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Die Zukunft, 24. April, Jahrg. XXVIII, Bd. 109, Nr 30.

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(1)

ie flEukunffc

Herausgeber

Maximilian Harden

INHALT

Seite

Der reiche J ü n g l i n g ... ... ... . 59

Nachdruck verboten

E r s c h e i n t j e d e n S o n n a b e n d

Preis vierteljährlich 16 Mk.t das einzelne Heft 1,50 Mk.

BERLIN

V erlag der Z u k u n ft

G roßbeerenstraße 67 1920

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Akt

48 hoehkflnstlerlsehe Frel- llehtanrnahmen. Brom- sllberorlglnmlfotos, seltene V ih l weiblicher Sebönhelt

ein seh ließ J . g e s . g e s c h . S te r e o -A p p a r a l, h er ­ v o rra g en d . O p tik u. P la s tik , n u r 15,— Mlc.

franko N a ch n a h m e. I lh istr. P r o s p e k t fr e i!

Fotohans K. Nolle, ibl. Z, Berlin S 14

S e ^ e n S C a la n A h e

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Üb. R uf, V o rle b e n , V erm B g.- u. F a m ilie n v e r h S ltn is s e etc., s tr e n g v e r tr a u lic h , a. all.

O rten, i n - u. A u sla n d . Erledig, v. Vertrauensangelegenheit, fed. Art. Ermlttel. etc.

A u s k u n f t s - S c h u t z 11

s. la n g . J a h r e n d. l a R ef., I n a n s p r u c h n a h m e v o n B e h ö r d e n a n erk a n n t u n b e d in g t zn verl& ssig, b e stin fo r m ie r te , d. eig . d ir e k te V e r tr e tu n g e n o r g a n is. S p ez.-A usk u nftei 1. R g s., Berlin W, T a u en tzle n str. 3 (a. W itte n b e r g p la tz ). T elep h . S tein p l.9 J 6 R .

\

(3)

Der reiche Jüngling

E r d e u n d H i m m e l

T ^ a s H ohngestiebe, das von allen Seiten den W a h la u fru f der D em okratischen Partei um zischte, hat n u r ein paar S tu n d en gew ährt, das Papierfähnchen aber spurlos v o n dem d ü rre n Schaft gefressen. Als in einer russischen M onatschrift T o lsto is zw eiter Rom an erschien, sprachen in Petersb urg un d M oskau Frem de einander au f der Straße an: „W as, glauben Sie, w ird m it A nn a K aren in a?“ E in V ierteljahr lang blieb die Spannung straff. Ich m u ß te dran denken, als au f der S traßen bah n ein m ir U nbek an nter, nach artigem G ru ß , fragte:

„ W a s sagen Sie n u n zu dem A u fru f dieser D e m o k ra te n ? “ Einzelne klingelten an: „ H ie lt mans fü r m ö g lic h ? “ A ndere schrieben. Eine Stimme ringsum n u r: grim m igsten H oh nes.

M it der Sonne, die sank, da das D in g in ihr Licht flatterte, w ar dann Alles verglüht. A m nächsten M o rgen n u r noch m itleidigen Lächelns A bglanz. Recht herzhaft k o nn te ich in den kurzen W irb e l des Spottchores nicht einstim m en. In dieser Partei sitzen allerlei w ohlm einende, g u t gebildete, rein«»

liehe, auf ihre A rt kluge M enschen, vereinzelt sogar in den Fraktionen. Sie haben die W ah l einer N ationalversam m lung geduldet, b eg ün stigt, die neben der 1848 in F ran k fu rt er*

öffneten, 49 in S tuttgart bestatteten aussah wie neben G oethe

(4)

sein

S ta d lm a n n

F u ld a, wie dieses D o k to rs

u n d

D ichters

„ A u fru f der D reiu n d n eu n zig an die K u lturm enschheit“ ne*

b en d er U rk u n d e des M enschenrechtes. Kein Staatsmann*

D ip lo m a t, Forscher, K ünstler, G elehrter, Ind ustriek apitän , L andw irth, Publizist, A rbeitorganisator, T echniker, Bankier, K aufm ann von hohem Rang. N ic h t ein M ensch, der, M ann o d er Frau, a u f irgendeine h altb ar ragende L eistung hinw eisen kan n u n d für D eutsch lan d s Leben B edeutung h at; nicht einer.

D o rt die A uslese edelsten G eistes, rein him m elan w ehen­

der Flam m enathem , eine Fülle von W issen, T alent, Staats*

m annsem pfinden, K u lturw illen; hier, nach siebenzig Jahren, die alten, ausgesungenen Lerchen, Am seln, D rosseln vieler Reichstage, all die Steifleinenen, die uns in den Krieg ge#

schw atzt, drei Jahrzehnte lang alles G erassel, G efuchtel be*

nick t, die ganze üble T heaterei m itgem acht u n d seit 1914 jed en Versuch, aus den L ügentüm peln auf den festen G ru n d der W a h rh e it zu gelangen, m it der

n ie d e r tr ä c h tig s te n

B üttel“

k u n st g eh in d ert haben. D as E rgebniß d u rch stin k t Alldeutsch*

länd. N ie u n d nirgends noch w urde eine N ationalversatnm - lun g so w enig beachtet; nie eine so, v o r gleichgiltig Hin*

blickenden oder froh A ufathm enden, verscharrt. D ie D em o­

kraten h ab en in der unfruchtbarsten,

g e w is s e n lo s

brutalsten, lü d erlich sten , der M asse, neun Z eh n teln des V olkes, ver­

haß testen R egirung gesessen, die jem als ein A uge sah. A ls M itschuldige stehen sie vor der N atio n . Jedes halbw egs g e*

scheite Parteim itglied schämte sich des M iß g n ffe s » der in solcher Z e it das K aliber Fischbeck. O eser auf die P re u ß en*

schanze schob u n d dem Reich ausgeschossene K anonen an*

bot. W a rte n Sie, hieß es; „w ir suchen neue W ege u n d wer­

d en sie fin den “ . N u n ? Eine Sam m lung verstaubter Phrasen;

in keiner auch n u r das kleinste Bleibsel von Z ündkraft.

N irg en d s das Keim chen eines fruchtbaren G edankens. G raue,

v erkalkte

S ä tz e ,

ohne Bild, ohne D u ft; schlim m er: o h n e M u th

zu W ah rh aftig k eit. A ber zu m unterer A u sfa h rt, m it Voll,

dam pf, a u f das offene M eer des U nsinnes. Beispiel: „ D e n

ew ig u n zerstörten u n d unzerstörbaren Besitz unserer B ildung

überkonfessioneller A rt w ollen wir A llen erhalten, die davon

leben u n d danach begehren.“ K raftaufw and, um ewig Un*

(5)

zerstörbares zu erhalten? M ühsam liest m an sich du rch das Schilfgerede. N u r vor allzu geckig eitler Selbstbespiegelei überkreischt G elächter die M itleidsregung. „ In F lensburg haben w ir gesehen, d aß die deutsche D em okratie w erbende nationale K raft besitzt.“ H ab en w ir? In dem seit der An*

nexion der E lbherzogthüm er verstrichenen H a lb ja h rh u n d e rt ist in S ü d jütland die Zahl der deutschen Stimmen so hoch ü b er die der dänischen h in au f gewachsen, daß D än em ark diese Z one nu r gew innen konnte, w enn sie für den A k t der Ab«

Stim m ung

m it N ordschlesw ig verb u n d en w urde. D a ß w eder diese V erb in d u n g (die, sprach in K openhagen der flensburger R edakteur C hristiansen, „uns in den vereinten Z onen eine M ehrh eit von zw ölftausend Stimmen gebracht h ätte“) er*

reicht noch früh, nach dem deutschen Z usam m enbruch, Süd*

jü tlan d besetzt w o rd en w ar: D as h at hitzige dänische Patri*

o ten in den Z o rn aufgeregt, der dan n den sonst stillen Kö*

nig C hristian, vielleicht u nter dem Einfluß von T ante D agm ar (M aria F jo d o ro w n a ), O n kel W aldem ar u n d dem E hepaar B ruce, in das W a g n iß trie b , der im K am pf um die Neu*

wähl des Folketings zerbröckelten M eh rh eit des K abinets Z ahle ein nationalistisches M inisterium aufzuzw ingen. M ittel*

schleswig ist w eder durch die W eish eit eines Staatskommis»

sars noch du rch die W e rb e k raft deutscher D em okratie dem P reu ßenstaat gerettet w orden. W eiter. „D ie k o p flo se Finanz*

g eb ah ru n g der K riegszeit ist in geordnete W ege geleitet.“

A b e r kopflos geblieben: w ird sie au f dem „geordneten W e g “ etw a unschäd lich? Schwerer noch als der Schülerstil ist zu verzeihen, d aß in einem Reich, dessen N o ten p resse in jed e r W o ch e tau sen d M illio n en M ark ausspeit u n d n u r durch diese Papierm asse den B ankerot verschleiern kann, Stimmen*

angier sich in die Lüge von „geordneten W eg en der Finanz*

geb ah ru n g “ erdreisten. „D u rc h die g ru ndlegende A rb e it un*

serer Partei hat sich das deutsche V olk die edelste u n d freiste

V erfassung der W e lt als G ru n dlag e der neuen E ntw ickelung

gegeben.“ E ntw ickelung hat G ru n d lag e; u n d zu der legt das

V olk du rch die A rb eit einer F raktion den G ru n d : vor dem

T eig aus solchem B ackpulver em pört sich des G ed u ld ig sten

N ase. H e rr D r. R athenau, d er selbst der D em okratenpartei

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angehört (u n d dem sie, als einem N ützlichen, das ersehnte M a n d at nicht länger noch, u n ter dem V orw and, er u n d ein anderer Industrie* G ro ßkap italist habe H e rrn K app als den Reichskanzler angesprochen, w eigern sollte), hat über die Ver*

fassung gesagt: „Sie ist auch danach.“ M ancher T heil w urde g u ten M u stern nachgebildet. Ein D in g , das uns alles läppische T itelw esen, den ganzen verm otteten P lu n der der Kaiserei ehr*

erbietig bew ahrt u n d jedem H e rrn E b ert oder Stham er ge*

stattet, m it B elagerungzustand, Schutzhaft, Standrecht zu wirth*

schäften, w ann ihm beliebt: eine so üble Scharteke als „die edelste u n d freiste V erfassung der W e lt“ auszubrüllen, istdoch ein Bischen zu unverschäm t. Leidlich ist eine V erfassung nur, w enn sie den auf ih r Stehenden jed e M öglichkeit des Macht*

m ißbrauches w ehrt. D e r G lau b e, d a ß sie den M ißbrauch nicht w ollen, genügt, nach M ills klugem W o rt, nicht; jede Straße, die in M iß b rau ch führen könnte, m uß gesperrt sein.

D ie w ackeren A u fru fer w ollen „den K lassenkam pf über*

w in d e n “ (d er eben erst schüchtern begonnen hat) un d dem S chulunterricht die Religion erhalten; w ollen nationale Politik u n d freien H andel (der die letzten M auerreste gesunder W irth*

schaft im H u i wegschwem m en m ü ß te ); sie schämen sich nicht, das alberne G erede vom „V ernichtungw illen der F einde“

(nach deren H ilfe sie d o ch ,n icht unerhö rt, wimmern) zu wieder*

holen u n d die m anchm al h äßlich w ilde A b w ehr des von LJnter*

nehm ertyrannis u n d S öldnerroheit im R uhrgebiet g e k n ü p f­

ten B undes als „das W ied eraufleb en der bolschewistischen R ev olutio n“ zu beschim pfen; sie hu ld igen der Reichsw ehr (die m ehr kostet als das „herrliche K riegsheer“ von gestern un d zu Schutz der R ep ub lik n ich t zu haben ist), m öchten sie vor „V erunglim pfung“ zärtlich b eh ü ten ,sträu b en sich m it Ze*

term ordio'gegen jed en V o rsto ß in ernsten, nicht von H euchelei erlogenen Sozialism us: un d k ö n nten auf dieser „ G ru n d la g e “ m orgen sich den nicht m inder dem okratischen Parteien der rechten Reichstagsseite vereinen, wenn denen gefiele, das höl*

zerne G itter des A ntisem itism us fallen zu lassen. Bald schlägt

die Stunde zu solchem Verein. A us dem W o rtw u lst haftet im

G e d ä c h tn iß ein h altbarer Satz: „U n sere Partei steht und fällt

m it dem reinen dem okratischen G ed an k en .“ G em eint ist:

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der G ed an ke form aler R echtsgleichheit. D er fällt; un d m it dem M antel die Partei, die in seiner Z au b erh ü lle him m elan zu schw eben hoffte. D er A ufruf, der k lin gt wie aus eines seit Jahrzehn ten verrosteten Posthornes heiserer Kehle, tu te t:

„ W ir w ollen keine D ik ta tu r oder N eb en reg iru n g einer Be*

rufsschicht, sei sie noch so b e d eu ten d .“ U n d von dem Ge*

w erkschaftbund kom m t die A n tw o rt: „A n den A cht P unkten (vom zwanzigsten M ärz, auf die der „ N e b e n re g iru n g “ ab*

w ehrende Satz zielt) ist nicht zu deuteln u n d nicht zu rü tte ln .“

In sich ist nichts g u t oder bös, zum W ein en oder zum Lachen; A llem weist erst die Sonderart des Betrachters, des anschauenden B ew ußtseins R ichtung u n d W erthm aß. N o ch einm al g litt m ein A uge ü b er das arm sälige D ing, das sich

„ A u fru f“ n en n t u n d Keines W illen doch hell aufzurufen, aus keinem eirfe Flamm e aufzuschüren verm ag. W eil der K lüngel, ein Senatus der Ew ig*G estrigen, durch die rostige Schablone D enkenden, der am Postchen K lebenden u n d nach Profitchen A usspähenden, die nach nützlicher T h a t langenden Kräfte w ohlm einender M änn er läh m t? D iese E rklärung tilgt nicht alle Zw eifel. E uer G elächter, das spitz aufgeschäum t war, ver*

plätschert ins schwarze Becken der T rauer. T ragikom isch ist das Schicksal deutscher D em okratie. D enen, die nach dem Ab*

w ehrkriege gegen B onaparte, nach dem enttäuschenden Wort*

b ruch des furchtsam ungetreuen P reußenkönigs, von Einheit, Freiheit, Selbstbestim m ungrecht der D eutschen träum en, w ird nicht b e w u ß t, d aß die innere E in h e it,d er V orbeding kräftigen W achsthum es, erst in langem , bitter ernstem M ühen, nicht d urch Tum * un d Schützenfeste noch durch den H all eines M aas u n d M em el verm ählenden L iedes, errungen w erden k ann; w erden m uß : dam it Schollengem einschaft die F rucht A llen, nicht Einzelnen nur, w illkom m ener F reiheit trage. Sie em pfinden nicht, d aß P reußen, dessen A dlersfittich ihre H off­

n u n g ins Blau heben soll, nicht au f dem W e g friedlichen Gei»

stes, au f der Straße, die ihm 1848 die K aiserkrone anbietet, sondern n u r im G etüm m el des W affenkam pfes um die Vor*

herrschaft, die haltbare E inung D eutschlands erstreben, er*

streiten k ann u n d d ru m das zu D em okratie unentbehrliche

M a ß von Freiheit nicht, noch nicht gew ähren darf. „ T räu m t

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64 Die Zukunft

Ih r den F ried en stag ? Träum e, wer träum en mag! K rieg ist das Losungw ort! Sieg! U n d so klin g t es fo rt.“ Krieg ist W a h n sin n : also fernab von aller V ernunft; ist G räuel: also keinem G esetz u n d Brauch der Sittlichkeit u n terth an ; ist ein, seit M enschen sind, vom Zvveck des Stammes, der H o rd e, des Staates geheiligtes M ittel der Politik. U n d heiligt selbst w ieder jedes ihm förderlich scheinende M ittel. D ie A era b lin d w ü th en d er P reußenv erh errlich u ng b richt an. D e r Hoff*

nun g träg er w ird H e ila n d ; w ird in G o tth eit erhöht. Ein Fürsten*

geschlecht, aus dem einmal, in einem H alb jah rtau sen d ein einziges M al ein leuchtender K opf, kein fleckloser, auch kein im tiefsten Sinn schöpferischer, ragte, w ird gepriesen, be*

sungen, von W e ih rau c h um q ualm t wie nirgends je auf der Erde w eißer M enschheit eine D ynastie. D eutsche Geschieht«

Schreibung züchtet u n d m ästet dieL ü gejstelltsich m itK n echts*

willen in ih ren D ienst. N iem als, spricht Buckle, „ w ürde d er englische Bürger, einem K önig zu G efallen, sein Recht, seine Freiheit opfern, nie das G efü h l der U nterthanschaft, das seine L ippe v e rk ü n d e t, in sein H erz sich einw urzeln lassen ; sein G eist neigt in K ritik, in m ißtrauisches E rörtern aller R egirungpläne u n d d u ld et nicht M achthäufung, die der Kirche oder der Krone erm öglichen könnte, ihn an der Selbst*

Verwaltung seiner A ngelegenheiten zu h in d ern .“ D er Bürger in deutschem N o rd e n d e n k t anders. In das Schiff der frankfur*

ter Paulskirche h a tte U h la n d gerufen: „Es w ird üb er Deutsch#

lan d kein H a u p t leuchten, das nicht m it einem vollen T ro pfen dem okratischen Oeles gesalbt ist!“ N a j a ; von einem T ropfen P etroleum w ird die Pom ade nicht stinkig. Lauter tö n t, aus Frankreich h e rü b e r, die L osung: „T rach te, D ritte r Stand, reich u n d dad urch der Erste zu w erden.“ D ie Söhne der eh rb aren D o k trin äre von 48 stürzen sich ins G esch äft, in hastige A u sn ü tz u n g der du rch die M aschine geschaffenen K u ltu rfo rm , der aus dem Schoß m echanischer K räfte

ta g »

lieh neu sich gestaltenden K o njunkturen. A u f m ärkischem Sand w ird ein W u n d er. Ein von den M usen, den G razien ge«

segneterK ünstIer*Staatsm ann veredelt dieV ollw ucht P reußens

ins G eistige, schw eißt u n d häm m ert aus ihr die Wafife, die

einst auch die innere E in u n g D eutschland s erstreiten kann,

(9)

u n d b leib t in W irb el u n d Lohe g ro ß er V ision im m er doch g enug Ju n k er, um u nter den von Ju n k e rn in ihre W esens*

a rt gezw ungenen fränkischen Z ollern, u nter dem K önig u n d dessen U eb erw indern m öglich zu sein. Schroff w endet sich gegen ihn, was im Schwarm der D em okratensöhne nicht m it allen W illen sk räften in H an d el u n d In d u strie verklam m ert ist. Ih rer Z u nge schm eckt der ro th schäum ende M o st nicht u n d im Sauser riecht ihre N ase nicht die Blum e des Edel»

weines. Statt den gro ß en Kerl zu erkennen, d urch frohe Zu»

Stim m ung des freien M annes sacht E influß in sein W o llen u n d H andeln zu erstreben, verschreien sie ihn als aben teuernden T ö lp el u n d m öchten ihn, d er zu gew altigem W e rk die leben*

d ig en K räfte der N a tio n zu ballen bem üh t ist, in der Schlinge von Z w irnsfäden erw ürgen. N ich t Einer m ahnt: „ D e r Glücks*

zufall sojcher G eniefülle durchschneidet das schnurgerade Einerlei g rauer T heorie u n d verpflichtet uns, des D enkens U h r danach zu stellen.“ N ein . A lle K rüppelkiefern d ü n k t, d aß die V ictoria Regia allzu viel Platz einnehm e. D e r im T h a l des G lau b en s an D em okratie geborene Professor u n d N u rfach m an n , das instinktloseste aller W esen, tra b t dem Z u g d e r Feinde voran; schw enkt aber h u itig um , da d er von ihm als Eintagsgötze Befehdete sich als den G estalter deutschen Schicksals erw iesen hat. Jh erin g , Sybel un d T reitschke wen»

d e n sich u n d führen den T ro ß der Sonne zu ; M om m sen, D u Bois*Reym ond, V irchow bleiben o u t in the cold. A uch in den nicht vom Licht hoh er W issenschaft gestreiften Be*

zirken w irbt der E rfolg einer Staatsm annskunst, der, drei*

m al, das Schw ert n u r den Strich u n ter die vorsichtig k ü h n e R echnung zieht, ein A nbeterheer. Bism arck (d er n u r begreift, was er nah u n d lange sah, also nicht England, A m erika, den O rie n t, den Ind u striearb eiter, die D ienstm annschaft einer me*

chanisirten W e lt) w ird zum Verächter des deutschen Städ*

ters; g lau b t n u r noch an den Bauer u n d b rü stet sich manch*

mal in N atu rb u rsch en th u m , das ihn aus aller G em einschaft m it P arlam en tsdü ftlern u n d V erfassunganatom en lösen soll.

F ün f Jahre lang m ußte er, durch G eröll, in schw erer R üstu ng un d steter Lebensgefahr von Stein zu Stein em porklettern.

J e tz t tritt sein F u ß in M orast, der unter der Sohle nachgiebt^

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Er wäre anders gew orden, seines fast schlackelos reinen Feu*

ers G ew alt in tieferen Schachten der V olkheit fühlbar, w enn ringsum nicht A lles w onnig ihm in K nechtschaft sich ergeben hätte. D ie städtischen Liberalen u n d D em okraten, die, un?

beleh rb ar, auf die falsche K arte gesetzt, in der N a c h t vor unverm eidlichem K am pf A b rü stu n g gefordert, Staatssozia*

lism us als Firlefanz, Schutzzoll als T o tsü n d e verpönt, durch eigene Schuld also ihre Stunde versäum t hatten, grollten dem nie Begriffenen. U nsere Ju g e n d w urde m it der Lehre ge«

nährt, alles U n g lü ck kom m e dem Reich von Bismarck. Kein K anzler ist m it so u n erm ü d barer H eftig k eit befehdet wor*

den wie der Schöpfer des Reiches, der, n u r er, dessen innere E in heit verkö rp erte u n d dem, n u r ihm , alle G roßm ächte die Siege, d e n b eispiellos raschen A ufstieg seines Volkes verzie*

hen. U n d als W ilh elm ihn, in erlogener T rauer, m it umflor*

ter Peitsche w egjagte, jauchzte das Stadtvolk dem Kaiser zu.

F riedrichs R egirung hätte uns sanfte D em okratie, ein dem britischen nachgebildetes Parliam entary G overnm ent ge*

bracht. Friedrichs T o d zäunte einer ganzen G eneration m it unübersteiglich hohem G itter die W irkensstätte. D en Deut*

sehen, schrieb 1888, beinahe p ro p h etisch , G ustav Freytag, der feinste P hilister, „ist diesm al die Ergänzungfarbe ausge*

fallen. E ine Fürstenseele ist geschw unden, welche nach Auf*

h e b u n g der C ensur, nach 1848 heranw uchs, in einer Z eit des W id e rsp ru c h e s gegen engherzige Beam tenherrschaft, in Jahr*

zehnten, w o nich t die K raft des H eeres, sondern die leiden*

schaftliche Bew egung des Volkes die Fortschritte des Staates b ew irk te; geschw unden der Sproß einer langen

F r ie d e n s z e it,

in w elcher die A rb e it der W issenschaft u n d Schönen K unst dem d eutschen G e m ü th oft das beste Selbstgefühl, den reich*

sten In h alt gegeben hatte, ein G em üth , in dem der D rang nach F reiheit u n d schöner E ntfaltu ng der V olkskraft lebendi*

ger w ar als d er nach Z u c h t durch das H eer un d den Staat.

W e r verm öchte zu sag en,ob das A usfallen dieser eigenthüm*

lie h e n M isc h u n g von B ildungelem enten einen E influß a u f

die nationale E ntw ickelung haben w ird ? “ D ie A n tw o rt lautete,

schlecht u n d m o d ern : „ W en n schon!“ W ilh elm schw atzt,

feiert in jed em M o n a t dreißigm al G eb u rtstag , belästigt die

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nahe, die ferne N achbarschaft m it Besuchen, lü g t W irth e und Gäste an , schreckt m it der G rim asse des M esserschluckers, des Feuer fressers friedliche V ölker, hetzt R u ß lan d u n d Frank*

reich gegen Britanien, Briten gegen Russen, dann T ürken, Ara*

ber, Jap an er gegen die H erren E gyptens u n d Indiens, des Kau*

kasus, der ostasiatischen K üstenprovinz: th u t nichts. D e r Schornstein raucht, alle Spindeln laufen , jed er W irthschaft*

zweig schw ingt sich in W in desgu n st auf: also, B ürger, m it Hur*

ra un d H ussa hinter W ilhelm drein 1 D em o k ratie? U n te r Ca*

privi, dem steif from m en M arinegeneral, der uns vo n R u ß lan d weg gelotst u n d H elgolan d , den sicheren T ru m p f für das Spiel gegen E ngland, beschert hat, schien ein G äßchen in Paria*

m entarism us offen. D ie du rch Friedrichs T o d u n d V ictoriens erste W itw enschaft um die M aib lü the des H öffens Geprell*

ten, in 4en „K lu b der T o te n M än n er“ G escheuchten wagten sich w ieder hervor. Rechts aber d ro h te d er alte Bismarck, links brem ste der alte Eugen Richter. D ie k lu g en C o b d e n iten , k lug g enu g, um u nk lu g zu w äh n en, D eu tsch land sei, Eins, Z w ei, D rei, in das G ew and englischen V erfassungbrauches zu kleiden, kam en nicht weit. Fanden auch nur kleines G efolge.

D er H au fe gieriger Bourgeois w ollte „dabei sein“ , die Kon*

ju n k tu r nicht verpassen. „D as freiste W ahlrecht, die großmü*

thigste Sozialgesetzgebung der Erde, unterschiedlose Gleich*

heit vor dem G esetz, F reih eitd esM ein u n g au sd ru ck es in W o rt, Schrift, Bild haben wir. Sind vornan. U n d verdient w ird, d a ß man schw ören m öchte, jeder Industrielle, W aarenh än dler, Ban»

kier D eutschlands sei ein M id as,d em Alles zu G o ld w ird. M ag der Kaiser sich ein Bischen laut, ein Bischen viel am usiren!“

K aufleute, Ju d e n sogar kom m en an den H o f, dürfen in Kiel m itsegeln, erdienern die zuvor G eneralen u n d M inistern vor*

behaltenen Klassen des K ronen*und A dlerordens. „Is doch der A nfang dem okratischer S itten.“ D a ß inzw ischen M onarchie u nd H eeresherrlichkeit, das M ittel, Selbstzweck w ird, nun erst M ilitarism us, also die V orherrschaft m ilitärischen G eistes bis in die.G efilde der Politik, wo sie zu Lebensgefahr w erden m u ß : N iem and wills m erken. Richter pinselt ein Gräuel»

bild des sozialistischen „Z u k u n ftstaates“ . Barth sam m elt die

F reun de um das B anner des Freihandels u n d des „K am pfes

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gegen d en Staatssozialism us“ . D as W o rt D em okratie w ird an rü ch ig , weils die B randrothen in die Firm atafel einge»

fü g t haben. „U eb erall gehts ja vorw ärts.“ F o rtschrittspartei, Sezession, Liberale V ereinigung, D eutsch»Freisinnige Partei, Freisinnige V olkspartei: u n ter der neuen H a u t schlägt im m er d e ra lte P u ls . D ie in W ilhelm s H allen w ohnende Freude über»

to st das aus der H eldenzeit des B ürgerthum s m anchm al noch schüchtern nachklingende Sehnen in Selbstbestim m ungrecht.

Bis die h oh eF este fällt. N ic h t d erB ü rg er hat ihre M auern gebrochen. D e r w ar „bis in die K nochen m onarchisch“ ge*

w esen (n u r der Lues hatte m an zuvor solchen T iefgang nach«

gesagt). D e r w ollte noch 1908, als die V eröffentlichung der G espräche m it B riten u n d A m erikanern die gefährliche Un«

Wahrhaftigkeit

W ilhelm s en thü llten u n d von dem Schwäch*

ling, den das erste Schauerw indchen der V o lk sem pörun g ins B ett scheuchte, unverzau d erter U eberg an g in P^irlamenta*

rische R egirung leicht zu erzw ingen war, in so verw egenes T rachten sich nicht aufrecken. Im K rieg war seine Losung:

„E in Schuft, w er jetzt nicht lügt, d aß sich die Balken biegen.“

D ie M ilitärcensur schien ihm hö ch st löblich, n u r m anchm al noch gar zu m ild; die Frage nach Schuld u n d Verantwort»

lich keit

h ö ch st unzeitgem äß: „ D e n n w ir sind n u n doch mal d rin .“ Ein Stoß freundlicher u n d zorniger Rügebriefe.schich*

tete sich, weil ich, schon im F rü h jahr 16 w ieder laut, gem ahnt hatte, B estim m ungrecht u n d V eran tw ortu n glast den von der N a tio n Erw ählten aufzuerlegen. „ N u r jetzt, u m G o tte s willen, nicht an unserer R eichseinrichtung rütteln! N ach dem Sieg w ird M u ß e zu E rö rterung innerer Fragen.“ Im G ro ß e n Haupt*

q u artier, dessen barscher G o tt niem als die U eberzeug un g hehlte, d a ß m an „nach dem Sieg“ die Z ügel viel straffer als zuv or anziehen m üsse, w ar kein anderer Reichs

Würdenträger

so w illkom m en wie der in A del u n d Excellenz aufgestiegene D em o k rat Payer. D e r B ürger h a t fü r der^ G ed anken der D em okratie nicht einen Finger g erü h rt. A u s der Trüm m er*

masse des zusam m engebrochenen Reiches erhielt er das Selbst*

bestim m ungrecht als ein G eschenk; u n d schrieb es, wie einer

G elieb ten N am en, au f alle W im p e l: weil es in tern atio n al

v erw erthbar schien. „D em okratie ist W ilso n s Puschel; je

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m ehr wir dav on zeigen, desto besser w ird der Friede.“ W a r ihm (der B ourgeoisie, nicht den sie flankirenden G eistigen, den ernsten H ü te rn der Idee) das Z ufallsgeschenk je ein kostbares G u t, fü r das zu fechten, zu fallen lo h n t? Jh erin g sagt: „D ie E nergie der Liebe, m it der ein V olk seinem Recht anh äng t u n d es b eh au p tet, w ird d urch den Einsatz von M ühe u n d A n stren g u n g bestim m t, der ihm dieses Recht erw arb.“

Liebe zu einem ohne M ühenseinsatz errafften Recht: ver»

flackerndes Feuer. D en M eisten war das B ekenntniß zu D em okratie n u r die Police, die gegen allzu heftigen Vor»

d rang des Sozialism us versichern sollte. D ieser W u n sch harkte den Kriegsschatz zusam m en, dessen Besitz den D em okraten im W ah lk a m p f m anchen G ew in n erw irkte. D azu h alf ein verschm itztes W ahlsystem , das nothigt, für N am enlisten, nicht fü r P ersön lich keiten, zu stim m en, u n d V erbündelung m it den Listen anderer Parteien beg ü n stig t; h alf das erste Ent*

setzen vor den Folgen konservativ*m onarchistischer P olitik un d, b eson d ers kräftig, die V orstellung Phantasieloser, der E ntsch lu ß zu kleinem , billigem U m b au können die Gewiß*

h eit erkaufen, d a ß im Reichshaus, nach Z usam m enbruch u n d W eltw end e, b ald Alles w ieder sein werde, wie es vor dem K rieg u n d der N iederlage war. Fünfzehn M onate lang haben die D em o kraten n u n m itregirt. W o rank t sich noch irgend*

eine H o ffnung auf ihres T h u n s H eilsegen em p o r? „D ie tiefe, alle Schichten des Volkes erfüllende U n zufriedenheit m it den politischen Ergebnissen der letzten an derthalb Jahre findet ihre E rklärung in der gro ß en Sterilität, in dem Feh«

len n eu er G ed anken, in der A bw esenheit jenes ethischen P athos, das überzeugt, weil es die neuen F ord eru ng en for*

m ulirt, die neuen Z eiten u n d neuen A ufg aben entsprechen.

D ie K oalition h at nichts geleistet als A ng stg eb u rten eines karikaturenhaften Parlam entarism us, der, je länger, je m ehr, die soziale D em okratie bei uns in M iß k re d it zu bringen ge­

eignet ist. Eine dilettantische Steuergesetzgebung u n d das

verpfuschte G esetz über die Betriebsräthe kö nnen w ahrhaftig

nicht zu G u n ste n der K oalition gebucht w erden. Sonst ist

aber nichts geschehen. V ergebens sucht m an auch n u r nach

den A nfängen einer w irthschaftlichen G esetzgebung, die der

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A ufgabe gerecht w ird, die P ro d u k tiv itä t der deutschen Ar*

beit in jed e r ihrer Form en zu heben. D ie republikanische R egirung hat sich von den Ideenresten aus der Bethmann*

zeit genährt, von den T agesereignissen treiben lassen und ihre A k tiv ität n u r in leeren D eklam ationen u n d papiernen Protesten bewiesen. Eine R egirung der beiden g roßen sozia*

listisch enA rbeiterparteienh ätte den M achtverhältnissen besser entsprochen als die jetzt herrschende K oalition, die kein ge*

festetes m oralisches G ew icht in die W agschale werfen kann.“

So spricht, in den „Sozialistischen M o n atsheften“ , H err D r.

A u g u st M üller, einst Staatssekretär im W irthschaftam t, ein selbständig d enkender, drum der Parteileitung unb equ em er Sozialdem okrat. D e r sogar findet in all der Regirerei nichts zu loben. D e r erkennt in den A ch t P u n k ten des Gewerk*

schaftbundes „den A u sd ru ck des M iß trau en s d er Arbeiter*

klasse“, nicht, wie der von Schreck aufgescheuchte Bürger,

„das Streben nach v erfassu n g w id rig erN eb en reg iru n g “ . W enn auch aus lebendiger W u rz e l noch, nicht n u r aus dem ge*

dielten B oden des Parlam entes, M acht wachsen k ann : b ü rg t dan n die Police m orgen fü r die V ersicherungsum m e? W e n n das Stim m volk zwischen zwei W ah ltag en nicht g eduldig das M aul h ält: d ro h t dann nicht dem „reinen dem okratischen G ed a n k e n “ der T o d ? G ro llend , tief enttäuscht, fragen die Idealisten u n d Ideologen sich, ob sie der Fahne dieser Partei noch einm al folgen dürfen, ohne dem edelsten T rieb ihres H irn es u n tre u zu w erden. D e n A n d eren w ar D em okratie ein G eschäft. Z in st es n o c h ? U naufhaltsam steigen die L ohnforderungen, die R echtsansprüche aller im Betrieb An#

gestellten. D e r Sozialism us läß t sich au f die D au er nicht knebeln, n icht länger noch däm pfen. G ro ß b a n k e n u n d Händ*

ler w erden die K assenschränke nicht aufschließen, um den W a h lh o rt der Partei zu m ehren, die, w ider den G ru n d satz ihres G lau ben s, in bew u ß ter D em agogie spottschlechte, in jeder W e lt des K apitalism us unerträgliche Steuergesetze mit*

beschlossen hat. Rechts u n d links schüttelt Feindschaft die Speere. D as G eschäft träg t nichts ein. D ie Kernmasse gäbe das Selbstbestim m ungrecht, den ganzen Inbegriff des Partei*

firm aw ortes, gern h in , w enn sie hoffen d ü rfte , dam it die

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R ückkehr alter O rd n u n g u n d U nternehm erherrschaft zu er»

kaufen. D e n n D iesen w ar die E rlösun g aus U n terth an sch aft niem als N oth w en d ig k eit, so ndern G elegenheitzufall. Sie lie­

ben nicht die Freiheit, sondern behagliche V ortheilsnützung.

U n d des G aliläers R ath , auf E rd e n g u t zu verzichten, um sich im H im m el einen Schatz zu sichern, verhängt ihnen, die viel irdisches G u t haben, m it T rü b sal die Sonne.

D e s K a u f m a n n s S tim m e

,,Hat der Staat d u rc h Gesetz vorgeschrieben, daß Metall­

stücke bestim m ter Art, bestimmten Gewichtes und bestim m ter P rä g u n g bestimmte G e ltu n g haben sollen, so entsteht Geld.

Dieses Geld gilt so lange als T ausch- und Zahlmittel für alle W aaren, wie d er Staat die A utorität hat, dies Gesetz aufrecht zu erhalten. So e n g ist die G eldgeltung mit der Staatsgewalt verbunden. Je nachdem ein oder m ehrere Edel­

metalle als W erth m esser des G eldes gelten, h at d e r Staat eine G o ld w ä h ru n g , S ilberw ährung oder D o p p e lw ä h ru n g ; alle Münzen, die nicht aus dem W äh ru n g m etall bestehen, gelten als Scheide­

münzen. So lange nu r Metallgeld im U m lauf war, konnten n u r d u rc h 1 betrügerische M aß n ah m en der Fürsten, der Re- girungen oder der Münzmeister E rschütterungen der W ä h r u n g eintreten, wie beim Beginn des Dreißigjährigen Krieges (zur Zeit der Kipper und W ip p e r) und nach dem Siebenjährigen Krieg unter Friedrich dem G roßen, Begleitumstände w i r t ­ schaftlicher E rsch ö p fu n g un d Jahre langer U nproduktivität, von A u s s a u g u n g und V erö d u n g des Landes d u rc h Kriegselend und V erwilderung d er Bevölkerung. Schließlich aber waren solche W u n d en immer bald wieder geheilt; sie waren kein Weltunglück, sondern lokale Ereignisse, wie heutzutage etwa eine Revolution in Mexiko oder P ortugal, blieben auch auf ihren Flerd beschränkt, weil der Völkerverkehr noch w enig bedeutete, jedes Land eigentlich auf sich selbst angewiesen war.

Z u r Zeit der Französischen Revolution verschw and in Folge der U nsicherheit von Leben u n d Eig enthum gerade der b e ­ sitzender. und produzirenden Klassen d a s um laufende Bargeld aus dem Verkehr, und d a die Regirungen sich sehr rasch a b ­ lösten, Metall zu N e u p rä g u n g nicht oder w enigstens nu r wenig vorhanden oder greifbar war, entschloß m an sich, auf G r u n d ­ lage der Kirchengüter, deren Einziehung beschlossen war, die sich aber nicht so rasch realisiren ließen, weil zahlungfähige

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Käufer fehlten, staatliches Papiergeld auszugeben. D a a b e r die Kirchengüter in den d u r c h 1 innere un d äußere Kriege weiter unruhigen Zeiten keine Erträge lieferten, d urch die u n a u s g e ­ setzten N e u d ru ck e des ,Assignaten' genannten Papiergeldes schließlich ü b e rh a u p t keine D eck u n g m e h r v o rhanden war, diese Staatsdarlehen auch' nicht einmal Zinsen eintrugen, wei­

gerte sich d a s Volk immer heftiger, sie zum vollen W e rth der dara,uf gedruckten Sum m e a nzunehm en, schließlich, ü b e rh a u p t irgendeine W a a re oder ein A rbeitprodukt d a fü r herzugeben.

D a entstanden denn Preise, wie w ir isie jetzt aus Rußland, hören (bald sind wir auch1 so weit), u n d eines T ages m ußte m an die A ssignaten außer K urs setzen und vernichten.

. Seitdem halfen sich die Staaten d a d u rc h , d a ß sie, statij selbst unverzinsliche D arlehensschern e auszugeben, bestimmte Bankinstitute zu r A usgabe von ,Banknoten' privilegirten und sich1 für dies Privileg einen ’ Theil des Zinsgewinnes zahlen ließen, den diese N o ten b an k en durch d :e A usgabe d e r nu r zum Theil d u rc h Edelm etallbestände gedeckten S um m en verdienten.

So lange diese Z u stän d e d auerten, d a s Bargeld u ngefähr im Metallwerth dem W eltm arktpreis des Edelmetalls entsprach, die gesetzliche N o ten d eck u n g ausreichte, um stets die Einlösung der präsentirten Banknoten gegen Metall zu gestatten, ganze Staaten g ru p p en sich zu ,M ünzkonventionen' zusammenschließen und so dem eigenen Geld auch im anderen L and einen gleichen festen Kurs sicher konnten, w a r d e r M asse das W o r t Valuta, d as heute in Aller M unde ist, u nbekannt. Valuta ist W e rth ü n g , die G e ltu n g des G eldes eines Staates im Verhältniß zum Geld des anderen S ta a te s: un d gerade jetzt sehen wir, wie diese G e ld ­ geltung m it d e r W eltgeltung zu sam m en h än g t, auf ihr beruht.

N icht W eltg eltu n g im Sinne der ,guten alten Zeiten' des deutschen Kaiserreiches, w o D e u t s c h l a n d s ' W eltgeltung au f der Flotte, Willys Spielzeug, b eruhen sollte, sondern als A us- d u rc k der Sch ätzu n g von fleißiger A rbeit u n d w issenschaft­

licher D u r c h d r in g u n g alles kaufm ännischen und industriellen Strebens. W e n n w ir jetzt sehen, wie die Feinde von gestern:

sich1 bem ühen, unsere so tief g esunkene W eltg eltu n g und G e ld ­ geltung, die Valuta, zu saniren, obwohl sie gerade durch deren Tiefstand Gelegenheit haben, uns auszupow ern, bei uns billig leben und kaufen können, th u n sie es sicher nicht u n se re r schönen Augen wegen. Die Reiche E u ro p as sind eben auf Gedeih und Verderb mit einader verbunden. D er W eltver­

keh r u m s p a n n t sie alle m it seinem N etz von E isenbahnen und

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Schiffahrtlinien, seiner Industrie u n d seinem A u stau sch von B odenprodukten u n d Fabrikaten gegen die Rohstoffe d e r a n ­ deren Erdtheile. D a s Nationalprinzip hat, trotz der au f ihm anscheinend b eru h e n d e n Bildung neuer N ationalstaaten, den H ö h e p u n k t überschritten; u n d die G em einsam keit d e r Interessen wird uns viel schneller die Vereinigten Staaten von E u ro p a bringen, als die meisten Menschen jetzt glauben. D en n a u c h D as ist ein Zeichen d e r wirklichen, der innerlichen Evolutionen der Völker un d Volksgedanken, d a ß die Revolution, die U m ­ w älzung g erade dann in die äußere E rsch ein u n g tritt, wenn ein uralter G ru n d sa tz in vollster Glorie däzustehen scheint. Im m er haben n u r W enige im P ru n k g e w a n d e den Leichnam erkannt.

W a s w ir bisher e r l e b t haben, w ar ja n u r der A n fan g en d - giltiger Kristallisation um g anz neue Centren. D enn die Folgen sechsjähriger Stagnation, U npro d u k tiv ität un d Destruktion können sich erst allmählich zeigen. N och zehren wir, die Völker ifnd die Einzelmenschen, von altem Besitz, d er im mer schäbiger wird. D er Rentner, früher das Sinnbild behaglichen G enusses un d ruhigster Bürgerpflichterfüllung, wird der u n z u ­ friedenste Stand, weil die Rente en tw e rth e t ist u n d n u r die Arbeit rentirt. D e r Straß en b ah n sch affn er verdient m e h r als der Richter un d der größte Theil d e r freien geistigen .Berufs­

arbeiter; d e r neue Reichthum p ru n k t un d der A n sta n d d arbt.

Nie sah m an m e h r schnodderige Jünglinge un d Frauenzim m er in Pelzmänteln stolziren; und seit innere Schäbigkeit sich mit äußerer Eleganz brüstet, wird es bald zum A u sd ru c k innerer V ornehm heit gehören, äußerlich etw as schäbig zu gehen. In wirklich guter Gesellschaft zeigt heute die D a m e der Freundin nicht m e h r d a s Kleid von G erson u n d den Mantel aus dem Atelier X, sondern das Kleid aus einem V o rh a n g un d dert Mantel aus einer Schlafdecke. Alles n u r Folgen dieses d ü m m sten aller Kriege m it seinen Ansätzen von Z w angsw irthschaft un d K onzentrirung der g esam m ten P ro d u k tio n auf den Zweck der Zerstörung. Niedriges w ird auch in d e r Zeit ra se n d e r Gleich- heitwuth nicht e r h a b e n ; M anches aber, w as u n s allzu lange erh ab en schien, >wird nun schnell abgeflacht.

Wollen wir ü b e rh a u p t je wieder in der G em einschaft der Nationen Sitz und schließlich1 auch Stimme bekom m en, so bleibt uns, denen iweder M onarchisten noch K om m unisten helfen können, nichts übrig als d a s ehrliche Bekenntniß zu einer ehrlichen Republik, d e re n - F ü h re r aber keine Parteibonzen sein m üssen, sondern kluge u n d ehrliche M änner m it den*

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Die Zukunft

Aluth, auch gegen die herrschende M ein u n g und die A u ffa ssu n g d e r Mengen, der vox populi d e r T ag esp resse un d V olk sred n er­

fresse, die W a h r h e i t un d n u r die W a h r h e it zu vertreten, die -auch die ehrliche M ein u n g anders D e n k en d er zu verstehen su c h e n und alle Kräfte des Volksganzen zu seiner R ettu n g

zu

sammeln un d zu nützen verstehen u n d ehrlich gewillt sind.

Fast Allen, die im März auf E rzberger un d seine K o rru p tio n schim pften, w a r völlig aus dem G edächtniß en tsch w u n d en , daß zur W ah l der N a tio n alv ersam m lu n g das C entrum Arm in A rm m it der Rechten m arschirte, wie Reineke Fuchs zur H in ­ richtung, und daß n u r E rzberger die .L in k ssc h w e n k u n g und die L ä h m u n g d es Adelsflügels (unter H errn Peter S p a h n ) .bewirkte und die Partei mit Hilfe d e r katholischen Arbeiter­

v ertreter zu Erfolgreicher Arbeit führte, auch wie Reineke F u c h s nach dem T riu m p h über seine Feinde und Neider.

Ist allerdings d a n n selbst in die G r u b e gefallen. H a t m it Milliarden g e re c h n e t und ist über lumpige T au se n d e gepurzelt.

Die W ah n v o rste llu n g <ier M onarchisten u n d Militaristen, d a ß erst England, d a n n Am erika sich für G eldinteressen, wohl g a r für jüdische (auch D as wird geglaubt), in das Blutbad d e s Krieges gestürzt haben, zeugt von völliger U nken n tn iß fremder Volkspsyche. Völker m it dem okratischer V e rg an g en ­ heit und innerem -Stolz, der nichts mit dem H o c h m u th von Adels-* und Militärkasten gemein hat, lassen sich ü b e r h a u p t nicht wie ■Hammelheerden eintreiben, unterliegen nicht w ider­

standlos den A n o rd n u n g e n einer von G o tt gewallten O b r ig ­ keit oder von G ottes G n a d e besonders erleuchteter Fürsten.

O h n e den Ein bruch in Belgien wäre es niemals möglich g e ­ w e s e n d a s englische Volk zur A ufgabe von Rechtsgarantien (H a b e a s C o rp u s) jeden Bürgers u n d U nterstellung der w irth- schaftlichen Freiheit u n ter die A llm acht des Staates, zu r All­

gemeinen W ehrp flich t zu bewegen. Erst die Lusitania-Versen- kung, d as deutsche P iraten th u m (wie der Unterseekrieg in aller W elt g e n a n n t wui*de) un d die A u fh e b u n g des Rechtes d e r N eutralen a u f die Benutzung- d e r Meeresstraßen bereiteten in den G eh irn en der großen Kinder jenseits vom Ozean den B oden für den G ed an k en , im G egensatz zu allen Lehren d e r M onro ed o k trin sich aktiv, nicht n u r mit geworbenen Söldnern, so ndern unter 'Einsetzung des eigenen Lebens, in die H ä n d e l E u ro p a s zu stürzen, um die M enschenrechte zu retten. Man vergißt bei u n s - zu oft, daß W ilsons W a h l zum Präsidenten in der Presse der Entente d u rc h a u s nicht willkommen geheißen

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■wurde, daß sein A uftrag u n d sein Wille die A bkürzung, n ich t die Fortsetzung d es Völkerm ordens forderten. N u r u n se re eigenen Fehler, d ie dünk elh afte U eberheblichkeit d es h e rrsc h e n ­

den M ilitarismus u n d die U n te rsc h ä tz u n g d es nicht auf P a r a d e ­ m arsch gedrillten G egners, w aren schuld d a ra n , d a ß keine G e ­ legenheit zu erträglicher Einigung a u sg e n ü tz t w urde, bis (nicht d e r D olchstoß d e r opferbereiten H eim ath, so n d e rn ) d e r Z u ­

sam m en b ru ch d e r 'Bundesgenossen auch unseren offenbarte u n d W ilhelm s D esertion jede Disziplin zur A uflösung brachte. D e r Reisekaiser w a r 'zum Reißauskaiser gew orden un d die e u ro ­ päische Koalition, d e r Weltwille, die sp ru n g h a fte Laune d e s Säbelrasselers einzukreisen, 'hatte ihr Ziel erreicht. Die Republik m ußte d a s Erbtheil antreten, a u s dem Schutthaufen d e r M onarchie die b ra u c h b a ren Steine zum W iederaufbau h e ra u ssu c h e n : m uß aber au f neu em geistigen F u n d a m e n t bauen u n d d a rf den alten S c h u tt rryt d e r W an z e n - u n d S c h ran zen b ru t nicht verwenden.

Es giebt zwei von G r u n d a u s verschiedene A n s c h a u u n g ­ a rte n : die des E rw erbenden un d die d es Ererbenden, d e s K au fm an n s u n d d es Kavaliers. D er K aufm ann ist gew öhnt, vo r jeder H a n d lu n g kühl zu prüfen, o b der mögliche G ew inn d em möglichen V erlust en tsp rich t; er su ch t H ändel zu meiden und beim Streit zu vergleichen. D em Kavalier g e h t die ,E hre' (oder w as e r so n e n n t) über Alles, u n d weil er nicht weiß, wie sch w er d er Erw erb d e s Erbes w ar, wird e r leichtsinnig un d A nderen ungerecht. Im alten Reich hatte d e r ,Koofmich' und seine A n s c h a u u n g nicht viel zu sa g e n ; da galt n u r d e r schneidige Kavalier, d e r ,die Sache schon schmeißen wird'.

In den S onnentagen w ilhelminischer Geschäftigkeit un d G e- schäftelei g a lt niemals, a u ch nicht in Zeiten höchster G efahr, ka!tblütige E rw ägung, so ndern allerh ö ch st impulsive Entschei-*

d u n g , d e r Schmiß. N u r a u s solcher G e d a n k e n v e rfa ssu n g her­

a u s ist ü b e rh a u p t zu verstehen, d aß im Helfferich-Prozeß der klägerische A ngeklagte r u h i g a u s s p ra c h , seine H a n d lu n g e n seien im m er n u r ,auf Sieg' eingestellt gewesen. Das ist doch im G r u n d e d a s nackte Eingeständniß all Dessen, w a s von feindlicher Seite b e h a u p te t w u rd e : daß Wilhelm' u n d seine Berather, Minister u n d H eerfü h rer den Krieg, d a s größte U n ­ g lück E u ro p a s seit 1648, den T o d von fünfzehn Millionen M ännern, die V e rstü m m e lu n g u n d d a s V erhungern a n d e re r Millionen, den Ruin des W eltverkehrs und die w i r t s c h a f t l i c h e V erw ü stu n g ga n z e r Länder, bego n n en haben, o h n e zu erw ägen, o b diesen fürchterlichen Einsatz irgendein Gewinn ausgleichen

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76

Die Zukunf t

könne. W ie ein b ankeroter Spieler haben wir, n u r um nicht den Bilanzstrich ziehen zu m üssen u n d u n s für insolvent zu erklären, lieber alle guten F reunde a u s g e p u m p t u n d um ihr Verm ögen betrogen, W eib und Kind um ihr E rb e belogen, im m er ein neues Loch aufgerissen, um eins zu stopfen, die w a h re Ehre verloren, um den Scheip zu retten, sind ein Volk:

von Schiebern und Schwindlern geworden. G a n z d e r Kavalier­

s ta n d p u n k t: ,Es wird schon gehen. U n d wenns nicht geht, g eh e ich u n d jage mir 'ne Ku^el in den K op p .' Daß d a rü b e r W eib und Kind v e rhungern, Alle m it zu G r u n d e gehen, d ie dem H errn u n d seinem W o r t v ertrau t haben, ist gleichgiltig, H au p tsach e, daß mit der Kugel o d er dem A usrücken n ach A m erika oder H olland d e r Ehre g e n ü g t ist. Alles n u r a u f Sieg eingestellt, auch die ganze Fin anzirung des K rieges: H err Helfferich h a t die Stirn, sich Dessen noch zu rü h m en . Schon d a m a ls blühte der W u c h e r und es kam der Steckrübenwinter un d das Sterben im Lande, die G rip p e un d die Milchnoth der Säuglinge; aber die Fürsten lyid H erren und G enerale und alle Offiziersfamilien mit B u rech en v erb in d u n g und Feldpost von der E tape hatten zu fressen u n d Helfferich, d e r F inanz­

künstler, schonte den W u c h e r u n d p u m p te weiter vom arm en Volk. U n d auch den O chsen, die für ihn d roschen, w a r nicht d a s M aul v e rb u n d en ; sie durften aus der Krippe der from m en M än n er mitgenießen. W a s er se lb st dem G e g n e r als Verbrechen a n rech n et und der weltfremde S taatsan w alt dem angeklagten N ebenkläger vorwirft, schmeckt doch a rg nach P harisäerthum . D enn selbst H err Helfferich glau b t doch in seiner intensiv selbstbestrahlten Bescheidenheit nicht, daß die großen Banken und Industriellen sich ihre Leute n u r um ih rer ungeheuren1 Klugheit und E rfa h ru n g willen aus Aemtern u n d Reichswürden holen un d holten. U n sin n ! Klug sind sie selber; und die E rfah ru n g en m it den G eh eim räth en u n d Exellen^en sind kein besonderes Vergnügen, auch ein Bischen th eu er; den Einfluß und die V erbindungen m it d e n bisherigen Stellen u n d Männern kaufen sie und nüfcen sie im eigenen, se h r reiflich erwogenen Interesse. N ichts weiter. U n d wenn E rzberger einen V o rw u rf verdient, ists der, daß er unlauteren W ettb ew erb getrieben un d die Preise verdorben hat. F ür lumpige vierzig Mille Fixum H e rrn T hyssen den so nöthigen Einfluß auf die Aem ter zu verkaufen, d a m it er ungezählte Millionen verdient, u n d fü r lächerliche T rinkgelder H errn Berger au s faulen Differenzen?

z u helfen: Pfui über solche Moral! .(Klassenjustiz haben -\v;r„

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natürlich, nicht; aber N iem and kann aus seiner H a u t: und ich hätte d as Plaidoyer d e r ,objektivsten B ehörde d er W elt' hören mögen) w enn etw a der kom m unistische Schriftsteller' Siegfried C o h n in Moabit den W ahrheitbew eis wegen seiner^

beleidigenden Brochure contra Helfferich angetreten hätte.) "

Wie sieht es heute a u s? Allein in den Aemtern der öffent-;

liehen B e w i r t s c h a f t u n g sitzt jahraus, jahrein fast eine halbe Million Mensche:-!, um D as zu registriren und zu protokoliren, za kollationiren und zu kompliziren, wag ohne ihre Thätigkeit sich viel besser ganz von selbst regeln und erledigen würde.

Sich auch zu allen Zeiten und überall von selbst erledigt hat.

Dickens geißelt in seinem Roman ,Klein Dorrit' die Schw er­

fälligkeit der englischen Bureaukratie und seine Satire erfindet das , Komplikationenamt', das festzustellen hat, wie Alles nicht zu machen sei. W ir ha,ben in unserer Kriegs- und Z w a n g s w i r t s c h a f t Hunderte, T au sen d e solcher Kom plika­

tionenämter. D as ga,nze Volk schreit seit achtzehn Monaten, nach ihrer Beseitigung; aber wir werden die G eister nicht wieder los, nach denen wir nicht gerufen haben. Alle diese Aernter un-J Stellen w'aren niemais nöth ig und nützlich, in der Wirklichkeit w ar im mer Alles vorhanden, einmal mehr, einmal weniger, und d e r Mangel un d d a s Elend b eruhen auf d e r k ü n s t­

lich1 erzeugten K nappheit. Auch die Beamten und beamteten Kauf leute leben von der K nappheit im Lande, die sie erzeugen und v erm ehren; denn ob sie d a sitzen u n d Kohlenkarten ausstellen oder nicht: nicht ein C entner Kohle wird d a d u rc h m eh r hervorgebracht. Vielleicht w achsen die Menschen ein­

mal bis a,uf die H öhe des sozialistischen Ideals; d a n n w erden in der Kohlenstelle die Beamten so lange frieren, bis d e r letzte M ann all seine zuständige Kohle bekom m en hat, kein Schlachter wird für sidh oder e'nen A ustauschlieferanten ein Loth Fleisch oder gar besseres Fleisch zurücklegen, kein B auer seinem Kalb Mildh zugestehen, bevor der letzte Säugling in d er Großstadt;

beliefert ist; bis d ahin a,ber wollen wir ehrlich gestehen, d a ß wir noch nicht edel g e n u g sind für dieses Ideal d e r Theorie.

Die Leute, die mit den Staatsrationen auszukom m en versuchten, sind an E ntkräftung gestorben; bewa,hren wir ihnen ein gutes Andenken. D as Recht der Lebenden aber rüttelt an dem Z w a n g un d d e r B evorm undung, die d e r alte Polizeistaat uns h in ­ terlassen hat. Fürchten wir uns auch nicht vor d e r w i r t s c h a f t ­ lichen U m schichtung, dem P rotzenthum , d^s sich1 jetzt so u n ­ angenehm breit macht. Schon in zehn Jahren sind die dicksten.

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Die Z ukunft

S chlachterhände m anukiirt und in zwanzig merkt man dem S ohn d e r H ökerfrau n ic h t m e h r an, w o h e r e r gekom m en ist. Lassen w ir u n s auch n ich t mit dem Rothen G e s p e n s t des Bolschewis­

m u s einschüchtern, d a s den politischen Kindern a n die W a n d g e m a lt w ird ; m it dem P o p a n z h a t W ilhelm dreißig Jahre U nfug getrieben. Mir ist der ehrliche A narchist lieber als d e r v e r ­ kappte' Offizierschnösel, E tapenschieber un d Hochstapler, von denen unsere Kaffeehäuser u n d V ergnügungstätten wimmeln.

D ie Kaste, die sich als die geborenen H errsch er betrachtet, h a t a b g e w i r t s c h a f t e t . W ir b rauchen für den neuen Volksstaat keine H errscher, sondern D iener des Volkes^ treue, ergebene u n d d em ü th ig e Diener, die ihr Bestes, die E r f a h ru n g eines anständigen, arbeitvollen Lebens ihrem Volk darbieten, ohne a u f D a n k und A n e rk e n n u n g und Titel un d O rd en A n s p ru c h 1 zu machen. Solche M änner sind zu finden. H ö rt die Nation a u f sie u n d wirft dann aus freiem1 Entschluß alles W elke und M orsche weit von sich, d a n n erw irbt sie sich bald wieder W e lt­

geltung, die a u f festem G r u n d r u h t und die V o rb e d in g u n g für die bessere B e w e rth u n g des deutschen G eld es ist.

H am b u rg . L u d w i g O 11 e n d o r f f."

D a s a lt e W o r t

D ie M ein u n g der A lltagsm enschheit, schrieb Lam artine, lasse sich aus dem D u rch sch n itt ihrer V erm ögensziffer er­

rechnen. „D ie A rm u th ist, m it ihrem ruhlos erregten, stets in E m p öru ng, nie in Selbstsucht neigenden W esen, das Offen*

sivheer der R evolution. D e r R eichthum , d er eigennützig am B estehenden h ä n g t, ist das D efensivheer fest eingerichteter S taatsordnung. D em V olksheer d er neuen G ed an k en w ird die H o ffn u n g W e rb e r; den S ch utztru p pen der Besitzenden u n d R egirenden tre ib t die F urcht R ekruten zu.“ So w ar es im m er; w irds in E w igkeit sein. D e r Reiche, auclT nur in an­

sehnlichem Besitzrecht W o h n en d e, d er sich stellt, als wolle er die ihm nützliche O rd n u n g um stülpen, ihm schädlich neue G ed an k en im eigenen T reib h au s züchten, m öchte den A rm en, B esitzlosen täuschen, aus w ilder E rregtheit d u rch das G au k el­

spiel vo n W ollen sein trach t in g ed u ld ig e R uhe lu llen. Einer

schilt: „ D a ß der Schm achfriede Euch frem den K apitalisten in

H ö rig k eit ergab, w ard E uer U n g lü ck .“ A n tw o rt: O b Schulze,

Sm ith, Levy, D u ra n d , ist Jacke wie H o se ; auch vor Versailles

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w u ß ten w ir nicht, in welchem Lande der A k tion är, Geschäfts«

theilhaber, D ividend en sch luck er patrio tisch stolzirte. D e r Z w eite w ispert: „ W eil d er H a n d e l nicht frei ist, w ird ge­

schoben ; weil geschoben w ird, k an n st D u m it verfünffach­

tem L ohn nicht die verzw ölffachten Preise erschw ingen.“ A n t­

w ort: N icht, weil R ohstoff u n d W aare, K ohle u n d N äh rm ittel fehlen, sondern, weil sie versteckt w erden, sind die Preise unerschw inglich; wäre nicht, zu Ein- u n d A u sfu h r, der H ans del noch viel zu frei, die B ankguthaben der H ä n d le r schw öllen n ic h ta u fG e b irg sh ö h e u n d d ie L u x u slü d e re i ärgertenicht rund*

um d asA u g e. D e r D ritte streichelt die schwielige F aust: „ D u , A rbeiter, b ist brav, fleißig, e h rlich ; doch h in ter D einem Rücken schleicht der B olschew ik, Faulpelz, B andendieb, R aubm örder, heran u n d gegen ihn brauchen wir, Beide, eine nicht zu knapp bewaffnete Sicherheitw ehr.“ A n tw o rt: B ruderherz heiße ich, bis ich mich erfreche, m ehr sein zu w ollen als in D ein er Z ins- m aschm e ein Rädchen, das, wenns verbraucht ist, m ein Junge, m ein M ädel als neues ersetzt. Rien ne va plus. Jed e M u m ­ m enschanz m uß einm al in D em ask iru ng enden. W ill der Jüng ling , der, jenseits vom Jo rd a n , den guten R abbi Jesu s fragte, du rch welche T h a t das ewig« Leben zu erw erben sei, alles irdische G u t u nter die A rm en vertheilen und ohne H ab e sic h d e n H a b e n ic h tse n Jü n g e rn u n d A p o ste ln d e sn e u jn G e iste s, einreih en? N ein. N u r den G eb o ten des H e rrn will er ge­

horchen, die von G o tt gegebene V erfassung wahren. U n d dem trü b in W ü ste n sa n d Schreitenden h allt das W o rt nach:

„Leichter geht ein Kam el du rch ein N a d e lo h r als ein Reicher d urch die Pforte des H im m els.“ A ngreifer u n d V ertheidiger des Besitzrechtes in K oalition: solche Lüge hat kurze Beine.

G leich heit des W illensgrundrisses, der tiefsten u n d höchsten Lebensinteressen ist V orbeding jed er K oalition (au f D eutsch:

des Zusam m enw achsens; der W u rzel Vermählung). H ergt- Spahn»H einze

&.

B rockdorfkD ern bu rg « R ath enau : D as geht.

D o c h kein K oagulum läß t zwischen Borsig*>Petersen»Sthamer u n d ungezähm ten M arxisten die Schmelzmasse fest gerinnen.

V on d er ungeheuren M eh rh eit d er A rm en, denen U m sturz

d er R echtso rdn un g n u r G ew inn, nicht V erlust, bringen kann,

w ürde das H ä u fle in der Reichen zerm alm t. D eshalb b raucht

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es eine stark bewaffnete G arde. ,,Einen K uß, B ruderherz, o der ich schieße; schw örst D u nicht ab, was D u Jahrzehnte lang anbetetest, so b ist D u , als Spartakist, dem R ohr m einer F linte F reiw ild .“ D em o k ratie? N am e ist Schall u n d Rauch, u m nebelnd H im m 'elsgluth. D ie entb and sich dem blutigen Schoß schwarzer N ach t, als das Spiel m it A rbeitern un d Sol­

daten begann. W ir hieltens fü r R evolution u n d glaubten dem G enie des M arktschreiers D an to n , d a ß in solcher*! Z u ­ stan d jed e N a tio n dem Erz gleiche, das im Schmelztiegel w allt u n d im Sieden sich selbst läutert. W eil die Flamme un ter dem T iegel n u r eines Jüngferchens A them hatte, kams nich t zu Läuterung. E in Ja h r lang G ebro del. Z u K am pf n un , n icht m ehr zu Spiel, stehen A rb eiter u n d Soldaten, die u n ru h v o ll lebendigsten Kräfte der N a tio n , einander gegen­

ü ber. D as H eer der A rm en dem der Reichen. Beiden ist die V erfassung Papier, die R einheit des dem okratischen G e d a n ­ kens so eh rw ü rd ig wie der H ym en d er H äß lich en ,n eb en der, au f dem selben Laken, die H ü b sch e u n ter dem Säer selig stöhnt, aus W u n dsch m erz aufjauchzt. Beide H eere w ollen den Sieg als M ittel zu M achterw erb, u n d käm pfen, ingrim m ig, aber leis noch, um den Schlüssel zur W affenherberge.

A m o r f a ti.

D e r englische A bgeo rd n ete C harles T revelyan, der nach d e r K riegserklärung aus dem K abinet A sq u ith schied, später sich vielfach, besonders im H e rb st 1917, um vernünftigen F ried en ssch luß m ühte u n d den V ersailler V ertrag m it der fast pfäffischen W u th eifernder Pazifisten bekäm pft hat, war ein p a a rW o c h e n vor dem Staatsstreich des G enerals V on L ü tt­

w itz in D eu tsch lan d u n d berichtete im A p ril seinen L ands­

leuten, was er d o rt gehört u n d gesehen habe. W a h rh e it u n d Irrth u m . Im D en k en des deutschen Volkes, des, nach Tre*

velyans U rth eil, fleißigsten, geistig am Besten, politisch am Schlechtesten du rchgebildeten in E uropa, habe d er M ilita­

rism us keine W u rz e l m ehr. R achekrieg w erde nirgends g e­

p lant. E rst du rch die grausam e H ä rte des Friedensvertrages sei die A u ferstehu n g des N atio n alism u s m öglich gew or­

den. D as h at der E ngländer in Z eitu ng en gelesen, deren

Schreiber sich für D em o kraten halten u n d den „F einden“ ,

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die V ossischen d en Briten, die M ossischen den Franzosen, alle Schuld an D eu tschlan ds E lend zuschieben. Ist aber nicht so. N o ch ist von den harten V ertragsbedingungen nich t eine erfüllt, ihr D ru c k also n ich t fühlbar. D er N ationalism us, den auch d er W a h la u fru f der D em okraten bekenn t, leb t von dem W ah n , internationalistischer G eist, der M arxisten, Kom«

m unisten, Ju d e n , habe den D eutschen d u rch Z erm orschung von H eim ath u n d F ro n t d en sicheren Sieg entrissen, u n d von dem Z o rn ü b e r den täglich von tausend Kanzeln gepredigten

„V ernichtungw illen der F einde“ . W ird dem W a h n u n d dem Z o rn nich t d er N ä h rsto ff entzogen, der N a tio n nicht, ü b e r alles schlaue G efackel der Interessenten hinaus, bew iesen, d aß die u n m o d ern gew ordene, von U nzulänglichen geleitete Kriegsm aschine in sich zusam m engebrochen, das zäh tapfere H eer m ilitärisch besiegt w orden ist u n d d aß ringsum sich ehrlicher W ille zu M ild eru n g des Friedens vertrages regt, dan n m uß der N ation alism us ü p p ig er b lü h en u n d höher wachsen, m uß Frem dw esen u n d Intern ation alism u s M illionen B linder die dem D eutschen Reich d ro h en d e Lebensgefahr scheinen.

T rotzd em H e rrT re v e ly a n in den ihm bequem en G la u b e n über*

redet w ord en ist, in dem D eu tsch lan d u n b efried igter Offi*

ziere u n d rasender K athedergreise denke N iem an d an Rache*

krieg, schreibt er: „ D e r einzige T h eil des Friedens Vertrages, wo nicht die kleinste M ild eru n g beschlossen, kein J o ta ge*

ä n d e rt w erden darf, ist d er von D eutsch lan ds E ntw affnung handelnde. U n d gerade an diesem P u n k t zeigen die Verbün*

deten sich nachgiebig. D a ß sie nicht u n erb ittlich die Auf*

lösu ng d er Baltikum *Arm ee forderten, d an n bereit schienen, den D eu tsch en m ehr als h u n d e rttau se n d M an n zu lassen, h at die H o ffn u n g der M ilitaristensippe gestärkt. D e r ein*

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ru n g der O rd n u n g im d eu tsch en G eb iet u n d zu G renzpolizei

bestim m t. D e r G ro ß e G eneralstab u n d alle ihm ähnlichen

F orm ationen w erden aufgelöst u n d d ürfen in keiner G estalt

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