18JAN.1973
ARCHLEF
Untersüchungen
von Fischkuttern
Mitteilung Nr. 362 der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt GmbH
HANS-G. HATTENDORFF
Fischereifahrzeuge unterliegen nicht den Bestimmungen des Internationalen
Schiffssicherheits-vertrages von 1960.
Gleichwohl hat die damalige Internationale Schiffssicherheitskonferenz empfohlen, in der Zwi-schenstaatlichen Beratenden Seeschiffahrtsorganisation (IMCO) Stabilitätsfragen - insbesondere für Fischereifahrzeuge - zu untersuchen und daraus internationale Vorschriften zu entwickeln. Obwohl verschiedene Vertragsstaaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, au! Grund eingehender Untersuchungen bereits wertvolle Erkenntnisse gewonnen haben, gibt es noch keine einheitlichen, international anerkannten Vorschriften über die erforderliche Mìndeststabilität dieser Fahrzeuge.
Die IMCO hat jedoch auf Grund 'der ihr bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse Empfeh-lungen über die Stabilität unbeschädigter Fischereifahrzeuge ausgesprochen. Sie hat gleichzeitig empfohlen, diesbezügliche Untersuchungen fortzusetzen.
Die Unfaliverhütungsvorschriften für Fischereifahrzeuge der See-Berufsgenossenschaft bestim-men, daß für neue Schiffe ein Krängungsversuch durchzuführen ist und die Hebelarmkurven der statischen Stabilität für die verschiedenen Beladungsfälle aufzustellen sind. Vorschriften über die erforderliche Mindeststabilität bestehen nicht.
Wegen der großen, allgemeinen Bedeutung solcher Untersuchungen für die Schiffssicherheit, ins-besondere für die Sicherheit der Fischereifahrzeuge und ihrer Besatzungen, hat das Bundesver-kehrsministerium der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt finanzielle Mittel für die Durch-führung eingehender Modellversuche zur Ermittlung der Grenzstabilität von Fischkuttern zur
Verfüg'î.xng gestellt.
Die Ergebnisse haben wertvolle Erkenntnisse darüber erbracht, welche Anforderungen an die Stabilität derartiger Fahrzeuge gestellt werden sollten.
Dipl.-Ing. U. O p p e 1
Ministeriairat beim Bundesminister für Verkehr
Zweck der Untersuchungen
Durch Modellversuche sollte die Anfangsstabilität von kleinen Fischereifahrzeugen festgestellt werden, die erfor-derlich ist, um die Sicherheit dieser Fahrzeuge auch in schwerer See zu gewährleisten. Im Rahmen der Unter-suchungen sollte ferner festgestellt werden, wieweit die Annahme statischer Verhältnisse bei der Stabilitätsberech-nung für die Zustände Schiff auf Wellenberg und Schiff im Wellental gerechtfertigt ist.
Sc.hiffstyp und Schiffsdaten
Die Untersuchungen, die im einzelnen mit dem Germani-schen Lloyd, Hauptverwaltung Hamburg, abgesprochen wurden, wurden mit dem aus glasfaserverstärktem Araldit im Maßstab 1: 9 hergestellten Modell des auf der Evers-Werft in Niendorf/Ostsee 1964 gebauten Kutters Schles-wig-Holstein" durchgeführt. Dieses Fahrzeug kann als Typ eines modernen großen seegehenden Kutters angesehen
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen - 108. Jahrgang - 1971 - Nr.11
Lab.
y. Scheepsbouwkunde
Technische Hogeschoo
Deift
zur Bestimmung der MindeststabiUtät
i. e
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4'e.-werden. Die Hauptabmessungen des Kutters gehen aus der folgenden Zusammenstellung hervor:
Länge über alles 30 00 rn
Länge in der CWL 27,38 m
Länge zwischen den Loten 26 00 m
Breite auf Spanten 6.80 m
Tiefgang vorne 2 42 m
Tiefgang hinten 3,18 m
Freibord bei diesem Beladungszustand . . . 0.60 m
verdrängung 244 m3
Völligkeitsgrad 0 493
Motorenleistung 600 PSe
Schiffsgeschwindigkeit im ruhigen Wassen ca. 11,3 kit
Längenträgheitsradius 0,252 Lpp
Bild 1 zeigt die Seitenansicht des Kutters.
Die berechneten Hebelarmkurven, im ruhigen Wasser und auch für das Schiff auf Wellenberg und im Wellental sind für eine Anfangsstabilität von GÑI0 = 0,60 m in Bild 2 dar-gestellt. Die Berechnungen wurden freundlicherweise vom Institut Prof. Wendel auf der Rechenanlage der Technischen Hochschule Hannover durchgeführt.
Bild i Seitenansicht des Kutters
3. Versuche zur Bestimmung der Stabilitäts-Kurve im Seegang
Im Gegensatz zu den bisher bekannten Verfahren, bei denen das Stabilitätsmoment eines gekrängten, urn die Krängungsachse gefesselten Modells in mitlaufenden bzw. überholenden Wellen gemessen wird, wurden bei diesen Versucj-ien die Auswirkungen der Stabilitätsänderung auf das Krängungs- bzw. Roliverhalteri untersucht. Zu diesem Zweck wurde das Modell durci-i ein konstantes Moment (M = M, cas cP) gekrängt, der sich dabei im ruhigen Wasser einstellende Winkel gemessen und während der Meßfahrt in Wellen die Krängungsänderung registriert.
\,Tenn die Annahme statischer Verhältnisse für die Sta-bilitätsrechnung gerechtfertigt ist, die errechneten Hebel-armkurven für das Schiff auf Wellenberg und im Wellental also zutreffen, so müßte im Versuch im Augenblick Wellen-berg auf Mitte Schiff der Anfangskrängungswinkel 'I sich
vergrößern auf I und bei Wellental auf Mitte Schiff ver-kleinern auf i, so wie in Bild 3 dargestellt.
Während der Messungen wurde das mit Eigenantrieb fahrende Modell frei gefahren, die Energieversorgung des Modells und die tYbertragung der Meßwerte erfolgte über dünne Kabel, die von einem nachgefahreneri Wagen lose auf das Modell herunterhingen und die Bewegungen prak-tisch nicht beeinflußten.
Die Untersuchungen wurden zunächst in regelmäßigen, von hint'en kommenden Wellen durchgeführt. Die Länge der regelmäßigen Wellen war 0,8; 1,0; 1,2 und 1,4. L.
Wellenhöhe = X/20 z. T. auch l = V40.
Später wurden ähnliche Messungen auch in
unregel-mäßigen Wellen vorgenommen, deren Daten aus der
folgenden Tabelle I hervorgehen.
,Q ?0 3- 4o
-e-- /(ràngungswinkol
5
Bild 3 Kriingungsänderungen bei Schiff auf Wcllenberg und Im WeIlcnt.al 4 1 0,5 0, o
0
0- .30 - 30 ._ /?rönq'rgswinkeI ScflfTí auf Jt/Q/fenòer9Bild 2 Kebelarmkur'ven des Kutters im ruhigen Wasser und für Schiff auf Wellenberg und im Wellcntai;
X = 30 m; , 1,5 m; Anfangsstabilität GM0 = 0,60 m
Die korrespondierenden Geschwindigkeiten betrugen bei den ersten Versuchen 8 bis 8,5 und ca. 10,5 kn (Froude'sche Zahlen entspr. 0,25 bis 0,26 und ca. 0,31). Die Bewegungs-bzw. Uberholungsperioden waren in den o. a. Wellen also relativ groß, so daß ein annähernd quasistatischer Zustand angenommen werden konnte.
Später wurden die Versuche auch bei kleineren
Ge-schwindigkeiten und am Stand durchgeführt.
Während der Meßfahrten wurden der Kurs, die Krän-gungs- bzw. Rollwinkel und. auch die Stampfwirikel mit Hilfe einer in das Modell eingebauten Kreiselanlage ge-messen und auf einem Registriergerät mit fotografischer Aufzeichnung (Visicorder) aufgezeichnet. Wegen der in dem Horizontkreisel eingebauten Lotstützung wurde die ge-wünschte statische Krängung erst unmittelbar vor Beginn des Versuches durch Versetzen eines Gewichtes erzeugt. (Vorversuche hatten gezeigt, daß infolge Nachdrehen des Kreisels durch die Lotstützung erst nach 3 bis 4 Minuten eine Winkeländerung von ca. 0,2° eintrat, während bei ab-geschalteter Stützung die durch Reibung usw. auftretenden statischen Winkelfehler in derselben Zeit in der
Größen-ordnung von 1,5 bis 2° lagen.)
Die Geschwindigkeit des nachgesteuerten Schleppwagens wurde mit Hilfe eines Impulsgebers und eines elektrischen Zählers gemessen, die Werte laufend gedruckt und aus den gedruckten Meßwerten die Schiff sgeschwindigkeiten
er-rechnet.
Die Versuche wurden zunächst bei einem GM0-Wert von
1,01 rn durchgeführt; Rolleigenperiode hierbei 4,8 s
Das krärigende Moment (in der aufrechten Lage) betrug
Mir. = 39,63 mt (alle Angaben beziehén sich auf das
Schiff).
Unter Einwirkung dieses Moments betrug die Krängung im ruhigen Wasser 1() = 8,9° + 0,1°.
Da die bei diesen Versuchen festgestellten Krüngungs-änderungen relativ gering waren, wurde die Anfangsstabi-lität auf = 0,66 m verringert. (Rolleigenperiode hier-bei 6,18 s, f-Wert = 0,74.) Aus technischen Gründen mußte beim Umtrimmen eine geringfügige Verdrängungsvergrö-Berung von 244 m auf 247,5 m (für die Großausführung) in Kauf genommen werden. Die weiteren Versuche wurden bei drei verschieden großen krängenden Momenten durch -geführt:
-a) Mär. o 26,2mt
Anfangskrängung q)0 8,7° ±0,1°
-114G hANSA - Schifrahrt - SchliTbau - Halen - 108. Jahrgang -1971 - Nr.11
Tabelle I
Seegangszustand f-Wert T V'GM0 = 0.71.
I II III Kennzeichnende Wellenhöhe [m]) . 1,58 2,82 3,69
maximala Wellenhöhe Im] 2,95 4,25 5,20
kennzeichnende weuenperiode [sJ) . 5,1 6,33 7,65
maximale Wellenperiode Ls] 6 7 7,2 9,1
entspr. Seegang In der Nordsee bei
einer Windstärke von etwa 4-5 6-7 7-8
) kennzeichnenden Werte gegeben durch die Mittel-werte der 'h höchsten Werte.
2
Bei allen Versuchen trat bei etwa quasistatischen Ver-hältnissen, d. h. Bcgegnungsperiode erheblich größer als Roilcigenperiode, eine Vergrößerung des Kriingungswinkels bei Schiff auf Wellenbcrg nicht in dem erwarteten Umfange auf. Auch bui Schiff im Wellental waren die Krängungen. kleiner als erwartet.
!4 ,S1a,pfw,i,keI--- .12ft ad
I
2o *7/
/
tahsthek/ning
,ni///e,v, kr9rn9,cwJ*/ßeQ9run$perio'e Bild 7 zeigt zwei Fotos des Modells in dem einer
Wind-s
o 7 a g o starke yon Beaufort 7 bis 8 entsprechenden unregelmäßigen3 . 5- 117 1 Seegang.
He/,in kn .
Bild 4 30-m-Kuttcr, Verdrängung 247,5 m', GM0 = 0,66 m. Krängungsänderung in von hinten kommenden Wellen,
1,0 L, H )J20; statische Krängung12,9°
.$chffin, WeI/en/o1 (qrethn
,emessen
M/Hc/wr/e de, gcn,esseneF7 Weje
-r2f V
I I
/,,th,c. afomi.srherIcrgingswnkeI
Bild 4 zeigt als Beispiel aus der Vielzahl der Mefiergcb-nisse fürdÑL 0,66 rn, Wellenlänge . = 1,0 L; Wellenhöhc
= /20 und 'P0
= 12,9° die maximal und die minimal festgestellten Krängungs- bzw. Roliwinkel in Abhängigkeit von der Schiffsgeschwindigkeit und der Begegnungsperiode. Bild 5 zeigt außer den gerechneten Stabilitlits- bzw. I-Iebelarrnkurven für das Schiff im ruhigen Wasser, auf-Wdflenberg und im Wellental ( = 1,0 L;= /20) für,
eine Anfangsstabilität von = 0,66 rn die bei den drei krängenden Momenten und bei einer korrespondierenden
Geschwindigkeit von 8,5 kn in einer Welle
?. = 1,0 L = J20 festgestellten Krängungen bei Schiff im Wellental und bei Schiff aul Wellenberg.Dieses Bild zeigt deutlich, daß in dem vorliegenden Fall die Annahme statischer Verhältnisse bei der Berechnung der Stabilitätskurven für das Schiff auf Wellenberg und für das Schiff im Wellental nicht gerechtfertigt ist. Das Modell hätte bei einer korrespondierenden Anfangsstabilität von
GIVI,, = 0,66 m- schon unter Einwirkung des kleinen krän-genden Momentes kentern müssen.
Die Ursache dieser Erscheinung dürfte einmal durch die Störung der Seegangswelle durch das schiffseigene Wellen-system bei höheren Froude'schen Zahlen, zum anderen durch ein -áufrichtendes Moment zu -erklären sein, welches sich durch die Anströmung des Schiffskörpers ergibt.
Bei kleineren Geschwindigkeiten traten bei Fahrt in
regelmäßigen, von hinten kommenden Wellen infolge Re-sonanz zwischen Begegnungsperiode (Tj) und Rolleigen-periode (T,1,) Rollwinkel von 20° und mehr auf, die eine Stabilitiitsgefährdurig des Kutters bedeuten könnten.
Eben-falls traten in schwerem unregelmäßigom, von hinten
kommendem Seegang dann außergewöhnlich große Krän-gungen auf, wenn das Modell von einer hohen, steilen Welle erfaßt und mitgenommen wurde (Bild 6). Wahr-scheinliche wäre das Modell gekentert, --wenn nicht das im Modell geschlossen ausgebildete Deckshaus ein stabilitäts-vergrößerndes Moment ausgeübt hätte.
b) Mk,. h 0 38,7 mt AnfangskrLingung 'l', c) Mkr. j, o = 44,5 mt
= 12,9° ± 0,10
Anfangskrängung l = 15,4° ± 0,10
Bild 5 30-m-Kutter, Verdrängung 247,5 m, GM0 = 0,66 m.
Vergleich der gerechneten und in achterflcher Sec bei etwa 8,5 kn gemossenen Stabilitätswerte . 1,0 .. L, R A/IO
HANSA -Schiffahrt - Schiffbau - Haien 108. Jahrgang - 1971 Nr.11 1147
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Bild 6 30-in-Kutter, Verdrängung 247,5 m', GM0 = 0,66 in. Krängungsänderung in von hinten kommenden unregelmäßigen Wellen, Seegang entspr. Beaufort 7 bis 71/i (Nordsee) st -12,9°
4. Kenterversuche
Bei diesen Versuchen sollte festgestellt werden, wie groß die Anfangsstabilität sein muß, damit der Kutter auch in schwerer See praktisch nicht stabilitätsgefährdet ist. Diese Untersuchungen wurden mit dem freifahrenden Modell in vorlichem und achterlichem unregelmäßigem Seegang durchgeführt. Die durch Wind bzw. Windböen verursachten Krängungen wurden durch Verschieben eines Gewichtes ini Modell simuliert.
Die Gewichtsverschiebung erfolgte motorisch. Durch eine entsprechend ausgelegte Relais-Steuerung war es möglich, das Verschiebegewicht nach Bb oder Stb entweder urn eine kleine Strecke in eine Zwischenstellung (Windmoment) oder kurzzeitig darüber hinaus um eine größere Strecke (Windbömoment) zu verschieben. Bei der kurzzeitigen Ver-schiebung lief das Gewicht automatisch iii die Bb- oder Stb-Zwischenstellung zurück. Auf dem Ruderhaus ange-brachte Lampen zeigten durch Aufleuchten die jeweilige Lage des Gewichtes an.
Die krängenden Momente - bezogen auf die Großaus-führung - betrugen 4300 kpm (Windmoment) bzw. 12200 kpm (Wiridbömornent). Die Einwirkzeit des Windbömomentes betrug ebenfalls auf die Großausführung bezogen -etwa 5 s. Diese Momente werden in -etwa erzeugt durch Windgeschwindigkeiten von 17 und 28 rn/s.
Die Daten der diesen Versuchen zugrunde gelegten un-regelmäßigen Wellen sind in der folgenden Tabelle II zu-sammengestellt.
[i
'-q
/(ra,7 9 oegswlokel
Bild 7 Unregelmäßiger Seegang entsprechend einer Windstärke von etwa Beaufort 7 bis 8 in der Nordsee, Anfangskrängung 12,90,
Schiffsgeschwindigkeit etwa 7,5 ka Tabelle ¡I
Seegangszustand kennzeichnende Wellenhöhe [in]
maximale Wellenhöhe [m] kennzeichnende Wellenperiode [s] maximale Wellenperiode [s] entspr. Seegang in der Nordsee bei einer Windstärke von etwa
Die Versuche wurden sowohl bei Marsch- als auch bei Schleppfahrt durchgeführt. Während der Schleppfahrt wurde vom Modell eine Netzimitation (ein mit Stoff be-spanntes Drahtgestell) geschleppt. Der Widerstand dieser Netzimitation betrug bezogen auf die Großausführuiig -bei 4 kn Fahrt etwa 6 t.
Untersucht wurde das Stabilitätsverhalten des Kutter-modells bei den Anfangsstabilitäten von GM0 = 0,60; 0,55; 0,45 und 0,30 m. Die zugehörigen Hebelarmkurven der statischen Stabilität sind in Bild 8 wiedergegeben.
Das Ruderhaus des Modells (wie auch das gesamte Mo-dell) war wasserdicht abgedihtet, urn ein Kentern um 180° nach Möglichkeit zu verhindern und ein schnelles Wieder-aufrichten des Modells nach dem Kentern zu emöglichen. Währerd der Versuche fuhr das Modell mit Eigenantrieb; über eine elektrische Rudermaschine konnte es auf den gewünschten Kursen (0 bis etwa 40 mit der See, O bis etwa 40° gegen die See und bei Schleppfahrt auch kurzzeitig in etwa quereinkommender See) gesteuert werden. Die Ver-suche in achterlichem Seegang bei einer Anfangsstabilität
VOn 10 0,30 m wurden nur auf einem Kurs genau mit
der See durchgeführt, um festzustellen, ob bei dieser
ge-WcJIg,,Jaj t-Ii/te -Schiff
Schiff im /aflei, Wasser
/
Bild 8 Hebelarm der statischen Stabilität bei den GM0-Werten von 0,3In,0,45In,0,55 in und 0,6 in
II III IV 2,82 3,69 4,45 425 5,20 6,50 6,33 7,65 8,10 7,20 9,10 9,30 6-7 7-8 8-9
1148 HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Halen - 108. ahrgang -1971 - Nr.11
5,2V
g.
f51' me ,oma/ Werfe
ringen Stabilität der Kutter nur durch Stabilitätsabbau im Zustand Schiff auf Wellenbcrg gefährdet ist. Es wurdé des-halb während dieser Mel3fahrt auch kein auf das Schiff ein-wirkendes Wind- bzw. Windbömoment gegeben. Ebenfalls wurde das Ruder nur iiußerst wenig gelegt.
Diese Versuche schienen gerechtfertigt zu sein, da auf Grund der in vorderlicher See bei einer Anfangsstabilität von 0,30 in und in achterlicher See bei einer Anfangsstabili-tät von 0,45 rn festgestellten Ergebnisse mit Sicherheit der Kutter bei einem ö von 0,30 m bei Fahrt auf Kursen von 20 bis 300 gegenüber der Wellenfortschxittsrichtung kentern würde. Die Messung und Registrierung der Kurse, Stampf-und Roilbewegungen erfolgt wie bei den unter 3. beschrie-benen Versuchen mit Hilfe einer in das Modell eingebauten Kreiselanlage und eines auf dem nachgefahrenen Steuer-stand stehenden Visicorders.
Alle Versuche wurden in Zeitlupe gefilmt, besondere Situationen soweit möglich auch fotografiert. Um Zufallsergebnisse weitgehend auszuschalten, wurden, alle. Meßfahrten mehrfach durchgeführt.
Das Hauptergebnis dieser Untersuchungen läßt sich in den folgenden Schaubildern wiedergeben:
Sci1oppfa1art Narcchfahrt Yorer1ichor Seega1).'
Bei der Beurteilung der Stabilitätsgefährdung war neben der Größe der in einer gefährlichen Situation festgestellten Krüngungen der persönliche Eindruck über das Verhalten des Modells von entscheidender Bedeutung, wobei der von den Versuchen in Zeitlupe aufgenommene Film die Beur-teilung etheblich erleichterte.
Als stabilitätsgefährdet wurde das Modell dann angesehen, wenn infolge überkommenden Wassers das Modell stark,. z. T. durch Einwirkung des Wind- bzw. Windbömomentes bzw. durch Ruderlegen, sehr stark krängte und sich nur langsam aus dieser' gekrängten Lage wieder aufrichtete. In den Fällen großer Stabilitätsgefährdung wäre das Modell mit Sicherheit gekentert, wenn zusätzlich zu den äußeren Kräften noch Gewichte an Bôrd übergegangen wären oder Wasser in das Deckshaus eingedrungen wäre.
Bei den I'tenterfällen war besonders auffällend, daß in keinem Fall das Kentern als Folge großer Rollwinkel, d. h... kein dynamisches .Kentern eintrat, sondern der
Kenter-vorgang etwa quasistatiseh durch stetige Krängungsver-größerung ablief.
In mehreren Fällen wurde der K'entervorgang eingeleitet durch eine hohe, steile Welle, das Modell krängte stark, blieb in dieser Krängungslage mehrere Sekunden liegen und wurde von den nächstfolgenden kleineren Wellen zum Kentern gebracht.
/
Das Kentern rfolgte sowohl nach Luv als auch nach Lee, z. T. beschleunigt bei Einwirkung eines bzw.
Wind-bömomentes.
In starkem Seegang ist auch bei Fahrt in vorderlicher See die Gefáhr des Querschlagens und des Kenterns bei kleiner Anfangsstabilität während des Querschlagens bzw. un-mittelbar nach dem Querschlagen sehr groß.
In einigen Fällen kenterte das Modell nach Luv trotz eines nach Lee einwirkenden Windmomentes, ebenso konnte in einem Fall ein Kentern nach Lee 'festgestellt' werden, obwohl unmittelbar vorher und 'ährend des Kentervor-ganges ein nach Seegangsluv gerichtetes Windbömoment auf das Modell einwirkte.
Hieraus kann geschlossen werden, daß zumindest bei starken Seegängen das auf das Modell einwirkende simulierende Wind- bzw. Windbömoment gegenüber den Seegangseinfiüssen eine untergeordnete Rolle spielt.
Bei den Fahrten in genau von hinten kommendem See-gang kenterte das Modell auch bei der sehr geringen An-fangsstabiität nicht, wenn der Kurs 0°, d. h. Kurs genau gleich der Wellenfortschrittsrichtung eingehalten wurde. In einem Fall kenterte das Modell, nachdem es von einer hohen, steilen Welle mitgenommen wurde und ganz wenig den nicht schnell genug nachfahrenden Sehleppwagen mit dem Vorschiff berührte. Durch diese von außen auf das Modell einwirkende Kraft kam es etwas vom Kurs ab und
kenterte nach dem Vorbeilaufen mehrerer kleinerer Wellen-züge in den nächstfolgenden höheren Wellen.
Diese bei kleiner Anfangsstabilität auf Kursen genau vor der See durchgeführten Versuche bestätigten die schon im ersten Teil der Untersuchungen gefundenen Ergebnisse: Die Stabilitätsgefährdung in achterlichem Seegang tritt bei dem untersuchten Modell in erster Linie nicht infolge Ab-bau der Stabilität auf Wellenberg ein, sondern vor allem durch das längere Verweilen des an Deck gekommenen Wassers infolge der größeren Uberholungsperioden.
Die Bilder 9 bis 11 zeigen Fotoserien, die während der Versuche aufgenommen wurden.
Aus den 'wèiter vorn gezeigten Schaubildern geht hervor, daß die Marschfahrt vor der See die größten Gefahren-momente mit sich bringt. Diese Tatsache ist in der Praxis hinreichend bekannt. 1149 C0 (u) Scogur. ontoprechord einer Windutürko lpuufort 6 bio7 7bin 8 von 8 bio 9 Seegang einer 6 bic7 entupronhond Windot5rko von leaufort 7bio 8 8 bio 9 0.60 0,55 I 0,45 030 7lchiff 3 ¡(n 3 ¡(n 8 ¡(n 7¡(n 6 an (n) 0ccgan ontoproohond einer dindatïrice lcaufort C' bn 7. 7 bn 8 von 8 bin 9 Zeegnng ãin0r 6 bin 7 entuprechond Windetirké von .eaufort 7bin 8 8 bin 9 0,60 0,55 . " 0,45 T ,5 Kr. 3,5 ¡(n .3,5 ¡(n 10,5 ¡(n 9 ¡(n 8 c1opfn5rt Krcchr5rt Achtorliokiar Ccogo.n
In di.ann Cchaubi1.ern boouten,
gutter otwan otabilitütcgorührdot Kuttor nohr utobititüto.5hrdct
rnüe }entorwahrochoin1,jch1cejt für don Y.uttor
Das Ergebnis war eindeutig, wenn bei einem bestimmten Stabilitäts-, Seegangs- und Fahrtzustand das Modell wäh-rend einer Meßfahrt und' bei Wiederholung der Meßíahrt ebenfalls kenterte bzw. wenn während einer Meßfahrt das Modell kenterte und nach dem Wiederaufrichten und nach Fortsetzung der Meßfahrt wieder kenterte. (Ein nur ein-maliges Kentern bei einem Stabilitäts-, Seegangs-. und Fahrzustand, auch bei Wiederholung der Versuchsfahrt, ist nicht eingetreten.)
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BIld 9 Achterlicher Seegang entsprechend einer Windstärke von Beaufort 8 bis 9 (Nordsee), Schleppfahrt, GM0 0,45 m
Um die bei diesen Versuchen gewonnenen Erkenntnisse auch auf noch größere Wellenhöhen anwenden zu können, soll der Versuch gemacht werden, den mindest erforder-lichen maximalen Hebelarm der statischen Stabilität, bei dem der Kutter noch nicht stabilitätsgefährdet ist, in eine Beziehung zur maximalen Wellenhöhe des Seeganges zu bringen.
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-I
Bild 10 Achterlicher Seegang entsprechend einer Windstärke von Beaufort 8 bis 9 (Nordsee), Marschfabrt, GM0 = 0,45 m
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Es zeigte sich, daß der Wert (mit hma max.
yr,. max
Hebelarm der statischen Stabilität; ., = max.
Wellen-höhe des Seeganges) für eine solche Beziehung geeignet erscheint. In der Tabelle III sind auf der linken Seite in Abhängigkeit von den untersuchten Seegängen und Fahrt-zuständen die Anfangsstabilitäten und die zugehörigen
Bild 11 Vorderlicher Seegang entsprechend einer Windstärke von Beaufort 8 bis 9 (Nordsee), Schleppfahrt, GM0 0,30 m
i -
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maximalen Hebelarme der statischen Stabilität (vgl. Bild 8) angegeben, bei denen der Kutter noch nicht
stabilitäts-h55
gcfahrdet schien. Ebenfalls ist der Quotient -- mit
Vtw. mss
angeführt.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei den Ver-suchen dic Anfangsstabilität stufenweise verändert wurde, der Mindcst-GM)-Wert also zwischen zwei Stufen liegen
kann und daß eine leichte Stabilitätsgefährdung nicht
immer mit Sicherheit erkannt worden ist, ist es wohl be-rechtigt, für die untersuchten Fahrtzustände (Schlepp- und Marschfahrt in vorderlicher und achterlicher See) jeweils
h5.1
den Mittelwert zu bilden.
Vw.
Mit diesen Mittelwerten wurden die wahrscheinlichen max. Hebelarme und die zugehörigen GM0-Werte errech-net, bei denen der Kutter mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht stabilitätsgefährdet Ist (rechter Teil der Ta-belle III).
Entsprechend diesen Ergebnissen läßt sich für die höch-sten, in der Nordsee festgestellten Wellen von 8 bis 9 m Höhe ein Mindest-Hebelarm der statischen Stabilität von etwa h5 = 0,071 = 0,20 bis 0,21 rn ermitteln.
Dieser Wert wird auch von der See-Berufsgenossenschaft als Mindestwert geftrdert. Für den untersuchten Kutter ergibt sich dieser Hebelarm bei einer Arifangsstabilität von
GM0 0,71 m.
Wird diese SBG-Forderung bei allen Beladungszuständen und auch bei Vereisung des Uberwassersehiffes eingehalten, ferner dafür Sorge getragen, daß kein Wasser in das Schiff und auch nicht in das Deckshaus in größerem Umfange ein-dringen kann, so wird der Kutter auch in den größten, in
Atlantik-Supertrawler ,,Prometey"
Bei der Volkswerf t Stralsund befindet sich der erste sog. ,,Atlantik-Supertrawler" in der Ausrüstung. Von diesem Schiffstyp sollen in den nächsten Jahren weitere 63
Fahr-zeuge für die Sowjetunion gebaut werden. Der
Super-trawler kann sowohl im Flottenverband als auch als autono-mes Fahrzeug mit einer Einsatzdauer von 70 Tagen fischen. Die vorgesehene Fangausrüstung für diesen Schiffstyp sind das pelagische Schleppnetz, Grundschleppnetz, Ausrüstun-gen für die Tiefenfischerei bis 1500 rn Wassertief e und für die Elektrofischerei (30 0/s Fangsteigerung). Mit 3,6 m brei-ter Heckaufschieppe und einer Fangdecklänge von 45m wer-den sichere und schnelle Netzhandhabungen ermöglicht.
Die 120 t gefangener Fisch können täglich in Fischvor-kühlbunkern von + 20° C auf ± 0° C heruntergekühlt wer-den. Uber Filetier- und Schlachtfischstraßen und in einer Leberkonservenanlage werden sie dann weiterverarbeitet. Der Maschinenbetrieb der Antriebsanlage von 3880 PS (Schiffsgeschwindigkeit 14,6 kn) ist l6stündig wartungsfrei. Die Propulsioriseigenschaften des Schiffes und das Vorhan-densein eines eingebauten Schlingertariks verlängern den Fischereibetrieb und die effektive Fangzeit bei größeren Windstärken.
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen - 108. Jahrgang - 1971 - Nr.11
der Nordsee vorkommenden Seegärigen mit großer Sicher-heit nicht stabilitätsgefährdet sein.
ist dieser I-Iebelarm bzw. die dazugehörige Anfangs-stabilität nicht mehr vorhanden, so muß der Schifisführer eine Marschfahrt in schwerem achterlichen Seegang auf jeden Fall vermeiden, oder unter Umständen sogar gegen die See fahren.
Sec-gang entspr. eine r Wind-stärke von Beau-fort max. Wellen-höhe Im] Im] 3/Un- dest-GM0 aus Ver-such Tabelle ILL max. Hebel-arm iJnax [m] hmax max Mittel-wert
Dem Herrn Bundesminister für Verkehr, der die Mittel für die Durchführung der umfangreichen Arbeiten zur Ver-fügung stellte, sei an dieser Stelle besonders gedankt.
Für 90 Mann seetechnisehes Personal und Fischer stehen kilmatisierte Ein- und Zweirnannkabinen zur Verfügung.
Technische Daten: zuge-max. höriges Hebel- Mm-arm dc-hmax GM0 ]m] 1151
a) vorderli ch e See, Schi e p pfah rt
6 bis 7 4,25 0,45' 0,118 0,057 0,056 0,115 0,44 7 bis 8 5,20 0,45 0,118 0,052 0,056 0,128 0,40 8 bis 9 6,58 0,55 0,150 0,059 0,056 0,143 0,53
b)vorderiiche See, Marschahrt
O bis 7 4,25 0,45 0,118 0,057 0,056 0,115 0,44 7 bis 8 5,20 0,45 0,118 0,052 0,056 0,128 0,48 8 bis 9 6,50 0,55 0,150 0,059 0,056 0,143 0,53
c)achterliche See, Schleppfahrt
6 bis 7 4.25 0,45 0,118 0,057 0,063 0,130 0,48
7 bis C 5,20 0,55 0,150 0,066 0,063 0,144 0,53 8 bis 9 6,50 0,60 0,168 0.066 0,063 0,160 0,57
d) achte ru che See,
6 bis 7 4,25 0,55
Ma rschfah r t
0,150 0,073 0,071 0,149 0,53 7 bis 8 5,20 0,60 0,168 0,073 0.071 0,162 0,58 8 bis 9 6,50 060 0,168 0,066 0,071 0,100 0,63
Länge über alles 102,00 m
Breite 15,20 m
Höhe 9,70 m
Tiefgang 5,20 ni