichtigsten in einer ^ olkswirtsc-haft hält, diese List der Idee. D ie Reihen­

folge und Rangordnung für die Arbeiten und die Fort­

schritte, die durch den Rentabilitätsgedanken aufgenötigt wird, entspricht einer vernünftigen Gesehäftsgebarang einer Volkswirtschaft nnd dient dem Gemeinwohl. W o man hinkommt, wenn nicht mehr klare Rentabilitätsrechnungen obwalten, das sieht man besonders an Fällen kranken Wirtschaftslebens, in den Zeiten von Inflationen, und wir haben ja da Erfahrungen schrecklicher Art gemacht. Wie wir heute rückschauend mit Bestimmtheit sagen können, versagt dann eben einfach das richtige Auswahlprinzip für das, was man unternehmen will. Daraus entsteht dann die Fülle von Fehlleitungen des Kapitals. Aber man braucht gar nicht bis an die äußersten Fälle der Inflation zu denken. Auch solche übertriebene Konjunkturopti­

mismen, wie sie die übertriebene Kreditwirtsehaft der letzten Jahre vor Beginn der Krise genährt hat, auch ein derartiger Überschwang führt dazu, daß größte Fehlleitun­

gen von K apital einsetzen. D ie Liquidierung all dieser Fehlleitungen, das Verdauen des Krankhaften dort ist ja zum großen Teil der Inhalt dessen, was heute als Krise über uns hinwegbraust. So glaube ich, daß der Renta- bilitätsgedanke auf jeden F all hochgehalten werden muß.

Xun gibt es freilich einen Einwand dagegen. Es finden sich gewisse Stimmen — zum Teil mit einem seelischen Einschlag, den ich als eine Art neue Romantik bezeichnen möchte — , die da meinen, mit dieser ganzen Vor­

stellung von einem Fortschreiten der Technik sei es über­

haupt ans. Es klingt dabei anch der große Zweifel mit, ob die Menschheit durch die Technik glücklicher geworden ist. Diese Frage kann ich nicht beantworten. Aber die Frage ist auch völlig müßig. In einer Lage wie der jetzigen oder vielleicht überhaupt in der Menschheits­

geschichte kann man einen Durchbruch in die Zukunft immer nur nach vorne vollziehen, das heißt: weiter voran!

Solange es soviel Menschheitselend noch gibt, solange es noch so viele Menschen gibt, die kein Leben führen, das über ein Vegetieren hinausgeht, solange dieser Zustand besteht, hat die Technik noch ganz große Aufgaben zu erfüllen. Und diese Aufgaben sind vielleicht die schwer­

sten, die der Menschheit je gestellt worden sind. Ich meine nicht die Probleme der Technik selbst, sondern die sozialpolitischen, wirtschaftlichen Folgen, die sieh aus ihrer Anwendung ergeben, die ununterbrochene Unruhe des Um- stellens und all das, was jeder Techniker kennt. Diese Probleme kann man nicht wegleugnen oder wegdisputie­

ren. Ob die ja auch in umfangreichen Schriften darge­

stellte Meinung, in der Technik sei das Zeitalter der großen Erfindungen vorbei, richtig oder falsch ist, darüber mich an dieser Stelle vor vorwiegend Technikern als Xieht- techniker zu äußern, habe ich gewisse Bedenken von der Zuständigkeitsseite her. Mein persönlicher Glaube geht dahin, daß es mit den Fortschritten der Technik durchaus noch nicht aus ist, nnd selbst wenn man naehweisen wollte, daß wir durch eine gewisse erfindungsarme Periode gehen

—- das ist eine Behauptung, die andere au f stellen; ich kann dazu keine Stellung nehmen — , selbst wenn es so wäre, glaube ich, daß immer gewisse Wellenbewegungen in der Entwicklung der Technik sich gezeigt haben mit Höhen und Tiefen. Vor allem aber sehe ich im Interesse Deutsch­

lands eine so ungeheure Sonderaufgabe für die Technik vor mir, daß sich daran auch zukünftige Gestaltungen ent- . flammen werden. W ir müssen ja als Deutsche infolge der gesamten Weltwirtschaftsentwicklung unsere eigene Arbeit, das, was wir an das Ausland verkaufen, und infolgedessen

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auch das, w ofür w ir die erste Aufnahm estellung im In lan d ­ m ark t haben müssen, immer mehr a u f die Qualitätsseite herumlegen, und dieses immer stärkere H erum legen auf die Q ualitätsseite, das ist unsere Hoffnung, und, wie ich mit Bestim mtheit annehme, unsere gute Zukunft. Gerade f ü r dieses Herum legen der W irtschaft au f die Q ualitäts­

seite brauchen wir eine erfindungsreiche und in jedem Augenblick wandlungsfähige Technik.

W enn w eiter davon gesprochen wird, und das sind ja in all solchen Betrachtungen mitschwingende Gedankengänge, w ir gingen jetzt in ein Z eitalter hinein, in dem die P riv a t­

w irtschaft durch die P lanw irtschaft abgelöst würde, eben weil die P riv atw irtsch aft m it ihrem Beweglichkeitsmoment nu r eine Begleiterscheinung der Technik au f ihrem jetzt nach der V orstellung dieser Gedankengänge mehr oder weniger abgeschlossenen Siegeslauf sei, so halte ich auch solche D arstellung f ü r vollständig unrichtig. Ich will mich hier nicht darüber verbreiten, ob und u nter welchen Umständen man überhaupt eine planw irtschaftliche D urch­

organisierung der W irtschaft an Stelle der jetzigen P riv a t­

w irtschaft f ü r möglich hält. Aber was die Beziehungen von Technik und P rivatw irtschaft anbetrifft, so sage ich

n u r das eine m it Bestim mtheit, daß, wenn m an begänne, wirklich begänne, die P rivatw irtschaft m it all ihren selbst­

tätigen A ntrieben wie Gewinnstreben, Selbstverantw ortung abzubauen, m an dam it fü r die Entw icklung der Technik eine sehr große G efahr hervorrufen würde.

Abschließend noch einmal ein W ort über die Rolle des K redits, über die Rolle des Finanzm annes. Die f ü r den K red it V erantw ortlichen werden die besten Begleiter der Technik au f ihrem Siegesmarsch sein, wenn sie dem Allzu­

stürmischen, das aus der Freude am Erfinden und Gestalten wohl naturnotw endig in der B rust des Technikers entsteht, wenn sie dem Allzustürmischen die gewissenhafteste Be-, sonnenheit und Ruhe entgegensetzen. Es scheint mir, nein, ich bin überzeugt, daß an manchen und wichtigen P unkten die schwere K rise, durch die w ir hindurchgegangen sind, und an deren Überwindung w ir jetzt alle K rä fte setzen müssen, nicht so schwer gewesen wäre, wie sie gewesen ist, wenn die K reditw irtschaft der V ergangenheit mehr Zurückhaltung geübt hätte.

W ohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch

bezähmt, bewacht! [1542]

Landwirtschaft und Technik

Von Oberpräsident a. D. v. BATO C KI, Königsberg Die Krise in der Landw irtschaft hat ihren Grund außer in außenpolitischen E inw irkungen auch in Fehlmaßnahmen. Diese sind aber letzten Endes auf den in den Nachkriegs ja h r en entstandenen Zwang zurück zu führen, den durch den K rieg stark in M it­

leidenschaft gezogenen W irtschaftsapparat mög­

lichst schnell wieder in die H öhe zu bringen. Diesem Drängen nach schneller Steigerung der deutschen N ahrungsmittelerzeugung ist eine gewisse N er­

vosität, die A n g st vor einer Überproduktion gefolgt, die aber unbegründet ist. A u f dem Gebiete der Unterhaltung, Verbesserung und Vermehrung des landwirtschaftlichen A pparates bietet sich fü r die deutsche Technik trotz aller Fortschritte im letzten Jahrzehnt noch ein iveiter Spielraum . Die H a u p t­

aufgaben liegen in der Verbesserung des Gebäude­

bestandes, in einem Ausbau des Entivässerungs- und Kultivierungsprogram ms, au f dem Gebiete der F lu ß ­ regulierungen, Verwertung der städtischen A b ­ wässer, Ausbildung landwirtschaftlicher Geräte, so­

wie in der Verbesserung und Verbilligung der E r ­ zeugung von K unstdünger und F utterm itteln.

F ü r „Technik in der L andw irtschaft“ besteht zur Zeit keine besonders gute Meinung. D er G rund sind Fehler, die in den ersten Ja h re n seit A uf hören der Inflation von landwirtschaftlichen B etriebsführern in der R ichtung einer übereilten, m it hochverzinslichen K rediten bezahlten Technisierung gemacht worden sind und heute manchen Betrieb durch Überschuldung zum Verderben bringen.

E in besonderer V orw urf w ird solchen Landw irten kaum zu machen sein, lag doch nach dem K riege fü r die L and­

w irtschaft wie fü r die übrige deutsche W irtschaft ein unbedingter Zwang vor, den W irtsch a ftsap p a ra t mög­

lichst schnell w ieder au f die Höhe zu bringen.

Bei der L andw irtschaft kam als weiteres treibendes Moment auch noch das D rängen nach schneller Steigerung der deutschen N ahrungsm ittelerzeugung möglichst bis zur vollen Deckung des deutschen Bedarfes hinzu, das sieh aus der E rinnerung an den H unger der Blockadezeit erklärt.

Das in diesem Sinne liegende „H ilfsw erk der deutschen Landw irtschaft f ü r das deutsche V olk“ zur E rringung der N ahrungsfreiheit wurde damals von den F ü h re rn der Landw irtschaft unter Zustim mung der gesamten Bevölke­

rung vorwärtsgetrieben.

In Zeiten der Not und E rregung trü b t sich beim Rück­

blick das Bild der tatsächlichen Entw icklung leicht da­

durch, daß die Flecken begangener Fehler und Ü ber­

treibungen allzuseharf hervortreten.

W ie schwer im übrigen auch die industrielle W irtschaft an den Folgen von Fehlinvestitionen leidet, zu denen sie sich in den Ja h re n nach 1923 h at drängen lassen, ist be­

kannt. Diese Tatsache sollte aber den Blick nicht trüben f ü r die i n d e r W e l t g e s c h i c h t e b e i s p i e l l o s e n L e i s t u n g e n d e r d e u t s c h e n U n t e r n e h m e r , T e c h n i k e r u n d A r b e i t e r b e i m s c h n e l l e n W i e d e r a u f b a u d e s d u r c h d e n K r i e g z e r ­ s t ö r t e n P r o d u k t i o n s a p p a r a t s in einer so ver- vollkommneten Form , daß die deutsche In dustrie den im K riege erreichten V orsprung ihrer Mitbewerber eingeholt und vielfach überholt hat. Der Blick sollte auch nicht ge­

trü b t werden durch die W irkungen der augenblicklichen Depression, die auch in W erken, wo von Fehlleitungen keine Rede ist, zur Zeit einen verhängnisvollen L eerlauf bedingt.

F ü r die Landw irtschaft liegen im übrigen diese Dinge, was besonders betont werden muß, deshalb etwas gün­

stiger als fü r die Industrie, weil die Depression a u f den Absatz von V erbrauchsgütern, wie sie die Landw irtschaft erzeugt, weniger scharf einwirkt als au f den industrieller P rodukte, und weil demgemäß auch in der heutigen Zeit schwerster Depression der Inlandabsatz fü r die L andw irt­

schaft weit günstiger liegt als fü r die Industrie.

Ängstliche Gemüter sehen freilich in allerjüngster Zeit auch bei der Landw irtschaft in Deutschland das Schreck­

gespenst einer Ü berproduktion vor sich, welche selbst bei ausreichendem Zollschutz jede V erbesserung der P ro d u k ­ tionsmöglichkeiten zu einer Fehlinvestition machen könnte.

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schritten, Geldwertänderungen g efragt wird, so ist eine Lösung ohne theoretische H ilfe nicht möglich. Es fragt sich nur, wie eine rechte und brauchbare

zuführen, an sich schon geeignet ist, Preisunterbietungen hintanzuhalten. Man darf auch nicht verkennen, daß durch diese private Justiz die Marktstellung der

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lich ist, und strebt danach, dem W irtsch aften praktische Ziele zu setzen, dam it die W irtsch a ft weltanschaulich und philosophisch bestimmte Ziele nachgewiesen

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