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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 26, H. 10

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Academic year: 2022

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(1)

W .4U

Stätten deutscher Arbeit: Dampfarmaturenwerkstätte der Bopp & Reuther G. m . b . H . , Mannheim-Waldhof

T e c h n i k u n d W i r t s c h a f t

M it Ar chi v f ür Wi r t s c h a f t s p r ü f u n g

i. Wirtcrh Ja. 2ß Heft 10 Seite 289 — 3 20 Berlin, im Oktober 1933 .. i , m u rr s IV . V i e r t e l j a h r 1 9 3 3 w a r a m 1. O k t o b e r 1 9 3 3 f ä l l i g

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II Tech nik und W irtschaft O k t o b e r / H e f t 10

D r e s d n e r B a n k

D I R E K T I O N B E R L I N W 5 6 B E H R E N S T R A S S E 3 5 - 3 9

N I E D E R L A S S U N G E N I N R U N D 1 7 0 S T Ä D T E N D E S IN - U N D A U S L A N D E S

A K T I E N K A P I T A L U N D R E S E R V E N 1 6 5 0 0 0 0 0 0 R M K O R R E S P O N D E N T E N A N A L L E N H A U P T P L Ä T Z E N D E R W E L T

Wirtschaftlicher Vertrieb

Schriften zur Arbeitsplanung und -Vorbereitung im Vertrieb. Herausgegeben von der Fachgruppe „ V e r t r ie b s in g e n ie u r e “ beim Verein deutscher Ingenieure

H e ft 1 S t a tis tis c h e r Q u e lle n n a c h w e is f ü r d. D u rc h ­ fü h ru n g v o n M a rk ta n a ly s e n . B e a rb e ite t von Dr. A. R e i t h i n g e r . DIN A 5, 111/45 S eiten . 1929. B ro s c h ie rt RM 3,15 (V D I-M itg l. 2,80).

H e ft 5

H e ft 2 G ru n d z a h le n z u r a llg e m e in e n S tr u k t u r d e s d e u ts c h e n In la n d m a rk te s . B e a rb e ite t von Dr. A. R e i t h i n g e r . D IN A 5 , I V/27 S eiten m it 2 A b b . 1929. B rosch . RM 3,15 (V D I-M itg l. 2,80).

D ie L e d e r in d u s tr ie . G ru ndza hlen zur M a rkt­

u n tersu chun g. B e a rb e ite t von d e r Fachgruppe

„V e rtrie b s in g e n ie u re “ beim VDI. DIN A 5, IV /29 S eiten m it 1 A b b . und 25 s ta t. Tafeln.

1929. B ro s c h ie rt RM 3,6 0 (V D I-M itg l. 3,25).

H e ft 6

H e ft 3 S tu d ie n z u r M a rk ta n a ly s e . Von Dr. rer. pol.

Dr. phil. H. J. S c h n e i d e r . DIN A5,1V /52 S eiten m it 20 A b b . und 6 s ta tis tis c h e n Tafeln. 1929.

B ro s c h ie rt RM 5,40 (V D I-M itg l. 4,85).

V e r tr ie b s g e m e in s c h a fte n in d e r W e rk z e u g - m a s c h in e n - ln d u s tr ie . V on D r.-In g . E. h.

Jos. R e i n d l . DIN A 5, IV /5 4 S eiten . 1930.

B ro s c h ie rt RM 3,60 (V D I-M itg lie d e r 3,25).

H e ft 4 D ie S ä g e w e r k s in d u s tr ie . G ru ndza hlen zur M a rktu n te rs u ch u n g . B e a rb e ite t von d e r F a ch­

g ru p p e „V e rtrie b s in g e n ie u re “ beim VDI.

DIN A 5 , IV /20 S e ite n m it 1 A b b ild u n g . 1929.

B ro s c h ie rt RM 2,7 0 (V D I-M itg lie d e r 2,40).

H e ft 7 /8 G ru n d z a h le n ü b e r d ie U m s a tz e n tw ic k lu n g a u f d e m d e u ts c h e n In la n d s m a r k t. Von U. H. B y c h e l b e r g . DIN A 5, V I/7 6 S eiten m it 4 A b b ild u n g e n und 16 Z a h le n ta fe ln . 1932.

B ro s c h ie rt RM 7,80 (V D I-M itg lie d e r 7,—).

H e ft 9 S c h rifttu m ü b e r in d u s tr ie lle n V e r tr ie b . Von Dr. H. B e r l i t z e r . DIN A 5, V I/40 S eiten.

1932. B ro s c h ie rt RM 4 ,8 0 (V D I-M itg l. 4,30).

D u r c h j e d e B u c h h a n d l u n g l i e f e r b a r

VDI-VERLAG GMBH • BERLIN

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Technik und Wirtschaft

Herausgeber: Dr.-Ing. Otto Bredt und Dr. Georg Freitag / VDI-Verlag GmbH, Berlin N W 7 26. Jahrgang

O kt. 1933

H e ft I Q

Ingenieur und Wirtschaft

Von Dr.-Ing. O T T O B R E D T , Berlin

Bereits im Ja n uarheft 1932 habe ich versucht, die neuen A ufgaben und W ege fü r Technik und W irt­

schaft au f Grund der veränderten Lage von M arkt und Betrieb zu umreißen. Inzwischen ist die E n t­

wicklung in der damals gezeigten R ichtung u nauf­

haltsam weitergegangen, so daß vieles, was Ende 1931 noch scharf um stritten erschien, heute wie Selbstverständliches w irkt: „Unternehmen, Arbeit und K apital, vorher anscheinend an keinerlei Schran­

ken und gegenseitige Beziehungen mehr gebunden, wurden plötzlich trotz ihrer internationalen Ver- flechtung wieder in den Rahm en nationaler Gebun­

denheiten gestellt und m it Persönlichkeitswerten ver­

k n ü p ft, von denen aus sie ursprünglich den W e tt­

lauf der E xpansion im Ringen um W elterfolge be­

gannen. Gerade aber die so wieder erstandenen individuellen Begrenzungen und wechselseitigen B in­

dungen sind es, welche heute die W ende von Technik und W irtsch a ft begründen, sie zum organischen A u s­

bau im Sinne der wirklichen Lebensgesetze bestim­

men und damit auch au f die W ege abstellen, welche allein zur W iedergesundung von Staat, W irtschaft und V olk zu führen vermögen.“

Die damals bereits aus der E ntw icklung der Dinge erkennbare zu kü n ftig e Schw erpunktsverlagerung der W irtschaft au f den heimischen M arkt und Betrieb sowie die daraus sich ergebende Notwendigkeit, die heimische Produktions- und K o n su m kra ft in tech­

nisch-wirtschaftlichem Sinne zu verbessern, ist nun­

mehr in das Stadium praktischer Verwirklichung ge­

treten. N icht aber dadurch, daß man wie bisher ,¿Thematisch den Lohnsatz oder Reallohn der Arbeit nach oben oder nach unten zu beeinflussen ver­

sucht“, sondern „daß m an Erwerbsmöglichkeiten zu­

läßt und schafft, welche wiederum zu einer mehr un­

mittelbaren, an den Bodenertrag gebundenen Existenzsicherung breitester Schichten führen, ohne damit die Erfordernisse einer industriellen E rfolgs­

erzielung zu vernachlässigen“.

M it den damit Technik und W irtschaft gewiesenen neuen Zielen und W egen ist aber auch das Schaffen des Ingenieurs vor neue wichtige A ufgaben gestellt, deren Lösung die zu kü n ftig e Gestaltung und E n t­

wicklung der W irtsch a ft erfordert. Die Stellung des Ingenieurs im Rahm en der W irtschaft gewinnt daher erneut besondere Bedeutung.

1. Kernfragen der Wirtschaft

Im Brennpunkte einer jeden w irtschaftlichen Betätigung steht stets der e i n z e l n e h a n d e l n d e M e n s c h i m V e r b ä n d e s e i n e r G e m e i n s c h a f t . Seine inne­

ren und äußeren Zusammenhänge und W echselwirkun­

gen bestimmen als tragendes K ernnetz die S tru k tu r und Dynamik der W irtschaft. Das heißt nicht, daß die W irt­

schaft allein durch den Menschen und seine Gemeinschaft bedingt ist, sondern nur, daß hier der entscheidende F a k ­ tor im vielmaschigen Polfeld des W irtschaftens liegt, von dem aus S t a n d o r t und G e g e n s t a n d einer jeden wirtschaftlichen Betätigung erst G epräge und Bedeutung erhalten. Was der Mensch im Verbände seiner Gemein­

schaft S tandort und Gegenstand seiner wirtschaftlichen Betätigung abzuringen und sich nutzbar zu machen ver­

steht, das ist fü r Stand und Entwicklung einer jeden W irt­

schaft entscheidend.

Jede w irtschaftliche B etätigung setzt somit zwar au f der einen Seite die Möglichkeit voraus, sich S tandort und Gegenstand fü r den Menschen und seine Gemeinschaft unter dem Gesichtspunkt des eigentlichen W irtschaf ts- zweeks zu erschließen, und dam it die Notwendigkeit, Sinn und Wesen beider auch zu beherrschen. Sie verlangt aber auch au f der ändern Seite vor allen Dingen die E r h a l ­ t u n g u n d E n t f a l t u n g d e r h a n d e l n d e n u n d t r e i b e n d e n K r a f t , die im Rahmen solcher Möglich­

keiten S tandort und Gegenstand fü r Mensch und Gemein­

schaft erst nutzbringend macht. Denn hier liegt in W ahr­

heit der eigentliche K ern jedes W irtschaftsvermögens.

Jede Nutzung von Standort und Gegenstand setzt A uf­

wand und Leistung voraus, deren Wechselspiel seinerseits wiederum Ausmaß und Grad der Nutzung bestimmt. Das ist allgemein anerkannt und hier nicht mehr zu erläutern.

W eniger beachtet, wenngleich nicht weniger bedeutungs­

voll ist, d aß die E rhaltung und Entwicklung eines jeden W irtschaftsvermögens au f die Dauer den harmonischen A u s g l e i c h v o n A u f w a n d u n d L e i s t u n g nach innen und außen verlangen, weil andernfalls mit der dau­

ernden Störung des inneren und äußeren Gleichgewichts auch die Zerstörung der W irtschaft selber beginnt.

Schließt sich der L auf zwischen Aufw and und Leistung zum inneren und äußeren Ausgleich im engsten Verband, z. B. au f der S tufe einer sich selbst genügenden H aus­

w irtschaft, dann sind zwar dadurch die Ausgleichsmöglich­

keiten erleichtert und dam it die Gefahren der Störung oder Vernichtung verkleinert. Gleichzeitig aber sind da­

durch auch die Möglichkeiten beschränkt, den Menschen und seine Gemeinschaft durch gesteigerte Leistung auf höhere Stufen des Daseins zu führen. Der L e b e n s - s t a n d des Menschen und seiner Gemeinschaft w ird also zunächst stets durch A rt und Ausmaß von Aufwand und Leistung bestimmt.

Jeder A u f s t i e g des Menschen und seiner Gemeinschaft setzt stets eine S t e i g e r u n g d e r L e i s t u n g vor­

aus, ganz gleich, au f welche Weise sie nun zustande kommt.

Doch tr itt eine Leistungssteigerung ein, so ist auch der G esamtaufwand au f die D auer dem anzugleichen, mag er nun zur Deckung des eigentlichen Verbrauchs und zur Leistungserhaltung oder als Grundlage und M ittel zu neuer Leistungssteigerung dienen. Gleichgültig ist allerdings der Verwendungszweck nicht. Denn so sehr auch in laufender F olge Leistung und Aufw and letzten Endes wechselseitig A ufstieg und Ausgleich bestimmen, sie werden selbst wiederum durch den jeweiligen Zustand des Menschen im Verbände seiner Gemeinschaft bedingt, den sie umgekehrt auch laufend von sich aus verändern. W ie sich daher im inneren und äußeren W irtschaftsverlauf Leistung und

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A ufw and au f den inneren und äußeren Zustand des M en­

schen im V erbände seiner Gemeinschaft auswirken, ist f ü r Entw icklung und S tand einer jeden W irtsch a ft ent­

scheidend 1).

L e i s t u n g , Z u s t a n d u n d A u f w a n d sind es da­

her, die wechselseitig und in laufender F olge das jeweilige W irtschaftsverm ögen bestimmen und m it ihm F ortsch ritt, Boden und Bahn, in denen die w irtschaftliche B etätigung des Menschen und seiner Gemeinschaft verläuft. A u f die große praktische Bedeutung dieser Zusam menhänge und W echselwirkungen ist im V erlaufe der letzten zwei Ja h re im Rahm en dieser Z eitschrift schon wiederholt an H and von zahlreichen Beispielen eingegangen worden. Sie zu beherrschen und zu beachten, ist notwendig, will m an bei der G estaltung und F ü h ru n g .der W irtsch a ft zukünftig die Irrtiim er und Fehlsc-hläge der vergangenen Ja h re ver­

meiden.

2. Ingenieurarbeit im Dienste der Wirtschaft Die A rbeit des Ingenieurs ist vor allen D ingen der L e i s t u n g gewidmet. Von hier aus w ird sein ganzes W ir­

ken bestimmt. Ob und inwieweit es ihm gelingt, die E r ­ zielung einer Leistung zu sichern und au f w irtschaftliche W eise möglich zu machen, darin sieht der Ingenieur das erste M erkmal seines Arbeitserfolgs.

Als T räg er und V ertrete r des L eistungsprinzips ist der Ingenieur am A ufstieg des Menschen im V erbände seiner Gemeinschaft an hervorragender Stelle beteiligt, zumal da er nicht n u r das W erkzeug zur Leistung und dam it zum A ufstieg gestaltet und schafft, sondern auch seine Verw en­

dung in w irtschaftlicher W eise betreibt. D er Ingenieur ist daher nicht n u r der V orkäm pfer des L eistungsprinzips, sondern gleichzeitig auch als Schöpfer und T räger des Grundsatzes der W i r t s c h a f t l i c h k e i t der V erfech­

te r einer gesunden A ufw andsgestaltung.

Gewohnt, seine A rbeit m it der B eherrschung der K ra ft und der G estaltung des Stoffs u n te r bew ußter Einstellung a u f den Zweck (W irkungs- bzw. G ütegrad) zu beginnen, ist der Ingenieur zw ar von vorneherein in die Grenzen prak tisch er Verwirklichungsm ögliehkeiten gestellt und an ihre Zusam menhänge und Notwendigkeiten gebunden. Aber m it der Lösung der ihm gestellten A ufgabe erscheint ihm nu r zu oft der Zweck seiner A rbeit erreicht. E r vergißt, daß — auch wenn er die A ufgabe selbst m ustergültig er­

fü llt — die Sicherung oder V erw endbarkeit der von ihm geschaffenen L eistung noch nicht den letzten Sinn seiner A rbeit darstellt, nämlich nicht n u r das W erkzeug zum A u f­

stieg zu schaffen, sondern auch den A ufstieg m it H ilfe von L eistung und W erkzeug in einer W eise zu sichern, welche dem Sinn des W illens zum A ufstieg entspricht.

H ie rfü r aber ist allein der jeweilige Zustand und Z ustands­

verlauf von Mensch und Gem einschaft entscheidend. N ur hier ist daher der tatsächliche E rfo lg einer jeden Ingenieur­

arbeit in seiner praktischen B rauchbarkeit zu erproben.

Zu erproben aber nicht n u r im technischen, sondern auch im w irtschaftlichen Sinn und darüber hinaus in den Ge­

sam tzusam m enhängen menschlichen Lebens. N ur von hier aus gew innt der Ingenieur K larh eit über sein Schaffen und die Beurteilungsgrundlage, wie er in Z uk u n ft Leistung und W erkzeug gestalten und anwenden soll.

D er Ingenieur m uß daher h i n e i n i n die Zusam men­

hänge und W echselwirkungen von V o l k , S t a a t u n d W i r t s c h a f t , um sein W erk in ihrem Dienst zu erpro-

>) Vergl. „Arbeit!“ Techn. u. Wirtsch. Heft5/1932 S. 102.

ben und m it ihm als dienende K r a f t die V oraussetzung zum A ufstieg und den A ufstieg selber zu schaffen. Das aber bedingt zunächst, daß der Ingenieur sich m it den F ra g en von Volk, S taa t und W irtsch a ft b efa ß t, und zwar so wie es S inn und W esen eines jeden Fragengebietes vom S tan d p u n k t des heute Gewordenen entspricht. Denn nur von hier aus lassen sich aus der tatsächlichen Entwicklung heraus die G rundlagen und V oraussetzungen fü r eine zu­

künftige G estaltung und F ü h ru n g gewinnen. W eiterhin wird dadurch aber auch notwendig, daß der Ingenieur Volk, S taa t und W irtsch a ft Sinn und W esen seines Werkes erhellt und dam it die Möglichkeit schafft, fü r den Einsatz von Leistung und W erkzeug zum A ufstieg sich mit dem Boden auch die Bahn zu bereiten. In beiden Richtungen ist fü r die Z u k u n ft ganze A rbeit zu leisten.

Über Recht oder N ichtrecht w ird allein der E rfo lg der Ingenieurarbeit a u f dem Felde d e r W irtsc h a ft in der Zu­

k u n ft entscheiden. Zu klären ist, ob und inwieweit dem Ingenieur m it Recht die V oraussetzung streitig gemacht werden kann, sich m it w irtschaftlichen Dingen von sieh aus zu befassen. D enn ist das der F all, dann w ären hier Bildungslücken zu füllen.

N icht immer liegt der A nlaß zu solcher B ehauptung in den ideellen oder m ateriellen U nzulänglichkeiten des Gegners, obwohl der Mangel an K enntnis und V erständnis für Sinn und W esen der Ingenieurarbeit sich nicht selten mit eigennützigen Bew eggründen eines erb itterte n Daseins­

kam pfes verbindet.

Häufig — und das m uß gerade vom S tan d p u n k t des im Dienste von Volk, S taa t und W irtsch a ft schaffenden Inge­

nieurs gesagt werden — liegt d er tiefere Grund hierzu beim Ingenieur, der es nicht oder noch nicht versteht, sich auch manchmal gar nicht bemüht, die Zusammenhänge und W echselwirkungen von Volk, S ta a t und W irtschaft aus ihrem eigentlichen Sinn und W esen heraus zu erfassen.

Zweifellos ist das Denken des Ingenieurs nicht gleichbedeu­

tend mit dem D enken der ändern. A ber es hat sich im A ufbau und A ufstieg bew ährt und ist darum als Faktor zukünftig in der gem einsamen A rbeit im Rahmen der W irtsch a ft zu weifen. A llerdings m uß das ingenieur­

m äßige Denken um gestellt werden, wenn es s ta tt der Tech­

nik die W irtsch a ft ergründet. D enn im B rennpunkt der Technik steht das behandelte „ E s “ (O b jek t), im Brenn­

pu n k t der W irtsch a ft aber das handelnde „ Ic h “ (Sub­

je k t), m ag es auch noch so sehr an das „D u “ und „E s“

wechselseitig gebunden sein.

H ier in diesem U n t e r s c h i e d d e r P r o b l e m s t e l ­ l u n g v o n T e c h n i k u n d W i r t s c h a f t sowie in der dadurch bedingten W esensverschiedenheit ih rer E r ­ fassung, die sich insonderheit auch in dem Gegensatz des technischen M aßes und w irtschaftlichen W ertes äußert, liegen in W ahrheit die Schw ierigkeiten begründet, welche der Ingenieurarbeit im D ienste der W irtsc h a ft entstehen.

E s fehlt hier der Raum, au f sie im einzelnen einzugehen.

Es sei daher hier n u r der B estrebungen von technischer Seite als Beispiel gedacht, welche glauben, objektive Men-

,Jb'1 iiljcH i, jt

3. Ingenieure im Kam pf

W enn ein Ingenieur sich m it w irtschaftlichen Dingen be­

fa ß t, so stö ß t er sofort a u f den Gegner, der ihm die Vor­

aussetzung oder g ar das Recht hierzu von sich aus streitig zu machen versucht. Das w ar frü h e r schon so, tr itt jedoch in der letzten Zeit mit besonderer K r a f t in Erscheinung.

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(5)

genmaße des A ufw ands, wie z. B. A rbeitsstunden oder Energien zum W ertm aßstab der W irtschaft, also der sub­

jektiven V erw endung zu machen. Mag auch die objek­

tive Feststellung des bisherigen A ufwandes an H and be­

stimmter M engenmaße f ü r die E rkenntnis des Geworde­

nen noch so aufschlußreich sein, in dem durch die inneren and äußeren Zusammenhänge und W echselwirkungen be­

stimmten W erden des Menschen im V erbände seiner Ge­

meinschaft gibt es fü r die B eurteilung des W ertes der Leistung kein solches F estm aß, mag man es von F all zu Fall auch noch so sehr anzupassen versuchen.

Es liegt also eine grundlegende V erkennung von Sinn und Wesen des W irtschaftens, ja des Lebens vor, wenn man glaubt, objektive M engenmaße des Aufwandes zum W ert­

maßstabe der subjektiven V erw endbarkeit zu erheben.

W a ru m 1? W eil sich das tatsächliche Leben nicht an die objektiven Mengenmaße des A ufwandes fü r eine Leistung bei der B eurteilung ihrer subjektiven Verwertungsmöglich­

keit kehrt. Auch dann nicht, wenn man sie ihm aufzu­

zwingen versucht. Eine Tatsache, die, wie die derzeitige P raxis erweist, im übrigen nicht n u r in Ingenieurkreisen verkannt w ird (Tendenzen zur Festpreisbildung au f Grund des K ostenaufbaus oder der K aufkraftstabilisierung des

Geldes).

Es ist Sache des Ingenieurs, sich in seinem Schaffen der in dieser Weise veränderten Aufgabenstellung anzupassen.

Die Voraussetzungen fü r die A ufgabenlösung bringt er in der A rt und Weise seines Denkens und Schaffens mit. So tr itt er in den W ettstreit von sich aus bereit, mit allen im Dienste der W irtschaft gemeinsam zu wirken. [1835]

I Wirtschaftseinheit — Wirtschaftslehre

Von Prof. Dr. L. S T E P H IN G E R , BrünnUnter der Überschrift „ W irtschaft und W issen­

schaft“' eröffnete Dr. Otto B redt im A u g u sth eft die­

ser Z eitschrift eine Aussprache über die Grundlagen der W issenschaft und über die besondern Aufgaben der W irtschaftslehre in der Gegenwart. Die folgen­

den A usführungen sind eine Ergänzung der Bredt- schen Gedankengänge von einem ändern Gesichts­

winkel aus.

1. Zur Grundlegung

Alles bewußte Mensehenwerk ist immer, im täglichen Leben, in W issenschaft und K unst usw., ein zweckgerich­

tetes Gestalten von Einheiten. W ir bilden alle diese E in­

heiten, Begriffe, W issenschaften, Kunstwerke, technische Werke u. a. aus Vielheiten und um I d e a l e zu verw irk­

lichen. Selbstverständlich gelingt dies niemals in voll­

kommener Weise, daher sind diese Einheiten auch niemals Ganzheiten, denn auch T otalität ist ein Ideal. Schon die Formung der Einheiten aus dem Rohstoff der Vielheiten, aber auch jede andere Ausgestaltung die­

ser Einheiten läßt erkennen, daß die Faktoren, aus denen eine Einheit aufgebaut werden muß, immer G e g e n ­ s ä t z e sind, die in der E inheit zu einem besten Zusam­

menwirken zu bringen sind. So entsteht alle W issenschaft aus der Not des Nichtwissens und dem W ahrheitswert des Wissens. In der menschlichen K u ltu r ergänzen sich Mittel und Zwecke; aus der N atu r gewinnt die K u ltu r Vorbilder der Zwecksetzung und Möglichkeiten der Gestaltung. Allem Wissen geht ein Glauben voraus, ein unkritisches F ü i- wahrhalten, mindestens ein Glaube an ein letztes Unbeding­

tes und daran, daß das menschliche Denken sinnvoll und wertvoll ist. Diesem Glauben setzt sich das Denken k ri­

tisch entgegen und p rü ft, v erw irft oder bew ahrheitet diese Annahmen. Dem Bereich des ursächlich bedingten Ge­

schehens steht gegenüber die Zwecksetzung.

Kurz, alles A ufbauen von E i n h e i t e n ist immer F o r m u n g eines I n h a l t e s , um G e g e n s ä t z e in ein i d e a l g e r i c h t e t e s Z u s a m m e n w i r k e n zu brin

matisch sein, und die E infügung der W issenschaft in die Universitas literarum und in den Kosmos des Weltbildes m uß nach den Regeln kausaler und finaler Zuordnung erfolgen. Aus dem Grundgedanken ergeben sich die Ele­

mente einer W issenschaft, wie dies nun am Beispiel der W irtschaft kurz gezeigt werden soll.

2. Wirtschaft

Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Denkens ist die I at- saehe der Unzulänglichkeit der natürlichen und kulturell beschafften M ittel fü r menschliche Zwecke. Der G rund­

gedanke ist das Vorsorgen fü r das möglichst weite Reichen der M ittel fü r eine Einheit. Dabei ist zu bedenken, daß dieser Grundgedanke und dieser A usgangspunkt zwar bei jeder K ulturw issenschaft mitspielen, beispielsweise auch bei Technik und Organisation. F ü r die W irtschaft ist aber das Kennzeichnende, daß ihr Ideal das möglichst weitgehend gesicherte A u s r e i e h e n einer E inheit s e l b s t ist, wäh­

rend Technik und Organisation zwar auch nach dem Aus­

reichen, und zwar n a c h d e r M e t h o d e des W irtschaf­

tens streben, aber nur um dadurch ihre technischen oder organisatorischen Zwecke besser zu erreichen. Die W irt­

schaft aber macht das Ausreichen einer Einheit zum H a u p t z w e c k und opfert gelegentlich diesem H a u p t­

zwecke die ändern, also auch die technischen und organi­

satorischen! Zwecke. Beispielsweise kann ein Unternehmer technische F ortschritte nicht verwirklichen, wenn die W irt­

schaftseinheit Unternehmung nicht die bereiten Mittel dafür hat, obschon diese technischen Verbesserungen im Betrieb, der technischen Einheit, nötig wären; oder organi­

satorische Ausgestaltungen müssen unterbleiben, wenn durch sie K rä fte von wichtigeren oder dringlicheren Zwecken abgezogen würden, denn alle wirtschaftlichen Fehlleitungen müssen vermieden werden.

gen. Eine W issenschaft beginnt mit einem Ausgangs­

punkt, der als Tatsache vorliegt, und einem G rundgedan­

ken, der entweder kausal oder teleologisch gem eint ist. Eine Wissenschaft m uß daher form al oder logisch richtig und inhaltlich w ahr sein. Der innere A ufbau der W issenschaft muß der A rt des Grundgedankens entsprechend syste-

Indessen bleibt die W irtschaft nicht bei der Deckung des Bedarfes stehen, sondern sie strebt nach dem Ideal einer möglichst weitgehenden Vorsorge fü r die Einheit, sie strebt nicht nur nach Bedarfsdeckung, sondern auch nach U nter­

nehmergewinn. I h r V erfahren ist also sowohl statisch als auch dynamisch; diese Bezeichnungen sind allerdings fü r das wirtschaftliche Denken nicht gut verwendbar, denn sie sind nur Analogien. In dem Gegensatzpaar Statik-Dynam ik liegen mindestens vier G egensatzpaare eingeschlossen, die man besser herausstellt. Allgemein-wirklich, Gleichheit- Ungleichheit, Bedarfsdeckung-Unternehmung, Genossen­

schaft-Gesellschaft sind in diesen Bezeichnungen in­

begriffen; und zwar liegen im Statischen die Gedanken des

291

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Allgemeinen, Gleichen, der B edarfsdeckung und der Ge­

nossenschaft, im Dynamischen die des W irklichen, des U n­

gleichen, der U nternehm ung und der Unternehm ergesell­

schaft.

E s ist im Rahm en eines kurzen A rtikels nicht möglich, -die System atik einer W issenschaft voll zu entwickeln, hierfü r verweise ich a u f meine A rbeit : „System atik der Ökonomik“

S tu ttg a rt 1931; n u r einige Schlagworte seien noch ange­

fü h rt. D er teleologische G r u n d g e d a n k e der W irt­

schaft, das V orsorgen f ü r das möglichst weite Ausreichen, den „R eichtum “ der Einheit, ergibt bei logischer Richtig­

keit seiner Anw endung die Form oder den methodischen A u f­

bau der W irtschaftsw issenschaft. Die E l e m e n t e dieses w irtschaftlichen G rundgedankens sind, aus der P o larität seiner B estandteile heraus entwickelt, das Subjekt, das Ideal, die M ittel und Zwecke, die Einheit, die T ätigkeit des W irtschaftens. Die wichtigsten methodischen Prinzipien sind : Em pirie-Theorie, Kausa-Telos. D er A u s g a n g s ­ p u n k t der W irtschaft, die Tatsache der U nzulänglich­

keit der natürlichen und kulturellen M ittel, ist die G rund­

lage f ü r die Gewinnung und Gliederung des Inhaltes dieser W issenschaft. Dieser In h alt u m fa ß t die F ak to ren des W irtschaftens, also die vorhandenen M ittel und die Zwecke, d. h. die nötigen Mittel. Die W irtsehaftsfaktoren sind un­

endlich viele, und zwar allgemeine und besondere Faktoren.

In Gegensätzen geordnet sind die wichtigsten allgemeinen F ak to ren : G eist-K örper, Gesellschaft-Einzelwesen, K u ltu r- N atur, Allgem einheit-W irklichkeit, Q ualität-Q uantität. Die w ichtigsten besondern F aktoren sind Beschaffen und V er­

wenden, A rbeit, Technik, H andel, Geld, K ap ital und O r­

ganisation. D er methodische A ufbau nach Em pirie- Theorie, K ausa-Telos ergibt die logische Gliederung; die inhaltliche Teilung nach F aktoren ist die inhaltliche Gliede­

rung der W irtschaftsw issenschaft; und nach den gleichen G rundsätzen erfolgt auch die äußere methodische und in­

haltliche E inordnung der W irtschaftsw issenschaft und der W irtsch a ft in den geistigen und m ateriellen Kosmos der W elt.

3. Die Gegenwart

Die Entw icklung einer W issenschaft ist grundsätzlich sowohl methodisch als auch inhaltlich möglich. Die W irt­

schaftsw issenschaft ist, wie wohl alle K ulturw issenschaften (über die N aturw issenschaften vgl. „K rise und N euaufbau in den exakten W issenschaften“ , 5 V orträge, W ien 1933) in einen neuen K reis der gedanklichen Entw icklung ein­

getreten. Die große geistige V eränderung, der w ir die E r ­ rungenschaften der N aturw issenschaften, der Technik, des w irtschaftlichen U nternehm ertum s u. dgl. verdanken, w ar das Z eitalter der A ufklärung, des Rationalism us, H um anis­

mus usw., des N aturrechts und der natürlichen W irtsch a fts­

ordnung. Die heutige Ström ung, vorbereitet durch eine M enge von wissenschaftlichen, politischen, technischen und w irtschaftlichen A rbeiten und F o rtschritten, strebt neuen Zielen zu, die der K ürze wegen durch die oben an ­ g eführten Schlagworte der allgemeinen K u ltu rfa k to ren be­

zeichnet w erden sollen. I s t nämlich in der vorherigen K ulturepoche mehr das K örperliche und M aterielle, das N atürliche, Allgemeine, Individuelle und das Q uantitative in den V ordergrund getreten, so handelt es sich je tz t mehr um die F ak to ren des Geistigen, K ulturellen, W irklichen, Gesellschaftlichen und Qualitativen. Um diese, in solcher K ürze vielleicht kaum m ehr verständlichen A ufstellungen w enigstens etwas zu erläutern und anschaulicher zu machen, sei folgendes angeführt.

a) Die m etho d isch e F orderung

E in H auptergebnis der bisherigen A rbeit w ar die E rk e n n t­

nis, daß die W issenschaft „ w e rtfrei“ betrieben werden muß, d. h. praktische Ziele sind im R ahm en und mit der A rt der Begriffsbildung einer Einzelw issenschaft nicht bestimm bar. Dies verm ag n u r eine philosophische Über­

legung. Aus dieser durchaus richtigen E rk en n tn is zog man aber o ft die F olgerung: Also braucht sich die Einzel­

w issenschaft um die P ra x is nicht zu kümmern. M an hielt es auch f ü r möglich, eine Einzelw issensehaft zu betreiben ohne P rü fu n g und Richtigstellung ih rer philosophischen V oraussetzungen. H eu te sieht man, daß dies nicht mög­

lich ist, und strebt danach, dem W irtsch aften praktische Ziele zu setzen, dam it die W irtsch a ft weltanschaulich und philosophisch bestimmte Ziele nachgewiesen erhalte und auch nicht mangels einer K ritik ih rer Zielsetzung zur A lleinherrseherin werde, und dadurch andere Werte, die m an vielleicht nicht genügend berücksichtigt hat, vernachlässigt werden. A llerdings verlangt dies eine viel intensivere B eschäftigung m it philosophischen und weltanschaulichen F ra g en als bisher. D enn insofern m u ß die W issenschaft voraussetzungslos sein und bleiben, als ihr nicht Ziele und W ertungen gesetzt w erden dürfen, die nur aus dem Em pirischen genommen sind.

b) Die Fakto ren

W as die F a k t o r e n anlangt, so ist zunächst eine schärfere T rennung der Idee des W irtschaftens von seinen F aktoren notw endig; man d a rf nicht mehr A rbeit, Technik, H andel, V erkehr, Geldrechnung, O rganisation usw. mit W irtschaften selbst gleiehsetzen, wie dies frü h e re Systeme getan haben. D ann aber m uß a u f die F ak to ren Bedacht genommen werden, die von besonderer Bedeutung geworden sind. Dies ist vor allem der F a k to r W i r k l i e h k e i t , der eine besondere W irklichkeitslehre verlangt; eine unver­

gleichlich größere W ürdigung gegen frü h e r h at ja dieser F ak to r schon erhalten durch die K onjunkturlehre. Dies genügt jedoch nicht, und f ü r eine weitere Ausgestaltung einer W irklichkeitslehre (W irklichkeit ist hier selbstredend etwas ganz anderes als Geschichte) kann die theoretische S tatistik viel theoretisches M aterial liefern. W eiter ist zu nennen die Notwendigkeit, das W irtschaftssubjekt von der W irtschaftseinheit zu tre n n e n ; die Gleichsetzung dieser beiden Elem ente des w irtschaftlichen Grundgedankens hat zur Folge, daß m an übersieht, wie diese beiden Elemente ganz verschiedene E rkenntnisse ergeben, aber auch ganz verschiedene Fehlerquellen enthalten. Die Lehre von der W i r t s c h a f t s e i n h e i t und ih rer Gestalt muß zu einem H aup tb estan d teil der W irtschaftslehre werden, besonders die Lehre von der w irtschaftlichen Gesellschafts­

einheit. E ine Lehre von den w irtschaftlichen G e s t a l t - f o r m e n w ird ergeben, daß w ir in eine Zeit eingetreten sind, in der die G esellschaftsform bew irtschaftet werden muß, und f ü r alle G estaltungsm öglichkeiten der Sozial­

ökonomik ist als A usgang und Ziel gesetzt die E rkenntnis von dem Ideal der V o l k s g e m e i n s c h a f t . Die W elt­

w irtschaft h at einen neuen Sinn bekommen, insofern wir durch W achstum der Bevölkerung und des V erkehrs sowie der Produktionstechnik in ein Stadium eingetreten sind, in dem die W elt bew irtschaftet w erden m uß, eine E r ­ kenntnis, die allerdings bei der letzten W eltw irtschafts­

konferenz kaum zum A usdruck gekommen ist. H a t also die vorherige K ulturepoche Großes geleistet in A nalyse, so ist je tzt unsere A ufgabe die Synthese a u f der G rundlage einer alle K ulturw erte kritisch ordnenden W eltanschauung.

[1817]

2 92

(7)

Probleme

deutscher Kolonialpolitik

Von * , *

Die Probleme deutscher K olonialpolitik liegen nicht nur im, Bereiche der P olitik, sondern sind in hohem M aße auch w irtschaftlicher sowie kultureller Natur.

Der folgende Beitrag, der uns von besondrer Seite zur V erfügung gestellt wurde, und den wir durch weitere A u fsä tze noch zu ergänzen gedenken, geht

— über den sonst üblichen Böhm en unsrer Z eit­

schrift hinaus — a u f den gesamten Fragenkom plex ein, weil eine Lösung der w irtschaftlichen E inzel­

fragen ausgeschlossen ist, solange nicht eine solche auch fü r die nichtwirtschaftlichen Probleme gefun­

den wird. Die Herausgeber

1. Ablehnung der Kolonialpolitik aus wirtschaftlichem Liberalismus

Der L i b e r a l i s m u s d e s 19. J a h r h u n d e r t s in seiner strengen A usprägung w ar ein G e g n e r d e r K o l o n i a l p o l i t i k . E r berief sich dabei zunächst auf die Bestrebungen kolonialer Länder, sich politisch vom M utterlande loszulösen. Der A bfall der Vereinigten S taaten von England und später der erfolgreiche F re i­

heitskam pf Südam erikas gegen Spanien und P ortugal schienen ja auch diese Skepsis durchaus zu rechtfertigen, der schon Turgot m it dem W ort Ausdruck verliehen h a tte : Kolonien sind wie F rüchte, die vom Baum abfal- len, sobald sie reif sind.

Ü berhaupt hielt m an Kolonien in jener Zeit w irtschaft­

lich f ü r ein s c h l e c h t e s G e s c h ä f t ; viel lohnender erschien der H andel mit freien Staaten. Selbst in E ng­

land gab es in der ersten H ä lfte des vorigen Ja h rh u n ­ derts eine starke Ström ung dafür, den ganzen Kolonial­

besitz aufzugeben. Tatsächlich hat G roßbritannien damals Java freiw illig an H olland abgetreten. Auch Bismarck war von H ause aus kein F reund von K olonialpolitik.

1871 äußerte e r : Diese ganze Kolonialgeschichte wäre fü r uns ebenso wie der seidene Zobelpelz in polnischen Adels­

familien, die keine Hemden haben. Um die Franzosen von Elsaß-L othringen und der Revanche abzulenken, unterstützte er sie in ihren erfolgreichen Bestrebungen, sich ein riesiges Kolonialreich zu schaffen. E rst 1884 w arf er das Steuer herum. Als die großen deutschen K olonialm änner wie Peters, Lüderitz und Nachtigal um­

fangreiche private K olonialunternehm ungen angebahnt hatten, glaubte er ihnen den Schutz des Reiches nicht versagen zu können. In wenigen Jahren zu einer Zeit, als die W elt schon fast ganz verteilt w ar — gelang es sei­

ner genialen Staatskunst, den H au p tteil des deutschen Kolonialreiches zu schaffen. A ber erst u nter seinen Nach­

folgern, um 1900, begann die planm äßige und einiger­

maßen großzügige Aufschließung der deutschen Schutz­

gebiete.

Der M a r x i s m u s übernahm, wie auf so vielen Gebie­

ten, auch in der K olonialfrage das veraltete Gedan­

kengut des Liberalismus. Und so herrschte auch in der Nachkriegszeit in streng liberalen und sozialdemokrati- schen K reisen die Abneigung gegen jede Kolonialpolitik vor. M an meinte, daß die kolonialen Bestrebungen auf einer interessanten Täuschung b eru h te n : d a ß m a n K o l o n i e n z w a r m i t w i r t s c h a f t l i c h en A r ­ g u m e n t e n f o r d e r e , a b e r i n W i r k l i c h k e i t R u h m , E h r e , P r e s t i g e , A b e n t e u e r i m S i n n e h a b e ; und daß die vorgeschobenen w irtschaft­

liehen Gründe ebenso falsch seien, wie die tatsächlichen nichtw irtsehaftlichen Motive als abwegig Ablehnung ver­

dienten.

2. Der deutsche Kolonial-Anspruch

N ichts ist natürlicher und gerechtfertigter als das d e u t s c h e S t r e b e n n a c h n e u e m K o l o n i a l ­ b e s i t z . Das sieht auch das Ausland schon vielfach ein. Ausländer, die von der Beseitigung des K orridors oder dem Anschluß Österreichs nichts wissen wollen, die Deutschlands P ariastellung in der W ehrfrage als eine gottgewollte Notwendigkeit empfinden, lassen in der Kolo­

nialfrage mit sich reden; sie haben durchaus V erständnis dafür, daß ein industrialisierter S taa t von 66 Mill. E in ­ wohnern, daß ein auf engem Raum zusammengedrängtes Volk von besonderer A ktivität und U nternehm ungslust nicht dauernd von kolonialer Betätigung ausgeschlossen sein darf.

Das deutsche Kolonialreich w ar zwar 5y2 mal so groß wie das M utterland; doch es w ar nur klein, verglichen mit dem anderer V ölker; m it irm so größerer Liebe hatten w ir uns seiner Pflege angenommen und die ganze deutsche Freude am Organisieren, am Aufbauen, am Erziehen von Menschen und am Heraussteilen von M usterleistungen dort betätigt. Um so schmerzlicher m ußten w ir den V er­

lust empfinden. Und gerade die unwürdigen Begleit­

umstände dieses Verlustes m ußten die Volkstümlichkeit des kolonialen Gedankens in Deutschland noch steigern.

W ir haben hier einen ganz u n g e w ö h n l i c h e n R e c h t s - u n d V e r t r a u e n s b r u c h erlebt. „Eine freie, weitherzige und unbedingt unparteiische Schlich­

tung aller kolonialen A nsprüche“ : das hatte W ilson als einen seiner P rogram m punkte fü r den Friedensschluß der W elt verkündet. Das W ilson-Program m w ar von beiden P arteien in dem Notenwechsel vom Oktober und November 1918 als Friedensgrundlage vertraglich ange­

nommen worden. U nter Verletzung dieses V orfriedens­

vertrages hat man uns die Kolonien im V ersailler D iktat weggenommen. Um diesen Rechtsbruch zu verschleiern, erfand man die k o l o n i a l e S c h u l d l ü g e : Deutsch­

land habe sich als unfähig zum Kolonisieren erwiesen;

man könne es vor allem den Eingeborenen gegenüber nicht verantworten, Deutschland seine Kolonien zu belassen.

Diese Behauptungen sind inzwischen gründlich widerlegt worden : erstens durch eine F ülle von Zeugnissen der aus­

ländischen Kolonialfaehleute, zweitens durch die H altung der Eingeborenen, die in O stafrika vier Ja h re lang fü r Deutschland gekäm pft und auch nachher in allen Kolo­

nien ihre Sympathien fü r ihre früheren H erren nicht ver­

hehlt haben, und drittens durch die mannigfachen Fehler unserer Nachfolger, die angeblich bessere Kolonisatoren sein sollten als wir. Die koloniale Sehuldliige ist heute so gut wie tot. Dennoch wird der verständige Ausländer es würdigen können, daß w ir von neuem durch die T at beweisen möchten, was wir in kolonialer A rbeit leisten können.

V ersailles begnügte sich nicht m it der kolonialen Schuld­

lüge. Um den Riesenwert der deutschen Kolonien ohne Entschädigung und ohne G utschrift auf R eparations­

konto wegnehmen zu können, und um zugleich dem V or­

w urf der Annexion entgegenzutreten, erfand man das M a n d a t s y s t e m . Und die Société des N ations — das gute deutsche W ort „V ölkerbund“ p a ß t ja g ar nicht au f die Genfer Staatengesellschaft — wurde auch hier-

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f ü r — . ebenso wie f ü r die A btrennung Danzigs und des S aargebiets — m ißbraucht. Es lohnt sieh, die M andats­

idee aus A rtikel 22 des V ersailler D iktats kennenzulernen und dam it die W irklichkeit zu vergleichen. H ier liegt ein durchaus fortschrittlicher Gedanke zugrunde, der uns Deutschen einleuchtet, und dem vielleicht die Z u k u n ft ge­

hört : nicht Eigentum , sondern anvertrautes G u t; nicht W illkürherrschaft, sondern verantw ortliche T reuhänder­

schaft, nicht A usbeutung der Eingeborenen, sondern V or­

m undschaft über sie, die zur Erziehung und F örderung verpflichtet. Diese Idee h at man in Versailles und Genf zur F arce gemacht. Von w irklicher K ontrolle und Be­

einflussung der M andatsverw altung ist natürlich keine Rede. Inzwischen haben w ir erlebt, daß die von uns ausgerottete Schlafkrankheit in K am erun sich von neuem ausbreitete, daß in dem belgisch gewordenen Teil Ost­

afrik a s ein H ungersterben einsetzte, daß das S üdseepara­

dies Samoa m it seinen friedlichen, gesitteten Einwohnern von den N euseeländern in Z errü ttu n g und A u fru h r ge­

trieben wurde, und daß die A ustralier in Neu-Guinea die vorbildlichen deutschen Kokospflanzungen h erunterw irt­

schafteten.

D er deutsche W unsch nach Kolonien w ird verstärk t durch unsere kolonisatorische T r a d i t i o n . Die moderne T radition ist n u r jung, h at aber ihre W eihe besonders durch die heldenmütige V erteidigung O stafrikas und Tsingtaus erfahren. A ber m an sollte auch die kolonisato­

rischen Leistungen deutscher A usw anderer a u f fremdem Boden, besonders in Nordam erika, in diesem Zusammen­

hang m itheranziehen. Und man kann den S p ru n g zurück über die Jah rh u n d e rte machen und an die Besiedlung des deutschen Ostens erinnern, an den Deutschen Orden, an die H ansa — und an zwei wenig bekannte E pisoden: die U nternehm ung der A ugsburger W elser in Venezuela und die Kolonie des G roßen K u rfü rste n in A frika.

Zu dieser T radition kommt ein nach B etätigung verlan­

gendes k o l o n i a l e s K a p i t a l : nicht Geld und Sach­

güter, sondern ein unsichtbares K a p ita l an kolonialer Be­

geisterung und kolonisatorischen E rfahrungen, besonders in der V erw altung, der L andw irtschaft und der T ropen­

medizin.

3. Abwegige moralische und politische Einwände

Gerade weil der deutsche K olonialanspruch so selbstver­

ständlich ist, sind die Einw ände um so beachtlicher, die in Deutschland selbst gegen eine neue deutsche K olonial­

politik erhoben w erden; sie stammen nicht n u r von links­

gerichteter Seite, sondern auch von sehr gewichtigen P e r­

sönlichkeiten in der nationalsozialistischen und ju n g n a tio ­ nalen L iteratur. Es h at dabei w enig Zweck, sich mit der w irtschaftlichen Seite des K olonialproblem s zu befassen, bevor m an nicht die B e d e n k e n n i e h t w i r t - s c h a f t l i c h e r N a t u r gew ürdigt hat.

M an d a rf dabei auch die m o r a l i s c h e n E i n w ä n d e nicht au ß er acht lassen, denn die P olitik eines Volkes ist n u r dann w erbekräftig, wenn sie von moralischen, im Volksbew ußtsein verankerten Ideen getragen wird. I s t es' nun moralisch gerechtfertigt, farbige Völker beherrschen zu wollen? E s ist natürlich abwegig, hier a u f das euro­

päische Sündenregister frü h e re r Ja h rh u n d e rte zu verw ei­

sen: a u f die Z erstörung der hohen indianischen K u ltu ren Süd- und M ittelam erikas, a u f die fa s t völlige A usrottung der In d ian er N ordam erikas, au f den Sklavenhandel mit

Schwarzen. Uns Deutsche fern er trifft es nicht, daß man im W eltkrieg H underttausende von F arbigen als K anonen­

fu tte r verw andt hat und heute weitere H underttausende und Millionen in den französischen K olonien f ü r den nächsten europäischen K rieg abrichtet. D aß es ferner nicht zum Segen farb ig er Völker dient, wenn der W eiße ihnen die Bindungen ihrer S itte und Religion nim m t und sie d a fü r zu Zivilisationsgeschöpfen macht, die doch nur K a rik a tu re n der W eißen sein können — das ist unbe­

stritten richtig. Aber das alles b raucht nicht zu gelten fü r eine weitsichtige und verständnisvolle deutsche Kolo­

nialpolitik, und es braucht nicht angew andt zu werden a u f die N e g e r Z e n t r a l a f r i k a s , die zum min­

desten noch f ü r G enerationen der F ü h ru n g und Erziehung durch die W eißen bedürfen.

A u f die gleiche räum liche Beschränkung — Z entral­

a frik a ! — weist uns auch ein viel e rö rterte r p o l i t i ­ s c h e r Gedankengang. M an h at g e s a g t: kein verstän­

diger Mensch k au ft sieh ein T heaterbillett, wenn er nur noch dem l e t z t e n A k t des D ram as beiwohnen kann.

Das ist zweifellos fü r Asien richtig. D ort erleben wir heute den letzten A kt der europäischen H errsch aft. Die E ntente h at selbst entscheidend dazu beigetragen, das revolutionäre Selbstbew ußtsein asiatischer Völker zu wecken, indem sie dort die S olid arität und den Nimbus der weißen Rasse zerstörte. F arbige S taaten w urden in den K rieg gegen D eutschland hineingezogen. Farbige Soldaten w urden in die Schützengräben der W eißen ver­

schleppt und an Rhein und R u h r zur Bedrückung einer weißen Bevölkerung verw andt. Asien — und bis zum ge­

wissen Grade auch N o rd afrik a — ist in G ärung und S pannung, und w ir Deutsche können froh sein, daß w ir dort keine K olonialinteressen zu verteidigen haben. Aber in Z e n t r a l a f r i k a ist noch K olonialpolitik auf weite Sicht möglich. Z en tra lafrik a ist die künftige Rohstoff- knmmer E uropas, und seine heutigen Besitzer, wenigstens die F ranzosen, Belgier und Portugiesen, haben wohl nicht genügend geeignete Menschen und nicht die nötige Liebe zur Sache, um dieses riesige, zukunftsreiche Gebiet — doppelt so groß wie E u ro p a ohne R ußland — in der wünschenswerten W eise aufzuschließen.

4. Der politische Rahmen deutscher Kolonialpolitik

Schwerer wiegt ein an d erer politischer Einw and: Kolo­

nialpolitik entspreche nicht dem politischen Stil eines Volkes, das selbst gegen U n t e r d r ü c k u n g käm pft.

Ein solches Volk dürfe sich nicht dem V erdacht des Im perialism us aussetzen, sondern müsse — zum min­

desten in E u ro p a — der A nw alt aller U nterdrückten sein, die sich ebenso wie w ir gegen die P a rise r F riedensdiktate und die N achkriegszustände auflehnen.

H inzu kommt ein Zweites: der A k t i o n s r a u m u n s e ­ r e r A u ß e n p o l i t i k i s t E u r o p a . In E u ro p a entscheidet sich die E rh a ltu n g des deutschen Volkes und die Sicherung seiner E xistenz durch die Revision von Versailles. Die V ölker M itteleuropas zu einer wirklichen O rdnung nach den Notw endigkeiten des 20. Ja h rh u n d e rts zu führen, scheint die A ufgabe des großen Volkes im H erzen dieses E rd teils zu sein; vielleicht h a t es gerade deshalb einen W eltkrieg verlieren müssen, um zu dieser A ufgabe re if zu werden.

Und d ritte n s: das neue D eutschland h a t sieh nicht nur notgedrungen, sondern aus innerer Ü berzeugung v o n

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e i n e r e i n s e i t i g e n e x p a n s i v e n E x p o r t p o l i ­ t i k a b g e w a n d t. Es ist zwar nicht exportfeindlieh, verlegt sieh aber stä rk e r als bisher au f die intensivste Ausnutzung des heimischen Bodens. Es sucht seine Ge­

sundung in der festen V erbindung des Menschen m it der heimatlichen Scholle.

Diese drei Einw ände sind sehr ernst, aber treffen nicht die Idee einer deutschen K olonialpolitik an sich. Sie geben uns n o c h k e i n e n G r u n d , u m v o n v o r n h e r e i 11

a u f e i n e n e u e k o l o n i a l e B e t ä t i g u n g z u v e r z i c h t e n und unsere kolonialen Ansprüche endgül­

tig fallen zu lassen. Aber d i e s e d r e i E i n w ä n d e u n d F e s t s t e l l u n g e n b e s t i m m e n d a s M a ß , d a s T e m p o u n d d e n S t i l d e r k ü n ,f t i g e n d e u t s c h e n K o l o n i a l p o l i t i k .

Wir dürfen uns also nicht um eines minderwertigen a fri­

kanischen Gebietsteiles willen in die F ro n t der Kolonial­

mächte einreihen lassen. W ir dürfen uns nur au f kolo­

niale B etätigung einlassen, wenn w ir die Aussicht haben, eine w eithin sichtbare und einleuchtende Q ualitäts­

leistung durchzuführen, ohne dabei als U nterdrücker dazu­

stehen. W ir müssen überhaupt unterscheiden zwischen kolonialen Chancen und kolonialen Versuchungen. W ir dürfen uns also nicht durch koloniale Zugeständnisse wich­

tigere Interessen und A nsprüche in E u ro p a abkaufen lassen. Das Entscheidende ist der Lebenskam pf des deut­

schen Volkes diesseits und jenseits der Reichsgrenzen in unserm E rdteil; diesem K am pfe müssen die kolonialen Be­

strebungen eingeordnet werden. E ine koloniale K reuz­

zugspolitik, die unsere A ktionskraft in E uropa behindert, können w ir uns nicht leisten.

Kolonialpolitik größeren Stiles ist also eine F rage der weiten Sicht. Als solche hat sie durchaus ihre Berechti­

gung, denn wer die K onzeption des mitteleuropäischen W irtsehaftsraum s hat, der wird auch die E rgänzung dieses W irtschaftsraum s ins Auge fassen müssen, denn in Mitteleuropa wachsen nun einmal keine Baumwollstauden oder Gummibäume.

5. Rohstoffversorgung

Eigene Kolonien können fü r die R o h s t o f f v e r s o r ­ g u n g eines Landes dreierlei bedeuten : sicheren Rohstoff­

bezug, billigen Rohstoffbezug, Rohstoffbezug ohne Devisen­

aufwendungen.

Der W eltkrieg hat bewiesen, daß Kolonialbesitz uns i m K r i e g e keine S i c h e r h e i t d e s R o h s t o f f ­ b e z u g e s schaffen kann. Und i m F r i e d e n ! Da wird die Rohstoffversorgung dadurch gesichert, daß die P rodu­

zenten aller L änder gezwungen sind, die von ihnen er­

zeugten Rohstoffe abzusetzen. A ber die Antithese K rieg und F rieden ist heute nicht mehr erschöpfend. Die mo­

derne P olitik ist im Zeichen des Kellogg-Paktes bestrebt, die verschiedenartigsten Z w i s c h e n z u s t a n d e zwi­

schen K rieg und Frieden herauszubilden; es ist durchaus denkbar, daß man einmal die Rohstoffsperre als Druck­

mittel gegen ein Land verwendet. D erartige w irtschaft­

liche Sperrmaßmahmen sind zum Beispiel in A rtikel 16 der Satzung der Société des N ations ausdrücklich vorgesehen.

Ein S taat mit eigenen Rohstoffquellen aber kann eine Roh­

stoffsperre durchbrechen.

Die B i l l i g k e i t d e s R o h s t o f f b e z u g e s ist ein Gesichtspunkt, der heute, im Zeichen des krisenhaften Rohstoffüberflusses, nicht gerade zeitgemäß erscheint. Doch es können wieder Zeiten der R.ohstoffknappheit kommen.

D ann ist es durchaus denkbar, daß die Produzenten ge-

wisser Rohstoffe sich eine monopolartige Stellung ver­

schaffen und dann die Preise ungebührlich herauftreiben.

Beim K autschuk haben w ir vor der K rise einen solchen englischen Versuch erlebt, durch den 1925 die Preise in einem Ja h re fast au f das D reifache hinauf getrieben w ur­

den. H ier ist ein S taat mit eigenem Kolonialbesitz unter U m ständen in der Lage, ein solches Monopol zu durch- brechen. Im Zeichen der wachsenden staatlichen Beein­

flussung der W irtschaft h at er durchaus die Möglichkeiten, die Pflanzer der eigenen Kolonien zu zwingen, ihre E r ­ zeugnisse an das M utterland unter dem künstlich hoch­

getriebenen W eltm arktpreis abzuliefern.

Sicherung und Verbilligung des Rohstoffbezuges durch eigenen Kolonialbesitz sind Gesichtspunkte, die nur für Ausnahmezustände wichtig sind. Anders ist es mit der D e v i s e n e r s p a r n i s 1). W enn wir Kolonien mit M arkw ährung haben, dann ist der Rohstoffbezug aus diesen Kolonien gewissermaßen nicht mehr Im port, der Devisen kostet, sondern Inlandverkehr, der mit M ark be­

zahlt wird. Durch die V erm inderung des Rohstoffbezuges aus dem Ausland wird somit die Sicherheit der W ä h ­ r u n g erhöht, die Z a h l u n g s b i l a n z verbessert und die wirtschaftliche B e w e g u n g s f r e i h e i t des Landes erweitert.

Die G r ö ß e n o r d n u n g dieser Vorteile ist sehr um­

stritten. Die A usfuhr unserer Kolonien (ohne Tsingtau) nach Deutschland und anderen Ländern betrug 1913 160 Mill. M. Das ist kein hoher Betrag. A ber die K olo­

nien standen auch erst am A nfang ihrer Entwicklung.

Von 1905 bis 1913 hatte sich die A usfuhr unserer Kolo­

nien fast versechsfacht. Sie ist n a c h d e m K r i e g e w e i t e r g e s t i e g e n , wenigstens bis zur W eltw irt­

schaftskrise. 1928 führten die ehemaligen deutschen Kolo­

nien fü r 260 Mill. RM aus. Die A usfuhr Deutsch-Ost­

afrikas betrug 1913: 35 Mill., 1928 dagegen (im britischen M andatsgebiet Tanganyika) 80 Mill. RM. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die heutigen M andatsmäehte bei ihrem Überreiehtum an Kolonialbesitz fü r die Aufschlie- ßung dieser Gebiete längst nicht das Interesse und die H ilfsm ittel haben, wie sie Deutschland aufgebracht haben würde, wenn es seine Kolonien behalten hätte. U n t e r D e u t s c h l a n d w ä r e d a s E n t w i c k l u n g s ­ t e m p o w a h r s c h e i n l i c h s c h n e l l e r g e w e s e n . Dabei w ären w ir aber heute noch längst nicht am E nd­

punkt des w irtschaftlichen Aufschwungs der Kolonien an­

gelangt.

Noch günstiger wird das Bild, wenn w ir e i n z e l n e R o h s t o f f e ins Auge fassen. Die meisten Kolonial­

produkte konnten in unsern ehemaliger. Kolonien erzeugt werden. F ett- und Ölrohstoffe (K opra, Palmöl, I alm­

kerne, Erdnüsse) lieferten alle Schutzgebiete außer Siid- w estafrika. F ü r Faserstoffe kamen in F ra g e: bei Baum­

wolle O stafrika und Togo, bei Sisalhanf O stafrika, bei Wolle Südwestafrika. K autschuk wurde in O stafrika und K am erun gewonnen. Mit Tabak und Kaffee waren an verschiedenen Stellen erfolgversprechende Versuche ange-

1) D ie D e v ise n e rsp arn is ist allerdings n ic h t h u n d e rtp ro zen tig , weil m an von ih r eine gewisse E in b u ß e an D eviseneingängen abziehen m uß.

W enn näm lich ein frem des Gebiet zu ein er deutschen Kolonie m it M ark w ä h ru n g w ird , d a n n w ird aus dem devisen b rin g en d en A bsatz, den D eu tsch lan d b ish er d o rth in h atte, ein Absatz, d e r n u r M ark e in ­ b ringt. Im m erh in w ü rd e die D ev isen ersp arn is die D eviseneinbuße z. B. d an n w eit iiberw iegen, w enn v o rh e r der deutsche A bsatz in dem Gebiet g ering w a r u n d n a ch h e r die deutsche R ohstoffentnahm e aus dem Gebiet w eit ü b e r den frü h e r e n deutschen Absatz h in a u s gesteigert w ird . — D u rc h E in sc h rä n k u n g des Bezuges au s den überseeischen R ohstoffländern b ra u c h t die deutsche A u sfu h r n ic h t g efä h rd e t zu w erden d a D eu tsch lan d m it ih n en d u rchw eg eine passive H a n d els­

bilanz h at. Sie beziehen von D e u tsc h la n d d u rch sch n ittlich n u r die H älfte dessen, w as D eu tsch lan d ih n en abnim m t.

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stellt worden. Mineralische Bodenschätze w urden in Süd- w estafrika erschlossen: Diam anten, K u p fe r, Z inn und V anadium erze. Die Südseeinsel N auru w ar in der Lage, a u f lange Zeit den W eltbedarf an P hosphaten zu decken.

Nach dem heutigen S tande könnten unsere afrikanischen K olonien uns bereits bei Sisalhanf, Palm öl und P alm ­ kernen vom A usland unabhängig machen. Sie könnten zugleich beträchtliche Teile unserer E in fu h r an K akao, E rdnüssen und K autschuk decken.

Die B a u m w o l l a u s f u h r unserer Kolonien h at nach dem K riege bis zur W eltkrise das D reifache des V orkriegs­

standes erreicht; sie liefert aber noch immer keine Menge, die fü r den W eltm arkt Bedeutung hat. In der Baumwoll- k u ltu r h atte D eutschland im kolonialen A frik a P ionier­

arbeit geleistet. 1900 begannen die Versuche in Togo, 1902 in O stafrika. D a ra u f fingen auch die Engländer, und zwar weitgehend nach dem V orbild des deutschen

„K olonialw irtschaftlichen K om itees“ , m it der planm äßigen F ö rderung des Baumwollbaues im kolonialen A frik a an.

Sie erreichten aber e rst nach dem Kriege,, und zwar in U ganda und im Sudan, große Erfolge. W ir Deutschen hatten D eutsch-O stafrika zu einem wichtigen Baumwoll- land ausersehen; große Bewässerungsanlagen, die den Baumwollbau m ächtig steigern sollten, w aren in V orbe­

reitung. Die E ngländer haben die deutschen P läne fallen lassen; dagegen haben sie im benachbarten U ganda einen Baumwollbau zustande gebracht, der ungefähr einem Zehntel des deutschen B edarfs entspricht.

6. Industrieabsatz

Die K a u fk ra ft, die eine Kolonie durch den A bsatz ihrer Rohstoffe und durch K a p itale in fu h r gewinnt, verwendet sie im wesentlichen fü r die E i n f u h r v o n I n d u ­ s t r i e e r z e u g n i s s e n . W erden diese Inidustrieerzeug- nisse nun hauptsächlich ans dem M utterland bezogen1?

V or dem K riege w ar das keineswegs immer der F all, denn es w urde zwar das M utterland im allgemeinen bei größe­

ren Bestellungen d er K olonialverw altung bevorzugt, aber im übrigen herrschte meist das P rin z ip der offenen Tür, der H andelsgleichheit aller Nationen.

D as h a t sich inzwischen gründlich geändert. F rankreich z. B. genießt in seinem Kolonialreich, das 20 mal so groß ist wie das M utterland, außerordentliche Z o l l b e g ü n ­ s t i g u n g e n ; selbst im Britischen Reich sind au f Grund der Ottawa-Beschlüsse von 1932 beträchtliche P räferenzen eingeführt worden. Sogar die M andatsgebiete sind bevor­

zugte A bsatzm ärkte der T reuhänderstaaten. W ir führten beispielsweise nach K am erun 1913 f ü r 27 Mill. M. au u;

1927 dagegen w aren es noch nicht einmal 3 Mill.

„D er H andel der deutschen K olonien h at immer n u r einen ganz geringen Bruchteil des Gesamthandels Deutschlands ausgem acht: 1913 i/2 % der E in fu h r und y 2 % d e r A u s - f u h r . “ Dies schrieben die alliierten und assoziierten Mächte in ihrer V ersailler Note an Deutschland vom 16. 6.

1919. A ber auch hier d a rf m an nicht vergessen, daß die deutschen K olonien bei K riegsausbruch erst am A nfang ih rer Entw icklung standen. F e rn e r w ürde heute der A b­

satz in ihnen sicher in viel größerem U m fang dem M utter­

land Vorbehalten bleiben, als es vor dem K riege der F all war.

7. Arbeitsm arkt und Siedlung

F ü r den deutschen A rbeitsm arkt w äre der bevorzugte I n ­ dustrieabsatz in rasch zu erschließenden eigenen Kolonien

und die bevorzugte Bedienung dieser Kolonien durch deutsche Handels-, Sehiffahrts- und Versicherungsfirm en nicht ohne Bedeutung. W ichtiger f ü r das Problem „A r­

beitsbeschaffung durch K olonialpolitik“ ist aber die Frage, ob sich in zentralafrikanischen Kolonien rasch eine ins Gewicht fallende Zahl deutscher Menschen ansiedeln ließe.

Vor dem K riege sind n u r wenige in die Kolonien ge­

gangen; 1913 gab es d ort n u r 24 000 Deutsche. Diese geringe Besiedlung lag aber nicht daran, daß etwa die Kolonien ungeeignet gewesen wären. D er G rund dafü r ist vielmehr, daß die deutsche A usw anderung an sich nicht hoch war, und daß die A usw andernden in A m erika leich­

tere Lebensbedingungen fanden. In u nsrer Zeit der über­

seeischen E inw anderungssperren, der unerträglichen deut­

schen Raumenge und des w iedererwaehten deutschen Pio­

niergeistes w ürden die Aussichten f ü r eine koloniale Be­

siedlung günstiger sein. Im m erhin sind die Siedlungsmög­

lichkeiten begrenzt. Dr. Schnee, der bekannte Gouverneur von O stafrika, schreibt dazu 2) :

„A ber a u ch in bezug a u f die A u sw a n d e ru n g s fra g e h a b en Kolonien, w ie w ir sie besaßen, eine b eträ c h tlic h e B ed e u tu n g , w e n n sie auch n ic h t eine jä h rlic h e M a sse n a u sw a n d e ru n g au fzu n eh m en in d e r Lage sind. V on den deu tsch en K olonien kam n u r ein Teil f ü r die d a u ern d e B esied lu n g von D eu tsch en in F rag e , näm lich das su b tro p isch e S ü d ­ w e sta frik a u n d die H ö h en g eb iete des tro p isch en D e u tsc h -O sta frik a u n d einzelner a n d re r K olonien. E s w o hnten d o rt v o r dem K riege in s­

gesam t e rst einige zw an zig tau sen d W eiße. Sie k ö n n e n a b er w e it be­

trä c h tlic h e re Zahlen aufn eh m en . B ei V ergleich m it den s ü d a frik a ­ n isch en L ä n d e rn , die vielfach äh n lich e V e rh ä ltn isse h ab en u n d aus k lein en A n fä n g e n h e ra u s im V e rla u f e in e r la n g e n E n tw ic k lu n g es zu ein e r w eiß en B ev ö lk eru n g von 1,6 Mill. E in w o h n e rn g e b ra ch t haben, ersch e in t die A n n ah m e b erech tig t, d a ß in je n e n d eutschen K olonial­

gebieten w eitere Z eh n tau sen d e u n d in lä n g e re r E n tw ick lu n g einige H u n d e rtta u se n d e W eiß er w e rd e n leben kö n n en . W en n h ie rn a c h auch eine A u fn ah m e d e r g esam ten deu tsch en A u sw a n d e ru n g von gegen­

w ä rtig jä h rlic h einigen sech zig tau sen d K öpfen d u rc h solche K olonien n ic h t in F ra g e k om m t, so w ü rd e doch eine d e ra rtig e d e u tsc h e S ied lu n g in eigenen K olonien ein g ro ß e r G ew in n f ü r das d e u tsc h e V olk sein u n d w e it e rs tre b e n s w e rte r, als die A u sw a n d e ru n g in frem d e L ä n d e r, in d en en das D e u tsc h tu m e rfa h ru n g s m ä ß ig allzu o ft v e rlo re n g e h t“ .

H ie r ist also ein Tempo der Besiedlung vorgesehen, von dem m an zw ar keinen entscheidenden Einfluß, wohl aber imm erhin eine beachtliche A usw irkung a u f den deutschen A rbeitsm arkt erw arten könnte. D as Tempo ist eine F r a g e d e r M e n s c h e n u n d d e s K a p i t a l s . D er durchschnittliche A rbeitslose ist fü r die koloniale Siedlung nicht geeignet; h ie rfü r kommt vielmehr ein be­

sonders w ertvoller Typ von geschulten, f ü r h arte und ent­

behrungsreiche A rbeit geeigneten Siedlern in Frage.

Solche Menschen brauchen w ir aber in erster Linie fü r die notwendige große B auernsiedlung im deutschen Osten;

diese hat den V o rrang vor einer Kolonisation in Afrika.

N ur soweit darüber hinaus noch ein Überschuß an geeig­

neten Leuten vorhanden ist, könnte man seine Ansiedlung in K olonien ins A uge fassen. W eiterhin würden Kolonien auch einen gewissen B e d arf an Ingenieuren, K aufleuten, V erw altnngsbeam ten, Ä rzten, Lehrern, M issionaren und ändern Angehörigen gehobener B erufe haben, was fü r deren besonderen A rbeitsm arkt eine gewisse E ntlastung bedeuten könnte.

Die K osten f ü r eine rasche A ufschließung von Kolonien sind bedeutend. F a ß t m an zusammen, was vor dem K riege im ganzen in die deutschen Kolonien hineingesteckt w urde (an N ettoausgaben des Reiches, an K ap italien aus öffentlichen Anleihen, an sonstigen investierten K a p ita ­ lien), so kommt m an a u f einen B etrag, der in der G rößen­

ordnung von 2 Mrd. M liegen dürfte. D am it sind zu­

nächst die K osten der relativ teuren A nlaufzeit bestritten worden. Geschaffen wurde u. a. ein Eisenbahnnetz von fa s t 4000 km, eine Pflanzungsfläche von 180 000 ha (was etwa der landw irtschaftlich genutzten Fläche von Mecklen-

2) S e itz u n d R o h rb a ch , „ F ü r u n d w id e r K o lo n ie n “ (O tto Storniere-

V erlag , B e r lin ), S. 57 f. ouoerg

Cytaty

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